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auf die Ausübung der Put-Option bereits berücksichtigt, indem sie im damaligen Zeitpunkt von der Umsatz- beziehungsweise Marktanteilsberechnung ausgegangen ist, die der vollen Kontrolle von BP über Veba entspricht.

20. Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass sich hinsichtlich der materiellen Beurteilung des vorliegenden Zusammenschlusses keine Änderungen im Verhältnis zur Vortransaktion ergeben.

IV. Ergebnis 21. Die vorläufige Prüfung ergibt unter Berücksichtigung des Entscheids der Weko vom 12. Januar 2002 (RPW 2002/1, S. 162 ff.) und aus den genannten Gründen keine Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung in der Schweiz.

Die Voraussetzungen für eine Prüfung des Zusammenschlusses nach Artikel 10
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 10 Beurteilung von Zusammenschlüssen
1    Meldepflichtige Zusammenschlüsse unterliegen der Prüfung durch die Wettbewerbskommission, sofern sich in einer vorläufigen Prüfung (Art. 32 Abs. 1) Anhaltspunkte ergeben, dass sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken.
2    Die Wettbewerbskommission kann den Zusammenschluss untersagen oder ihn mit Bedingungen und Auflagen zulassen, wenn die Prüfung ergibt, dass der Zusammenschluss:
a  eine marktbeherrschende Stellung, durch die wirksamer Wettbewerb beseitigt werden kann, begründet oder verstärkt; und
b  keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt bewirkt, welche die Nachteile der marktbeherrschenden Stellung überwiegt.
3    Bei Zusammenschlüssen von Banken im Sinne des BankG19, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) aus Gründen des Gläubigerschutzes als notwendig erscheinen, können die Interessen der Gläubiger vorrangig berücksichtigt werden. In diesen Fällen tritt die FINMA an die Stelle der Wettbewerbskommission; sie lädt die Wettbewerbskommission zur Stellungnahme ein.20
4    Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Wirksamkeit des Wettbewerbs berücksichtigt die Wettbewerbskommission auch die Marktentwicklung sowie die Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb.
KG sind daher nicht gegeben.

B 2.3

2.

Ernst & Young AG/Arthur Andersen AG

Vorläufige Prüfung; Art. 4 Abs. 3
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
, Art. 10 und 32 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 32 Einleitung des Prüfungsverfahrens
1    Wird ein Vorhaben über einen Unternehmenszusammenschluss gemeldet (Art. 9), so entscheidet die Wettbewerbskommission, ob eine Prüfung durchzuführen ist. Sie hat die Einleitung dieser Prüfung den beteiligten Unternehmen innerhalb eines Monats seit der Meldung mitzuteilen. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Mitteilung, so kann der Zusammenschluss ohne Vorbehalt vollzogen werden.
2    Die beteiligten Unternehmen dürfen den Zusammenschluss innerhalb eines Monats seit der Meldung des Vorhabens nicht vollziehen, es sei denn, die Wettbewerbskommission habe dies auf Antrag dieser Unternehmen aus wichtigen Gründen bewilligt.
KG Examen préalable; art. 4 al. 3, art. 10 et 32 al. 1 LCart Esame preliminare; art. 4 cpv. 3, art. 10 e 32 cpv. 1 LCart Mitteilung nach Artikel 16 Absatz 1 VKU vom 24. Juni 2002 A

Sachverhalt

1. Mit Schreiben vom 22. Mai 2002 haben Ernst & Young Schweiz AG (EY CH) und Arthur Andersen Schweiz AG (AA CH) ein Begehren um Erlass einer Feststellungsverfügung, eventuell um Bewilligung des vorzeitigen Vollzugs, eingereicht. Sie beantragten, im Hi nblick auf den Reputationsverlust von Andersen und aufgrund des Zusammenbruchs des internationalen Netzwerkes von Andersen, dass AA CH bereits Mitglied von EY International werden könne und sich als Teil des Netzwerkes von EY International bezeichnen könne.

2. Am 28. Mai 2002 haben die Parteien, alle vertreten durch EY CH, die Meldung des Zusammenschlussvorhabens eingereicht. Das Vorhaben sieht eine Zusammenlegung der Aktivitäten von EY CH und AA CH in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Rechts- und Steuerberatung sowie Corporate Finance vor. Nicht Bestandteil der vorgesehenen Transaktion ist der zu AA CH gehörende Bereich Business Consulting, für welchen AA CH eine gesonderte Lösung anstrebt. Ebenfalls nicht Bestandteil der vorgesehenen Transaktion ist die Niederlassung Lugano von AA CH.

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3. Mit Zwischenverfügung vom 28. Mai 2002 hat die Wettbewerbskommission festgestellt, dass das gemäss Begehren vom 22. Mai 2002 geplante Vorhaben bereits als Vollzugshandlung zu qualifizieren sei und hat das Vorhaben partiell vorzeitig bewilligt (vgl. RPW 2002/2, S.

356 ff.).

4. EY CH ist Teil des weltweiten Netzes von Ernst & Young Global Limited (EYG) und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem umfassenden Anbieter von Wirtschaftsprüfungs- und Wirtschaftsberatungsdienstleistungen entwickelt. Ihre Geschäftsbereiche umfassen Revisionsdienstleistungen, Steuer- und Rechtsberatung, Corporate Finance sowie Allgemeine Wirtschaftsberatung.

5. AA CH ist in den Bereichen Steuer- und Unternehmensberatung, Wirtschaftsprüfung, Corporate Finance sowie durch die Anwaltskanzlei "Netzle Sauber Gadient Rechtsanwälte" (Andersen Legal) in der Rechtsberatung tätig.

B

Erwägungen

B.1 Geltungsbereich 6. Das Kartellgesetz (KG) gilt für Unternehmen des privaten und öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen (Art. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG).

B.1.1.a Unternehmen 7. Als Unternehmen gelten alle selbstständigen Einheiten, welche im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit als Anbieter oder als Nachfrager auftreten. Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen sind als solche Unternehmen zu qualifizieren.

B.1.1.b Unternehmenszusammenschluss 8. Die Vereinbarung zwischen EY CH und AA CH sieht eine geordnete Liquidation mit (limitiertem) Aktiven-Kauf vor. EY CH ist es wichtig, nur ausgewählte Aktiva und Verträge, aber grundsätzlich keinerlei Verpflichtungen von AA CH und den mit dieser direkt oder indirekt verbundenen Gesellschaften zu übernehmen. Den Mitarbeitern von AA CH werden neue Arbeitsverträge bei EY CH angeboten. Die Kundenmandate von AA CH gehen nicht automatisch auf EY CH über. Sie werden grundsätzlich von AA CH zu Ende geführt. Im Einverständnis mit AA CH wird EY CH die Kunden einzeln kontaktieren und versuchen, sie für ein neues Mandatsverhältnis mit EY CH zu gewinnen. Die zu AA CH gehörenden Gesellschaften sind so rasch wie möglich zu liquidieren.

9. Das vorliegende Vorhaben erfüllt somit den Tatbestand des Unternehmenszusammenschlusses gemäss Artikel 4 Absatz 3 Buchstabe b
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG.

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B.1.2

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Vorbehaltene Vorschriften

10. In den hier zu beurteilenden Märkten gibt es keine Vorschriften, die Wettbewerb nicht zulassen. Der Vorbehalt von Artikel 3 Absatz 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG wurde von den Parteien auch nicht geltend gemacht.

B.1.3

Meldepflicht

11. Im Jahre 2001 betrug der Umsatz von EY CH gemäss Aussagen der Parteien zirka CHF 420 Mio. und derjenige von AA CH (ohne Business Consulting) zirka CHF 123,2 Mio. Damit sind die Schwellenwerte für die Meldepflicht gemäss Artikel 9
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben
1    Vorhaben über Zusammenschlüsse von Unternehmen sind vor ihrem Vollzug der Wettbewerbskommission zu melden, sofern im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss:
a  die beteiligten Unternehmen einen Umsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Franken oder einen auf die Schweiz entfallenden Umsatz von insgesamt mindestens 500 Millionen Franken erzielten; und
b  mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Umsatz in der Schweiz von je mindestens 100 Millionen Franken erzielten.
2    ...16
3    Bei Versicherungsgesellschaften treten an die Stelle des Umsatzes die jährlichen Bruttoprämieneinnahmen, bei Banken und übrigen Finanzintermediären die Bruttoerträge, sofern sie den Rechnungslegungsvorschriften gemäss dem Bankengesetz vom 8. November 193417 (BankG) unterstellt sind.18
4    Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Absätze 1-3, wenn am Zusammenschluss ein Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach diesem Gesetz rechtskräftig festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung hat, und der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.
5    Die Bundesversammlung kann mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem Bundesbeschluss:
a  die Grenzbeträge in den Absätzen 1-3 den veränderten Verhältnissen anpassen;
b  für die Meldepflicht von Unternehmenszusammenschlüssen in einzelnen Wirtschaftszweigen besondere Voraussetzungen schaffen.
KG erreicht. Der Zusammenschluss ist somit meldepflichtig.

B.2 Beurteilung des Zusammenschlussvorhabens nach erfol gter Vorprüfung B.2.1

Relevante Märkte

B.2.1.a Sachlich relevante Märkte 12. Der sachliche Markt umfasst alle Waren oder Leistungen, die von der Marktgegenseite hinsichtlich ihrer Eigenschaften und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als substituierbar angesehen werden (Art. 11 Abs. 3 Bst. a VKU).

13. In ihrem Entscheid betreffend den Zusammenschluss Revisuisse Price Waterhouse/STG-Coopers & Lybrand ("PWC-Entscheid", RPW 1998/2, S. 214 ff.) hat die Wettbewerbskommission im Bereich der Wirtschaftsprüfung und -beratung verschiedene Märkte abgegrenzt.

Es handelt sich dabei um die folgenden Märkte (RPW 1998/2, S. 224 f.): ?? Markt für die Revision (Wirtschaftsprüfung) von KMUs ?? Markt für die Revision von Grossunternehmen ohne Banken und Versicherungen ?? Markt für die Revision von Versicherungen ?? Markt für die Revision von Banken ?? Steuer- und Rechtsberatung ?? Corporate Finance ?? Treuhand 14. Die Mehrzahl der grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften erklären sich mit dieser Marktabgrenzung grundsätzlich einverstanden.

Nach Auffassung einer Gesellschaft ist die sektorale Marktabgrenzung (Banken, Versicherungen) nicht korrekt. Sie beruft sich dabei unter anderem auf das Argument der Angebotssubstituierbarkeit. Wie bereits im PWC-Entscheid festgehalten wurde, ist für die Abgrenzung des relevanten Marktes in erster Linie die Nachfragesubstituierbarkeit ausschlaggebend. Der Angebotssubstituierbarkeit muss allenfalls bei der Beurteilung der potenziellen Konkurrenz Beachtung geschenkt wer-

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den. Eine Vermengung der beiden Tests ist dann möglich, wenn die Umstellung äusserst rasch erfolgen kann (RPW 1998/2, Rz. 36, S. 219 f.; siehe auch RPW 1997/3, Rz. 19, S. 367 f.). Die Frage kann im vorliegenden Fall letztlich offen gelassen werden, da selbst bei einer sektoralen Marktabgrenzung keine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt wird.

B.2.1.b Räumlich relevante Märkte 15. Der räumliche Markt umfasst das Gebiet, in welchem die Marktgegenseite die den sachlichen Markt umfassenden Waren oder Leistungen nachfragt oder anbietet (Art. 11 Abs. 3 Bst. b VKU).

16. Im PWC-Entscheid hat die Wettbewerbskommission folgende räumliche Märkte unterschieden (RPW 1998/2, Rz. 59, S. 224 f.): ?? der schweizerische oder regionale Markt für die Revision von KMUs ?? der schweizerische Markt für die Revision von Grossunternehmen ?? der schweizerische Markt für die Revision von Versicherungen ?? der schweizerische Markt für die Revision von Banken 17. Nach Ansicht der Parteien weist die Nachfrage auf den Märkten für die Revision von Grossunternehmen, Banken und Versicherungen zumindest teilweise eine internationale Dimension auf. Auch andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind der Meinung, dass es sich bei diesen Märkten um internationale Märkte handelt. Auch diese Frage kann letztlich offen gelassen werden, da der Zusammenschluss nicht zur Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führt.

18. Bezüglich der Märkte für Steuer- und Rechtsberatung und für Treuhand sind die Parteien der Ansicht, dass diese regional oder national abzugrenzen sind. Demgegenüber handelt es sich nach Angaben der Parteien beim Markt für Corporate Finance um einen internationalen Markt. Die räumliche Marktabgrenzung dieser drei Märkte kann letztlich offen gelassen werden, da der Zusammenschluss bezüglich dieser Märkte offensichtlich unbedenklich ist.

B.2.2

Voraussichtliche Stellung in den betroffenen Märkten

19. Gemäss Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d VKU werden nur diejenigen sachlichen und räumlichen Märkte einer eingehenden Analyse unterzogen, in welchen der gemeinsame Marktanteil in der Schweiz von zwei oder mehr der beteiligten Unternehmen 20% oder mehr beträgt oder der Marktanteil in der Schweiz von einem der beteiligten Unternehmen 30% oder mehr beträgt. Wo diese Schwellen nicht erreicht werden, kann von der Unbedenklichkeit des Zusammenschlusses ausgegangen werden. In der Regel erübrigt sich dann eine nähere Prüfung.

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20. Auf dem Markt für die Revision von KMUs sowie auf dem Markt für Treuhand sind in der Schweiz rund 6'500 Unternehmen tätig. Der Markt weist somit eine atomistische Angebotsstruktur auf. Ausserdem ist AA CH auf diesem Markt nur marginal tätig. Der Zusammenschluss führt auf dem Markt für die Revision für KMUs und dem Markt für Treuhand offensichtlich nicht zu einer Begründung einer marktbeherrschenden Stellung.

21. Auf dem Markt für Rechts- und Steuerberatung ergibt sich aufgrund des Zusammenschlusses ein kumulierter Marktanteil von unter 5%. Neben EY CH und AA CH besteht eine Vielzahl weiterer Anbi eter in diesem Bereich, insbesondere die grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und zahlreiche Anwaltskanzleien und Steuerberatungsfirmen. Der Zusammenschluss führt somit auf dem Markt für Rechtsund Steuerberatung weder zur Begründung noch zur Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung.

22. Dienstleistungen im Bereich des Corporate Finance werden neben den grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von mehreren Investmentgesellschaften und Banken angeboten. Die Marktanteile der am Zusammenschluss beteiligten Parteien liegen deutlich unter 10%. Der Zusammenschluss führt somit nicht zur Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für Corporate Finance.

23. Im Folgenden werden deshalb nur die Märkte für die Revision von Grossunternehmen, Banken und Versicherungen einer näheren Analyse unterzogen.

B.2.2.a Markt für die Revision von Grossunternehmen (ohne Banken und Versicherungen) I.

Aktueller Wettbewerb

24. Zurzeit sind auf dem Markt für die Revision von Grossunternehmen (Umsatz > CHF 500 Mio., ohne Banken und Versicherungen) fünf grosse Unternehmen tätig ("Big Five"), die über ein internationales Netzwerk von Schwestergesellschaften verfügen. Es handelt sich dabei um PricewaterhouseCoopers AG (PWC), KPMG, EY CH, AA CH und Deloitte & Touche AG (D&T). Nach dem geplanten Zusammenschluss verblieben auf dem Markt somit noch vier grosse Anbieter ("Big Four").

25. Für die Ermittlung der Marktanteile von Revisionsgesellschaften gibt es verschiedene Berechnungsmethoden. So können die Marktanteile auf dem Honorarumsatz, auf der Anzahl Mandate oder auf dem Gesamtumsatz der revidierten Unternehmen beruhen. Im PWCEntscheid ging die Wettbewerbskommission von der Berechnung nach Anzahl Mandaten aus (RPW 1998/2, S. 228, Rz. 67). Diese Berechnungsmethode wird auch der folgenden Analyse zu Grunde gelegt.

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26. Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Marktanteile vor und nach dem Zusammenschluss auf der Basis der Anzahl Mandate.

Tabelle 1: Marktanteile auf dem Markt für die Revision von Grossunternehmen (ohne Banken und Versicherungen) im Jahr 2001, Anzahl Mandate Vor dem Zusammenschluss

Nach dem Zusammenschluss

PWC

30%-40%*

30%-40%

KPMG

10%-20%

10%-20%

EY CH

10%-20%

20%-30%

AA CH

1%-10%

-

D&T

1%-10%

1%-10%

10%-20%

10%-20%

1)

Andere *

Gerundete Summe der exakten Einzelwerte

1): Inklusive 13 Mandate, für welche die Revisionsstelle nicht eruierbar war (entsprechen 5,9% Marktanteil)

27. Aus der Tabelle geht hervor, dass EY CH durch den Zusammenschluss hinter PWC zum zweitgrössten Anbieter avanciert. Dabei wird davon ausgegangen, dass sämtliche Marktanteile von AA CH an EY CH übergehen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass EY CH alle Mandate von AA CH übernehmen kann. AA CH hat bereits wichtige Mandate im Umfang von zirka [...]% des Honorarumsatzes verloren. Der kombinierte Marktanteil der Zusammenschlussparteien dürfte somit tiefer ausfallen als angegeben.

28. Neben den Big Five sind auf dem Markt mehrere kleinere Anbieter tätig, welche über kein oder ein eingeschränktes internationales Netzwerk verfügen. Hier ist vor allem BDO Visura zu nennen, welche nach D&T der fünftgrösste Anbieter von Revisionsdienstleistungen in der Schweiz ist. Da ein internationales Netzwerk für international tätige Grossunternehmen oft ein entscheidendes Kriterium für die Wahl der Revisionsstelle ist, ist es fraglich, ob diese kleineren Unternehmen überhaupt als aktuelle Konkurrenten auf dem relevanten Markt betrachtet werden können. Diese Einschätzung wird durch Angaben von Grossunternehmen gestützt. Im Folgenden werden deshalb nur die Big Five als aktuelle Wettbewerber betrachtet. Wie weiter unten noch zu zeigen ist, ist zumindest BDO Visura als potenzieller Konkurrent auf dem relevanten Markt zu betrachten.

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29. Die Berechnung der Marktanteile auf der Basis von Honorarumsätzen führt gemäss Erhebungen des Sekretariats nicht zu grundsätzlichen Veränderungen. Auf Grundlage der Honorarumsätze verfügt KPMG über einen etwas kleineren und EY CH über einen etwas grösseren Marktanteil. D&T verfügt gemäss dieser Berechnungsmethode über einen ähnlichen Marktanteil wie KPMG.

30. Aus dem oben Gesagten geht hervor, dass die Begründung einer alleinigen marktbeherrschenden Stellung von EY CH ausgeschlossen werden kann. Die Reduktion von fünf auf vier aktuelle Konkurrenten legt jedoch nahe zu prüfen, ob der geplante Zusammenschluss zur Begründung oder Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung führen könnte. Auf die kollektive Marktbeherrschung wird in Abschnitt B.2.3 eingegangen. In den zwei nächsten Abschnitten wird zunächst die potenzielle Konkurrenz und die Stellung der Marktgegenseite diskutiert.

II.

Potenzieller Wettbewerb

31. Der Aufbau eines weltweiten Netzes von Revisionsstellen, ähnlich denjenigen der Big Five, würde ausserordentlich hohe Kosten verursachen, was Markteintritte erschweren dürfte. Zudem sind der Ruf und die Glaubwürdigkeit für die Akquisition von Mandaten von wichtiger Bedeutung. In den Markt eintretende Unternehmen haben diesbezüglich einen entscheidenden Nachteil. Schliesslich wechseln die Unternehmen ihre Revisionsstelle aufgrund von "switching costs" nur zögerlich. Aus diesen Gründen erachtete die Wettbewerbskommission im PWC-Entscheid Markteintritte als unwahrscheinlich (RPW 1998/2, S.

232, Rz. 80). Die Abklärungen des Sekretariats haben diese Einschätzungen bestätigt.

32. Die Zusammenschlussparteien sind der Auffassung, dass "Secondtier"-Gesellschaften durchaus in der Lage seien, in den Markt für die Revision von Grossunternehmen einzudringen. Zu nennen ist insbesondere BDO Visura, die durch BDO International bereits über ein internationales Netz verfügt und nach Ansicht der Zusammenschlussparteien bereits als aktuelle Konkurrentin zu betrachten sei. Auch andere Marktteilnehmer halten den Markteintritt von BDO Visura für wahrscheinlich. Aufgrund der noch geringen Bedeutung von BDO Visura in der Revision von Grossunternehmen betrachtet das Sekretariat BDO Visura nicht als aktuelle, sondern als potenzielle Konkurrentin.

III. Stellung der Marktgegenseite 33. Die Marktgegenseite der Revisionsunternehmen sind Grossunternehmen mit einem Umsatz von mehr als CHF 500 Mio. Gemäss der Publikation "Top 2001: die grössten Unternehmen der Schweiz" der Handelszeitung existierten im Jahr 2001 rund 220 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als CHF 500 Mio.

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34. Wegen der Grösse der revidierten Unternehmen und aufgrund der Tatsache, dass die Kosten der Revisionsleistung einen geringen Teil der Gesamtkosten der revidierten Unternehmen ausmachen, kam die Wettbewerbskommission im PWC-Entscheid zum Schluss, dass die Grossunternehmen in der Lage sind, um des Wettbewerbs Willen eine gewisse Marktstrukturpflege zu betreiben (RPW 1998/2, S. 232, Rz. 83).

35. Zudem verfügen die Grossunternehmen gegenüber den Revisionsunternehmen über ein gewisses Drohpotenzial, da die meisten Unternehmen ihre Revisionsstelle mit zusätzlichen Aufträgen im Bereich der Steuerberatung, Informatikberatung, Mergers & Acquisitions etc.

betraut haben. Dem ist beizufügen, dass es sich um einen Ausschrei1 bungsmar kt handelt. Die Wettbewerbskommission kam deshalb im PWC-Entscheid zum Schluss, dass die Möglichkeit der Marktstrukturpflege und das latente Drohpotenzial eine disziplinierende Wirkung auf die Revisionsunternehmen haben (RPW 1998/2, S. 233, Rz. 86).

36. Die Abklärungen des Sekretariats haben keine Anhaltspunkte ergeben, die eine Neubeurteilung der Stellung der Marktgegenseite nahe legen würden.

IV. Ergebnis 37. Die vorläufige Prüfung ergibt aus den genannten Gründen keine Anhaltspunkte, dass der Zusammenschluss eine alleinige marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken wird. In Abschnitt B.2.3.

wird jedoch zu prüfen sein, ob allenfalls eine kollektiv marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt werden könnte.

B.2.2.b Markt für die Revision von Banken I.

Aktueller Wettbewerb

38. Die Revision von Banken setzt eine Bewilligung der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK) voraus. Zehn Revisionsgesellschaften verfügen über eine entsprechende Bewilligung. Es handelt sich um PWC (inkl. OFOR Revision Bancaire SA), KPMG (KPMG Fides Peat und KPMG Klynveld Peat Marwick Goerdeler SA), EY CH, AA CH, D&T, Bankrevisions- und Treuhand AG, BDO Sofirom und Inspektorat des Schweizerischen Verbandes der Raiffeisenkassen (Raiffeisen). Auf dem Markt sind somit acht unabhängige Anbieter tätig. Die Abklärungen des Sekretariats haben ergeben, dass für Grossbanken und Zweigniederlassungen beziehungsweise Tochtergesellschaften ausländischer Banken in der Regel nur Revisionsgesellschaften mit einem internationalen Netzwer k in Frage kommen, also insbesondere PWC, KPMG, EY CH, AA CH und D&T.

1

Vgl. ULRICH IMMENGA, Fusionskontrolle auf Ausschreibungsmärkten, in: Wirtschaft und Wettbewerb 9/1998, S. 809 ff.

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39. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die Marktanteile der verschiedenen Anbieter.

Tabelle 2: Marktanteile auf dem Markt für die Revision von Banken im Jahr 2001, Anzahl Mandate Vor dem Zusammenschluss

Nach dem Zusammenschluss

PWC (inkl. OFOR)

40%-50%*

40%-50%

KPMG

10%-20%

10%-20%

EY CH

20%-30%

20%-30%

AA CH

1%-10%

-

D&T

1%-10%

1%-10%

1%-10%

1%-10%

1)

Andere *

Gerundete Summe der exakten Einzelwerte

1): Bankrevisions- und Treuhand AG, BDO Sofirom und Raiffeisen

40. Auf dem Markt würden nach dem geplanten Zusammenschluss noch vier grosse Anbieter mit einem internationalen Netzwerk verbleiben. Mit PWC und EY CH entstehen zwei starke Anbieter, welche einen Marktanteil von [70-80]% auf sich vereinigen.

41. Die Berechnung der Marktanteile auf der Basis der Honorarumsätze führt nicht zu grundlegend anderen Resultaten. Bei dieser Berechnungsmethode verfügt EY CH nach dem Zusammenschluss über eine vergleichbare Marktstellung wie PWC.

II.

Potenzieller Wettbewerb

42. Die Ausführungen betreffend die potenzielle Konkurrenz auf dem Markt für die Revision von Grossunternehmen (siehe Rz. 31 f.)

gelten auch hier. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass die Revision von Banken, wie bereits erwähnt, eine Bewilligung der EBK erfordert.

Dazu muss eine Gesellschaft mindestens fünf Revisionsmandate von Banken nachweisen (Art. 35 Abs. 2 Bst. e der Bankenverordnung; SR 952.02). Die Wettbewerbskommission kam im PWC-Entscheid deshalb zum Schluss, dass die potenzielle Konkurrenz praktisch inexistent ist (RPW 1998/2, S. 236, Rz. 99). Zu erwähnen ist jedoch, dass mit BDO Sofirom (eine Tochtergesellschaft von BDO Visura) ein vormals aus dem Markt ausgeschiedenes Unternehmen (BfB Sofirom) wieder in den Markt eingetreten ist.

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III. Stellung der Marktgegenseite 43. Vgl. Randziffern 33 ff.

IV. Ergebnis 44. Auch auf dem Markt für die Revision von Banken kann die Begründung oder Entstehung einer alleinigen marktbeherrschenden Stellung ausgeschlossen werden. Die Begründung oder Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung wird in Abschnitt B.2.3.

geprüft.

B.2.2.c Markt für die Revision von Versicherungen 45. Die Marktanteile im Bereich der Revision von Versicherungen sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 3: Marktanteile auf dem Markt für die Revision von Versicherungen im Jahr 2001, Anzahl Mandate

*

Vor dem Zusammenschluss

Nach dem Zusammenschluss

PWC (inkl. OFOR)

30%-40%*

30%-40%

KPMG

20%-30%

20%-30%

EY CH

10%-20%

10%-20%

AA CH

1%-10%

-

D&T

1%-10%

1%-10%

Andere

10%-20%

10%-20%

Gerundete Summe der exakten Einzelwerte

46. Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, ist AA CH ein relativ unbedeutender Anbieter auf diesem Markt. Es ergeben sich somit keine wesentlichen Veränderungen der Marktstruktur. Auch nach dem Zusammenschluss verbleiben drei grössere Anbieter, wobei die Zusammenschlusspartner einen kombinierten Marktanteil von weniger als 20% aufweisen. Dies gilt auch bei der Berechnung der Marktanteile aufgrund der Honorarumsätze.

47. Auf die potenzielle Konkurrenz und die Stellung der Marktgegenseite wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen. Die Ausführungen zum Markt für die Revision von Grossunternehmen sind jedoch analog auf diesen Markt übertragbar (siehe Rz. 31 f.).

48. Die Begründung oder Verstärkung einer alleinigen marktbeherrschenden Stellung auf dem Markt für die Revision von Versicherungen

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kann ausgeschlossen werden. Im nächsten Abschnitt wird geprüft, ob der Zusammenschluss allenfalls eine kollektiv marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken könnte.

B.2.3.

Kollektive Marktbeherrschung

49. Wie oben ausgeführt worden ist, wären im Markt für die Revision von Grossunternehmen nach dem Zusammenschluss noch drei grosse (PWC, EY CH und KPMG) sowie ein kleinerer Anbieter (D&T) tätig. Auf den Märkten für die Revision von Banken und Versicherungen gäbe es ebenfalls drei grosse (PWC, EY CH und KPMG) sowie mehrere kleinere Anbieter (D&T, Bankrevisions- und Treuhand AG, BDO Sofirom und Raiffeisen).

50. Dabei vereinigen die drei grössten Anbieter jeweils einen Marktanteil von 80% und mehr auf sich. Aufgrund der hohen Marktkonzentration ist die Entstehung oder Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung nicht auszuschliessen. Im Folgenden wird die kollektive Marktbeherrschung für alle drei genannten Märkte gemeinsam geprüft.

51. Die Verstärkung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung würde voraussetzen, dass eine solche zum gegebenen Zeitpunkt bereits existiert. Die Abklärungen des Sekretariats haben keine Hinweise für das Vorliegen einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung ergeben. Bereits im PWC-Entscheid hat die Wettbewerbskommission auf den harten Konkurrenzkampf unter den grossen Revisionsgesellschaften hingewiesen (RPW 1998/2, Rz. 136, S. 243). Rund die Hälfte der angeschriebenen Grossunternehmen halten den geplanten Zusammenschluss für unbedenklich. Würde bereits eine kollektiv marktbeherrschende Stellung vorliegen, müsste man wohl davon ausgehen, dass die Mehrzahl der betroffenen Unternehmen den Zusammenschluss missbilligen würden.

52. Die Existenz von wirksamem Wettbewerb wird für den Markt für die Revision von Banken ausserdem durch die EBK bestätigt, welche bei Ausschreibungen zum Teil erhebliche Preisunterschiede beobachtet. Aufgrund der beobachteten Wettbewerbsintensität kann die Existenz einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung vor dem geplanten Zusammenschluss ausgeschlossen werden.

53. Es stellt sich sodann die Frage, ob der Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung begründet. Wie die Wettbewerbskommission bereits im PWC-Entscheid festgehalten hat, ist die Reduktion der Anzahl Marktteilnehmer "von sechs auf fünf oder von vier auf drei weder ein notwendiger, noch ein hinreichender Grund" für die Entstehung eines kollusiven Oligopols (RPW 1998/2, S. 244, Rz. 138).

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Die Einschätzung wird durch neuere experimentelle ökonomische For2 schungen gestützt . Vielmehr muss aufgezeigt werden, dass der Zusammenschluss mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wettbewerbsbeschränkendes Parallelverhalten auslöst (RPW 1998/2, S. 243, Rz. 137).

54. Wie die Wettbewerbskommission bereits im PWC-Entscheid festgehalten hat, müssten die kleinen Anbieter unter den Big Five in eine Absprache miteinbezogen werden (RPW 1998/2, S. 246, Rz. 148). Obwohl D&T in der Schweiz nicht über eine sehr starke Stellung verfügt, ist D&T international mit den restlichen Unternehmen der Big Four durchaus vergleichbar. Es ist deshalb zu erwarten, dass D&T in der Lage ist, seine Stellung im Falle einer Absprache unter den restlichen Revisionsgesellschaften auszubauen und die Kollusion zu destabilisieren.

Im vorliegenden Fall müssten somit sämtliche verbleibende Big Four an der kollektiven Marktbeherrschung teilhaben.

55. Die Wettbewerbskommission ist im PWC-Entscheid davon ausgegangen, dass die Markttransparenz im Bereich der Wirtschaftsprüfung relativ gering ist (RPW 1998/2, S. 244, Rz. 139 ff.). Zwar besteht eine gewisse Preistransparenz bei den Stundenhonoraren. Die Abklärungen des Sekretariats haben jedoch bestätigt, dass die Transparenz insgesamt relativ gering sein dürfte. So sind die Stundenhonorare nur beschränkt aussagekräftig, da insbesondere der verrechnete Zeitaufwand für den Endpreis von Bedeutung ist. Solange die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften die Resultate von Ausschreibungen nicht im Detail kennen, ist die Preistransparenz somit relativ gering.

56. Auch in Bezug auf die Kosten herrscht eine gewisse Transparenz.

So sind die Lohnkosten von Universitätsabgängern und aufgrund von Mitarbeiterwechseln in einem gewissen Grad bekannt. Diese Transparenz schwindet jedoch mit zunehmendem Ausbildungsstand der Mitarbeiter und ist auf Stufe der Partner nicht gegeben. Somit herrscht bei den teuersten Mitarbeitern eine geringe Transparenz. Die Transparenz ist auch für andere Kostenkomponenten (Informationstechnologie, Raumkosten etc.) nicht gegeben.

57. Erschwerend für eine allfällige Absprache unter den Big Four würde sich die Heterogenität der Produkte auswirken. Ein Revisionsmandat umfasst ein ganzes Paket von individuell auf den Kunden zugeschnittenen Dienstleistungen (RPW 1998/2, S. 244, Rz. 140). Selbst wenn die Analysen und Berichte im Bereich der Wirtschaftsprüf ung

2

Vgl. z.B. S TEFFEN HUCK, HANS-THEO NORMANN und JÖRG OECHSLER: "Two are Few and Four are Many: Number Effects in Experimental Oligopolies", Bonn Econ Discussion Papers 12/2001, und DAMIEN J. NEVEN: "'Collusion' under Article 81 and the Merger Regulation", Konkurensverket, 2001

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durch die nationalen Vorschriften weitgehend standardisiert sind, ergeben sich doch Unterschiede zwischen den Anbietern in Bezug auf die angewandte Prüfmethode, die Tiefe und Qualität der Prüfung sowie die Art der Berichterstattung.

58. Die Tatsache, dass es sich beim Revisionsmarkt um einen Ausschreibungsmarkt handelt und die Ausschreibungen in der Regel nicht sehr häufig erfolgen sowie grosse Honorarvolumen umfassen, dürfte 3 eine Absprache unter den Big Four zusätzlich erschweren . Schliesslich spricht auch die Stellung der Marktgegenseite gegen die Entstehung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung (vgl. Rz. 33 ff.).

59. Das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften hat 4 im Fall Airtours/EU-Kommission drei Kriterien festgehalten, die zur Begründung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung erfüllt sein müssen. Erstens muss jedes Mitglied des Oligopols das Verhalten der anderen Anbieter in Erfahrung bringen können, um einheitlich vorgehen zu können. Zweitens müssen die Mitglieder des Oligopols dauerhaft abgeschreckt werden, vom festgelegten Verhalten abzuweichen.

Schliesslich dürfte die Absprache von anderen Wettbewerbern, potenziellen Konkurrenten oder den Kunden nicht gefährdet werden können. Im vorliegenden Fall scheint zum gegebenen Zeitpunkt keine dieser Voraussetzungen gegeben zu sein. Die Begründung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung ist daher unwahrscheinlich. Es ist jedoch fraglich, ob diese Schlussfolgerungen bei einer weiteren Konsolidierung unter den Wirtschaftsprüfungsgesellschaften weiterhin Gültigkeit haben.

B.3 "Failing company defence" 60. Die Parteien machen mit Berufung auf das Konzept der "Failing 5 company defence" geltend, dass selbst wenn nach dem Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung bestehen würde, diese nicht auf den Zusammenschluss zurückzuführen sei. Das Auseinanderbrechen des internationalen Netzwerks von Andersen Worldwide habe zur Folge, dass AA CH als eigenständiger Anbieter nicht weiterbestehen könne. Eine Reduktion der Anzahl Marktteilnehmer sei deshalb unumgänglich; folglich bestehe kein Kausalzusammenhang zwischen einer allfälligen kollektiven Marktbeherrschung und dem Zusammenschlussvorhaben.

3

Vgl. ULRICH IMMENGA, a.a.O.

Urteil vom 6. Juni 2002 in der Rechtssache T-342/99 5 OECD Roundtable, Failing Firm Defence (OCDE/GD(96)2); HEINZ F. LÖFFLER , Kommentar zur europäischen Fusionskontrollverordnung, 2001, Rz. 169 ff. ad Art. 2; PIERRE-EMMANUEL NOËL , La théorie de l'entreprise en difficulté et la notion de position dominante collective en matière de contrôle communautaire des concentrations, RDAI/IBLJ, n°8 1998 4

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61. Sind bei einem Zusammenschluss die Eingriffsvoraussetzungen gemäss Artikel 10 Absatz 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 10 Beurteilung von Zusammenschlüssen
1    Meldepflichtige Zusammenschlüsse unterliegen der Prüfung durch die Wettbewerbskommission, sofern sich in einer vorläufigen Prüfung (Art. 32 Abs. 1) Anhaltspunkte ergeben, dass sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken.
2    Die Wettbewerbskommission kann den Zusammenschluss untersagen oder ihn mit Bedingungen und Auflagen zulassen, wenn die Prüfung ergibt, dass der Zusammenschluss:
a  eine marktbeherrschende Stellung, durch die wirksamer Wettbewerb beseitigt werden kann, begründet oder verstärkt; und
b  keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt bewirkt, welche die Nachteile der marktbeherrschenden Stellung überwiegt.
3    Bei Zusammenschlüssen von Banken im Sinne des BankG19, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) aus Gründen des Gläubigerschutzes als notwendig erscheinen, können die Interessen der Gläubiger vorrangig berücksichtigt werden. In diesen Fällen tritt die FINMA an die Stelle der Wettbewerbskommission; sie lädt die Wettbewerbskommission zur Stellungnahme ein.20
4    Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Wirksamkeit des Wettbewerbs berücksichtigt die Wettbewerbskommission auch die Marktentwicklung sowie die Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb.
KG erfüllt, kann ausnahmsweise der Rechtfertigungsgrund der Sanierungsfusion angerufen werden. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten eines oder mehrerer der beteiligten Unternehmen können bei der materiellen Beurteilung eine wesentliche Rolle spielen, wenn der geplante Zusammenschluss nicht als die eigentliche Ursache für die Änderung der Marktstruktur anzusehen ist 6 (fehlender Kausalzusammenhang) . Die Wettbewerbskommission hat in ihrer Praxis in zwei Fällen auf die von ausländischen Wettbewerbsbehörden entwickelte "Failing company defence" abgestellt und beide Zusammenschlüsse trotz "möglicher Beseitigung wirksamen Wettbewerbs" zugelassen (Le Temps, RPW 1998/1, S. 40 ff.; Batrec AG/Recymet SA, RPW 1999/1, S. 173 ff.). Sie hat in diesen beiden Entscheiden Kriterien entwickelt, unter welchen sie einen Zusammenschluss nicht als eigentliche Ursache für die Verschlechterung der Marktstruktur erachtet. Dies ist dann der Fall, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind: 1. Eine Zusammenschlusspartei würde innert Kürze ohne Unterstützung vom Markt verschwinden.

2. In diesem Fall würde das andere am Zusammenschluss beteiligte Unternehmen die meisten oder sämtliche Marktanteile des verschwundenen Unternehmens absorbieren.

3. Es gibt keine für den Wettbewerb weniger schädliche Lösung als das Zusammenschlussvorhaben.

62. Im Folgenden ist zu prüfen, ob diese drei Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt sind.

63. Die Revision von international tätigen Grossunternehmen beziehungsweise von international tätigen Banken oder Versicherungen setzt ein internationales Netzwerk von Schwestergesellschaften oder Allianzen, eine hohe Reputation und eine starke nationale Präsenz voraus (RPW 1998/2, S. 218, Rz. 31). Als Folge des Zusammenbruchs von Enron ist Arthur Andersen LLP. (AA USA), die wichtigste Länderorganisation von AA Worldwide, mit zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen konfrontiert, welche den Fortbestand von AA USA grundsätzlich in Frage stellen und die Reputation von Andersen im Allgemeinen beeinträchtigt haben.

6

PATRIK DUCREY, Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, Basler Kommentar zum Schweizerischen Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 1997, S. 297; ROGER ZÄCH, Schweizerisches Kartellrecht, 1999, S. 277 ff.

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64. Um die internationalen Mandate weiterhin betreuen zu können, sind die meisten Ländergesellschaften von Andersen dabei, sich neu zu orientieren und einen Zusammenschluss mit einer der übrigen "Big Five" Gesellschaften anzustreben. Dies hat zu einem Auseinanderbrechen des internationalen Netzwerks von AA Worldwide geführt.

65. Der Zusammenbruch des Netzwerks von AA Worldwide hat für AA CH nach Aussage der Parteien die folgenden Konsequenzen: ?? Ohne internationales Netzwerk kann AA CH keine grossen, internationalen Kunden mehr betreuen. Es besteht die Gefahr, dass AA CH viele seiner Mandate anlässlich der in nächster Zeit stattfindenden Generalversammlungen verliert. Bereits hat AA CH gemäss Angaben der Parteien wichtige Mandate verloren, die mehr als [...]% des Honorarumsatzes ausmachen. Im Bereich der Steuer- und Rechtsberatung beträgt der Umsatzschwund nach Angaben der Parteien [...]%.

?? Ohne internationales Netzwerk und ohne klare Zukunftsvision kann AA CH keine neuen Kundenbeziehungen aufbauen.

?? Aufgrund der Situation von AA CH besteht die Gefahr, dass es zu einer Abwanderung von Mitarbeitern und Know-how kommt, was wiederum zu Mandatsverlusten führen würde.

66. Die Abklärungen des Sekretariats bestätigen diese Einschätzungen. So bezeichnen mehr als drei Viertel der befragten Grossunternehmen die Einbindung in ein international es Netzwerk als entscheidendes oder sehr wichtiges Kriterium für die Wahl der Revisionsstelle.

Sämtliche Marktteilnehmer teilen die Ansicht, dass AA CH ohne Einbindung in ein internationales Netzwerk Grossunternehmen sowie international tätige Banken und Versicherungen nicht betreuen kann und somit aus diesen Märkten ausscheidet. Der Wiederaufbau des internationalen Netzwerks würde eine hohe Hürde für den Wiedereintritt von AA CH darstellen. Kurzfristig wäre nicht mit einem Wiedereintritt von AA CH in den Markt zu rechnen.

67. Unbedeutend ist in diesem Zusammenhang, dass AA CH seine Mandate im Bereich der Revision von KMU auch ohne internationales Netzwerk behalten könnte. Die Untersagung des geplanten Zusammenschlusses würde somit nicht unmittelbar zum Konkurs von AA CH, wohl aber zu einer wesentlichen Redimensionierung der Gesellschaft führen. Inwiefern eine solche Redimensionierung von AA CH im Hinblick auf die Haftungspflichten gegenüber AA USA und auf
den Reputationsschaden von Andersen realistisch wäre, kann offen gelassen werden. Entscheidend für die Beurteilung des vorliegenden Zusammenschlussvorhabens sind jedoch die Auswirkungen auf den Märkten für die Revision von Grossunternehmen, Banken und Versicherungen.

68. Auf diesen Märkten kann aufgrund der Bedeutung des internationalen Netzwerks ein Weiterbestehen von AA CH ausgeschlossen wer-

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den. Somit ist die erste Voraussetzung für die Anwendung der Failing company defence gegeben.

69. Die zweite Voraussetzung für die Anwendung der Failing company defence verlangt, dass die andere am Zusammenschluss beteiligte Partei einen Grossteil der Marktanteile des untergehenden Unternehmens übernehmen würde. Dieses Kriterium, das im Hinblick auf die Entstehung einer alleinigen Marktbeherrschung entwickelt wurde, soll sicherstellen, dass die Failing firm defence nur dann zur Anwendung gelangt, wenn eine Untersagung des Zusammenschlusses nicht zu einer besseren Situation für den Wettbewerb führt. Würden die Marktanteile der untergehenden Gesellschaft von einem Dritten übernommen, so könnte sich eine aus wettbewerblicher Sicht bessere Marktstruktur ergeben als im Zusammenschlussfall. In der bisherigen Praxis ("Le Temps" und "Batrec AG/Recymet SA") war ausschliesslich die Möglichkeit der Entstehung einer alleinigen Marktbeherrschung zu beurteilen.

70. Im vorliegenden Fall ist die Entstehung einer alleinigen Marktbeherrschung auszuschliessen. Im Vordergrund steht die mögliche (aber unwahrscheinliche) Entstehung einer kollektiv marktbeherrschenden Stellung. Einer analogen Anwendung der Failing company defence im Falle einer kollektiven Marktbeherrschung ist grundsätzlich nichts entgegenzusetzen. Von Bedeutung ist letztlich, ob ein Kausalzusammenhang zwischen dem Zusammenschluss und der Marktbeherrschung besteht, unabhängig davon, ob es sich dabei um eine alleinige Marktbeherrschung oder eine kollektive Marktbeherrschung handelt. Jeder Fall muss deshalb individuell dahingehend analysiert werden, ob die Verteilung der Marktanteile nach dem Ausscheiden des beteiligten Unternehmens eine kollektive Marktbeherrschung verstärken oder 7 schwächen würde .

71. Das zweite Kriterium für die Anwendbarkeit der Failing company defence ist daher dem vorliegenden Fall anzupassen. Insbesondere muss ausgeschlossen werden, dass ein Untergang von AA CH zu einer Marktstruktur führen könnte, welche eine kollektiv marktbeherrschende Stellung der verbleibenden Big Four verunmöglicht. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn die Marktanteile von AA CH an ein Unternehmen übergehen würden, welches nicht an einer allfälligen kollektiven Marktbeherrschung beteiligt wäre. Das zweite Kriterium muss daher lauten:

7

OECD Roundtable, Failing Firm Defence (OCDE/GD(96)23)

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2. In diesem Fall würden die an der kollektiven Marktbeherrschung beteiligten Unt ernehmen die meisten oder sämtliche Marktanteile des verschwundenen Unternehmens absorbieren und die sich dabei ergebende Marktanteilsverteilung ist nicht geeignet, die kollektive Marktbeherrschung zu verunmöglichen.

72. Die Abklärungen des Sekretariats haben ergeben, dass die Marktanteile von AA CH nur von den verbleibenden Big Four (PWC, KPMG, EY CH und D&T) übernommen werden könnten. Wie in Abschnitt B.2.3 aufgezeigt worden ist, sind dies die Unternehmen, welche an einer allfälligen kollektiven Marktbeherrschung beteiligt wären. Welche der Big Four welchen Anteil der von AA CH gehaltenen Marktanteile bei einem Ausscheiden aus dem Markt übernehmen würde, ist letztlich eine hypothetische Frage. Aufgrund des relativ geringen Marktanteils von AA CH von [...]% (bzw. [...]% im Bereich der Revision von Banken und [...]% im Bereich der Revision von Versicherungen) kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass eine allfällige kollektive Marktbeherrschung durch eine andere Verteilung dieser Anteile auf die Big Four destabilisiert würde. Somit ist auch die zweite Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Failing company defence im vorliegenden Fall erfüllt.

73. Es verbleibt somit noch die Frage, ob es eine für den Wettbewerb weniger schädliche Lösung als das Zusammenschlussvorhaben gibt (dritte Voraussetzung).

74. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob ein Zusammenschluss mit einem anderen Unternehmen allenfalls eine für den Wettbewerb weniger schädliche Lösung darstellen könnte. Aus den bereits erwähnten Gründen kommen als Zusammenschlusspartner nur die verbleibenden Big Four in Betracht. Eine Übernahme von AA CH durch PWC würde dessen Marktstellung weiter ausbauen und würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Verbesserung der Marktstruktur im Vergleich zum vorliegenden Zusammenschluss führen. Auch ein Zusammenschluss mit KPMG würde offensichtlich nicht eine bessere Lösung darstellen, da KPMG über eine ähnliche Marktstellung verfügt wie EY CH. Die Situation würde schliesslich auch durch eine Übernahme durch D&T nicht verbessert. Die Angleichung der Marktanteile könnte in diesem Fall die Anreize für eine kollektive Marktbeherrschung verstärken. Damit ist auch die dritte Voraussetzung für die
Anwendung der Failing company defence erfüllt.

75. Selbst wenn man davon ausgeht, dass nach dem Zusammenschluss eine kollektiv marktbeherrschende Stellung der verbleibenden Big Four besteht (was unwahrscheinlich ist), so wäre diese Stellung somit nicht ursächlich auf den vorliegenden Zusammenschluss zurückzuführen.

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C.

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Ergebnis

76. Aus den genannten Gründen bestehen keine Anhaltspunkte für die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung. Die Voraussetzungen für die Prüfung des Zusammenschlusses nach Artikel 10
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 10 Beurteilung von Zusammenschlüssen
1    Meldepflichtige Zusammenschlüsse unterliegen der Prüfung durch die Wettbewerbskommission, sofern sich in einer vorläufigen Prüfung (Art. 32 Abs. 1) Anhaltspunkte ergeben, dass sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken.
2    Die Wettbewerbskommission kann den Zusammenschluss untersagen oder ihn mit Bedingungen und Auflagen zulassen, wenn die Prüfung ergibt, dass der Zusammenschluss:
a  eine marktbeherrschende Stellung, durch die wirksamer Wettbewerb beseitigt werden kann, begründet oder verstärkt; und
b  keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt bewirkt, welche die Nachteile der marktbeherrschenden Stellung überwiegt.
3    Bei Zusammenschlüssen von Banken im Sinne des BankG19, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) aus Gründen des Gläubigerschutzes als notwendig erscheinen, können die Interessen der Gläubiger vorrangig berücksichtigt werden. In diesen Fällen tritt die FINMA an die Stelle der Wettbewerbskommission; sie lädt die Wettbewerbskommission zur Stellungnahme ein.20
4    Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Wirksamkeit des Wettbewerbs berücksichtigt die Wettbewerbskommission auch die Marktentwicklung sowie die Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb.
KG sind daher nicht gegeben.

B 2.3

3.

Tamedia AG - LH Holding AG/ Radio Basilisk Betriebs AG

Vorläufige Prüfung; Art. 4 Abs. 3
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
, Art. 10 und 32 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 32 Einleitung des Prüfungsverfahrens
1    Wird ein Vorhaben über einen Unternehmenszusammenschluss gemeldet (Art. 9), so entscheidet die Wettbewerbskommission, ob eine Prüfung durchzuführen ist. Sie hat die Einleitung dieser Prüfung den beteiligten Unternehmen innerhalb eines Monats seit der Meldung mitzuteilen. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Mitteilung, so kann der Zusammenschluss ohne Vorbehalt vollzogen werden.
2    Die beteiligten Unternehmen dürfen den Zusammenschluss innerhalb eines Monats seit der Meldung des Vorhabens nicht vollziehen, es sei denn, die Wettbewerbskommission habe dies auf Antrag dieser Unternehmen aus wichtigen Gründen bewilligt.
KG Examen préalable; art. 4 al. 3, art. 10 et 32 al. 1 LCart Esame preliminare; art. 4 cpv. 3, art. 10 e 32 cpv. 1 LCart Mitteilung nach Artikel 16 Absatz 1 VKU vom 24. Juni 2002 1.

Zusammenschlussvorhaben

1. Am 29. Mai 2002 ist beim Sekretariat der Wettbewerbskommission die vollständige Meldung des oben genannten Zusammenschlussvorhabens eingegangen.

2. Die Tamedia AG (Tamedia) übernimmt das gesamte Aktienkapital der LH Holding AG (LHH) und der Radio Basilisk Betriebs AG (Basilisk AG) von den beiden bisherigen Aktieninhabern Herr Christian Heeb und Herr Hans-Ruedi Ledermann (Beteiligung je 50%). Diese werden die übernommenen Gesellschaften weiterhin als geschäftsführende Verwaltungsräte im Auftrag der Erwerberin führen.

3. Gemäss eigenen Angaben beabsichtigt die Tamedia durch diese Akquisition, in den lokalen Radiomarkt Basel vorzustossen und ihre Multimedia-Strategie weiterzuverfolgen.

4. Tamedia ist eine Schweizer Mediengruppe, die über direkte und indirekte Beteiligungsgesellschaften schwergewichtig in den Printmedien, aber auch in den elektronischen Medien (Radio, TV, Internet) sowie Services (z.B. grafische Industrie, Distribution u.a.) tätig ist. Sie gibt eine Reihe von Tages- und Wochenzeitungen sowie Zeitschriften heraus. Über die Belcom-Gruppe ist sie zu 100% an TeleZüri und an Radio 24 beteiligt.

5. Die LHH ist eine Beteiligungsgesellschaft. Sie hält Mehrheiten an folgenden Unternehmen: Medag AG für Medienarbeit (Medag): Koordiniert exklusiv die Werbespots von Radio Basilisk und Tele Basel. Ist zudem in der WerbeBeratung sowie in der Vermittlung von Werbespots auf allen privaten Radio- und TV-Stationen der Schweiz tätig. Die Medag (Deutschland)

Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2002-3-B-2.3.2
Date : 24. Juni 2002
Published : 30. September 2002
Source : RPW-Entscheide
Status : Unpubliziert
Subject area : Recht und Politik des Wettbewerbs (RPW; Weko)
Subject : Ernst & Young AG/Arthur Andersen AG Vorläufige Prüfung; Art. 4 Abs. 3, Art. 10 und 32 Abs. 1 KG Examen préalable; art. 4...


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T-342/99
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