Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6P.48/2005
6S.160/2005 /pai

Urteil vom 18. August 2005
Kassationshof

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Präsident,
Bundesrichter Karlen, Zünd,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Parteien
X.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher
Beat Kurt,

gegen

Y.________,
Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Dr. Urs Oswald,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, Obere Vorstadt 38, 5000 Aarau.

Gegenstand
6P.48/2005
Art. 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV (Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung)

6S.160/2005
Verdacht der Vergewaltigung und sexuelle Nötigung (Einstellungsverfügung),

Staatsrechtliche Beschwerde (6P.48/2005) und Nichtigkeitsbeschwerde (6S.160/2005) gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 3. März 2005.

Sachverhalt:
A.
X.________ erstattete am 24. Oktober 2003 Strafanzeige gegen ihren Onkel Y.________ wegen Vergewaltigung und sexuellen Missbrauchs.
B.
Nach Abschluss der Ermittlungen beantragte das Bezirksamt Bremgarten mit Schlussbericht vom 19. November 2004 die Einstellung des Strafverfahrens wegen Verjährung. Gestützt darauf stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau das Strafverfahren am 17. Dezember 2004 gegen den Beschuldigten ein. Dagegen erhob X.________ am 31. Dezember 2004 Beschwerde beim Obergericht des Kantons Aargau. Mit Entscheid vom 3. März 2005 bestätigte das Obergericht die angefochtene Einstellungsverfügung.
C.
Diesen Entscheid ficht X.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde an mit dem Antrag um Aufhebung des angefochtenen Urteils. Gleichzeitig führt sie Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau anzuweisen, Anklage gegen den Beschuldigten zu erheben, eventuell weitere Abklärungen vorzunehmen.
Das Obergericht verzichtet auf eine Stellungnahme zu den Beschwerden. Vernehmlassungen wurden nicht eingeholt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
Nach Art. 270 lit. e Ziff. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BStP sind Opfer, die eine Verletzung von Rechten geltend machen, die ihnen das Opferhilfegesetz (OHG) einräumt, ohne weiteres zur Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert. Es wird nicht vorausgesetzt, dass sich der angefochtene Entscheid auf die Zivilansprüche auswirken kann (BGE 129 IV 179 E. 1.2 S. 182; 122 IV 79 E. 1a S. 81). Die Beschwerdeführerin ist daher befugt, mit Nichtigkeitsbeschwerde eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OHG zu rügen.

Soweit Opfer jedoch keine Verletzung von Rechten gemäss Opferhilfegesetz rügen, ist die Nichtigkeitsbeschwerde nur zulässig, wenn sie sich vorher am Verfahren beteiligt haben und der Entscheid ihre Zivilansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann (Art. 270 lit. e Ziff. 1
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
BStP). Die gleiche Regelung gilt für die Ergreifung der staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 120 Ia 101 E. 2b-e; 120 Ia 157 E. 2c S. 161 f.). Nach der Rechtsprechung ist freilich nicht erforderlich, dass bei der Anfechtung von Einstellungsbeschlüssen das Opfer Zivilforderungen bereits adhäsionsweise geltend gemacht hat. Es genügt, wenn das Opfer darlegt, dass sich der angefochtene Entscheid auf seine Zivilansprüche auswirken kann. Schliesslich ist auf eine Nichtigkeitsbeschwerde selbst bei Fehlen solcher Ausführungen einzutreten, sofern aus den Umständen unzweifelhaft hervorgeht, welche Zivilansprüche dem Opfer zustehen und dass sich der angefochtene Entscheid darauf negativ auswirken kann (BGE 127 IV 185 E. 1a S. 187). Da vorliegend die zuletzt genannte Voraussetzung erfüllt ist, kommt der Beschwerdeführerin die Legitimation zu den beiden erhobenen Rechtsmitteln auch zu, soweit sie keine Verletzung von Rechten nach dem Opferhilfegesetz rügt.
2.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und beanstandet die Beweiswürdigung des Obergerichts als willkürlich. Das Verfahren hätte nicht einfach mit der Begründung eingestellt werden dürfen, dass ihre Angaben hinsichtlich der sexuellen Übergriffe des Beschwerdegegners im Zeitpunkt nach 1983 zu vage seien. Denn vage heisse nicht unwahr und auch nicht falsch, sondern indiziere vielmehr einen zusätzlichen Abklärungsbedarf. Unter diesen Umständen hätte zwingend eine ergänzende Befragung ihrerseits angeordnet werden müssen. Dies gelte umso mehr, als sie sich nur einmal zu den fraglichen Vorfällen habe äussern können.
2.1 Der in Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV statuierte Anspruch auf rechtliches Gehör dient der Sachaufklärung und garantiert dem Betroffenen ein Recht auf Mitwirkung und Einflussnahme im Verfahren. Er soll sich vor Erlass des Entscheids zur Sache äussern können, erhebliche Beweise beibringen, Einsicht in die Akten nehmen und an der Erhebung von Beweisen mitwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis äussern können, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 129 II 497 E. 2.2; 127 I 54 E. 2b; 122 I 53 E. 4a, mit Hinweisen).

Den Akten und dem angefochtenen Entscheid ist zu entnehmen, dass die Strafanzeige der Beschwerdeführerin an die Hand genommen und entsprechende Untersuchungshandlungen in die Wege geleitet bzw. vorgenommen wurden. Es ergibt sich daraus weiter, dass die Beschwerdeführerin anlässlich ihrer Einvernahme durch die Kantonspolizei Bern vom 25. November 2003 gestützt auf Art. 208 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
des Gesetzes über das Strafverfahren des Kantons Bern vom 15. März 1995 [BSG 321.1] von ihrem Recht Gebrauch machte, die Aussagen bei der Polizei zu verweigern. Sie behielt sich vor, nur vor dem urteilenden Richter auszusagen. Aus dem gleichen Grund leistete sie auch den Vorladungen des Bezirksamts Bremgarten vom 11. bzw. 18. Dezember 2003, sich mündlich oder schriftlich als Geschädigte befragen zu lassen, keine Folge. Am 16. Februar 2004 liess sich die Beschwerdeführerin denn doch durch die Kantonspolizei Aargau vernehmen, wobei sie im Verlaufe ihrer Befragung angewiesen wurde, "detailliertere" bzw. "konkretere" Angaben zu machen. Ferner ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin in ihren Eingaben an das Bezirksamt Bremgarten von ihrem Äusserungsrecht Gebrauch machte, dass ihre Äusserungen zur Kenntnis genommen und ihre Beweismittel zu den behaupteten
Vorfällen vor dem Jahre 1983 zu den Akten genommen wurden. Auch wurde die zweite polizeiliche Befragung des Beschwerdegegners im Beisein des Anwalts der Beschwerdeführerin durchgeführt. Aus den Akten ergibt sich weiter, dass der Beschwerdeführerin umfassende Akteneinsicht gewährt wurde und sie vor der Einstellung des Verfahrens Gelegenheit erhielt, sich zum Untersuchungsergebnis zu äussern und Ergänzungsanträge zu stellen. Dabei fällt auf, dass sie nie einen Beweisantrag um ergänzende persönliche Befragung gestellt hat. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, inwiefern das Obergericht den Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin verletzt haben soll. Die Rüge erweist sich insoweit als nicht stichhaltig.
2.2 Willkür liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dabei genügt es nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 129 I 8 E. 2.1; 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a, je mit Hinweisen).

Das Obergericht hat nicht nur die Aussagen der Beschwerdeführerin, sondern auch jene des Beschwerdegegners und von dessen Lebenspartnerin einer sorgfältigen Würdigung unterzogen. Dabei hat es erwogen, dass sich die Beschuldigungen der Beschwerdeführerin mindestens für die Zeit nach ihrer Heirat im Jahre 1983 als äusserst vage erwiesen. Für die in dieser Zeit angeblich vorgefallenen Straftaten habe die Beschwerdeführerin denn auch nie irgendwelche Beweismittel genannt. In Anbetracht der Tatsache, dass ihre Angaben vom Beschwerdegegner bestritten würden und dessen Aussagen von seiner Lebensgefährtin bestätigt würden, seien die Behauptungen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, ein strafrechtlich relevantes Verhalten des Beschwerdegegners nachzuweisen. In seine Würdigung mit einbezogen hat das Obergericht dabei auch, dass sich die befragten Familienangehörigen der Beschwerdeführerin ausschliesslich zu den Ereignissen vor 1983, nicht aber zu den angeblich strafbaren Handlungen nach 1983 äusserten. Vor diesem Hintergrund durfte das Obergericht davon ausgehen, dass sich die dem Beschwerdegegner vorgeworfenen strafbaren Handlungen nach 1983 nicht nachweisen liessen, diejenigen vor 1983 aber verjährt seien. Die Folgerung des Gerichts,
dass eine Verurteilung des Beschwerdegegners mithin höchst unwahrscheinlich sei, weshalb eine Anklageerhebung sinnlos erscheine, ist daher nicht willkürlich.
2.3 Soweit die Beschwerdeführerin ihre Rechte auf persönliche Freiheit sowie auf geistige und körperliche Unversehrtheit (Art. 10 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
BV) als verletzt rügt, legt sie nicht dar und ist auch nicht ersichtlich, inwiefern diese Rechte ihr vorliegend einen über den Gehörsanspruch und das Willkürverbot hinausgehenden Schutz gewähren sollen. Auf die Beschwerde ist in diesem Umfang daher nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
OG).
3.
Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde ist kassatorischer Natur. Sie kann also im Falle ihrer Gutheissung nur zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen (Art. 277ter Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
BStP). Soweit die Beschwerdeführerin mehr als die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt, ist auf ihr Rechtsmittel deshalb nicht einzutreten.
4.
Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 71 Abs. 2 aStGB. Der Beschwerdegegner habe sie sowohl vor als auch nach 1983 sowie bis in die jüngste Zeit sexuell belästigt und zu vergewaltigen versucht. Aufgrund dieser wiederholten Vergewaltigungsversuche sei von einer verjährungsrechtlichen Einheit auszugehen, zumal gleichartige Delikte vorlägen, die sich gegen das gleiche Rechtsgut richteten und auf einem andauernden pflichtwidrigen Verhalten des Beschwerdegegners beruhten. Indem die Vorinstanz die Frage nach dem Vorliegen einer verjährungsrechtlichen Einheit nicht geprüft habe, verletze sie Bundesrecht.

Mit dieser Argumentation weicht die Beschwerdeführerin vom verbindlich festgestellten Sachverhalt ab. Wie bereits dargelegt wurde, durfte die Vorinstanz ohne Willkür davon ausgehen, dass nach 1983 keine sexuellen Übergriffe stattfanden (vgl. E.2.2). Unter diesen Umständen fällt eine verjährungsrechtliche Einheit von vornherein ausser Betracht. Auf die Beschwerde ist daher in diesem Punkt nicht einzutreten. Die Rechtsfigur der verjährungsrechtlichen Einheit hat das Bundesgericht im Übrigen aufgegeben (BGE 131 IV 83 E. 2), so dass ohnehin jede Handlung gesondert zu beurteilen wäre.
5.
Die Beschwerdeführerin rügt sodann eine Verletzung von Art. 8 Abs. 1 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OHG. Die Vorinstanz habe keinen auf einer soliden materiellen Grundlage beruhenden Entscheid gefällt. Indem sie sich mit einer unvollständigen Sachverhaltsabklärung begnügt und keine Untersuchung lege artis vorgenommen bzw. angeordnet habe, sei der Anspruch der Beschwerdeführerin auf einen gerichtlichen Entscheid nach OHG verletzt.
5.1 Das Opfer hat nach Art. 8 Abs. 1 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OHG das Recht, einen Gerichtsentscheid zu verlangen, wenn das Verfahren nicht eingeleitet oder eingestellt wird. Damit wird ihm die Möglichkeit eingeräumt, einen Nichtanhandnahmeentscheid oder eine Einstellungsverfügung der Untersuchungsbehörde oder der Staatsanwaltschaft gerichtlich überprüfen zu lassen. Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung ist dabei die Frage, ob die formell- und materiellrechtlichen Voraussetzungen der Nichtanhandnahme oder der Einstellung gegeben sind. Einen weiteren Anspruch gibt Art. 8 Abs. 1 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OHG nicht (vgl. Eva Weishaupt, Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Opferhilfegesetzes (OHG), Diss. Zürich 1998, S. 267 ff., 271).
5.2 Die Beschwerdeführerin hat die durch die Staatsanwaltschaft verfügte Verfahrenseinstellung bei der Vorinstanz angefochten. Diese hat den fraglichen Entscheid in der Folge auf seine Rechtmässigkeit hin überprüft. Damit hat eine gerichtliche Instanz über die Einstellung des vorliegenden Strafverfahrens entschieden. Es ist insoweit nicht ersichtlich, weshalb bzw. inwieweit das in Art. 8 Abs. 1 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OG statuierte Recht auf gerichtliche Beurteilung der Verfahrenseinstellung verletzt sein sollte. Die Beschwerdeführerin übersieht bei ihrer Kritik, dass die genannte Bestimmung keinen Anspruch auf bestimmte Untersuchungsmassnahmen durch die Strafverfolgungsbehörden oder das Gericht selbst gibt. Ob die Einstellung mit dem Bundesrecht bzw. der verfassungsmässigen Rechte im Einklang steht, ist bereits geprüft worden.
6.
Die staatsrechtliche Beschwerde und die Nichtigkeitsbeschwerde sind demnach abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten (Art. 278 Abs. 1
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
BStP). Da die Beschwerden von vornherein aussichtslos erschienen (Art. 152 Abs. 1
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
OG; vgl. BGE 124 I 304 E. 2 mit Hinweisen), ist das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen. Den finanziellen Verhältnissen der Beschwerdeführerin ist bei der Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
2.
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.
4.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 1'600.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.
5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau und dem Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 18. August 2005
Im Namen des Kassationshofes
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 6S.160/2005
Datum : 18. August 2005
Publiziert : 01. September 2005
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Verfahren
Gegenstand : Art. 9 BV (Strafverfahren; willkürliche Beweiswürdigung)16


Gesetzesregister
BSG: 208
BStP: 270  277ter  278
BV: 9 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
10 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit - 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
1    Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten.
2    Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3    Folter und jede andere Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten.
29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
OG: 8  90  152
OHG: 8
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 8 Information über die Opferhilfe und Meldung - 1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
1    Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.
2    Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.
3    Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.
BGE Register
120-IA-101 • 120-IA-157 • 122-I-53 • 122-IV-79 • 124-I-304 • 124-IV-86 • 127-I-38 • 127-I-54 • 127-IV-185 • 129-I-8 • 129-II-497 • 129-IV-179 • 131-IV-83
Weitere Urteile ab 2000
6P.48/2005 • 6S.160/2005
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beschwerdegegner • aargau • opfer • staatsrechtliche beschwerde • vorinstanz • bundesgericht • strafbare handlung • vergewaltigung • strafsache • beschwerdekammer • anhörung oder verhör • strafuntersuchung • entscheid • beweismittel • unentgeltliche rechtspflege • verhalten • strafanzeige • kassationshof • aarau • sachverhalt
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