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446.1

Bundesgesetz
über die Förderung der ausserschulischen Arbeit
mit Kindern und Jugendlichen

(Kinder- und Jugendförderungsgesetz, KJFG)

vom 30. September 2011 (Stand am 1. Januar 2017)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf Artikel 67 Absatz 2 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 17. September 20102,

beschliesst:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Gegenstand

Dieses Gesetz regelt:

a.
die Unterstützung privater Trägerschaften, die sich der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen widmen;
b.
die Unterstützung der Kantone und Gemeinden für zeitlich begrenzte Vorhaben im Bereich ausserschulische Arbeit;
c.
die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Bereich Kinder- und Jugendpolitik;
d.
die Förderung des Informations- und Erfahrungsaustausches und der Kompetenzentwicklung im Bereich Kinder- und Jugendpolitik.
Art. 2 Zweck

Mit diesem Gesetz will der Bund die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen fördern und dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche:

a.
in ihrem körperlichen und geistigen Wohlbefinden gefördert werden;
b.
sich zu Personen entwickeln, die Verantwortung für sich selber und für die Gemeinschaft übernehmen;
c.
sich sozial, kulturell und politisch integrieren können.
Art. 4 Zielgruppen

Zielgruppen dieses Gesetzes sind:

a.
alle in der Schweiz wohnhaften Kinder und Jugendlichen ab dem Kindergartenalter bis zum vollendeten 25. Altersjahr;
b.
Jugendliche bis zum vollendeten 30. Altersjahr, die ehrenamtlich in leitender, beratender oder betreuender Funktion in einer privaten Trägerschaft tätig sind.
Art. 5 Begriffe

In diesem Gesetz bedeuten:

a.
ausserschulische Arbeit: verbandliche und offene Arbeit mit Kindern und Jugendlichen samt niederschwelligen Angeboten;
b.
private Trägerschaft: private Verbände, Organisationen und Gruppierungen, die ausserschulische Arbeit leisten;
c.
Vorhaben von gesamtschweizerischer Bedeutung:
Vorhaben, die:
1.
auf gesamtschweizerischer oder sprachregionaler Ebene durchgeführt werden, oder
2.
örtlich übertragbar und unabhängig von der jeweiligen kantonalen oder kommunalen Verwaltungsstruktur durchführbar sind.

2. Abschnitt: Gewährung von Finanzhilfen an private Trägerschaften

Art. 6 Allgemeine Voraussetzungen

1 Der Bund kann privaten Trägerschaften Finanzhilfen gewähren, sofern sie:

a.
schwerpunktmässig in der ausserschulischen Arbeit tätig sind oder regelmässig Programme im Bereich ausserschulische Arbeit anbieten;
b.
nicht nach Gewinn streben; und
c.
dem Anspruch von Kindern und Jugendlichen auf besonderen Schutz ihrer Unversehrtheit und auf Förderung ihrer Entwicklung im Sinne von Artikel 11 Absatz 1 der Bundesverfassung Rechnung tragen.

2 Für Tätigkeiten, die zu Leistungen nach dem Sportförderungsgesetz vom 17. Juni 20113 berechtigen, werden keine Finanzhilfen gewährt.

Art. 7 Finanzhilfen für die Betriebsstruktur und für regelmässige Aktivitäten

1 Der Bund kann Dachverbänden und Koordinationsplattformen, die sich auf gesamtschweizerischer Ebene der ausserschulischen Arbeit widmen, Finanzhilfen für die Führung ihrer Strukturen und für regelmässige Aktivitäten gewähren, sofern sie:

a.
eine grosse Anzahl von privaten oder öffentlichen Trägerschaften vertreten;
b.
nationale oder internationale Informations- und Koordinationsaufgaben übernehmen; und
c.
für die fachliche Weiterentwicklung und Qualitätssicherung im Bereich ausserschulische Arbeit sorgen.

2 Er kann Finanzhilfen auch Einzelorganisationen gewähren, sofern diese:

a.
auf gesamtschweizerischer oder sprachregionaler Ebene tätig sind;
b.
seit mindestens drei Jahren bestehen;
c.
regelmässige Aktivitäten in mindestens einem der folgenden Bereiche durchführen:
1.
Organisation von Veranstaltungen im Bereich ausserschulische Arbeit,
2.
internationaler oder sprachübergreifender Jugendaustausch,
3.
Information und Dokumentation über Kinder- und Jugendfragen,
4.
Zusammenarbeit und Koordination mit ausländischen und internationalen Kinder- und Jugendorganisationen; und
d.
je nach Organisationstyp eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
1.
Als mitgliederbasierte Organisationen verfügen sie über einen aktiven Mitgliederbestand von mindestens 500 Kindern und Jugendlichen.
2.
Als nicht mitgliederbasierte Organisationen halten sie ihre regelmässigen Aktivitäten ohne Vorbedingungen für alle Kinder und Jugendliche offen und erreichen mit diesen Aktivitäten eine grosse Anzahl von Kindern und Jugendlichen.
3.
Als Jugendaustauschorganisationen vermitteln sie im internationalen oder sprachübergreifenden Jugendaustausch jährlich mindestens 50 individuelle Ausland- oder Sprachaufenthalte von Jugendlichen.
Art. 8 Finanzhilfen für Modellvorhaben und Partizipationsprojekte von gesamtschweizerischer Bedeutung

1 Der Bund kann privaten Trägerschaften Finanzhilfen für zeitlich begrenzte Vorhaben von gesamtschweizerischer Bedeutung gewähren, die:

a.
Modellcharakter für die Weiterentwicklung der ausserschulischen Arbeit haben; oder
b.
in besonderer Weise die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an der Entwicklung und Umsetzung des Projekts fördern.

2 Der Bundesrat kann für die Gewährung von Finanzhilfen für Modellvorhaben und Partizipationsprojekte thematische Schwerpunkte und Zielvorgaben festlegen.

Art. 94 Finanzhilfen für die Aus- und Weiterbildung

1 Der Bund kann privaten Trägerschaften Finanzhilfen gewähren für die Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen, die ehrenamtlich in leitender, beratender oder betreuender Funktion tätig sind.

2 Die Inhalte der Aus- und Weiterbildungsangebote werden vom Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und von der privaten Trägerschaft gemeinsam festgelegt.

4 Die Änd. gemäss BG vom 20. Juni 2014 über die Weiterbildung, in Kraft seit 1. Jan. 2017, betrifft nur den französischen und den italienischen Text (AS 2016 689; BBl 2013 3729).

Art. 10 Politische Partizipation auf Bundesebene

1 Der Bund kann privaten Trägerschaften Finanzhilfen gewähren für die Durchführung von Projekten zur Förderung der politischen Partizipation von Jugendlichen auf Bundesebene.

2 Die private Trägerschaft sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche mit besonderem Förderungsbedarf angemessen an der Vorbereitung und Durchführung solcher Projekte beteiligt sind.

3. Abschnitt: Gewährung von Finanzhilfen an Kantone und Gemeinden

Art. 11

1 Der Bund kann den Kantonen und Gemeinden Finanzhilfen gewähren für zeitlich begrenzte Vorhaben von gesamtschweizerischer Bedeutung, die Modellcharakter für die Weiterentwicklung der ausserschulischen Arbeit haben.

2 Die thematischen Schwerpunkte und Zielvorgaben der Finanzhilfen werden von Bund und Kantonen gemeinsam festgelegt.

3 Die Finanzhilfen an die Gemeinden erfolgen in Absprache mit den betroffenen Kantonen.

4. Abschnitt: Gewährung und Bemessung der Finanzhilfen

Art. 12 Grundsätze

1 Die Finanzhilfen nach diesem Gesetz werden im Rahmen der bewilligten Kredite gewährt.

2 Der Bundesrat kann die Gewährung von Finanzhilfen von der Erfüllung von Qualitätsvorgaben abhängig machen.

Art. 14 Bemessung der Finanzhilfen

1 Die Finanzhilfen bemessen sich namentlich nach:

a.
der Struktur und Grösse der Trägerschaft;
b.
der Art und Bedeutung einer Tätigkeit oder eines Vorhabens;
c.
dem Grad der Mitsprachemöglichkeit von Kindern und Jugendlichen;
d.
der Berücksichtigung der Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit besonderem Förderungsbedarf;
e.
dem Grad der Gleichstellung der Geschlechter;
f.
den Eigenleistungen und den Beiträgen Dritter;
g.
den Massnahmen zur Qualitätssicherung.

2 Der Bundesrat legt die Gewichtung der Bemessungskriterien für die einzelnen Förderungsbereiche sowie das Bemessungsverfahren fest.

5. Abschnitt: Verfahrensbestimmungen

Art. 15 Verfahren

1 Das Verfahren für die Gewährung von Finanzhilfen richtet sich nach dem Subventionsgesetz vom 5. Oktober 19905.

2 Finanzhilfen an Dachverbände und Koordinationsplattformen werden durch einen Leistungsvertrag nach Artikel 16 Absatz 2 des Subventionsgesetzes vom 5. Oktober 1990 gewährt.

Art. 17 Verweigerung und Rückforderung von Finanzhilfen

1 Finanzhilfen werden verweigert oder zurückgefordert, wenn:

a.
sie durch unwahre oder irreführende Angaben erwirkt wurden;
b.
Bedingungen nicht erfüllt oder Auflagen nicht eingehalten werden;
c.
sie nicht für Tätigkeiten im Rahmen der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verwendet werden;
d.
die im Rahmen von Leistungsverträgen vereinbarten Ziele nicht erreicht werden.

2 Die fehlbare private oder öffentliche Trägerschaft kann von der weiteren Förderung nach diesem Gesetz ausgeschlossen werden.

3 Löst sich eine private Trägerschaft auf, so werden Finanzhilfen für die Betriebsstruktur und für regelmässige Aktivitäten nach Artikel 7 für das laufende Jahr anteilsmässig zurückverlangt.

6. Abschnitt: Zusammenarbeit und Kompetenzentwicklung

Art. 18 Informations- und Erfahrungsaustausch

1 Bund und Kantone arbeiten in der Kinder- und Jugendpolitik zusammen und informieren sich gegenseitig über die Aktivitäten und Entwicklungen in diesem Bereich. Soweit nötig, werden die Gemeinden miteinbezogen.

2 Der Bund fördert den Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den in der Kinder- und Jugendpolitik tätigen Fachpersonen.

3 Er stellt Informationen über bewährte Arbeitsformen der ausserschulischen Arbeit zur Verfügung.

Art. 20 Koordination auf Bundesebene

Das BSV koordiniert die Massnahmen des Bundes im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik und sorgt für einen kontinuierlichen Informations- und Erfahrungsaustausch zwischen den zuständigen Bundesstellen.

Art. 21 Kompetenzentwicklung

Das BSV kann die Entwicklung der fachlichen Kompetenz im Bereich Kinder- und Jugendpolitik fördern, namentlich durch den Beizug von Expertinnen und Experten und die Durchführung von national und international ausgerichteten Konferenzen und Fachtagungen.

7. Abschnitt:
Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen

Art. 22

1 Der Bundesrat bestellt eine Eidgenössische Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ).

2 Bei Gesamterneuerungswahlen ist anzustreben, dass mindestens ein Drittel der Mitglieder jünger als 30 Jahre alt ist. Scheidet ein Mitglied, das bei seiner Wahl jünger als 30 Jahre alt war, während der Amtsdauer aus, so ist bei der Ergänzungswahl die Wahl eines Mitglieds anzustreben, das jünger als 30 Jahre alt ist.

3 Die EKKJ hat folgende Aufgaben:

a.
Sie berät den Bundesrat in kinder- und jugendpolitischen Belangen.
b.
Sie beobachtet die Situation der jungen Generation in der Schweiz, zeigt Entwicklungen auf und schlägt bei Bedarf Massnahmen vor.
c.
Sie prüft regelmässig, ob mit diesem Gesetz der Lebenssituation von Kindern und Jugendlichen genügend Rechnung getragen wird.
d.
Sie begutachtet kinder- und jugendpolitisch wichtige Bundesgesetze und Verordnungen vor ihrem Erlass auf ihre Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche.
e.
Sie sensibilisiert die Öffentlichkeit für die Anliegen und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.

4 Sie berücksichtigt bei der Erfüllung ihrer Aufgaben die Aspekte des Schutzes, der Förderung und der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in einem ausgewogenen Verhältnis.

8. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 23 Vollzug

1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen. Er hört vorgängig die gesamtschweizerisch tätigen Dachverbände der in der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen tätigen Organisationen an.

2 Er kann die Dachverbände sowie andere Organisationen des privaten oder öffentlichen Rechts beim Vollzug des Gesetzes zur Mitwirkung beiziehen; Artikel 16 bleibt vorbehalten.

Art. 24 Evaluation

Das BSV überprüft die im Rahmen dieses Gesetzes gewährten Finanzhilfen und getroffenen Massnahmen regelmässig auf ihre Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit.

Art. 26 Übergangsbestimmung

1 Der Bund kann den Kantonen während acht Jahren ab Inkrafttreten dieses Gesetzes Finanzhilfen gewähren für kantonale Programme im Bereich Aufbau und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik.

2 Die Finanzhilfen für die kantonalen Programme werden vertraglich vereinbart. Diese Vereinbarungen beinhalten namentlich die von Bund und Kanton gemeinsam festgelegten Ziele sowie die finanzielle Beteiligung des Bundes.

Art. 27 Referendum und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Inkrafttreten: 1. Januar 20137

7 BRB vom 17. Okt. 2012