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312.5

Bundesgesetz
über die Hilfe an Opfer von Straftaten

(Opferhilfegesetz, OHG)

vom 23. März 2007 (Stand am 1. Januar 2024)

Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,

gestützt auf die Artikel 123 und 124 der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 9. November 20052,

beschliesst:

1. Kapitel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1 Grundsätze

1 Jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), hat Anspruch auf Unterstützung nach diesem Gesetz (Opferhilfe).

2 Anspruch auf Opferhilfe haben auch der Ehegatte oder die Ehegattin des Opfers, seine Kinder und Eltern sowie andere Personen, die ihm in ähnlicher Weise nahestehen (Angehörige).

3 Der Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Täter oder die Täterin:

a.
ermittelt worden ist;
b.
sich schuldhaft verhalten hat;
c.
vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat.
Art. 2 Formen der Opferhilfe

Die Opferhilfe umfasst:

a.
Beratung und Soforthilfe;
b.
längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c.
Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d.
Entschädigung;
e.
Genugtuung;
f.
Befreiung von Verfahrenskosten;
g.
3

3 Aufgehoben durch Anhang 1 Ziff. II 10 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, mit Wirkung seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

Art. 3 Örtlicher Geltungsbereich

1 Opferhilfe wird gewährt, wenn die Straftat in der Schweiz begangen worden ist.

2 Ist die Straftat im Ausland begangen worden, so werden die Leistungen der Beratungsstellen unter den in diesem Gesetz genannten besonderen Bedingungen gewährt (Art. 17); Entschädigungen und Genugtuungen werden keine gewährt.

Art. 4 Subsidiarität der Opferhilfe

1 Leistungen der Opferhilfe werden nur endgültig gewährt, wenn der Täter oder die Täterin oder eine andere verpflichtete Person oder Institution keine oder keine genügende Leistung erbringt.

2 Wer Kostenbeiträge für die längerfristige Hilfe Dritter, eine Entschädigung oder eine Genugtuung beansprucht, muss glaubhaft machen, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt sind, es sei denn, es sei ihm oder ihr angesichts der besonderen Umstände nicht zumutbar, sich um Leistungen Dritter zu bemühen.

Art. 5 Unentgeltliche Leistungen

Die Beratung, die Soforthilfe und die von den Beratungsstellen erbrachte längerfristige Hilfe sind für das Opfer und seine Angehörigen unentgeltlich.

Art. 6 Berücksichtigung der Einnahmen bei den übrigen Leistungen

1 Anspruch auf Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter und auf Entschädigung besteht nur, wenn die anrechenbaren Einnahmen des Opfers oder seiner Angehörigen das Vierfache des massgebenden Betrags für den allgemeinen Lebensbedarf nach Artikel 10 Absatz 1 Buchstabe a des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20064 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) nicht übersteigen.5

2 Die anrechenbaren Einnahmen der anspruchsberechtigten Person berechnen sich nach Artikel 11 ELG; massgeblich sind die voraussichtlichen Einnahmen nach der Straftat.6

3 Die Genugtuung wird unabhängig von den Einnahmen der anspruchsberechtigten Person ausgerichtet.

4 SR 831.30

5 Siehe Art. 49 (Koordination mit dem ELG)

6 Siehe Art. 49 (Koordination mit dem ELG)

Art. 7 Übergang von Ansprüchen auf den Kanton

1 Hat ein Kanton gestützt auf dieses Gesetz Opferhilfe geleistet, so gehen die Ansprüche für Leistungen gleicher Art, die dem Opfer oder dessen Angehörigen auf Grund der Straftat zustehen, im Umfang der kantonalen Leistungen von der anspruchsberechtigten Person auf den Kanton über.

2 Diese Ansprüche haben Vorrang vor den verbleibenden Ansprüchen der anspruchsberechtigten Person sowie der Rückgriffsansprüche Dritter.

3 Der Kanton verzichtet darauf, seinen Anspruch gegenüber dem Täter oder der Täterin geltend zu machen, wenn dadurch schützenswerte Interessen des Opfers oder seiner Angehörigen oder die Wiedereingliederung des Täters oder der Täterin gefährdet würden.

Art. 87 Information über die Opferhilfe und Meldung

1 Die Strafverfolgungsbehörden informieren das Opfer über die Opferhilfe und leiten unter bestimmten Voraussetzungen Name und Adresse an eine Beratungsstelle weiter. Die entsprechenden Pflichten richten sich nach der einschlägigen Verfahrensordnung.

2 Eine in der Schweiz wohnhafte Person, die im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich an eine schweizerische Vertretung oder an die mit dem schweizerischen konsularischen Schutz betraute Stelle wenden. Diese Stellen informieren das Opfer über die Opferhilfe in der Schweiz. Sie melden Name und Adresse des Opfers einer Beratungsstelle, sofern dieses damit einverstanden ist.

3 Die Absätze 1 und 2 finden auf Angehörige des Opfers sinngemäss Anwendung.

7 Fassung gemäss Anhang Ziff. II 8 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 3267; BBl 2008 8125).

Art. 8a8 Entfallen der Anzeigepflicht

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kantonalen Stellen oder Behörden, die über finanzielle Hilfe, Entschädigung oder Genugtuung entscheiden, unterliegen keiner Anzeigepflicht.

8 Eingefügt durch Anhang 1 Ziff. 7 des BG vom 17. Juni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

2. Kapitel: Leistungen der Beratungsstellen

1. Abschnitt: Beratungsstellen

Art. 9 Angebot

1 Die Kantone sorgen dafür, dass fachlich selbstständige öffentliche oder private Beratungsstellen zur Verfügung stehen. Dabei tragen sie den besonderen Bedürfnissen verschiedener Opferkategorien Rechnung.

2 Sie können gemeinsame Beratungsstellen betreiben.

Art. 10 Akteneinsicht

1 Die Beratungsstellen können Einsicht nehmen in Akten von Strafverfolgungsbehörden und Gerichten aus Verfahren, an denen das Opfer oder seine Angehörigen teilnehmen, sofern diese ihre Zustimmung erteilt haben.

2 Das Akteneinsichtsrecht darf den Beratungsstellen nur so weit verweigert werden, als dies gemäss massgebendem Prozessrecht auch gegenüber der geschädigten Person zulässig wäre.

Art. 11 Schweigepflicht

1 Personen, die für eine Beratungsstelle arbeiten, haben über ihre Wahrnehmungen gegenüber Behörden und Privaten zu schweigen. Die Schweigepflicht gilt auch nach Beendigung dieser Mitarbeit. Vorbehalten bleiben die Zeugnispflichten nach der Strafprozessordnung9.10

2 Die Schweigepflicht ist aufgehoben, wenn die beratene Person damit einverstanden ist.

3 Ist die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität einer minderjährigen Person oder einer Person unter umfassender Beistandschaft ernsthaft gefährdet, so kann die Beratungsstelle die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde informieren oder bei der Strafverfolgungsbehörde Anzeige erstatten.11

4 Wer die Schweigepflicht verletzt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

9 SR 312.0

10 Fassung zweiter und dritter Satz gemäss Anhang 1 Ziff. II 10 der Strafprozessordnung vom 5. Okt. 2007, in Kraft seit 1. Jan. 2011 (AS 2010 1881; BBl 2006 1085).

11 Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 15. Dez. 2017 (Kindesschutz), in Kraft seit 1. Jan. 2019 (AS 2018 2947; BBl 2015 3431).

2. Abschnitt: Hilfe der Beratungsstellen und Kostenbeiträge

Art. 12 Beratung

1 Die Beratungsstellen beraten das Opfer und seine Angehörigen und unterstützen sie bei der Wahrnehmung ihrer Rechte.

2 Erhalten die Beratungsstellen eine Meldung nach Artikel 8 Absatz 1 oder 2, so nehmen sie mit dem Opfer oder seinen Angehörigen Kontakt auf.12

12 Fassung gemäss Anhang 1 Ziff. 7 des BG vom 17. Juni 2022, in Kraft seit 1. Jan. 2024 (AS 2023 468; BBl 2019 6697).

Art. 13 Soforthilfe und längerfristige Hilfe

1 Die Beratungsstellen leisten dem Opfer und seinen Angehörigen sofort Hilfe für die dringendsten Bedürfnisse, die als Folge der Straftat entstehen (Soforthilfe).

2 Sie leisten dem Opfer und dessen Angehörigen soweit nötig zusätzliche Hilfe, bis sich der gesundheitliche Zustand der betroffenen Person stabilisiert hat und bis die übrigen Folgen der Straftat möglichst beseitigt oder ausgeglichen sind (längerfristige Hilfe).

3 Die Beratungsstellen können die Soforthilfe und die längerfristige Hilfe durch Dritte erbringen lassen.

Art. 14 Umfang der Leistungen

1 Die Leistungen umfassen die angemessene medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Hilfe in der Schweiz, die als Folge der Straftat notwendig geworden ist. Die Beratungsstellen besorgen dem Opfer oder seinen Angehörigen bei Bedarf eine Notunterkunft.

2 Eine Person mit Wohnsitz im Ausland, die in der Schweiz Opfer einer Straftat wurde, hat zudem Anspruch auf Kostenbeiträge an die Heilungskosten am Wohnsitz.

Art. 15 Zugang zu den Beratungsstellen

1 Die Kantone sorgen dafür, dass das Opfer und seine Angehörigen innert angemessener Frist Soforthilfe erhalten können.

2 Die Leistungen der Beratungsstellen können unabhängig vom Zeitpunkt der Begehung der Straftat in Anspruch genommen werden.

3 Das Opfer und seine Angehörigen können sich an eine Beratungsstelle ihrer Wahl wenden.

Art. 1613 Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter

Die Kosten für längerfristige Hilfe Dritter werden wie folgt gedeckt:

a.
ganz, wenn im Sinne von Artikel 6 Absätze 1 und 2 die anrechenbaren Einnahmen der anspruchsberechtigten Person den doppelten massgebenden Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf nicht übersteigen;
b.
anteilsmässig, wenn im Sinne von Artikel 6 Absätze 1 und 2 die anrechenbaren Einnahmen der anspruchsberechtigten Person zwischen dem doppelten und dem vierfachen massgebenden Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf liegen.

13 Siehe Art. 49 (Koordination mit dem ELG)

3. Abschnitt: Straftat im Ausland

Art. 17

1 Bei einer Straftat im Ausland haben Anspruch auf Hilfe nach diesem Kapitel:

a.
das Opfer, wenn es im Zeitpunkt der Straftat und im Zeitpunkt der Gesuchstellung Wohnsitz in der Schweiz hatte;
b.
die Angehörigen des Opfers, wenn sowohl sie als auch das Opfer im Zeitpunkt der Straftat und im Zeitpunkt der Gesuchstellung Wohnsitz in der Schweiz hatten.

2 Hilfe wird nur geleistet, wenn der Staat, in dem die Straftat begangen wurde, keine oder keine genügenden Leistungen erbringt.

4. Abschnitt: Kostenverteilung zwischen den Kantonen

Art. 18

1 Ein Kanton, der Leistungen nach diesem Kapitel zu Gunsten von Personen mit Wohnsitz in einem anderen Kanton erbringt, erhält von diesem eine Abgeltung.

2 Sofern diese Abgeltungen nicht im Rahmen einer interkantonalen Regelung erfolgen, gelten folgende Grundsätze: Der Wohnsitzkanton leistet Pauschalbeiträge an den leistungserbringenden Kanton. Berechnungsbasis ist der gesamte Aufwand der Kantone für die Leistungen nach diesem Kapitel im Verhältnis zur Zahl der Personen, die diese Opferhilfeleistungen erhalten haben.

3. Kapitel: Entschädigung und Genugtuung durch den Kanton

1. Abschnitt: Entschädigung

Art. 19 Anspruch

1 Das Opfer und seine Angehörigen haben Anspruch auf eine Entschädigung für den erlittenen Schaden infolge Beeinträchtigung oder Tod des Opfers.

2 Der Schaden wird nach den Artikeln 45 (Schadenersatz bei Tötung) und 46 (Schadenersatz bei Körperverletzung) des Obligationenrechts14 festgelegt. Vorbehalten bleiben die Absätze 3 und 4.

3 Nicht berücksichtigt werden Sachschaden sowie Schaden, welcher Leistungen der Soforthilfe oder der längerfristigen Hilfe nach Artikel 13 auslösen kann.

4 Haushaltschaden und Betreuungsschaden werden nur berücksichtigt, wenn sie zu zusätzlichen Kosten oder zur Reduktion der Erwerbstätigkeit führen.

Art. 20 Festsetzung

1 Leistungen, welche die gesuchstellende Person von Dritten als Schadenersatz erhalten hat, werden für die Berechnung der Entschädigung auf den Schaden angerechnet.

2 Die Entschädigung deckt den Schaden:

a.
ganz, wenn im Sinne von Artikel 6 Absätze 1 und 2 die anrechenbaren Einnahmen der anspruchsberechtigten Person den massgebenden Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf nicht übersteigen;
b.
anteilsmässig, wenn im Sinne von Artikel 6 Absätze 1 und 2 die anrechenbaren Einnahmen der anspruchsberechtigten Person zwischen dem einfachen und dem vierfachen massgebenden Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf liegen.15

3 Die Entschädigung beträgt höchstens 120 000 Franken; keine Entschädigung wird ausgerichtet, wenn sie weniger als 500 Franken betragen würde.

4 Die Entschädigung kann in mehreren Teilzahlungen ausgerichtet werden.

15 Siehe Art. 49 (Koordination mit dem ELG)

Art. 21 Vorschuss

Die zuständige kantonale Behörde gewährt einen Vorschuss, wenn:

a.
die anspruchsberechtigte Person sofortige finanzielle Hilfe benötigt; und
b.
die Folgen der Straftat kurzfristig nicht mit hinreichender Sicherheit festzustellen sind.

2. Abschnitt: Genugtuung

Art. 22 Anspruch

1 Das Opfer und seine Angehörigen haben Anspruch auf eine Genugtuung, wenn die Schwere der Beeinträchtigung es rechtfertigt; die Artikel 47 und 49 des Obligationenrechts16 sind sinngemäss anwendbar.

2 Der Anspruch auf Genugtuung ist nicht vererblich.

Art. 23 Festsetzung

1 Die Genugtuung wird nach der Schwere der Beeinträchtigung bemessen.

2 Sie beträgt höchstens:

a.
70 000 Franken für das Opfer;
b.
35 000 Franken für Angehörige.

3 Genugtuungsleistungen Dritter werden abgezogen.

3. Abschnitt: Gemeinsame Bestimmungen

Art. 24 Gesuch

Wer Anspruch auf eine Entschädigung oder Genugtuung geltend machen oder einen Vorschuss auf Entschädigung erhalten will, muss bei der zuständigen kantonalen Behörde ein Gesuch stellen.

Art. 25 Fristen

1 Das Opfer und seine Angehörigen müssen das Gesuch um Entschädigung und Genugtuung innert fünf Jahren nach der Straftat oder nach Kenntnis der Straftat einreichen; andernfalls verwirken die Ansprüche.

2 Das Opfer kann bis zum vollendeten 25. Lebensjahr ein Gesuch stellen:

a.
bei Straftaten nach Artikel 97 Absatz 2 des Strafgesetzbuches17 und Artikel 55 Absatz 2 des Militärstrafgesetzes vom 13. Juni 192718;
b.
bei versuchtem Mord an einem Kind unter 16 Jahren.

3 Haben das Opfer oder seine Angehörigen in einem Strafverfahren vor Ablauf der Fristen nach Absatz 1 oder 2 Zivilansprüche geltend gemacht, so können sie innert einem Jahr ab endgültigem Entscheid über die Zivilansprüche oder die Einstellung des Strafverfahrens ein Gesuch um Entschädigung und Genugtuung stellen.

Art. 26 Zuständiger Kanton

1 Zuständig ist der Kanton, in welchem die Straftat begangen worden ist.

2 Ist die Straftat an mehreren Orten ausgeführt worden oder ist der Erfolg an mehreren Orten eingetreten, so ist zuständig:

a.
der Kanton, in dem die Strafuntersuchung zuerst angehoben wurde;
b.
falls keine Strafuntersuchung angehoben wurde: der Wohnsitzkanton der anspruchsberechtigten Person;
c.
falls keine Strafuntersuchung angehoben wurde und die anspruchsberechtigte Person über keinen Wohnsitz in der Schweiz verfügt: der Kanton, in dem das erste Gesuch um Entschädigung oder Genugtuung gestellt wurde.
Art. 27 Herabsetzung oder Ausschluss der Entschädigung
und der Genugtuung

1 Die Entschädigung und die Genugtuung des Opfers können herabgesetzt oder ausgeschlossen werden, wenn das Opfer zur Entstehung oder zur Verschlimmerung der Beeinträchtigung beigetragen hat.

2 Die Entschädigung und die Genugtuung von Angehörigen des Opfers können herabgesetzt oder ausgeschlossen werden, wenn diese oder das Opfer zur Entstehung oder zur Verschlimmerung der Beeinträchtigung beigetragen haben.

3 Die Genugtuung kann herabgesetzt werden, wenn die anspruchsberechtigte Person Wohnsitz im Ausland hat und die Höhe der Genugtuung auf Grund der Lebenshaltungskosten am Wohnsitz unverhältnismässig wäre.

Art. 28 Zinsen

Für die Entschädigung und die Genugtuung werden keine Zinsen geschuldet.

Art. 29 Verfahren

1 Die Kantone sehen ein einfaches und rasches Verfahren vor. Ein Gesuch um Vorschuss auf Entschädigung wird auf Grund einer summarischen Prüfung des Entschädigungsgesuchs beurteilt.

2 Die zuständige kantonale Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest.

3 Die Kantone bestimmen eine einzige, von der Verwaltung unabhängige Beschwerdeinstanz; diese hat freie Überprüfungsbefugnis.

4. Kapitel: Befreiung von Verfahrenskosten

Art. 30

1 Für ihre Verfahren betreffend die Gewährung von Beratung, Soforthilfe, längerfristiger Hilfe, Entschädigung sowie Genugtuung, erheben die Verwaltungs- und Gerichtsbehörden vom Opfer und seinen Angehörigen keine Kosten.

2 Vorbehalten bleibt die Kostenauflage bei mutwilliger Prozessführung.

3 Das Opfer und seine Angehörigen müssen die Kosten für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand nicht zurückerstatten.

5. Kapitel: Finanzielle Leistungen und Aufgaben des Bundes

Art. 31 Ausbildung

1 Der Bund gewährt Finanzhilfen zur Förderung der Fachausbildung des Personals der Beratungsstellen und der mit der Opferhilfe Betrauten.

2 Er trägt den besonderen Bedürfnissen bestimmter Opferkategorien Rechnung, insbesondere den Bedürfnissen minderjähriger Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Integrität.

Art. 32 Ausserordentliche Ereignisse

1 Erwachsen einem Kanton infolge ausserordentlicher Ereignisse besonders hohe Aufwendungen, so kann der Bund ihm Abgeltungen gewähren.

2 Im Falle ausserordentlicher Ereignisse koordiniert der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen soweit nötig die Tätigkeit der Beratungsstellen und der zuständigen kantonalen Behörden.

Art. 33 Evaluation

Der Bundesrat sorgt dafür, dass Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Massnahmen nach diesem Gesetz periodisch überprüft werden.

6. Kapitel: …

7. Kapitel: Schlussbestimmungen

Art. 45 Rechtsetzungsbefugnisse des Bundesrates

1 Der Bundesrat passt die Höchst- und Mindestbeträge nach Artikel 20 Absatz 3 periodisch der Teuerung an; er kann die Höchstbeträge nach Artikel 23 Absatz 2 der Teuerung anpassen.

2 Er erlässt Vorschriften für die Berechnung der kantonalen Pauschalbeiträge nach Artikel 18 Absatz 2 und über die dazu nötigen statistischen Erhebungen.

3 Er kann Vorschriften zur Ausgestaltung der Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter, der Entschädigung und der Genugtuung erlassen und insbesondere Pauschalen oder Tarife für die Genugtuung festsetzen. Er kann dabei von der Regelung im ELG20 abweichen, um der besonderen Situation des Opfers und seiner Angehörigen Rechnung zu tragen.

Art. 48 Übergangsbestimmungen

Das bisherige Recht gilt für:

a.
Ansprüche auf Entschädigung oder Genugtuung für Straftaten, die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes verübt worden sind; für Ansprüche aus Straftaten, die weniger als zwei Jahre vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes verübt worden sind, gelten die Fristen nach Artikel 25;
b.
hängige Gesuche um Kostenbeiträge, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingereicht wurden.
Art. 50 Referendum und Inkrafttreten

1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 200924

24 BRB vom 27. Febr. 2008

Anhang

(Art. 47)

Änderung bisherigen Rechts

Die nachstehenden Erlasse werden wie folgt geändert:

25

25 Die Änderungen können unter AS 2008 1607 konsultiert werden.