Schweiz22
Artikel 1. Der Schweizerische Bundesrat erklärt hiemit, dass die von der Schweiz bewilligten Auslieferungen stets an die Bedingung geknüpft sind, dass der Verfolgte nicht vor ein Ausnahmegericht gestellt werden darf. Demzufolge behält sich die Schweiz das Recht vor, die Auslieferung abzulehnen,
- a.
- wenn die Möglichkeit besteht, dass der Verfolgte im Falle seiner Auslieferung vor ein Ausnahmegericht gestellt würde, und der ersuchende Staat nicht eine als ausreichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Beurteilung durch ein Gericht erfolgt, das nach den Vorschriften der Gerichtsorganisation allgemein für die Rechtsprechung in Strafsachen zuständig ist;
- b.
- wenn sie der Vollstreckung einer von einem Ausnahmegericht verhängten Strafe dienen soll.
Artikel 2 Ziffer 2. Der Schweizerische Bundesrat erklärt, dass die Schweiz eine wegen eines Delikts, für das das schweizerische Recht die Auslieferung zulässt, zu bewilligende oder bereits bewilligte Auslieferung auf jede andere Handlung ausdehnen kann, die nach einer gemeinrechtlichen Bestimmung des schweizerischen Rechts strafbar ist.
Artikel 3 Ziffer 3. Die Schweiz behält sich das Recht vor, abweichend von Artikel 3 Ziffer 3 des Übereinkommens die Auslieferung gemäss Artikel 3 Ziffer 1 auch dann abzulehnen, wenn sie verlangt wird wegen eines Angriffs auf das Leben eines Staatsoberhauptes oder eines Mitgliedes seiner Familie.
Artikel 6: Der Schweizerische Bundesrat erklärt hiermit, dass das schweizerische Recht die Auslieferung von Schweizer Bürgern nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des Artikels 7 des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198123 zulässt. Ausserhalb der Schweiz begangene, nach schweizerischem Recht als Verbrechen oder Vergehen strafbare Handlungen können bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von den schweizerischen Behörden verfolgt und geahndet werden,
- -
- wenn sie gegen Schweizer Bürger verübt worden sind (Art. 5 des Strafgesetzbuches24),
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- wenn das schweizerische Recht dafür die Auslieferung zulassen würde und der Täter Schweizer Bürger ist (Art. 6 des Strafgesetzbuches25),
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- wenn sie an Bord eines schweizerischen Seeschiffs oder Luftfahrzeuges verübt worden sind (Art. 4 des Bundesgesetzes vom 23. Sept. 195326 über die Seeschifffahrt unter der Schweizerflagge; Art. 97 des Bundesgesetzes vom 21. Dez. 194827 über die Luftfahrt),
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- wenn besondere gesetzliche Bestimmungen es für bestimmte Straftaten vorsehen (Art. 20228 und 240 des Strafgesetzbuches; Art. 19 des Bundesgesetzes vom 3. Okt. 195129 über die Betäubungsmittel; Art. 101 des Strassenverkehrsgesetzes30; Art. 16 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 195831; Art. 12 des Bundesgesetzes vom 26. Sept. 195832 über die Exportrisikogarantie).
Andere von einem Schweizer Bürger im Ausland begangene strafbare Handlungen können aufgrund des Rechtshilfegesetzes in der Schweiz auf Ersuchen des Tatortstaats geahndet werden, wenn sich der Verfolgte in der Schweiz befindet und sich hier wegen schwerer wiegender Taten ohnehin zu verantworten hat, und wenn der Freispruch oder der Strafvollzug in der Schweiz seine weitere Verfolgung wegen der gleichen Tat im ersuchenden Staat ausschliessen.
Artikel 9.
- a.
- Die Schweiz behält sich das Recht vor, abweichend von Artikel 9 die Auslieferung des Verfolgten auch dann abzulehnen, wenn die nach dieser Bestimmung die Ablehnung der Auslieferung begründenden Entscheidungen in einem dritten Staat ergangen sind und es sich dabei um den Staat handelt, auf dessen Hoheitsgebiet die strafbare Handlung begangen worden ist.
- b.
- Die Schweiz behält sich ferner das Recht vor, entgegen Artikel 9 Satz 1 des Übereinkommens die Auslieferung zu bewilligen, wenn diese wegen anderer strafbarer Handlungen bewilligt worden ist und der ersuchende Staat dargetan hat, dass ihm neu bekanntgewordene Tatsachen oder Beweise eine Revision der nach Artikel 9 die Ablehnung der Auslieferung begründenden Entscheidung rechtfertigen, oder wenn der Verfolgte die in dieser Entscheidung gegen ihn verhängte Strafe oder Massnahme ganz oder teilweise nicht verbüsst hat.
Artikel 11. Die Schweiz behält sich das Recht vor, Artikel 11 sinngemäss auch anzuwenden in Fällen, in denen das Recht der ersuchenden Vertragspartei vorsieht, dass der Verfolgte wegen der zur Auslieferung Anlass gebenden Handlung einer Strafe, die seine körperliche Integrität beeinträchtigt, oder gegen seinen Willen einer Massnahme dieser Art unterworfen werden kann.
Artikel 14 Ziffer 1 Buchstabe b. Der Schweizerische Bundesrat erklärt hiemit, dass die schweizerischen Behörden die Freilassung als endgültig im Sinne von Artikel 14 des Übereinkommens ansehen, wenn sie dem Ausgelieferten erlaubt, sich frei zu bewegen, ohne dadurch die von der zuständigen Stelle getroffenen Anordnungen zu verletzen. Die Möglichkeit, das Hoheitsgebiet eines Staats zu verlassen, besteht im Sinne dieser Bestimmung nach schweizerischer Auffassung stets dann, wenn weder Krankheit noch sonstige wirkliche Beschränkungen seiner Bewegungsfreiheit den Ausgelieferten daran tatsächlich hindern.
Artikel 16 Ziffer 2. Die Schweiz verlangt, dass an sie gerichtete Ersuchen nach Artikel 16 Ziffer 2 eine kurze Beschreibung des dem Verfolgten zur Last liegenden Sachverhalts mit den für die auslieferungsrechtliche Beurteilung der Tat wesentlichen Angaben enthalten müssen.
Artikel 21. Die Schweiz behält sich das Recht vor, die Durchlieferung auch dann nicht zu bewilligen, wenn die dem Verfolgten zur Last liegende strafbare Handlung unter Artikel 5 des Übereinkommens fällt oder eine Verletzung von Vorschriften über die Beschränkung des Handels mit oder über die Bewirtschaftung von Gütern darstellt.
Artikel 23. Die Schweiz verlangt, dass an sie gerichtete Auslieferungsersuchen und deren Unterlagen, soweit sie nicht in deutscher, französischer oder italienischer Sprache abgefasst sind, mit einer Übersetzung in eine dieser Sprachen zu versehen sind.
Am 21. August 1991 hat die Schweiz dem Generalsekretär folgendes mitgeteilt:
In Bezug auf den Vorbehalt, den Portugal zu Artikel 1 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens einlegte (unter Bst. c), schliesst sich die Schweiz der Erklärung Deutschlands vom 4. Februar 1991 und der Erklärung Österreichs vom 4. Juni 1991 an.
Dieser Vorbehalt ist nur dann mit Sinn und Zweck des Übereinkommens vereinbar, wenn er sich nicht schlechthin gegen die Auslieferung in Fällen richtet, in denen eine lebenslängliche Freiheitsstrafe verhängt oder eine sichernde Massnahme angeordnet werden kann. Die Schweiz versteht den Vorbehalt ebenfalls dahingehend, dass die Auslieferung nur verweigert wird, wenn die zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe verurteilte Person nach dem Recht des ersuchenden Staates keine Möglichkeit hat, nach Verbüssung eines bestimmten Teils der Strafe oder Massnahme eine gerichtliche Prüfung der Aussetzung des Rests zur Bewährung herbeizuführen.
Inkrafttreten: 22. August 1991.