01.07.2024 - *
01.01.2024 - 30.06.2024 / In Force
01.09.2023 - 31.12.2023
01.08.2023 - 31.08.2023
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01.01.2019 - 31.01.2020
01.03.2018 - 31.12.2018
01.01.2018 - 28.02.2018
01.01.2017 - 31.12.2017
01.10.2016 - 31.12.2016
01.01.2016 - 30.09.2016
01.01.2015 - 31.12.2015
01.05.2013 - 31.12.2014
01.04.2013 - 30.04.2013
01.01.2011 - 30.03.2013
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1

Militärstrafprozess (MStP) vom 23. März 1979 (Stand am 14. Oktober 2003) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf Artikel 20 der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 7. März 19773, beschliesst: Erster Titel: Gerichtsordnung Erstes Kapitel: Grundsatz

Art. 1

Unabhängigkeit Die Unabhängigkeit der Militärjustiz ist gewährleistet.

Zweites Kapitel: Militärjustiz

Art. 2

Einteilung von Offizieren 1

Als Justizoffiziere können Offiziere eingeteilt werden, die ein juristisches Hochschulstudium abgeschlossen haben oder ein kantonales Rechtsanwaltspatent besitzen.

2

Ausnahmsweise können auch andere Offiziere eingeteilt werden, wenn sie über hinreichende juristische Kenntnisse verfügen und eine entsprechende zivile Tätigkeit ausüben.

3

Die Justizoffiziere müssen als Truppenoffiziere gedient haben und in der Regel mindestens den Grad eines Oberleutnants bekleiden.

4

Der Bundesrat bezeichnet Grad und Funktion der Justizoffiziere.

5

Er teilt der Militärjustiz die erforderlichen Justizoffiziere zu.

AS 1979 1059 1

[BS 1 3]. Der genannten Bestimmung entspricht heute Art. 60 der BV vom 18. April 1999 (SR 101).

2

Fassung gemäss Ziff. V 1 des BG vom 24. März 2000 über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten, in Kraft seit 1. Sept. 2000 (AS 2000 1891 1914; BBl 1999 9005).

3

BBl 1977 II 1 322.1

Militärstrafprozess 2

322.1


Art. 3

Einteilung von Unteroffizieren und Soldaten Unteroffiziere, Gefreite und Soldaten können, wenn sie im übrigen die Voraussetzungen von Artikel 2 Absatz 1 oder 2 erfüllen und mindestens vier Wiederholungskurse mit der Truppe geleistet haben, der Militärjustiz als Gerichtsschreiber zugeteilt werden.


Art. 4

Funktionen

1

Die Einteilung bei der Militärjustiz ist Voraussetzung zur Bekleidung der folgenden Funktionen:

a. in der Regel des Oberauditors; b. seines Stellvertreters;

c. des Präsidenten des Militärkassationsgerichts; d. der Präsidenten der Militärappellationsgerichte und der Divisionsgerichte; e. der Auditoren;

f. der

Untersuchungsrichter; g. der

Gerichtsschreiber.

2

Der Oberauditor teilt den Gerichten die Auditoren, Untersuchungsrichter und Gerichtsschreiber zu und sorgt für die Stellvertretungen.

3

Eine Anzahl von Justizoffizieren steht zur Verfügung des Bundesrates oder des Oberauditors.

Drittes Kapitel: Gerichte Erster Abschnitt: Divisionsgerichte

Art. 5

Sachliche Zuständigkeit Die Divisionsgerichte beurteilen erstinstanzlich die der Militärgerichtsbarkeit unterworfenen strafbaren Handlungen.


Art. 6

Zahl der Gerichte; Sprachen 1

Der Bundesrat bestimmt die Zahl der Divisionsgerichte und ihrer Abteilungen.

2

Er regelt ihre Zuständigkeit. Vorbehalten bleibt Artikel 31.

3

Bei der Bestellung der Gerichte sind die Sprachen der Truppen, für die sie zuständig sind, zu berücksichtigen.


Art. 7

Wahl der Richter

1

Die Präsidenten, Richter und Ersatzrichter werden vom Bundesrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.

Zweiter Abschnitt: Militärappellationsgerichte 3

322.1

2

Als Richter und Ersatzrichter werden Wehrmänner aus der Truppe gewählt, für die das Divisionsgericht zuständig ist. Sie behalten ihre militärische Stellung bei.


Art. 8

Zusammensetzung

1

Die Divisionsgerichte und ihre Abteilungen werden gebildet aus einem Präsidenten, der den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.

2

Als Richter amten zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere, Gefreite oder Soldaten.

3

Ein Auditor vertritt die Anklage.

Zweiter Abschnitt: Militärappellationsgerichte

Art. 9

Sachliche Zuständigkeit Die Militärappellationsgerichte behandeln Appellationen gegen Urteile und Entscheide der Divisionsgerichte (Art. 172).


Art. 10

Zahl der Gerichte; Sprachen 1

Der Bundesrat bestimmt die Zahl der Militärappellationsgerichte und allenfalls ihrer Abteilungen unter Berücksichtigung der Sprachen.

2

Er regelt ihre Zuständigkeit.


Art. 11

Wahl der Richter, fachliche Voraussetzungen 1

Die Präsidenten, die Richter und Ersatzrichter werden vom Bundesrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.

2

Als Richter und Ersatzrichter werden Wehrmänner gewählt, die in der Regel über eine juristische Bildung (Art. 2) verfügen. Sie müssen der Truppe angehören, für welche das Militärappellationsgericht zuständig ist. Sie behalten ihre militärische Stellung bei.


Art. 12

Zusammensetzung

1

Die Militärappellationsgerichte und ihre Abteilungen werden gebildet aus einem Präsidenten, der den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.

2

Als Richter amten zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere, Gefreite oder Soldaten.

3

Ein Auditor des Divisionsgerichts, welches in der Sache geurteilt hat, vertritt die Anklage.

Militärstrafprozess 4

322.1

4

Für Disziplinargerichtsbeschwerden in Arrestfällen bildet das Militärappellationsgericht einen Ausschuss, bestehend aus dem Präsidenten, einem Offizier und einem Unteroffizier oder Soldaten (Art. 212 Abs. 1 MStG4).

Dritter Abschnitt: Militärkassationsgericht

Art. 13

Sachliche Zuständigkeit Das Militärkassationsgericht behandelt die Kassationsbeschwerden nach Artikel 184, sowie Rekurse nach Artikel 195.


Art. 14

Wahl der Richter; fachliche Voraussetzungen 1

Der Präsident, die Richter und Ersatzrichter werden von der Bundesversammlung für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.

2

Als Richter und Ersatzrichter sind Wehrmänner zu wählen, die ein juristisches Hochschulstudium abgeschlossen haben oder ein kantonales Rechtsanwaltspatent besitzen. Sie behalten ihre militärische Stellung bei. Auch Justizoffiziere können zu Mitgliedern gewählt werden.


Art. 15

Zusammensetzung

1

Das Militärkassationsgericht wird gebildet aus dem Präsidenten, der den Grad eines Obersten bekleidet, sowie aus vier Richtern und einem Gerichtsschreiber.

2

Als Richter amten zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere, Gefreite oder Soldaten.

Dem Militärkassationsgericht gehören ferner vier Ersatzrichter an, von denen zwei Offiziere und zwei Unteroffiziere, Gefreite oder Soldaten sind.

3

Der Präsident ernennt aus dem Kreise der ordentlichen Richter einen Offizier als seinen Stellvertreter.

a5 Eid und Gelübde

Der Präsident, die Richter und Ersatzrichter leisten den Eid oder das Gelübde vor dem Militärkassationsgericht.

4

SR 321.0

5

Eingefügt durch Anhang Ziff. II 6 des BG vom 13. Dez. 2002 über die Bundesversammlung, in Kraft seit 1. Dez. 2003 (SR 171.10).

Dritter Abschnitt: Militärkassationsgericht 5

322.1

Viertes Kapitel: Oberauditor

Art. 16

Funktion

1

Der Oberauditor ist für die Verwaltung der Militärjustiz unter Aufsicht des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport6 zuständig.

2

Er überwacht die Tätigkeit der Auditoren und Untersuchungsrichter.


Art. 17

Wahl; Grad

1

Der Oberauditor und sein Stellvertreter werden vom Bundesrat für eine Amtsdauer von vier Jahren gewählt.

2

Der Oberauditor bekleidet den Grad eines Brigadiers, sein Stellvertreter den Grad eines Obersten oder Oberstleutnants, wenn sie die Voraussetzungen hiezu erfüllen.

Fünftes Kapitel: Rechtshilfe

Art. 18

Grundsätze

1

Die Militärgerichte sind zur gegenseitigen Rechtshilfe verpflichtet.

2

Ebenso haben die Militärgerichte und die zivilen Gerichts- und Verwaltungsbehörden von Bundes und Kantonen sich gegenseitig Rechtshilfe zu leisten.

3

Die Organe der militärischen und der zivilen Polizei sind gegenüber der Militärjustiz und den Truppenkommandanten, soweit diesen Befugnisse nach den Artikeln 100ff. zustehen, zur Rechtshilfe verpflichtet. Sie leisten diese in dringenden Fällen auch unaufgefordert.

4

In Rechtshilfesachen verkehren die Behörden direkt miteinander.


Art. 19

Kenntnisgabe von Strafakten Sind an einer strafbaren Handlung neben Personen, die dem Militärstrafrecht unterstehen, auch andere Personen beteiligt, so geben die militärischen und zivilen Strafbehörden von ihren Akten gegenseitig Kenntnis.


Art. 20

Zulässigkeit der Rechtshilfe Die Rechtshilfe soll nur in Anspruch genommen werden, wenn die ersuchende Strafbehörde für die Amtshandlung nicht zuständig ist oder sie nur unter erheblichen Schwierigkeiten vornehmen könnte.

6

Bezeichnung gemäss nicht veröffentlichtem BRB vom 19. Dez. 1997. Diese Änd. ist im ganzen Erlass berücksichtigt.

Militärstrafprozess 6

322.1


Art. 21

Streitigkeiten

Streitigkeiten wegen Verweigerung der Rechtshilfe entscheidet das Bundesgericht.


Art. 22

Vorsorgliche Amtshandlungen militärischer Strafbehörden Militärische Strafbehörden dürfen vorsorgliche Amtshandlungen gegenüber Personen, die zivilen Gerichtsbarkeit unterstehen, ohne Bewilligung der zuständigen Strafbehörde nur in dringenden Fällen vornehmen. Dieser ist von der Amtshandlung Kenntnis zu geben.


Art. 23

Vorsorgliche Amtshandlungen ziviler Strafbehörden Zivile Strafbehörden dürfen vorsorgliche Amtshandlungen gegenüber Personen, die der militärischen Gerichtsbarkeit unterstehen, ohne Bewilligung des zuständigen Truppenkommandanten nur in dringenden Fällen vornehmen. Diesem ist von der Amtshandlung Kenntnis zu geben.


Art. 24

Vorladungen ziviler Gerichte an Militärpersonen 1

Werden Militärpersonen von zivilen Gerichten vorgeladen, so erteilt der zuständige Vorgesetzte den erforderlichen Urlaub, wenn nicht wichtige militärische Interessen entgegenstehen.

2

Wird der Urlaub nicht bewilligt, so ist das Gericht unverzüglich zu benachrichtigen.

3

Vorbehalten bleibt das zivile Verfahren gegen Dienstpflichtige im Dienst (Art. 222 MStG7).


Art. 25

Unentgeltlichkeit

Die Rechtshilfe wird unentgeltlich geleistet. Vorbehalten bleibt die Vergütung von besondern Auslagen.

Zweiter Titel: Verfahren Erstes Kapitel: Allgemeine Bestimmungen Erster Abschnitt: Gerichtsstand

Art. 26

Einteilung

1

Militärpersonen, die einer Heereseinheit angehören oder zugeteilt sind, unterstehen der Gerichtsbarkeit des für ihren Truppenteil zuständigen Divisionsgerichtes.

2

Für Militärpersonen, die Armeetruppen angehören, bezeichnet der Bundesrat das zuständige Divisionsgericht.

7

SR 321.0

Erster Abschnitt: Gerichtsstand 7

322.1


Art. 27

Schulen und Kurse

1

Militärpersonen, die in Rekrutenschulen oder in Kursen ausserhalb der nach Truppenordnung organisierten Verbände Dienst leisten, unterstehen der Gerichtsbarkeit des für den Waffenplatz zuständigen Divisionsgerichts.

2

Der Bundesrat kann die Zuständigkeit aus sprachlichen Gründen abweichend ordnen.


Art. 28

Ort der Begehung

In allen anderen Fällen ist der Gerichtsstand bei dem Gericht begründet, in dessen Kreis die strafbare Handlung begangen wurde. Ist der Ort der Begehung nicht bekannt oder unbestimmt, so bezeichnet der Oberauditor das zuständige Gericht.


Art. 29

Subsidiäre Gerichtsstände 1

Wurde die strafbare Handlung im Ausland begangen und ist der Gerichtsstand der Einteilung nicht gegeben, so ist das Gericht zuständig, in dessen Kreis der Beschuldigte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen Wohnsitz hat.

2

Hatte der Beschuldigte in diesem Zeitpunkt keinen Wohnsitz in der Schweiz, so ist das Gericht seines letzten schweizerischen Wohnsitzes, und, wenn er niemals in der Schweiz gewohnt hat, das Gericht des Kreises zuständig, in dem er festgenommen wurde.

3

Lässt sich der Gerichtsstand nach diesen Regeln nicht ermitteln, so bestimmt der Oberauditor das zuständige Gericht.


Art. 30

Gerichtsstand bei mehreren strafbaren Handlungen und bei Mittäterschaft 1

Fallen mehrere strafbare Handlungen einer Person in die Zuständigkeit verschiedener Gerichte, so ist der Gerichtsstand bei dem für die schwerste Tat zuständigen Gericht begründet. Sind mehrere dieser Handlungen als gleich schwer zu betrachten, so ist das Gericht zuständig, bei dem die Voruntersuchung zuerst eingeleitet wurde.

2

Bei Mittäterschaft ist das Gericht zuständig, bei dem die Voruntersuchung zuerst eingeleitet wurde.

3

Für Anstifter und Gehilfen ist das Gericht des Täters zuständig.


Art. 31

Besonderer Gerichtsstand Der Oberauditor kann aus sprachlichen oder andern Gründen ausnahmsweise ein anderes als das zuständige Divisionsgericht mit der Beurteilung eines Straffalles beauftragen.


Art. 32

Streitiger Gerichtsstand 1

Ist der Gerichtsstand zwischen Militärgerichten streitig, so entscheidet das Militärkassationsgericht endgültig.

Militärstrafprozess 8

322.1

2

Vor Abschluss der Voruntersuchung entscheidet das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, wenn die Zuständigkeit des Gerichts, aber nicht die Militärgerichtsbarkeit bestritten ist.

Zweiter Abschnitt: Ausstand von Gerichtspersonen

Art. 33

Ausschliessung

Ein Richter, Auditor, Untersuchungsrichter oder Gerichtsschreiber darf sein Amt nicht ausüben, wenn er a. in der Sache ein persönliches Interesse hat; b. mit einer Partei in gerader Linie oder bis zum dritten Grad in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert oder durch Ehe, Verlobung oder Kindesannahme verbunden ist; c. in der Sache schon als Mitglied einer administrativen oder richterlichen Behörde, als Justizbeamter, als Rechtsberater, Bevollmächtigter oder Anwalt einer Partei, als Sachverständiger oder Zeuge gehandelt hat; d. mit dem Anwalt einer Partei in gerader Linie oder bis zum zweiten Grad in der Seitenlinie verwandt oder verschwägert oder durch Ehe, Verlobung oder Kindesannahme verbunden ist.


Art. 34

Ablehnung

Ein Richter, Auditor, Untersuchungsrichter oder Gerichtsschreiber kann von den Parteien abgelehnt werden oder selbst seinen Ausstand verlangen, a. wenn zwischen ihm und einer Partei besondere Freundschaft oder persönliche Feindschaft oder ein besonderes Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis besteht;

b. wenn er aus andern Gründen in der Sache befangen sein könnte.


Art. 35

Anzeigepflicht

Liegt bei einer Gerichtsperson ein Ausstandsgrund nach den Artikeln 33 oder 34 vor, so hat sie diesen dem Gericht möglichst frühzeitig, jedoch spätestens nach Eröffnung der Hauptverhandlung anzuzeigen. Bei Ablehnung (Art. 34) hat sie zu erklären, ob sie selbst ihren Ausstand verlange oder die Ablehnung den Parteien anheimstelle.

Die Parteien erhalten eine kurze Frist, um die Ablehnung geltend zu machen.


Art. 36

Ausstandsbegehren

1

Will eine Partei den Ausstand (Art. 33 oder 34) einer Gerichtsperson verlangen, so hat sie sofort nach Entstehen oder Bekanntwerden des Ausstandsgrundes dem zuständigen Gericht ein Ausstandsbegehren zu stellen.

Dritter Abschnitt: Protokolle 9

322.1

2

Die den Ausstand begründenden Tatsachen sind im Begehren glaubhaft zu machen.

Die Gerichtsperson hat sich zu den vorgebrachten Ausstandsgründen zu äussern. Ein weiteres Beweisverfahren findet nicht statt.

3

Wer ein Ausstandsbegehren verspätet einreicht, kann verpflichtet werden, die dadurch verursachten Kosten zu tragen.


Art. 37

Entscheid

1

Über den Ausstand entscheidet bis zur erstinstanzlichen Hauptverhandlung der Präsident des Divisionsgerichts, nachher das zuständige Gericht.

2

Über den Ausstand des Oberauditors und seines Stellvertreters entscheidet der Bundesrat.

Dritter Abschnitt: Protokolle

Art. 38

Inhalt und Form

1

Die Aussagen einvernommener Personen sind ihrem wesentlichen Inhalt nach zu protokollieren, ebenso wichtige Fragen des Untersuchungsrichters.

2

Am Schluss der Einvernahme ist das Protokoll von der einvernommenen Person zu lesen oder ihr vorzulesen. Darauf ist es mit allfälligen Berichtigungen und Ergänzungen von ihr, vom Untersuchungsrichter und von Protokollführer zu unterzeichnen.

3

Wird die Unterzeichnung des Protokolls verweigert oder kann sie aus anderen Gründen nicht erfolgen, so ist dies unter Angabe der Gründe zu vermerken.

4

In Ausnahmefällen können Aussagen mit Einwilligung aller Beteiligten nicht nur im Protokoll, sondern auch auf Tonträgern festgehalten werden.


Art. 39

Hauptverhandlung

1

Das Protokoll über die Hauptverhandlung muss deren Gang und Ergebnisse im wesentlichen wiedergeben sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, ergangenen Entscheide und den Urteilsspruch enthalten.

2

Der Präsident ordnet von sich aus oder auf Antrag einer Partei die vollständige Niederschrift einer Aussage an, wenn ihrem Wortlaut besondere Bedeutung zukommt.

3

Das Protokoll der Hauptverhandlung wird vom Präsidenten und vom Gerichtsschreiber unterzeichnet. Im übrigen gilt Artikel 38.

Militärstrafprozess 10

322.1


Art. 40

Augenschein und Hausdurchsuchung 1

Protokolle über Augenscheine und Hausdurchsuchungen haben deren Ergebnis genau festgehalten sowie Ort und Zeit der Durchführung und die Namen der Personen anzugeben, die daran teilgenommen haben. Pläne, Fotografien und Zeichnungen sind, wenn nötig beizufügen.

2

Die Protokolle werden von dem unterzeichnet, der die Massnahme durchgeführt hat.


Art. 41

Beschlagnahme und Verwahrung 1

Über beschlagnahmte oder verwahrte Gegenstände ist ein genaues Verzeichnis aufzunehmen und den Akten beizufügen.

2

Das Verzeichnis wird von dem unterzeichnet, der die Massnahme durchgeführt hat.

Der bisherige Inhaber der Gegenstände oder der nach Artikel 66 Absatz 4 Beigezogene muss durch Unterschrift bestätigen, dass das Verzeichnis vollständig ist. Er erhält ein Doppel.

Vierter Abschnitt: Entscheide und Akten

Art. 42

Entscheide

1

Schriftliche Entscheide sind zu begründen und müssen das Rechtsmittel, die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennen.

2

Entscheide und deren Vollzug sind in den Akten festzuhalten.


Art. 43


8

Verwaltung der Akten

1

Das Oberauditorat betreibt zur Verwaltung der Akten der Militärjustiz ein Informationssystem. Es enthält Daten von Personen, die von Untersuchungen oder Verfahren der Militärjustiz betroffen sind, sowie Angaben über den Stand und die Erledigung der Untersuchungen und Verfahren.

2

Die Kanzleien der Militärgerichte haben durch ein Abrufverfahren Zugriff auf die Daten.

3

Nach Erledigung der Strafsache werden die Akten in der Regel während fünf Jahren beim Oberauditorat aufbewahrt. Danach werden sie dem Bundesarchiv überliefert. Das Oberauditorat kann die archivierten Akten bei Bedarf zurückverlangen.


Art. 44

Rückgabe von Belegen

Zu den Akten genommene Belege werden dem Berechtigten in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung der Strafsache gegen Empfangsschein zurückgegeben.

8

Fassung gemäss Ziff. V 1 des BG vom 24. März 2000 über die Schaffung und die Anpassung gesetzlicher Grundlagen für die Bearbeitung von Personendaten, in Kraft seit 1. Sept. 2000 (AS 2000 1891 1914; BBl 1999 9005).

Fünfter Abschnitt: Fristen 11

322.1


Art. 45

Akteneinsicht

1

Gerichte und Verwaltungsbehörden können auf begründetes Gesuch hin Akten einer rechtskräftig erledigten Strafsache einsehen. Privatpersonen kann nur Einsicht gewährt werden, wenn sie ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen und diesem keine höhern Interessen entgegenstehen.

2

Der Oberauditor entscheidet über die Gewährung der Einsicht und deren Umfang.

Fünfter Abschnitt: Fristen

Art. 46

Berechnung, Wahrung und Erstreckung 1

Berechnet sich die Frist nach Tagen, so beginnt sie am Tage nach der Mitteilung.

Fällt der letzte Tag auf einen Samstag, einen Sonntag oder einen am Wohnort der Partei oder ihres Vertreters vom kantonalen Recht anerkannten Feiertag, so endigt die Frist am nächsten Werktag.

2

Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist an die zuständige Stelle gelangt oder der schweizerischen Post übergeben worden sein. In Haftfällen genügt die fristgerechte Übergabe an den Gefängniswärter, der für die Weiterleitung besorgt ist.

3

Die Frist gilt auch dann als gewahrt, wenn eine Eingabe rechtzeitig bei einer unzuständigen schweizerischen Dienst- oder Amtsstelle eingereicht wurde. Die Eingabe ist unverzüglich an die zuständige Stelle weiterzuleiten.

4

Die vom Gesetz bestimmten Fristen sind nicht erstreckbar. Richterlich bestimmte Fristen können auf begründetes Gesuch hin, das vor Ablauf der Frist zu stellen ist, erstreckt werden.


Art. 47

Wiederherstellung

1

Eine Frist kann wiederhergestellt werden, wenn sie der Gesuchsteller oder sein Vertreter unverschuldet nicht einhalten konnte.

2

Das begründete Gesuch ist innert zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses schriftlich unter Angabe der Beweismittel einzureichen. Die versäumte Rechtshandlung muss innerhalb dieser Frist nachgeholt werden.

3

Über das Gesuch entscheidet die in der Sache zuständige Stelle.

4

Gegen den ablehnenden Entscheid kann innert zehn Tagen von der schriftlichen Mitteilung an Beschwerde geführt werden: a. gegen Entscheide des Untersuchungsrichters beim Präsidenten des Divisionsgerichts;

b. gegen Entscheide des Divisionsgerichts oder seines Präsidenten beim Militärappellationsgericht;

c. gegen Entscheide des Militärappellationsgerichts oder seines Präsidenten beim Militärkassationsgericht.

Militärstrafprozess 12

322.1

Sechster Abschnitt: Öffentlichkeit und Sitzungspolizei

Art. 48

Öffentlichkeit

1

Die Verhandlungen vor den Militärgerichten sind öffentlich, nicht aber die Beratungen und Abstimmungen.

2

Das Gericht kann die Öffentlichkeit ausschliessen, soweit eine Gefährdung der Landesverteidigung, der Staatssicherheit, der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit zu befürchten ist oder das Interesse eines Beteiligten es erfordert.

3

Das Urteil wird öffentlich verkündet.

4

Bild- und Tonaufnahmen im Gerichtssaal sind verboten. Das Gericht kann Ausnahmen beschliessen.


Art. 49

Sitzungspolizei

1

Der Präsident des Gerichts sorgt für Ruhe und Ordnung in der Verhandlung. Er kann Ruhestörer wegweisen, den Sitzungssaal räumen und Widersetzliche bis zum Schluss der Sitzung in polizeilichen Gewahrsam nehmen lassen.

2

Das Gericht kann denjenigen, der sich in der Sitzung ungebührlich verhält oder richterliche Anordnungen missachtet, mit einer Ordnungsbusse bis zu 300 Franken oder mit Haft bis zu drei Tagen bestrafen und die Haft sofort vollziehen lassen. Dies schliesst eine Verfolgung für Straftaten nicht aus.

3

Dem Untersuchungsrichter stehen die gleichen Befugnisse zu. Er kann eine Ordnungsbusse bis zu 100 Franken oder Haft von einem Tag verhängen.


Art. 50

Sitzungslokal; Vollzugsorgan 1

Die Kantone und Gemeinden stellen den Militärgerichten an den Sitzungsorten die erforderlichen Räume unentgeltlich zur Verfügung. Besondere Auslagen werden vom Bund ersetzt.

2

Die am Sitzungsort zuständige Polizeibehörde stellt auf Ersuchen des Präsidenten des Gerichts die nötigen Organe für den Vollzug seiner Anordnungen zur Verfügung, insbesondere für die Vorführung von Angeklagten und für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung.

Siebenter Abschnitt: Einvernahme des Beschuldigten; freies Geleit

Art. 51

Vorladung

1

Der Beschuldigte wird zur Einvernahme in der Regel schriftlich vorgeladen. Er ist auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens aufmerksam zu machen.

Siebenter Abschnitt: Einvernahme des Beschuldigten; freies Geleit 13

322.1

2

Die Vorladung wird durch die Schweizerische Post, durch eine Militärperson oder nötigenfalls durch Vermittlung einer zivilen Behörde zugestellt.9 3 Leistet der Beschuldigte der Vorladung keine Folge, so kann er vorgeführt werden.

Der Vorführungsbefehl ist in der Regel schriftlich zu erteilen.


Art. 52

Durchführung

1

Dem Beschuldigten wird mitgeteilt, welcher Tat er beschuldigt wird. Er wird aufgefordert, sich über die Beschuldigung auszusprechen sowie Tatsachen und Beweismittel zu seiner Verteidigung anzuführen. Zur Ergänzung, Erläuterung oder Berichtigung der Aussage und zur Beseitigung von Widersprüchen werden entsprechende Fragen gestellt.

2

Die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten werden mit aller Sorgfalt abgeklärt.

3

Der Untersuchungsrichter geht allen belastenden und entlastenden Umständen mit gleicher Sorgfalt nach.

4

Auch bei einem Geständnis werden die nähern Umstände und die Beweggründe der Tat abgeklärt.

5

Zwang, Drohung, Versprechungen, unwahre Angaben und verfängliche Fragen sind untersagt.

6

Weigert sich der Beschuldigte auszusagen, so wird das Verfahren ohne Rücksicht darauf weitergeführt.


Art. 53

Freies Geleit

1

Der Präsident des Gerichts kann einem landesabwesenden Beschuldigten oder einem in Abwesenheit Verurteilten freies Geleit erteilen. Dieses kann an bestimmte Bedingungen geknüpft werden.

2

Das freie Geleit erlischt, wenn der Beschuldigte oder der in Abwesenheit Verurteilte im ordentlichen Verfahren zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wird oder die auferlegten Bedingungen nicht erfüllt hat.

3

Auf diese Rechtsfolgen ist der Beschuldigte oder Verurteilte bei Erteilung des freien Geleits aufmerksam zu machen.

9

Fassung gemäss Anhang Ziff. 9 des Postorganisationsgesetzes vom 30. April 1997, in Kraft seit 1. Jan. 1998 (SR 783.1).

Militärstrafprozess 14

322.1

Achter Abschnitt: Vorläufige Festnahme; Untersuchungs- und Sicherheitshaft

Art. 54

Vorläufige Festnahme

1

Der militärische Vorgesetzte des Beschuldigten oder Verdächtigen kann die vorläufige Festnahme für höchstens drei Tage verfügen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Verhaftung vorliegen oder wenn es zwingende dienstliche Gründe erfordern. Es werden unverzüglich die zur Abklärung des Sachverhalts erforderlichen Massnahmen getroffen (Art. 100 MStP und Art. 203 MStG10).

2

Unter den gleichen Voraussetzungen kann der Untersuchungsrichter in einer vorläufigen Beweisaufnahme diese Festnahme für höchstens sieben Tage verfügen.

3

Gegen die vom militärischen Vorgesetzten verfügte vorläufige Festnahme kann nach den Artikeln 209ff. des Militärstrafgesetzes11 Beschwerde erhoben werden; sie hat nur aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerdeinstanz dies anordnet. Die Beschwerde gegen die vom Untersuchungsrichter verfügte vorläufige Festnahme richtet sich nach den Artikeln 166ff. des Gesetzes.

4

Für die Entschädigung bei unzulässiger vorläufiger Festnahme gilt Artikel 117 Absatz 3 sinngemäss.


Art. 55

Anhaltung

Wer auf frischer Tat ertappt oder unmittelbar danach verfolgt wird, kann bei Fluchtgefahr oder zur Feststellung der Personalien von jedermann angehalten werden. Er ist sofort der nächsten Truppe oder der Polizei zu übergeben.


Art. 56

Untersuchungs- und Sicherheitshaft Gegen den Beschuldigten, gegen welchen die Voruntersuchung angeordnet wurde, darf ein Haftbefehl nur erlassen werden, wenn er eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtigt ist und Grund zur Annahme besteht: a. dass er sich der Strafverfolgung durch Flucht entziehen würde oder b. dass er Spuren der Tat vernichten, Beweismittel beiseite schaffen oder verändern oder Zeugen, Mitbeschuldigte oder Auskunftspersonen zu falschen Aussagen verleiten oder sonst den Zweck der Untersuchung gefährden würde oder

c. dass er, in Freiheit belassen, seine strafbare Tätigkeit fortsetzen würde.


Art. 57

Haftbefehl

1

Die Verhaftung des Beschuldigten erfolgt aufgrund eines schriftlichen Haftbefehls des Untersuchungsrichters oder nach Abschluss der Voruntersuchung des Präsidenten des zuständigen Gerichts.

10

SR 321.0

11

SR 321.0

Achter Abschnitt: Vorläufige Festnahme; Untersuchungs- und Sicherheitshaft 15

322.1

2

Der Haftbefehl enthält: a. die Personalien des Beschuldigten; b. die ihm vorgeworfene strafbare Handlung; c. den Grund der Verhaftung; d. die Rechtsmittelbelehrung.

3

Der Haftbefehl ist dem Beschuldigen bei der Verhaftung bekanntzugeben unter Aushändigung eines Doppels gegen Empfangsbestätigung.

4

Der Verhaftete ist unverzüglich dem Richter zuzuführen.


Art. 58

Fahndung

1

Kann der Haftbefehl nicht vollzogen werden, so wird die Fahndung angeordnet.

Der Haftbefehl kann öffentlich bekanntgemacht werden. Dabei wird angegeben, wem der Verhaftete zuzuführen ist.

2

Die Polizeiorgane haben bei der Fahndung mitzuwirken.

3

Bei schweren Straftaten kann die Bekanntgabe durch Presse, Radio oder Fernsehen angeordnet werden.


Art. 59

Erste Einvernahme; Haftdauer 1

Der Verhaftete ist spätestens am ersten Werktag, nach dem er dem Richter zugeführt wurde, über den Gegenstand der Beschuldigung einzuvernehmen und auf sein Recht, jederzeit ein Haftentlassungsgesuch einzureichen, aufmerksam zu machen.

2

Die Untersuchungshaft darf nicht länger als 14 Tage dauern. Der Präsident des Divisionsgerichts kann jedoch auf begründetes Gesuch des Untersuchungsrichters hin eine oder mehrere Haftverlängerungen von jeweils höchstens einem Monat bewilligen. Hafterstreckungsverfügungen sind dem Verhafteten durch Zustellung eines Doppels zu eröffnen.

3

Sobald kein Verhaftungsgrund mehr besteht, ist der Verhaftete freizulassen.


Art. 60

Sicherheitshaft nach der Verurteilung Wird gegen ein Urteil ein Rechtsmittel eingereicht, so entscheidet über die Anordnung oder Fortdauer der Sicherheitshaft der Präsident des Gerichts, welches das Urteil gefällt hat. Sind die Akten an die Rechtsmittelinstanz weitergeleitet, so entscheidet deren Präsident.


Art. 61

Freiheitsbeschränkung Der Verhaftete darf in seiner Freiheit nicht weiter beschränkt werden, als es der Zweck der Haft oder die Aufrechterhaltung der Ordnung im Gefängnis erfordert.

Militärstrafprozess 16

322.1

Neunter Abschnitt: Untersuchungsmassnahmen

Art. 62

Anordnung

Die Anordnung von Untersuchungsmassnahmen steht dem Untersuchungsrichter und, nach Abschluss der Voruntersuchung, dem Präsidenten des Divisionsgerichts oder des Militärappellationsgerichts zu. Mit der Durchführung kann die kantonale gerichtliche Polizei beauftragt werden.


Art. 63

Beschlagnahme

Gegenstände und Vermögenswerte, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sind oder der Einziehung unterliegen, sind zu beschlagnahmen und zu verwahren oder in anderer Weise sicherzustellen.


Art. 64

Herausgabe von beschlagnahmten Gegenständen und Vermögenswerten Wer einen mit Beschlag belegten Gegenstand oder Vermögenswert in seinem Gewahrsam hat, ist verpflichtet, diesen auf Verlangen herauszugeben. Verweigert er die Herausgabe, so wird er dazu gezwungen.


Art. 65


12

Körperliche Untersuchung, Blutprobe, Abklärung des Geisteszustandes 1

Zur Abklärung einer Straftat können eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten oder Verdächtigen und die Entnahme einer Blutprobe durch einen Arzt angeordnet werden.

2

Gegenüber einem Dritten können solche Massnahmen ohne seine Einwilligung nur aus wichtigen Gründen angeordnet werden.

3

Zur Abklärung seines Geisteszustandes kann der Beschuldigte in eine geeignete Anstalt eingewiesen werden. Der Aufenthalt in dieser Anstalt gilt als Untersuchungshaft.


Art. 66

Durchsuchung von Wohnungen und Personen 1

Die Durchsuchung einer Wohnung, anderer Räume oder unmittelbar zu einem Haus gehörender umfriedeter Liegenschaften kann jederzeit angeordnet werden, wenn zu vermuten ist, dass sich der Beschuldigte oder Verdächtige darin verborgen hält oder dass sich Beweisgegenstände oder Spuren der strafbaren Handlung darin befinden.

2

Der Beschuldigte oder Verdächtige darf ebenfalls durchsucht werden.

12

Gemäss Ziff. IV 2 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569) erhielten die ursprünglichen Art. 66-70

die Nummern 65-69.

Neunter Abschnitt: Untersuchungsmassnahmen 17

322.1

3

Zur Nachtzeit darf die Durchsuchung nur bei unmittelbarer Gefahr vorgenommen werden.

4

Der Inhaber der Räume oder Gegenstände wird zur Durchsuchung beigezogen. Ist er abwesend, so ist bei Wehrmännern ein Dienstkamerad, bei Zivilpersonen ein erwachsener Angehöriger oder Hausgenosse beizuziehen.

5

Findet die Durchsuchung bei einer Zivilperson statt, so ist wenn möglich eine Amtsperson der Gemeinde oder des Kantons beizuziehen.


Art. 67

Privat- oder Berufsgeheimnis 1

Die Durchsuchung von Schriftstücken, Bild- und Tonträgern ist mit grösster Schonung des Privatgeheimnisses und unter Beachtung des Berufsgeheimnisses im Sinne von Artikel 75 Buchstabe b durchzuführen.

2

Insbesondere sollen sie nur durchsucht werden, wenn anzunehmen ist, dass sich solche darunter befinden, die für die Untersuchung von Bedeutung sind.

3

Dem Inhaber von Schriftstücken, Bild- und Tonträgern ist wenn möglich Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchsuchung über ihren Inhalt auszusprechen. Erhebt er gegen die Durchsuchung Einspruch, so werden sie versiegelt und verwahrt. In diesem Falle entscheidet über die Zulässigkeit der Durchsuchung bis zur Hauptverhandlung der Präsident des zuständigen Divisionsgerichts, im Hauptverfahren das Gericht. Der Entscheid ist endgültig.


Art. 68

Rückgabe oder Verwertung von beschlagnahmten Gegenständen und Vermögenswerten 1

Beschlagnahmte Gegenstände und Vermögenswerte sind, sobald sie für das Strafverfahren nicht mehr benötigt werden und weder der Einziehung unterliegen noch dem Bund verfallen, dem Berechtigten zurückzugeben.

2

Die nach den Artikeln 41 und 42 des Militärstrafgesetzes13 eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte, die aufzubewahren, zu verwerten oder unbrauchbar zu machen sind, liefert der Richter nach rechtskräftiger Erledigung des Falles dem Oberkriegskommissariat ab.

3

Das Bundesamt für Betriebe des Heeres14 sorgt für die Verwertung, sofern innert der Frist von Artikel 41a Absatz 3 des Militärstrafgesetzes keine Ansprüche Dritter geltend gemacht worden sind. Dem Verderben oder einer raschen Wertverminderung ausgesetzte Gegenstände und Vermögenswerte werden rechtzeitig verwertet. Der Erlös wird während der genannten Frist zur Verfügung der anspruchsberechtigten Dritten gehalten.

4

Sind anspruchsberechtigte Dritte nicht anders zu ermitteln, so kann das Oberkriegskommissariat eine einmalige Ausschreibung im Bundesblatt veranlassen.

13

SR 321.0

14 Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde gemäss Art. 4a der Publikationsverordnung vom 15. Juni 1998 (SR 170.512.1) angepasst.

Militärstrafprozess 18

322.1


Art. 69

Autopsie, Exhumierung Aus zwingenden Gründen können die Autopsie, der Aufschub der Bestattung, die Ausgrabung des Leichnams oder die Öffnung der Aschenurne angeordnet werden.

Zehnter Abschnitt: Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, Überwachungsgeräte15

Art. 70


16

Voraussetzungen

Für die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs gilt das Bundesgesetz vom 6. Oktober 200017 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs.

Für den Einsatz technischer Überwachungsgeräte (Art. 179bis ff. StGB18) gilt es sinngemäss.


Art. 71-7219

Art. 72

a20

Art. 73


21

15

Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569). Fassung gemäss Anhang Ziff. 8 des Fernmeldegesetzes vom 21. Juni 1991, in Kraft seit 1. Mai 1992 [AS 1992 581].

16 Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569). Fassung gemäss Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. Jan. 2002 (SR 780.1).

17 SR

780.1

18 SR

311.0

19 Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1).

20 Eingefügt durch Anhang Ziff. 16 des BG vom 4. Okt. 1991 (AS 1992 288; BBl 1991 II 465). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1).

21 Eingefügt durch Ziff. IV 3 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569). Aufgehoben durch Anhang Ziff. 3 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (SR 780.1).

Elfter Abschnitt : Zeugen, Auskunftspersonen und Opfer 19

322.1

Elfter Abschnitt22: Zeugen, Auskunftspersonen und Opfer23

Art. 74


24

Zeugnispflicht

Jedermann ist verpflichtet, als Zeuge vor dem Richter zu erscheinen und unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen Zeugnis abzulegen.


Art. 75

Zeugnisverweigerung

Das Zeugnis können verweigern: a. Verwandte und Verschwägerte von Beschuldigten oder Verdächtigen in gerader Linie, dessen Geschwister, Schwäger und Schwägerinnen, Ehegatten, auch wenn die Ehe geschieden ist, Pflege- und Stiefkinder, Pflege- und Stiefeltern, Stiefgeschwister sowie Verlobte von Beschuldigten oder Verdächtigen, wobei die durch Adoption begründeten Verwandtschaftsverhältnisse der natürlichen Verwandtschaft gleichgestellt sind; b. Geistliche, Anwälte, Notare, Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Hebammen sowie deren berufliche Hilfspersonen über Geheimnisse, die ihnen aufgrund ihres Berufs anvertraut worden sind oder die sie bei ihrer Berufstätigkeit wahrgenommen haben; soweit sie vom Berechtigten von der Geheimhaltung entbunden werden, haben sie auszusagen, wenn nicht das Interesse an der Geheimhaltung überwiegt; c. Personen, die nach glaubwürdiger Angabe sich selbst oder einen unter Buchstabe a genannten Angehörigen der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung oder eines schweren Nachteils, insbesondere für Ehre und Vermögen, aussetzen würden.


Art. 76

Hinweis auf Zeugnisverweigerungsrecht 1

Ist ein Zeuge zur Zeugnisverweigerung berechtigt, so ist er darauf aufmerksam zu machen. Dies ist im Protokoll zu vermerken.

2

Erklärt sich ein Zeuge trotzdem zur Aussage bereit, so kann er diese Erklärung noch während der Einvernahme widerrufen. Die bereits gemachten Aussagen bleiben bestehen.

22

Gemäss Ziff. IV 4-5 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569) erhielten die ursprünglichen Abschnitte 10-14 die Nummern 11-15 und die ursprünglichen Art. 71-218 die Nummern 74-221.

23

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

24

Gemäss Ziff. IV 4-5 des BG vom 23. März 1979 über den Schutz der persönlichen Geheimsphäre (AS 1979 1170; BBl 1976 I 529 II 1569) erhielten die ursprünglichen Abschnitte 10-14 die Nummern 11-15 und die ursprünglichen Art. 71-218 die Nummern 74-221.

Militärstrafprozess 20

322.1


Art. 77

Dienst- und Amtsgeheimnis 1

Soll ein Zeuge über Tatsachen aussagen, die unter das Dienstgeheimnis (Art. 77 MStG25) fallen, so hat der Richter vorerst bei der zuständigen Dienststelle die Befreiung von dieser Pflicht zu erwirken.

2

Ein Beamter darf nur mit Zustimmung seiner vorgesetzten Behörde über ein Amtsgeheimnis (Art. 320 StGB26) als Zeuge einvernommen oder zur Herausgabe von Amtsakten angehalten werden. Im übrigen gelten das eidgenössische und das kantonale Verwaltungsrecht.


Art. 78

Vorladung

Zeugen werden in der Regel schriftlich zur Einvernahme vorgeladen. Die Vorladung wird durch die Post, durch eine Militärperson oder durch Vermittlung ziviler Behörden zugestellt. Die Zeugen sind auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens aufmerksam zu machen.


Art. 79

Einvernahme

1

Jeder Zeuge ist in Abwesenheit der andern Zeugen einzuvernehmen. Er kann andern Zeugen, dem Beschuldigten oder Verdächtigen gegenübergestellt werden.

2

Die Zeugen sind zur Wahrheit zu ermahnen und auf die Straffolgen eines falschen Zeugnisses aufmerksam zu machen. Dies wird im Protokoll vermerkt.


Art. 80

Persönliche Verhältnisse Die persönlichen Verhältnisse des Zeugen, insbesondere seine Beziehungen zum Beschuldigten, Verdächtigen oder Verletzten, sind so weit festzustellen, als sie für seine Glaubwürdigkeit von Bedeutung sein können.


Art. 81

Ausbleiben von Zeugen 1

Ein Zeuge, der unentschuldigt ausbleibt, sich ohne Erlaubnis entfernt oder sich in die Unmöglichkeit versetzt, auszusagen, wird mit Ordnungsbusse bis zu 300 Franken bestraft. Er hat auch die Kosten zu bezahlen, die er durch seinen Ungehorsam verursacht hat.

2

Er kann überdies vorgeführt werden. Der Vorführungsbefehl ist in der Regel schriftlich zu erteilen.

3

Bei nachträglicher genügender Entschuldigung werden Strafverfügung und Kostenauflage aufgehoben.

25

SR 321.0

26

SR 311.0

Elfter Abschnitt : Zeugen, Auskunftspersonen und Opfer 21

322.1


Art. 82

Widerrechtliche Zeugnisverweigerung 1

Verweigert ein Zeuge ohne gesetzlichen Grund die Aussage oder entzieht er sich der Zeugnispflicht, so kann er bis zu 24 Stunden in Haft gesetzt oder mit Ordnungsbusse bis zu 300 Franken bestraft werden. Bei andauernder Weigerung ist ihm unter Hinweis auf Artikel 292 des Strafgesetzbuches27 die Bestrafung wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung mit Haft oder Busse anzudrohen.

2

Bleibt der Zeuge trotz Androhung bei seiner Weigerung, so wird er bei der zivilen Strafbehörde verzeigt.

3

Der Zeuge trägt die durch seine Weigerung verursachten Kosten.

4

Entschädigungsbegehren Dritter bleiben vorbehalten.


Art. 83

Entschädigung

Die Zeugen haben Anspruch auf Entschädigung für Zeitversäumnis und Reisekosten nach den Vorschriften des Bundesrates.


Art. 84

Auskunftsperson

1

Als Auskunftspersonen und nicht als Zeugen werden befragt: a. Personen, die als Täter oder Teilnehmer in Frage kommen können; b. Personen, die den Sinn der Zeugeneinvernahme nicht zu erfassen vermögen.

2

Auskunftspersonen sind verpflichtet, Vorladungen zur Befragung Folge zu leisten.

Bei unentschuldigtem Ausbleiben können sie vorgeführt werden. Für Vorladung und Vorführungsbefehl gilt Artikel 51.

3

Auskunftspersonen sind nicht zur Aussage verpflichtet.

4

Die Bestimmungen über die Einvernahme des Beschuldigten gelten sinngemäss auch für die Auskunftsperson.

5

Auskunftspersonen können für Zeitversäumnis und Reisekosten nach den Vorschriften des Bundesrates entschädigt werden.

a28 Opfer Für den Schutz und die Rechte des Opfers gelten die Bestimmungen der Artikel 5-7, 8 Absatz 2 und 10 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 199129 über die Hilfe an Opfer von Straftaten.

27

SR 311.0

28

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

29

SR 312.5

Militärstrafprozess 22

322.1

Zwölfter Abschnitt: Sachverständige

Art. 85

Sachverständige

1

Wenn die Abklärung eines Sachverhaltes besondere Kenntnisse erfordert, kann der Untersuchungsrichter oder das Gericht Sachverständige beiziehen. Ihre Aufgabe ist zu umschreiben.

2

Den Sachverständigen ist Einsicht in die Akten zu gewähren und das Recht einzuräumen, Beweisaufnahmen beizuwohnen und zur Abklärung des Sachverhaltes Fragen an Zeugen und Beschuldigte zu stellen.


Art. 86

Schweigepflicht

Die Sachverständigen unterstehen dem Amtsgeheimnis nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches30.


Art. 87

Ernennung

Den Sachverständigen wird die Ernennung unter Hinweis auf Artikel 89 schriftlich eröffnet. Sie werden auf die Straffolgen falscher Begutachtung aufmerksam gemacht.


Art. 88

Ausstand

Für die Sachverständigen gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Ausstand von Gerichtspersonen.


Art. 89

Pflicht zur Annahme des Auftrages Der Richter kann den Sachverständigen nur dann zur Annahme des Auftrages verpflichten, wenn besondere Verhältnisse es erfordern. Zeugnisverweigerungsgründe berechtigen jedoch zur Ablehnung des Auftrages.


Art. 90

Pflichtwidriges Verhalten 1

Verweigert ein zur Annahme des Auftrages verpflichteter Sachverständiger ohne wichtigen Grund die Erstattung des Gutachtens, liefert ein Sachverständiger das Gutachten ohne hinreichende Begründung nicht oder nicht rechtzeitig ab oder leistet er einer Vorladung unentschuldigt keine Folge, so werden ihm die durch sein Verhalten entstandenen Kosten auferlegt. Er kann überdies mit einer Ordnungsbusse bis zu 300 Franken bestraft werden.

2

Bei nachträglicher genügender Entschuldigung werden diese Anordnungen aufgehoben.

30

SR 311.0

Dreizehnter Abschnitt: Augenschein 23

322.1


Art. 91

Abgabe des Gutachtens Der Richter bestimmt, ob das Gutachten schriftlich oder mündlich erstattet werden soll, und setzt den Abgabetermin fest.


Art. 92

Neue Begutachtung

Ist ein Gutachten mangelhaft oder besteht zwischen mehreren Gutachten ein Widerspruch, so kann der Richter eine Ergänzung des Gutachtens oder eine neue Begutachtung durch die gleichen oder andere Sachverständige anordnen.


Art. 93

Entschädigung

Die Sachverständigen haben Anspruch auf Entschädigung nach den Vorschriften des Bundesrates.

Dreizehnter Abschnitt: Augenschein

Art. 94

1 Ein Augenschein wird angeordnet, wenn er zur Abklärung des Sachverhaltes beitragen kann.

2

Den Beschuldigten ist Gelegenheit zu geben, dem Augenschein beizuwohnen. Zeugen, Sachverständige und Auskunftspersonen können zum Augenschein vorgeladen und dabei befragt werden.

Vierzehnter Abschnitt: Dolmetscher und Übersetzer

Art. 95

Beizug

1

Wird mit Personen verhandelt, die der Gerichtssprache nicht mächtig sind, so ist nötigenfalls ein Dolmetscher beizuziehen. Kommt dem Wortlaut einer Aussage besondere Bedeutung zu, so ist sie auch in der Fremdsprache ins Protokoll aufzunehmen.

2

Zu Verhandlungen mit tauben oder stummen Personen ist ein Dolmetscher beizuziehen, wenn schriftlicher Verkehr nicht genügt.

3

Zur Übersetzung fremdsprachiger Schriftstücke ist, soweit notwendig, ein Übersetzer beizuziehen.


Art. 96

Schweigepflicht

Dolmetscher und Übersetzer unterstehen dem Amtsgeheimnis nach Artikel 320 des Strafgesetzbuches31.

31

SR 311.0

Militärstrafprozess 24

322.1


Art. 97

Straffolgen bei falscher Übersetzung Dolmetscher und Übersetzer werden auf die Straffolgen falscher Übersetzung aufmerksam gemacht.


Art. 98

Ausstand

Für Dolmetscher und Übersetzer gelten sinngemäss die Bestimmungen über den Ausstand von Gerichtspersonen.

Fünfzehnter Abschnitt: Verteidiger

Art. 99

Zulassung; Verpflichtung 1

Als Verteidiger können Schweizer Bürger auftreten, die in einem Kanton zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs zugelassen sind.

2

Jeder in einem Kanton zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs zugelassene Wehrmann aus der Truppe, für die das Gericht zuständig ist, ist verpflichtet, auf Anordnung des Präsidenten des Gerichts die amtliche Verteidigung zu übernehmen.

3

Die Divisionsgerichte erstellen jährlich eine Liste der amtlichen Verteidiger.

4

In Strafverfahren, in denen der Sachverhalt mit Rücksicht auf die Landesverteidigung oder die Staatssicherheit geheimgehalten werden muss, kann der Präsident des Gerichts den vom Beschuldigten beigezogenen Verteidiger ablehnen. Der Beschuldigte wird aufgefordert, einen andern Verteidiger zu bezeichnen. Der Verteidiger wird vom Präsidenten des Gerichts auf die Geheimhaltungsvorschriften der Armee hingewiesen.

Zweites Kapitel: Verfahrensablauf Erster Abschnitt: Einleitung des Verfahrens

Art. 100

Massnahmen der Truppe 1

Ist eine der Militärgerichtsbarkeit unterliegende strafbare Handlung begangen worden, so hat der am Tatort den Befehl führende Vorgesetzte oder ein von ihm bezeichneter geeigneter Offizier oder Unteroffizier die nötigen Massnahmen zu treffen, um die Flucht des Verdächtigen zu verhindern, die Spuren der Tat festzustellen und den Beweis zu sichern. Soweit nötig, sind die Organe der militärischen oder zivilen Polizei beizuziehen.

2

Die getroffenen Massnahmen sowie die wesentlichen Aussagen des Verdächtigen und der übrigen befragten Personen werden in einem Protokoll festgehalten.

3

Dem Vorgesetzten, der für die Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme oder der Voruntersuchung zuständig ist, muss ohne Verzug Bericht erstattet werden.

Erster Abschnitt: Einleitung des Verfahrens 25

322.1


Art. 101

Zuständigkeit für die Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme und der Voruntersuchung 1

Bei einer strafbaren Handlung, die während des Militärdienstes begangen wurde, sind zur Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme oder der Voruntersuchung zuständig: a. in Schulen und Kursen: der Kommandant; b. in Truppendiensten:

1. im Regimentsverband: der Regimentskommandant; 2. bei kleineren, selbständig im Dienst befindlichen Truppenkörpern oder Einheiten: der betreffende Kommandant; 3. in den übrigen Fällen: der Kommandant der Truppe oder des Stabes.

2

Ordnet der Kommandant nach der vom Untersuchungsrichter durchgeführten vorläufigen Beweisaufnahme die Voruntersuchung nicht an, liegt aber nach Ansicht des Untersuchungsrichters eine gerichtlich zu ahnende strafbare Handlung vor, so legt dieser den Fall dem Oberauditor vor. Der Oberauditor entscheidet endgültig.

3

Für eine ausserhalb des Dienstes begangene strafbare Handlung ist das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport oder die von ihm bezeichnete Dienststelle zur Anordnung der vorläufigen Beweisaufnahme oder Voruntersuchung zuständig.


Art. 102

Voraussetzungen und Zweck der vorläufigen Beweisaufnahme 1

Sind einzelne Voraussetzungen einer Voruntersuchung nicht erfüllt, so wird eine vorläufige Beweisaufnahme angeordnet. Dies gilt vor allem, wenn a. Beweismittel beschafft oder ergänzt werden müssen, insbesondere bei unbekannter Täterschaft und ungeklärtem oder verwickeltem Sachverhalt;

b. Ungewissheit darüber besteht, ob eine strafbare Handlung disziplinarisch oder militärgerichtlich zu erledigen sei.

2

Bei Tötung oder erheblicher Verletzung von Militär- oder Zivilpersonen, bei schweren Sachschäden sowie in Fällen von Artikel 160 ist eine vorläufige Beweisaufnahme auch dann anzuordnen, wenn keine strafbare Handlung vorliegt.


Art. 103

Voraussetzungen und Zweck der Voruntersuchung 1

Ist eine Person einer strafbaren Handlung verdächtig und fällt eine disziplinarische Erledigung ausser Betracht, so ist die Voruntersuchung anzuordnen.

2

Die Voruntersuchung hat den Zweck festzustellen, ob eine strafbare Handlung vorliegt. Es sind alle Umstände der Tat abzuklären, die für das richterliche Urteil oder für die Einstellung des Verfahrens von Bedeutung sein können.


Art. 104

Verfahren bei der vorläufigen Beweisaufnahme 1

Die vorläufige Beweisaufnahme ist ein Ermittlungsverfahren in den Formen und mit den Mitteln der Voruntersuchung.

Militärstrafprozess 26

322.1

2

Der Untersuchungsrichter erstattet über den festgestellten Sachverhalt sowie dessen rechtliche Würdigung Bericht und beantragt je nach dem Ergebnis der zuständigen Stelle: a. eine Voruntersuchung anzuordnen; b. die Sache disziplinarisch zu erledigen; c. dem Verfahren keine weitere Folge zu geben.


Art. 105

Untersuchungsbefehl

1

Der Befehl zur vorläufigen Beweisaufnahme oder zur Voruntersuchung ist schriftlich zu erlassen. In dringenden Fällen kann er mündlich mit sofortiger schriftlicher Bestätigung erteilt werden. Dem Untersuchungsrichter werden die Protokolle und Beweisstücke übergeben.

2

Der Befehl hat eine kurze Darstellung des Sachverhalts zu enthalten und Verdächtige oder Beschuldigte genau zu bezeichnen.

3

Besteht Zweifel über die Zuständigkeit, so trifft der Untersuchungsrichter nur die dringenden Massnahmen und leitet die Akten an den Oberauditor weiter.


Art. 106

Zuständigkeit des Untersuchungsrichters 1

Die Untersuchung wird von einem Untersuchungsrichter des zuständigen Divisionsgerichts geleitet. Das Protokoll wird vom Gerichtsschreiber, ausnahmsweise von einer anderen Person geführt.

2

Wenn es die Verhältnisse erfordern, kann der Oberauditor einen andern Untersuchungsrichter mit der Durchführung der Untersuchung beauftragen.


Art. 107

Unabhängigkeit des Untersuchungsrichters Der Untersuchungsrichter führt die Untersuchung ohne Einmischung der militärischen Vorgesetzten des Verdächtigen oder Beschuldigten.


Art. 108

Durchführung des Verfahrens 1

Die vorläufige Beweisaufnahme und die Voruntersuchung werden ohne Verzug durchgeführt.

2

Sie sind nicht öffentlich.

3

Der Verdächtige oder Beschuldigte kann zur Befragung von Zeugen und Sachverständigen beigezogen werden.


Art. 109

Beizug des Verteidigers 1

Der Beschuldigte kann bereits in der Voruntersuchung einen Verteidiger beiziehen.

Er ist bei der ersten Einvernahme auf dieses Recht hinzuweisen.

Erster Abschnitt: Einleitung des Verfahrens 27

322.1

2

Bei schweren Anschuldigungen oder in verwickelten Fällen bestellt der Präsident des Divisionsgerichts auf Gesuch des Beschuldigten oder auf Antrag des Untersuchungsrichters in der Voruntersuchung einen amtlichen Verteidiger, sofern der Beschuldigte keinen eigenen Verteidiger beigezogen hat. Der Wunsch des Beschuldigten nach einem bestimmten amtlichem Verteidiger aus der Liste des Gerichts wird berücksichtigt, wenn keine wichtigen Gründe entgegenstehen.


Art. 110

Rechte des Verteidigers 1

Der Verteidiger hat das Recht, Untersuchungshandlungen zu beantragen. Soweit der Zweck der Untersuchung nicht gefährdet wird, ist ihm auch Akteneinsicht und Anwesenheit bei der Befragung von Zeugen und Sachverständigen sowie bei Augenscheinen zu gestatten.

2

Ausnahmsweise kann der Untersuchungsrichter den Verkehr zwischen Verteidiger und verhaftetem Beschuldigten für bestimmte Zeit beschränken oder ausschliessen, wenn es der Zweck der Untersuchung erfordert.

3

Nach Abschluss der Voruntersuchung steht dem Verteidiger unbeschränkte Einsicht in die Akten zu. Er kann mit dem Beschuldigten frei verkehren.


Art. 111

Ausdehnung der Voruntersuchung Der Untersuchungsrichter dehnt nötigenfalls die Voruntersuchung von Amtes wegen auf Personen und strafbare Handlungen aus, die im Untersuchungsbefehl nicht genannt sind. Der Ausdehnungsentscheid ist den Betroffenen zu eröffnen.


Art. 112


32

Abschluss der Voruntersuchung Nach Abschluss der Voruntersuchung übermittelt der Untersuchungsrichter die Akten dem Auditor zur Anklageerhebung, zur Einstellung des Verfahrens oder zum Erlass eines Strafmandates. Dem Beschuldigten und dem Geschädigten ist vom Abschluss der Voruntersuchung Kenntnis zu geben.


Art. 113


33

Ergänzung der Voruntersuchung Der Auditor, der Beschuldigte sowie der Geschädigte können innert einer vom Untersuchungsrichter zu bestimmenden Frist Ergänzung der Voruntersuchung verlangen.


Art. 114

Anklage; Strafmandat

1

Ergibt die Voruntersuchung hinreichende Verdachtsgründe für ein Verbrechen oder Vergehen, so erhebt der Auditor ohne Verzug Anklage. Er übermittelt die Akten mit 32

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

33

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 28

322.1

der Anklageschrift dem Präsidenten des Divisionsgerichts und stellt dem Angeklagten und dem Geschädigten ein Doppel zu.34 2 Erachtet der Auditor die Voraussetzungen dafür als erfüllt, so erlässt er ein Strafmandat nach Artikel 119.


Art. 115

Anklageschrift

Die Anklageschrift enthält: a. die Personalien des Angeklagten; b. die Umschreibung der dem Angeklagten zur Last gelegten Tat mit ihren gesetzlichen Merkmalen; c. die gesetzlichen Bestimmungen, welche die Tat mit Strafe bedrohen; d. die Angabe der Beweismittel; e. allfällige Ausschliessungs- oder Ablehnungsbegehren des Auditors.


Art. 116

Einstellung des Verfahrens 1

Liegt nur ein Disziplinarfehler vor oder ist die Sache nicht weiter zu verfolgen, so stellt der Auditor das Verfahren ein.

2

Die Einstellungsverfügung ist dem Beschuldigten, dem Geschädigten und dem Oberauditor mit kurzer Begründung schriftlich zu eröffnen.

3

Liegt ein Disziplinarfehler vor, so übermittelt der Auditor nach Eintritt der Rechtskraft der Einstellungsverfügung die Akten dem zuständigen militärischen Vorgesetzten oder der zuständigen militärischen Dienststelle zur disziplinarischen Behandlung.

4

Ist die Sache nicht weiter zu verfolgen, so übermittelt der Auditor nach Eintritt der Rechtskraft der Einstellungsverfügung die Akten dem Oberauditorat zur Aufbewahrung.


Art. 117

Kosten und Entschädigung 1

Die Kosten der eingestellten Untersuchung trägt der Bund.

2

Die Kosten können dem Beschuldigten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er die Untersuchung durch verwerfliches Verhalten verursacht oder erschwert hat.

3

Sofern der Beschuldigte, gegen den die Untersuchung eingestellt wird, das Verfahren nicht durch ein verwerfliches oder leichtfertiges Verhalten verursacht oder wesentlich erschwert hat, ist ihm auf sein Begehren vom Auditor zuzusprechen:

34

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Zweiter Abschnitt: Strafmandatverfahren 29

322.1

a. Schadenersatz für Untersuchungshaft und andere erlittene Nachteile; b. bei schwerer Verletzung in seinen persönlichen Verhältnissen eine angemessene Geldsumme als Genugtuung;

c. eine angemessene Entschädigung für Anwaltskosten.

4

Der Entscheid über Kosten und Entschädigung ist in die Einstellungsverfügung aufzunehmen.


Art. 118

35 Rekurs 1 Gegen Einstellungs- und Entschädigungsverfügungen können der Beschuldigte, der Geschädigte und der Oberauditor Rekurs an das Divisionsgericht erheben. Die Artikel 197 und 199 gelten sinngemäss.

2

Ebenso kann das Opfer einer Straftat im Sinne von Artikel 2 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 199136 über die Hilfe an Opfer von Straftaten gegen die Einstellung des Verfahrens Rekurs erheben.

Zweiter Abschnitt: Strafmandatverfahren

Art. 119

Voraussetzungen

1

Der Auditor erlässt ein Strafmandat.

a. wenn er eine Freiheitsstrafe von höchstens einem Monat, eine Geldbusse von höchstens 1000 Franken oder eine Verbindung dieser Strafen für angemessen hält, und b. wenn der Angeklagte die ihm zur Last gelegten Tatsachen anerkennt und sich schuldig erklärt hat.

2

Das Strafmandatverfahren findet nicht statt: a. bei

Ehrverletzungen;

b. wenn der Widerruf einer bedingt aufgeschobenen Strafe oder deren Ersatz durch die Massnahmen nach Artikel 32 Ziffer 3 Absätze 1 und 2 des Militärstrafgesetzes37 oder Artikel 41 Ziffer 3 Absätze 1 und 2 des Strafgesetzbuches38 in Frage steht; c. bei unbekanntem Aufenthalt des Angeklagten; d.39 wenn bestrittene zivilrechtliche Ansprüche zu beurteilen sind.

35

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

36

SR 312.5

37

SR 321.0

38

SR 311.0

39

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 30

322.1


Art. 120

Form und Inhalt

Das Strafmandat ist schriftlich auszufertigen und kurz zu begründen. Es enthält: a. die Personalien des Angeklagten; b. den Sachverhalt;

c. die Tatsachen, welche die einzelnen Merkmale der strafbaren Handlung erfüllen;

d. die rechtliche Würdigung der Tat; e. die Gründe für die Strafzumessung; f. die Strafverfügung;

g. den Entscheid über Kosten und Entschädigung (Art. 151) sowie über anerkannte zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten;

h. den Hinweis, dass das Strafmandat rechtskräftig wird, sofern nicht innert zehn Tagen beim Auditor schriftlich Einsprache erhoben wird; i.

das Datum sowie die Unterschrift des Auditors.


Art. 121

Eröffnung

Das Strafmandat wird dem Bestraften, dem Geschädigten und dem Oberauditor schriftlich eröffnet. Kann es dem Bestraften nicht zugestellt werden, so findet das ordentliche Verfahren statt.


Art. 122

Einsprache

1

Innert zehn Tagen nach der Eröffnung können der Bestrafte und der Oberauditor gegen das Strafmandat beim Auditor schriftlich Einsprache erheben. Der Geschädigte kann Einsprache erheben, wenn das Strafmandat seine zivilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.40 2 Wird rechtzeitig Einsprache erhoben, so findet das ordentliche Verfahren statt. Das Strafmandat ersetzt die Anklageschrift.

3

Richtet sich die Einsprache nur gegen den Entscheid über die Kosten oder die Entschädigung, so muss sie einen begründeten Antrag enthalten. Das Gericht entscheidet ohne Parteiverhandlung.


Art. 123

Rechtskraft, Rückzug der Einsprache 1

Das Strafmandat wird zu einem rechtskräftigen Urteil, wenn keine Einsprache erhoben oder diese zurückgezogen wird.

2

Der Rückzug ist spätestens bis zu Beginn der Hauptverhandlung möglich. Richtet sich jedoch die Einsprache nur gegen den Entscheid über die Kosten oder die Entschädigung, so ist der Rückzug bis zum Entscheid des Gerichts möglich.

40

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Dritter Abschnitt: Vorbereitung der Hauptverhandlung 31

322.1

3

Zieht der Bestrafte die Einsprache zurück, so können ihm die entstandenen Kosten auferlegt werden.

Dritter Abschnitt: Vorbereitung der Hauptverhandlung

Art. 124

Ansetzung der Hauptverhandlung Nach Eingang von Anklageschrift und Akten bestimmt der Präsident des Divisionsgerichts ohne Verzug Ort und Zeit der Hauptverhandlung. In verwickelten Fällen kann er die Akten ganz oder teilweise bei den Richtern zirkulieren lassen.


Art. 125

Vorladung des Angeklagten 1

In der Regel ist der Angeklagte mindestens zehn, in Haftfällen mindestens fünf Tage vor der Hauptverhandlung vorzuladen.

2

In der Vorladung sind die Namen der Richter und des Gerichtsschreibers aufzuführen.


Art. 126

Ersatzrichter

Kann das Gericht aus den Richtern und Ersatzrichtern nicht gebildet werden, so bezeichnet der Präsident des Divisionsgerichts ausserordentliche Ersatzrichter.


Art. 127

Verteidigung

1

In der Hauptverhandlung muss der Angeklagte einen Verteidiger haben.

2

Hat der Angeklagte keinen Verteidiger beigezogen und wurde ihm in der Voruntersuchung auch keiner von Amtes wegen beigegeben, so fordert ihn der Präsident des Divisionsgerichts auf, innert einer bestimmten Frist einen solchen zu bezeichnen.

3

Bezeichnet der Angeklagte innert dieser Frist keinen Verteidiger oder ist sein Verteidiger nicht in der Lage, sein Amt auszuüben, so ernennt der Präsident einen amtlichen Verteidiger. Der Wunsch des Angeklagten nach einem bestimmten amtlichen Verteidiger aus der Liste des Gerichts wird berücksichtigt, wenn keine wichtigen Gründe entgegenstehen.

4

Nach Bestellung des Verteidigers setzt der Präsident dem Angeklagten eine angemessene Frist, innert welcher er Ablehnungsbegehren anzubringen und seine Beweismittel zu bezeichnen hat.


Art. 128

Anordnung von Beweisaufnahmen 1

Der Präsident des Divisionsgerichts kann von sich aus die Vorladung von Zeugen und Sachverständigen verfügen sowie andere Beweisaufnahmen anordnen.

Militärstrafprozess 32

322.1

2

Der Präsident kann die Vorladung von Zeugen und Sachverständigen sowie die Anordnung von Beweisaufnahmen wegen Unerheblichkeit ablehnen. In diesem Falle ist die betroffene Partei berechtigt, ihr Begehren bei Beginn der Hauptverhandlung zu wiederholen.

3

Der Präsident eröffnet seine Verfügungen den Parteien schriftlich.


Art. 129

Vorgezogene Beweisaufnahmen 1

Kann ein Beweis in der Hauptverhandlung, beispielsweise wegen Krankheit eines Zeugen oder Sachverständigen, voraussichtlich nicht erhoben werden oder ist es zweckmässig, vor der Hauptverhandlung einen richterlichen Augenschein vorzunehmen, so führt der Präsident des Divisionsgerichts diese Beweisaufnahme selbst durch oder lässt sie durch einen oder mehrere Richter vornehmen.

2

Den Parteien ist wenn möglich Gelegenheit zu geben, der Beweisaufnahme beizuwohnen. Sind sie nicht erschienen, so ist ihnen das Protokoll vor der Hauptverhandlung vorzulegen.

Vierter Abschnitt: Hauptverhandlung und Urteil

Art. 130

Teilnahme

1

Die Richter, der Gerichtsschreiber, der Auditor, der Angeklagte und der Verteidiger müssen der ganzen Hauptverhandlung beiwohnen.

2

Der Präsident des Divisionsgerichts kann anordnen, dass sich der Angeklagte aus der Hauptverhandlung entfernt, insbesondere wenn dieser sich ungebührlich benimmt oder wenn zu befürchten ist, dass die Kenntnis eines ärztlichen Gutachtens diesem zum Nachteil gereichen würde.

3

Der Präsident kann ausnahmsweise den Angeklagten auf dessen Gesuch hin vom Erscheinen befreien oder ihm gestatten, sich aus der Hauptverhandlung zu entfernen.

4

Das ordentliche Verfahren kann auch dann fortgesetzt werden, wenn sich der Angeklagte ohne Erlaubnis des Präsidenten aus der Hauptverhandlung entfernte

Art. 131

Ausbleiben des Angeklagten 1

Bleibt der Angeklagte trotz ordnungsgemässer Vorladung ohne genügende Entschuldigung aus, so kann seine Vorführung angeordnet werden.

2

Kann der Angeklagte nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vorführung verzichtet, so wird das Abwesenheitsverfahren angewendet.


Art. 132

Ausbleiben eines Zeugen 1

Bleibt ein Zeuge trotz ordnungsgemässer Vorladung aus, so kann seine Vorführung angeordnet werden. Ist diese nicht möglich, und hält das Gericht sein Erscheinen für notwendig, so vertagt es die Verhandlung auf Kosten des Ausgebliebenen.

2

Artikel 81 findet Anwendung.

Vierter Abschnitt: Hauptverhandlung und Urteil 33

322.1


Art. 133

Ausbleiben des Verteidigers oder eines Sachverständigen Muss die Verhandlung wegen nicht entschuldigten Ausbleibens des Verteidigers oder eines Sachverständigen verschoben werden, so kann ihm das Gericht die dadurch verursachten Kosten auferlegen.


Art. 134

Eröffnung der Hauptverhandlung 1

Der Präsident des Divisionsgerichts eröffnet die Hauptverhandlung.

2

Er gibt die Zusammensetzung des Gerichts bekannt und stellt die Anwesenheit der Parteien fest.


Art. 135

Feststellung der Personalien; Verlesen der Anklageschrift 1

Der Präsident des Divisionsgerichts stellt die Personalien des Angeklagten fest.

2

Die Anklageschrift wird verlesen, sofern die Parteien nicht darauf verzichten.


Art. 136

Erledigung von Einsprachen; Unzuständigkeit des Gerichts 1

Hierauf entscheidet das Gericht über Einsprachen gegen seine Besetzung oder sachliche Zuständigkeit, über Begehren um Ergänzung der Beweismittel sowie über Verjährungseinreden und Vorfragen, welche die Möglichkeit oder Zulässigkeit der Durchführung der Verhandlung betreffen.

2

Das Gericht lehnt von Amtes wegen seine Zuständigkeit ab, wenn der Straffall nicht der Militärgerichtsbarkeit unterliegt. Die nach Artikel 223 des Militärstrafgesetzes41 vom Bundesgericht getroffenen Entscheidungen sind für das Gericht und die Parteien verbindlich.


Art. 137

Befragung des Angeklagten 1

Der Präsident des Divisionsgerichts befragt den Angeklagten über seine persönlichen und militärischen Verhältnisse sowie über die ihm in der Anklageschrift zur Last gelegte Tat. Er stellt auf Verlangen eines Richters, des Auditors oder des Verteidigers weitere Fragen zur Abklärung des Sachverhalts.

2

Gesteht der Angeklagte die Tat und ist sein Geständnis glaubwürdig, so kann das Gericht mit Zustimmung der Parteien ein abgekürztes Beweisverfahren durchführen.


Art. 138

Vorlage von Beweisstücken: Einvernahme von Zeugen 1

Der Präsident des Divisionsgerichts legt dem Gericht die Beweisstücke vor und befragt die Zeugen in der von ihm bestimmten Reihenfolge. Vor der Einvernahme mahnt er sie zur Wahrheit und macht sie auf die Straffolgen eines falschen Zeugnisses aufmerksam.

2

Nach der Einvernahme eines jeden Zeugen können Richter und Parteien weitere Fragen zur Abklärung des Sachverhalts stellen lassen.

41

SR 321.0

Militärstrafprozess 34

322.1

3

Zeugen, deren Aussagen sich widersprechen, können einander gegenübergestellt werden.


Art. 139

Widersprüche: Gedächtnislücken 1

Zur Feststellung oder Behebung von Widersprüchen in den Aussagen können Einvernahmen wiederholt oder Protokolle der Untersuchung ganz oder teilweise verlesen werden.

2

Erinnert sich ein Zeuge nicht mehr oder nicht mehr genau an eine Wahrnehmung, über die er früher berichtet hat, so können die entsprechenden Protokolle ganz oder teilweise verlesen werden.


Art. 140

Befragung von Sachverständigen Die Sachverständigen werden in der Regel nach den Zeugen einvernommen.


Art. 141

Verlesen von Beweisurkunden 1

Wesentliche Beweisurkunden sind zu verlesen.

2

Die Befragung von Zeugen, Sachverständigen und Mitangeklagten kann durch das Verlesen der Protokolle ihrer frühern Aussagen ersetzt werden, wenn a. die Person inzwischen verstorben ist: b. eine Vorladung wegen unbekannten Aufenthalts nicht möglich war; c. die Einvernahme in der Hauptverhandlung aus andern Gründen nicht stattfinden kann;

d. es sich um Aussagen handelt, die für die Urteilsfindung nicht entscheidend ins Gewicht fallen.


Art. 142

Neue Beweisanträge

1

Die Parteien können bis zum Schluss des Beweisverfahrens neue Beweisanträge stellen.

2

Das Gericht sorgt jedoch dafür, dass die Verhandlung nicht unnötig verlängert wird.


Art. 143

Unterbrechung oder Verschiebung der Hauptverhandlung 1

Das Gericht kann die Hauptverhandlung von sich aus oder auf Antrag einer Partei für neue Beweisaufnahmen, für die Neuerstellung oder Ergänzung der Anklageschrift oder aus andern wichtigen Gründen sowie für die dadurch bedingte Vorbereitung der Parteivorträge unterbrechen oder verschieben.

2

Bei längerer Unterbrechung muss die Hauptverhandlung wiederholt werden, sofern die Parteien nicht ausdrücklich darauf verzichten.

Vierter Abschnitt: Hauptverhandlung und Urteil 35

322.1


Art. 144

Parteivorträge

1

Nach Abschluss des Beweisverfahrens folgen die Vorträge des Auditors und des Verteidigers über die Schuldfrage und die Strafzumessung. Jeder Partei steht das Recht eines zweiten Vortrages zu.

2

Der Angeklagte hat das letzte Wort.


Art. 145

Urteil

1

Das Urteil lautet auf Freispruch oder Verurteilung.

2

Erweist sich die Beurteilung aus prozessrechtlichen Gründen als unzulässig, so wird das Verfahren eingestellt.


Art. 146

Urteilsfällung

1

Über das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Gericht nach seiner freien, in der Hauptverhandlung gewonnenen Überzeugung.

2

Das Urteil wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefällt. Dies gilt auch für Zwischenentscheide.

3

...42


Art. 147

Gegenstand des Urteils Gegenstand des Urteils ist die in der Anklageschrift bezeichnete Tat. Bei deren Würdigung darf das Gericht nur die Ergebnisse der Hauptverhandlung berücksichtigen.


Art. 148

Änderung des rechtlichen Gesichtspunkts 1

Das Gericht ist an die rechtliche Beurteilung, die der Anklage zugrunde liegt, nicht gebunden.

2

Eine Verurteilung aufgrund von Strafbestimmungen, die nicht in der Anklageschrift aufgeführt sind, darf nur erfolgen, wenn der Angeklagte zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

3

In gleicher Weise ist vorzugehen, wenn in der Hauptverhandlung Umstände vorgebracht werden, welche die Strafbarkeit erhöhen.


Art. 149

Leichter Fall eines Verbrechens oder Vergehens 1

Nimmt das Gericht einen im Militärstrafgesetz43 vorgesehenen leichten Fall eines Verbrechens oder Vergehens an oder wertet es die Tat als blossen Disziplinarfehler, so verhängt es unter Freispruch des Angeklagten eine Disziplinarstrafe.

2

Das Gericht kann alle Disziplinarstrafen aussprechen.

42

Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992 (AS 1992 1679; BBl 1991 II 1462, IV 184).

43

SR 321.0

Militärstrafprozess 36

322.1

3

Hat das Gericht den Angeklagten verurteilt, disziplinarisch bestraft oder freigesprochen, so darf über ihn wegen der gleichen Tat keine Disziplinarstrafe mehr verhängt werden.


Art. 150

Sicherheitshaft

Das Gericht kann einen Verurteilten oder einen wegen Unzurechnungsfähigkeit freigesprochenen Angeklagten zur Sicherung des Vollzuges einer Freiheitsstrafe oder Massnahme in Haft setzen.


Art. 151

Kosten und Entschädigung 1

Dem Verurteilten werden die Kosten der Untersuchung und der Hauptverhandlung auferlegt. Aus besondern Gründen kann ihm das Gericht die Kosten ganz oder teilweise erlassen.

2

Das Gericht bestimmt, ob und inwieweit mehrere Verurteilte solidarisch haften.

3

Dem Freigesprochenen können die Kosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn er das Verfahren durch verwerfliches Verhalten verursacht oder erschwert hat.

4

Die Vergütungen an Richter, Justizoffiziere, Unteroffiziere und Soldaten, Dolmetscher und Übersetzer trägt der Bund.

5

Das Gericht entscheidet über Entschädigungsbegehren nach den Regeln von Artikel 117 Absatz 3.


Art. 152

Mündliche Urteilseröffnung 1

Der Präsident des Divisionsgerichts eröffnet den Parteien das Urteil in öffentlicher Sitzung durch Verlesen des Urteilsspruchs und Mitteilung der wesentlichen Entscheidungsgründe.

2

Von der Mitteilung der Entscheidungsgründe wird soweit abgesehen, als diese mit Rücksicht auf die Landesverteidigung oder Staatssicherheit geheimgehalten werden müssen.

3

Der Präsident unterrichtet die Parteien über die möglichen Rechtsmittel.


Art. 153

Form und Inhalt des Urteils 1

Das Urteil wird schriftlich ausgefertigt. Es enthält Ort und Zeit der Verhandlung, die Namen der Richter, des Gerichtsschreibers, des Auditors, des Angeklagten und seines Verteidigers, die in der Anklage bezeichneten strafbaren Handlungen, die Anträge der Parteien sowie a. bei

Verurteilung:

1. den

Sachverhalt;

2. die Tatsachen, welche die einzelnen Merkmale der strafbaren Handlung erfüllen;

3. die Gründe für die Strafzumessung und die Massnahmen;

Vierter Abschnitt: Hauptverhandlung und Urteil 37

322.1

4. die gesetzlichen Bestimmungen; 5. den Urteilsspruch;

b. bei

Freispruch:

1. den

Sachverhalt;

2. die Feststellung, dass die dem Angeklagten vorgeworfene Tat nicht erwiesen oder nicht strafbar ist; 3. die Gründe für allfällige Massnahmen; 4. den Urteilsspruch;

c. bei Freispruch nach Artikel 149: 1. den

Sachverhalt;

2. die Tatsache, welche die einzelnen Merkmale des Disziplinarfehlers erfüllen;

3. die Gründe für die Zumessung der Disziplinarstrafe; 4. den Urteilsspruch.

2

Das Urteil enthält überdies den begründeten Entscheid über Kosten und Entschädigung, allenfalls über beschlagnahmte Gegenstände und den zivilrechtlichen Anspruch des Geschädigten sowie eine Rechtsmittelbelehrung.

3

Der Präsident des Divisionsgerichts und der Gerichtsschreiber unterzeichnen das Urteil.

4

Redaktions- oder Rechnungsfehler oder Kanzleiversehen, die keinen Einfluss auf den Urteilsspruch oder auf den erheblichen Inhalt der Begründung haben, werden von Amtes wegen berichtigt.


Art. 154

Zustellung von Urteilsausfertigungen 1

Urteilsausfertigungen werden dem Verteidiger für sich und zuhanden des Verurteilten oder Freigesprochenen, dem Geschädigten, dem Auditor, dem Oberauditor und dem Vollzugskanton sowie den vom Bundesrat zu bezeichnenden Empfängern zugestellt.

2

Urteilsausfertigungen, die mit Rücksicht auf die Landesverteidigung oder die Staatssicherheit geheimzuhaltende Tatsachen enthalten, werden lediglich dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport und dem Oberauditor zugestellt. Dem Auditor und dem Verteidiger werden auf Gesuch hin eine Urteilsausfertigung zur Einsichtnahme überlassen. Der Verurteilte und der Geschädigte erhalten auf Gesuch hin Einsicht in die Urteilsausfertigung, der Geschädigte jedoch nur so weit, als das Urteil seine zivilrechtlichen Ansprüche betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.44 44

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 38

322.1

Fünfter Abschnitt: Verfahren gegen Abwesende und Wiederaufnahme

Art. 155

Besondere Vorschriften für die Hauptverhandlung und das Urteil 1

Kann der Angeklagte nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vorführung verzichtet (Art. 131 Abs. 2) oder macht er sich verhandlungsunfähig, so wird ohne ihn verhandelt.

2

Das Gericht verschiebt die Hauptverhandlung, wenn das persönliche Erscheinen des Angeklagten unerlässlich ist. Es nimmt trotzdem die unaufschiebbaren Beweiserhebungen vor.

3

Das Urteil lautet auf Verurteilung oder Freispruch.

4

Im Urteil ist auf die Bestimmung der Artikel 156 und 157 hinzuweisen.


Art. 156

Begehren um Aufhebung des Abwesenheitsurteils; Wirkung 1

Wenn der in Abwesenheit Verurteilte sich stellt oder festgenommen wird, so wird ihm das Abwesenheitsurteil mit Begründung durch die Polizei oder den Untersuchungsrichter ausgehändigt. Der Verurteilte kann innert zehn Tagen die Aufhebung des Abwesenheitsurteils verlangen. Das Begehren kann ohne Begründung schriftlich oder mündlich zu Protokoll gestellt werden. Es ist zulässig, sofern die Strafe noch nicht verjährt ist. In diesem Fall kann der Präsident des Divisonsgerichts die Ergänzung der Voruntersuchung durch den Untersuchungsrichter anordnen.

Dieser überweist anschliessend die Akten dem Auditor.

2

Das Gesuch um Aufhebung hemmt den Vollzug des Abwesenheitsurteils, wenn der Präsident des Divisionsgerichts nichts anderes verfügt.

3

Nach Aufhebung des Abwesenheitsurteils durch das Gericht findet die Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren statt.


Art. 157

Verzicht auf Aufhebung des Abwesenheitsurteils 1

Verzichtet der in Abwesenheit Verurteilte nach Kenntnisnahme des Urteils auf dessen Aufhebung, so hat er dies schriftlich oder mündlich zu Protokoll zu erklären. Der Verzicht ist endgültig.

2

Der Verzicht auf Aufhebung des Abwesenheitsurteils wird angenommen, wenn der in Abwesenheit Verurteilte a. innert zehn Tagen seit Aushändigung des Abwesenheitsurteils kein Begehren um Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren stellt; b. einer Vorladung des Gerichts zur Hauptverhandlung im Wiederaufnahmeverfahren unentschuldigt keine Folge leistet.


Art. 158

Dispensation im Abwesenheitsverfahren 1

Ein im Ausland ansässiger und in Abwesenheit verurteilter Schweizer, dem es aus wichtigen Gründen, insbesondere familiärer, gesundheitlicher, beruflicher oder

Sechster Abschnitt: Verfahren bei Widerruf des bedingten Strafvollzuges 39

322.1

finanzieller Art nicht möglich ist, in die Schweiz zu kommen, kann die Aufhebung des Abwesenheitsurteils und die Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren sowie die Dispensation von der Teilnahme an der Hauptverhandlung verlangen, solange die Strafe nicht verjährt ist. Beide Begehren sind zu begründen.

2

Über das Dispensationsgesuch entscheidet der Präsident des Divisionsgerichts endgültig.

3

Bei Ablehnung des Dispensationsgesuchs findet keine Aufhebung des Abwesenheitsurteils und keine Neubeurteilung im ordentlichen Verfahren statt.

4

Vorbehalten bleibt die Erneuerung der Begehren aus bisher nicht geltend gemachten Gründen oder die Durchführung des Verfahrens nach Artikel 156 bei Einreise in die Schweiz.

Sechster Abschnitt: Verfahren bei Widerruf des bedingten Strafvollzuges

Art. 159

Hauptverhandlung

1

Hat das Divisionsgericht oder das Militärappellationsgericht über den Widerruf des bedingten Strafvollzugs zu entscheiden, so ist eine Hauptverhandlung durchzuführen.

2

Der Verurteilte ist anzuhören, der Auditor und der Verteidiger stellen und begründen ihre Anträge. Der Verurteilte hat das letzte Wort.

3

Die Bestimmungen über die Hauptverhandlung und das Urteil (Art. 130ff.) gelten sinngemäss.

Siebenter Abschnitt: Verfahren bei Ausschluss von der persönlichen Dienstleistung nach Artikel 16 der Militärorganisation

Art. 160

Einleitung des Verfahrens 1

In den Fällen des Artikels 16 der Militärorganisation45 wird das Verfahren durch das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport mit der Anordnung einer vorläufigen Beweisaufnahme eingeleitet.

45

[BS 5 3; AS 1948 425, 1949 1491 Art. 1-3, 5 Bst. a-d, 1952 331 338 Art. 2, 1959 2035 Art. 48 Abs. 2 Bst. d, 1961 231, 1968 73 Ziff. I, III, 1970 43, 1972 897 Art. 15 Ziff. 3, 1975 11, 1979 114 Art. 72 Bst. e, 1984 1324, 1990 1882, 1991 857 Anhang Ziff. 10, 1412, 1992 288 Anhang Ziff. 20 2392 Ziff. I 2 2521 Art. 55 Ziff. 3, 1993 901 Anhang Ziff. 5 3043 Anhang Ziff. 2, 1994 1622 Art. 22 Abs. 2.

AS 1995 4093 Anhang Ziff. 7]. Siehe heute das Militärgesetz vom 3. Febr. 1995 (SR 510.10).

Militärstrafprozess 40

322.1

2

Liegen Gründe für einen Ausschluss von der persönlichen Dienstleistung vor, so überweist das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport die Akten dem zuständigen Divisionsgericht.


Art. 161

Anklageschrift; Hauptverhandlung und Urteil 1

Der Auditor erhebt Anklage auf Ausschluss von der persönlichen Dienstleistung wegen Unwürdigkeit. In der Anklageschrift sind alle Tatsachen, welche die Unwürdigkeit begründen, unter Angabe der Beweismittel aufzuführen.

2

Die Bestimmungen über die Hauptverhandlung und das Urteil (Art. 130ff.) gelten sinngemäss.


Art. 162

Unzulässigkeit der Begnadigung Für den Ausschluss von der persönlichen Dienstleistung ist eine Begnadigung nicht zulässig.

Achter Abschnitt: Zivilrechtliche Ansprüche

Art. 163


46

Grundsatz

Der Geschädigte kann zivilrechtliche Ansprüche aus einer unter das Militärstrafgesetz47 fallenden strafbaren Handlung gegen den Angeklagten vor den Militärgerichten geltend machen. Er übt in diesem Umfang Parteirechte aus.


Art. 164

Verfahren

1

Der zivilrechtliche Anspruch kann von der Eröffnung der Voruntersuchung an bis zum Beginn der Hauptverhandlung geltend gemacht werden. Der Geschädigte ist berechtigt, Anträge zur Feststellung und Bemessung seiner Ansprüche zu stellen. Er kann Einsicht in die Akten nehmen, soweit diese für die Ausübung seiner Rechte von Bedeutung sind.48 2 Hat der Geschädigte vor der Hauptverhandlung einen zivilrechtlichen Anspruch geltend gemacht, so ist er zu dieser vorzuladen. Das Erscheinen ist ihm freigestellt.

3

In der Hauptverhandlung erhält der Geschädigte nach dem Auditor das Wort zur Stellung und Begründung seiner Anträge.

4

Das Militärgericht kann vorerst nur im Strafpunkt urteilen und die zivilrechtlichen Ansprüche später behandeln.49 46

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

47

SR 321.0

48

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

49

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Erster Abschnitt: Beschwerde 41

322.1

5

Würde die vollständige Beurteilung der zivilrechtlichen Ansprüche einen unverhältnismässigen Aufwand erfordern, so kann das Militärgericht die Ansprüche nur dem Grundsatz nach entscheiden und den Geschädigten im übrigen an das Zivilgericht verweisen. Ansprüche von geringer Höhe beurteilt es jedoch nach Möglichkeit vollständig.50


Art. 165

Zulässigkeit der Beurteilung Ein zivilrechtlicher Anspruch wird nur beurteilt, wenn der Angeklagte verurteilt oder vom Gericht disziplinarisch bestraft wird.

Drittes Kapitel: Rechtsmittel Erster Abschnitt: Beschwerde

Art. 166

Zulässigkeit

1

Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, Amtshandlungen und Versäumnisse des Untersuchungsrichters sowie gegen Haft-, Beschlagnahme-, Durchsuchungsverfügungen der Präsidenten der Divisions- und Militärappellationsgerichte.

Gegen verfahrensleitende Verfügungen kann keine Beschwerde erhoben werden.

2

Beschwerde kann erheben, wer unmittelbar betroffen ist.


Art. 167

Zuständigkeit

Es entscheiden endgültig: a. der Präsident des zuständigen Divisonsgerichtes über Beschwerden gegen Haftverfügungen der Untersuchungsrichter; b. der Oberauditor über Beschwerden gegen die andern Verfügungen der Untersuchungsrichter;

c. der Präsident des zuständigen Militärappellationsgerichts über Beschwerden gegen Verfügungen der Präsidenten der Divisionsgerichte; d. der Präsident des Militärkassationsgerichts über Beschwerden gegen Verfügungen der Präsidenten der Militärappellationsgerichte;


Art. 168

Einreichung; Frist

1

Die Beschwerde ist spätestens fünf Tage, nachdem der Betroffene von der anzufechtenden Verfügung oder Amtshandlung Kenntnis erhalten hat, mit schriftlicher Begründung bei der Beschwerdebehörde einzureichen. Bei Rechtsverweigerung kann jederzeit Beschwerde erhoben werden.

2

Die Beschwerdebehörde holt unverzüglich die Stellungnahme des Beschwerdegegners ein und veranlasst nötigenfalls weitere Erhebungen.

50

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 42

322.1


Art. 169

Aufschiebende Wirkung Die Beschwerde hat nur aufschiebende Wirkung, wenn es die Beschwerdebehörde anordnet.


Art. 170

Beschwerdeentscheid

Wird die Beschwerde gutgeheissen, so trifft die Beschwerdebehörde die erforderlichen Massnahmen. Sie kann namentlich Verfügungen aufheben und dem Beschwerdegegner Weisungen erteilen.


Art. 171

Kosten

Die Kosten trägt der Bund. Sie können dem Beschwerdeführer auferlegt werden, wenn er das Beschwerdeverfahren leichtfertig veranlasst hat.

Zweiter Abschnitt: Appellation

Art. 172

Zulässigkeit

1

Die Appellation ist zulässig gegen Urteile der Divisionsgerichte mit Ausnahme der Abwesenheitsurteile.

2

Wird lediglich der Entscheid über einen zivilrechtlichen Anspruch oder über die Kosten und Entschädigung angefochten, so ist einzig der Rekurs zulässig.

3

Die Appellation ist ferner zulässig gegen Entscheide der Divisionsgerichte über Anträge auf Widerruf des bedingten Strafvollzuges.


Art. 173

Legitimation; aufschiebende Wirkung 1

Die Appellation kann vom Angeklagten oder seinem Verteidiger sowie vom Auditor eingereicht werden. Der Auditor kann auch zugunsten des Angeklagten appellieren.

1bis

Der Geschädigte kann appellieren, wenn er sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit das Urteil sich auf die Beurteilung seiner zivilrechtlichen Ansprüche auswirken kann.51 2 Die Appellation hemmt den Vollzug des Urteils.


Art. 174

Einreichung, Frist

1

Die Appellation ist innert fünf Tagen seit der mündlichen Eröffnung des Urteils beim Divisionsgericht schriftlich oder mündlich zu erklären. Sie kann auf einen Teil des Urteils beschränkt werden.

2

Das Gericht gibt den Parteien von der Appellationserklärung Kenntnis.52 51

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Zweiter Abschnitt: Appellation 43

322.1


Art. 175

Rückzug

1

Die Appellation kann bis zum Schluss des Beweisverfahrens schriftlich oder mündlich zu Protokoll zurückgezogen werden.

2

Zieht der Angeklagte oder der Geschädigte die Appellation zurück, so trägt er in der Regel die aus seinem Rechtsmittel erwachsenen Kosten.53 3 Die Abschreibung wird vom Präsidenten des Gerichts verfügt, bei dem sich die Akten befinden.


Art. 176

Übermittlung der Akten Nach Zustellung des schriftlich begründeten Urteils an die Parteien übermittelt der Präsident des Divisionsgerichts die Akten dem Militärappellationsgericht.


Art. 177

Einhaltung der Frist; Verspätung Der Präsident des Militärappellationsgerichts prüft, ob die Appellation rechtzeitig eingereicht wurde. Nimmt er an, dass sie verspätet ist, so legt er die Akten dem Gericht vor, das hierüber im schriftlichen Verfahren entscheidet.


Art. 178

Vorbereitung der Hauptverhandlung Der Präsident des Militärappellationsgericht bereitet die Hauptverhandlung vor und setzt den Parteien eine angemessene Frist für Ablehnungsbegehren und Beweisanträge. Nach Ablauf der Frist lässt er die Akten bei den Richtern zirkulieren. Im übrigen gelten die Artikel 124 129 sinngemäss.


Art. 179

Ausbleiben des Angeklagten oder des Geschädigten54 1

Kann dem Angeklagten oder dem Geschädigten die Vorladung zur Hauptverhandlung nicht zugestellt werden oder bleibt er, ohne vom Erscheinen dispensiert zu sein, trotz ordnungsgemässer Vorladung aus, so ist seine Appellation eine Stunde nach dem Verhandlungstermin verwirkt.55 2

Die Verwirkung wird widerrufen, wenn der Säumige glaubhaft macht, dass er unverschuldet der Vorladung keine Folge leisten konnte.

3

Das Gesuch um Aufhebung der Säumnisfolgen ist innert zehn Tagen nach Empfang der Mitteilung über die Verwirkung der Appellation beim Militärappellationsgericht einzureichen.

52

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

53

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

54

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

55

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 44

322.1

4

Kann das Gesuch aus wichtigen Gründen nicht fristgemäss gestellt werden, so ist es innerhalb von zehn Tagen seit Wegfall des Hindernisses einzureichen.


Art. 180

Vorführung des Angeklagten; Abwesenheitsverfahren Hat der Auditor die Appellation erklärt, und bleibt der Angeklagte trotz ordnungsgemässer Vorladung ohne genügende Entschuldigung aus, so kann seine Vorführung angeordnet werden. Kann er nicht vorgeführt werden oder wird auf seine Vorführung verzichtet, so gelten die Bestimmungen über das Verfahren gegen Abwesende und die Wiederaufnahme.


Art. 181

Hauptverhandlung

1

Das Gericht kann nötigenfalls die Hauptverhandlung von sich aus oder auf Antrag unterbrechen oder verschieben.

2

Bei den Parteivorträgen hat der Appellant das erste Wort. Haben mehrere Parteien appelliert, so spricht zuerst der Auditor und zuletzt der Angeklagte. Jeder Partei steht das Recht eines zweiten Vortrages zu. Der Angeklagte hat das letzte Wort.56 3 Im übrigen gelten für die Hauptverhandlung vor dem Militärappellationsgericht sinngemäss die Artikel 130, 132-134, 135 Absatz 1, 136-142, 145-147, 148 Absatz 1, 149, 150 und 152-154.


Art. 182

Entscheidungsbefugnis 1

Das Militärappellationsgericht ist bei der Neubeurteilung der Strafsache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht frei. Es ist an die Anträge der Parteien nicht gebunden.

2

Das Urteil darf nicht zuungunsten des Angeklagten abgeändert werden, wenn er allein oder insoweit der Auditor ausdrücklich zu seinen Gunsten appelliert hat.


Art. 183

Kosten; Entschädigung 1

Wird die Appellation des Angeklagten im vollen Umfang gutgeheissen, so trägt der Bund die Kosten des Appellationsverfahrens. In den andern Fällen trifft das Militärappellationsgericht den Kostenentscheid nach seinem Ermessen.

2

In gleicher Weise entscheidet das Gericht über die Zusprechung einer angemessenen Entschädigung für Anwaltskosten des Angeklagten, sofern dieser nicht amtlich verteidigt ist. Hat allein der Geschädigte appelliert, so kann er verpflichtet werden, der Gerichtskasse Ersatz zu leisten.57 2bis

Heisst das Gericht die Appellation des Geschädigten ganz oder teilweise gut, so kann es ihm eine Entschädigung für die Anwaltskosten zusprechen, sofern er nicht 56

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

57

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Dritter Abschnitt: Kassation 45

322.1

unentgeltlich verbeiständet ist. Der Verurteilte kann verpflichtet werden, der Gerichtskasse Ersatz zu leisten.58 3 Über weitere Entschädigungsbegehren entscheidet das Gericht nach den Regeln des Artikels 117 Absatz 3.

Dritter Abschnitt: Kassation

Art. 184

Zulässigkeit

1

Die Kassationsbeschwerde kann erhoben werden a. gegen Urteile und Unzuständigkeitsentscheide der Militärappellationsgerichte;

b. gegen Entscheide der Militärappellationsgerichte über den Widerruf des bedingten Strafvollzugs; c. gegen Abwesenheitsurteile der Divisionsgerichte.

2

Für die Fälle von Buchstabe b gelten die Artikel 185-194 sinngemäss.


Art. 185

Kassationsgründe

1

Die Kassation ist auszusprechen, wenn a. das Gericht nicht vorschriftsgemäss besetzt war; b. das Gericht seine Zuständigkeit zu Unrecht bejaht oder verneint hat; c. während der Hauptverhandlung wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden sind, sofern dem Beschwerdeführer dadurch ein Rechtsnachteil entstanden ist; d. das Urteil eine Verletzung des Strafgesetzes enthält; e. das Urteil keine hinreichenden Entscheidungsgründe enthält; f. wesentliche tatsächliche Feststellung des Urteils dem Ergebnis der Beweisverfahren widersprechen.

2

Aus den in den Buchstaben a und c genannten Gründen kann die Kassation nur begehrt werden, wenn die Partei während der Hauptverhandlung einen entsprechenden Antrag gestellt oder den Mangel gerügt hat.


Art. 186

Legitimation; Fristen 1

Die Kassation kann vom Angeklagten, seinem Verteidiger und vom Auditor verlangt werden. Hat der Auditor auf die Kassationsbeschwerde verzichtet, so steht dieses Recht dem Oberauditor zu.

58

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 46

322.1

1bis

Der Geschädigte kann Kassationsbeschwerde erheben, wenn er sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit das Urteil sich auf die Beurteilung seiner zivilrechtlichen Ansprüche auswirken kann.59 2

Die Kassationsbeschwerde ist innert fünf Tagen nach der mündlichen Eröffnung des Urteils schriftlich beim Gericht anzumelden, das geurteilt hat.

3

Für den Oberauditor beginnt diese Frist mit dem Eingang des Urteils. Er kann innert der Frist die Akten zur Einsicht verlangen. In diesem Fall läuft die Frist zur Anmeldung der Kassationsbeschwerde neu vom Eingang der Akten an.


Art. 187

Schriftenwechsel; Wirkung 1

Nach Eingang der Anmeldung der Kassationsbeschwerde setzt der Präsident des Gerichts dem Beschwerdeführer unter Zustellung des begründeten Urteils eine Frist von 20 Tagen zur schriftlichen Begründung.

2

Nach Eingang der Begründung stellt sie der Präsident des Gerichts dem Kassationsgegner zur Vernehmlassung innert 20 Tagen zu. Anschliessend übermittelt er die Akten mit den Rechtsschriften und seinem allfälligen Bericht dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts.

3

Die Kassationsbeschwerde hemmt den Vollzug des Urteils.

4

Anmeldung und Rückzug der Kassationsbeschwerde sind dem Oberauditor zu melden.


Art. 188

Vorbereitung der Verhandlung Der Präsident des Militärkassationsgerichts setzt die Akten bei den Mitgliedern des Gerichts in Zirkulation und trifft die für die Verhandlung erforderlichen Anordnungen.


Art. 189

Weiterer Schriftenwechsel; Entscheidungsbefugnis 1

Eine mündliche Parteiverhandlung findet nicht statt. Hingegen kann ein weiterer Schriftenwechsel angeordnet werden.

2

Das Militärkassationsgericht prüft nur die gestellten Anträge.

3

Stützt sich die Kassation auf Artikel 185 Absatz 1 Buchstaben a, b oder c, so werden lediglich die in der Kassationsbeschwerde aufgeführten Tatsachen berücksichtigt.

4

Bei Kassationsbeschwerden, die sich auf Artikel 185 Absatz 1 Buchstabe d, e oder f stützen, ist das Militärkassationsgericht nicht an die Begründung der Kassationsbeschwerde gebunden.

59

Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Vierter Abschnitt: Rekurs 47

322.1


Art. 190

Beurteilung

Hält das Militärkassationsgericht die Kassationsbeschwerde für begründet, so hebt es das angefochtene Urteil auf.


Art. 191

Rückweisung

1

Wird das Urteil aufgeschoben, so weist das Militärkassationsgericht die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück.

2

Aus besonderen Gründen kann es die Sache auch einem anderen Gericht gleicher Instanz zuweisen.

3

Hebt das Militärkassationsgericht das Urteil in Anwendung von Artikel 185 Absatz 1 Buchstabe b auf, so überweist es die Sache der zuständigen Behörde.


Art. 192

Neubeurteilung

1

Der Neubeurteilung ist die rechtliche Begründung des Urteils des Militärkassationsgerichts zugrunde zu legen.

2

Das Gericht darf nicht zuungunsten des Angeklagten entscheiden, wenn dieser die Kassationsbeschwerde allein oder soweit sie der Auditor oder der Oberauditor ausdrücklich zu seinen Gunsten eingereicht hat.


Art. 193


60

Kosten; Entschädigung Für Kosten und Entschädigung gilt sinngemäss Artikel 183.


Art. 194

Eröffnung und Zustellung des Urteils 1

Den Parteien sind Zeit und Ort der Urteilsverkündung anzuzeigen. Das Erscheinen ist ihnen freigestellt.

2

Für die Zustellung des begründeten Urteils gilt Artikel 154.

Vierter Abschnitt: Rekurs

Art. 195

Zulässigkeit

Gegen Entscheide der Divisions- und Militärappellationsgerichte kann, sofern die Appellation oder die Kassationsbeschwerde nicht zulässig ist, Rekurs an das Militärkassationsgericht erhoben werden, namentlich in folgenden Fällen: a. Vollstreckung aufgeschobener Strafen nach Vollzug sichernder Massnahmen;

b. Wiedereinsetzung in die Amtsfähigkeit; 60

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Militärstrafprozess 48

322.1

c. Löschung des Eintrags im Strafregister; d. Verweigerung der Wiederaufnahme des Verfahrens; e. Entscheid über zivilrechtliche Ansprüche; f.

Entscheid über Kostenauflage und Entschädigungsbegehren; g. Einziehung und Verfall von Geschenken und anderen Zuwendungen; h. Wiederzulassung zur persönlichen Dienstleistung; i.

Anordnung von Haft im Anschluss an die Urteilseröffnung.


Art. 196


61

Legitimation

Der Rekurs kann vom Angeklagten, seinem Verteidiger und vom Auditor erhoben werden. Der Geschädigte kann in den Fällen von Artikel 195 Buchstaben d, e, f und g Rekurs erheben.


Art. 197

Frist; Verfahren

1

Der Rekurs ist innert 20 Tagen nach der schriftlichen Mitteilung des angefochtenen Entscheids schriftlich mit Antrag und Begründung beim Gericht einzureichen, dessen Entscheid angefochten wird. Der Präsident setzt dem Rekursgegner eine Frist von 20 Tagen zur Vernehmlassung. Hierauf übermittelt er die Akten mit den Rechtsschriften und seinem allfälligen Bericht dem Präsidenten des Militärkassationsgerichts.

2

Artikel 182 gilt sinngemäss. Indessen ist das Militärkassationsgericht bei Rekursen nach Artikel 195 Buchstaben e und f an den Entscheid über die Bestrafung gebunden.

3

Eine mündliche Parteiverhandlung findet nicht statt. Hingegen kann ein weiterer Schriftenwechsel angeordnet werden.


Art. 198

Entscheid

Wird der Rekurs gutgeheissen, kann das Militärkassationsgericht den Fall zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückweisen oder in der Sache selber entscheiden.


Art. 199


62

Kosten; Entschädigung Für Kosten und Entschädigung gilt sinngemäss Artikel 183.

61

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

62

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

Fünfter Abschnitt: Revision 49

322.1

Fünfter Abschnitt: Revision

Art. 200

Revisionsgründe

1

Die Revision eines rechtskräftigen Strafmandats oder Urteils kann verlangt werden, wenn:63

a. Tatsachen oder Beweismittel vorliegen, die dem Richter im früheren Verfahren nicht bekannt waren und die allein oder zusammen mit den früher festgestellten Tatsachen geeignet sind, Freispruch oder erheblich geringere Bestrafung des Verurteilten, Verurteilung eines Freigesprochenen oder Verurteilung wegen einer schwereren Straftat zu bewirken;

b. durch eine Straftat auf das Ergebnis des früheren Verfahrens eingewirkt wurde;

c. seit Erlass des früheren Urteils ein neues Strafurteil ausgesprochen wurde, das mit dem früheren unvereinbar ist; d. der Freigesprochene nach Erlass des Urteils ein glaubwürdiges Geständnis abgelegt hat;

e. eine Verletzung der Ausstandsvorschriften vorliegt, die früher nicht geltend gemacht werden konnte; f.64 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte oder das Ministerkomitee des Europarates eine Individualbeschwerde wegen Verletzung der Konvention vom 4. November 195065 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und deren Protokolle gutheisst und eine Wiedergutmachung nur durch eine Revision möglich ist; in diesem Fall muss das Revisionsgesuch, nach Zustellung des Entscheides der europäischen Behörden durch das Bundesamt für Justiz, innert 90 Tagen eingereicht werden.

2

Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist die Revision zuungunsten des Beurteilten ausgeschlossen.


Art. 201

Zivilrechtliche Ansprüche 1

Wegen zivilrechtlicher Ansprüche kann um Revision nachgesucht werden: a. aus den in Artikel 200 Buchstaben b-e genannten Gründen; b. wenn entscheidende, dem Gericht nicht vorgebrachte Tatsachen oder Beweismittel entdeckt werden, die geeignet sind, eine andere Beurteilung des zivilrechtlichen Anspruchs herbeizuführen.

2

Die Revision aus den in Absatz 1 Buchstabe b genannten Gründen muss innert 30 Tagen nach ihrer Entdeckung verlangt werden. Nach Ablauf von zehn Jahren seit Zustellung der Urteilsausfertigung kann die Revision nicht mehr verlangt werden.

63

Fassung gemäss Anhang Ziff. 16 des BG vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 15. Febr. 1992 (AS 1992 288; SR 173.110.0 Art. 2 Abs. 1 Bst. i; BBl 1991 II 465).

64

Eingefügt durch Anhang Ziff. 16 des BG vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 15. Febr. 1992 (AS 1992 288; SR 173.110.0 Art. 2 Abs. 1 Bst. i; BBl 1991 II 465).

65

SR 0.101

Militärstrafprozess 50

322.1


Art. 202

Legitimation

Die Revision können beantragen: a. der

Auditor;

b. der Verurteilte, nach seinem Tod seine Verwandten und Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, seine Geschwister sowie der Ehegatte; c. der gesetzliche Vertreter des Verurteilten; d.66 der Geschädigte, wenn er sich bereits vorher am Verfahren beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilforderungen betrifft oder sich auf deren Beurteilung auswirken kann.


Art. 203

Gesuch; aufschiebende Wirkung 1

Das Revisionsgesuch ist dem Militärkassationsgericht schriftlich einzureichen.

2

Im Gesuch sind die Gründe und die Beweismittel anzugeben.

3

Das Gesuch hemmt den Vollzug des Urteils nur, wenn der Präsident es verfügt.

4

...67


Art. 204

Amtliche Verteidigung Erscheint das Revisionsgesuch nicht zum vorneherein als aussichtslos, so kann der Präsident des Militärkassationsgerichts zur Ergänzung des Gesuches und für das weitere Verfahren einen amtlichen Verteidiger bestellen.


Art. 205

Weitere Abklärungen

Hält der Präsident des Militärkassationsgerichts weitere Abklärungen für notwendig, so nimmt er diese selbst vor oder lässt sie durch ein Mitglied des Gerichts oder den Untersuchungsrichter vornehmen.


Art. 206

Rechtskraft des angefochtenen Urteils Bis zum Entscheid über das Revisionsgesuch bleibt das angefochtene Urteil rechtskräftig.


Art. 207

Entscheid; Kosten

1

Wird das Revisionsgesuch gutgeheissen, so hebt das Militärkassationsgericht das Strafmandat oder das Urteil auf und weist die Sache zur Neubeurteilung an die Instanz zurück, welche rechtskräftig geurteilt hat, ausgenommen in Fällen, in denen es nach Artikel 198 selbst entschieden hat.

66

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des Opferhilfegesetzes vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (SR 312.5).

67

Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992 (AS 1992 1679; BBl 1991 II 1462, IV 184).

Fünfter Abschnitt: Revision 51

322.1

2

Aus besondern Gründen kann es die Sache auch einer andern Instanz gleicher Stufe zuweisen.

3

Wird das Gesuch abgewiesen, so können dem Gesuchsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt werden.


Art. 208

Neubeurteilung

1

Die neue Behandlung des Falles erfolgt im ordentlichen Verfahren.

2

Die vom Militärkassationsgericht als erheblich bezeichneten Beweismittel müssen erhoben werden.


Art. 209

Wiedereinsetzung

1

Wird der Verurteilte im wiederaufgenommenen Verfahren ganz oder teilweise freigesprochen, so wird er in seine Rechte nach dem neuen Urteil wieder eingesetzt.

Bussen und Kosten werden entsprechend zurückerstattet. über eine Entschädigung wird nach den Regeln des Artikels 117 Absatz 3 entschieden.

2

Das Gericht kann die Veröffentlichung des Urteils anordnen.

Viertes Kapitel: Strafvollzug

Art. 210

Rechtskraft

Ein Urteil wird rechtskräftig, wenn die Frist zur Einreichung der Appellation oder der Kassationsbeschwerde unbenützt verstrichen ist oder das Begehren zurückgezogen oder abgewiesen wurde.


Art. 211

Busse und Einziehung

1

Die kantonale Behörde zieht die Bussen ein sowie die dem Staat verfallenen, aber noch nicht eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte, insbesondere Geschenke und andere Zuwendungen. Der Ertrag verfällt dem einziehenden Kanton.68 2 Die Kantone ermöglichen das Abverdienen von Bussen durch Arbeit.


Art. 212

Freiheitsstrafen; sichernde Massnahmen 1

Unter Vorbehalt des militärischen Vollzugs der Gefängnisstrafe vollzieht der Wohnsitzkanton des Verurteilten Freiheitsstrafen und sichernde Massnahmen.

2

Das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport kann ausnahmsweise den Vollzug einem andern Kanton übertragen. Es bestimmt den Vollzugskanton, wenn der Verurteilte keinen Wohnsitz in der Schweiz hat.

68

Fassung des zweiten Satzes gemäss Ziff. I 1 des BG vom 22. März 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (AS 1992 2392 2393; BBl 1988 II 1333).

Militärstrafprozess 52

322.1


Art. 213


69



Art. 214

Einzug von Gerichtskosten Sind dem Verurteilten Kosten auferlegt worden, so werden sie nach den Vorschriften über die Vollstreckung der Zivilurteile eingezogen. Eine Umwandlung in Haft findet nicht statt.


Art. 215

70 Vollzugskosten; Rückgriffsrecht 1

Die Kantone tragen die Kosten des Vollzugs von Strafen und Massnahmen.

2

Gegen den Betroffenen steht dem Kanton für die Kosten des Vollzugs von Massnahmen nach den Artikeln 43, 44 und 100bis des Strafgesetzbuches 71 ein Rückgriffsrecht zu.

Fünftes Kapitel: Strafverfahren gegen Ausländer

Art. 216

Genfer Abkommen

Für Strafverfahren, die in Kriegszeiten gegen Ausländer durchgeführt werden, bleiben die vom vorliegenden Gesetz abweichenden Bestimmungen der Genfer Abkommen über den Schutz der Kriegsopfer 72 vorbehalten.


Art. 217

Abweichung von Strafmindestmassen Bei den Verbrechen und Vergehen von Ausländern, die keine Treuepflicht gegenüber der Schweiz verletzen, ist der Richter nicht an die Strafmindestmasse des Gesetzes gebunden.

Dritter Titel: Schlussbestimmungen

Art. 218

Vollzug

Der Bundesrat erlässt die Vollzugsvorschriften.


Art. 219

Aufhebung bisherigen Rechts Das Bundesgesetz vom 28. Juni 1889 73 über die Militärstrafgerichtsordnung wird aufgehoben.

69

Aufgehoben durch Ziff. II des BG vom 20. März 1992 (AS 1992 1679; BBl 1991 II 1462, IV 184).

70

Fassung gemäss Ziff. I 1 des BG vom 22. März 1991, in Kraft seit 1. Jan. 1993 (AS 1992 2392 2393; BBl 1988 II 1333).

71

SR 311.0

72

SR 0.518.12, 0.518.221, 0.518.23, 0.518.42, 0.518.51 73

[BS 3 456. AS 1951 437 Ziff. II, 1968 212 Ziff. III]

Fünfter Abschnitt: Revision 53

322.1


Art. 220

Übergangsrecht

1

Beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängige Verfahren werden nach neuem Recht weitergeführt.

2

Rechtzeitig angemeldete Kassationsbeschwerden gelten als Appellationserklärungen und werden vom Präsidenten des Militärkassationsgerichts den zuständigen Militärappellationsgerichten überwiesen.

3

Die Amtsdauer der Richter und Ersatzrichter der Militärgerichte, die ihre Tätigkeit unter bisherigem Recht ausübten, läuft mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes ab.


Art. 221

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 198074 74

BRB vom 11. Juli 1979 (AS 1979 1106)

Militärstrafprozess 54

322.1