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1

Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 24. März 1995 (Stand am 22. Februar 2005) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 4 Absatz 2, 34ter Absatz 1 Buchstabe a, 64 und 85 Ziffer 3
der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 24. Februar 19932, beschliesst: 1. Abschnitt: Zweck

Art. 1

Dieses Gesetz bezweckt die Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frau und Mann.

2. Abschnitt: Gleichstellung im Erwerbsleben

Art. 2

Grundsatz

Dieser Abschnitt gilt für Arbeitsverhältnisse nach Obligationenrecht3 sowie für alle öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnisse in Bund, Kantonen und Gemeinden.


Art. 3

Diskriminierungsverbot 1

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dürfen aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft.

2

Das Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung.

3

Angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung stellen keine Diskriminierung dar.

AS 1996 1498 1

[BS 1 3; AS 1981 1243] 2

BBl 1993 I 1248 3

SR 220

151.1

Grundrechte

2

151.1


Art. 4

Diskriminierung durch sexuelle Belästigung Diskriminierend ist jedes belästigende Verhalten sexueller Natur oder ein anderes Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Darunter fallen insbesondere Drohungen, das Versprechen von Vorteilen, das Auferlegen von Zwang und das Ausüben von Druck zum Erlangen eines Entgegenkommens sexueller Art.


Art. 5

Rechtsansprüche

1

Wer von einer Diskriminierung im Sinne der Artikel 3 und 4 betroffen ist, kann dem Gericht oder der Verwaltungsbehörde beantragen: a. eine drohende Diskriminierung zu verbieten oder zu unterlassen; b. eine bestehende Diskriminierung zu beseitigen; c. eine Diskriminierung festzustellen, wenn diese sich weiterhin störend auswirkt;

d. die Zahlung des geschuldeten Lohns anzuordnen.

2

Besteht die Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung oder in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses, so hat die betroffene Person lediglich Anspruch auf eine Entschädigung. Diese ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des voraussichtlichen oder tatsächlichen Lohnes errechnet.

3

Bei einer Diskriminierung durch sexuelle Belästigung kann das Gericht oder die Verwaltungsbehörde der betroffenen Person zudem auch eine Entschädigung zusprechen, wenn die Arbeitgeberinnen oder die Arbeitgeber nicht beweisen, dass sie Massnahmen getroffen haben, die zur Verhinderung sexueller Belästigungen nach der Erfahrung notwendig und angemessen sind und die ihnen billigerweise zugemutet werden können. Die Entschädigung ist unter Würdigung aller Umstände festzusetzen und wird auf der Grundlage des schweizerischen Durchschnittslohns errechnet.

4

Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Ablehnung einer Anstellung nach Absatz 2 darf den Betrag nicht übersteigen, der drei Monatslöhnen entspricht. Die Gesamtsumme der Entschädigungen darf diesen Betrag auch dann nicht übersteigen, wenn mehrere Personen einen Anspruch auf eine Entschädigung wegen diskriminierender Ablehnung derselben Anstellung geltend machen. Die Entschädigung bei Diskriminierung in der Kündigung eines obligationenrechtlichen Arbeitsverhältnisses nach Absatz 2 und bei Diskriminierung durch sexuelle Belästigung nach Absatz 3 darf den Betrag nicht übersteigen, der sechs Monatslöhnen entspricht.

5

Vorbehalten bleiben Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung sowie weitergehende vertragliche Ansprüche.

Gleichstellungsgesetz 3

151.1


Art. 6

Beweislasterleichterung Bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung wird eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird.


Art. 7

Klagen und Beschwerden von Organisationen 1

Organisationen, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern oder die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahren und seit mindestens zwei Jahren bestehen, können im eigenen Namen feststellen lassen, dass eine Diskriminierung vorliegt, wenn der Ausgang des Verfahrens sich voraussichtlich auf eine grössere Zahl von Arbeitsverhältnissen auswirken wird. Sie müssen der betroffenen Arbeitgeberin oder dem betroffenen Arbeitgeber Gelegenheit zur Stellungnahme geben, bevor sie eine Schlichtungsstelle anrufen oder eine Klage einreichen.

2

Im Übrigen gelten die Bestimmungen für die Klagen und Beschwerden von Einzelpersonen sinngemäss.

3. Abschnitt: Besondere Bestimmungen für Arbeitsverhältnisse nach Obligationenrecht4

Art. 8

Verfahren bei diskriminierender Ablehnung der Anstellung 1

Personen, deren Bewerbung für eine Anstellung nicht berücksichtigt worden ist und die eine Diskriminierung geltend machen, können von der Arbeitgeberin oder vom Arbeitgeber eine schriftliche Begründung verlangen.

2

Der Anspruch auf eine Entschädigung nach Artikel 5 Absatz 2 ist verwirkt, wenn nicht innert drei Monaten, nachdem die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber die Ablehnung der Anstellung mitgeteilt hat, die Klage angehoben wird.


Art. 9

Verfahren bei diskriminierender Kündigung Wird eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer durch die Kündigung diskriminiert, ist Artikel 336b des Obligationenrechts5 anwendbar.


Art. 10

Kündigungsschutz 1 Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitgeberin oder den Arbeitgeber ist anfechtbar, wenn sie ohne begründeten Anlass auf eine innerbetriebliche Beschwerde über eine Diskriminierung oder auf die Anrufung der Schlichtungsstelle oder des Gerichts durch die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer folgt.

4

SR 220

5

SR 220

Grundrechte

4

151.1

2

Der Kündigungsschutz gilt für die Dauer eines innerbetrieblichen Beschwerdeverfahrens, eines Schlichtungs- oder eines Gerichtsverfahrens sowie sechs Monate darüber hinaus.

3

Die Kündigung muss vor Ende der Kündigungsfrist beim Gericht angefochten werden. Das Gericht kann die provisorische Wiedereinstellung der Arbeitnehmerin oder des Arbeitnehmers für die Dauer des Verfahrens anordnen, wenn es wahrscheinlich erscheint, dass die Voraussetzungen für die Aufhebung der Kündigung erfüllt sind.

4

Die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer kann während des Verfahrens auf die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses verzichten und stattdessen eine Entschädigung nach Artikel 336a des Obligationenrechts6 geltend machen.

5

Dieser Artikel gilt sinngemäss für Kündigungen, die wegen der Klage einer Organisation nach Artikel 7 erfolgen.


Art. 11

Schlichtungsverfahren 1

Die Kantone bezeichnen Schlichtungsstellen. Diese beraten die Parteien und versuchen, eine Einigung herbeizuführen.

2

Das Schlichtungsverfahren ist für die Parteien freiwillig. Die Kantone können jedoch vorsehen, dass die gerichtliche Klage erst nach der Durchführung des Schlichtungsverfahrens angehoben werden kann.

3

Die Schlichtungsstelle muss innerhalb der Klagefrist angerufen werden, wenn das Gesetz eine solche vorsieht. In diesem Fall ist die gerichtliche Klage innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Schlichtungsverfahrens einzureichen.

4

Das Schlichtungsverfahren ist kostenlos.

5

Durch Gesamtarbeitsvertrag kann die Schlichtung von Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmerverbänden und einzelnen Arbeitgeberinnen oder Arbeitgebern unter Ausschluss der staatlichen Schlichtungsstellen auf im Vertrag vorgesehene Organe übertragen werden.


Art. 12

Zivilrechtspflege

1

In Streitigkeiten über Diskriminierungen im Erwerbsleben dürfen die Kantone das schriftliche Verfahren und die Prozessvertretung nicht ausschliessen.

2

Artikel 343 des Obligationenrechts7 ist unabhängig vom Streitwert anwendbar.

6

SR 220

7

SR 220

Gleichstellungsgesetz 5

151.1

4. Abschnitt: Rechtsschutz bei öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen

Art. 13

1 Der Rechtsschutz bei öffentlichrechtlichen Arbeitsverhältnissen richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. Für Beschwerden von Bundespersonal gilt ausserdem Artikel 58 des Beamtengesetzes vom 30. Juni 19278.

2

Wird eine Person durch die Abweisung ihrer Bewerbung für die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses diskriminiert, so ist Artikel 5 Absatz 2 anwendbar. Die Entschädigung kann direkt mit Beschwerde gegen die abweisende Verfügung verlangt werden.

3

Bundesangestellte können sich innerhalb der Beschwerdefrist nach Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 19689 über das Verwaltungsverfahren an eine Schlichtungskommission wenden. Diese berät die Parteien und versucht, eine Einigung herbeizuführen.10 4 Artikel 103 Buchstabe b des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194311 ist auf Verfügungen letzter kantonaler Instanzen nicht anwendbar.

5

Das Verfahren ist kostenlos; ausgenommen sind Fälle von mutwilliger Prozessführung.

5. Abschnitt: Finanzhilfen

Art. 14

Förderungsprogramme

1

Der Bund kann öffentlichen oder privaten Institutionen, die Programme zur Förderung der Gleichstellung von Frau und Mann im Erwerbsleben durchführen, Finanzhilfen gewähren. Er kann selbst Programme durchführen.

2

Die Programme können dazu dienen: a. die inner- oder ausserbetriebliche Aus- und Weiterbildung zu fördern; b. die Vertretung der Geschlechter in den verschiedenen Berufen, Funktionen und Führungsebenen zu verbessern; c. die Vereinbarkeit von beruflichen und familiären Aufgaben zu verbessern; d. Arbeitsorganisationen und Infrastrukturen am Arbeitsplatz zu fördern, welche die Gleichstellung begünstigen.

3

In erster Linie werden Programme mit neuartigem und beispielhaftem Inhalt unterstützt.

8

SR 172.221.10. Dieser Art. ist aufgehoben. Siehe heute das Bundespersonalgesetz vom 24. März 2000 (SR 172.220.1).

9 SR

172.021

10 Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 8. Okt. 2004, in Kraft seit 1. März 2005 (AS 2005 1023 1024; BBl 2003 7809) 11

SR 173.110

Grundrechte

6

151.1


Art. 15

Beratungsstellen

Der Bund kann privaten Institutionen Finanzhilfen gewähren für: a. die Beratung und die Information von Frauen im Erwerbsleben; b. die Förderung der Wiedereingliederung von Frauen und Männern, die ihre berufliche Tätigkeit zugunsten familiärer Aufgaben unterbrochen haben.

6. Abschnitt: Eidgenössisches Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann

Art. 16

1 Das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann fördert die Gleichstellung der Geschlechter in allen Lebensbereichen und setzt sich für die Beseitigung jeglicher Form direkter oder indirekter Diskriminierung ein.

2

Zu diesem Zweck nimmt es namentlich folgende Aufgaben wahr: a. es informiert die Öffentlichkeit; b. es berät Behörden und Private; c. es führt Untersuchungen durch und empfiehlt Behörden und Privaten geeignete Massnahmen;

d. es kann sich an Projekten von gesamtschweizerischer Bedeutung beteiligen; e. es wirkt an der Ausarbeitung von Erlassen des Bundes mit, soweit diese für die Gleichstellung von Bedeutung sind; f.

es prüft die Gesuche um Finanzhilfen nach den Artikeln 14 und 15 und überwacht die Durchführung der Förderungsprogramme.

7. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 17

Übergangsbestimmung

Ansprüche nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe d werden nach neuem Recht beurteilt, wenn die zivilrechtliche Klage nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erhoben worden ist oder die erstinstanzlich zuständige Behörde bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Verfügung getroffen hat.


Art. 18

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Gleichstellungsgesetz 7

151.1

Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 199612 12

BRB vom 25. Okt. 1995 (AS 1996 1503)

Grundrechte

8

151.1

Anhang


Änderung von Bundesgesetzen 1. Verwaltungsorganisationsgesetz13 Art. 58
Abs. 1 Bst. C
C.

Ämter und Dienste

Die Bundeskanzlei und die Departemente umfassen die folgenden Ämter und Dienste: Einfügen: ...


2. Bundesrechtspflegegesetz14 Art. 100
Abs. 1 Einleitungssatz und Abs. 2
...15 3. Obligationenrecht16 Art. 328 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 ...17 13

[AS 1979 114, 1983 170 931 Art. 59 Ziff. 2, 1985 699, 1987 226 Ziff. II 2 808 Art. 1, 1989 2116 Art. 1, 1990 3 Art. 1 1530 Ziff. II 1 1587 Art. 1, 1991 362, 1992 2 Art. 1 288 Anhang Ziff. 2 510 581 Anhang Ziff. 2, 1993 1770, 1995 978 Art. 1 4093 Anhang Ziff. 2 4362 Art. 1 5050 Anhang Ziff. 1, 1996 546 Anhang Ziff. 1 1486 Art. 1 1498 Anhang Ziff.

1. AS 1997 2022 Art. 63] 14

SR 173.110

15

Text eingefügt im genannten Erlass.

16

SR 220

17

Text eingefügt im genannten Erlass.