B. 8.10 hinderten Personen und Rollstuhlfahrern auch tatsächlich Rechnung getragen und von vermeidbaren baulichen Hindernissen abgesehen wird.

(VGE 1021/04 vom 27. August 2004).

8.10 Planungs- und Baurecht - Ermittlung der Gebäudehöhe einer Baute mit einem Kreuzgiebel: die Höhe der Giebeldreiecke ist nicht zu berücksichtigen (§ 60 Abs. 3 lit. a PBG).

Aus den Erwägungen: 4.1 § 60 PBG regelt Mass und Ermittlung des Grenzabstandes und lautet wie folgt: 1

Für Bauten bis und mit 20 m Gebäudehöhe beträgt der Grenzabstand 50% der Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m.

2 Als Gebäudehöhe gilt das Mass vom ausgemittelten gewachsenen Boden in der Fassadenmitte bis zum Schnittpunkt der Fassade mit der Dachhaut, bei Flachdächern bis zur Oberkante des Dachabschlusses.

3 Nicht berücksichtigt werden: a) die Höhe des Giebeldreiecks bei Giebelfassaden; b) Aufbauten bei Schräg- und Flachdächern, sofern sie nicht mehr als einen Drittel der Fassadenlänge einnehmen; c) das Attikageschoss und die Dachbrüstung, sofern sie mindestens um das Mass ihrer Höhe von der Fassade zurückversetzt sind.

4 Bei Dachneigungen über 45 Grad wird das Mehrmass, das sich bei einem 45 Grad geneigten Dach ergäbe, zur Gebäudehöhe gerechnet.

5 ...

§ 60 Abs. 2 bis Abs. 5 fanden in Art. 27 (Abs. 1 bis Abs. 4) Eingang ins kommunale Baureglement vom 13. Mai 1990 (BauR), wobei § 60 Abs. 2 PBG in Art. 27 Abs. 1 BauR insoweit einschränkender formuliert ist, als bei der Bemessung der Firsthöhe vom gestalteten Terrain auszugehen ist, wenn dieses tiefer als das gewachsene liegt. Gemäss Art. 25 Abs. 2 BauR gilt der grosse Grenzabstand in der Regel gegenüber derjenigen Gebäudeseite, die am meisten Wohnräume enthält (Hauptwohnseite), der kleine Grenzabstand gegenüber allen anderen Gebäudeseiten. Der grosse Grenzabstand beträgt in der Wohnzone 2 (W2) sechs Meter, der kleine Grenzabstand 70% der Gebäudehöhe jedoch mindestens 4m (Art. 48 Abs. 1 BauR).

4.2 Der Kreuzgiebel oder Kreuzfirst ist nicht nur eine besondere Dachform, sondern auch ein oberer Abschluss einer besonderen Gebäudeform.

Deshalb ist der Kreuzgiebel nicht nur am Dach, sondern auch am darunter

181

B. 8.10 liegenden Baukörper, insbesondere auch an der Fassade erkennbar. Der herkömmliche Kreuzgiebel setzt auf der Höhe des Hauptgiebels an und verläuft horizontal im rechten Winkel zur Fassade. Er kann nur auf der einen Seite des Hauptgiebels angeordnet sein oder diesen durchschneiden und beidseits des Hauptgiebels von Fassade zu Fassade verlaufen. Die Fassade ist entsprechend im Bereich des Kreuzgiebels ohne Unterbrechung bis zum First hinaufgezogen. Der Kreuzgiebel kann die ganze Breite des Gebäudes oder nur einen Teil davon einnehmen. Ein Kreuzgiebel und keine Dachaufbaute liegt vor, wenn zwei Bedingungen kumulativ erfüllt sind: Zum einen hat der Höhenunterschied zwischen Hauptgiebel und Kreuzgiebel relativ klein zu sein; zum andern hat die Stirnfassade mindestens bündig mit der darunter liegenden Fassade des Hauptbaukörpers zu sein oder vorzukragen. Auf solche Baukonstruktionen sind die Vorschriften über die Dachaufbauten nicht anwendbar (Fritzsche/Bösch, Zürcher Planungs- und Baurecht, 3.A. Zürich 2003, Ziff. 13.6.2.1, S. 13 - 47 f.).

4.3 Der Wortlaut (grammatikalische Auslegung) der umstrittenen Bestimmung bezieht sich generell auf Giebeldreiecke bei Giebelfassaden, ohne eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Seiten eines Gebäudes zu treffen; gemäss Wortlaut von § 60 Abs. 3 lit. a PBG bestehen weder Ausnahmen von dieser Regelung noch Vorbehalte, was bereits die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid festhält (Erw. 6.1). Obwohl der sinngemässe Einwand der Beschwerdeführerin, der Zusatz bei «Giebelfassaden» wäre gar nicht nötig gewesen, wenn damit alle vier Giebeldreiecke eines mit Kreuzgiebel errichteten Gebäudes umfasst würden, auf den ersten Blick eine gewisse Berechtigung hat, kann aus diesem Zusatz nicht abgeleitet werden, es seien damit nur die zwei Giebeldreiecke von Satteldächern bezeichnet. Jedenfalls finden sich auch in den Gesetzesmaterialien (vgl. hierzu nahe stehend Erw.

4.5) keine Hinweise in diese Richtung. Zudem hat bei genauerer Betrachtung auch der Zusatz «bei Giebelfassaden» seine Berechtigung. Damit wird angedeutet, dass das Giebeldreieck mit der Fassade eine gewisse Einheit (Bündigkeit der Stirnfassade mit der darunter liegenden Hauptfassade oder Vorkragen) im Sinne eines kompakten Baukörpers bilden muss, damit es keine Berücksichtigung bei der Bemessung der Höhe
findet. Fritzsche/Bösch definieren in diesem Sinne «Fassade» als «die grösste oberirdische Gebäudeumfassung» (a.a.O., Rz. 12.8.1.1, S. 12 - 36). Gleichzeitig wird damit das «Giebeldreieck bei Giebelfassaden» abgegrenzt gegenüber Dachaufbauten mit giebelähnlichen Konstruktionen (z.B. Giebelgauben mit und ohne Durchbrechung der Dachtraufe, ohne Kreuzfirst/ -giebel u.ä., vgl. Fritzsche/Bösch, a.a.O., Rz.

13.6.1.3, S. 13 ­ 45 f. mit Bildern 13 - 27 bis 13 - 29). Die Beschränkung auf bloss zwei Giebeldreiecke (gegenüber liegender Dachseiten) würde zudem zu Zuordnungsproblemen bei jenen Bauten mit Kreuzgiebelbauweise führen, welche einen quadratischen oder annähernd quadratischen Grundriss haben.

Insgesamt erweist sich der Wortlaut dieser Bestimmung als hinreichend klar. Der Wortlaut lässt eine Beschränkung der «Giebeldreiecke bei Giebelfassaden» auf bloss zwei Giebeldreiecke nicht zu.

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B. 8.10 4.4 Aus der Gesetzessystematik lassen sich für die vorliegende Frage, wie der Regierungsrat zutreffend darlegt, keine Schlüsse für die Auslegung ziehen, abgesehen davon, dass die architektonische Fassaden-/ Dachgestaltung mittels Giebeldreieck bei Giebelfassaden von den Aufbauten sowie Attikageschossen in § 60 Abs. 3 lit. a-c PBG abgegrenzt wird und bei Giebeldreiecken mit Giebelfassaden abgesehen vom 45°-Winkel gemäss § 60 Abs. 4 PBG keine weiteren Kriterien quantitativer Art wie bei Aufbauten und Attikageschossen zu wahren sind.

4.5 Aus den Gesetzesmaterialien lässt sich Folgendes entnehmen. ... Es ist dem Regierungsrat darin beizupflichten, dass sich den Gesetzesmaterialien mit Ausnahme der gesetzgeberischen Absicht der Ausmerzung der Benachteiligung von Giebeldächern gegenüber Flachdächern keine für die Auslegung gewinnbringenden Hinweise entnehmen lassen. Insbesondere lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, ob der Begriff Giebeldächer Gebäuden mit zwei Giebeln (d.h. mit einem Satteldach und einer Unterscheidung nach Giebel- und Traufseite) vorbehalten ist oder ob auch Gebäude mit vier Giebeln, d.h. mit Kreuzgiebeldächern darunter fallen.

4.6 Sinn und Zweck der (öffentlichrechtlichen) Grenzabstandbestimmungen liegen darin, durch die Wahrung ausreichender Zwischenräume zwischen den Bauten die Interessen der Nachbarn (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Aussicht) wie auch allgemeine gesundheitspolizeiliche und ortsplanerische Interessen (gute Gestaltung der Siedlungen ohne zu dichten Überbauungen; Ästhetik; vgl. Haller/Karlen, Raumplanungs- und Baurecht, 3.A., Zürich 1999, Rz. 638; VGE 1065/97 vom 8. April 1998, Erw. 1.c mit Hinweis auf BGE 119 Ia 113 Erw. 3b; Zimmerlin, Baugesetz des Kantons Aargau, §§ 163 - 65, N. 3 mit Hinweisen) zu wahren. Trotz der Ausklammerung der Bauteile bzw. Bauformen gemäss § 60 Abs. 2 lit. a - c PBG bei der Bestimmung der für die Grenzabstandsbemessung massgeblichen Gebäudehöhe spricht nichts dafür, dass dieser Zweck nicht dennoch gewahrt bleibt. Aus nachbarlicher Sicht kann es abgesehen davon keine entscheidende Rolle spielen, ob man sich einem Giebeldreieck mit Giebelfassade eines Schrägdachhauses oder eines Kreuzgiebelhauses gegenüber sieht. Anzufügen ist, dass auch die Dachneigung der vier Kreuzgiebel den maximal zulässigen Winkel von 45°
gemäss § 60 Abs. 4 PBG zu wahren hat; andernfalls erfolgt eine Anrechnung der Höhendifferenz zwischen (hypothetischem) Kniestock, wie er sich bei Wahrung des 45°-Winkels ergibt, und der Höhe des effektiven Kniestocks.

Die Beschwerdeführerin macht mit Bezug auf den Sinn der Bestimmung zwar geltend, die PBG-Revision 1987 habe ausschliesslich den Zweck verfolgt, die bisherige Benachteiligung von Schrägdachbauten gegenüber Flachdachbauten bei der Ermittlung der Gebäudehöhe aufzuheben. Diese Benachteiligung habe von vornherein nur auf den Giebelseiten, d.h. auf den Schmal- oder Stirnseiten des Gebäudes bestanden. Traufseitig seien die beiden Gebäudetypen schon seit jeher den gleichen Beschränkungen unterworfen gewesen. Dieses Vorbringen ist indes unzutreffend. Gemäss § 5 Abs. 3

183

B. 8.10 des Baugesetzes vom 30. April 1970 (GS 15, S. 749 ff.) galt als für die Bestimmung des Grenzabstandes relevante Bauhöhe das Mass vom gewachsenen Boden in der Fassadenmitte bis zur Oberkante der obersten Geschossdecke. Eine Differenzierung nach Stirn- und Traufseite bestand somit nicht.

Insgesamt kann nicht gesagt werden, dass der klare Wortlaut von § 60 Abs.

3 lit. a PBG, nicht auch dem Sinn und Zweck der Bestimmung entspricht.

4.7 Zusammenfassend ergibt sich, dass sich § 60 Abs. 3 lit. a PBG aufgrund des klaren Wortlautes (grammatikalische Auslegung) auf sämtliche Giebeldreiecke von Giebelfassaden bezieht, unabhängig davon, ob solche auf allen Seiten eines Gebäudes vorkommen oder nicht. Aus der Systematik sowie den Gesetzesmaterialien lässt sich nichts herleiten, was den klaren Wortlaut als unzutreffend oder unvernünftig erweist. Dass der historische Gesetzgeber die Giebeldreiecke von Giebelfassaden in Abweichung von diesem klaren Wortlaut verstanden wissen wollte, kann den Materialien nicht entnommen werden. Abgesehen davon stellte sich in diesem Fall bei echten Kreuzgiebeldächern (bei welchen der Kreuzgiebel auf Höhe des Hauptgiebels ansetzt und bei quadratischem oder annähernd quadratischem Grundriss) die unlösbare Frage, welche Seite als «Traufseite» und welche Seite als «Giebelseite» zu betrachten wäre.

Nichts anderes ergibt die teleologische Auslegung der Norm. Sinn und Zweck der Grenzabstandsbestimmung bleiben gewahrt, auch wenn alle Giebeldreiecke im Sinne von § 60 Abs. 2 lit. a PBG bei der Höhenbemessung ausgeklammert werden.

4.8 Aufgrund der vorigen Ausführungen kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, wenn sie geltend macht, nach dem Grundsatz a minore ad maius hätten sich auch Kreuzgiebel (analog zu Aufbauten gemäss Art. 60 Abs. 3 lit. b
SR 745.1 Bundesgesetz vom 20. März 2009 über die Personenbeförderung (Personenbeförderungsgesetz, PBG) - Personenbeförderungsgesetz
PBG Art. 60 Zuständigkeit
1    Das BAV ist zuständig für die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen nach Artikel 57 Absätze 1 und 2.87
2    Die Kantone sind zuständig für die Verfolgung und Beurteilung von Übertretungen nach Artikel 57 Absätze 3-5 sowie Vergehen nach Artikel 58.88
3    Das Verfahren vor dem BAV richtet sich nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197489 über das Verwaltungsstrafrecht.
PBG) in ihrer Breite auf einen Drittel der massgeblichen Fassade zu beschränken. Zum einen gilt diese Feststellung nicht für alle Aufbauten, sondern nur für diejenigen, welche dazu führen, dass der zulässige 45°-Winkel überschritten wird; Aufbauten welche diesen Maximalwinkel einhalten, können sich rechtsprechungsgemäss über die gesamte Dachlänge erstrecken (EGV-SZ 1994, Nr. 4, Erw. 6). Zum andern wäre die Differenzierung in § 60 Abs. 3 lit. a u. b überflüssig, wenn Kreuzgiebel als Aufbauten zu verstehen wären, was definitionsgemäss
nicht der Fall ist (vgl. vorstehend Erw. 4.2).

Im Übrigen entspricht dieses Ergebnis der bisherigen kantonalen Rechtsprechung (vgl. RRB Nr. 257 vom 16. Februar 1994 Erw. 4; diesbezüglich bestätigt durch EGV-SZ 1994, Nr. 4, Erw. 7d; RRB Nr. 1808/2000 vom 28.

November 2000, Erw. 3).

4.9 Dass die Bemessung der Höhe und des erforderlichen Grenzabstandes, welche die Vorinstanz gestützt auf den von ihr zutreffend ausgelegten § 60 Abs. 3 lit. a PBG vorgenommen hat, korrekt erfolgte, wird als solches von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

(VGE 1042/04 vom 29. Oktober 2004).

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Decision information   •   DEFRITEN
Document : 2004-B-8.10
Date : 29. Oktober 2004
Published : 29. Oktober 2004
Source : SZ-GVP
Status : 2004-B-8.10
Subject area : Planungs- und Baurecht / Natur-, Landschafts- und Heimatschutz
Subject : Planungs- und Baurecht - Ermittlung der Gebäudehöhe einer Baute mit einem Kreuzgiebel: die Höhe der Giebeldreiecke ist nicht...


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