01.01.2024 - * / In Kraft
01.07.2023 - 31.12.2023
01.01.2021 - 30.06.2023
01.01.2019 - 31.12.2020
01.01.2017 - 31.12.2018
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01.10.2016 - 31.12.2016
01.12.2012 - 30.09.2016
01.04.2012 - 30.11.2012
05.12.2011 - 31.03.2012
01.03.2011 - 04.12.2011
01.01.2011 - 28.02.2011
01.01.2009 - 31.12.2010
01.01.2007 - 31.12.2008
01.07.2006 - 31.12.2006
01.04.2004 - 30.06.2006
01.12.2003 - 31.03.2004
01.08.2003 - 30.11.2003
Fedlex DEFRITRMEN
Versionen Vergleichen

1

Bundesgesetz über die Organisation der Strafbehörden des Bundes (Strafbehördenorganisationsgesetz, StBOG) vom 19. März 2010 (Stand am 1. Januar 2017) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 123 Absatz 1, 173 Absatz 2 und 191a Absätze 1 und 3
der Bundesverfassung1, nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 10. September 20082, beschliesst: 1. Titel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Gegenstand und Geltungsbereich 1

Dieses Gesetz regelt die Organisation der Strafbehörden des Bundes und enthält ergänzende Bestimmungen zur Strafprozessordnung vom 5. Oktober 20073 (StPO) für den Bereich der Bundesgerichtsbarkeit.

2

Es gilt nicht für Strafsachen, welche die Bundesanwaltschaft kantonalen Behörden zur Untersuchung und Beurteilung oder nur zur Beurteilung übertragen hat.


Art. 2

Strafbehörden des Bundes 1

Strafverfolgungsbehörden des Bundes sind: a. die

Polizei;

b. die

Bundesanwaltschaft.

2

Gerichtliche Befugnisse in Fällen der Bundesgerichtsbarkeit haben: a. das

Bundesstrafgericht; b. das

Bundesgericht;

c. die kantonalen Zwangsmassnahmengerichte, wenn sie für den Bund tätig werden.


Art. 3

Verfahrenssprache 1 Die Verfahrenssprache ist Deutsch, Französisch oder Italienisch.

2

Die Bundesanwaltschaft bestimmt die Verfahrenssprache bei der Eröffnung der Untersuchung. Sie berücksichtigt dabei namentlich: AS 2010 3267

1 SR

101

2 BBl

2008 8125

3 SR

312.0

173.71

Eidgenössische richterliche Behörden 2

173.71

a. die Sprachkenntnisse der Verfahrensbeteiligten; b. die Sprache der wesentlichen Akten; c. die Sprache am Ort der ersten Untersuchungshandlungen.

3

Die bezeichnete Verfahrenssprache gilt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens.

4

Sie kann ausnahmsweise aus wichtigen Gründen gewechselt werden, namentlich bei der Trennung und bei der Vereinigung von Verfahren.

5

Die Verfahrensleitung kann bestimmen, dass einzelne Verfahrenshandlungen in einer der beiden anderen Verfahrenssprachen durchgeführt werden.

6

Vor den Zwangsmassnahmengerichten bestimmt sich die Verfahrenssprache nach dem kantonalen Recht.

2. Titel: Strafverfolgungsbehörden 1. Kapitel: Polizei

Art. 4

Wahrnehmung der polizeilichen Aufgaben Die Aufgaben der Polizei im Bereich der Bundesgerichtsbarkeit werden wahrgenommen durch: a. die

Bundeskriminalpolizei; b. andere Einheiten des Bundesamtes für Polizei, soweit das Bundesrecht vorsieht, dass sie Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung wahrnehmen;

c. andere Bundesbehörden, soweit das Bundesrecht vorsieht, dass sie Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung wahrnehmen; d. kantonale Polizeikräfte, die im Zusammenwirken mit den Strafbehörden des Bundes Aufgaben im Rahmen der Strafverfolgung wahrnehmen.


Art. 5

Stellung der kantonalen Polizeikräfte 1

Nehmen kantonale Polizeikräfte Bundesaufgaben im Rahmen der Strafverfolgung wahr, so unterstehen sie der Aufsicht und den Weisungen der Bundesanwaltschaft.

2

Gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der kantonalen Polizeikräfte kann beim Bundesstrafgericht Beschwerde geführt werden.


Art. 6

Haftung für Schäden

1

Der Bund haftet nach dem Verantwortlichkeitsgesetz vom 14. März 19584 für Schäden der Organe nach Artikel 4, welche diese bei der Wahrnehmung polizeilicher Aufgaben im Bereich der Bundesgerichtsbarkeit widerrechtlich verursacht haben.

4 SR

170.32

Strafbehördenorganisationsgesetz 3

173.71

2

Hat der Bund Ersatz geleistet, so steht ihm der Rückgriff auf den Kanton zu, in dessen Dienst die Person steht, welche den Schaden verursacht hat. Das Verfahren richtet sich nach Artikel 10 Absatz 1 des Verantwortlichkeitsgesetzes vom 14. März 1958.

2. Kapitel: Bundesanwaltschaft 1. Abschnitt: Behörde und Sitz

Art. 7

Behörde Staatsanwaltschaft des Bundes ist die Bundesanwaltschaft.


Art. 8

Sitz und Zweigstellen 1

Die Bundesanwaltschaft hat ihren Sitz in Bern.

2

Sie kann Zweigstellen einrichten und aufheben.

2. Abschnitt: Organisation, Verwaltung und Befugnisse

Art. 9

Bundesanwalt oder

Bundesanwältin

1

Der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin führt die Bundesanwaltschaft.

2

Er oder sie ist insbesondere verantwortlich für: a. die fachgerechte und wirksame Strafverfolgung in Fällen der Bundesgerichtsbarkeit;

b. den Aufbau und den Betrieb einer zweckmässigen Organisation; c. den wirksamen Einsatz von Personal sowie von Finanz- und Sachmitteln.

3

Er oder sie regelt die Organisation und Verwaltung der Bundesanwaltschaft in einem Reglement.


Art. 10

Stellvertretende Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen 1

Der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin hat zwei Stellvertreter oder Stellvertreterinnen (Stellvertretender Bundesanwalt oder Stellvertretende Bundesanwältin).

2

Der Stellvertretende Bundesanwalt oder die Stellvertretende Bundesanwältin hat im Vertretungsfall alle Befugnisse des Bundesanwalts oder der Bundesanwältin.


Art. 11

Leitende Staatsanwälte und Staatsanwältinnen Die Leitenden Staatsanwälte und Staatsanwältinnen führen je eine Einheit der Bundesanwaltschaft.

Eidgenössische richterliche Behörden 4

173.71


Art. 12

Staatsanwälte und Staatsanwältinnen Die Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sind je einer Einheit der Bundesanwaltschaft oder direkt dem Bundesanwalt oder der Bundesanwältin zugewiesen.


Art. 13

Weisungen 1 Weisungen können erlassen: a. der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin gegenüber allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Bundesanwaltschaft;

b. die Leitenden Staatsanwälte und Staatsanwältinnen gegenüber den ihnen unterstellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

2

Zulässig sind auch Weisungen im Einzelfall über die Einleitung, die Durchführung oder den Abschluss eines Verfahrens sowie über die Vertretung der Anklage und die Ergreifung von Rechtsmitteln.


Art. 14

Genehmigung von Verfügungen Einstellungs-, Nichtanhandnahme- und Sistierungsverfügungen bedürfen der Genehmigung: a. wenn sie von einem Staatsanwalt oder einer Staatsanwältin erlassen wurden: durch den Leitenden Staatsanwalt oder die Leitende Staatsanwältin; b. wenn sie von einem Leitenden Staatsanwalt oder einer Leitenden Staatsanwältin erlassen wurden: durch den Bundesanwalt oder die Bundesanwältin.


Art. 15

Rechtsmittel der Bundesanwaltschaft 1

Zur Ergreifung von Rechtsmitteln sind befugt: a. der Staatsanwalt oder die Staatsanwältin, der oder die die Anklage erhoben und vertreten hat;

b. der Leitende Staatsanwalt oder die Leitende Staatsanwältin der Einheit, durch welche die Anklage erhoben und vertreten wurde; c. der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin.

2

Das Gleiche gilt für die Beschränkung und den Rückzug von Rechtsmitteln sowie für die Umwandlung von Berufungen in Anschlussberufungen.


Art. 16

Verwaltung

1

Die Bundesanwaltschaft verwaltet sich selbst.

2

Sie richtet ihre Dienste ein und stellt das nötige Personal an.

3

Sie führt eine eigene Rechnung.

Strafbehördenorganisationsgesetz 5

173.71


Art. 17

Berichterstattung, Voranschlag und Rechnung 1

Der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin unterbreitet der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (Aufsichtsbehörde) jährlich den Entwurf für den Voranschlag und die Rechnung zuhanden der Bundesversammlung und erstattet Bericht über die Tätigkeit der Bundesanwaltschaft.

2

Die Berichterstattung umfasst namentlich Angaben über: a. die interne Organisation; b. die allgemeinen Weisungen; c. die Zahl und die Art der abgeschlossenen und der hängigen Fälle sowie die Belastung der einzelnen Einheiten; d. den Einsatz von Personal sowie von Finanz- und Sachmitteln; e. die Zahl und die Ergebnisse von Beschwerden gegen Verfügungen und Verfahrenshandlungen der Bundesanwaltschaft.


Art. 18

Infrastruktur

1

Für die Bereitstellung, die Bewirtschaftung und den Unterhalt der von der Bundesanwaltschaft benutzten Gebäude ist das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) zuständig. Dieses hat die Bedürfnisse der Bundesanwaltschaft angemessen zu berücksichtigen.

2

Die Bundesanwaltschaft deckt ihren Bedarf an Gütern und Dienstleistungen im Bereich der Logistik selbstständig.

3

Für die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen der Bundesanwaltschaft und dem EFD gilt die Vereinbarung zwischen dem Bundesgericht und dem Bundesrat gemäss Artikel 25a Absatz 3 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 20055 sinngemäss; vorbehalten bleibt der Abschluss einer anders lautenden Vereinbarung zwischen der Bundesanwaltschaft und dem Bundesrat.


Art. 19

Orientierung der Öffentlichkeit Der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin erlässt Weisungen über die Orientierung der Öffentlichkeit über hängige Verfahren.

3. Abschnitt: Wahl, Amtsdauer, Amtsenthebung und personalrechtliche Stellung

Art. 20

Wahl und Amtsdauer

1

Die Vereinigte Bundesversammlung wählt den Bundesanwalt oder die Bundesanwältin und die Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen.

5 SR

173.110

Eidgenössische richterliche Behörden 6

173.71

1bis

Wählbar ist, wer in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt ist.6 2

Der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin wählt die übrigen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen. Er oder sie kann die Wählbarkeit auf Personen beschränken, die in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt sind.7 3 Die Amtsdauer beträgt vier Jahre. Sie beginnt am 1. Januar nach Beginn der Legislaturperiode des Nationalrates.


Art. 21

Amtsenthebung Die Wahlbehörde kann ein gewähltes Mitglied der Bundesanwaltschaft vor Ablauf der Amtsdauer des Amtes entheben, wenn es: a. vorsätzlich oder grob fahrlässig Amtspflichten schwer verletzt hat; oder b. die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.


Art. 22

Personalrechtliche Stellung

1

Die Bundesversammlung regelt das Arbeitsverhältnis und die Besoldung des Bundesanwaltes oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen in einer Verordnung.

2

Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, gilt für die übrigen Staatsanwälte und Staatsanwältinnen sowie für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Bundesanwaltschaft das Bundespersonalrecht. Arbeitgeberentscheide trifft der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin.

4. Abschnitt: Aufsicht

Art. 23

Wahl und Zusammensetzung der Aufsichtsbehörde 1

Die Aufsichtsbehörde wird von der Vereinigten Bundesversammlung gewählt.

2

Sie umfasst sieben Mitglieder und setzt sich zusammen aus: a. je einem Richter oder einer Richterin des Bundesgerichts und des Bundesstrafgerichts;

b. zwei in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragenen Anwälten oder Anwältinnen;

c. drei Fachpersonen, die weder einem eidgenössischen Gericht angehören noch in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen sein dürfen.

6

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 1. Okt. 2010, in Kraft seit 1. März 2011 (AS 2011 349; BBl 2010 4101 4133).

7

Zweiter Satz eingefügt durch Ziff. I des BG vom 1. Okt. 2010, in Kraft seit 1. März 2011 (AS 2011 349; BBl 2010 4101 4133).

Strafbehördenorganisationsgesetz 7

173.71


Art. 24

Unvereinbarkeit 1 Die Mitglieder der Aufsichtsbehörde dürfen weder der Bundesversammlung noch dem Bundesrat angehören und in keinem Arbeitsverhältnis mit dem Bund stehen.

2

Mitglieder, die in einem kantonalen Anwaltsregister eingetragen sind, dürfen nicht als Parteivertreter vor den Strafbehörden des Bundes auftreten.


Art. 25

Amtsdauer 1 Die Amtsdauer der Mitglieder der Aufsichtsbehörde beträgt vier Jahre.

2

Scheidet ein Mitglied während der Amtsdauer aus, so wird sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin für den Rest der Amtsdauer gewählt.

3

Mitglieder der Aufsichtsbehörde, die dem Bundesgericht oder dem Bundesstrafgericht angehören, scheiden mit der Beendigung des entsprechenden Amtes aus der Aufsichtsbehörde aus.


Art. 26

Amtsenthebung Die Vereinigte Bundesversammlung kann ein Mitglied der Aufsichtsbehörde vor Ablauf der Amtsdauer des Amtes entheben, wenn es: a. vorsätzlich oder grob fahrlässig Amtspflichten schwer verletzt hat; oder b. die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.


Art. 27

Stellung und Organisation der Aufsichtsbehörde 1

Die Aufsichtsbehörde konstituiert sich selbst.

2

Sie verfügt über ein ständiges Sekretariat und trifft die Arbeitgeberentscheide.

3

Die Bundesversammlung regelt Einzelheiten über die Organisation und die Aufgaben der Aufsichtsbehörde in einer Verordnung.


Art. 28

Ausstand Die Bestimmungen der StPO8 über den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person gelten für die Mitglieder der Aufsichtsbehörde sinngemäss.


Art. 29

Aufsicht und Weisungsbefugnisse der Aufsichtsbehörde 1

Die Aufsichtsbehörde erstattet der Bundesversammlung Bericht über ihre Tätigkeit.

2

Sie kann gegenüber der Bundesanwaltschaft generelle Weisungen über die Wahrnehmung ihrer Aufgaben erlassen. Ausgeschlossen sind Weisungen im Einzelfall betreffend Einleitung, Durchführung und Abschluss eines Verfahrens, die Vertretung der Anklage vor Gericht und die Ergreifung von Rechtsmitteln.

8 SR

312.0

Eidgenössische richterliche Behörden 8

173.71

3

Sie überprüft die Einhaltung der Weisungen und trifft nötigenfalls Massnahmen gegenüber der Bundesanwaltschaft.


Art. 30

Einholen von Auskünften und Inspektionen durch die Aufsichtsbehörde 1

Die Aufsichtsbehörde kann bei der Bundesanwaltschaft Auskünfte und zusätzliche Berichte über ihre Tätigkeit verlangen und Inspektionen durchführen.

2

Personen, die von der Aufsichtsbehörde mit der Einholung von Auskünften oder mit einer Inspektion betraut werden, haben Einsicht in die Verfahrensakten, soweit dies für die Erfüllung ihres Auftrags nötig ist.

3

Sie dürfen die dabei erlangten Kenntnisse nur in allgemeiner und anonymisierter Form als Grundlage für ihre Berichterstattung und ihre Empfehlungen verwenden.


Art. 31

Weitere Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsbehörde 1

Die Aufsichtsbehörde unterbreitet der Vereinigten Bundesversammlung den Antrag auf Amtsenthebung des Bundesanwaltes oder der Bundesanwältin sowie der Stellvertretenden Bundesanwälte oder Bundesanwältinnen.

2

Bei Amtspflichtverletzungen kann sie gegenüber den von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Mitgliedern der Bundesanwaltschaft eine Verwarnung oder einen Verweis aussprechen oder eine Lohnkürzung verfügen.

3

Dagegen kann Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden; das Verfahren richtet sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 19689.

4

Die Aufsichtsbehörde unterbreitet dem Bundesrat ihren Entwurf für den Voranschlag und ihre Rechnung sowie den Entwurf für den Voranschlag und die Rechnung der Bundesanwaltschaft. Der Bundesrat leitet diese unverändert der Bundesversammlung zu.

3. Titel: Gerichtsbehörden 1. Kapitel: Bundesstrafgericht 1. Abschnitt: Sitz, Zusammensetzung und Aufsicht

Art. 32

Sitz 1 Sitz des Bundesstrafgerichts ist Bellinzona.

2

Das Bundesstrafgericht kann seine Verhandlungen an einem anderen Ort durchführen, wenn die Umstände es rechtfertigen.

9 SR

172.021

Strafbehördenorganisationsgesetz 9

173.71

3

Der Bundesrat ist ermächtigt, mit dem Kanton Tessin einen Vertrag über dessen finanzielle Beteiligung an den Kosten der Errichtung des Bundesstrafgerichts abzuschliessen.


Art. 33

Zusammensetzung Das Bundesstrafgericht besteht aus: a. einer oder mehreren Strafkammern; b. einer oder mehreren Beschwerdekammern.


Art. 34

Aufsicht 1 Das Bundesgericht übt die administrative Aufsicht über die Geschäftsführung des Bundesstrafgerichts aus.

2

Die Oberaufsicht wird von der Bundesversammlung ausgeübt.

3

Das Bundesstrafgericht unterbreitet dem Bundesgericht jährlich seinen Entwurf für den Voranschlag und seine Rechnung sowie seinen Geschäftsbericht zuhanden der Bundesversammlung.

2. Abschnitt: Strafkammern

Art. 35

Zuständigkeiten 1 Die Strafkammern urteilen in Fällen der Bundesgerichtsbarkeit als erstinstanzliches Gericht, sofern die Bundesanwaltschaft die Beurteilung nicht den kantonalen Behörden übertragen hat.

2

Sie beurteilen zudem Strafsachen, die der Bundesrat nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197410 über das Verwaltungsstrafrecht dem Bundesstrafgericht überwiesen hat.


Art. 36

Besetzung 1 Die Strafkammern urteilen in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen.

2

Der Kammerpräsident oder die Kammerpräsidentin urteilt als Einzelgericht in den Fällen von Artikel 19 Absatz 2 StPO11. Er oder sie kann einen anderen Richter oder eine andere Richterin damit betrauen.

10 SR

313.0

11 SR

312.0

Eidgenössische richterliche Behörden 10

173.71

3. Abschnitt: Beschwerdekammern

Art. 37

Zuständigkeiten 1 Die Beschwerdekammern des Bundesstrafgerichts treffen die Entscheide, für welche die StPO12 die Beschwerdeinstanz oder das Bundesstrafgericht als zuständig bezeichnet.

2

Sie entscheiden zudem über: a. Beschwerden in internationalen Rechtshilfeangelegenheiten gemäss: 1. dem Rechtshilfegesetz vom 20. März 198113, 2. dem Bundesgesetz vom 21. Dezember 199514 über die Zusammenarbeit mit den internationalen Gerichten zur Verfolgung schwerwiegender Verletzungen des humanitären Völkerrechts, 3. dem Bundesgesetz vom 22. Juni 200115 über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof, 4. dem Bundesgesetz vom 3. Oktober 197516 zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen; b. Beschwerden, die ihnen das Bundesgesetz vom 22. März 197417 über das Verwaltungsstrafrecht zuweist; c. Beschwerden gegen Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts über das Arbeitsverhältnis seiner Richter und Richterinnen und seines Personals; d. Konflikte über die Zuständigkeit der militärischen und der zivilen Gerichtsbarkeit;

e. Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 21. März 199718 über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit zum Entscheid zuweist;

f.

Anstände, die ihnen das Bundesgesetz vom 7. Oktober 199419 über kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes zum Entscheid zuweist; g. Konflikte über die Zuständigkeit nach dem Bundesgesetz vom 8. Juni 192320 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten.

12 SR

312.0

13 SR

351.1

14 SR

351.20

15 SR

351.6

16 SR

351.93

17 SR

313.0

18 SR

120

19 SR

360

20 SR

935.51

Strafbehördenorganisationsgesetz 11

173.71


Art. 38

Besetzung Die Beschwerdekammern entscheiden in der Besetzung mit drei Richtern oder Richterinnen, soweit dieses Gesetz nicht die Verfahrensleitung als zuständig bezeichnet.

4. Abschnitt: Anwendbares Verfahrensrecht

Art. 39

Grundsatz 1 Das Verfahren vor den Kammern des Bundesstrafgerichts richtet sich nach der StPO21 und nach diesem Gesetz.

2

Ausgenommen sind Fälle nach: a. den Artikeln 35 Absatz 2 und 37 Absatz 2 Buchstabe b; auf sie ist das Bundesgesetz vom 22. März 197422 über das Verwaltungsstrafrecht anwendbar;

b. Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe a; auf sie sind das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196823 sowie die Bestimmungen der einschlägigen Rechtshilfeerlasse anwendbar;

c. Artikel 37 Absatz 2 Buchstabe c; auf sie sind das Bundespersonalgesetz vom 24. März 200024 und das Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 1968 anwendbar; d. Artikel 37 Absatz 2 Buchstaben e-g; auf sie ist das Verwaltungsverfahrensgesetz anwendbar.25


Art. 40

Revision, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden der Beschwerdekammern 1

Für Revision, Erläuterung und Berichtigung von Entscheiden der Beschwerdekammern nach Artikel 3726 Absatz 2 gelten die Artikel 121-129 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200527 sinngemäss.

2

Nicht als Revisionsgründe gelten Gründe, welche die Partei, die um Revision nachsucht, bereits mit einer Beschwerde gegen den Entscheid der Beschwerdekammer hätte geltend machen können.

21 SR

312.0

22 SR

313.0

23 SR

172.021

24 SR

172.220.1

25 Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG; SR 171.10).

26 Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG; SR 171.10).

27 SR

173.110

Eidgenössische richterliche Behörden 12

173.71

5. Abschnitt: Richter und Richterinnen

Art. 41

Zusammensetzung des Gerichts 1

Das Bundesstrafgericht umfasst 15-35 ordentliche Richter und Richterinnen.

2

Es wird ergänzt durch nebenamtliche Richter und Richterinnen; deren Zahl beträgt höchstens die Hälfte der Zahl der ordentlichen Richter und Richterinnen.

3

Die Bundesversammlung bestimmt die Anzahl der Richter und Richterinnen in einer Verordnung.


Art. 42

Wahl 1 Die Bundesversammlung wählt die Richter und Richterinnen.

2

Wählbar ist, wer in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt ist.


Art. 43

Unvereinbarkeit in der Person 1

Dem Bundesstrafgericht dürfen nicht gleichzeitig als Richter oder Richterinnen angehören:

a. Ehegatten, eingetragene Partnerinnen oder Partner sowie Personen, die in dauernder Lebensgemeinschaft leben; b. Ehegatten oder eingetragene Partnerinnen oder Partner von Geschwistern sowie Personen, die mit Geschwistern in dauernder Lebensgemeinschaft leben; c. Verwandte in gerader Linie sowie bis und mit dem dritten Grad in der Seitenlinie;

d. Verschwägerte in gerader Linie sowie bis und mit dem dritten Grad in der Seitenlinie.

2

Die Regelung von Absatz 1 Buchstabe d gilt bei dauernden Lebensgemeinschaften sinngemäss.


Art. 44

Unvereinbarkeit aufgrund eines Amts oder einer Tätigkeit 1

Die Richter und Richterinnen dürfen weder der Bundesversammlung, dem Bundesrat noch dem Bundesgericht angehören und in keinem anderen Arbeitsverhältnis mit dem Bund stehen.

2

Sie dürfen keine Tätigkeit ausüben, welche die Erfüllung der Amtspflichten, die Unabhängigkeit oder das Ansehen des Gerichts beeinträchtigt.

3

Sie dürfen keine amtliche Funktion für einen ausländischen Staat ausüben und keine Titel und Orden ausländischer Behörden annehmen.

4

Sie dürfen Dritte nicht berufsmässig vor Gericht vertreten.

5

Richter und Richterinnen mit einem vollen Pensum dürfen kein Amt eines Kantons bekleiden und keine andere Erwerbstätigkeit ausüben. Sie dürfen auch nicht als

Strafbehördenorganisationsgesetz 13

173.71

Mitglied der Geschäftsleitung, der Verwaltung, der Aufsichtsstelle oder der Revisionsstelle eines wirtschaftlichen Unternehmens tätig sein.


Art. 45

Andere Beschäftigungen

1

Für die Ausübung einer Beschäftigung ausserhalb des Gerichts bedürfen die ordentlichen Richter und Richterinnen einer Bewilligung der Verwaltungskommission.

2

Das Bundesstrafgericht bestimmt die Voraussetzungen für diese Bewilligung in einem Reglement.


Art. 46

Beschäftigungsgrad, Arbeitsverhältnis und Besoldung 1

Die ordentlichen Richter und Richterinnen üben ihr Amt mit Voll- oder Teilpensum aus.

2

Das Gesamtgericht kann in begründeten Fällen eine Veränderung des Beschäftigungsgrades während der Amtsdauer bewilligen; dabei darf die Summe der Stellenprozente des Gerichts insgesamt nicht verändert werden.

3

Die Bundesversammlung regelt das Arbeitsverhältnis und die Besoldung der Richter und Richterinnen in einer Verordnung.


Art. 47

Eid und

Gelübde

1

Die Richter und Richterinnen legen vor ihrem Amtsantritt den Eid oder das Gelübde auf eine gewissenhafte Pflichterfüllung ab.

2

Sie leisten den Eid oder das Gelübde vor dem Gesamtgericht.


Art. 48

Amtsdauer 1 Die Amtsdauer der Richter und Richterinnen beträgt sechs Jahre.

2

Richter und Richterinnen scheiden am Ende des Jahres aus ihrem Amt aus, in dem sie das 68. Altersjahr vollenden.28 3 Frei gewordene Stellen werden für den Rest der Amtsdauer wieder besetzt.


Art. 49

Amtsenthebung Die Bundesversammlung kann einen Richter oder eine Richterin vor Ablauf der Amtsdauer des Amtes entheben, wenn er oder sie: a. vorsätzlich oder grob fahrlässig Amtspflichten schwer verletzt hat; oder b. die Fähigkeit, das Amt auszuüben, auf Dauer verloren hat.

28 Fassung gemäss Ziff. I 3 des BG vom 16. März 2012 (Änderung des Höchstalters für Richter und Richterinnen), in Kraft seit 1. Dez. 2012 (AS 2012 5647; BBl 2011 8995 9013).

Eidgenössische richterliche Behörden 14

173.71


Art. 50


29

6. Abschnitt: Organisation und Verwaltung

Art. 51

Reglement Das Bundesstrafgericht regelt seine Organisation und Verwaltung in einem Reglement.


Art. 52

Präsidium 1 Die Bundesversammlung wählt auf Vorschlag des Gesamtgerichts aus den ordentlichen Richtern und Richterinnen:

a. den Präsidenten oder die Präsidentin des Bundesstrafgerichts; b. den Vizepräsidenten oder die Vizepräsidentin des Bundesstrafgerichts.

2

Die Wahl erfolgt für zwei Jahre; einmalige Wiederwahl ist zulässig.

3

Der Präsident oder die Präsidentin führt den Vorsitz im Gesamtgericht und in der Verwaltungskommission. Er oder sie vertritt das Gericht nach aussen.

4

Er oder sie wird durch den Vizepräsidenten oder die Vizepräsidentin oder, falls dieser oder diese verhindert ist, durch den Richter oder die Richterin mit dem höchsten Dienstalter vertreten; bei gleichem Dienstalter ist das höhere Lebensalter massgebend.


Art. 53

Gesamtgericht 1 Das Gesamtgericht besteht aus den ordentlichen Richtern und Richterinnen.

2

Es ist zuständig für: a.30 den Erlass von Reglementen über die Organisation und die Verwaltung des Gerichts, die Geschäftsverteilung, die Information, die Verfahrenskosten sowie die Entschädigungen nach Artikel 73; b. den Vorschlag an die Bundesversammlung für die Wahl des Präsidenten oder der Präsidentin und des Vizepräsidenten oder der Vizepräsidentin; c. Entscheide über Veränderungen des Beschäftigungsgrades der Richter und Richterinnen während der Amtsdauer; d. die Verabschiedung des Geschäftsberichts zuhanden der Bundesversammlung;

e. die Bestellung der Kammern und die Wahl ihrer Präsidenten und Präsidentinnen auf Antrag der Verwaltungskommission;

29 Aufgehoben durch Anhang Ziff. 6 des BG vom 17. Juni 2011 (Gesuche um Aufhebung der Immunität), mit Wirkung seit 5. Dez. 2011 (AS 2011 4627; BBl 2010 7345 7385).

30 Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 58 Abs. 1 ParlG; SR 171.10).

Strafbehördenorganisationsgesetz 15

173.71

f.

die Zuteilung der nebenamtlichen Richter und Richterinnen an die Kammern auf Antrag der Verwaltungskommission; g. die Anstellung des Generalsekretärs oder der Generalsekretärin und des Stellvertreters oder der Stellvertreterin auf Antrag der Verwaltungskommission; h. die Vernehmlassung zu Erlassentwürfen; i.

Beschlüsse betreffend den Beitritt zu internationalen Vereinigungen; j.

andere Aufgaben, die ihm durch Gesetz zugewiesen werden.

3

Die Beschlüsse des Gesamtgerichts sind gültig, wenn an der Sitzung oder am Zirkulationsverfahren mindestens zwei Drittel der Richter und Richterinnen teilnehmen.

4

Die für ein Teilpensum gewählten Richter und Richterinnen haben volles Stimmrecht.


Art. 54

Verwaltungskommission 1 Die Verwaltungskommission setzt sich zusammen aus: a. dem Präsidenten oder der Präsidentin des Bundesstrafgerichts; b. dem Vizepräsidenten oder der Vizepräsidentin des Bundesstrafgerichts; c. höchstens drei weiteren Richtern und Richterinnen.

2

Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin nimmt mit beratender Stimme an den Sitzungen der Verwaltungskommission teil.

3

Die Richter und Richterinnen nach Absatz 1 Buchstabe c werden vom Gesamtgericht für zwei Jahre gewählt; einmalige Wiederwahl ist zulässig.

4

Die Verwaltungskommission trägt die Verantwortung für die Gerichtsverwaltung.

Sie ist zuständig für: a. die Verabschiedung des Entwurfs des Voranschlags und der Rechnung zuhanden der Bundesversammlung;

b. den Erlass von Verfügungen über das Arbeitsverhältnis der Richter und Richterinnen, soweit das Gesetz nicht eine andere Behörde als zuständig bezeichnet; c. die Anstellung der Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen und deren Zuteilung an die Kammern auf Antrag der Kammern; d. die Bereitstellung genügender wissenschaftlicher und administrativer Dienstleistungen;

e.31 eine angemessene Weiterbildung des Personals; f.

die Bewilligung für Beschäftigungen der ordentlichen Richter und Richterinnen ausserhalb des Gerichts; 31 Fassung gemäss Anhang Ziff. 7 des BG vom 20. Juni 2014 über die Weiterbildung, in Kraft seit 1. Jan. 2017 (AS 2016 689; BBl 2013 3729).

Eidgenössische richterliche Behörden 16

173.71

g. sämtliche weiteren Verwaltungsgeschäfte, die nicht in die Zuständigkeit des Gesamtgerichts fallen.


Art. 55

Bestellung der Kammern 1

Das Gesamtgericht bestellt jeweils für zwei Jahre seine Kammern. Es macht ihre Zusammensetzung öffentlich bekannt.

2

Bei der Bestellung sind die Amtssprachen angemessen zu berücksichtigen.

3

Die Richter und Richterinnen sind zur Mitwirkung in anderen Kammern verpflichtet.


Art. 56

Kammervorsitz 1 Das Gesamtgericht wählt die Präsidenten und Präsidentinnen der Kammern jeweils für zwei Jahre; zweimalige Wiederwahl ist möglich.

2

Ist der Präsident oder die Präsidentin einer Kammer verhindert, so wird er oder sie durch den Richter oder die Richterin der Kammer mit dem höchsten Dienstalter vertreten; bei gleichem Dienstalter ist das höhere Lebensalter massgebend.


Art. 57

Abstimmung 1 Das Gesamtgericht, die Verwaltungskommission und die Kammern treffen die Entscheide, Beschlüsse und Wahlen mit der absoluten Mehrheit der Stimmen.

2

Bei Stimmengleichheit ist die Stimme des Präsidenten oder der Präsidentin ausschlaggebend; bei Wahlen und Anstellungen entscheidet das Los.

3

Bei Entscheiden, die das Bundesstrafgericht im Rahmen seiner Rechtsprechungskompetenzen trifft, ist Stimmenthaltung nicht zulässig.


Art. 58

Geschäftsverteilung Das Gesamtgericht bestimmt die Verteilung der Geschäfte auf die Kammern sowie die Bildung der Spruchkörper durch Reglement.


Art. 59

Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen 1

Die Gerichtsschreiber und Gerichtsschreiberinnen wirken bei der Instruktion der Fälle und bei der Entscheidfindung mit. Sie haben beratende Stimme.

2

Sie erarbeiten unter der Verantwortung eines Richters oder einer Richterin Referate und redigieren die Entscheide des Bundesstrafgerichts.

3

Sie erfüllen weitere Aufgaben, die ihnen das Reglement überträgt.

Strafbehördenorganisationsgesetz 17

173.71


Art. 60

Verwaltung 1 Das Bundesstrafgericht verwaltet sich selbst.

2

Es richtet seine Dienste ein und stellt das nötige Personal an.

3

Es führt eine eigene Rechnung.


Art. 61

Generalsekretär oder Generalsekretärin Der Generalsekretär oder die Generalsekretärin steht der Gerichtsverwaltung einschliesslich der wissenschaftlichen Dienste vor. Er oder sie führt das Sekretariat des Gesamtgerichts und der Verwaltungskommission.


Art. 62

Infrastruktur 1 Für die Bereitstellung, die Bewirtschaftung und den Unterhalt der vom Bundesstrafgericht benutzten Gebäude ist das EFD zuständig. Dieses hat die Bedürfnisse des Bundesstrafgerichts angemessen zu berücksichtigen.

2

Das Bundesstrafgericht deckt seinen Bedarf an Gütern und Dienstleistungen im Bereich der Logistik selbstständig.

3

Für die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen dem Bundesstrafgericht und dem EFD schliesst das Bundesstrafgericht mit dem Bundesrat eine Vereinbarung ab.

a32 Datenschutz bei der Benutzung der elektronischen Infrastruktur 1

Für die Benutzung der elektronischen Infrastruktur des Bundesstrafgerichts finden im Rahmen seiner Verwaltungstätigkeit die Artikel 57i-57q des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199733 sinngemäss Anwendung.

2

Das Bundesstrafgericht erlässt die Ausführungsbestimmungen.


Art. 63

Information 1 Das Bundesstrafgericht informiert die Öffentlichkeit über seine Rechtsprechung.

2

Die Veröffentlichung der Entscheide hat grundsätzlich in anonymisierter Form zu erfolgen.

3

Das Bundesstrafgericht regelt die Grundsätze der Information in einem Reglement.

4

Für die Gerichtsberichterstattung kann das Bundesstrafgericht eine Akkreditierung vorsehen.

32

Eingefügt durch Ziff. II 3 des BG vom 1. Okt. 2010 (Datenschutz bei der Benutzung der elektronischen Infrastruktur), in Kraft seit 1. April 2012 (AS 2012 941; BBl 2009 8513).

33 SR

172.010

Eidgenössische richterliche Behörden 18

173.71


Art. 64

Öffentlichkeitsprinzip 1 Das Öffentlichkeitsgesetz vom 17. Dezember 200434 gilt sinngemäss für das Bundesstrafgericht, soweit dieses administrative Aufgaben erfüllt.

2

Das Bundesstrafgericht kann vorsehen, dass kein Schlichtungsverfahren nach den Artikeln 13-15 des Öffentlichkeitsgesetzes vom 17. Dezember 2004 durchgeführt wird. In diesem Fall erlässt es die Stellungnahme zu einem Gesuch um Zugang zu amtlichen Dokumenten in Form einer beschwerdefähigen Verfügung.

2. Kapitel: Kantonale Zwangsmassnahmengerichte

Art. 65

1 Die kantonalen Zwangsmassnahmengerichte am Sitz der Bundesanwaltschaft oder ihrer Zweigstellen entscheiden in Fällen der Bundesgerichtsbarkeit über alle Zwangsmassnahmen gemäss Artikel 18 Absatz 1 StPO35.

2

Zuständig ist das kantonale Zwangsmassnahmengericht am Ort, wo das Verfahren geführt wird.

3

Beschwerden gegen Entscheide nach Absatz 1 beurteilt das Bundesstrafgericht.

4

Entscheidet ein kantonales Zwangsmassnahmengericht in einem Fall von Bundesgerichtsbarkeit, so entschädigt der Bund den Kanton dafür. Die Entschädigung erfolgt im Einzelfall; sie bemisst sich nach den Verfahrenskosten, welche das Zwangsmassnahmengericht in einem gleichen Fall kantonaler Gerichtsbarkeit festlegen würde, erhöht um einen Viertel.

4. Titel: Ergänzende Verfahrensbestimmungen

Art. 66

Politische Straftaten

1

Die Verfolgung politischer Straftaten bedarf einer Ermächtigung durch den Bundesrat. Zur Wahrung der Interessen des Landes kann er sie verweigern.

2

Bis zum Entscheid des Bundesrates trifft die Bundesanwaltschaft sichernde Massnahmen.


Art. 67

Straftaten von Mitgliedern der Bundesanwaltschaft 1

Richtet sich die Strafverfolgung wegen Straftaten im Zusammenhang mit der amtlichen Tätigkeit gegen einen Leitenden Staatsanwalt, eine Leitende Staatsanwältin, einen Staatsanwalt oder eine Staatsanwältin, so bezeichnet die Aufsichtsbehörde ein Mitglied der Bundesanwaltschaft oder ernennt einen ausserordentlichen 34 SR

152.3

35 SR

312.0

Strafbehördenorganisationsgesetz 19

173.71

Staatsanwalt oder eine ausserordentliche Staatsanwältin für die Leitung des Verfahrens.

2

Bis zur Bezeichnung oder Ernennung trifft die Bundesanwaltschaft sichernde Massnahmen.


Art. 68

Mitteilungsrechte und -pflichten 1

Die Strafbehörden des Bundes dürfen andere Behörden des Bundes oder der Kantone über ihre Strafverfahren informieren, soweit diese zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe auf die Information zwingend angewiesen sind.

2

Vorbehalten bleiben Mitteilungsrechte und -pflichten aus anderen Bundesgesetzen.


Art. 69

Zustellung durch Veröffentlichung Die Zustellung durch Veröffentlichung erfolgt im Bundesblatt.


Art. 70

Zeugeneinvernahmen durch die Polizei Die Bundesanwaltschaft kann im Einzelfall Angehörige der Bundeskriminalpolizei mit der Durchführung von Zeugeneinvernahmen betrauen.


Art. 71

Belohnungen Belohnungen können aussetzen: a. im Vorverfahren: der Bundesanwalt oder die Bundesanwältin; b. im Hauptverfahren: die Verfahrensleitung.


Art. 72

Vorgehen bei vorläufiger Festnahme wegen Übertretungen Die vorläufige Festnahme von Personen, welche die Polizei bei der Begehung einer Übertretung auf frischer Tat ertappt oder unmittelbar nach Begehung einer solchen Tat angetroffen hat, bedarf nach drei Stunden der Genehmigung durch einen Pikettoffizier oder eine Pikettoffizierin der Bundeskriminalpolizei oder durch vom kantonalen Recht dazu befugte Polizeiangehörige.


Art. 73

Kosten und Entschädigung 1

Das Bundesstrafgericht regelt durch Reglement: a. die Berechnung der Verfahrenskosten; b. die Gebühren;

c. die Entschädigungen an Parteien, die amtliche Verteidigung, den unentgeltlichen Rechtsbeistand, Sachverständige sowie Zeuginnen und Zeugen.

2

Die Gebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Sache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien sowie nach dem Kanzleiaufwand.

Eidgenössische richterliche Behörden 20

173.71

3

Es gilt ein Gebührenrahmen von 200-100 000 Franken für jedes der folgenden Verfahren:

a. Vorverfahren; b erstinstanzliches Verfahren;

c. Rechtsmittelverfahren.


Art. 74

Vollzug durch die Kantone 1

Die Kantone vollziehen die folgenden Strafen und Massnahmen, die von den Strafbehörden des Bundes angeordnet wurden:

a. gemeinnützige

Arbeit;

b. Freiheitsstrafen; c. therapeutische Massnahmen;

d. Verwahrung; e. Geldstrafen; f. Bussen; g. Friedensbürgschaften; gbis.36 Landesverweisungen; h. Berufsverbote; i. Fahrverbote.

2

Die Strafbehörde des Bundes bestimmt in Anwendung der Artikel 31-36 StPO37 im Entscheid, welcher Kanton für den Vollzug zuständig ist.

3

Der zuständige Kanton erlässt die Verfügungen über den Vollzug.

4

Er ist berechtigt, den Erlös aus dem Vollzug von Bussen und Geldstrafen zu behalten.

5

Der Bund entschädigt ihn für die Kosten des Vollzugs freiheitsentziehender Sanktionen. Die Entschädigung bemisst sich nach den Ansätzen, die für den vollziehenden Kanton beim Vollzug eines eigenen Urteils gelten würden.


Art. 75

Vollzug durch die Bundesanwaltschaft 1

Die Bundesanwaltschaft vollzieht die Entscheide der Strafbehörden des Bundes, wenn nicht die Kantone zuständig sind.

2

Sie bezeichnet dafür eine Stelle, die nicht mit der Untersuchung und Anklageerhebung betraut ist.

3

Sie kann für die Einziehung und Verwertung Dritte beiziehen.

36 Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 20. März 2015 (Umsetzung von Art. 121 Abs. 3-6 BV über die Ausschaffung krimineller Ausländerinnen und Ausländer), in Kraft seit 1. Okt. 2016 (AS 2016 2329; BBl 2013 5975).

37 SR

312.0

Strafbehördenorganisationsgesetz 21

173.71


Art. 76

Nachträgliche Entscheide Nachträgliche Entscheide, die nicht dem Gericht zustehen, werden getroffen: a. von der nach kantonalem Recht zuständigen Stelle, wenn ein Entscheid der Strafbehörden des Bundes durch einen Kanton vollzogen wird; b. von der Bundesanwaltschaft in den andern Fällen.

5. Titel: Schlussbestimmungen

Art. 77

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts Die Aufhebung und die Änderung bisherigen Rechts werden im Anhang geregelt.


Art. 78

Übergangsbestimmungen 1 Die Amtsdauer der Mitglieder der Bundesanwaltschaft, die vom Bundesrat nach bisherigem Recht gewählt worden sind, richtet sich nach bisherigem Recht.

2

Für die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesstrafgericht und dem EFD gilt bis zum Abschluss der Vereinbarung nach Artikel 62 Absatz 3 sinngemäss die gestützt auf Artikel 25a Absatz 3 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200538 abgeschlossene Vereinbarung vom 6. Juli 200739 zwischen dem Bundesgericht und dem Bundesrat über die Zusammenarbeit im Bereich der Infrastruktur.


Art. 79

Referendum und Inkrafttreten 1

Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2

Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Inkrafttreten: 1. Januar 201140 38 SR

173.110

39 BBl

2007 5259

40 BRB vom 31. März 2010

Eidgenössische richterliche Behörden 22

173.71

Anhang

(Art. 77)

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts I

Die nachstehenden Bundesgesetze werden aufgehoben: 1. Bundesstrafgerichtsgesetz vom 4. Oktober 200241; 2. Bundesgesetz vom 21. Juni 200242 über den Sitz des Bundesstrafgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts.

II

Die nachstehenden Bundesgesetze werden wie folgt geändert: …43 41 [AS

2003 2133 2131 3543, 2006 1205 2197 4213, 2010 1881] 42 [AS

2003 2163, 2005 4603] 43 Die

Änderungen

können unter AS 2010 3267 konsultiert werden.