01.01.2024 - * / In Kraft
01.09.2023 - 31.12.2023
01.07.2021 - 31.08.2023
01.06.2021 - 30.06.2021
01.03.2019 - 31.05.2021
01.01.2013 - 28.02.2019
01.01.2012 - 31.12.2012
01.04.2011 - 31.12.2011
01.01.2011 - 31.03.2011
01.01.2010 - 31.12.2010
01.02.2009 - 31.12.2009
05.12.2008 - 31.01.2009
01.01.2007 - 04.12.2008
01.10.2004 - 31.12.2006
01.08.2004 - 30.09.2004
01.04.2004 - 31.07.2004
01.11.2002 - 31.03.2004
01.07.2002 - 31.10.2002
01.01.2002 - 30.06.2002
  DEFRIT • (html)
  DEFRIT • (pdf)

Fedlex DEFRITRMEN
Versionen Vergleichen

1

Bundesgesetz
über internationale Rechtshilfe in Strafsachen
(Rechtshilfegesetz, IRSG)
vom 20. März 1981 (Stand am 18. Dezember 2001) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 103 und 114bis der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 8. März 19763, beschliesst:

Erster Teil: Allgemeine Bestimmungen 1. Kapitel: Geltungsbereich 1. Abschnitt: Gegenstand und Begrenzung der Zusammenarbeit

Art. 1

Gegenstand

1 Dieses Gesetz regelt, soweit internationale Vereinbarungen nichts anderes bestimmen, alle Verfahren der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere a.

die Auslieferung strafrechtlich verfolgter oder verurteilter Personen (zweiter
Teil);

b.

die Rechtshilfe zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland (dritter
Teil);

c.

die stellvertretende Verfolgung und Ahndung strafbarer Handlungen (vierter
Teil);

d.

die Vollstreckung ausländischer Strafentscheide (fünfter Teil).

2 ...4

3 Dieses Gesetz ist nur auf Strafsachen anwendbar, in denen nach dem Recht des ersuchenden Staates der Richter angerufen werden kann.

4 Aus diesem Gesetz kann kein Anspruch auf zwischenstaatliche Zusammenarbeit in
Strafsachen abgeleitet werden.

AS 1982 846

1

[BS 1 3]. Den genannten Bestimmungen entsprechen heute die Art. 54 Abs. 1, 164 Abs. 1
Bst. g und 190 der BV vom 18. April 1999 (SR 101).

2

Fassung gemäss Anhang Ziff. 4 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung
des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. Jan. 2002 (SR 780.1).

3

BBl 1976 II 444 4

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

351.1

Rechtshilfe

2

351.1

a5 Begrenzung der Zusammenarbeit Bei der Anwendung dieses Gesetzes ist den Hoheitsrechten, der Sicherheit, der öffentlichen Ordnung oder anderen wesentlichen Interessen der Schweiz Rechnung zu
tragen.

2. Abschnitt: Ausschluss von Ersuchen

Art. 2

Ausländisches Verfahren6 Einem Ersuchen um Zusammenarbeit in Strafsachen wird nicht entsprochen, wenn
Gründe für die Annahme bestehen, dass das Verfahren im Ausland a.7 den in der Europäischen Konvention vom 4. November 19508 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder im Internationalen Pakt vom
16. Dezember 19669 über bürgerliche und politische Rechte festgelegten
Verfahrensgrundsätzen nicht entspricht; b.10 durchgeführt wird, um eine Person wegen ihrer politischen Anschauungen, wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus
Gründen der Rasse, Religion oder Volkszugehörigkeit zu verfolgen oder zu
bestrafen;

c.

dazu führen könnte, die Lage des Verfolgten aus einem unter Buchstabe b
angeführten Grunde zu erschweren oder d.

andere schwere Mängel aufweist.


Art. 3

Art der Tat

1 Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat
ist, die nach schweizerischer Auffassung vorwiegend politischen Charakter hat, eine
Verletzung der Pflichten zu militärischen oder ähnlichen Dienstleistungen darstellt
oder gegen die Landesverteidigung oder die Wehrkraft des ersuchenden Staats gerichtet erscheint.

2 Die Einrede des politischen Charakters wird keinesfalls berücksichtigt, wenn die
Tat:

a.

auf die Ausrottung oder Unterdrückung einer Bevölkerungsgruppe aus Gründen ihrer Staatsangehörigkeit, Rasse, Religion oder ihrer ethnischen, sozialen
oder politischen Zugehörigkeit gerichtet war; 5

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

6

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

7

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

8

SR 0.101

9

SR 0.103.2

10

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

3

351.1

b.

besonders verwerflich erscheint, weil der Täter zur Erpressung oder Nötigung Freiheit, Leib oder Leben von Menschen in Gefahr brachte oder zu
bringen drohte, namentlich durch Entführung von Flugzeugen, Geiselnahme
oder Benützung von Massenvernichtungsmitteln; oder c.

eine schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts im Sinne der Genfer
Abkommen vom 12. August 194911 und der Zusatzprotokolle12 darstellt.13 3 Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn Gegenstand des Verfahrens eine Tat
ist, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet erscheint oder Vorschriften über währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Massnahmen verletzt. Jedoch kann einem Ersuchen um Rechtshilfe nach dem dritten Teil des Gesetzes entsprochen werden, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Abgabebetrug ist.


Art. 4

Bagatellfälle14

Ein Ersuchen wird abgelehnt, wenn die Bedeutung der Tat die Durchführung des
Verfahrens nicht rechtfertigt.


Art. 5

Erlöschen des Strafanspruchs 1 Einem Ersuchen wird nicht entsprochen, wenn:15 a.16 in der Schweiz oder im Tatortstaat der Richter: 1.

aus materiellrechtlichen Gründen den Verfolgten freigesprochen oder
das Verfahren eingestellt hat, oder 2.

auf eine Sanktion verzichtet oder einstweilen von ihr abgesehen hat; b.17 die Sanktion vollzogen wurde oder nach dem Recht des Urteilsstaates nicht vollziehbar ist; oder c.

seine Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert und die Strafverfolgung
oder die Vollstreckung nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre.

2 Absatz 1 Buchstaben a und b gelten nicht, wenn der ersuchende Staat Gründe für
eine Revision des rechtskräftigen Urteils im Sinne von Artikel 229 der Bundesstrafrechtspflege18 anführt.19 11

SR 0.518.12/.23/.42/.51 12

SR 0.518.521/.522 13

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

14

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

15

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

16

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

17

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

18

SR 312.0

19

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

4

351.1


Art. 6

Zusammentreffen von Ausschluss und Zulässigkeit der
Zusammenarbeit

1 Fällt die dem Verfolgten zur Last gelegte Tat unter mehrere schweizerische Strafbestimmungen, so darf dem Ersuchen nur für die Tatbestände entsprochen werden,
für die keine Ausschlussgründe bestehen und wenn gewährleistet ist, dass der ersuchende Staat die gestellten Bedingungen beachtet.

2 Eine Zusammenarbeit ist unzulässig in Verfahren wegen einer Tat, die unter mehrere Strafbestimmungen des schweizerischen oder des fremden Rechts fällt, wenn
mit Bezug auf einen dieser Tatbestände, der die Tat nach allen Seiten umfasst, einem
Ersuchen nicht entsprochen werden darf.

3. Abschnitt: Besondere Bestimmungen

Art. 7

Schweizer Bürger

1 Kein Schweizer Bürger darf ohne seine schriftliche Zustimmung einem fremden
Staat ausgeliefert oder zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung übergeben werden. Die Zustimmung kann bis zur Anordnung der Übergabe widerrufen werden.

2 Absatz 1 gilt nicht für die Durchlieferung und Rücklieferung eines Schweizer Bürgers, den ein anderer Staat vorübergehend den schweizerischen Behörden übergibt.


Art. 8

Gegenrecht

1 Einem Ersuchen wird in der Regel nur entsprochen, wenn der ersuchende Staat
Gegenrecht gewährt. Das Bundesamt für Justiz20 des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartements (Bundesamt) holt eine Zusicherung des Gegenrechts ein, wenn
dies geboten erscheint.

2 Das Gegenrecht ist insbesondere nicht erforderlich bei Zustellungen oder wenn die
Ausführung eines Ersuchens a.

im Hinblick auf die Art der Tat oder die Notwendigkeit der Bekämpfung bestimmter Taten geboten erscheint; b.21 die Lage des Verfolgten oder die Aussichten für seine soziale Wiedereingliederung verbessern könnte; oder

c.

der Abklärung einer gegen einen Schweizer Bürger gerichteten Tat dient.

3 Der Bundesrat kann im Rahmen dieses Gesetzes anderen Staaten das Gegenrecht
zusichern.

20 Die

Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde gemäss Art. 4a der Publikationsverordnung vom 15. Juni 1998 (SR 170.512.1) angepasst.

21

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

5

351.1


Art. 9

Schutz des Geheimbereichs Bei der Ausführung von Ersuchen richtet sich der Schutz des Geheimbereichs nach
den Bestimmungen über das Zeugnisverweigerungsrecht. Für die Durchsuchung und
die Versiegelung von Papieren gelten die Grundsätze des Artikels 69 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege22.


Art. 10


23



Art. 11

Gesetzliche Ausdrücke 1 Verfolgter im Sinne dieses Gesetzes ist jede verdächtigte, in Strafuntersuchung gezogene oder von einer Sanktion betroffene Person.24 2 Sanktion ist jede Strafe oder Massnahme.

2. Kapitel: Anwendbares Recht

Art. 12

Im allgemeinen

1 Wenn dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, wenden die Bundesverwaltungsbehörden das Verwaltungsverfahrensgesetz25, die kantonalen Behörden die für sie geltenden Vorschriften sinngemäss an. Für Prozesshandlungen gilt das in Strafsachen
massgebende Verfahrensrecht.

2 Die kantonalen und eidgenössischen Bestimmungen über den Stillstand von Fristen
gelten nicht.26


Art. 13

Verjährungsunterbrechung. Strafantrag 1 In Verfahren nach diesem Gesetz werden in der Schweiz als wirksam angesehen: a.

die nach dem Recht des ersuchenden Staates eingetretene Unterbrechung der
Verjährung;

b.

der bei einer ausländischen Behörde fristgerecht gestellte Strafantrag, wenn
er auch nach schweizerischem Recht erforderlich ist.

22

SR 312.0

23

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

24

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

25

SR 172.021

26

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

6

351.1

2

Ist ein Strafantrag nur nach schweizerischem Recht erforderlich, so darf eine Sanktion in der Schweiz nicht verhängt oder vollzogen werden, wenn der Verletzte Einspruch erhebt.


Art. 14

Anrechnung der Haft

Für die Anrechnung der im Ausland erstandenen Untersuchungshaft oder der Haft,
die durch ein Verfahren nach diesem Gesetz im Ausland veranlasst wurde, gilt Artikel 69 des Schweizerischen Strafgesetzbuches27.


Art. 15

Entschädigung

1 Die eidgenössischen oder kantonalen Bestimmungen über die Entschädigung für
ungerechtfertigte Haft und andere Nachteile gelten sinngemäss in einem Verfahren,
welches gegen den Verfolgten nach diesem Gesetz in der Schweiz oder auf Veranlassung einer schweizerischen Behörde im Ausland geführt worden ist.

2 Der Bund leistet die Entschädigung, wenn eine Bundesbehörde ein Ersuchen stellt
oder ausführt. Er kann auf den Kanton, der das Ersuchen veranlasst hat, Rückgriff
nehmen.

3 Die Entschädigung kann herabgesetzt oder verweigert werden, wenn der Verfolgte
die Untersuchung oder die Haft schuldhaft verursacht oder das Verfahren mutwillig
erschwert oder verlängert hat.28 4 Die Entschädigung für die in der Schweiz erlittene Auslieferungshaft kann auch
herabgesetzt oder verweigert werden, wenn der ersuchende Staat: a.

das Fahndungs- und Festnahmeersuchen zum Zwecke der Auslieferung zurückzieht; oder b.

das Auslieferungsersuchen mit den dazugehörigen Unterlagen nicht fristgerecht stellt.29 5 Beim Entscheid über die Herabsetzung oder Verweigerung der Entschädigung nach
Absatz 4 sind die Möglichkeiten des Geschädigten, im ausländischen Staat Schadenersatz zu erhalten, mit in Betracht zu ziehen.30 27

SR 311.0

28

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

29

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

30

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

7

351.1

3. Kapitel: Innerstaatliches Verfahren 1. Abschnitt: Behörden und Befugnisse

Art. 16

Kantonale Behörden

1 Die Kantone wirken bei der Durchführung des Auslieferungsverfahrens mit. Wenn
das Bundesrecht nichts anderes bestimmt, obliegt ihnen die Ausführung von Ersuchen um andere Rechtshilfe, die stellvertretende Strafverfolgung und die Vollstreckung von Strafentscheiden. Sie unterstehen der Aufsicht des Bundes, soweit dieses
Gesetz anzuwenden ist.

2 Die Kantone bestimmen Zuständigkeit, Organisation und Amtsführung der ausführenden Behörden.


Art. 17

Bundesbehörden

1 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Departement) entscheidet im
Fall von Artikel 1a.31 2 Das Bundesamt nimmt die Ersuchen des Auslands entgegen und stellt die schweizerischen Ersuchen. Es behandelt Ersuchen um Auslieferung und veranlasst die Prüfung von Ersuchen um andere Rechtshilfe, stellvertretende Strafverfolgung oder
Vollstreckung von Strafentscheiden durch die zuständigen kantonalen oder Bundesbehörden, sofern ihre Ausführung nicht offensichtlich unzulässig ist.

3 Es entscheidet über: a.

das Einholen der Zusicherung des Gegenrechts (Art. 8 Abs. 1); b.

die Wahl des geeigneten Verfahrens (Art. 19); c.

die Zulässigkeit schweizerischer Ersuchen (Art. 30 Abs. 1).

4 Es kann die Durchführung eines Verfahrens ganz oder teilweise der Bundesbehörde übertragen, die bei Begehung der Tat in der Schweiz für die Ahndung zuständig wäre.

5 Es kann auch über die Zulässigkeit der Rechtshilfe und die Ausführung gemäss
Artikel 79a entscheiden.32
a33 Gebot der raschen Erledigung 1 Die zuständige Behörde erledigt die Ersuchen beförderlich. Sie entscheidet ohne
Verzug.

2 Sie informiert das Bundesamt auf dessen Ersuchen über den Stand des Verfahrens,
die Gründe für eine allfällige Verzögerung und die erwogenen Massnahmen. Bei un31

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

32

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

33

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

8

351.1

gerechtfertigter Verzögerung kann das Bundesamt bei der zuständigen Aufsichtsbehörde intervenieren.

3 Verweigert oder verzögert die zuständige Behörde ohne Grund den Erlass einer
Verfügung, so kommt ihr Verhalten einem ablehnenden, anfechtbaren Entscheid
gleich.


Art. 18


34

Vorläufige Massnahmen 1 Auf ausdrückliches Ersuchen eines anderen Staates kann die zuständige Behörde
vorläufige Massnahmen zur Erhaltung des bestehenden Zustandes, zur Wahrung bedrohter rechtlicher Interessen oder zur Sicherung gefährdeter Beweismittel anordnen,
wenn ein in diesem Gesetz vorgesehenes Verfahren nicht offensichtlich unzulässig
oder unzweckmässig erscheint.

2 Ist Gefahr im Verzug und liegen ausreichende Angaben zur Beurteilung der Voraussetzungen vor, so können diese Massnahmen auch vom Bundesamt angeordnet
werden, sobald ein Ersuchen angekündigt ist. Diese Massnahmen werden aufgehoben, wenn der ausländische Staat nicht innert der gesetzten Frist das Ersuchen einreicht.

3 Beschwerden gegen Entscheide nach diesem Artikel haben keine aufschiebende
Wirkung.

a35 Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs 1 Das Bundesamt kann auf ausdrückliches Ersuchen eines anderen Staates zur Ermittlung des Aufenthaltes des Verfolgten eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen.

2 Zur Leistung anderer Rechtshilfe kann die mit dem Ersuchen befasste Behörde des
Bundes oder des Kantons die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs anordnen.

3 Die Voraussetzungen der Überwachung und das Verfahren richten sich nach dem
Bundesgesetz vom 6. Oktober 200036 betreffend die Überwachung des Post- und
Fernmeldeverkehrs.


Art. 19

Wahl des Verfahrens

Befindet sich der Verfolgte im Ausland und stehen nach dem Recht des Staates, an
den das Ersuchen zu richten ist, verschiedene Verfahren zur Wahl, so soll dem der
Vorzug gegeben werden das die bessere soziale Wiedereingliederung erwarten lässt.

34

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

35 Eingefügt durch Anhang Ziff. 4 des BG vom 6. Okt. 2000 betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs, in Kraft seit 1. Jan. 2002 (SR 780.1).

36

SR 780.1

Rechtshilfegesetz

9

351.1


Art. 20

Aussetzung des Strafverfahrens oder des Strafvollzuges 1 Auf Antrag des Bundesamtes kann die zuständige Behörde einstweilen davon absehen, gegen den im Ausland Verfolgten wegen einer andern Tat ein Strafverfahren
durchzuführen oder eine Sanktion zu vollziehen, wenn a.

die in der Schweiz verwirkte Sanktion gegenüber der im Ausland zu erwartenden nicht wesentlich ins Gewicht fällt oder b.

der Vollzug in der Schweiz nicht zweckmässig erscheint.

2 Nach Abschluss des Strafverfahrens im Ausland entscheidet die schweizerische
Behörde über die Durchführung des ausgesetzten Verfahrens oder Strafvollzuges.

a37 Durchlieferung

1 Für ein nach diesem Gesetz zulässiges Verfahren in einem anderen Staat kann das
Bundesamt auf Ersuchen dieses oder eines dritten Staates ohne Anhören des Betroffenen die Durchlieferung und die dafür erforderlichen Massnahmen bewilligen. Der
Entscheid und die damit verbundenen Massnahmen sind nicht anfechtbar. Sie werden nur dem ersuchenden Staat mitgeteilt.

2 Die Bewilligung ist nicht erforderlich, wenn der Häftling mit einem Luftfahrzeug
ohne Zwischenlandung über schweizerisches Gebiet befördert werden soll. Im Falle
einer unvorhergesehenen Zwischenlandung darf der Häftling nur festgehalten werden, wenn: a.

die Voraussetzungen seiner Festnahme nach Artikel 44 erfüllt sind; oder b.

der Staat, der die Beförderung veranlasst hat, das Bundesamt vorher davon
verständigt und den Grund der Zuführung sowie die sie begründende strafbare Handlung angegeben hat.

3 Einzig das Bundesamt darf die Durchlieferung für Massnahmen zur Strafverfolgung oder zum Strafvollzug in der Schweiz unterbrechen.

2. Abschnitt: Rechtsschutz

Art. 21

Gemeinsame Bestimmungen 1 Der Verfolgte kann einen Rechtsbeistand bestellen. Sieht er davon ab oder ist er
dazu nicht in der Lage, so wird ein Beistand amtlich ernannt, wenn es die Wahrung
seiner Interessen erfordert.

2 Weitere Personen, die von der Rechtshilfemassnahme betroffen werden oder als
Geschädigte bei Erhebungen anwesend sind, können, wenn es die Wahrung ihrer
Interessen erfordert, bei der Durchführung der Rechtshilfehandlung einen Rechtsbeistand beiziehen und sich, soweit der Untersuchungszweck nicht beeinträchtigt wird,
durch ihn vertreten lassen.

37

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

10

351.1

3 Personen, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet, können Verfügungen nur anfechten, wenn eine Rechtshilfemassnahme sie persönlich und direkt
betrifft und sie ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung haben.38 4 Die Beschwerde gegen einen Entscheid, der in Anwendung dieses Gesetzes ergangen ist, hat keine aufschiebende Wirkung. Ausgenommen sind Beschwerden gegen
einen Entscheid:

a.

der die Auslieferung bewilligt; oder b.

der die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten an das Ausland bewilligt.39

Art. 22


40

Rechtsmittelbelehrung Verfügungen und Entscheide eidgenössischer und kantonaler Behörden müssen mit
einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein, die das zulässige Rechtsmittel, die
Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist nennt.


Art. 23

Beschwerde gegen kantonale Verfügungen Die Kantone räumen gegen die Verfügungen der ausführenden Behörden ein
Rechtsmittel ein.


Art. 24


41



Art. 25

Verwaltungsgerichtsbeschwerde 1 Verfügungen erstinstanzlicher Bundes- oder letztinstanzlicher kantonaler Behörden
unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unmittelbar an das Bundesgericht (Art. 97-114 OG).

2 Gegen ein schweizerisches Ersuchen an einen anderen Staat ist die Beschwerde nur
zulässig, wenn dieser um Übernahme der Strafverfolgung oder der Urteilsvollstreckung ersucht wird. In diesem Fall ist einzig der Verfolgte, der seinen gewöhnlichen
Aufenthalt in der Schweiz hat, beschwerdeberechtigt.42 3 Das Bundesamt kann gegen Verfügungen einer letztinstanzlichen kantonalen Behörde Beschwerde erheben. Der kantonalen Behörde steht gegen den Entscheid des
Bundesamtes, kein Ersuchen zu stellen, die Beschwerde zu.

38

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

39

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

40

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

41

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

42

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

11

351.1

4 Mit der Beschwerde kann auch die unzulässige oder offensichtlich unrichtige Anwendung fremden Rechts gerügt werden.

5 ...43

6 Das Bundesgericht ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden.


Art. 26


44

Verwaltungsbeschwerde Verfügungen des Departements nach Artikel 17 Absatz 1 unterliegen der Beschwerde an den Bundesrat. Verfügungen des Bundesamtes nach Artikel 17 Absatz 3
unterliegen der Verwaltungsbeschwerde an das Departement; dieses entscheidet
endgültig.

4. Kapitel: Zwischenstaatliches Verfahren

Art. 27

Allgemeine Vorschriften für Ersuchen 1 Die Artikel 27-31 gelten für alle Verfahren nach diesem Gesetz. Die besonderen
Verfahrensvorschriften der anderen Teile dieses Gesetzes bleiben vorbehalten.45 2 Ausländische Ersuchen sind unmittelbar an das Bundesamt zu richten.

3 Ersuchen, die an eine unzuständige Behörde gerichtet sind, werden von Amtes wegen weitergeleitet. Die ersuchende Stelle ist zu verständigen.

4 Ersuchen im Zusammenhang mit einem Haftfall sind ohne Verzug zu behandeln.

5 Nichtannahme oder Ablehnung eines Ersuchens sind zu begründen.


Art. 28

Form und Inhalt von Ersuchen 1 Ersuchen bedürfen der Schriftform.

2 In einem Ersuchen sind aufzuführen: a.

die Stelle, von der es ausgeht, und gegebenenfalls die für das Strafverfahren
zuständige Behörde;

b.

der Gegenstand und der Grund des Ersuchens; c.

die rechtliche Bezeichnung der Tat; d.

Möglichst genaue und vollständige Angaben über die Person, gegen die sich
das Strafverfahren richtet.

3 Für die rechtliche Beurteilung der Tat sind beizufügen: a.

eine kurze Darstellung des wesentlichen Sachverhalts, ausgenommen bei Zustellungsersuchen; 43

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

44

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

45

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

12

351.1

b.46 der Wortlaut der am Tatort anwendbaren Vorschriften, ausgenommen bei Rechtshilfeersuchen nach dem dritten Teil dieses Gesetzes.

4 Amtliche Schriftstücke eines andern Staates bedürfen keiner Legalisierung.

5 Ausländische Ersuchen und ihre Unterlagen sind in deutscher, französischer oder
italienischer Sprache oder mit Übersetzung in eine dieser Sprachen einzureichen.
Übersetzungen müssen amtlich als richtig bescheinigt sein.

6 Entspricht ein Ersuchen den formellen Anforderungen nicht, so kann verlangt werden, dass es verbessert oder ergänzt wird; die Anordnung vorläufiger Massnahmen
wird dadurch nicht berührt.


Art. 29

Übermittlung

1 Das Bundesamt kann Ersuchen unmittelbar vom Justizministerium des ersuchenden
Staates entgegennehmen.

2 Für vorläufige Massnahmen oder in dringenden Fällen kann die Vermittlung der
Internationalen Kriminal-Polizeilichen Organisation (IKPO-Interpol) in Anspruch
genommen oder ein Doppel des schriftlichen Ersuchens unmittelbar der zur Ausführung zuständigen Behörde übermittelt werden.


Art. 30

Schweizerische Ersuchen 1 Die schweizerischen Behörden dürfen an einen andern Staat keine Ersuchen richten, denen sie selbst nach diesem Gesetz nicht entsprechen könnten.

2 Für Ersuchen um Auslieferung oder um Übernahme der Strafverfolgung oder der
Vollstreckung ist das Bundesamt zuständig; es handelt auf Antrag der kantonalen
Behörde.

3 Bedingungen, die der ersuchte Staat an die Ausführung eines Ersuchens knüpft,
sind von den schweizerischen Behörden zu beachten.

4 Das Bundesamt kann von einem Ersuchen absehen, wenn die Bedeutung der Tat
die Durchführung des Verfahrens nicht rechtfertigt.


Art. 31

Kosten

1 Ausländische Ersuchen werden in der Regel unentgeltlich ausgeführt.

2 Der Bundesrat bestimmt die Voraussetzungen, unter denen die Kosten ganz oder
teilweise dem ersuchenden Staat in Rechnung gestellt werden können.

3 Die Kosten für ein schweizerisches Ersuchen, die einem anderen Staat erstattet
werden, gegen zu Lasten des Verfahrens, das zu dem Ersuchen Anlass gegeben hat.

4 Der Bundesrat regelt die Kostenteilung zwischen Bund und Kantonen.

46

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

13

351.1

Zweiter Teil: Auslieferung 1. Kapitel: Voraussetzungen

Art. 32

Ausländer

Ausländer können einem anderen Staat wegen Handlungen, die er ahnden kann, zur
Strafverfolgung oder zum Vollzug einer freiheitsbeschränkenden Sanktion übergeben werden, wenn dieser Staat um Auslieferung ersucht oder auf Ersuchen der
Schweiz die Strafverfolgung oder die Vollstreckung des Strafentscheides übernimmt.


Art. 33

Personen unter 20 Jahren 1 Kinder und Jugendliche im Sinne des Schweizerischen Strafgesetzbuches47, deren
Auslieferung verlangt wird, sollen nach Möglichkeit durch die Jugendbehörden zurückgeführt werden. Das gilt auch für Personen im Alter von 18-20 Jahren, wenn die
Auslieferung ihre Entwicklung oder ihre soziale Wiedereingliederung gefährden
könnte.

2 Die Rückführung hat die Wirkungen einer Auslieferung.


Art. 34


48



Art. 35

Auslieferungsdelikte

1 Die Auslieferung ist zulässig, wenn nach den Unterlagen des Ersuchens die Tat a.

nach dem Recht sowohl der Schweiz als auch des ersuchenden Staates mit
einer freiheitsbeschränkenden Sanktion im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Sanktion bedroht ist und b.

nicht der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegt.

2 Bei der Beurteilung der Strafbarkeit nach schweizerischem Recht werden dessen
besondere Schuldformen und Strafbarkeitsbedingungen nicht berücksichtigt, auch
nicht die Bedingungen des persönlichen und zeitlichen Geltungsbereichs des Militärstrafgesetzes49 50 hinsichtlich der Strafvorschriften über Verletzung des Völkerrechts
im Falle bewaffneter Konflikte und Plünderung sowie Kriegsraub.51

Art. 36

Sonderfälle

1 Ausnahmsweise kann der Verfolgte für eine Tat, die der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegt, ausgeliefert werden, wenn besondere Umstände, namentlich die
Möglichkeit der besseren sozialen Wiedereingliederung, dies rechtfertigen.

47

SR 311.0

48

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

49

Ausdruck gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

50

SR 321.0

51

Berichtigt von der Redaktionskommission der BVers (Art. 33 GVG-SR 171.11).

Rechtshilfe

14

351.1

2 Ist eine von mehreren strafbaren Handlungen ein Auslieferungsdelikt (Art. 35
Abs. 1), so kann für alle ausgeliefert werden.


Art. 37

Ablehnung

1 Die Auslieferung kann abgelehnt werden, wenn die Schweiz die Verfolgung der
Tat oder die Vollstreckung des ausländischen Strafentscheides übernehmen kann
und dies im Hinblick auf die soziale Wiedereingliederung des Verfolgten angezeigt
erscheint.

2 Die Auslieferung wird abgelehnt, wenn dem Ersuchen ein Abwesenheitsurteil zugrundeliegt und im vorausgegangenen Verfahren nicht die Mindestrechte der Verteidigung gewahrt worden sind, die anerkanntermassen jedem einer strafbaren Handlung Beschuldigten zustehen; ausgenommen sind Fälle, in denen der ersuchende
Staat eine als ausreichend erachtete Zusicherung gibt, dem Verfolgten das Recht auf
ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten, in dem die Rechte der Verteidigung
gewahrt werden.52

3 Die Auslieferung wird auch abgelehnt, wenn der ersuchende Staat keine Gewähr
bietet, dass der Verfolgte im ersuchenden Staat nicht zum Tode verurteilt oder dass
eine bereits verhängte Todesstrafe nicht vollstreckt wird oder der Verfolgte nicht einer Behandlung unterworfen wird, die seine körperliche Integrität beeinträchtigt.53

Art. 38

Bedingungen

1 Der Verfolgte darf nur ausgeliefert werden unter der Bedingung, dass der ersuchende Staat: a.

ihn nicht wegen einer vor der Auslieferung begangenen Handlung, für welche die Auslieferung nicht bewilligt wurde, verfolgt oder bestraft oder an einen dritten Staat weiterliefert; b.54 ihn nicht aus einem anderen vor der Auslieferung eingetretenen Grund in seiner persönlichen Freiheit einschränkt; c.55 ihn nicht vor ein Ausnahmegericht stellt; und ausserdem d.

den schweizerischen Behörden auf Verlangen eine amtlich als richtig bescheinigte Abschrift des Entscheides übermittelt, der das Strafverfahren abschliesst.

2 Die Bedingungen nach Absatz 1 Buchstaben a und b entfallen: a.

wenn der Verfolgte oder Ausgelieferte ausdrücklich darauf verzichtet; oder b.

wenn der Ausgelieferte: 52

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

53

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

54

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

55

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

15

351.1

1.

trotz Hinweis auf die Folgen das Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates
nicht innert 45 Tagen nach seiner bedingten oder endgültigen Freilassung verlassen hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte, oder nach
Verlassen dieses Gebiets dorthin zurückgekehrt ist; oder 2.

von einem dritten Staat zurückgebracht worden ist.56

Art. 39

Ausdehnung

Wird der Ausgelieferte weiterer strafbarer Handlungen bezichtigt, so kann dem Staat,
an den er ausgeliefert wurde, auf erneutes Ersuchen gestattet werden, auch diese Taten zu ahnden.


Art. 40

Ersuchen mehrerer Staaten 1 Stellen mehrere Staaten Ersuchen wegen derselben Tat, so wird in der Regel an den
Staat ausgeliefert, auf dessen Hoheitsgebiet die Tat begangen worden ist oder das
Schwergewicht ihrer Ausführung liegt.

2 Wird die Auslieferung von mehreren Staaten wegen verschiedener Handlungen
verlangt, so ist unter Berücksichtigung alter Umstände zu entscheiden, wobei insbesondere die Schwere der strafbaren Handlungen der Tatort, die Reihenfolge des Eingangs der Ersuchen, die Staatsangehörigkeit des Verfolgten, die bessere soziale
Wiedereingliederung und die Möglichkeit der Auslieferung an einen anderen Staat in
Betracht fallen.

2. Kapitel: Verfahren 1. Abschnitt: Ersuchen

Art. 41

Unterlagen des Ersuchens Ausser den Unterlagen nach Artikel 28 Absatz 3 sind dem Ersuchen beizufügen: die
Urschrift oder eine amtlich als richtig bescheinigte Wiedergabe eines vollstreckbaren
Strafentscheides, eines Haftbefehls oder einer anderen, nach den Vorschriften des ersuchenden Staates ausgestellten Urkunde mit gleicher Rechtswirkung.


Art. 42

Fahndungs- und Festnahmeersuchen Ersuchen um Fahndung und Festnahme zum Zwecke der Auslieferung müssen ausser den Angaben nach Artikel 28 Absätze 2 und 3 Buchstabe a Hinweise enthalten
auf:

a.

das Bestehen eines gültigen Hafttitels, das Datum seiner Ausstellung und die
Behörde, die ihn erlassen hat; b.

die Absicht der zuständigen Behörde, ein Auslieferungsersuchen zu stellen.

56

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

16

351.1


Art. 43

Eintreten auf das Ersuchen Das Bundesamt entscheidet, ob und unter welchen Bedingungen auf das Ersuchen
eingetreten wird.

2. Abschnitt: Vorläufige Massnahmen

Art. 44

Festnahme

Ausländer können zur Auslieferung festgenommen werden aufgrund eines Ersuchens
einer Interpol-Landeszentralstelle oder des Justizministeriums eines andern Staates
oder aufgrund einer internationalen Ausschreibung in einem Fahndungssystem.57
Artikel 52 Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss.


Art. 45

Sicherstellung von Gegenständen 1 Bei der Festnahme werden Gegenstände und Vermögenswerte, die als Beweismittel
im ausländischen Strafverfahren dienen können oder aus der strafbaren Handlung
herrühren, sichergestellt.

2 Die kantonalen Behörden können nötigenfalls die Durchsuchung des Festgenommenen und der Räume anordnen.


Art. 46

Vollzugsmeldung. Dauer der Massnahmen 1 Festnahme und Sicherstellung werden dem Bundesamt gemeldet.

2 Sie bleiben bis zum Entscheid über die Auslieferungshaft aufrechterhalten, längstens jedoch bis zum dritten Werktag nach der Festnahme.

3. Abschnitt: Auslieferungshaft und Sicherstellung

Art. 47

Haftbefehl und andere Verfügungen 1 Das Bundesamt erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte: a.

voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet oder b.

ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.

2 Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so
kann das Bundesamt anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.

57

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

17

351.1

3 Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt
bleiben oder sicherzustellen sind.


Art. 48

Inhalt

1 Verfügungen nach Artikel 47 enthalten: a.

die Angaben der ausländischen Behörde über die Person des Verfolgten und
die ihm zur Last gelegte Tat; b.

die Bezeichnung der Behörde, die das Ersuchen gestellt hat; c.

die Mitteilung, dass die Auslieferung verlangt wird.

d.

den Hinweis auf das Recht zur Beschwerde nach Absatz 2 und zum Beizug
eines Rechtsbeistandes.

2 Gegen diese Verfügungen kann innert zehn Tagen ab der schriftlichen Eröffnung
des Auslieferungshaftbefehls Beschwerde bei der Anklagekammer des Bundesgerichts geführt werden.58 Die Artikel 214ff. des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege59 gelten sinngemäss.


Art. 49

Vollzug

1 Der Vollzug der Verfügungen nach Artikel 47 ist Sache der kantonalen Behörden.

2 Der Auslieferungshaftbefehl ist nicht vollstreckbar, solange sich der Verfolgte in
Untersuchungs- oder Strafhaft befindet.60 3 Der Verfolgte darf ohne Zustimmung des Bundesamtes weder freigelassen noch
aus der Schweiz ausgeschafft werden.


Art. 50

Aufhebung der Haft

1 18 Tage nach der Festnahme hebt das Bundesamt die Haft auf, wenn das Auslieferungsersuchen und die dazugehörigen Unterlagen nicht bei ihm eingetroffen sind.61
Diese Frist kann aus besonderen Gründen bis auf 40 Tage verlängert werden.

2 Befindet sich der Verfolgte bereits in Haft, so beginnt die Frist mit der Versetzung
in die Auslieferungshaft.

3 Die Auslieferungshaft kann in jedem Stande des Verfahrens ausnahmsweise aufgehoben werden, wenn dies nach den Umständen angezeigt erscheint. Der Verfolgte
kann jederzeit ein Haftentlassungsgesuch einreichen.

58

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

59

SR 312.0

60

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

61

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

18

351.1

4 Im übrigen gelten für die Haftentlassung sinngemäss die Artikel 53-60 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege62 .


Art. 51

Fortsetzung und Erneuerung der Haft 1 Gehen Ersuchen und Unterlagen rechtzeitig ein und ist die Auslieferung nicht offensichtlich unzulässig, so bleibt die Haft ohne besondere Verfügung während des
ganzen Verfahrens aufrechterhalten.

2 Wurde der Verfolgte freigelassen, kann die Auslieferungshaft erneut angeordnet
werden.

4. Abschnitt: Vorbereitung des Auslieferungsentscheides

Art. 52

Rechtliches Gehör

1 Das Ersuchen und die dazugehörigen Unterlagen werden dem Verfolgten und seinem Rechtsbeistand vorgelegt. Bei der Eröffnung des Auslieferungshaftbefehls stellt
die kantonale Behörde fest, ob der Verfolgte mit der im Ersuchen bezeichneten Person identisch ist. Sie erklärt ihm die Voraussetzungen der Auslieferung sowie der
vereinfachten Auslieferung und weist ihn auf sein Recht hin, Beschwerde zu erheben, einen Beistand seiner Wahl zu bestellen oder sich amtlich verbeiständen zu lassen.63 2 Der Verfolgte wird kurz über seine persönlichen Verhältnisse, insbesondere seine
Staatsangehörigkeit und seine Beziehungen zum ersuchenden Staat, einvernommen
und befragt, ob und aus welchen Gründen er Einwendungen gegen den Haftbefehl
oder gegen seine Auslieferung erhebe. Sein Rechtsbeistand kann dabei mitwirken.

3 Soll der Ausgelieferte wegen weiterer Taten verfolgt oder an einen dritten Staat
weitergeliefert werden, so veranlasst das Bundesamt, dass er im Sinne von Absatz 2
durch eine Justizbehörde des ersuchenden Staates zu Protokoll einvernommen wird.


Art. 53

Alibibeweis

1 Behauptet der Verfolgte, beweisen zu können, dass er zur Zeit der Tat nicht am
Tatort war, so nimmt das Bundesamt die gebotenen Abklärungen vor.

2 In klaren Fällen wird die Auslieferung verweigert. Andernfalls wird der ersuchende
Staat unter Vorlage der entlastenden Beweise aufgefordert, innert kurzer Frist zu erklären, ob er das Ersuchen aufrechterhalten will.

62

SR 312.0

63

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

19

351.1


Art. 54


64

Vereinfachte Auslieferung 1 Gibt der Verfolgte einer Justizbehörde zu Protokoll, dass er auf die Durchführung
des Auslieferungsverfahrens verzichtet, so bewilligt das Bundesamt die Übergabe,
wenn keine besonderen Bedenken bestehen.

2 Der Verzicht kann widerrufen werden, solange das Bundesamt die Übergabe nicht
bewilligt hat.

3 Die vereinfachte Auslieferung hat die Wirkungen einer Auslieferung und unterliegt
denselben Bedingungen. Der ersuchende Staat muss darauf aufmerksam gemacht
werden.

5. Abschnitt: Auslieferungsentscheid

Art. 55

Zuständigkeit

1 Das Bundesamt entscheidet über die Auslieferung des Verfolgten sowie über die
Aushändigung der beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte, nachdem es
dem Verfolgten und dem Dritten, der sich der Sachauslieferung widersetzt, eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt hat.65 2 Macht der Verfolgte geltend, er werde eines politischen Deliktes bezichtigt, oder
ergeben sich bei der Instruktion ernsthafte Gründe für den politischen Charakter der
Tat, so entscheidet das Bundesgericht. Das Bundesamt unterbreitet die Akten dem
Gericht mit seinem Antrag. Der Verfolgte erhält Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

3 Das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Artikel 25 ist sinngemäss
anwendbar.66

6. Abschnitt: Vollzug

Art. 56

Vollstreckbarkeit

1 Die Auslieferung kann vollzogen werden, wenn der Verfolgte: a.

ausdrücklich den sofortigen Vollzug verlangt oder b.

nicht innert fünf Tagen nach Eröffnung der Verfügung erklärt, er wolle Beschwerde erheben.

2 Wird die Auslieferung abgelehnt, so hebt das Bundesamt die Auslieferungshaft auf.

64

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

65

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

66

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

20

351.1


Art. 57

Auslieferung

1 Das Bundesamt trifft die erforderlichen Anordnungen im Einvernehmen mit den
kantonalen Behörden.

2 Es teilt dem ersuchenden Staat den Entscheid, sowie Ort und Zeit des Vollzugs mit.


Art. 58

Aufschub. Vorübergehende Zuführung 1 Der Vollzug der Auslieferung kann aufgeschoben werden, solange der Auszuliefernde in der Schweiz wegen anderer strafbarer Handlungen verfolgt wird oder sich
einer freiheitsbeschränkenden Sanktion zu unterziehen hat.

2 Indessen kann die vorübergehende Zuführung des Verfolgten bewilligt werden,
wenn

a.

ein schweizerisches Strafverfahren dadurch nicht beeinträchtigt wird und b.

der ersuchende Staat zugesichert hat, den Verfolgten während seines Aufenthaltes in diesem Staat in Haft zu behalten und ihn ohne Rücksicht auf seine
Staatsangehörigkeit zurückzuliefern.


Art. 59


67

Sachauslieferung

1 Sind die Voraussetzungen der Auslieferung gegeben, so werden beim Verfolgten
gefundene Gegenstände oder Vermögenswerte ausgehändigt, die: a.

als Beweismittel dienen können; oder b.

aus der strafbaren Handlung herrühren.

2 Macht ein Dritter, der gutgläubig Rechte erworben hat, eine Behörde oder der in
der Schweiz wohnhafte Geschädigte Rechte an den Gegenständen oder Vermögenswerten geltend, die als Beweismittel dienen können, so werden diese nur ausgehändigt, wenn der ersuchende Staat deren kostenlose Rückgabe nach Abschluss seines
Verfahrens zusichert.

3 Gegenstände oder Vermögenswerte, die aus der strafbaren Handlung herrühren,
umfassen:

a.

Gegenstände, mit denen die strafbare Handlung begangen wurde; b.

das Erzeugnis oder den Erlös aus der strafbaren Handlung, deren Ersatzwert
und einen unrechtmässigen Vorteil; c.

Geschenke und andere Zuwendungen, die dazu gedient haben oder bestimmt
waren, die strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, sowie deren
Ersatzwert.

4 Gegenstände oder Vermögenswerte, die aus der strafbaren Handlung herrühren,
können in der Schweiz zurückbehalten werden, wenn: a.

der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat und sie
ihm zurückzugeben sind; 67

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

21

351.1

b.

eine Behörde Rechte daran geltend macht; oder c.

eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person, deren Ansprüche
vom ersuchenden Staat nicht sichergestellt sind, glaubhaft macht, sie habe an
diesen Gegenständen oder Vermögenswerten in der Schweiz oder, sofern sie
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, im Ausland gutgläubig
Rechte erworben.

5 Gegenstände oder Vermögenswerte nach Absatz 1 können ebenfalls in der Schweiz
zurückbehalten werden, solange sie für ein in der Schweiz hängiges Strafverfahren
benötigt werden.

6 Macht ein Berechtigter an den Gegenständen oder Vermögenswerten Ansprüche
nach Absatz 4 geltend, so wird deren Freigabe an den ersuchenden Staat bis zur Klärung der Rechtslage aufgeschoben. Die streitigen Gegenstände oder Vermögenswerte
dürfen dem Berechtigten nur herausgegeben werden, wenn: a.

der ersuchende Staat zustimmt; b.

im Falle von Absatz 4 Buchstabe b die Behörde zustimmt; oder c.

die Berechtigung des Anspruchs von einer schweizerischen Gerichtsbehörde
anerkannt wurde.

7 Die Sachauslieferung ist unabhängig vom Vollzug der Auslieferung des Verfolgten.


Art. 60

Fiskalische Pfandrechte 1 Werden Gegenstände oder Vermögenswerte unter Verzicht auf ihre Rückgabe
ausgeliefert, so wird das Zollpfandrecht oder eine sonstige dingliche Haftung
nach schweizerischem Zoll- oder Steuerrecht nicht geltend gemacht, sofern der
durch die strafbare Handlung geschädigte Eigentümer die Abgabe nicht selbst schuldet.

2 Der Verzicht auf ein solches Pfandrecht kann vom Gegenrecht abhängig gemacht
werden.


Art. 61

Übernahmefrist

Sorgt der ersuchende Staat nicht innert zehn Tagen nach Empfang der Vollzugsanzeige für die Übernahme des Auszuliefernden, so wird dieser freigelassen. Auf begründetes Verlangen des ersuchenden Staates kann die Frist bis auf 30 Tage verlängert werden.


Art. 62

Kosten

1 Bei der Auslieferung an das Ausland übernimmt der Bund die Haft- und Transportkosten, soweit sie im internationalen Verkehr üblicherweise vom ersuchten Staat getragen werden.

2 Persönliches Eigentum des Verfolgten kann zur Deckung der Kosten verwendet
werden, soweit es nicht auszuliefern ist.

Rechtshilfe

22

351.1

Dritter Teil: Andere Rechtshilfe 1. Kapitel: Voraussetzungen 1. Abschnitt: Im allgemeinen

Art. 63

Grundsatz

1 Rechtshilfe nach dem dritten Teil dieses Gesetzes umfasst Auskünfte, nach schweizerischem Recht zulässige Prozesshandlungen und andere Amtshandlungen, soweit
sie für ein Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten im Ausland erforderlich erscheinen oder dem Beibringen der Beute dienen.68 2 Als Rechtshilfemassnahmen kommen namentlich in Betracht: a.

die Zustellung von Schriftstücken; b.

die Beweiserhebung, insbesondere die Durchsuchung von Personen und
Räumen, die Beschlagnahme, der Herausgabebefehl, Gutachten, die Einvernahme und Gegenüberstellung von Personen; c.

die Herausgabe von Akten und Schriftstücken; d.

die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten zur Einziehung
oder Rückerstattung an den Berechtigten.69 3 Als Verfahren in strafrechtlichen Angelegenheiten gelten insbesondere: a.

die Verfolgung strafbarer Handlungen nach Artikel 1 Absatz 3; b.

Verwaltungsmassnahmen gegen einen Straftäter; c.

der Vollzug von Strafurteilen und die Begnadigung; d.

die Wiedergutmachung wegen ungerechtfertigter Haft.70 4 Rechtshilfe kann auch dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und der
Europäischen Kommission für Menschenrechte gewährt werden in Verfahren, welche die Gewährleistung der Menschenrechte und Grundfreiheiten in Strafsachen betreffen.

5 Rechtshilfe zur Entlastung eines Verfolgten ist auch bei Vorliegen der Ausschlussgründe nach den Artikeln 3-5 zulässig.


Art. 64

Zwangsmassnahmen

1 Massnahmen nach Artikel 63, welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern, dürfen nur angeordnet werden, wenn aus der Darstellung des Sachverhalts
hervorgeht, dass die im Ausland verfolgte Handlung die objektiven Merkmale eines 68

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

69

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

70

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

23

351.1

nach schweizerischem Recht strafbaren Tatbestandes aufweist. Sie sind nach schweizerischem Recht durchzuführen.

2 Zur Entlastung eines Verfolgten sind solche Massnahmen auch zulässig, wenn die
im Ausland verfolgte Tat in der Schweiz straflos ist.


Art. 65


71

Anwendung ausländischen Rechts 1 Auf ausdrückliches Ersuchen des ausländischen Staates: a.

werden die Aussagen von Zeugen oder Sachverständigen in der vom Recht
des ersuchenden Staates vorgeschriebenen Form bekräftigt, auch wenn das
massgebende schweizerische Recht die Bekräftigung nicht vorsieht; b.

können die für die gerichtliche Zulassung anderer Beweismittel erforderlichen Formen berücksichtigt werden.

2 Die Formen der Bekräftigung und Beschaffung von Beweismitteln nach Absatz 1
müssen mit dem schweizerischen Recht vereinbar sein, und es dürfen den daran Beteiligten daraus keine wesentlichen Nachteile erwachsen.

3 Die Aussage kann auch verweigert werden, soweit das Recht des ersuchenden
Staates es vorsieht oder die Tatsache der Aussage nach dem Recht dieses Staates
oder des Staates, in dem der Aussagende wohnt, strafrechtliche oder disziplinarische
Sanktionen nach sich ziehen kann.

a72 Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt
sind

1 Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt sind, kann die Anwesenheit bei
Rechtshilfehandlungen sowie die Akteneinsicht gestattet werden, wenn der ersuchende Staat es gestützt auf seine Rechtsordnung verlangt.

2 Ihre Anwesenheit kann ebenfalls gestattet werden, wenn sie die Ausführung des Ersuchens oder die Strafverfolgung im Ausland erheblich erleichtern kann.

3 Ihre Anwesenheit darf nicht zur Folge haben, dass ihnen Tatsachen aus dem Geheimbereich zugänglich gemacht werden, bevor die zuständige Behörde über Gewährung und Umfang der Rechtshilfe entschieden hat.


Art. 66

Grundsatz «Ne bis in idem»73 1 Die Rechtshilfe kann verweigert werden, wenn der Verfolgte sich in der Schweiz
aufhält und hier wegen der Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, bereits ein Strafverfahren hängig ist.

71

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

72

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

73

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

24

351.1

2 Die Rechtshilfe kann jedoch gewährt werden, wenn sich das Verfahren im Ausland
nicht nur gegen den Verfolgten richtet, der sich in der Schweiz aufhält, oder wenn
die Ausführung des Ersuchens seiner Entlastung dient.74

Art. 67


75

Grundsatz der Spezialität 1 Die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte und Schriftstücke dürfen im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, bei denen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder
für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden.

2 Eine weitere Verwendung bedarf der Zustimmung des Bundesamtes. Diese ist nicht
nötig:

a.

wenn die Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, einen anderen Straftatbestand darstellt, für den Rechtshilfe zulässig wäre; oder b.

wenn sich das ausländische Strafverfahren gegen andere Personen richtet, die
an der strafbaren Handlung teilgenommen haben.

3 Die Anwesenheit bei den Rechtshilfehandlungen und die Akteneinsicht werden
unter den gleichen Bedingungen bewilligt (Art. 65a Abs. 1).

a76 Unaufgeforderte Übermittlung von Beweismitteln und Informationen 1 Eine Strafverfolgungsbehörde kann Beweismittel, die sie für ihre eigene Strafuntersuchung erhoben hat, unaufgefordert an eine ausländische Strafverfolgungsbehörde
übermitteln, wenn diese Übermittlung aus ihrer Sicht geeignet ist: a.

ein Strafverfahren einzuleiten; oder b.

eine hängige Strafuntersuchung zu erleichtern.

2 Die Übermittlung nach Absatz 1 hat keine Einwirkung auf das in der Schweiz hängige Strafverfahren.

3 Die Übermittlung von Beweismitteln an einen Staat, mit dem keine staatsvertragliche Vereinbarung besteht, bedarf der Zustimmung des Bundesamtes.

4 Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für Beweismittel, die den Geheimbereich betreffen.

5 Informationen, die den Geheimbereich betreffen, können übermittelt werden, wenn
sie geeignet sind, dem ausländischen Staat zu ermöglichen, ein Rechtshilfeersuchen
an die Schweiz zu stellen.

6 Jede unaufgeforderte Übermittlung ist in einem Protokoll festzuhalten.

74

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

75

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

76

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

25

351.1

2. Abschnitt: Einzelne Rechtshilfemassnahmen

Art. 68

Zustellungen. Allgemein 1 Schriftstücke, um deren Zustellung eine schweizerische Behörde ersucht wird,
können durch einfache Übergabe an den Empfänger oder mit der Post zugestellt
werden.

2 Der Bundesrat kann die Zustellung von Schriftstücken aus dem Ausland unmittelbar an
Empfänger in der Schweiz als zulässig erklären. Er regelt die Voraussetzungen.

3 Die Zustellung gilt als erfolgt, wenn die Annahme der Urkunde oder die Verweigerung ihrer Annahme schriftlich bestätigt ist.


Art. 69

Zustellung von Vorladungen. Freies Geleit 1 Wer eine Vorladung zum Erscheinen vor einer ausländischen Behörde entgegennimmt, ist nicht verpflichtet, ihr Folge zu leisten.

2 Vorladungen, die Zwangsandrohungen enthalten, werden nicht zugestellt.

3 Die Zustellung einer Vorladung kann an die Bedingung geknüpft werden, dass dem
Empfänger für angemessene Zeit freies Geleit zugesichert und er an der freien Ausreise aus dem Hoheitsgebiet des ersuchenden Staates nicht gehindert wird. Auf Verlangen des Empfängers holt die zustellende Behörde eine entsprechende schriftliche
Zusicherung des ersuchenden Staates vor der Übermittlung des Zustellungsnachweises ein.


Art. 70

Zuführung von Häftlingen 1 Personen, die sich in der Schweiz in Haft befinden, können einer ausländischen
Behörde für Erhebungen zugeführt werden, wenn ihnen freies Geleit zugesichert und
gewährleistet ist, dass sie in Haft behalten und auf Anforderung in die Schweiz zurückgeführt werden.

2 Personen, die im Ausland nicht angeschuldigt sind, und Schweizer Bürger dürfen
nur mit ihrer schriftlichen Zustimmung zugeführt werden. Diese ist nicht notwendig,
wenn die Behandlung eines schweizerischen Rechtshilfeersuchens oder eine Gegenüberstellung mit andern Personen im Ausland die Zuführung erfordert.


Art. 71


77



Art. 72

Aufrechterhaltung der Haft 1 Wird ein Häftling den schweizerischen Behörden für eine Rechtshilfemassnahme
zugeführt, so ist der im Ausland gegen ihn erlassene Haftbefehl auch während des
Aufenthaltes in der Schweiz wirksam.

2 Während der Durchlieferung bleibt der Verfolgte aufgrund des Durchlieferungsbefehls des Bundesamtes in Haft.

77

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

Rechtshilfe

26

351.1

3 Der Häftling darf in diesen Fällen nur mit Zustimmung der zuständigen ausländischen Behörde freigelassen werden.


Art. 73

Freies Geleit in der Schweiz 1 Eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland, die in einer Strafsache auf
Vorladung hin in der Schweiz erscheint, darf hier aus Gründen, die vor ihrer Einreise
eingetreten sind, weder verfolgt noch in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt werden.

2 Kein freies Geleit hat der Verfolgte für die in der Vorladung aufgeführten Handlungen.

3 Der Schutz nach Absatz 1 endet, wenn diese Person die Schweiz wieder verlässt,
spätestens jedoch drei Tage nachdem die vorladende Behörde sie entlassen hat.


Art. 74


78

Herausgabe von Beweismitteln 1 Gegenstände, Schriftstücke oder Vermögenswerte, die zu Beweiszwecken beschlagnahmt wurden, sowie Akten und Entscheide werden der zuständigen ausländischen Behörde auf deren Ersuchen nach Abschluss des Rechtshilfeverfahrens
(Art. 80d) zur Verfügung gestellt.

2 Macht ein Dritter, der gutgläubig Rechte erworben hat, eine Behörde oder der Geschädigte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, Rechte an den
Gegenständen, Schriftstücken oder Vermögenswerten nach Absatz 1 geltend, so
werden diese nur herausgegeben, wenn der ersuchende Staat deren kostenlose Rückgabe nach Abschluss seines Verfahrens zusichert.

3 Die Herausgabe kann aufgeschoben werden, solange die Gegenstände, Schriftstücke oder Vermögenswerte für ein in der Schweiz hängiges Strafverfahren benötigt
werden.

4 Für die fiskalischen Pfandrechte gilt Artikel 60.

a79 Herausgabe zur Einziehung oder Rückerstattung 1 Gegenstände oder Vermögenswerte, die zu Sicherungszwecken beschlagnahmt
wurden, können der zuständigen ausländischen Behörde auf Ersuchen am Ende des
Rechtshilfeverfahrens (Art. 80 d) zur Einziehung oder Rückerstattung an den Berechtigten herausgegeben werden.

2 Gegenstände oder Vermögenswerte nach Absatz 1 umfassen: a.

Gegenstände, mit denen eine strafbare Handlung begangen wurde; b.

das Erzeugnis oder den Erlös aus einer strafbaren Handlung, deren Ersatzwert und einen unrechtmässigen Vorteil; 78

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

79

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

27

351.1

c.

Geschenke und andere Zuwendungen, die dazu gedient haben oder bestimmt
waren, die strafbare Handlung zu veranlassen oder zu belohnen, sowie deren
Ersatzwert.

3 Die Herausgabe kann in jedem Stadium des ausländischen Verfahrens erfolgen, in
der Regel gestützt auf einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid des ersuchenden Staates.

4 Gegenstände oder Vermögenswerte können indessen in der Schweiz zurückbehalten werden, wenn: a.

der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat und sie
ihm zurückzugeben sind; b.

eine Behörde Rechte daran geltend macht; c.

eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person, deren Ansprüche
durch den ersuchenden Staat nicht sichergestellt sind, glaubhaft macht, sie
habe an diesen Gegenständen oder Vermögenswerten in der Schweiz oder,
sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, im Ausland
gutgläubig Rechte erworben; oder d.

die Gegenstände oder Vermögenswerte für ein in der Schweiz hängiges
Strafverfahren benötigt werden oder für die Einziehung in der Schweiz geeignet sind.

5 Macht ein Berechtigter an den Gegenständen oder Vermögenswerten Ansprüche
nach Absatz 4 geltend, so wird deren Freigabe an den ersuchenden Staat bis zur Klärung der Rechtslage aufgeschoben. Die streitigen Gegenstände oder Vermögenswerte
dürfen dem Berechtigten nur herausgegeben werden, wenn: a.

der ersuchende Staat zustimmt; b.

im Falle von Absatz 4 Buchstabe b die Behörde zustimmt; oder c.

die Berechtigung des Anspruchs von einer schweizerischen Gerichtsbehörde
anerkannt wurde.

6 Für die fiskalischen Pfandrechte gilt Artikel 60.

2. Kapitel: Verfahren 1. Abschnitt: Rechtshilfeersuchen

Art. 75

Berechtigung

1 Um Rechtshilfe können Behörden ersuchen, die Widerhandlungen zu verfolgen
oder in anderen Verfahren zu entscheiden haben, auf welche dieses Gesetz anwendbar ist.

2 Schweizerische Behörden können Ersuchen um Vornahme von Prozesshandlungen, die nach den Vorschriften des ersuchenden Staates Sache der Parteien sind,
auch von den dazu legitimierten Parteien entgegennehmen.

Rechtshilfe

28

351.1

3 Das Bundesamt stellt Ersuchen um Rechtshilfe, die ausserhalb eines Strafverfahrens benötigt wird.80
a81 Polizeiliche Ersuchen 1 Die obersten Polizeistellen des Bundes und der Kantone können Ersuchen nach
Artikel 63 in eigenem Namen stellen und solchen Ersuchen ausländischer Behörden
entsprechen.

2 Ausgenommen sind Ersuchen: a.

welche die Anwendung prozessualen Zwanges erfordern; b.

um Auskunft oder Anordnung von Massnahmen in Verfahren betreffend die
Auslieferung, die stellvertretende Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung; c.

um Herausgabe von Strafentscheidungen oder Strafakten.


Art. 76

Inhalt und Unterlagen Ausser den Angaben und Unterlagen nach Artikel 28 sind in einem Ersuchen aufzuführen oder ihm beizufügen: a.

in Zustellungsersuchen: Name und Adresse des Empfängers und dessen Stellung im Verfahren sowie die Art des zuzustellenden Schriftstückes; b.

den Ersuchen um Durchlieferung: eine der Urkunden nach Artikel 41; c.

den Anträgen auf Durchsuchung von Personen oder Räumen, Beschlagnahme oder Herausgabe von Gegenständen: eine Bestätigung, dass diese
Massnahmen im ersuchenden Staat zulässig sind.


Art. 77

Geschäftsweg82

1 Ausländische Ersuchen sind durch Vermittlung des Bundesamtes an die zuständige
kantonale Behörde zu richten.

2 Ersuchen um Erteilung von Auskünften aus dem Strafregister oder zur Feststellung
der Identität einer Person sind an das Bundesamt83 zu richten.

80

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

81

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

82

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

83

Die Bezeichnung der Verwaltungseinheit wurde gemäss Art. 4a der Publikationsverordnung vom 15. Juni 1998 (SR 170.512.1) angepasst.

Rechtshilfegesetz

29

351.1

2. Abschnitt:84 Behandlung des Ersuchens

Art. 78

Annahme und Weiterleitung 1 Unter Vorbehalt der direkten Übermittlung an die zuständige ausführende kantonale oder eidgenössische Behörde nimmt das Bundesamt die ausländischen Ersuchen
entgegen.

2 Das Bundesamt prüft summarisch, ob das Ersuchen den formellen Anforderungen
entspricht, und leitet es an die zuständige ausführende Behörde weiter, sofern es
nicht offensichtlich unzulässig erscheint.

3 Es sendet das Ersuchen nötigenfalls zur Verbesserung oder Ergänzung an den ersuchenden Staat zurück.

4 Annahme und Weiterleitung des Ersuchens an die zuständige Behörde können
nicht angefochten werden.

5 Die Verfahrensbestimmungen nach Artikel 18 bleiben vorbehalten.


Art. 79

Übertragung der Ausführung 1 Erfordert die Ausführung eines Ersuchens Erhebungen in mehreren Kantonen oder
betrifft sie auch eine Bundesbehörde, so kann das Bundesamt eine einzige Behörde
mit dessen Ausführung betrauen. Die Artikel 352-355 des Strafgesetzbuches85 gelten sinngemäss.

2 Das Bundesamt kann die Ausführung eines Ersuchens ganz oder teilweise der
Bundesbehörde übertragen, die bei Begehung der Tat in der Schweiz für die Ahndung zuständig wäre.

3 Das Bundesamt kann der beauftragten Behörde auch die Ausführung von Ergänzungsersuchen übertragen.

4 Die Bezeichnung der mit der Leitung beauftragten kantonalen oder eidgenössischen Behörde ist nicht anfechtbar.

a Entscheid des Bundesamtes Das Bundesamt kann über die Zulässigkeit der Rechtshilfe entscheiden und die Ausführung einer kantonalen Behörde übertragen oder selber über die Ausführung entscheiden, wenn: a.

das Ersuchen Erhebungen in mehreren Kantonen erfordert; b.

die zuständige kantonale Behörde nicht in der Lage ist, innerhalb angemessener Frist einen Entscheid zu fällen; oder c.

es sich um komplexe oder besonders bedeutende Fälle handelt.

84

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

85

SR 311.0

Rechtshilfe

30

351.1


Art. 80

Vorprüfung

1 Das Ersuchen wird von der ausführenden kantonalen oder eidgenössischen Behörde vorgeprüft.

2 Kann dem Ersuchen nicht entsprochen werden, so sendet es die ausführende Behörde auf demselben Weg, auf dem es ihr zugeleitet wurde, an die ersuchende Behörde zurück.

a Eintreten und Ausführung 1 Die ausführende Behörde erlässt eine summarisch begründete Eintretensverfügung
und ordnet die zulässigen Rechtshilfehandlungen an.

2 Sie führt die Rechtshilfehandlungen nach dem eigenen Verfahrensrecht aus.

b Teilnahme am Verfahren und Akteneinsicht 1 Die Berechtigten können am Verfahren teilnehmen und Einsicht in die Akten nehmen, soweit dies für die Wahrung ihrer Interessen notwendig ist.

2 Die Rechte nach Absatz 1 können nur eingeschränkt werden: a.

im Interesse des ausländischen Verfahrens; b.

zum Schutz eines wesentlichen rechtlichen Interesses, sofern der ersuchende
Staat es verlangt;

c.

wegen der Natur oder der Dringlichkeit der zu treffenden Massnahme; d.

zum Schutz wesentlicher privater Interessen; e.

im Interesse eines schweizerischen Verfahrens.

3 Die Einsichtnahme oder die Teilnahme am Verfahren darf nur für Aktenstücke und
Verfahrenshandlungen verweigert werden, für die Geheimhaltungsgründe bestehen.

c Vereinfachte Ausführung 1 Die Berechtigten, insbesondere die Inhaber von Schriftstücken, Auskünften oder
Vermögenswerten, können bis zum Abschluss des Verfahrens einer Herausgabe derselben zustimmen. Die Zustimmung ist unwiderruflich.

2 Willigen alle Berechtigten ein, so hält die zuständige Behörde die Zustimmung
schriftlich fest und schliesst das Verfahren ab.

3 Umfasst die Herausgabe nur einen Teil der verlangten Schriftstücke, Auskünfte
oder Vermögenswerte, so wird für den restlichen Teil das ordentliche Verfahren
weitergeführt.

d Abschluss des Rechtshilfeverfahrens Erachtet die ausführende Behörde das Ersuchen als ganz oder teilweise erledigt, so
erlässt sie eine begründete Verfügung über die Gewährung und den Umfang der
Rechtshilfe.

Rechtshilfegesetz

31

351.1

3. Abschnitt:86 Beschwerde
e Beschwerde gegen Verfügungen der ausführenden kantonalen Behörde

Mit einer Beschwerde können angefochten werden: a.

die Schlussverfügung, zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen; b.

der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügungen, die einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken:
1.

durch die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen; oder 2.

durch die Anwesenheit von Personen, die am ausländischen Prozess beteiligt sind.

f Beschwerde gegen Verfügungen letztinstanzlicher kantonaler
Behörden

1 Die Verfügung der letztinstanzlichen kantonalen Behörde, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, unterliegt zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

2 Die der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügung, die einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Artikel 80e Buchstabe b bewirkt, kann selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.
Artikel 80l Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss.

g Beschwerde gegen Verfügungen der ausführenden Bundesbehörde 1 Die Verfügung der ausführenden Bundesbehörde, mit der das Rechtshilfeverfahren
abgeschlossen wird, unterliegt zusammen mit den vorangehenden Zwischenverfügungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

2 Die der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügung, die einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Artikel 80e Buchstabe b bewirkt, kann selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden.
Artikel 80l Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss.

h Beschwerdelegitimation Zur Beschwerdeführung ist berechtigt: a.

das Bundesamt;

b.

wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und
ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.

86

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

32

351.1

i Beschwerdegründe

1 Mit Beschwerde kann gerügt werden: a.

die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; b.

die unzulässige oder offensichtlich unrichtige Anwendung ausländischen
Rechts in den Fällen nach Artikel 65.

2 Vorbehalten bleiben die Beschwerdegründe des kantonalen Verfahrensrechts.

k Beschwerdefrist

Die Beschwerdefrist gegen die Schlussverfügung beträgt 30 Tage, gegen eine Zwischenverfügung zehn Tage ab der schriftlichen Mitteilung der Verfügung.

l Aufschiebende Wirkung 1 Die Beschwerde gegen die Schlussverfügung oder gegen jede andere Verfügung,
welche die Übermittlung von Auskünften aus dem Geheimbereich oder die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten an das Ausland bewilligt, hat aufschiebende Wirkung.

2 Jede der Schlussverfügung vorangehende Zwischenverfügung ist sofort vollstreckbar.

3 Die kantonale Rechtsmittelinstanz kann der Beschwerde gegen eine Zwischenverfügung nach Absatz 2 die aufschiebende Wirkung erteilen, wenn der Berechtigte einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Artikel 80e
Buchstabe b glaubhaft macht.

4. Abschnitt:87 Besondere Bestimmungen
m Zustellung von Verfügungen 1 Die ausführende Behörde und die Rechtsmittelinstanz stellen ihre Verfügungen zu: a.

dem in der Schweiz wohnhaften Berechtigten; b.

dem im Ausland ansässigen Berechtigten mit Zustellungsdomizil in der
Schweiz.

2 Das Recht auf Zustellung erlischt, sobald die Verfügung, mit der das Rechtshilfeverfahren abgeschlossen wird, vollstreckbar ist.

n Informationsrecht

1 Der Inhaber von Schriftstücken ist berechtigt, seinen Mandanten über das Vorliegen eines Ersuchens und alle in diesem Zusammenhang stehenden Tatsachen zu in87

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfegesetz

33

351.1

formieren, sofern die zuständige Behörde dies nicht ausnahmsweise unter Hinweis
auf Artikel 292 des Strafgesetzbuches88 und dessen Strafandrohung ausdrücklich
untersagt hat.

2 Tritt der Berechtigte in ein hängiges Verfahren ein, so kann er eine rechtskräftige
Schlussverfügung nicht mehr anfechten.

o Rückfrage an den ersuchenden Staat 1 Sind ergänzende Informationen notwendig, so holt das Bundesamt diese auf Verlangen der ausführenden Behörde oder der Rechtsmittelinstanz beim ersuchenden
Staat ein.

2 Nötigenfalls setzt die zuständige Behörde die Behandlung des Ersuchens ganz oder
teilweise aus und entscheidet über die Punkte, die nach der Aktenlage spruchreif
sind.

3 Das Bundesamt setzt dem ersuchenden Staat eine angemessene Frist für die Antwort. Nach unbenutztem Ablauf der Frist wird das Rechtshilfeersuchen aufgrund der
Aktenlage geprüft.

p Annahmebedürftige Auflagen 1 Die ausführende Behörde und die Rechtsmittelinstanz sowie das Bundesamt können die Gewährung der Rechtshilfe ganz oder teilweise an Auflagen knüpfen.

2 Das Bundesamt teilt die Auflagen dem ersuchenden Staat mit, sobald die Verfügung über die Gewährung und den Umfang der Rechtshilfe rechtskräftig ist, und
setzt ihm eine angemessene Frist, um deren Annahme oder Ablehnung zu erklären.
Nach unbenutztem Ablauf der Frist kann die Rechtshilfe für die Punkte gewährt
werden, die an keine Auflagen gebunden sind.

3 Das Bundesamt prüft, ob die Antwort des ersuchenden Staates den verlangten
Auflagen genügt.

4 Die Verfügung des Bundesamtes kann innert zehn Tagen ab der schriftlichen Mitteilung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden. Das Bundesgericht entscheidet in der Regel im vereinfachten Verfahren.

q Kosten

Dem ersuchenden Staat werden die Kosten berechnet für: a.

Sachverständige;

b.

die Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten zur Rückerstattung an den Berechtigten.

88

SR 311.0

Rechtshilfe

34

351.1


Art. 81 - 8489 Vierter Teil: Stellvertretende Strafverfolgung 1. Kapitel: Voraussetzungen 1. Abschnitt: Übernahme durch die Schweiz

Art. 85

Grundsatz

1 Wegen einer im Ausland begangenen Tat kann die Schweiz auf Ersuchen des Tatortstaates an seiner Stelle die Strafgewalt ausüben, wenn: a.

die Auslieferung nicht zulässig ist; b.

der Verfolgte sich in der Schweiz wegen anderer schwerer wiegender Taten
zu verantworten hat und c.

gewährleistet ist, dass der ersuchende Staat ihn nach einem Freispruch oder
Strafvollzug in der Schweiz wegen der gleichen Tat nicht weiter verfolgt.

2 Die Strafverfolgung eines Ausländers, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der
Schweiz hat, kann auch dann übernommen werden, wenn seine Auslieferung sich
nicht rechtfertigen lässt und die Übernahme der Verfolgung im Hinblick auf seine
persönlichen Verhältnisse und seine soziale Wiedereingliederung angezeigt erscheint.

3 Diese Bestimmungen gelten nicht, wenn die Tat aufgrund einer anderen Vorschrift
der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen ist.90

Art. 86

Anwendbares Recht

1 Die Tat wird nach schweizerischem Recht beurteilt, wie wenn sie in der Schweiz
begangen worden wäre.

2 Das ausländische Recht ist anwendbar, wenn es milder ist. Der Richter kann nur
die im schweizerischen Recht vorgesehenen Sanktionen verhängen.

3 Ein Abwesenheitsverfahren ist unzulässig.


Art. 87

Gerichtsstand

Ist nicht bereits ein schweizerischer Gerichtsstand begründet, so wird er nach Artikel
348 des Strafgesetzbuches91 bestimmt.

89

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

90

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

91

SR 311.0

Rechtshilfegesetz

35

351.1

2. Abschnitt: Übertragung an das Ausland

Art. 88


92

Voraussetzungen

Ein anderer Staat kann um Übernahme der Strafverfolgung wegen einer der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfenen Tat ersucht werden, wenn seine Gesetzgebung die Verfolgung und die gerichtliche Ahndung der Tat zulässt und wenn: a.

der Verfolgte sich dort aufhält und seine Auslieferung an die Schweiz unzweckmässig oder unzulässig ist; oder b.

er diesem Staat ausgeliefert wird und die Übertragung der Strafverfolgung
eine bessere soziale Wiedereingliederung erwarten lässt.


Art. 89

Wirkungen

1 Übernimmt ein anderer Staat die Strafverfolgung, so dürfen die schweizerischen
Behörden gegen den Verfolgten wegen derselben Tat keine weiteren Massnahmen
ergreifen:

a.

solange der ersuchte Staat nicht mitgeteilt hat, dass er nicht in der Lage sei,
das Strafverfahren zu Ende zu führen, oder b.

wenn aufgrund des in diesem Staat ergangenen Entscheides die Voraussetzungen nach Artikel 5 Buchstabe a oder b erfüllt sind.

2 Die Verjährung nach schweizerischem Recht ruht, solange im ersuchten Staat das
Verfahren, einschliesslich des Strafvollzuges, hängig ist.

3 Wurde der Verfolgte wegen anderer Taten an den ersuchten Staat ausgeliefert, so
braucht dieser die Auslieferungsbedingungen nach Artikel 38 nicht zu beachten, soweit er dem Ersuchen um Strafverfolgung entspricht.

2. Kapitel: Verfahren

Art. 90

Unterlagen

Ausser den Unterlagen nach Artikel 28 Absatz 3 sind einem Ersuchen die Akten des
Strafverfahrens sowie allfällige Beweisgegenstände beizufügen.


Art. 91

Entscheid über das Ersuchen 1 Das Bundesamt entscheidet nach Rücksprache mit der Strafverfolgungsbehörde
über die Annahme des ausländischen Ersuchens.

2 Nimmt es dieses an, so übermittelt es der Strafverfolgungsbehörde die Akten und
verständigt den ersuchenden Staat und den Betroffenen.

3 Der Entscheid verpflichtet nicht, ein Strafverfahren zu eröffnen.

92

Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

Rechtshilfe

36

351.1

4 Das Bundesamt kann die Übernahme der Strafverfolgung ablehnen, wenn wichtige
Gründe ihr entgegenstehen oder die Bedeutung der Tat sie nicht rechtfertigt.


Art. 92

Ausländische Untersuchungshandlungen Jede von den Behörden des ersuchenden Staates nach dessen Recht durchgeführte
Untersuchungshandlung wird im Strafverfahren einer entsprechenden schweizerischen Untersuchungshandlung gleichgestellt.


Art. 93

Kosten

1 Die vom ersuchenden Staat festgesetzten Verfahrenskosten werden zu den Kosten
des Verfahrens in der Schweiz geschlagen und eingefordert. Sie werden dem ersuchenden Staat nicht erstattet.

2 Über bezahlte Geldbussen, eingezogene Gegenstände oder verfallene Beträge verfügen die Kantone.

3 Dem ersuchten Staat werden, wenn er die Verfolgung übernimmt, die in der
Schweiz aufgelaufenen Verfahrenskosten gemeldet. Ihre Erstattung wird nicht verlangt.

Fünfter Teil: Vollstreckung von Strafentscheiden 1. Kapitel: Voraussetzungen 1. Abschnitt: Übernahme durch die Schweiz

Art. 94

Grundsatz

1 Rechtskräftige und vollstreckbare Strafentscheide eines andern Staates können auf
dessen Ersuchen vollstreckt werden, wenn: a.

der Verurteilte in der Schweiz seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich
hier wegen einer schweren Tat verantworten muss; b.

Gegenstand der Verurteilung eine im Ausland verübte Handlung ist, die,
wenn entsprechend in der Schweiz begangen, hier strafbar wäre, und c.

die Vollstreckung in der Schweiz insbesondere aus einem der Gründe nach
Artikel 85 Absätze 1 und 2 angezeigt oder wenn sie im ersuchenden Staat
ausgeschlossen erscheint.

2 Im Ausland verhängte Sanktionen werden vollzogen, soweit sie das Höchstmass
der im schweizerischen Recht für eine entsprechende Tat vorgesehenen Strafe nicht
übersteigen. Sanktionen, die unter dem schweizerischen Strafrahmen bleiben, dürfen
vollzogen werden.

3 ...93

93

Aufgehoben durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996 (AS 1997 114; BBl 1995 III 1 ).

Rechtshilfegesetz

37

351.1

4 Bussen sowie Kosten aus Verfahren nach Artikel 63 können auch vollstreckt werden, wenn der Verurteilte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, in der
Schweiz aber über Vermögenswerte verfügt und wenn der ersuchende Staat Gegenrecht hält.


Art. 95

Unzulässigkeit der Vollstreckbarerklärung 1 Die Vollstreckbarerklärung (Exequatur) ist unzulässig, wenn: a.

die Verurteilung in einem Zeitpunkt erfolgte, in dem bei Anwendung
schweizerischen Rechts die Strafverfolgung absolut verjährt gewesen wäre; b.

die Sanktion nach schweizerischem Recht verjährt wäre, sofern ein schweizerische Behörde sie im gleichen Zeitpunkt ausgesprochen hätte, oder c.

die Tat auch der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterworfen ist und nach
schweizerischem Recht aus andern Gründen keine Sanktion verhängt werden
könnte.

2 Entscheide über Kosten werden nur vollstreckbar erklärt, soweit diese an den Staat
zu zahlen sind.


Art. 96

Ablehnung der Vollstreckung Der Richter lehnt die Vollstreckung ganz oder teilweise ab, wenn: a.

der Verurteilte in der Schweiz wegen anderer Taten eine freiheitsbeschränkende Sanktion verwirkt hat und die nachgesuchte Vollstreckung offensichtlich eine schwerere Bestrafung zur Folge hätte, als wenn die Gesamt- Taten
in der Schweiz beurteilt würde, oder b.

der Vollzug einer strafrechtlichen Nebenfolge in der Schweiz unzulässig ist,
oder

c.

er der Auffassung ist, dass sich der Verurteilte mit guten Gründen der Vollstreckung eines im Abwesenheitsverfahren ergangenen Entscheids oder
Strafbefehls widersetzt, gegen den nach dem Recht des ersuchenden Staates
kein Einspruch oder Rechtsmittel mehr zulässig ist.


Art. 97

Verbindlichkeit der Feststellung über den Sachverhalt Der Richter ist bei der Beurteilung der Strafbarkeit und der Verfolgbarkeit nach
schweizerischem Recht an die Feststellungen über den Sachverhalt gebunden, auf
denen der Entscheid beruht. Soweit sie nicht ausreichen, können Beweiserhebungen
angeordnet werden.


Art. 98

Wirkungen der Übernahme Wenn die Schweiz die Vollstreckung übernimmt, so darf hier gegen den Verurteilten
wegen derselben Tat kein Strafverfahren eingeleitet oder fortgeführt werden.

Rechtshilfe

38

351.1


Art. 99

Benutzung schweizerischer Anstalten durch das Ausland 1 Fehlen die Voraussetzungen nach Artikel 94 Absatz 1, so können freiheitsbeschränkende Sanktionen, die in einem andern Staat gegen Nicht-Schweizer-Bürger
ausgesprochen worden sind, in der Schweiz nach schweizerischem Recht vollzogen
werden, wenn der andere Staat sie nicht selbst vollziehen kann.

2 Rechtsgrundlage für die Beschränkung der persönlichen Freiheit des Verfolgten in
der Schweiz ist in diesem Falle der rechtskräftige und vollstreckbare ausländische
Entscheid.

3 Werden Personen aufgrund von Absatz 1 der Schweiz zugeführt, so dürfen sie
mangels anderweitiger Vereinbarungen mit den zuständigen Behörden des Staates,
der sie zugeführt hat, wegen Handlungen, die sie vor ihrer Zuführung begangen haben und die nicht Gegenstand ihrer Verurteilung waren, von den schweizerischen
Behörden weder verfolgt noch bestraft noch an einen dritten Staat ausgeliefert werden. Diese Wirkungen entfallen zehn Tage nach der bedingten oder endgültigen
Freilassung aus der Anstalt.

4 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.

2. Abschnitt: Übertragung an das Ausland

Art. 100

Grundsatz

Ein anderer Staat kann um Übernahme der Vollstreckung eines schweizerischen
Strafentscheides ersucht werden, wenn: a.

die Beachtung der Verbindlichkeit des Entscheides im Sinne von Artikel 97
gewährleistet ist und

b.

die Übertragung der Vollstreckung eine bessere soziale Wiedereingliederung
des Verurteilten erwarten lässt oder die Schweiz seine Auslieferung nicht
erwirken kann.


Art. 101

Voraussetzungen der Zuführung Der Verurteilte, der in der Schweiz in Haft ist, darf zur Vollstreckung nach Artikel
100 nur zugeführt werden, wenn er zustimmt und zu erwarten ist, dass der ersuchte
Staat die vom Bundesamt festgelegten Bedingungen beachtet.


Art. 102

Wirkungen der Übertragung 1 Übernimmt ein anderer Staat die Vollstreckung eines Strafentscheides, so sieht die
schweizerische Behörde von der Vollstreckung ab, solange der ersuchte Staat nicht
mitgeteilt hat, dass er sie nicht zu Ende führt.

2 Zur Sicherstellung seiner Überführung kann der Verurteilte verhaftet werden.

3 Artikel 89 Absätze 2 und 3 gelten sinngemäss.

Rechtshilfegesetz

39

351.1

2. Kapitel: Verfahren 1. Abschnitt: Ersuchen

Art. 103

Unterlagen

Ausser den Unterlagen nach Artikel 28 Absatz 3 sind einem Ersuchen beizufügen: a.

die Urschrift oder eine amtlich als richtig bescheinigte Abschrift des Entscheides mit einer Bestätigung seiner Vollstreckbarkeit; b.

eine Bescheinigung über die im ersuchenden Staat erstandene Haft; c.

auf Verlangen des ersuchten Staates die Strafakten in Urschrift oder amtlich
als richtig bescheinigter Abschrift.


Art. 104

Entscheid über das Ersuchen 1 Das Bundesamt entscheidet nach Rücksprache mit der Vollzugsbehörde über die
Annahme des ausländischen Ersuchens. Nimmt es dieses an, so übermittelt es die
Akten und seinen Antrag der Vollzugsbehörde und verständigt den ersuchenden
Staat. Artikel 91 Absatz 4 gilt sinngemäss.

2 Ist die schweizerische Gerichtsbarkeit gegeben und im Ausland eine Sanktion ausgesprochen worden, die schwerer ist als die nach schweizerischem Recht vorgesehene, so kann anstelle der Vollstreckung die Strafverfolgung übernommen werden,
wenn der ersuchende Staat es verlangt.

2. Abschnitt: Exequaturverfahren

Art. 105

Zuständiger Richter

Der nach Artikel 348 des Strafgesetzbuches94 zuständige Richter unterrichtet den
Verurteilten über das Verfahren, hört ihn und seinen Rechtsbeistand zur Sache an
und entscheidet über die Vollstreckung.


Art. 106

Vollstreckbarerklärung 1 Der Richter prüft von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung
gegeben sind, und erhebt die nötigen Beweise.

2 Sind die Voraussetzungen erfüllt, so erklärt der Richter den Entscheid für vollstreckbar und trifft die für die Vollstreckung erforderlichen Anordnungen.

3 Der Entscheid hat in Form eines begründeten Urteils zu erfolgen. Das kantonale
Recht stellt ein Rechtsmittel zur Verfügung.

94

SR 311.0

Rechtshilfe

40

351.1

3. Abschnitt: Vollstreckung

Art. 107

Vollzug der Sanktion

1 Die vom Richter bestimmte Sanktion wird nach schweizerischem Recht vollzogen.

2 Der Vollzug ist einzustellen, wenn die Vollstreckbarkeit des Entscheides im ersuchenden Staat erlischt oder aufgehoben wird.

3 Wurde nur ein Kostenentscheid vollstreckt, so werden die eingezogenen Beträge
nach Abzug der entstandenen Kosten dem ersuchenden Staat überwiesen, sofern er
Gegenrecht hält.


Art. 108

Kosten

Neben den Kosten für den Vollzug der Sanktion gelten auch jene für das Exequaturverfahren und die übrige Vollstreckung als Kosten im Sinne von Artikel 31.

Sechster Teil: Schlussbestimmungen

Art. 109

Aufhebung und Änderung bisherigen Rechts 1 Das Bundesgesetz vom 22. Januar 189295 betreffend die Auslieferung gegenüber
dem Auslande wird aufgehoben.

2

a.


Das Schweizerische Strafgesetzbuch96 wird wie folgt geändert: Art. 75bis

...

Übergangsbestimmung ...

b.

Die entsprechenden Texte werden als Artikel 56bis und als Übergangsbestimmung dem Militärstrafgesetz97 eingefügt.

95

[BS 3 509]

96

SR 311.0. Die hiernach aufgeführten Änd. sind eingefügt im genannten BG.

97

SR 321.0

98

SR 173.110

99

Dieser Bst. hat heute eine neue Fassung.

Rechtshilfegesetz

41

351.1


Art. 110

Übergangsbestimmungen 1 Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes hängigen Auslieferungsverfahren werden
nach den Verfahrensvorschriften des Bundesgesetzes vom 22. Januar 1892100 betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande zu Ende geführt.

2 Die Strafverfolgung und die Vollstreckung von Strafentscheiden nach dem vierten
und fünften Teil dieses Gesetzes kann nur übernommen werden, wenn die Tat, auf
die sich das Ersuchen bezieht, nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen
worden ist.

3 Ersuchen um Auslieferung oder andere Rechtshilfe wegen Taten, deren Verjährung
nach Artikel 75bis des Strafgesetzbuches101 oder Artikel 56bis des Militärstrafgesetzes102 ausgeschlossen ist, kann der Bundesrat auch dann entsprechen, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmungen die Strafverfolgung oder die Strafe bereits verjährt war.

a103 Übergangsbestimmung zur Änderung vom 4. Oktober 1996 Die Bestimmungen der Änderung vom 4. Oktober 1996 dieses Gesetzes gelten für
alle Verfahren, die bei deren Inkrafttreten hängig sind.


Art. 111

Vollzug

1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.

2 Er kann eine ständige Kommission einsetzen zur Begutachtung der Frage, ob die
Bedeutung der Tat die Erteilung von Auskünften aus dem Geheimbereich rechtfertigt. Die Kommissionsmitglieder sind wie die Beamten des Bundes zur Geheimhaltung verpflichtet.


Art. 112

Inkrafttreten und Referendum 1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.

2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.

Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 1983104 100

[BS 3 509]

101

SR 311.0

102

SR 321.0

103

Eingefügt durch Ziff. I des BG vom 4. Okt. 1996, in Kraft seit 1. Febr. 1997 (AS 1997
114 130; BBl 1995 III 1).

104

BRB vom 24. Febr. 1982 (AS 1982 877)

Rechtshilfe

42

351.1