A 4.2 4.2

Mord

- Indizienkette (Erw. I/4).

- Mordqualifikation (Erw. I/5).

- Strafzumessung, Höchststrafe und Verbot der Doppelverwertung (Erw.

III/1).

Aus den Erwägungen: I.

4. (...). Bereits widerlegt wurden die Ausführungen der Verteidigung zu den Aussagen der Zeugen und Tatbeteiligten, zur Tatwaffe, zu den Geschossabriebspuren sowie zu den abweichenden (und in nicht auflösbarem Widerspruch zur Bezichtigung von M. stehenden) Todeszeitberechnungen; es kann auf vorstehende Erwägungen verwiesen werden. Im Übrigen sind Beweislücken stets in Abhängigkeit bereits vorhandener Indizien zu beurteilen; einzelne unterlassene Beweiserhebungen bleiben vorliegend ohne Einfluss auf die Engmaschigkeit der gesamten Indizienkette, deren Aussagekraft weitere Untersuchungshandlungen heute weder notwendig noch sinnvoll erscheinen lässt. Bei einer Gesamtbetrachtung bleiben keine vernünftigen Zweifel an der Schuld des Angeklagten.

Von einem regelrechten "Komplott" zu sprechen, wonach S. und M. als Hauptschuldige sich gegen den Angeklagten zusammengeschlossen hätten, worauf sie von der Staatsanwaltschaft aus prozesstaktischen Gründen für ihre Kooperationsbereitschaft mit einer Aburteilung im Strafbefehlsverfahren "belohnt" worden seien, wäre verfehlt (auch wenn an sich nichts dagegen gesprochen hätte, den Prozess gegen sämtliche drei Beteiligte zu führen, vgl. auch Erw. 3.b i.f.). Die Aussagen der beiden Mitbeteiligten werden durch Aussagen Dritter sowie zahlreiche unabhängige Indizien gestützt; auch ist ein Motiv für eine Täterschaft der beiden Mitbeteiligten nicht erkennbar. Der Angeklagte ist im Sinne der Anklage zu verurteilen.

5. Die dem Angeklagten zur Last gelegte Tat erfüllt unbestrittenermassen den Grundtatbestand der vorsätzlichen Tötung gemäss Art. 111
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe152 nicht unter fünf Jahren bestraft.
StGB. Zu prüfen ist, ob darüber hinaus auch der qualifizierte Tatbestand des Mordes gemäss Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB erfüllt ist. Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB nennt als qualifizierendes Tatbestandselement ein besonders skrupelloses Handeln, namentlich im Falle besonderer Verwerflichkeit des Beweggrunds oder Zwecks der Tat oder der Art der Ausführung. Die Anklageschrift erblickt die besondere Skrupellosigkeit des Angeklagten im Tatmotiv, in

79

A 4.2 der Tatplanung, in der Art der Ausführung sowie im Nachtatverhalten.

Die Vorinstanz qualifizierte die Tat des Angeklagten ebenfalls als Mord, allerdings ausschliesslich unter Berufung auf die in der Anklageschrift genannten äusseren Tatmerkmale, da das Motiv des Angeklagten mangels Geständnis nicht bekannt sei (angef. Urteil, S. 59 ff., 66 ff.). Die Verteidigung hat sich zur rechtlichen Qualifizierung der Tat nicht substanziiert geäussert.

Auch bei Berücksichtigung lediglich äusserer Tatmerkmale ist die in der Anklageschrift umschriebene besondere Skrupellosigkeit im Sinne von Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB zu bejahen: Der Tatentschluss war nicht spontan, vielmehr bemühte sich der Angeklagte während Wochen wiederholt und intensiv um eine Tatwaffe. Er nützte das Vertrauen und die Arglosigkeit der Freundin aus, um mit der Waffe in die Wohnung zu gelangen. Dort erschoss er das Opfer trotz Kenntnis um die Anwesenheit der Kinder in der Wohnung (§ 136 GO). Besonders schwer wiegt ferner die Tatausführung: Zwar ist die in der Anklageschrift umschriebene Erschiessung nach Art einer Hinrichtung durch die Akten nicht genügend ausgewiesen, doch erfolgte die tödliche Schussabgabe jedenfalls von hinten in den Kopf.

Seine Entschlossenheit und Skrupellosigkeit stellte der Angeklagte sodann unter Beweis, als er nach erfolgter Schussabgabe an den Tatort zurückkehrte, um den Tod des offenbar noch zuckenden, gemäss gerichtsmedizinischem Gutachten jedenfalls noch lebenden Opfers durch Ersticken mit einem Kissen zu beschleunigen. Völlige Gefühllosigkeit bewies der Angeklagte schliesslich beim alleinigen Zurücklassen der Kinder in der Wohnung mit der toten Mutter.

Der vorinstanzliche Schuldspruch wegen Mordes im Sinne von Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB ist daher zu bestätigen, die Berufung in diesem Punkt abzuweisen. (...).

III.

1. Aufgrund der Bestätigung des vorinstanzlichen Schuldspruchs in sämtlichen Punkten der Anklageschrift ist der Angeklagte wegen mehrerer Straftaten zu verurteilen. Nach Art. 68 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
StGB verurteilt ihn der Richter zur Strafe der schwersten Tat und erhöht deren Dauer angemessen. Im Übrigen ist die Strafe gemäss Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB nach dem Verschulden des Täters zu bemessen, wobei das Vorleben des Täters, dessen Beweggründe und die persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sind.

a) Die Staatsanwaltschaft beantragte
im erstinstanzlichen Verfahren die Bestrafung des Angeklagten mit "mindestens 19 Jahren Zuchthaus".

Die Vorinstanz hat den Angeklagten zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Im Berufungsverfahren verzichtete die Staatsanwaltschaft auf einen eindeutigen Antrag zum Strafmass; die Verteidigung verlangte einen 80

A 4.2 Freispruch von Schuld und Strafe, machte im Eventualstandpunkt jedoch die Reduktion des Strafmasses geltend.

b) Das Verschulden des Angeklagten ist als äusserst schwer zu beurteilen: Der Tatentschluss erfolgte nicht spontan, sondern der Angeklagte bemühte sich während Wochen wiederholt und intensiv um eine Tatwaffe. Er nützte das Vertrauen und die Arglosigkeit der Freundin aus, um mit der Waffe in die Wohnung zu gelangen. Dort erschoss er das Opfer im Wissen um die Anwesenheit der Kinder. Die tödliche Schussabgabe erfolgte von hinten in den Kopf des wehrlosen Opfers. Nach erfolgter Schussabgabe kehrte der Angeklagte an den Tatort zurück, um den Tod des offenbar noch zuckenden und gemäss medizinischem Gutachten noch lebenden Opfers durch Ersticken mit einem Kissen zu beschleunigen. Die Kinder der Getöteten liess der Angeklagte bei der toten Mutter in der Wohnung zurück. All dies wurde im Zusammenhang mit der Qualifizierung der Tat als Mord ausgeführt (Erw. 5). Zu beachten ist, dass gemäss Lehre und Rechtsprechung im Rahmen des sog. Doppelverwertungsverbots Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens führen, innerhalb des geänderten Strafrahmens bei der Strafzumessung nicht erneut zu berücksichtigen sind, dem Ausmass eines qualifizierenden oder privilegierenden Tatumstands bei der Strafzumessung jedoch Rechnung zu tragen ist (BGE 118 IV 347 f.; 120 IV 72; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil II, 2. Aufl., Bern 2006, Ziff. 22 zu Kap. 6; Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Aufl., Zürich 1997, N 17 zu Art. 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
StGB; zu eng: Schwarzenegger, Basler Kommentar zum StGB, Bd. II, Basel/Genf/München 2003, N 28, 6 f. zu Art. 112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
StGB). Angesichts des äusserst schweren Verschuldens des Angeklagten ist vorliegend von Tatumständen auszugehen, die weit über die blosse Mordqualifizierung hinausgehend und straferhöhend zu berücksichtigen sind.

Die Vorinstanz hat zudem auch das Verhalten des Angeklagten im Strafverfahren selber als fehlende Reue ausgelegt und straferhöhend gewertet. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung darf aus hartnäckigem Bestreiten einer Schuld auf fehlende Reue und Einsicht geschlossen und dieser Umstand straferhöhend berücksichtigt werden (BGE 113 IV 56); inwieweit sich dies im Einzelnen mit den aus Art. 6 Ziff. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.

EMRK hergeleiteten Verfahrensrechten des Angeklagten verträgt, wozu unter anderem auch das Recht zu leugnen gehört, kann letztlich offen bleiben. Die fehlende Reue des Angeklagten ergibt sich jedenfalls unabhängig davon aus dessen aktenkundiger postumer Beschimpfung der Getöteten anlässlich eines Haftbesuchs der Eltern als "huere Schlampe", deretwegen man ein "huere Theater" veranstalte. Kommt hinzu, dass auch im Zusammenhang mit der falschen Anschuldigung 81

A 4.3 durch den Angeklagten von einem schweren Verschulden auszugehen ist: M. D. hatte nicht nur den Verlust der ermordeten Schwester hinzunehmen, sondern sah sich aufgrund der Falschbezichtigung des Angeklagten auch dem Vorwurf ausgesetzt, mit dem Tötungsdelikt in Zusammenhang zu stehen; in der Folge verbrachte sie fast einen Monat in Untersuchungshaft, ohne dass sich der Anfangsverdacht hätte bestätigen lassen.

Auch dies ist im Hinblick auf das für die strafschärfende Tatmehrheit zu bestimmende Gesamtverschulden straferhöhend zu berücksichtigen.

Der von der Verteidigung gegen die Höhe des Strafmasses angeführte Fall aus der Bundesgerichtspraxis (BGE 6S.106/2006 vom 16. Oktober 2006) ist demgegenüber mit dem vorliegenden nicht direkt vergleichbar; zwar lag dem Entscheid des Bundesgerichts ebenfalls ein Sachverhalt mit Tatmehrheit zugrunde ­ der mit 18 Jahren Zuchthaus bestrafte Täter hatte seine frühere Geliebte vor einer Diskothek aus nächster Nähe erschossen und den flüchtenden Nebenbuhler verletzt ­, doch kann angesichts der besonderen Umstände im vorliegenden Fall ­ Ausnützen des Vertrauens des Opfers, Rückkehr an den Tatort, Zurücklassen der Kinder ­ auch im Vergleich mit der Praxis der Bundesgerichts nicht gesagt werden, die Vorinstanz habe ihr Ermessen falsch gehandhabt. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters des Angeklagten (der im Tatzeitpunkt erst 20 Jahre alt war) sowie des Drucks, dem der Angeklagte seitens seiner Familie offenbar ausgesetzt war; der Vorinstanz sind diese strafmindernden Umstände, auf die auch die Staatsanwaltschaft verweist, nicht entgangen, auch wenn sie nur zum Teil darauf abgestellt hat. Grundsätzlich ist dieser Umstand nicht zu beanstanden; vielmehr kann auch beim Vorliegen strafmindernder Gründe auf die Höchststrafe erkannt werden, wenn gleichzeitig schwerwiegende straferhöhende Gründe gegeben sind (Stern, Verteidigung in Mord- und Totschlagsverfahren, 2. Aufl., Heidelberg 2005, S. 157, Rz 479). Im Übrigen beanstandet die Verteidigung das Strafmass nicht im Einzelnen. Die von der Vorinstanz verhängte lebenslängliche Zuchthausstrafe ist zu bestätigen; für Näheres kann auf das angefochtene Urteil verwiesen werden (§ 136 GO).

(Urteil vom 29. November 2006, SK 2006 20; staatsrechtliche und Nichtigkeitsbeschwerde wurden mit BGer 6P.47/2007 und 6S.106/ 2007 vom 29. Juni 2007 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war).

4.3

Betäubungsmittel

- Strafbarkeit nach Art. 19 Ziff. 1 Abs. 4
SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz
BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b  Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c  Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d  Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e  den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
f  öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt;
g  zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft.
2    Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92
a  weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt;
d  in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht.
3    Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern:
a  bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g;
b  bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.
4    Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar.
BetmG setzt objektiv den Nachweis der ungesetzlichen Verwendung als Betäubungsmittel voraus (Erw. 2).

82

Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2006-A-4.2
Datum : 29. November 2006
Publiziert : 29. November 2006
Quelle : SZ-GVP
Status : 2006-A-4.2
Sachgebiet : Strafrecht
Gegenstand : Mord - Indizienkette (Erw. I/4). - Mordqualifikation (Erw. I/5). - Strafzumessung, Höchststrafe und Verbot der Doppelverwertung...


Gesetzesregister
BetmG: 19
SR 812.121 Bundesgesetz vom 3. Oktober 1951 über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe (Betäubungsmittelgesetz, BetmG) - Betäubungsmittelgesetz
BetmG Art. 19 - 1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
1    Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer:
a  Betäubungsmittel unbefugt anbaut, herstellt oder auf andere Weise erzeugt;
b  Betäubungsmittel unbefugt lagert, versendet, befördert, einführt, ausführt oder durchführt;
c  Betäubungsmittel unbefugt veräussert, verordnet, auf andere Weise einem andern verschafft oder in Verkehr bringt;
d  Betäubungsmittel unbefugt besitzt, aufbewahrt, erwirbt oder auf andere Weise erlangt;
e  den unerlaubten Handel mit Betäubungsmitteln finanziert oder seine Finanzierung vermittelt;
f  öffentlich zum Betäubungsmittelkonsum auffordert oder öffentlich eine Gelegenheit zum Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln bekannt gibt;
g  zu einer Widerhandlung nach den Buchstaben a-f Anstalten trifft.
2    Der Täter wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft, wenn er:92
a  weiss oder annehmen muss, dass die Widerhandlung mittelbar oder unmittelbar die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann;
b  als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Ausübung des unerlaubten Betäubungsmittelhandels zusammengefunden hat;
c  durch gewerbsmässigen Handel einen grossen Umsatz oder einen erheblichen Gewinn erzielt;
d  in Ausbildungsstätten vorwiegend für Jugendliche oder in ihrer unmittelbaren Umgebung gewerbsmässig Betäubungsmittel anbietet, abgibt oder auf andere Weise zugänglich macht.
3    Das Gericht kann in folgenden Fällen die Strafe nach freiem Ermessen mildern:
a  bei einer Widerhandlung nach Absatz 1 Buchstabe g;
b  bei einer Widerhandlung nach Absatz 2, wenn der Täter von Betäubungsmitteln abhängig ist und diese Widerhandlung zur Finanzierung des eigenen Betäubungsmittelkonsums hätte dienen sollen.
4    Nach den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 ist auch strafbar, wer die Tat im Ausland begangen hat, sich in der Schweiz befindet und nicht ausgeliefert wird, sofern die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter das mildere, so ist dieses anzuwenden. Artikel 6 des Strafgesetzbuches93 ist anwendbar.
EMRK: 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
StGB: 63 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
1    Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
a  der Täter eine mit Strafe bedrohte Tat verübt, die mit seinem Zustand in Zusammenhang steht; und
b  zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang stehender Taten begegnen.
2    Das Gericht kann den Vollzug einer zugleich ausgesprochenen unbedingten Freiheitsstrafe, einer durch Widerruf vollziehbar erklärten Freiheitsstrafe sowie einer durch Rückversetzung vollziehbar gewordenen Reststrafe zu Gunsten einer ambulanten Behandlung aufschieben, um der Art der Behandlung Rechnung zu tragen. Es kann für die Dauer der Behandlung Bewährungshilfe anordnen und Weisungen erteilen.
3    Die zuständige Behörde kann verfügen, dass der Täter vorübergehend stationär behandelt wird, wenn dies zur Einleitung der ambulanten Behandlung geboten ist. Die stationäre Behandlung darf insgesamt nicht länger als zwei Monate dauern.
4    Die ambulante Behandlung darf in der Regel nicht länger als fünf Jahre dauern. Erscheint bei Erreichen der Höchstdauer eine Fortführung der ambulanten Behandlung notwendig, um der Gefahr weiterer mit einer psychischen Störung in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen zu begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Behandlung um jeweils ein bis fünf Jahre verlängern.
68 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 68 - 1 Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
1    Ist die Veröffentlichung eines Strafurteils im öffentlichen Interesse, im Interesse des Verletzten oder des Antragsberechtigten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Kosten des Verurteilten an.
2    Ist die Veröffentlichung eines freisprechenden Urteils oder einer Einstellungsverfügung der Strafverfolgungsbehörde im öffentlichen Interesse, im Interesse des Freigesprochenen oder Entlasteten geboten, so ordnet sie das Gericht auf Staatskosten oder auf Kosten des Anzeigers an.
3    Die Veröffentlichung im Interesse des Verletzten, Antragsberechtigten, Freigesprochenen oder Entlasteten erfolgt nur auf deren Antrag.
4    Das Gericht bestimmt Art und Umfang der Veröffentlichung.
111 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe152 nicht unter fünf Jahren bestraft.
112
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 112 - Handelt der Täter besonders skrupellos, sind namentlich sein Beweggrund, der Zweck der Tat oder die Art der Ausführung besonders verwerflich, so ist die Strafe lebenslängliche Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.154
BGE Register
113-IV-56 • 118-IV-342 • 120-IV-67
Weitere Urteile ab 2000
6P.47/2007 • 6S.106/2006
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • opfer • mord • anklageschrift • bundesgericht • strafzumessung • tod • verurteilung • sachverhalt • skrupellosigkeit • verurteilter • mutter • schweres verschulden • zuchthausstrafe • strafgesetzbuch • wirkung • einsprache • entscheid • verfahrensbeteiligter • kommentar
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