01.07.2023 - * / In Kraft
01.01.2023 - 30.06.2023
01.05.2013 - 31.12.2022
01.01.2010 - 30.04.2013
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01.01.2001 - 31.01.2001
Fedlex DEFRITRMEN
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1

Bundesgesetz
über den Bundeszivilprozess
vom 4. Dezember 1947 (Stand am 23. Januar 2001) Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, gestützt auf die Artikel 106-114 der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 14. März 19473 beschliesst:

Erster Titel: Anwendungsbereich des Gesetzes
und Zuständigkeit


Art. 1

1

Dieses Gesetz regelt das Verfahren in den vom Bundesgericht als einziger Instanz zu beurteilenden Streitsachen, die in Artikel 41 des
Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 19434 angeführt sind.5 2

Es wird ergänzt durch die Vorschriften des ersten, neunten und zehnten Titels des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember
19436, soweit die folgenden Bestimmungen nicht Abweichendes enthalten.


Art. 2

1

Die Klage beim Bundesgericht setzt voraus, dass nach eidgenössischem oder kantonalem Recht ein Gerichtsstand in der Schweiz begründet ist.

2

Die Vereinbarung eines Gerichtsstandes in der Schweiz bindet das Bundesgericht nicht; es kann die Klage von Amtes wegen zurückweisen. Hat jedoch eine Partei ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Niederlassung in der Schweiz oder ist nach dem AS 1948 485

1

[BS 1 3; AS 1981 1243]. Den genannten Bestimmungen entsprechen heute Art. 143-145,
168 Abs. 1 und 188-191 (nach Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 8. Okt. 1999
über die Reform der Justiz [BBl 1999 8633] Art. 188-191c) der BV vom 18. April 1999
(SR 101).

2 Fassung

gemäss Ziff. II 2 des BG vom 23. Juni 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2719 2724; BBl 1999 9518 9606).

3

BBl 1947 I 989 4

SR 173.110

5 Fassung

gemäss Ziff. II 2 des BG vom 23. Juni 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2719 2724; BBl 1999 9518 9606).

6

Dem neunten und zehnten Titel des OG, in der Fassung vom 16. Dez. 1943, entsprechen
heute die siebenten und achten Titel in der Fassung vom 20. Dez. 1968.

273

Anwendungsbereich Zuständigkeit

Zivilrechtspflege

2

273

Bundesgesetz vom 18. Dezember 19877 über das Internationale Privatrecht auf den Streitgegenstand schweizerisches Recht anzuwenden, so
ist das Bundesgericht zur Annahme der Klage verpflichtet.8 Zweiter Titel: Allgemeine Grundsätze des Verfahrens

Art. 3

1

Der Richter prüft von Amtes wegen die Zulässigkeit der Klage und aller weiteren Prozesshandlungen.

2

Der Richter darf über die Rechtsbegehren der Parteien nicht hinausgehen und sein Urteil nur auf Tatsachen gründen, die im Verfahren
geltend gemacht worden sind. Er soll jedoch die Parteien auf unzulängliche Rechtsbegehren aufmerksam machen und darauf hinwirken,
dass sie Tatsachen und Beweismittel, die für die Feststellung des wahren Tatbestandes notwendig erscheinen, vollständig angeben. Zu diesem Instruktionszwecke kann er jederzeit die Parteien persönlich einvernehmen.


Art. 4

1

Der Richter und die Parteien haben sich einer der Nationalsprachen des Bundes zu bedienen.

2

Nötigenfalls ordnet der Richter Übersetzung an.


Art. 5

1

Ein Instruktionsrichter leitet den Schriftenwechsel und bereitet den Rechtsstreit für die Hauptverhandlung vor.

2

Er bestimmt die von den Parteien für Gerichtskosten und Entschädigung zu leistenden Sicherstellungen und Vorschüsse gemäss den Artikeln 150 und 151 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember
19439. Er entscheidet über die Gerichtskosten bei Streitbeendigung
vor der Hauptverhandlung durch gerichtlichen Vergleich oder Abstand
und bestimmt bei Abstand die Höhe der Parteientschädigung.

3

Zu Zeugeneinvernahmen, Augenschein und Parteiverhör ist ein zweiter Richter beizuziehen.

7

SR 291

8

Fassung gemäss Ziff. II 3 des Anhangs zum IPRG vom 18. Dez. 1987, in Kraft seit
1. Jan. 1989 (SR 291).

9

SR 173.110

Richterpflicht

Sprache der
Verhandlungen

Instruktionsrichter

Bundeszivilprozess

3

273


Art. 6

1

Der Richter kann aus Gründen der Zweckmässigkeit das Verfahren aussetzen, insbesondere wenn das Urteil von der Entscheidung in einem anderen Rechtsstreit beeinflusst werden kann.

2

Von Gesetzes wegen ruht das Verfahren in den besonders bestimmten Fällen und bei Tod einer Partei.

3

Im letzteren Falle ist die Fortsetzung zu verfügen, sobald die Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden kann oder die amtliche Liquidation angeordnet ist. Vorbehalten bleibt die vorherige Fortsetzung
dringlicher Prozesse durch Erbschaftsvertreter.

4

Sind die für die Verfügung der Fortsetzung erforderlichen Angaben über die Rechtsnachfolge weder von der Erbengemeinschaft noch von
der Gegenseite erhältlich, so wird der Prozess abgeschrieben.


Art. 7

1

Das Protokoll ist während der Verhandlungen niederzuschreiben.

Aufzunehmen sind die Anträge der Parteien und die Verfügungen des
Richters. Dem wesentlichen Inhalte nach sind zu protokollieren die in
den Schriftsätzen der Parteien nicht enthaltenen Ausführungen tatsächlicher Natur, die Ergebnisse des Augenscheins und des Parteiverhörs sowie die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen.

2

Den Parteien, Zeugen und Sachverständigen sind ihre Aussagen vom Gerichtsschreiber vorzulesen oder zu lesen zu geben; sie sind von ihnen zu unterzeichnen. Das übrige Protokoll liest er zur allfälligen Berichtigung den Parteien auf Verlangen am Schlusse der Verhandlung
vor und merkt dies an.

3

Stenographischen Protokollen sind vom Gerichtsschreiber beglaubigte Übertragungen beizufügen.


Art. 8

1

Nach Beendigung des Rechtsstreites sind die Beweisurkunden den Personen, die sie vorgelegt haben, gegen Empfangschein zurückzugeben.

2

Das gerichtliche Aktenheft mit den Schriftsätzen der Parteien, den Vollmachten ihrer Vertreter, den richterlichen Verfügungen und Mitteilungen, den Protokollen und der Urteilsausfertigung ist zu archivieren.

Aussetzen und
Ruhen des
Verfahrens

Protokoll

Rückgabe und
Aufbewahrung
von Akten

Zivilrechtspflege

4

273

Dritter Titel: Zeitbestimmung, Zustellung, Säumnis
und Wiederherstellung


Art. 9

Der Richter bestimmt die Fristen, soweit nicht das Gesetz sie festlegt,
und erlässt die Vorladungen.


Art. 10

1

Gerichtliche Mitteilungen werden der Partei zugestellt; hat die Partei einen bevollmächtigten Vertreter, so erfolgt die Zustellung an diesen.
Wird das persönliche Erscheinen einer Partei verlangt, so ist dies in
die Vorladung aufzunehmen.

2

Verfügungen und Urteile werden in der Regel durch die Post auf dem für die Übermittlung gerichtlicher Urkunden vorgesehenen Wege zugestellt; sie können in anderer Weise gegen Empfangsbescheinigung
zugestellt werden.

3

Im Ausland vorzunehmende Zustellungen sind nach den zwischenstaatlichen Vereinbarungen oder, wo solche fehlen, durch Vermittlung
des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vorzunehmen.


Art. 11

1

Ist die Adresse des Empfängers unbekannt, so erfolgt die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung. Die Zustellung der Klage durch
öffentliche Bekanntmachung setzt voraus, dass der Kläger die ihm zumutbaren Nachforschungen nach der Adresse des Beklagten gemacht
hat.

2

Die öffentliche Bekanntmachung ist auch zulässig, wenn eine im Auslande notwendige Zustellung voraussichtlich unausführbar ist.

3

Die öffentliche Bekanntmachung geschieht durch Auskündung im Bundesblatt und, nach Ermessen des Richters, in weitern Blättern. Der
Erscheinungstag des Bundesblattes gilt als Tag der Zustellung.


Art. 12

1

Sofern das Gesetz nichts anderes vorsieht, hat die Versäumung einer Prozesshandlung nur zur Folge, dass das Verfahren ohne diese weitergeht.

2

Bleibt eine Partei von einem Rechtstag aus, so wird dieser gleichwohl durchgeführt. Bisheriges Anbringen der ausgebliebenen Partei
wird berücksichtigt.

3

Sind infolge Versäumung einer Prozessschrift oder Ausbleibens einer Partei vom Rechtstage tatsächliche Behauptungen der Gegenpartei unFristen und
Vorladungen

Form der
Zustellung

Öffentliche
Zustellung

Säumnisfolgen

Bundeszivilprozess

5

273

bestritten geblieben, so ist darüber Beweis zu erheben, wenn Gründe
vorliegen, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln.

4

Der ausgebliebenen Partei wird eine Abschrift des Protokolls der Verhandlung zugestellt. Die Zustellung unterbleibt, wenn sie nach Artikel 11 durch öffentliche Bekanntmachung zu geschehen hätte.

5

Bleiben beide Parteien von einem Rechtstag aus, so fordert sie der Richter zur Rechtfertigung auf. Erweist sich, dass das Ausbleiben
nicht gerechtfertigt war, so kann er den Rechtsstreit abschreiben und
den Parteien die Kosten zu gleichen Teilen auferlegen.


Art. 13

1

Gegen die Folgen der Versäumung einer Frist oder eines Rechtstages wird Wiederherstellung gewährt, wenn der Säumige oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten war. Dabei muss
er innert zehn Tagen nach Wegfall des Hindernisses die Wiederherstellung verlangt und, im Falle der Fristversäumnis, die versäumte
Prozesshandlung nachgeholt haben. Das Hindernis ist glaubhaft zu
machen.

2

Die Wiederherstellung ist zu versagen, wenn sie für den Prozessausgang offenbar unerheblich wäre.

3

Über das Gesuch entscheidet der Instruktionsrichter, wenn er die versäumte Prozesshandlung verfügt hat, sonst das Gericht.

Vierter Titel: Parteien und am Rechtsstreite
beteiligte Dritte


Art. 14

Die Partei kann insoweit selbständig Prozess führen als sie handlungsfähig ist.


Art. 15

1

Wer ein eigenes rechtliches Interesse glaubhaft zu machen vermag, dass in einem zwischen andern Personen hängigen Rechtsstreite die
eine Partei obsiege, kann ihr als Gehilfe beitreten. Über die Zulassung
entscheidet der Instruktionsrichter, im Falle des Beitritts in der Hauptverhandlung das Gericht. Den Entscheid des Instruktionsrichters können die Beteiligten innert zehn Tagen an das Gericht weiterziehen.

2

Der Intervenient ist berechtigt, entsprechend der Lage des Verfahrens bei seinem Beitritt Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle übrigen Prozesshandlungen vorzunehmen, soweit sie
nicht im Widerspruch zu Prozesshandlungen der unterstützten Partei
stehen.

Wiederherstellung Prozessfähigkeit

Intervention

Zivilrechtspflege

6

273

3

Wird jedoch das Urteil kraft materiellen Rechts unmittelbar auch für die Rechtsbeziehungen des Intervenienten zur gegnerischen Partei
wirksam sein, so ist dieser in seinen Prozesshandlungen von der unterstützten Partei unabhängig.

4

Der Richter soll von seinen Verfügungen dem Intervenienten ebenfalls Kenntnis geben. Dem unabhängigen Intervenienten sind alle Zustellungen zu machen wie der unterstützten Partei.


Art. 16

1

Wenn eine Partei einem Dritten, gegen den sie im Falle des Unterliegens im Rechtsstreite einen Anspruch auf Gewährleistung oder Schadloshaltung zu haben oder dem sie für den Ausgang desselben haftbar
zu sein glaubt, Anzeige vom Rechtsstreit macht, kann der Dritte der
anzeigenden Partei als Intervenient beitreten, ohne sein Interesse
glaubhaft machen zu müssen.

2

Das gleiche Recht steht weitern Dritten zu, denen der Empfänger der Streitverkündung unter den gleichen Voraussetzungen seinerseits Anzeige macht.

3

Wird die Anzeige durch den Richter zugestellt, so hat sie die Gründe der Benachrichtigung und die Lage des Verfahrens anzugeben.


Art. 17

1

Wechsel der Partei ist nur mit Zustimmung der Gegenpartei gestattet.

2

Die ausscheidende Partei haftet für die bisher entstandenen Gerichtskosten solidarisch mit der eintretenden.

3

Die Rechtsnachfolge auf Grund von Gesamtnachfolge sowie kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen gilt nicht als Parteiwechsel.


Art. 18

1

Unter Vorbehalt von Artikel 29 Absatz 5 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194310 kann die Partei ihren Prozess selbst
oder durch einen bevollmächtigten Vertreter führen.

2

Die Vorschriften des Obligationenrechts11 über Umfang und Erlöschen der Ermächtigung gelten auch für die Vollmacht dem Gerichte
gegenüber.

3

Prozesshandlungen, die von einem nicht bevollmächtigten Vertreter vorgenommen wurden und vom Vertretenen nicht genehmigt werden,
sind von Amtes wegen nichtig zu erklären. Die Kosten des Verfahrens
sind dem Vertreter aufzuerlegen.

10

SR 173.110

11

SR 220

Streitverkündung

Parteiwechsel

Vertretung
der Parteien

Bundeszivilprozess

7

273

Fünfter Titel: Schriftenwechsel

Art. 19

1

Die Parteien sollen sämtliche Angriffs- oder Verteidigungsmittel auf einmal vorbringen. Vorbehalten bleibt Artikel 30 Absatz 1.

2

Tatsachen und Beweismittel können zur Ergänzung noch im allfälligen weiteren Schriftenwechsel und mündlich in der Vorbereitungsverhandlung bis zum Beginn der Beweisführung vorgebracht werden;
später nur, wenn die Verspätung entschuldbar ist sowie wenn das Vorbringen im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 Satz 2 von Amtes wegen berücksichtigt werden kann. Die gleiche Beschränkung gilt, wenn eine
Partei die Frist zur Einreichung einer Rechtsschrift versäumt hat.

3

Die durch nachträgliche Ergänzung entstehenden Mehrkosten des Verfahrens sind von der Partei zu tragen, sofern sie zu rechtzeitigem
Vorbringen in der Lage war.


Art. 20

1

Die Rechtsschriften sind in je einer Ausfertigung für das Gericht und für jede Gegenpartei einzureichen. Haben mehrere Kläger oder mehrere Beklagte den gleichen Vertreter bestellt, so genügt eine Ausfertigung für sie.

2

Fehlen notwendige Ausfertigungen oder schriftliche Vollmacht des Vertreters, so ist nach Artikel 30 Absatz 2 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194312, und wenn die Rechtsschrift formwidrig oder unschicklich ist, nach Absatz 3 der nämlichen Bestimmung zu verfahren.


Art. 21

1

Die Klage wird angehoben durch Einreichung der Klageschrift beim Bundesgericht.

2

Die Zuständigkeit des Gerichts wird durch nachherige Änderung der sie begründenden Tatsachen nicht berührt. Die Veräusserung der im
Streite liegenden Sache oder die Abtretung des streitigen Anspruchs
während der Rechtshängigkeit bleibt ohne Einfluss auf die Legitimation zur Sache.

3

Im übrigen bewirkt die Rechtshängigkeit nicht die Festlegung des Sachverhalts auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung.

12

SR 173.110

Vorbringen
der Angriffsund Verteidigungsmittel Zahl der
Rechtsschriften

Rechtshängigkeit

Zivilrechtspflege

8

273


Art. 22

Die Klage ist unzulässig, wenn der Anspruch bereits rechtshängig oder
rechtskräftig beurteilt ist.


Art. 23

Die Klageschrift hat zu enthalten: a.

den Namen, den Wohnort und die genaue Bezeichnung der
Parteien;

b.

das Rechtsbegehren des Klägers; c.

die Angaben, die für die Zuständigkeit des Bundesgerichts erheblich sind; d.

die klar gefasste Darstellung der Tatsachen, die das Rechtsbegehren begründen (Art. 19); e.

die genaue Angabe der Beweismittel für jede Tatsache, unter
Beifügung der Verzeichnisnummern der Beilagen (Buchst. f); f.

das numerierte Verzeichnis der Beilagen; g.

das Datum und die Unterschrift des Verfassers.


Art. 24

1

Mehrere Ansprüche des Klägers gegen denselben Beklagten können in der gleichen Klage geltend gemacht werden, wenn das Bundesgericht für jeden einzelnen Anspruch zuständig ist. Dieses Erfordernis
gilt nicht für Nebenansprüche.

2

Mehrere Personen können in der gleichen Klage als Kläger auftreten oder als Beklagte belangt werden: a.

wenn sie mit Rücksicht auf den Streitgegenstand in Rechtsgemeinschaft stehen oder aus dem gleichen tatsächlichen und
rechtlichen Grunde berechtigt oder verpflichtet sind. Der
Richter kann einen Dritten, der in der Rechtsgemeinschaft
steht, zum Streite beiladen. Der Beigeladene wird Partei.

b.

wenn gleichartige, auf einem im wesentlichen gleichartigen
tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche
den Streitgegenstand bilden und die Zuständigkeit des Bundesgerichts für jeden einzelnen Anspruch begründet ist.

3

Der Richter kann jederzeit verbundene Klagen trennen, wenn er es für zweckmässig hält.

Unzulässigkeitsgrund Klageschrift

Klagenhäufung
1. objektive
2. subjektive
(Streitgenossen)

Bundeszivilprozess

9

273


Art. 25

Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann geklagt werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an sofortiger Feststellung hat.


Art. 26

1

Das Rechtsbegehren kann in der Weise geändert werden, dass ein anderer oder weiterer Anspruch erhoben wird, der mit dem bisher geltendgemachten im Zusammenhang steht.

2

Neues tatsächliches Vorbringen zur Begründung der geänderten Klage unterliegt den Beschränkungen des Artikels 19 Absätze 2 und 3.


Art. 27

1

Der Kläger kann die Klage vor Zustellung an den Beklagten zurücknehmen. Der Instruktionsrichter macht ihn darauf aufmerksam, wenn
sich die Klage infolge Prozessmangels als unzulässig erweist.

2

Wird sie innert 20 Tagen unter Hebung des Prozessmangels wieder eingereicht, so wird die Rechtshängigkeit auf die erste Einreichung zurückbezogen. Dasselbe gilt, wenn die Klage wegen eines Prozessmangels vom Gericht zurückgewiesen wird.

3

Nach der Zustellung bedarf die Rücknahme der Klage der Zustimmung des Beklagten; ohne diese ist sie als Abstand auszulegen. Vorbehalten bleibt Artikel 73 Absatz 3.


Art. 28

1

Die Klage wird dem Beklagten unter Ansetzung einer Frist zur Beantwortung zugestellt.

2

Stellt der Beklagte das Begehren um Sicherstellung der Parteikosten gemäss Artikel 150 Absatz 2 des Bundesrechtspflegegesetzes vom
16. Dezember 194313, so wird der Lauf der Antwortfrist unterbrochen.
Wird das Begehren abgewiesen oder die Sicherheit geleistet, so setzt
der Richter eine neue Antwortfrist an.


Art. 29

Die Klageantwort hat zu enthalten: a.

alle Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der
Klage mit Begründung;

b.

die Anträge in der Sache; 13

SR 173.110

Feststellungsklage Klageänderung

Rücknahme
der Klage

Zustellung
der Klage

Klageantwort

Zivilrechtspflege

10

273

c.

die Widerklage, wenn der Beklagte eine solche erheben will
(Art. 31);

d.

die Antwort auf das Klageanbringen und die tatsächliche Begründung der Anträge in klar gefasster Darstellung (Art. 19).
Die Begründung der Widerklage kann mit der Antwort verbunden oder gesondert angeschlossen werden; e.

die genaue Angabe der Beweis- und Gegenbeweismittel für jede Tatsache unter Beifügung der Verzeichnisnummern der
Beilagen (Buchst. f), sowie die Einwendungen gegen die vom
Kläger angerufenen Beweismittel; f.

das numerierte Verzeichnis der Beilagen; g.

das Datum und die Unterschrift des Verfassers.


Art. 30

1

Der Instruktionsrichter kann verfügen, dass die Antwort sich auf Einwendungen gegen die prozessuale Zulässigkeit der Klage beschränke,
wenn erhebliche Zweifel gegen diese bestehen oder der Beklagte ohne
Verzug nach Zustellung der Klage ernsthafte Gründe dagegen vorbringt.

2

Erweist sich nachträglich die Voraussetzung der Beschränkung als unbegründet, so ist der Schriftenwechsel zu vervollständigen.


Art. 31

1

Widerklage ist zulässig für Ansprüche gemäss Artikel 41 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194314.15 Der Gegenanspruch muss mit dem Klageanspruch in rechtlichem Zusammenhang
stehen oder beide Ansprüche müssen verrechenbar sein.

2

Die Widerklage bleibt bestehen, auch wenn die Klage dahinfällt.


Art. 32

1

Die Antwort wird dem Kläger zugestellt unter Ansetzung einer Frist zur Beantwortung der Widerklage, wenn eine solche erhoben worden
ist. Die Artikel 28 und 29 Buchstaben a, b, d-g sind entsprechend anwendbar.

2

Eine schriftliche Replik ist einzuholen, wenn sie zur Erklärung des Klägers über das Vorbringen der Antwort geboten erscheint. Unter
entsprechender Voraussetzung kann dem Beklagten Frist zur Duplik
angesetzt werden.

14

SR 173.110

15 Fassung

gemäss Ziff. II 2 des BG vom 23. Juni 2000, in Kraft seit 1. Jan. 2001 (AS 2000 2719 2724; BBl 1999 9518 9606).

Beschränkung
der Antwort

Widerklage

Weiterer
Schriftenwechsel

Bundeszivilprozess

11

273


Art. 33

1

Die Partei hat die Urkunden, auf die sie sich zum Beweise beruft, und bei Berufung auf öffentliche Register beglaubigte Auszüge daraus
geheftet und numeriert der Rechtsschrift beizulegen. Vorbehalten
bleibt Erlass der Vorlage gemäss Artikel 53. In umfangreichen Beilagen sind die angerufenen Stellen kenntlich zu machen.

2

Befinden sich die Urkunden nicht in Händen der Partei, so sind die Inhaber mit Namen und Adresse zu bezeichnen. In gleicher Weise sind
die angerufenen Zeugen zu bezeichnen.

Sechster Titel: Vorbereitungsverfahren

Art. 34

1

Nach Abschluss des Schriftenwechsels führt der Instruktionsrichter das Vorbereitungsverfahren durch.

2

Das Vorbereitungsverfahren ist entsprechend zu beschränken, wenn eine Beschränkung der Antwort gemäss Artikel 30 stattgefunden hat
oder eine solche Anordnung nunmehr zweckmässig erscheint. Es kann
auch auf eine einzelne materielle Frage beschränkt werden, durch deren Beurteilung der Rechtsstreit voraussichtlich seinen Abschluss finden wird.


Art. 35

1

In mündlicher Vorbereitungsverhandlung erörtert der Instruktionsrichter mit den Parteien den Streitfall und veranlasst sie nötigenfalls
ihre Ausführungen zu verdeutlichen, zu berichtigen, zu vereinfachen
oder zu ergänzen. Die Parteien sind dazu in der Regel persönlich vorzuladen.

2

Der Instruktionsrichter führt darauf das Beweisverfahren durch.

3

Die Beweisführung wird auf die Hauptverhandlung verschoben, wenn die unmittelbare Wahrnehmung durch das Gericht aus besondern
Gründen geboten ist.

4

Im Einverständnis mit den Parteien kann die mündliche Vorbereitungsverhandlung unterbleiben.

Urkundenbeilage, Bezeichnung
der Beweismittel

Anwendung

Mündliche
Verhandlung

Zivilrechtspflege

12

273

Siebenter Titel: Beweis 1. Allgemeine Bestimmungen

Art. 36

1

Beweis wird nur über erhebliche und soweit nicht der Sachverhalt von Amtes wegen zu erforschen ist oder ein Fall nach Artikel 12 Absatz 3 vorliegt, nur über bestrittene Tatsachen geführt.

2

Ob mangels eines ausdrücklichen Geständnisses eine Tatsache als bestritten anzusehen sei, hat der Richter unter Berücksichtigung des
gesamten Inhalts des Vorbringens und des Verhaltens der Partei im
Prozesse zu beurteilen.

3

Inwiefern das Geständnis durch beigefügte Zusätze und Einschränkungen oder durch Widerruf unwirksam wird, beurteilt der Richter
nach freiem Ermessen.

4

In gleicher Weise beurteilt er, inwiefern infolge eines aussergerichtlichen Geständnisses der Beweis unnötig wird.


Art. 37

Der Richter ist an die von den Parteien angebotenen Beweismittel
nicht gebunden; er berücksichtigt nur die notwendigen. Er kann auch
von den Parteien nicht angebotene Beweismittel beiziehen.


Art. 38

Die Parteien sind berechtigt, der Beweiserhebung beizuwohnen und in
die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen. Wo es zur Wahrung
von Geschäftsgeheimnissen einer Partei oder eines Dritten nötig ist,
hat der Richter von einem Beweismittel unter Ausschluss der Gegenpartei oder der Parteien Kenntnis zu nehmen.


Art. 39

Im Ausland notwendige Beweisaufnahmen sind im Wege der Rechtshilfe herbeizuführen. Kann der Beweis durch einen schweizerischen
diplomatischen oder konsularischen Vertreter aufgenommen werden,
so ist das Ersuchen an diesen zu richten.


Art. 40

Der Richter würdigt die Beweise nach freier Überzeugung. Er wägt
mit das Verhalten der Parteien im Prozesse, wie das Nichtbefolgen einer persönlichen Vorladung, das Verweigern der Beantwortung richterlicher Fragen und das Vorenthalten angeforderter Beweismittel.

Beweisbedürftige Tatsachen;
Geständnis

Bestimmung
der Beweismittel
durch den Richter Beweiserhebung
in Anwesenheit
der Parteien
und Urkundeneinsicht Beweismassnahmen
im Ausland

Freie Beweiswürdigung

Bundeszivilprozess

13

273


Art. 41

Zur Sicherung gefährdeter Beweise trifft der Instruktionsrichter die
geeigneten Vorkehren. Beweissicherung vor Einreichung der Klage ist
Sache der kantonalen Gerichtsbarkeit.

2. Beweismittel a. Zeugen


Art. 42

1

Das Zeugnis kann verweigert werden: abis.16 von Personen, gegen die nach Artikel 27bis des Strafgesetzbuches17 für die Verweigerung des Zeugnisses keine Strafen
oder prozessualen Massnahmen verhängt werden dürfen; a.

über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten, Verwandten oder Verschwägerten in gerader Linie und im
zweiten Grad der Seitenlinie, den Adoptiveltern oder dem Adoptivkind die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder einer
schweren Benachteiligung der Ehre zuziehen kann oder einen
unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen
würde;

b.

von den in Artikel 321 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches genannten Personen über Tatsachen, die nach dieser Vorschrift unter
das Berufsgeheimnis fallen, sofern der Berechtigte nicht in die
Offenbarung des Geheimnisses eingewilligt hat.

2

Die Offenbarung anderer Berufsgeheimnisse sowie eines Geschäftsgeheimnisses kann der Richter dem Zeugen erlassen, wenn dessen Interesse an der Geheimhaltung auch bei Berücksichtigung der Sicherungsmassnahmen gemäss Artikel 38 das Interesse des Beweisführers
an der Preisgabe überwiegt.

3

Für die Zeugnispflicht von Beamten über Wahrnehmungen in Ausübung ihres Amtes sind die einschränkenden Vorschriften des Verwaltungsrechtes des Bundes und der Kantone massgebend.


Art. 43

In der Zeugenvorladung ist der Gegenstand der Einvernahme summarisch zu bezeichnen. Auf den Entschädigungsanspruch des Zeugen und
die Folgen unentschuldigten Ausbleibens ist hinzuweisen.

16 Eingefügt durch Ziff. I 2 des BG vom 23. Juni 2000 über die Anpassung der Bundesgesetzgebung an die Gewährleistung des Redaktionsgeheimnisses, in Kraft seit 1. Febr.
2001 (AS 2001 118 120; BBl 1999 7966).

17

SR 311.0

Beweissicherung

Zeugnisverweigerungsrecht Zeugenvorladung

Zivilrechtspflege

14

273


Art. 44

1

Beruft sich der Zeuge auf das Recht der Zeugnisverweigerung, so hat er gleichwohl der Vorladung zu folgen, sofern diese nicht ausdrücklich
widerrufen worden ist.

2

Der ohne genügende Entschuldigung ausbleibende Zeuge ist zu den durch sein Ausbleiben entstehenden Kosten zu verurteilen. Er kann
zwangsweise vorgeführt werden.

3

Bleibt der Zeuge wiederholt ohne genügende Entschuldigung aus oder verweigert er trotz Hinweises auf die Straffolgen unbefugt seine
Aussage, so ist er mit Haft bis zu zehn Tagen oder mit Busse bis zu
300 Franken zu bestrafen.

4

Über das Recht zur Verweigerung des Zeugnisses und die Ungehorsamsstrafe befindet der Instruktionsrichter, in der Hauptverhandlung
das Gericht.


Art. 45

1

Jeder Zeuge wird in Abwesenheit der später abzuhörenden einvernommen. Bei Widerspruch der Aussagen kann er andern Zeugen gegenübergestellt werden.

2

Der Zeuge soll gegebenenfalls auf das Recht der Zeugnisverweigerung aufmerksam gemacht werden; er soll zur wahrheitsgemässen Aussage ermahnt und auf die strafrechtlichen Folgen des falschen Zeugnisses gemäss Artikel 307 des Strafgesetzbuches18 hingewiesen werden.


Art. 46

Der Zeuge wird durch den Richter einvernommen. Die Parteien erhalten Gelegenheit, Erläuterungs- und Ergänzungsfragen zu beantragen,
über deren Zulässigkeit der Richter entscheidet.


Art. 47

Zur Vermeidung unverhältnismässig hoher Kosten kann die Einvernahme des Zeugen dem Richter des Wohnortes übertragen werden. Er
führt sie in den Formen des kantonalen Prozessrechts durch.


Art. 48

Der Zeuge hat Anspruch auf Ersatz der notwendigen Reiseauslagen.
Erleidet er durch die Zeitversäumnis eine Einbusse an seinem Arbeitserwerb, so ist er auch hierfür zu entschädigen, und zwar vollständig, 18

SR 311.0

Ausbleiben
des Zeugen

Einvernahme

Fragerecht

Rogatorische
Einvernahme

Zeugengeld

Bundeszivilprozess

15

273

wenn er darauf angewiesen ist, sonst nach billigem Ermessen des
Richters.


Art. 49

Der Richter kann von Amtsstellen und ausnahmsweise auch von Privatpersonen schriftliche Auskunft einziehen. Er befindet nach freiem
Ermessen, ob sie zum Beweise tauglich ist oder der Bekräftigung
durch gerichtliches Zeugnis bedarf.

b. Urkunden


Art. 50

1

Die Partei ist verpflichtet, die in ihren Händen befindlichen Urkunden dem Richter vorzulegen. Bestreitet sie den Besitz einer Urkunde,
so kann sie gemäss Artikel 64 über ihren Verbleib zur Aussage unter
Straffolge verhalten werden.

2

Weigert sich die Partei, die Urkunde vorzulegen oder über deren Verbleib Auskunft zu geben, oder hat sie die Urkunde absichtlich beseitigt oder untauglich gemacht, so würdigt der Richter dieses Verhalten nach Artikel 40.


Art. 51

1

Dritte sind verpflichtet, die in ihren Händen befindlichen Urkunden dem Richter vorzulegen. Sie sind dieser Verpflichtung enthoben, wenn
die Urkunden sich auf Tatsachen beziehen, über die sie als Zeugen
gemäss Artikel 42 die Aussage verweigern könnten. Ist die Verweigerung nur in bezug auf einzelne Teile einer Urkunde begründet, die
durch Versiegelung oder auf andere Weise der Einsicht entzogen werden können, so besteht die Verpflichtung zur Vorlegung unter dieser
Sicherung.

2

Bestreitet der Dritte den Besitz der Urkunde, so kann er über ihren Verbleib als Zeuge einvernommen werden.

3

Bei Nichtbefolgen der Aufforderung zur Vorlegung und bei Verweigerung der Vorlegung findet Artikel 44 Absätze 3 und 4 entsprechende
Anwendung.

4

Für die Vorlegung der Urkunden öffentlicher Verwaltungen des Bundes und der Kantone bleiben deren besondere Vorschriften vorbehalten.


Art. 52

1

Die Urkunde ist im Original oder in beglaubigter Abschrift oder in Photokopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.

Schriftliche
Auskunft

Editionspflicht
der Partei

Editionspflicht
Dritter

Art und Weise
der Edition

Zivilrechtspflege

16

273

2

Die Teile, die nicht dem Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des
Richters und der Parteien entzogen werden.


Art. 53

In Urkunden, deren Vorlegung bei Gericht infolge ihrer Beschaffenheit nicht tunlich ist oder deren Herausgabe berechtigte Interessen
verletzen würde, kann an Ort und Stelle Einsicht genommen werden.


Art. 54

1

Ist die Echtheit einer Urkunde bestritten und sind Zweifel daran begründet, so ist darüber Beweis anzuordnen.

2

Ist die Fälschung einer Urkunde Gegenstand eines Strafverfahrens, so kann der Richter bis zu dessen Erledigung den Rechtsstreit einstellen.

c. Augenschein

Art. 55

1

Die Partei ist verpflichtet, an ihrer Person und an den in ihrem Gewahrsam stehenden Sachen den Augenschein zu dulden. Ihre Weigerung würdigt der Richter nach Artikel 40.

2

Dritte sind verpflichtet, an den in ihrem Gewahrsam stehenden Sachen den Augenschein zu dulden, soweit sie nicht in sinngemässer
Anwendung von Artikel 42 zur Weigerung berechtigt sind. Unbefugte
Weigerung zieht Bestrafung gemäss Artikel 44 Absätze 3 und 4 nach
sich. Der Einlass in Liegenschaften zur Besichtigung kann überdies
polizeilich erzwungen werden.

3

Kann die zu besichtigende Sache vor Gericht gebracht werden, so ist sie wie eine Urkunde vorzulegen.


Art. 56

1

Der Richter zieht nach Bedürfnis die Zeugen und Sachverständigen zum Augenschein bei.

2

Ist die eigene Wahrnehmung des Richters unnötig oder unangemessen, so kann er anordnen, dass der Sachverständige den Augenschein
ohne seine Anwesenheit vornehme.

3

Die Parteien sind von der Teilnahme ausgeschlossen, wenn die Geheimniswahrung gemäss Artikel 38 Satz 2 oder die Natur der Besichtigung es verlangen.

Besichtigung
an Ort und
Stelle

Bestreitung
der Echtheit

Verpflichtung
zur Duldung

Durchführung

Bundeszivilprozess

17

273

d. Sachverständige

Art. 57

1

Sind zur Aufklärung des Sachverhaltes Fachkenntnisse erforderlich, so zieht der Richter einen oder mehrere Sachverständige als Gehilfen
bei. Sie beteiligen sich nach seiner Anordnung an der Instruktion des
Prozesses und begutachten die ihnen vom Richter vorgelegten Fragen.

2

Der Richter gibt den Parteien Gelegenheit, sich zu den Fragen an die Sachverständigen zu äussern und Abänderungs- und Ergänzungsanträge zu stellen.


Art. 58

1

Für Sachverständige gelten die gleichen Ausstandsgründe, die für die Richter in den Artikeln 22 und 23 des Bundesrechtspflegegesetzes
vom 16. Dezember 194319 vorgesehen sind.

2

Die Parteien erhalten Gelegenheit, vor der Ernennung von Sachverständigen Einwendungen gegen die in Aussicht Genommenen vorzubringen.


Art. 59

1

Der Sachverständige hat nach bestem Wissen und Gewissen zu amten und sich der strengsten Unparteilichkeit zu befleissen. Auf diese
Pflicht ist er bei der Ernennung aufmerksam zu machen.

2

Ungehörige Erfüllung des angenommenen Auftrages zieht Ordnungsbusse gemäss Artikel 31 Absatz 1 des Bundesrechtspflegegesetzes
vom 16. Dezember 194320 nach sich.


Art. 60

1

Der Sachverständige erstattet sein Gutachten mit Begründung entweder schriftlich innert zu bestimmender Frist oder in mündlicher Verhandlung zu Protokoll. Mehrere Sachverständige verfassen das
schriftliche Gutachten gemeinsam, wenn ihre Ansichten übereinstimmen, sonst gesondert. Entspricht das Gutachten den Anforderungen, so
ist den Parteien eine Abschrift zuzustellen. Sie erhalten Gelegenheit,
Erläuterung und Ergänzung oder eine neue Begutachtung zu beantragen.

2

Der Richter stellt die ihm notwendig erscheinenden Erläuterungsund Ergänzungsfragen in mündlicher Verhandlung oder zu schriftlicher Beantwortung. Er kann andere Sachverständige beiziehen, wenn
er das Gutachten für ungenügend hält. Artikel 58 ist anwendbar.

19

SR 173.110

20

SR 173.110

Aufgabe

Ernennung

Pflichten

Gutachten

Zivilrechtspflege

18

273


Art. 61

Der Sachverständige hat Anspruch auf Vergütung seiner Auslagen sowie auf ein Honorar nach freiem Ermessen des Richters.

e. Parteiverhör

Art. 62

1

Die Partei kann zum Beweise einer Tatsache dem Verhör unterzogen werden. Kommt eine Wahrnehmung beider Parteien in Betracht, so
sollen beide verhört werden.

2

Die Parteien sind vor dem Verhör zur Wahrheit zu ermahnen und darauf aufmerksam zu machen, dass sie zur Beweisaussage unter
Straffolge angehalten werden können. Artikel 46 ist entsprechend anwendbar.


Art. 63

1

Führt die Partei den Prozess durch ihren gesetzlichen Vertreter, so ist sie selbst zu verhören, wenn sie urteilsfähig ist und eigene Wahrnehmungen gemacht hat, sonst der Vertreter.

2

Ist die Partei eine juristische Person, so bestimmt der Richter, welches von den Mitgliedern mit Organeigenschaft, und ist sie eine Kollektiv- oder Kommanditgesellschaft, welcher von den Gesellschaftern
zu verhören ist.

3

Im Prozess der Konkursmasse kann sowohl der Konkursverwalter als auch der Gemeinschuldner als Partei verhört werden.


Art. 64

1

Der Richter kann eine Partei zur Beweisaussage unter Straffolge über bestimmte Tatsachen verhalten, wenn er es nach dem Ergebnis des
einfachen Parteiverhörs für geboten erachtet.

2

Vor dem nochmaligen Verhör ist die Partei neuerdings zur Wahrheit zu ermahnen. Die Straffolgen der falschen Aussage gemäss Artikel
306 des Strafgesetzbuches21 sind ihr bekanntzugeben.


Art. 65

1

Der Richter würdigt den Beweiswert der Parteiaussage nach freiem Ermessen.

21

SR 311.0

Entschädigung

Durchführung

Parteistellung
im Verhör

Beweisaussage
unter
Straffolge

Würdigung

Bundeszivilprozess

19

273

2

Bleibt eine Partei ohne genügende Entschuldigung aus, obschon sie persönlich vorgeladen war, oder verweigert sie die Antwort, so würdigt der Richter dieses Verhalten nach Artikel 40.

Achter Titel: Hauptverhandlung

Art. 66

1

Der Abschluss des Vorbereitungsverfahrens wird den Parteien mitgeteilt.

2

Der Abteilungspräsident erlässt die Vorladungen zur Hauptverhandlung vor dem Gericht.

3

Artikel 34 Absatz 2 ist entsprechend anwendbar.


Art. 67

1

Das Gericht erhebt gemäss Artikel 35 Absatz 3 auf die Hauptverhandlung verschobene Beweise.

2

Beweiserhebungen des Instruktionsrichters kann das Gericht auf Antrag, der innert zehn Tagen seit dem Abschluss des Vorbereitungsverfahrens zu stellen ist, oder von Amtes wegen bis zum Schluss der
Hauptverhandlung ergänzen. Es kann auch vom Instruktionsrichter erhobene Beweise wiederholen, wenn besondere Gründe hierfür sprechen, insbesondere wenn ihm die unmittelbare Wahrnehmung geboten
erscheint.

3

Das Gericht kann auf Antrag oder von Amtes wegen die Sache zur Ergänzung der Instruktion an den Instruktionsrichter zurückweisen.


Art. 68

1

Hält das Gericht die Beweiserhebungen für vollständig, so erhalten die Parteien das Wort zur Begründung ihrer Anträge, zu Replik und
Duplik.

2

Werden nachträglich noch Beweise aufgenommen, so kann das Gericht einen weiteren Vortrag gestatten.

3

Soweit tunlich, finden Beratung und Abstimmung anschliessend an die mündliche Verhandlung statt.

Ansetzung

Beweismassnahmen Parteivorträge,
Urteilsfällung

Zivilrechtspflege

20

273


Art. 69

1

Über die Prozesskosten entscheidet das Gericht von Amtes wegen nach den Artikeln 153, 153a, 156 und 159 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194322.23 2

Es bestimmt nach seinem Ermessen, ob mehrere Kläger oder Beklagte solidarisch und in welchem Verhältnis unter sich oder ob sie
nach Kopfteilen oder entsprechend ihrer Beteiligung am Rechtsstreit
kostenpflichtig oder ersatzberechtigt sind. Ebenso bestimmt es, inwieweit der Intervenient am die Gerichtskosten und die Entschädigung
des Gegners der unterstützten Partei beitragspflichtig oder diesem gegenüber ersatzberechtigt ist.

3

Die Parteien sollen vor dem Urteil ein spezifiziertes Verzeichnis ihrer Kostenforderung einreichen.


Art. 70

1

Das Urteil wird sogleich mündlich eröffnet. Mit Einwilligung der Parteien kann es schriftlich eröffnet werden.

2

Jeder Partei wird eine Ausfertigung mit den vollständigen Entscheidungsgründen zugestellt.

3

Der abwesenden Partei ist das Dispositiv des Urteils sogleich schriftlich mitzuteilen. Die Zustellung der vollständigen Urteilsausfertigung
an sie unterbleibt, wenn sie nach Artikel 11 durch öffentliche Bekanntmachung zu geschehen hätte. An ihre Stelle tritt die Aufnahme in
das gerichtliche Aktenheft; das Datum ist anzumerken.


Art. 71

1

Das Urteil wird mit der Ausfällung rechtskräftig.

2

Die Rechtskraft erstreckt sich auf die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der einredeweise geltend gemachten Gegenforderung bis zur Höhe des Betrages, mit dem verrechnet werden soll.

Neunter Titel: Erledigung des Rechtsstreites ohne Urteil

Art. 72

Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos oder fällt er mangels rechtlichen
Interesses dahin, so erklärt ihn das Gericht nach Vernehmlassung der
Parteien ohne weitere Parteiverhandlung als erledigt und entscheidet 22

SR 173.110

23

Fassung gemäss Anhang Ziff. 13 des BG vom 4. Okt. 1991, in Kraft seit 15. Febr. 1992
(AS 1992 288; SR 173.110.0 Art. 2 Abs. 1 Bst. f; BBl 1991 II 465).

Prozesskosten

Urteilseröffnung

Rechtskraft
des Urteils

Gegenstandslos
gewordener
Rechtsstreit

Bundeszivilprozess

21

273

mit summarischer Begründung über die Prozesskosten auf Grund der
Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes.


Art. 73

1

Der vor dem Richter erklärte oder dem Richter zur Verurkundung im Protokoll eingereichte Vergleich der Parteien und der Abstand einer
Partei beenden den Rechtsstreit.

2

In den gerichtlichen Vergleich können ausserhalb des Prozesses liegende Streitfragen zwischen den Parteien und einer Partei mit Dritten
einbezogen werden, sofern es der Beilegung des Prozesses dient.

3

Ist die Einrede erhoben worden, der Anspruch sei nicht fällig oder er sei von einer Bedingung abhängig, oder ist ein Prozessmangel gerügt
worden, so kann der Kläger die Klage unter dem Vorbehalt zurücknehmen, sie nach Eintritt der Fälligkeit oder der Bedingung oder nach
Behebung des Prozessmangels wieder einzureichen.

4

Gerichtlicher Vergleich und Abstand sind wie das Urteil vollstreckbar.

Zehnter Titel: Vollstreckung

Art. 74

1

Das Urteil ist sofort vollstreckbar.

2

Macht das Urteil die einer Partei auferlegte Leistung von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig, so ist es vollstreckbar, sobald
das Bundesgericht festgestellt hat, dass die Bedingung eingetreten oder
die Gegenleistung erbracht ist. Die Feststellung erfolgt auf Antrag des
Berechtigten nach Anhörung des Pflichtigen und amtlicher Erhebung
des Sachverhalts ohne Parteiverhandlung.


Art. 75

Urteile, die zur Zahlung einer Geldsumme oder zur Sicherheitsleistung
in Geld verpflichten, werden nach dem Bundesgesetz vom 11. April
188924 über Schuldbetreibung- und Konkurs vollstreckt.


Art. 76

1

In Urteilen, die Private zur Vornahme einer Handlung verpflichten, sind für den Fall der Nichtvornahme innert zu bestimmender Frist und
in Urteilen, die sie zum Unterlassen einer Handlung verpflichten, für 24

SR 281.1

Gerichtlicher
Vergleich
und Abstand

Vollstreckbarkeit

Urteile auf
Geldzahlung

Urteile auf
Tun und
Unterlassen

Zivilrechtspflege

22

273

jede Widerhandlung die Ungehorsamsstrafen des Artikel 292 des
Strafgesetzbuches25 von Amtes wegen anzudrohen.

2

Die Strafverfolgung findet auf Antrag der berechtigten Partei gemäss den Artikeln 28-31 des Strafgesetzbuches26 statt. Sie schliesst den Anspruch auf Vollstreckung des Urteils nicht aus.

3

Der berechtigten Partei bleibt vorbehalten, statt der zwangsweisen Durchführung oder Fortführung der Vollstreckung oder nach erfolgloser Vollstreckung Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.


Art. 77

1

Die Vollstreckung des Urteils liegt dem Bundesrat ob.

2

Auf Gesuch der berechtigten Partei trifft er durch Vermittlung der kantonalen Behörde oder unmittelbar alle hierzu erforderlichen Massnahmen, wie polizeiliche Wegnahme der herauszugebenden Sache,
Vornahme anderer, nicht notwendig persönlich auszuführender
Handlungen und Beseitigung des der Unterlassungspflicht widersprechenden Zustandes durch einen Dritten, nötigenfalls unter polizeilichem Schutz, sowie Beiordnung solchen Schutzes gegen den zur Duldung Verpflichteten.

3

Die berechtigte Partei hat die Kosten dieser Massnahmen vorzuschiessen; nach deren Durchführung ist der Pflichtige durch den Bundesrat
zum Ersatz dieser Kosten zu verurteilen.


Art. 78

1

Ist der Beklagte zur Abgabe einer Willenserklärung verurteilt, so wird die Erklärung durch das Urteil ersetzt. Ist sie von einer Bedingung oder Gegenleistung abhängig, so tritt diese Wirkung mit der
Feststellung gemäss Artikel 74 Absatz 2 ein.

2

Betrifft die Willenserklärung ein im Grundbuch einzutragendes Recht, so erteilt der Richter im Urteil die Ermächtigung zur Eintragung im Sinne der Artikel 18 und 19 der Verordnung vom 22. Februar
191027 betreffend das Grundbuch.

Elfter Titel: Vorsorgliche Verfügungen

Art. 79

1

Vorsorgliche Verfügungen können getroffen werden: 25

SR 311.0

26

SR 311.0

27

SR 211.432.1 Realvollstreckung Abgabe einer
Willenserklärung

Fälle

Bundeszivilprozess

23

273

a.

zum Schutze des Besitzes gegen verbotene Eigenmacht und
widerrechtliche Vorenthaltung; b.

zur Abwehr eines drohenden, nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteils, insbesondere durch Veränderung des bestehenden Zustandes vor oder während der Rechtshängigkeit
des Anspruchs.

2

Ausgeschlossen ist die vorsorgliche Verfügung zur Sicherung von Forderungen, die dem Bundesgesetz vom 11. April 188928 über
Schuldbetreibung- und Konkurs unterliegen.


Art. 80

1

Zuständig zur vorsorglichen Verfügung vor rechtshängiger Klage ist der Abteilungspräsident, nachher der Instruktionsrichter, in der Hauptverhandlung das Gericht.

2

Der Entscheid kann innert zehn Tagen an das Gericht weitergezogen werden. Die Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung, soweit
diese nicht ausdrücklich erteilt wird.


Art. 81

1

Das Gesuch um vorsorgliche Verfügung ist schriftlich einzureichen.

In der Vorbereitungs- und in der Hauptverhandlung kann es mündlich
gestellt werden.

2

Die begründenden Tatsachen sind glaubhaft zu machen.

3

Der Gesuchsgegner erhält Gelegenheit zur Vernehmlassung. In Fällen dringender Gefahr können vorläufige Massnahmen schon auf Einreichung des Gesuches hin getroffen werden.


Art. 82

1

Wird die vorsorgliche Verfügung vor rechtshängiger Klage getroffen, so kann dem Gesuchsteller Frist zur Einreichung der Klage gesetzt
werden.

2

Die vorsorgliche Verfügung wie die vorläufigen Massnahmen sind von Sicherheitsleistung abhängig zu machen, wenn dem Gesuchsgegner durch sie Schaden entstehen kann.


Art. 83

1

Vorsorgliche Verfügungen und vorläufige Massnahmen werden wie Urteile vollstreckt.

28

SR 281.1

Zuständigkeit

Gesuch

Klagefrist und
Sicherheitsleistung Vollstreckung,
Abänderung,
Aufhebung

Zivilrechtspflege

24

273

2

Der Richter kann von sich aus oder auf Antrag der Parteien auf seinen Entscheid zurückkommen, wenn die Umstände sich geändert haben.

3

Er hebt die vorsorgliche Verfügung auf, wenn sie sich nachträglich als ungerechtfertigt erweist oder wenn die zur Einreichung der Klage
gesetzte Frist unbenützt verstrichen ist.

4

Bei einem Entscheid über Abänderung oder Aufhebung einer Verfügung ist Artikel 80 Absatz 2 entsprechend anwendbar.


Art. 84

1

Der durch vorsorgliche Verfügung oder durch vorläufige Massnahmen entstandene Schaden ist zu ersetzen, wenn der Anspruch, für den
sie bewilligt wurden, nicht zu Recht bestand oder nicht fällig war.

2

Zuständig für die Schadenersatzklage ist das Bundesgericht.

3

Eine bestellte Sicherheit ist erst freizugeben, wenn feststeht, dass eine Schadenersatzklage nicht erhoben wird. Bei Ungewissheit kann der
Richter Frist zur Klage setzen.


Art. 85

Die besondern Vorschriften anderer Bundesgesetze über vorsorgliche
Verfügungen bleiben vorbehalten.

Zwölfter Titel: Schluss- und Übergangsbstimmungen

Art. 86

Artikel 139 des Bundesrechtspflegegesetzes vom 16. Dezember 194329
ist aufgehoben, soweit er die Revision von Zivilurteilen des Bundesgerichts als einziger Instanz betrifft.


Art. 87

1

Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes.

2

Mit seinem Inkrafttreten ist das provisorische Bundesgesetz vom 22. November 185030 über das Verfahren bei dem Bundesgerichte in
bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten aufgehoben.

3

Hängige Verfahren werden nach dem bisherigen Gesetze zu Ende geführt. Die Artikel 3, 19 und 26 des neuen Gesetzes finden jedoch
sinngemässe Anwendung.

29

SR 173.110

30

[AS II 77, III 183 Art. 2 Ziff. 10, 28 129 Art. 227 Abs. 1 Ziff. 5; BS 3 531 Art. 165] Schadenersatz

Vorbehalt
besonderer Vorschriften Revision

Inkrafttreten

Bundeszivilprozess

25

273

Datum des Inkrafttretens: 1. Juli 194831 31

BRB vom 1. Mai 1947 (AS 1948 507)

Zivilrechtspflege

26

273