VPB 69.56

(Entscheid der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen vom 11. März 2005, in Sachen ARGE X. [BRK 2004-010/011])

Öffentliche Beschaffung im selektiven Vergabeverfahren. Eignungskriterien. Zuschlagskriterien. Mehreignung .

Art. 9 Abs. 1
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 9 Übertragung öffentlicher Aufgaben und Verleihung von Konzessionen - Die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe oder die Verleihung einer Konzession gilt als öffentlicher Auftrag, wenn der Anbieterin dadurch ausschliessliche oder besondere Rechte zukommen, die sie im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und ihr dafür direkt oder indirekt ein Entgelt oder eine Abgeltung zukommt. Spezialgesetzliche Bestimmungen gehen vor.
BoeB.

- Zuschlagskriterien und Eignungskriterien müssen grundsätzlich klar auseinander gehalten werden. Anders als die Eignungskriterien beziehen sich die Zuschlagskriterien auf das Angebot und nicht auf die Person des Anbieters (E. 2c).

- Die Eignung des Anbieters ist im selektiven Verfahren im Rahmen der Präselektion abschliessend zu beurteilen und darf bei der Zuschlagserteilung nicht erneut ins Gewicht fallen («Mehreignung»); es ist nach der Rechtsprechung der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen unzulässig, einem präqualifizierten Anbieter den Zuschlag wegen minderer Eignung zu verweigern (E. 2c).

- Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass bestimmte Sachverhalte, die sich auf die Fähigkeiten eines Anbieters beziehen, sowohl bei der Beurteilung der Eignungskriterien als auch der Zuschlagskriterien berücksichtigt werden (E. 2d, 2e).

- Im vorliegenden Fall kam es zu keiner unzulässigen Doppelprüfung der Eignung (E. 3).

Marché public en procédure d'adjudication sélective. Critères de qualification. Critères d'adjudication. Double évaluation de l'aptitude.

Art. 9 al. 1 LMP.

- Les critères d'adjudication et les critères de qualification doivent en principe clairement être distingués les uns des autres. Au contraire des critères de qualification, les critères d'adjudication se réfèrent à l'offre et non à la personne du soumissionnaire (consid. 2c).

- La qualification du soumissionnaire doit, en procédure sélective, être examinée exclusivement dans le cadre de la préselection et ne doit pas avoir de poids à nouveau dans le cadre de l'adjudication elle-même («double évaluation de l'aptitude»); il est, selon la jurisprudence de la Commission fédérale de recours en matière de marchés publics, inadmissible de refuser l'adjudication à un soumissionnaire préqualifié en raison d'une qualification moindre (consid. 2c).

- Il n'est toutefois pas exclu que certains éléments de faits se rapportant à l'aptitude d'un soumissionnaire puissent être pris en considération dans le cadre de l'examen tant des critères de qualification que des critères d'adjudication (consid. 2d, 2e).

- En l'espèce, il n'en est pas résulté une double évaluation inadmissible de l'aptitude (consid. 3).

Acquisti pubblici nella procedura di aggiudicazione selettiva. Criteri di idoneità. Criteri di aggiudicazione. Doppia valutazione dell'idoneità.

Art. 9 cpv. 1 LAPub.

- In linea di principio, i criteri di aggiudicazione e i criteri di idoneità devono chiaramente essere separati. A differenza dei criteri di idoneità, i criteri di aggiudicazione si riferiscono all'offerta e non alla persona dell'offerente (consid. 2c).

- L'idoneità dell'offerente deve essere valutata in modo definitivo nella procedura selettiva nel quadro della preselezione e non può assumere nuova rilevanza nell'aggiudicazione («Mehreignung»); secondo la giurisprudenza della Commissione federale di ricorso in materia di acquisti pubblici, non è ammissibile rifiutare l'aggiudicazione ad un offerente prequalificato perché meno idoneo (consid. 2c).

- Tuttavia, non è escluso che determinate situazioni che si riferiscono alle capacità di un offerente siano prese in considerazione sia per la valutazione dei criteri di idoneità che per i criteri di aggiudicazione (consid. 2d, 2e).

- Nella fattispecie non vi è stata una doppia valutazione inammissibile dell'idoneità (consid. 3).

Zusammenfassung des Sachverhalts:

A. Die Schweizerischen Bundesbahnen SBB (SBB) schrieben im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) zwei Bauaufträge für Bahnanlagen (...; jeweils Planung und Ausführung) im selektiven Verfahren öffentlich aus. Die Arbeitsgemeinschaft (ARGE) X., bestehend aus der Y. und der Z., wurde für beide Aufträge selektioniert und reichte entsprechende Angebote ein. Die SBB erteilten den Zuschlag für die Infrastrukturausbauten K. an die ARGE A. und den Zuschlag für die Infrastrukturausbauten O. an die ARGE B. Die SBB teilten der ARGE X. mit, dass ihre beiden Angebote aus qualitativen Gründen nicht hätten berücksichtigt werden können. (...)

B. Mit Eingabe vom 16. August 2004 erheben die Y. und Z. (nachfolgend: Beschwerdeführerinnen) Beschwerde bei der Eidgenössischen Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen (Rekurskommission, BRK). Die Beschwerdeführerinnen beantragen namentlich, es sei festzustellen, dass die Offerten der ARGE X. für die Infrastrukturausbauten K. und O. qualitativ die Anforderungen der Ausschreibung im SHAB erfüllten. Die Offerten der ARGE X. seien in die Bewertung einzubeziehen. Die Arbeiten betreffend die Infrastrukturausbauten K. seien an die ARGE X. zu vergeben; eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die SBB zurückzuweisen. (...)

C. Die SBB stellen in ihrer Stellungnahme vom 27. August 2004 insbesondere den Antrag, die Beschwerden seien vollumfänglich abzuweisen.

Aus den Erwägungen:

1. (...)

2.a. Die SBB haben ein selektives, d. h. ein zweistufiges Submissionsverfahren durchgeführt. In der als Präqualifikation bezeichneten ersten Stufe hatten die Bewerber ihre generelle Eignung zur Ausführung des Auftrags glaubhaft darzulegen und mit Referenzauskünften überprüfen zu lassen. Zu erfüllen waren gemäss öffentlicher Ausschreibung die folgenden Eignungskriterien:

1) Fachliche Kompetenz, Referenzen, Erfahrung bei vergleichbar komplexen Projekten, insbesondere Bauen unter Eisenbahnbetrieb

2) Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit

3) Qualifikation der Schlüsselpersonen in Projektmanagement, Projektierung und Ausführung

4) Dem Umfang der Aufgabe entsprechende Organisation des GU (Generalunternehmers)

In den «Grundlagen zur Bewerbung (...)» wurden die genannten Eignungskriterien und die zu erbringenden Nachweise folgendermassen präzisiert:

Zum Nachweis der Erfüllung der Eignungskriterien waren zusammen mit den Bewerbungsunterlagen abgegebene Formulare auszufüllen.

In der zweiten Stufe (Angebotsphase) war anhand der in den Ausschreibungsunterlagen genannten Zuschlagskriterien das wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln. Die Anbietenden hatten hierfür auf separaten Angebotsformularen je ein technisches und ein kommerzielles Angebot einzureichen. Die Qualität des technischen Angebots wurde anhand der folgenden Kriterien beurteilt:

Die Notenskala bei den einzelnen Kriterien bewegte sich zwischen 0 und 4 (0 = nicht beurteilbar, d. h. keine oder unzureichende Angaben zum Kriterium, 1 = den Anforderungen nicht genügend, 2 = den Anforderungen genügend, 3 = Anforderungen gut erfüllt, 4 = Anforderungen über den Erwartungen erfüllt). Die beim technischen Angebot erreichbare Maximalpunktezahl betrug damit 400 Punkte.

Diejenigen (technischen) Angebote, die den Qualitätslevel von mindestens 200 Punkten erreichten, wurden anschliessend einer wirtschaftlichen Prüfung unterzogen. Die Wirtschaftlichkeit beurteilte sich dabei nach den folgenden Kriterien:

b. Die Beschwerdeführerinnen, deren technisches Angebot bei beiden Beschaffungen mit lediglich 90 Punkten (d. h. als technisch bzw. qualitativ ungenügend) bewertet und demzufolge nicht mehr auf die Wirtschaftlichkeit geprüft wurde, sind vorab der Auffassung, dass das von den SBB gewählte Vorgehen eine im selektiven Verfahren unzulässige Doppelprüfung der Eignung zur Folge gehabt habe. Bei den von der Vergabebehörde als «Zuschlagskriterien» bezeichneten Kriterien zur Bewertung des technischen Angebots gemäss Ziff. 8.3.1 bis 8.3.6 der Grundlage zur Offertstellung handle es sich inhaltlich betrachtet um Eignungskriterien (...).

Seitens der SBB wird eine Vermischung von Eignungs- und Zuschlagskriterien und eine dadurch bewirkte unzulässige Doppelprüfung der Eignungskriterien bestritten. Die kommerziellen Angebote der Beschwerdeführerinnen seien nicht mangels Eignung der Anbieterinnen nicht berücksichtigt worden, sondern weil die technischen Angebote von ungenügender Qualität gewesen seien und die in den Ausschreibungsunterlagen vorgegebenen Mindestwerte nicht erreicht hätten (...). Den Vorwurf der Beschwerdeführerinnen, es handle sich bei den Zuschlagskriterien um Eignungskriterien weisen die SBB zurück.

c. Das Bundesgesetz vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BoeB, SR 172.056.1) enthält einerseits Eignungskriterien und andererseits Zuschlagskriterien. Die beiden Kriterien müssen grundsätzlich klar auseinander gehalten werden (vgl. Entscheid der BRK vom 30. Juni 2004, veröffentlicht in VPB 68.119 E. 4d/aa). Bei der Eignung im Rahmen eines Submissionsverfahrens ist die Befähigung jedes einzelnen Bewerbers zur Ausführung des Auftrags zu prüfen. Eignung liegt dann vor, wenn sichergestellt ist, dass der konkrete Anbietende den Auftrag in finanzieller, wirtschaftlicher und technischer Hinsicht erfüllen kann (Art. 9 Abs. 1
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 9 Übertragung öffentlicher Aufgaben und Verleihung von Konzessionen - Die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe oder die Verleihung einer Konzession gilt als öffentlicher Auftrag, wenn der Anbieterin dadurch ausschliessliche oder besondere Rechte zukommen, die sie im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und ihr dafür direkt oder indirekt ein Entgelt oder eine Abgeltung zukommt. Spezialgesetzliche Bestimmungen gehen vor.
BoeB; Art. VIII Bst. b des GATT/WTO-Übereinkommens vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [ÜoeB], SR 0.632.231.422 sowie Entscheid der BRK vom 4. Februar 1999, veröffentlicht in VPB 64.9 E. 2a/dd; Peter Galli/André Moser/Elisabeth Lang, Praxis des öffentlichen Beschaffungsrechts, Zürich 2003, Rz. 284 ff.). Fehlende Eignung bzw. das Nichterfüllen der Eignungskriterien führt zum Ausschluss vom Verfahren. Die Vergabestelle gibt die Eignungskriterien und die erforderlichen Nachweise in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt (Art. 9 Abs. 2
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 9 Übertragung öffentlicher Aufgaben und Verleihung von Konzessionen - Die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe oder die Verleihung einer Konzession gilt als öffentlicher Auftrag, wenn der Anbieterin dadurch ausschliessliche oder besondere Rechte zukommen, die sie im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und ihr dafür direkt oder indirekt ein Entgelt oder eine Abgeltung zukommt. Spezialgesetzliche Bestimmungen gehen vor.
BoeB).
Sie kann gemäss Art. 9 Abs. 1
SR 172.056.11 Verordnung vom 12. Februar 2020 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB)
VöB Art. 9 Entschädigung der Anbieterinnen - (Art. 24 Abs. 3 Bst. c und 36 Bst. h BöB)
1    Anbieterinnen haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung für die Teilnahme an einem Verfahren.
2    Verlangt die Auftraggeberin Vorleistungen, die über den gewöhnlichen Aufwand hinausgehen, so gibt sie in den Ausschreibungsunterlagen bekannt, ob und wie sie diese Vorleistungen entschädigt.
der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen vom 11. Dezember 1995 (VoeB, SR 172.056.11) für die Überprüfung der Eignung der Anbietenden insbesondere die in Anhang 3 (zur VoeB) genannten Unterlagen erheben und einsehen. Mit Hilfe der Zuschlagskriterien werden dagegen die verschiedenen Offerten der geeigneten Bewerber nach wirtschaftlichen Kriterien beurteilt. Bei den Zuschlagskriterien handelt es sich um Merkmale, die ein Angebot in mehr oder minder hohem Masse besitzt und die ein Abwägen des wirtschaftlichen Wertes ermöglichen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Dezember 2002 [VB.2001.00095], Endentscheid, E. 2/b). Anders als die Eignungskriterien beziehen sich die Zuschlagskriterien also auf das Angebot und nicht auf die Person des Anbieters. Die Eignung des Anbieters ist im Rahmen der Präselektion abschliessend zu beurteilen und darf bei der Zuschlagserteilung nicht erneut ins Gewicht fallen; vielmehr gelten alle präselektionierten Anbieter als geeignet und es ist nach der Rechtsprechung der Rekurskommission unzulässig, einem präqualifizierten Anbieter den Zuschlag wegen minderer Eignung zu verweigern (vgl. Entscheid der BRK vom 3. September 1999,
veröffentlicht in VPB 64.30 E. 4b-c; André Moser, Rechtsprechung: Entschiedenes und Unentschiedenes, in Baurecht, Sonderheft Vergaberecht 2004, S. 77; vgl. auch Peter Gauch/Hubert Stöckli, Thesen zum neuen Vergaberecht des Bundes - Vergabethesen 1999, Freiburg 1999, Ziff. 16.5 ff.; Peter Gauch, Urteilsanmerkung, Baurecht [BR] 1999, S. 53 Nr. S1; Denis Esseiva, Urteilsanmerkung, BR 2000, S. 57 Nr. S11).

d. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich vertritt ebenfalls den Grundsatz, dass Eignungs- und Zuschlagskriterien angesichts ihrer unterschiedlichen Rechtsfolgen klar auseinander zu halten sind und es nicht ohne weiteres zulässig ist, eine anhand der Eignungskriterien festgestellte «Mehr-Eignung» in die Bewertung des wirtschaftlich günstigsten Angebots einfliessen zu lassen. Diese Trennung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien setzt nach dem Verwaltungsgericht indessen nicht grundsätzlich voraus, dass bestimmte Sachverhalte, die sich auf die Organisation, das Personal und allgemein auf die Fähigkeiten eines Anbieters beziehen, nur bei den Eignungskriterien, nicht aber bei der Beurteilung von Zuschlagskriterien berücksichtigt werden dürften; vielmehr sei es gestattet, die Zuschlagskriterien im Voraus so festzulegen, dass sie auch Merkmale umfassen, die bereits bei der Eignung geprüft werden. Begründet wird dieser Standpunkt damit, dass bei der Mehrzahl der Vergaben u. a. die Qualität der angebotenen Leistung als Zuschlagskriterium gelte. Während die Qualität bei Kaufaufträgen über bereits vorhandene Güter unmittelbar - z. B. an einem Muster - geprüft werden könne, sei diese Möglichkeit bei Bau- und
Dienstleistungsaufträgen naturgemäss nicht gegeben. Da die Leistungen zum Zeitpunkt, da der Vergabeentscheid getroffen werden müsse, noch nicht vorliegen würden und daher nicht unmittelbar beurteilt werden könnten, müsse die zu erwartende Qualität indirekt, anhand der Qualifikationen des anbietenden Unternehmens, bewertet werden. Werde zu diesem Zweck u. a. auf die Organisation, die Fähigkeit des Personals und die technischen Mittel des Anbietenden abgestellt, so erscheine dies als sachgerecht. Würde diese Möglichkeit ausgeschlossen, so müsste bei der Vergabe von Bau- und Dienstleistungsaufträgen auf eine qualitative Beurteilung des Preis-/Leistungsverhältnisses weitgehend verzichtet werden. Dies wäre ein schwerwiegender Nachteil, da bei Dienstleistungen und anspruchsvollen Bauaufträgen den qualitativen Gesichtspunkten im Verhältnis zum Preis regelmässig ein hohes Gewicht zukomme. Infolgedessen müsse es daher möglich und zulässig sein, die qualitativen Aspekte eines Angebots unter (teilweisem) Beizug von Sachverhaltselementen, die auch für die Eignung der Anbietenden von Bedeutung sein können, zu beurteilen. Die Zuschlagskriterien blieben dabei grundsätzlich auf die Bewertung der offerierten Leistungen, nicht der
Anbieter, ausgerichtet; Eigenschaften der Anbieter würden nur herangezogen, soweit sie dazu dienten, die voraussichtliche künftige Leistung zu bewerten. Ob ein bestimmtes Merkmal als Element eines Eignungs- oder Zuschlagskriteriums (oder bei beiden) berücksichtigt werde, ergebe sich nicht aus einer abstrakt vorgegebenen Zuordnung zur einen oder anderen Kategorie, sondern aus den durch die Vergabeinstanz festgelegten Kriterien, die in der Ausschreibung bzw. in den Ausschreibungsunterlagen bekannt gemacht würden. Diese Festlegung habe sachbezogen im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Kriterien zu erfolgen (vgl. Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 18. Dezember 2002 [VB.2001.00095], Endentscheid, E. 2/c und d).

e. Die bisherige Praxis der Rekurskommission zur klaren Trennung zwischen Eignungs- und Zuschlagskriterien steht einer Berücksichtigung dieser sachlich zutreffenden Überlegungen bei der Prüfung der sich auch im vorliegenden Fall stellenden Frage, ob und inwieweit Sachverhalte, die sich auf die Organisation, das Personal und allgemein auf die fachlichen und technische Leistungsfähigkeit der Anbietenden beziehen, im Zusammenhang den Zuschlagskriterien berücksichtigt werden dürfen, nicht entgegen.

3.a. Als in Bezug auf die Zuordnung problematisch erweist sich zunächst das Zuschlagskriterium «Personelle und technische Leistungsfähigkeit». In den Ausschreibungsunterlagen (Ziff. 8.3.1) wurde dieses Kriterium folgendermassen umschrieben:

«Der Anbieter erstellt ein nachvollziehbares, der Aufgabenstellung angemessenes Bauprogramm mit Bauphasen, Ressourcen und Terminen.

Zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit sind folgende Angaben zu erbringen:

- vorgesehener Mitarbeiterstab und Maschineneinsatz gesamt und pro Sparte

- prozentualer Anteil der eingesetzten Ressourcen im Auftragsfall bezogen auf die Gesamtkapazität je Unternehmung für Planung und Realisierung

- Name und Verfügbarkeit des Schlüsselpersonals im Auftragsfall (Referenzen der Schlüsselpersonen falls diese nicht identisch mit den Angaben in der Präqualifikation sind).

[...].»

Bewertet wurden die Teilkriterien «Bauprogramm», «Verfügbarkeit Schlüsselpersonal», «Vorgesehener Mitarbeiterstab als Anteil der Firmen», «Maschineneinsatz als Anteil der Firmenkapazität».

Bei der vorangegangenen Eignungsprüfung wurde nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gefragt, die mit der Zusicherung einer Erfüllungsgarantie sowie der Angabe von Massnahmen zur Minimierung einer allfälligen Insolvenz während der Auftragserfüllung zu belegen war. Darüber hinaus waren die Qualifikation des Anbieters bezüglich der ausgeschriebenen Arbeitsgattungen, die Fachkompetenz des Schlüsselpersonals, die Qualifikation der Anbieterorganisation sowie ein unternehmensbezogenes Qualitätsmanagement nachzuweisen. Im Wesentlichen ging es hierbei um die Erfahrung des Bewerbers aus vergleichbaren früheren Aufträgen sowie um das grundsätzliche Vorhandensein der erforderlichen Ressourcen. Beurteilt wurde also, ob der Anbieter grundsätzlich eine hinreichende Befähigung zur Auftragserfüllung aufwies, d. h. sowohl die geforderte Kompetenz als auch die wirtschaftliche und technische Leistungsfähigkeit besass (...). Im Rahmen der Eignungsprüfung nicht gefordert war hingegen ein konkretes, auftragsbezogenes Bauprogramm. Ebenso wenig waren in der Präqualifikation konkrete projektbezogene Angaben zum vorgesehenen Einsatz der Mitarbeiter/des Schlüsselpersonals und der Maschinen zu machen. Diese Aspekte wurden erstmals beim
Zuschlag bewertet; insofern kann von einer unzulässigen Doppelprüfung nicht die Rede sein. Auch steht bei diesen Gesichtspunkten das eingereichte Angebot als solches und nicht die Person des Anbieters im Vordergrund. Der Umstand, dass die Schlüsselpersonen sowohl für die Präqualifikation als auch bei der Bewertung im Hinblick auf den Zuschlag von Bedeutung waren, vermag ebenfalls keine unzulässige Doppelprüfung zu begründen. Es liegt in der Natur der Sache, dass dem bei einem Anbieter beschäftigten Schlüsselpersonal nicht nur für die Frage der grundsätzlichen Eignung, sondern auch im Hinblick auf die im Fall der Auftragsvergabe zu erwartende Qualität der Arbeitsleistungen eine wesentliche Bedeutung zukommt. Daher erscheint es ohne weiteres zulässig, das konkret für den Einsatz vorgesehene Personal und dessen Kompetenz auch im Rahmen der Zuschlagskriterien zu beurteilen.

Die beim Zuschlagskriterium «Personelle und technische Leistungsfähigkeit» geprüften Gesichtspunkte überschneiden sich somit nicht bzw. in Bezug auf das Schlüsselpersonal nur geringfügig mit den Aspekten, die für die Präqualifikation eine Rolle spielten.

b. Ein weiteres Zuschlagskriterium war die «Stellungnahme des Anbieters zum Bauprojekt». Aus den Ausschreibungsunterlagen (Ziff. 8.3.2) erhellt, dass darunter eine technische Beurteilung des Bauprojektes (Aufzeigen der Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) durch den Anbieter verlangt war. Zu äussern hatte er sich namentlich zu den Fragen Vollständigkeit der Unterlagen einschliesslich der Pflichtenhefte der Fachdienste, Bewertung des Terminprogramms, Bedingungen für die Realisierung. Anhand einer derartigen Aufgabenanalyse lässt sich das Verständnis des Anbieters für den konkreten Auftrag beurteilen. Nur von einem Anbieter, der in der Lage ist, die Komplexität des zu erfüllenden Auftrags zu erfassen und die Risiken zu erkennen, ist eine qualitativ gute Arbeitsausführung und ein letztlich mängelfreies Ergebnis zu erwarten. Das genannte Kriterium ist fraglos qualitätsbezogen und demzufolge ein zulässiges Kriterium zur Beurteilung der technischen Qualität des Angebots.

Auch das geforderte «Logistikkonzept», das gemäss den Ausschreibungsunterlagen (Ziff. 8.3.3) eine Auflistung aller projektbedingter Massenströme, eine Auflistung aller Transportfahrten, die Benennung der Lieferanten der gelieferten Materialien, die Umschlag- und Installationsplätze sowie die Ergänzung des Bauprogramms mit den vorgesehenen Sperrintervallen, zu umfassen hatte, gehört zum Angebot und war auch nicht Gegenstand der Eignungsprüfung. Die Beurteilung im Zusammenhang mit der Qualität des technischen Angebots ist nicht zu beanstanden. Dies gilt in gleicher Weise für die Kriterien «Umsetzung der Umweltauflagen» und das «Konzept zur Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen». Die Anbieter hatten dafür entsprechende Konzepte zu erarbeiten, die Bestandteil der Angebote bildeten. Auch hierbei wurden qualitätsrelevante Merkmale des Angebots beurteilt und nicht lediglich die generelle Eignung der Anbietenden.

c. In Bezug auf das Kriterium «Qualitätsmanagement» ist festzustellen, dass im Rahmen der Präselektion der Nachweis eines unternehmungsbezogenen Qualitätsmanagements zu erbringen war. Der Beurteilung des technischen Angebots hingegen wurde ein vom Anbieter - aufbauend auf den unternehmungsbezogenen Qualitätsmanagementsystemen - für den konkreten Auftrag ausgearbeitetes projektbezogenes Qualitätsmanagement zugrunde gelegt (Ausschreibungsunterlagen Ziff. 8.3.4). Auch hier sind somit klarerweise unterschiedliche, wenn auch verwandte Gesichtspunkte beurteilt worden. Das Heranziehen eines projekt- oder baustellenbezogenen Qualitätsmanagements als Kriterium zur Beurteilung der Qualität des Angebots ist durchaus üblich und auch sachgerecht.

d. Zusammenfassend erweist sich somit die Rüge der Beschwerdeführerinnen, bei den Kriterien zur Bewertung des technischen Angebots handle es sich nicht um Zuschlagskriterien, sondern um Eignungskriterien, weshalb das Vorgehen der SBB auf eine Doppelprüfung der Eignung hinaus laufe, als unbegründet. Eine unzulässige Doppelprüfung ist nicht erfolgt.

4. (...)

Dokumente der BRK
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : VPB-69.56
Datum : 11. März 2005
Publiziert : 11. März 2005
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als VPB-69.56
Sachgebiet : Eidgenössische Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen (BRK)
Gegenstand : Öffentliche Beschaffung im selektiven Vergabeverfahren. Eignungskriterien. Zuschlagskriterien. Mehreignung .


Gesetzesregister
BoeB: 9
SR 172.056.1 Bundesgesetz vom 21. Juni 2019 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
BöB Art. 9 Übertragung öffentlicher Aufgaben und Verleihung von Konzessionen - Die Übertragung einer öffentlichen Aufgabe oder die Verleihung einer Konzession gilt als öffentlicher Auftrag, wenn der Anbieterin dadurch ausschliessliche oder besondere Rechte zukommen, die sie im öffentlichen Interesse wahrnimmt, und ihr dafür direkt oder indirekt ein Entgelt oder eine Abgeltung zukommt. Spezialgesetzliche Bestimmungen gehen vor.
VoeB: 9
SR 172.056.11 Verordnung vom 12. Februar 2020 über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB)
VöB Art. 9 Entschädigung der Anbieterinnen - (Art. 24 Abs. 3 Bst. c und 36 Bst. h BöB)
1    Anbieterinnen haben keinen Anspruch auf eine Entschädigung für die Teilnahme an einem Verfahren.
2    Verlangt die Auftraggeberin Vorleistungen, die über den gewöhnlichen Aufwand hinausgehen, so gibt sie in den Ausschreibungsunterlagen bekannt, ob und wie sie diese Vorleistungen entschädigt.
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
sbb • zuschlag • sachverhalt • rekurskommission für das öffentliche beschaffungswesen • minderheit • gewicht • selektives verfahren • frage • verordnung über das öffentliche beschaffungswesen • realisierung • endentscheid • prüfung • beurteilung • antrag zu vertragsabschluss • schweizerisches handelsamtsblatt • vergabeverfahren • wert • antragsteller • entscheid • auftraggeber
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