Sprache des Dokuments : ECLI:EU:C:2000:271

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

ANTONIO SAGGIO

vom 18. Mai 2000 (1)

Rechtssache C-368/98

Abdon Vanbraekel u. a.

gegen

Alliance nationale des mutualités chrétiennes (ANMC)

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour du travail Mons [Belgien])

„Freizügigkeit - Soziale Sicherheit - Medizinische Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem der Patient sozialversichert ist - Chirurgischer Eingriff und Krankenhausaufenthalt - Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1408/71 - Bestimmung der Höhe der Erstattung nach den Vorschriften des Staates der Versicherungszugehörigkeit oder den Vorschriften des Staates, in dem die medizinische Behandlung erfolgt ist“

Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens

1.
    Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen fragt das belgische Gericht nach den Kriterien, die zur Berechnung der Höhe der Erstattung von Krankheitskosten heranzuziehen sind, wenn diese in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen, in dem der Anspruch auf Anschluss an ein nationales System der sozialen Sicherheit besteht, entstanden sind. Das Problem, das der Frage zugrunde liegt und zu dem die zehn Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, Stellung genommen haben, betrifft bereits die Anerkennung des Erstattungsanspruchs in Bezug auf im Ausland erhaltene medizinische Leistungen. Das Ersuchen des vorlegenden Gerichts führt also zu der allgemeinen Frage, wie sich der Schutz des Rechts, zu wählen, wo eine bestimmte Behandlung oder eine bestimmte ärztliche Konsultation durchgeführt werden soll, und des Rechts, medizinische Leistungen an Ausländer zu den gleichen Bedingungen zu erbringen, wie sie an das nationale System angeschlossenen Inländern geboten werden, mit dem Erfordernis vereinbaren lässt, die nationalen Systeme durch Einschränkung der Patientenverkehrs nach bzw. aus dem Ausland zu schützen, der den Mitgliedstaaten die Planung und Organisation der Gesundheitssysteme unmöglich oder sehr schwer machen kann.

Gemeinschaftsrecht und nationales Recht

2.
    Die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern(2), enthält besondere Vorschriften über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer und Selbständigen in der Gemeinschaft, d. h. der in einem Mitgliedstaat sozialversicherten Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat medizinisch behandelt werden. Insbesondere dürfen die Mitgliedstaaten, was die vorliegende Rechtssache angeht, nach Artikel 22 dieser Verordnung den Anspruch auf medizinische Leistungen oder krankheitsbedingte Geldleistungen im Ausland von einer Genehmigung abhängig machen. Artikel 22 bestimmt u. a. Folgendes:

„(1)    Ein Arbeitnehmer oder Selbständiger, der die nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für den Leistungsanspruch erforderlichen Voraussetzungen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung des Artikels 18, erfüllt und

a)    dessen Zustand während eines Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats unverzüglich Leistungen erfordert oder

...

c)    der vom zuständigen Träger die Genehmigung erhalten hat, sich in das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zu begeben, um dort eine seinem Zustand angemessene Behandlung zu erhalten,

hat Anspruch auf:

    i)    Sachleistungen für Rechnung des zuständigen Trägers vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften, als ob er bei diesem versichert wäre; die Dauer der Leistungsgewährung richtet sich jedoch nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates;

    ii)    Geldleistungen vom zuständigen Träger nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften. Im Einvernehmen zwischen dem zuständigen Träger und dem Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts können diese Leistungen jedoch vom Träger des Aufenthalts- oder Wohnorts nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Staates für Rechnung des zuständigen Trägers gewährt werden.“

In Artikel 22 Absatz 2 Unterabsatz 2 in der Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 2793/81 des Rates vom 17. September 1981 zur Änderung der Verordnung Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71(3) ist festgelegt, in welchen Fällen die nationalen Behörden eine medizinische Behandlung im Ausland genehmigen müssen. Dort heißt es: „Die nach Absatz 1 Buchstabe c) erforderliche Genehmigung darf nicht verweigert werden, wenn die betreffende Behandlung zu den Leistungen gehört, die in den Rechtsvorschriften des Mitgliedstaats vorgesehen sind, in dessen Gebiet der Betreffende wohnt, und wenn er wegen seines derzeitigen Gesundheitszustandes und des voraussichtlichen Verlaufs der Krankheit diese Behandlung nicht in einem Zeitraum erhalten kann, der für diese Behandlungen in dem Staat, in dem er seinen Wohnsitz hat, normalerweise erforderlich ist.“

3.
    Hinsichtlich der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften geht aus den Akten hervor, dass Artikel 221 Absatz 1 Nummer 2 der Königlichen Verordnung vom 4. November 1963 zur Durchführung des Gesetzes vom 9. August 1963 über die Einrichtung und Ausgestaltung eines Systems der Pflichtversicherung gegen Krankheit und Invalidität den Erstattungsanspruch bei medizinischer Behandlung im Ausland anerkennt, wenn die Wiederherstellung der Gesundheit des Patienten „einen Krankenhausaufenthalt erfordert, der im Ausland unter besseren medizinischen Bedingungen erfolgen kann und der zuvor vom Vertrauensarzt für unerlässlich befunden worden ist“.

Die belgische Regierung führt in ihren Erklärungen aus, seit Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1408/71 werde für die Erteilung dieser Genehmigung tatsächlich die Gemeinschafts- und nicht die nationale Regelung zugrunde gelegt. Um die Erstattung erhalten zu können, sei nämlich das in der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung Nr. 1408/71(4) vorgesehene Formblatt E 112 einzuholen und nach dem ministeriellen Runderlass O.A. Nr. 81/215-80/51 vom 18. Juni 1971 könne die Erstattung nur unter bestimmten besonderen Voraussetzungen erfolgen. Der Runderlass enthält folgende Regelung:

„In Bezug auf die Anwendung von Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 sind folgende Grundsätze zu beachten:

1.    Die Genehmigung der Behandlung im Ausland darf nicht erteilt werden, wenn die Behandlung auf medizinisch-technischer Ebene auch in Belgien erfolgen kann;

2.    wird eine Genehmigung einer Behandlung im Ausland in ganz außerordentlichen Fällen erteilt, d. h., wenn die Behandlung in Belgien nicht erfolgen kann, so hat der Vertrauensarzt die Krankenanstalt und/oder den Facharzt und den vorgesehenen Behandlungszeitraum klar anzugeben:

3.    vorbehaltlich von Nummer 2 können die von belgischen Versicherungen nicht gedeckten Leistungen nicht im Ausland erbracht werden, d. h. es darf kein Formblatt E 112 für Leistungen ausgestellt werden, die in Belgien von der obligatorischen Krankenversicherung und Invaliditätsversicherung nicht erstattet werden könnten (absolute Einschränkung);

...

4.    Thermalkuren dürfen nicht genehmigt werden.“

Sachverhalt und Vorlagefragen

4.
    Im Februar 1990 beantragte Frau Descamps, die in Belgien wohnt, bei ihrer Krankenkasse Alliance nationale des mutualités chrétiennes (im Folgenden: ANMC), um den Erstattungsanspruch zu erwerben, die Genehmigung für einen orthopädisch-chirurgischen Eingriff in Frankreich. Die ANMC versagte ihr die Genehmigung, weil ihr Antrag unzureichend begründet sei; es fehle am Gutachten eines in einer inländischen Hochschuleinrichtung tätigen Arztes.

5.
    Ungeachtet dieses abschlägigen Bescheids unterzog sich Frau Descamps im April 1990 doch dem chirurgischen Eingriff.

6.
    Wieder in Belgien erhob sie beim Tribunal du travail Tournai Klage auf Übernahme der gesamten in Frankreich entstandenen Kosten eben durch die ANMC. Das belgische Gericht hielt den Bescheid, mit dem Frau Descamps die Genehmigung versagt worden war, für rechtens und wies die Klage ab, weil der fragliche Antrag auf Genehmigung unzureichend begründet gewesen sei(5).

Frau Descamps legte gegen diese Entscheidung bei der Cour du travail Mons Rechtsmittel ein. Das Rechtsmittelgericht beauftragte einen Sachverständigen, festzustellen, ob im März 1990 ein Aufenthalt von Frau Descamps in dem ausländischen Krankenhaus erforderlich gewesen sei, weil dort „bessere medizinische Bedingungen“ als in den inländischen Krankenhäusern gegeben seien. In seinem Gutachten vom 29. Dezember 1994 gelangte der Sachverständige, Doktor El Banna, zu dem Ergebnis, der Aufenthalt von Frau Descamps in dem französischen Krankenhaus und der chirurgische Eingriff seien für die „Wiederherstellung der Gesundheit von Frau Descamps“ gemäß Artikel 221 Absatz 1 der Königlichen Verordnung vom 4. November 1963 erforderlich gewesen.

Im Ausgangsverfahren rügte die ANMC hilfsweise, die Kriterien, auf die sich die Klägerin zur Bestimmung des Erstattungsbetrags stützte, seien rechtswidrig. Die Kosten, die erstattet werden könnten, beliefen sich auf 38 608,89 FRF entsprechend dem Betrag, der von den französischen Stellen für eine solche Behandlung erstattet werde. Frau Descamps trägt dagegen vor, der Satz der Erstattung richte sich nach dem belgischen Recht, wonach sie Anspruch auf 49 935,44 FRF habe.

7.
    Frau Descamps starb am 10. August 1996. Die Erben - ihr Ehemann, Herr Vanbraekel, und ihre sechs Kinder - haben das Verfahren aufgenommen.

8.
    In seinem Urteil vom 9. Oktober 1998 - dort wird die vorliegende Vorabentscheidungsfrage gestellt - hat die Cour du travail ausgeführt, sie habe, indem sie den Sachverständigen mit der Feststellung der Erforderlichkeit des chirurgischen Eingriffs, dem sich die Klägerin unterzogen habe, beauftragt habe, „implizit anerkannt“, dass die Frau Descamps entstandenen Kosten von der ANMC zu übernehmen seien. Zur Bestimmung der Höhe des an Frau Descamps zu erstattenden Betrags hat die Cour du travail dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wenn das nationale Gericht im Rahmen eines bei ihm anhängigen Rechtsstreits die Notwendigkeit einer Krankenhauspflege in einem anderen Mitgliedstaat als demdes zuständigen Trägers anerkannt hat, während die vorherige Genehmigung nach Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 versagt worden war,

-    hat dann die Erstattung der Kosten der Krankenhauspflege nach der Regelung des Staates des zuständigen Trägers oder nach der Regelung des Staates zu erfolgen, in dessen Gebiet die Krankenhauspflege stattfand?

-    Ist eine in den Rechtsvorschriften des Staates des zuständigen Trägers vorgesehene Begrenzung der Höhe der Erstattung im Hinblick auf Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 zulässig, in dem von einer Erstattung in voller Höhe die Rede ist?

Zur Zulässigkeit

9.
    Die irische, die niederländische und die dänische Regierung sowie die Regierung des Vereinigten Königreichs machen geltend, das Vorabentscheidungsersuchen sei unzulässig, da das Vorlageurteil keine ausreichenden tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalte, die es den Mitgliedstaaten ermöglichten, sich an dem Vorabentscheidungsverfahren zu beteiligen.

10.
    Meines Erachtens enthält das Vorlageurteil eine klare, wenn auch knappe Schilderung des streitigen Sachverhalts und der anwendbaren nationalen Vorschriften. Ebenso klar ist der Inhalt der beiden Vorabentscheidungsfragen: Es geht im Wesentlichen um die Kriterien, die bei der Bestimmung der Höhe der Erstattung der im Ausland entstandenen Krankheitskosten anzuwenden sind. Eine gewisse Unsicherheit könnte sich dort einstellen, wo in dem Vorlageurteil zwischen der „impliziten Erklärung“ der Versagung der Genehmigung durch die belgischen Behörden für unrechtmäßig und der Auslegung der Vorschriften des Gemeinschaftsrechts über die Anerkennung des Erstattungsanspruchs ein Zusammenhang hergestellt wird. Diese Unsicherheit scheint mir jedoch unerheblich zu sein, denn da die Fragen - wie aus ihrem Wortlaut eindeutig hervorgeht - die Bestimmung der Höhe der an die Klägerin zu zahlenden Erstattung betreffen, ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht tatsächlich im Vorlageurteil den fraglichen Erstattungsanspruch anerkannt hat. Nach Klarstellung dieser Gesichtspunkte kann meines Erachtens an der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens kein Zweifel bestehen.

Zur Sache

Zum Genehmigungsverfahren nach Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71

11.
    Wie bereits erwähnt, betreffen die beiden Vorabentscheidungsfragen die Art und Weise der Erstattung und damit die Bestimmung der Höhe der Erstattung für die Kosten, die der medizinischen Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Versicherungszugehörigkeit zuzuordnen sind. In der Formulierung derFragen selbst scheint das vorlegende Gericht jedoch implizit das Problem aufzuwerfen, welche Bedeutung hier dem Umstand beizulegen ist, dass die Klägerin sich dem chirurgischen Eingriff in Frankreich ohne die vorherige Genehmigung der belgischen Behörden, also der Behörden des Staates der Versicherungszugehörigkeit, unterzog. Überdies fragt sich das Gericht in den Gründen des Vorlageurteils, ob im Licht der Urteile Decker und Kohll(6) die allgemeinen Vorschriften über die Freizügigkeit insbesondere in einem Fall wie dem vorliegenden, wo es um einen Krankenhausaufenthalt geht, den nationalen Behörden Verpflichtungen auferlegen.

Mit den beiden Vorabentscheidungsfragen gehen also zwei weitere Themen einher, zu denen sich alle Beteiligten, die Erklärungen abgegeben haben, eingehend geäußert haben: erstens, ob hier eine ordnungsgemäß erteilte Genehmigung im Sinne des Artikels 22 der Verordnung Nr. 1408/71 vorliegt, und zweitens, allgemein, ob die in diesem Artikel 22 vorgesehene Befugnis der Mitgliedstaaten, den Erstattungsanspruch für medizinische Leistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem der Arbeitnehmer krankenversichert ist, erbracht werden, einem besonderen Genehmigungsverfahren zu unterwerfen, heute, nach dem Erlass der Urteile Decker und Kohll noch besteht.

12.
    a) Das erste Thema ist meines Erachtens für die Beantwortung der Fragen des vorlegenden Gerichts unerheblich. Dieses hat nämlich in seinem Urteil vom 9. Oktober 1998, also im Vorlageurteil, anerkannt, dass Frau Descamps Anspruch auf Erstattung der durch den chirurgischen Eingriff in Frankreich entstandenen Kosten habe, dass also die Ablehnung des Genehmigungsantrags der Klägerin durch die belgischen Behörden rechtswidrig gewesen sei. Erklärt jedoch das nationale Gericht den Bescheid, mit dem die Genehmigung versagt wird, aufgrund innerstaatlicher Rechtsvorschriften, die sich, wie wir noch sehen werden, an das einschlägige Gemeinschaftsrecht anlehnen, für nichtig und erkennt es der Klägerin einen Erstattungsanspruch zu, so kann dies an dieser Stelle nur zur Kenntnis genommen werden. Denn weder Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 noch eine andere Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die bei Fehlen der vorherigen Genehmigung vorsieht, dass der Erstattungsanspruch entfällt, könnte die konstitutiven Wirkungen der Entscheidung des nationalen Gerichts ändern. Es wäre nämlich widersprüchlich, wollte man annehmen, dass eine Person, die nach der Verordnung berechtigt ist, sich im Ausland behandeln zu lassen, diesen Anspruch verliert, wenn die zuständige Behörde ihren Genehmigungsantrag unter Verstoß gegen ihre Verpflichtungen nach dieser Verordnung ablehnt. Folglich besteht in der vorliegenden Rechtssache in Wirklichkeit kein Problem bezüglich der Ausübung des Rechts auf medizinische Leistungen im Ausland.

Jedenfalls können die Voraussetzungen für eine Unvereinbarkeit mit der Verordnung Nr. 1408/71 nicht vorliegen, weil die Genehmigung im Sinne des Artikels 22 auch bei nachträglicher Erteilung Ausdruck des Grundsatzes der Freizügigkeit ist. Überdies kann meines Erachtens auch eine von der zuständigen Behörde nach Erhalt der medizinischen Leistungen erteilte Genehmigung die Wirkungen eines vorherigen Bescheids entfalten, da ihr Inhalt nicht in Widerspruch zu Artikel 22 der Verordnung steht. Dieser Artikel stellt nämlich die „Mindestregeln“ auf, die die Mitgliedstaaten zu beachten haben, um den freien Dienstleistungsverkehr im Gesundheitssektor zu ermöglichen. Eine spätere Rechtshandlung entsprechenden Inhalts, die an diesem Zweck orientiert ist, kann daher nicht gegen die Verordnung verstoßen.

13.
    b) Die allgemeine Frage der Rechtmäßigkeit der nationalen Regelung, nach der die Erstattung von im Ausland entstandenen Krankheitskosten voraussetzt, dass eine Genehmigung der zuständigen Behörden des Staates der Versicherungszugehörigkeit eingeholt wird, ist vom Gegenstand des Ausgangsrechtsstreit, der zu dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen geführt hat, weit entfernt. Wie bereits ausgeführt, geht es in diesem Rechtsstreit im derzeitigen Stand nicht um die Frage, ob Frau Descamps ein Erstattungsanspruch zusteht, sondern nur um die Bestimmung der Höhe dieser Erstattung(7).

Das belgische Gericht erkennt nämlich im Vorlageurteil an, dass die Klägerin - und nunmehr ihre Erben - Anspruch auf Erstattung der in Frankreich für den dort vorgenommenen chirurgischen Eingriff entstandenen Krankheitskosten hat. Es stützt sich hierzu auf Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die für den Versicherten in gewisser Hinsicht günstiger als die des Gemeinschaftsrechts sind, da sie, wie das vorlegende Gericht ausführt, für die Erteilung der Genehmigung an Personen, die im Ausland behandelt wurden, einen weiteren Rahmen setzen. Während nämlich Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71 in der Fassung der Verordnung von 1981 die Erteilung der Genehmigung nur für Behandlungen vorschreibt, die im Inland nicht rechtzeitig durchgeführt werden können, um den Krankheitsverlauf zu unterbrechen, muss die Genehmigung nach der nationalen Regelung immer dann erteilt werden, wenn die „Wiederherstellung [der Gesundheit des Patienten] einen Krankenhausaufenthalt erfordert, der im Ausland unter besseren medizinischen Bedingungen erfolgen kann und der zuvor vom Vertrauensarzt für unerlässlich befunden worden ist“(8). Es ist offensichtlich, dass die Mitgliedstaaten nach der Verordnung nur dann zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet sind, wenn die gleiche Behandlung im Inland tatsächlich technisch nichtmöglich ist. Nach der belgischen Regelung müssen dagegen die im Inland und im Ausland angebotenen Leistungen verglichen werden, und wenn die letztgenannten wirkungsvoller zu sein versprechen, ist dem Antragsteller die Erstattung zu gewähren. In der vorliegenden Rechtssache sieht die belgische Regelung daher andere und weiter gehende Erstattungstatbestände vor als diejenigen, bei denen nach Artikel 22 der Verordnung eine Verpflichtung zur Erstattung besteht. Folglich liegt kein Gesichtspunkt vor, unter dem die belgische Rechtsvorschrift mit der Vorschrift des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts unvereinbar wäre.

14.
    Im Vorlageurteil fragt das nationale Gericht aber auch noch, welche Bedeutung für den vorliegenden Fall den Urteilen Decker und Kohll aus dem Jahr 1998 zukommt, in denen der Gerichtshof eine nationale Regelung wie die luxemburgische über die Erstattung von im Ausland angefallenen Kosten, die im Großen und Ganzen die Regelung der Verordnung übernahm und also die Erstattung von einer Genehmigung durch die nationalen Behörden abhängig machte, für mit den allgemeinen Normen über die Freizügigkeit unvereinbar erklärte. Diese Genehmigung wurde nur nach einer ärztlichen Kontrolle und nach Vorlage eines Antrags eines in Luxemburg niedergelassenen Arztes erteilt, in dem die Umstände und die Kriterien angegeben waren, derentwegen die fragliche Behandlung in Luxemburg nicht durchgeführt werden konnte(9).

15.
    Gegenstand der beiden Rechtsstreitigkeiten war die Ablehnung der Erstattung der Kosten zum einen für die Anschaffung einer Brille zur Korrektur eines Sehfehlers in Belgien - Rechtssache Decker - und zum anderen für die Behandlung durch einen in Deutschland niedergelassenen Zahnarzt - Rechtssache Kohll; in beiden Fällen war keine Genehmigung erteilt worden. In den beiden Vorabentscheidungsersuchen fragten die luxemburgischen Gerichte, ob das nach luxemburgischem Recht vorgesehene Genehmigungsverfahren im Licht der Artikel 30 und 59 EG-Vertrag (jetzt Artikel 28 und 49 EG) eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit oder eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine Beschränkung der Einfuhr medizinischer Erzeugnisse darstelle. Die Fragen waren also offensichtlich unabhängig davon gestellt, ob die Verordnung Nr. 1408/71 in den beiden Fällen anwendbar war. Der Gerichtshof befand, insoweit in Übereinstimmung mit den Schlussanträgen des Generalanwalts, die Vorschriften des primären Rechts über die Freizügigkeit gälten als Grundprinzipien der Gemeinschaftsrechtsordnung auch für die Dienstleistungen des Gesundheitssektors und den Absatz medizinischer Erzeugnisse, obgleich diese den Maßnahmen unterworfen seien, die die Mitgliedstaaten auf der Grundlage ihres Sozialversicherungsrechts erließen. Aufgrund dieser Erwägung gelangte er zu dem Ergebnis, dass der Umstand, dass die nationale Regelung einer Bestimmung des abgeleiteten Rechts, nämlich dem Artikel 22 der Verordnung Nr. 1408/71,entspreche, „nicht zur Folge [hat], dass sie nicht an den Bestimmungen des EG-Vertrags zu messen wäre“; sie stelle daher eine rechtswidrige Beschränkung dar.

16.
    Der Gerichtshof ließ in diesem Zusammenhang aber offen, welche Dienstleistungen im Anwendungsbereich der Verordnung liegen und letztlich nicht an den Artikeln 30 und 59 EG-Vertrag zu messen sind. Eben um eine entsprechende Auslegung zu erwirken, haben in der vorliegenden Rechtssache alle Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, zur Tragweite der Verordnung Nr. 1408/71 Stellung genommen. Meines Erachtens ermöglichen es gerade die genannten Urteile, festzustellen, ob die Verordnung Nr. 1408/71 in einem Fall wie dem vorliegenden anwendbar ist.

17.
    Denn wenn in den angeführten Urteilen auch der Grundsatz aufgestellt wurde, dass die nationalen Maßnahmen betreffend die Dienstleistungen sowie die Einfuhr und die Ausfuhr von Erzeugnissen des medizinischen Sektors als solche nicht dem allgemeinen Grundsatz des freien Verkehrs entzogen sind, so wurde diese Auslegung doch nicht auf diejenigen Dienstleistungen und Erzeugnisse ausgedehnt, die Bestandteil des nationalen Gesundheitssystems sind, also Dienstleistungen und Erzeugnisse, die im vorliegenden Fall mit der Organisation und dem Funktionieren der Krankenhäuser zusammenhängen. Dies ergibt sich für mich zum einen aus der in der Begründung dieser Urteile enthaltenen Vorbemerkung zum Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 und zum anderen aus der dort gegebenen Auslegung der Artikel 56 EG-Vertrag und Artikel 66 EG-Vertrag, wonach Erfordernisse der Erhaltung einer ärztlichen und klinischen Versorgung jedenfalls rechtfertigen können, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von den allgemeinen Vorschriften vorsehen.

18.
    Was den ersten Gesichtspunkt betrifft, so ging der Gerichtshof in beiden Urteilen von dem in der Rechtsprechung bereits häufig ausgesprochenen Grundsatz aus, dass die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Ausgestaltung ihrer Systeme der sozialen Sicherheit, insbesondere zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Recht auf Anschluss an ein System der sozialen Sicherheit oder eine Verpflichtung hierzu besteht, und ihre Zuständigkeit, zu bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Leistung besteht, durch das Gemeinschaftsrecht nicht eingeschränkt wird.

Im Urteil Decker, wo es um die Anwendung von Artikel 30 des Vertrages im Zusammenhang mit der Erstattung des für eine Brille zur Korrektur eines Sehfehlers gezahlten Betrages ging, verwies der Gerichtshof nämlich auf das Urteil Duphar aus dem Jahr 1984(10). Dort bestätigte der Gerichtshof in Bezug auf eine niederländische Regelung über die Senkung der Erstattung für Arzneimittel den Grundsatz, dass „das Gemeinschaftsrecht die Befugnis der Mitgliedstaaten nicht berührt, ihre Systeme der sozialen Sicherheit auszugestalten und insbesondere zurErhaltung des finanziellen Gleichgewichts ihrer Krankenversicherungssysteme Maßnahmen zur Regulierung des Arzneimittelverbrauchs zu treffen“(11). Im Urteil Duphar befand der Gerichtshof außerdem, dass die nationale Regelung, obwohl sie zu einer Verringerung der Einfuhren führte, „... als solche nicht als Beschränkung der durch Artikel 30 EWG-Vertrag gewährleisteten Einfuhrfreiheit angesehen werden [kann]“(12), sondern nur dann als Beschränkung den Vorschriften des Vertrages unterlag, wenn ausländische Erzeugnisse willkürlich benachteiligt wurden, d. h., wenn gegenüber den inländischen Erzeugnissen preisgünstigere ausländische Erzeugnisse von den Listen der erstattungsfähigen Erzeugnisse ausgeschlossen waren. Im Urteil Duphar hat der Gerichtshof also, insbesondere für den innergemeinschaftlichen Arzneimittelhandel, entschieden, dass ein Mitgliedstaat Maßnahmen, die mit der Organisation und dem Funktionieren seines Sozialversicherungssystems zusammenhängen, auch dann treffen darf, wenn diese Maßnahmen sich auf den Handel mit Arzneimitteln beschränkend auswirken, sofern sie nur keinen ungerechtfertigten Schutz der inländischen Erzeugnisse mit sich bringen.

Im Urteil Kohll, wo es um die Erstattung von Zahnbehandlungskosten ging, verwies der Gerichtshof hinsichtlich der Anwendung der Vertragsvorschriften über den freien Verkehr (dort Artikel 59) auf das Urteil Webb(13) aus dem Jahr 1981. In dieser Rechtssache hatte das Gemeinschaftsgericht über die niederländischen Rechtsvorschriften über die Überlassung von Arbeitnehmern zu befinden, die nach dem nationalen Recht untersagt werden konnte, „wenn dies im Interesse gedeihlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt oder im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer erforderlich ist“. Die französische Regierung, die sich an dem Verfahren beteiligt hatte, hatte geltend gemacht, dass eine solche Vorschrift zwar die Erbringung von Dienstleistungen durch Unternehmen des Sektors beschränke, aber gleichwohl als Maßnahme der Sozialpolitik anzusehen sei und daher nicht den Grundsätzen der Artikel 48 bis 51 EG-Vertrag unterliege. Der Gerichtshof hielt dieses Vorbringen für unbegründet. Zwar könnten die Vorschriften des primären und des abgeleiteten Rechts über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer auf Arbeitnehmer, die von Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen beschäftigt würden, anwendbar sein. Dennoch fielen aber die Unternehmen, die einer solchen Tätigkeit nachgingen, unter die Vorschriften über die Erbringung von Dienstleistungen. Denn die Besonderheiten bestimmter Dienstleistungen führten nicht dazu, dass sie von den „Bestimmungen über den freien Dienstleistungsverkehr“ ausgenommen wären(14).

Aus den genannten Stellen in den Urteilen Decker und Kohll und der dort angeführten früheren Rechtsprechung ergibt sich also eindeutig, dass der Gerichtshof nie die Auffassung geäußert hat, die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des primären Recht über die Freizügigkeit müsse umfassend und absolut sein, sondern im Gegenteil sie als durch das Erfordernis begrenzt angesehen hat, die Wahrung der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten im Bereich der sozialen Sicherheit zu gewährleisten.

19.
    Der zweite Gesichtspunkt in Bezug auf die Begründung der Urteile Decker und Kohll betrifft die Anwendung der allgemeinen Vorschriften auf Krankenhäuser. Insoweit befand der Gerichtshof im Urteil Kohll in seiner Antwort auf die zweite Vorabentscheidungsfrage, ob die etwaige Unvereinbarkeit der nationalen Regelung über das Genehmigungsverfahren auch für nationale Systeme gelte, deren Zweck es sei, „eine finanziell ausgewogene, allen offen stehende ärztliche und klinische Versorgung in einer bestimmten Region aufrechtzuerhalten“, dass zwar rein wirtschaftliche Gründe, die gerade das Erfordernis, das Funktionieren des Systems zu sichern, beträfen, eine Beschränkung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs nicht rechtfertigen könnten, doch könne „eine erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit“ für den Mitgliedstaat eine Rechtfertigung darstellen, das allgemeine Verbot von Einschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht anzuwenden(15). Zudem hat die luxemburgische Regierung im Urteil Kohll zur Rechtfertigung ihrer Regelung angeführt, diese sei zum Schutz der öffentlichen Gesundheit im Inland erforderlich. Zum einen sei die streitige Regelung erforderlich, um die Qualität der ärztlichen Leistungen zu gewährleisten, die der Patient im Ausland erwarte; zum anderen solle die Regelung eine „ausgewogene, allen Versicherten offen stehende ärztliche und klinische Versorgung“ sicherstellen. Der Gerichtshof hielt das erste Argument für unbegründet. Durch die Artikel 56 und 66 EG-Vertrag, die gerade Vorbehaltsklauseln zum Schutz der öffentlichen Gesundheit vorsähen, werde nicht der gesamte staatliche Gesundheitssektor von der Anwendung des elementaren Grundsatzes des freien Verkehrs ausgenommen, denn auch dieser Sektor sei ein unter dem Gesichtspunkt des freien Dienstleistungsverkehrs wichtiger„Wirtschaftssektor“. Dagegen folgte der Gerichtshof dem Argument der Aufrechterhaltung einer „ausgewogenen, allen Versicherten offen stehenden ärztlichen und klinischen Versorgung“. Artikel 56 erlaube den Mitgliedstaaten, den freien Dienstleistungsverkehr einzuschränken, soweit die Maßnahmen für die Gesundheit oder gar das Überleben der Bevölkerung erforderlich seien.

20.
    Angesichts dieser Stellen in der Begründung der Urteile Decker und Kohll bin ich daher der Auffassung, dass der Gerichtshof die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Organisation der nationalen Krankenversicherungssysteme keineswegs in Frage stellen und einschränken wollte. Abgesehen von der Ausnahme bezüglich der Maßnahmen zur Organisation einer ärztlichen und klinischen Versorgung, die der Gerichtshof ausdrücklich vom Anwendungsbereich der allgemeinen Regelung ausgenommen hat, sind jedoch jedenfalls noch die Kriterien festzulegen, anhand deren sich abgrenzen lässt, welche Leistungen Teil des nationalen Gesundheitssystems sind und welche als ausgenommen und damit als den Vorschriften über den freien Verkehr unterliegend anzusehen sind. Meines Erachtens können diese Kriterien in Anbetracht der Vielfalt der verschiedenen Sozialsysteme und deren ständiger Entwicklung nicht auf der Grundlage abstrakter Grundsätze bestimmt werden.

21.
    Ein allgemeiner Hinweis findet sich im Urteil Humbel(16) für den Bereich des öffentlichen Bildungswesens. In dieser Rechtssache wollte das belgische Gericht wissen, ob der Unterricht an einer fachlichen Bildungseinrichtung der Sekundarstufe des nationalen Systems in den Anwendungsbereich des Artikels 59 EG-Vertrag fällt. Der Gerichtshof stützte sich zur Beantwortung der Frage auf den Begriff „Dienstleistungen“ des Artikels 60 EG-Vertrag. Danach seien Dienstleistungen im Sinne des Gemeinschaftsrechts „Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden“ und „gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten“ umfassten. Weiter führte der Gerichtshof zur Definition des Anwendungsbereichs dieser Bestimmungen aus, das „Wesensmerkmal“ bestehe darin, dass es ein Entgelt gebe, das die „wirtschaftliche Gegenleistung für die betreffende Leistung darstellt, wobei die Gegenleistung in der Regel zwischen dem Erbringer und dem Empfänger der Leistung vereinbart wird“. Was den Unterricht im Rahmen des nationalen Bildungssystems angehe, sei die Zahlung von Gebühren oder Schulgeld aus zwei Gründen nicht als „Entgelt“ im Sinne des Artikels 60 EG-Vertrag anzusehen: Durch die Errichtung eines solchen Systems „will der Staat ... keine gewinnbringende Tätigkeit aufnehmen“, sondern seinen Aufgaben auf sozialem Gebiet nachkommen; außerdem „wird dieses System in der Regel aus dem Staatshaushalt und nicht von den Schülern oder ihren Eltern finanziert“.

Auf das staatliche Gesundheitssystem übertragen, ergibt sich aus diesen beiden Voraussetzungen, dass von der Anwendung der Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr diejenigen Leistungen auszunehmen sind, die Bestandteil des staatlichen Gesundheitssystems sind und aus öffentlichen Mitteln finanziert werden.

22.
    Dagegen fallen diese medizinischen Leistungen, die von den Verpflichtungen und Verboten nach den allgemeinen Vorschriften über den freien Verkehr ausgenommen sind, in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71, deren Rechtsgrundlage Artikel 51 EG-Vertrag ist. Dieser Artikel sieht nämlich vor, dass der Rat Maßnahmen erlässt, die die nationalen Systeme nicht harmonisieren, sondern sie nur im Hinblick auf die Leistungen, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandernde Arbeitnehmer erhalten, koordinieren sollen. Eben dies ist Sinn und Zweck der Vorschriften des abgeleiteten Rechts, um die es hier geht(17). Für diese Auslegung spricht ferner, dass der Gerichtshof im Urteil Jordens-Vosters aus dem Jahr 1980(18) die Verordnung Nr. 1408/71 als einen Akt ansah, der aufgrund des Artikels 51 des Vertrages erlassen wurde und „im Wesentlichen zum Ziel [hat], die Anwendung der in den einzelnen Mitgliedstaaten für Arbeitnehmer, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geltenden Systeme der sozialen Sicherheit nach einheitlichen und gemeinschaftlichen Kriterien sicherzustellen“ (Randnr. 11)(19).

23.
    Nach alledem bin ich der Auffassung, dass für die Erstattung von Krankheitskosten, die wie im vorliegenden Fall in einem anderen Mitgliedstaat als dem der Versicherungszugehörigkeit für den Aufenthalt und einen Eingriff in einem Krankenhaus entstanden sind, die Verordnung Nr. 1408/71 oder diegünstigere innerstaatliche Regelung gilt, mit der Folge, dass in einem Fall wie dem vorliegenden die Behörden des Staates der Versicherungszugehörigkeit den Erstattungsanspruch von einem angemessenen Genehmigungsverfahren abhängig machen dürfen.

Bestimmung der Höhe der Erstattung

24.
    Wie bereits erwähnt, betreffen die beiden Vorabentscheidungsfragen die Kriterien, nach denen sich die Höhe der Erstattung des Entgelts für in einem anderen Mitgliedstaat erhaltene Sachleistungen bei Krankheit gemäß Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der Verordnung Nr. 1408/71 bestimmt.

25.
    Die Verordnung enthält keine Bestimmung darüber, nach welchem Recht die Höhe der Erstattung zu bestimmen ist. Aus den Artikel 51 EG-Vertrag zugrunde liegenden Grundsätzen ergibt sich jedoch, dass die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit so erfolgen muss, dass jegliche Diskriminierung aufgrund des Wohnorts des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist. In Buchstabe b dieses Artikels heißt es nämlich, dass durch die Koordinierung den Wanderarbeitnehmern „die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen“, gesichert werden muss. Überdies ist in der Verordnung Nr. 1408/71 selbst in Artikel 3 ausdrücklich in Bezug auf „Gleichbehandlung“ vorgesehen, dass „[d]ie Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaats wohnen und für die diese Verordnung gilt, ... die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates [haben], soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nichts anderes vorsehen“. Sie verbietet also ausdrücklich jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit. Schließlich lässt sich unter Berücksichtigung der in den Urteilen Decker und Kohll genannten Grundsätze außerdem sagen, dass es eine ungerechtfertigte Diskriminierung im Sinne dieser Vorschriften des primären und des abgeleiteten Rechts darstellt, wenn eine nationale Maßnahme im Bereich der sozialen Sicherheit eine unterschiedliche Behandlung vorsieht, je nachdem, wo die medizinische Leistung erbracht wird. Mit anderen Worten, ist der Erstattungsanspruch einmal anerkannt, so muss er so ausgestaltet sein, dass sich für den Betroffenen nicht allein deswegen „zusätzliche Kosten“ ergeben, weil er die medizinische Behandlung im Ausland erhalten hat(20).

Daraus folgt zum einen, dass eine in einem Mitgliedstaat sozialversicherte Person Anspruch auf Erstattung sämtlicher im Ausland entstandener Kosten hat(21), und zum anderen, dass diese Erstattung derjenigen entsprechen muss, auf die der Betroffene Anspruch gehabt hätte, wenn die gleiche Leistung im Inland erbracht worden wäre(22). Wird aber bei der Berechnung der Erstattung der volle Betrag der im Ausland entstandenen Kosten zugrunde gelegt - mit dieser Auslegung gehen alle Mitgliedstaaten, die Erklärungen abgegeben haben, einig -, so bestimmt sich der Satz der Erstattung nach dem Recht des Staates der Versicherungszugehörigkeit. Dies bedeutet, dass, wenn im Staat der Versicherungszugehörigkeit für dort angebotene medizinische Leistungen kein Erstattungsanspruch gewährt wird, ein solcher Anspruch nicht für die im Ausland erbrachten anerkannt werden kann. Aus dieser Überlegung folgt, dass zur Bestimmung, ob ein Erstattungsanspruch besteht oder nicht, von den Rechtsvorschriften des Staates der Versicherungszugehörigkeit auszugehen ist. Damit müssen derjenige, der medizinische Leistungen im Inland erhält und derjenige, der sie im Ausland erhält, unabhängig davon auf jeden Fall gleich behandelt werden, ob die medizinische Leistung zwecks Anwendung der allgemeinen Vorschriften über den freien Verkehr und damit zwecks Beurteilung der Verpflichtung zur Vorlage eines förmlichen Genehmigungsantrags als Dienstleistung einzustufen ist(23).

Für diese Auslegung spricht Artikel 13 der Verordnung Nr. 1408/71, wonach ein Arbeitnehmer, der im Gebiet eines Mitgliedstaats beschäftigt ist, den Rechtsvorschriften dieses Staates unterliegt, d. h. den Vorschriften des Staates der Versicherungszugehörigkeit über die Berechnung der Erstattung; folglich ist dies die maßgebliche Vorschrift dafür, wer Leistungen der sozialen Sicherheit erhält(24) und was Gegenstand dieser Leistungen ist(25). Überdies kann nach dem bereits angeführten Artikel 22 die Genehmigung für den Erhalt medizinischer Leistungen im Ausland nur dann erteilt werden, wenn die fraglichen Leistungen auch nach den Rechtsvorschriften des Staates der Versicherungszugehörigkeit vorgesehen sind, d. h., wenn sie bei Erbringung im Inland erstattungsfähig sind(26).

26.
    Keine Bedeutung für die Bestimmung des Erstattungsbetrags hat dagegen Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71, Gegenstand der zweiten Vorabentscheidungsfrage, nach dem „Aufwendungen für Sachleistungen, die ... vom Träger eines Mitgliedstaats für Rechnung des Trägers eines anderen Mitgliedstaats gewährt worden sind, ... in voller Höhe zu erstatten [sind]“. Dieser Artikel betrifft nämlich, wie sich aus der Überschrift von Abschnitt 7, in dem er steht, ergibt, das Verhältnis „zwischen Trägern“, d. h. zwischen den zuständigen nationalen Stellen. Er verpflichtet daher lediglich den Staat der Versicherungszugehörigkeit, dem Staat, der die Leistungen erbracht hat, die Kosten der medizinischen Behandlung in voller Höhe zu erstatten(27), soweit sie nicht bereits durch Zahlung des Entgelts seitens des Patienten beglichen worden sind und sofern diese Kosten ohne den Erstattungsanspruch vom Empfänger der Leistung zu tragen wären. Die fragliche Bestimmung betrifft nicht den Erstattungsanspruch, sondern soll verhindern, dassder Zustrom von Personen, die sich in anderen Mitgliedstaaten medizinisch behandeln lassen, die Gesundheitssyteme der Mitgliedstaaten, in denen diese Personen nicht versichert sind und die die Leistungen erbringen, aus dem funktionellen und finanziellen Gleichgewicht bringt und den Herkunftsmitgliedstaaten finanzielle Vorteile verschafft.

Ich bin daher der Auffassung, dass Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 nicht die Erstattung an Einzelne, sondern die an die zuständigen Träger regelt, die die für Sachleistungen im Sinne des Artikels 22 der Verordnung Nr. 1408/71 entstehenden Krankheitskosten tragen.

Ergebnis

27.
    Auf der Grundlage dieser Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, das Ersuchen der Cour du travail Mons für zulässig zu erklären und die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

1.    Der Erstattung der Krankheitskosten für medizinische Behandlung im Ausland im Sinne von Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (in der Fassung der Verordnung [EG] Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996), sind die Sätze zugrunde zu legen, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Leistung erbracht worden ist, tatsächlich angewendet werden; ihre Höhe bestimmt sich nach den Koeffizienten, die gemäß dem System der sozialen Sicherheit im Staat der Versicherungszugehörigkeit angewendet werden.

2.    Artikel 36 der Verordnung Nr. 1408/71 ist dahin auszulegen, dass er nicht die Erstattung an die Personen regelt, die sich im Ausland medizinisch behandeln ließen, sondern die Erstattung an die zuständigen Träger, die die für Sachleistungen im Sinne des Artikels 22 der Verordnung Nr. 1408/71 entstehenden Krankheitskosten tragen.


1: Originalsprache: Italienisch.


2: -    ABl. L 149, S. 2; siehe insbesondere die kodifizierte Fassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 zur Änderung und Aktualisierung der Verordnung Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. 1997, L 28, S. 1).


3: -     ABl. L 275, S. 1.


4: -     ABl. L 74, S. 1.


5: -     Das Tribunal du travail Tournai führte aus, die Klägerin habe nicht „unter Vorlage zumindest des Gutachtens eines belgischen Universitätsprofessors den Nachweis erbracht, dass der in Frankreich vorgenommene Eingriff unter besseren medizinischen Bedingungen als denjenigen vorgenommen wurde, unter denen er in Belgien hätte durchgeführt werden können“.


6: -     Urteile vom 28. April 1998 in den Rechtssachen C-120/95 (Decker Slg. 1998, I-1831) und C-158/96 (Kohll, Slg. 1998, I-1931).


7: -     Die Frage der Auslegung der Vorschriften über den freien Dienstleistungsverkehr im Hinblick auf eine nationale Regelung, nach der die Erstattung voraussetzt, dass eine Genehmigung eingeholt wird, ist jedoch Gegenstand einer eigenen Vorabentscheidungsfrage in der noch anhängigen Rechtssache C-157/99 (Smits und Peerbooms).


8: -     Hervorhebung nur hier.


9: -     Für eine allgemeine Darstellung dieser nationalen Regelung siehe Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, vorgetragen am 16. September 1997.


10: -     Urteil vom 7. Februar 1984 in der Rechtssache 238/82 (Duphar, Slg. 1984, 523).


11: -     Ebenda, Randnr. 16.


12: -     Ebenda, Randnr. 20.


13: -     Urteil vom 17. Dezember 1981 in der Rechtssache 279/80 (Webb, Slg. 1981, 3305).


14: -     Siehe insbesondere Randnr. 10.


15: -     Zur Unantastbarkeit der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten zur Organisation der Systeme der sozialen Sicherheit weise ich darauf hin, dass die Ausschließlichkeit dieser Zuständigkeit auf dem Erfordernis beruht, das finanzielle Gleichgewicht dieser Systeme nicht zu beeinträchtigen (vgl. u. a. Urteil Duphar, insbesondere Randnr. 16, und Urteil vom 26. März 1996 in der Rechtssache C-238/94, García u. a., Slg. 1996, I-1673, insbesondere Randnr. 14). Das finanzielle Gleichgewicht für sich allein rechtfertigt aber nicht eine Abweichung von den allgemeinen Vorschriften über die Freizügigkeit, da es ein typisch wirtschaftliches Kriterium bleibt und als solches nicht genügt, um als Vorbehaltsklausel im Sinne der Artikel 56 und 66 EG-Vertrag angesehen werden zu können. Es wirkt jedoch wie eine Vorbehaltsklausel, wenn es mit dem Erfordernis verbunden ist, immer noch aus wirtschaftlicher Sicht, die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit zu schützen. Daher kann es unter dem Gesichtspunkt der nationalen Interessen, die durch die nationalen Systeme der sozialen Sicherheit geschützt werden, als allgemeines Kriterium dienen, um zugunsten nationaler Regelungen eine Abweichung zu rechtfertigen.


16: -     Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 263/86 (Slg. 1988, 5365, insbesondere Randnrn. 14 bis 20).


17: -     In diesem Sinn die dritte, die vierte und die fünfte Begründungserwägung der Verordnung Nr. 118/97.


18: -     Urteil vom 10. Januar 1980 in der Rechtssache 69/79 (Jordens-Vosters, Slg. 1980, 75). Vgl. entsprechend Urteile des Gerichtshofes vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1, insbesondere Randnr. 21) und vom 27. September 1988 in der Rechtssache 313/86 (Lenoir, Slg. 1988, 5391); im letztgenannten Urteil heißt es: „... Artikel 51 EWG-Vertrag [sieht] eine Koordinierung, nicht aber eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vor, lässt also Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten und folglich auch bezüglich der Ansprüche der dort Beschäftigten bestehen. Die materiellen und verfahrensmäßigen Unterschiede zwischen den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten und damit zwischen den Ansprüchen der dort Beschäftigten werden somit durch Artikel 51 EWG-Vertrag nicht berührt“ (Randnr. 13).


19: -     Siehe auch Urteil vom 21. Oktober 1975 in der Rechtssache 24/75 (Petroni, Slg. 1975, 1149). Dort erklärte der Gerichtshof Artikel 46 Absatz 3 der Verordnung Nr. 1408/71 für ungültig, da mit Artikel 51 des Vertrages unvereinbar, soweit er die dort ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten beschränkte. Bei der Bestimmung der Tragweite von Artikel 51 stellte der Gerichtshof fest, diese Vorschrift „verpflichtet den Rat, die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer .notwendigen' Maßnahmen zu beschließen“ (Randnr. 12).


20: -     Urteil Decker, Randnr. 28, und Urteil Kohll, Randnr. 26.


21: -     Insoweit sieht Artikel 34 Absatz 1 der Verordnung Nr. 574/72 (in der durch die Verordnung Nr. 118/97 kodifizierten Fassung) zur Erstattung der bei einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat entstandenen Kosten vor, dass, wenn die Formvorschriften betreffend die Genehmigung „während des Aufenthalts im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats als des zuständigen Staates nicht eingehalten werden, ... die entstandenen Kosten auf Antrag des Arbeitnehmers oder Selbständigen vom zuständigen Träger nach den für den Träger des Aufenthaltsorts maßgebenden Sätzen zu erstatten [sind]“.


22: -     In den nationalen Gesundheitssystemen ohne Erstattungsregelung, wo der Patient aber von vornherein von der Zahlungspflicht entbunden ist oder nur einen kleinen Teil des Entgelts für die Dienstleistung zahlen muss, wird für die Berechnung der Höhe der Erstattung auf diesen Anteil abgestellt.


23: -     Meines Erachtens ist es zudem gerechtfertigt, dieses Ergebnis auf alle medizinischen Leistungen auszudehnen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fallen, d. h. auf die Leistungen nach Artikel 59 EG-Vertrag. Durch diese Auslegung würde die Widersprüchlichkeit der Erstattungsregelung abgemildert, die sich aus den einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften ergibt. Diese sehen für die Dienstleistungen der praktizierenden Ärzte oder Unternehmen dieses Sektors die volle Liberalisierung vor, während für Behandlungen oder Eingriffe in Krankenhäusern eine Verpflichtung zur Einholung einer Genehmigung auferlegt wird. Diese Verpflichtung führt zu einem Tätigwerden der zuständigen Verwaltungs- oder Gesundheitsbehörden, das teilweise willkürlich und auf dem Rechtswege nicht überprüfbar ist, sowie zu einer oft längeren Wartezeit für den Arbeitnehmer, der die medizinische Behandlung wünscht. In verschiedenen nationalen Systemen wird die erste Gruppe von Dienstleistungen auch dann nicht erstattet, wenn die fraglichen Leistungen im Inland erbracht werden (gewöhnlich trifft dies auf Leistungen zu, die von bestimmten Ärzten oder Einrichtungen nicht angeboten werden), während für die zweite Gruppe grundsätzlich das innerstaatliche System der sozialen Sicherheit die Kosten übernimmt, mit der Folge, dass für sie im Allgemeinen,wenn die vorgeschriebenen Bedingungen erfüllt sind, der Erstattungsanspruch anerkannt wird.


24: -     In diesem Sinn Urteil vom 16. März 1978 in der Rechtssache 117/77 (Pierik, Slg. 1978, 825, insbesondere Randnr. 19).


25: -     Vgl. Urteil vom 11. Oktober 1973 in der Rechtssache 35/73 (Kunz, Slg. 1973, 1025).


26: -     Ich teile daher die Auffassung der belgischen Regierung nicht, die Berechnung der Höhe der Erstattung müsse, wenn die Genehmigung nach Artikel 22 der Verordnung erteilt worden sei, nach den Rechtsvorschriften des Staates, der die Leistungen erbracht hat, und, wenn sie nicht erteilt worden sei, nach den Rechtsvorschriften des Herkunftsstaats erfolgen. Meines Erachtens ist die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens nach Artikel 22 für die Bestimmung der Höhe der Erstattung irrelevant, da von ihr das Bestehen des Anspruchs auf Erstattung der im Ausland entstandenen Kosten als solches abhängt. Fehlt es wie im vorliegenden Fall an der Genehmigung, so hat die betreffende Person keinen Anspruch auf volle oder teilweise Erstattung des Entgelts für die im Ausland erhaltenen medizinischen Leistungen, es sei denn, die innerstaatlichen Rechtsvorschriften gestehen ihr einen solchen Anspruch zu.


27: -     Siehe insoweit außerdem Artikel 93 der Verordnung Nr. 574/72, wonach Sachleistungen, die u. a. nach Artikel 22 gewährt wurden, vom zuständigen Träger „dem Träger, der sie gewährt hat, in Höhe des tatsächlichen Betrages, der sich aus der Rechnungsführung dieses Trägers ergibt“, erstattet werden.