Sprache des Dokuments : ECLI:EU:C:2002:68

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

L. A. GEELHOED

vom 31. Januar 2002(1)

Rechtssache C-334/00

Fonderie Officine Meccaniche Tacconi Spa

gegen

Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH

(Vorabentscheidungsersuchen der Corte Suprema di Cassazione [Italien])

„Vorabentscheidungsersuchen der Corte Suprema di Cassazione - Auslegung der Artikel 2 und 5 Nummern 1 und 3 des Brüsseler Übereinkommens - Vorausgehende Gerichtsstandsvereinbarung - Vorvertragliche Haftung“

I - Einleitung

1.    In dieser Rechtssache     hat die Corte Suprema di Cassazione (Italien) eine Frage nach der Auslegung der Artikel 2 und 5 Nummern 1 und 3 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(2) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) vorgelegt. Um feststellen zu können, welches Gericht für die Entscheidung eines Rechtsstreits zuständig ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, wie ein Anspruch zu qualifizieren ist, mit dem eine vorvertragliche Haftung geltend gemacht wird. Handelt es sich bei diesem Anspruch um einen solchen aus unerlaubter Handlung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens oder ist er als vertraglicher Anspruch im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 anzusehen? Das vorlegende Gericht erwägt auch die Möglichkeit, dass Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens insgesamt nicht anwendbar ist.

2.    Nach Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden. Artikel 5 Nummer 1 erklärt für den Fall, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, das Gericht des Ortes für zuständig, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Die Vertragsparteien können selbst ein Gericht bestimmen, das für die Entscheidung eines etwaigen Rechtsstreits zuständig sein soll. Nach Artikel 5 Nummer 3 ist dann, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, das Gericht des Ortes für die Entscheidung des Rechtsstreits zuständig, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist.

3.    Der Gerichtshof hat sich bereits mehrmals mit der Auslegung des Brüsseler Übereinkommens und insbesondere seines Artikels 5 befasst. Zum ersten Mal ist aber im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen eine Frage zur möglichen Haftung bei Vertragsverhandlungen aufgrund des Verhaltens der Parteien vorgelegt worden.

4.    In diesem Schlussanträgen werde ich - nach einer Beschreibung des rechtlichen Rahmens, des Sachverhalts und des Verfahrens - zunächst die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofes prüfen. Anschließend werde ich die von den Parteien vor dem Gerichtshof vorgetragenen Argumente wiedergeben. Bei diesem Vorbringen geht es im Kern um die Frage, wie die vorvertragliche Haftung im Licht dieser Rechtsprechung des Gerichtshofes zu qualifizieren ist. Danach werde ich die unterschiedlichen Merkmale der vorvertraglichen Haftung selbst behandeln. In Ermangelung einer einschlägigen Gemeinschaftsrechtsprechung werde ich mich dazu u. a. bei den nationalen Rechtssystemen kundig machen. Dies wird mich dann zur eigentlichen Beurteilung der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen führen.

II - Rechtlicher Rahmen

5.    Nach Artikel 1 ist das Brüsseler Übereinkommen in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, ohne dass es auf die Art der Gerichtsbarkeit ankommt. Für die gerichtliche Zuständigkeit gilt der allgemeine Grundsatz des Artikels 2, wonach Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen sind. Nach Artikel 3 können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats nur gemäß den Vorschriften des 2. bis 6. Abschnitts des Titels über die „Zuständigkeit“ verklagt werden. Von diesen Bestimmungen sind die Artikel 5 und 17 für die vorliegende Rechtssache von Bedeutung.

6.    Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens bestimmt:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, kann in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden:

1.    wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre; ...

...

3.    wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist;

...“

7.    Artikel 17 des Brüsseler Übereinkommens sieht u. a. vor:

„Haben die Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vereinbart, dass ein Gericht oder die Gerichte eines Vertragsstaats über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden sollen, so sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Staates ausschließlich zuständig. Eine solche Gerichtsvereinbarung muss geschlossen werden

a)    schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung,

b)    in einer Form, welche den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind, oder

c)    im internationalen Handel in einer Form, die einem Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.“

8.    Das Brüsseler Übereinkommen wird mit Wirkung vom 1. März 2002 durch die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 82. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(3) ersetzt werden. Die 11. und 12. Begründungserwägung dieser Verordnung lauten:

„(11)    Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(12)    Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.“

Diese Begründungserwägungen sind auf die vorliegende Rechtssache streng genommen nicht anwendbar. Gleichwohl verschaffen sie Klarheit über die Tragweite der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens.

Nationales Recht

9.    Nach Artikel 1337 des Codice civile haben die Parteien bei den Vertragsverhandlungen und beim Vertragsschluss nach Treu und Glauben zu handeln.

III - Sachverhalt und Verfahren

Sachverhalt

10.    Der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens ist folgender.

11.    Die Fonderie Officine Meccaniche Tacconi Spa (im Folgenden: Tacconi) und die HWS Heinrich Wagner Sinto Maschinenfabrik GmbH (im Folgenden: HWS) verhandelten über einen Vertrag, der den Kauf einer automatischen Formanlage zur Nutzung durch Tacconi betraf. Hersteller dieser Formanlage war HWS. Der Kaufvertrag sollte von der B. N. Commercio e Finanza Spa (im Folgenden: BN), einer Leasingsgesellschaft, und HWS geschlossen werden. Tacconi schloss mit BN mit Zustimmung von HWS einen Leasingvertrag über die Anlage. Die Formanlage wurde in der Folge nie geliefert.

12.    Die Parteien streiten darüber, ob zwischen BN und HWS ein Vertrag zustande gekommen ist. Nach Ansicht von Tacconi ist ein Vertragsschluss wegen der Weigerung von HWS, die Formanlage an BN zu verkaufen, zu verneinen. HWS habe während der Verhandlungen jedes Angebot abgelehnt. Anschließend habe sie, nachdem lange verhandelt worden sei, die Verhandlungen unerwartet abgebrochen. Nach Auffassung von HWS ist der Vertrag dagegen zustande gekommen.

Verfahrensablauf

13.    Am 23. Januar 1996 erhob Tacconi gegen HWS, die ihren Sitz in Deutschland hat, vor dem Tribunale di Perugia in Italien Klage. Sie beantragte, festzustellen, dass der Vertrag zwischen BN und HWS über den Kauf der Maschine nicht zustande gekommen war. Sie stützte ihre Klage auf die ihrer Ansicht nach unbegründete Weigerung von HWS, die Maschine an BN zu verkaufen. Sie trug vor, HWS habe dadurch, dass sie während der Verhandlungen jedes Angebot abgelehnt und anschließend, nachdem lange verhandelt worden sei, die Verhandlungen unerwartet abgebrochen habe, gegen ihre Verpflichtung zum Handeln nach Treu und Glauben verstoßen. Hierdurch seien die Erwartungen von Tacconi, die auf den Abschluss des Vertrages vertraut habe, enttäuscht worden. Sie berief sich deshalb auf die vorvertragliche Haftung von HWS nach Artikel 1337 Codice civile(4). In erster Instanz beantragte Tacconi, HWS zum Ersatz des gesamten ihr entstandenen Schadens zu verurteilen, den sie auf 3 000 000 000 ITL bezifferte.

14.    In ihrer Klagebeantwortung trug HWS vor, den Vertrag mit Tacconi geschlossen zu haben, und erhob angesichts der in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltenen Schiedsklausel, die die Zuständigkeit einem ausländischen Schiedsgericht zuwies, die Rüge der Unzuständigkeit der italienischen Gerichte. Hilfsweise beantragte sie nach Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens, die fehlende Klagebefugnis von Tacconi festzustellen. In der Sache beantragte sie, die Klage abzuweisen. Weiter hilfsweise beantragte sie im Wege der Widerklage, Tacconi zur Zahlung von 450 248,39 DM zu verurteilen.

15.    Ich weise darauf hin, dass HWS den Vortrag von Tacconi, die Verhandlungen unerwartet abgebrochen zu haben, nicht bestreitet. Sie bestreitet ihn auch nicht im Verfahren vor dem Gerichtshof.

16.    Mit Schriftsatz vom 16. März 1990 stellte Tacconi bei der Corte Suprema di Cassazione einen Antrag auf Vorabentscheidung über die gerichtliche Zuständigkeit nach Artikel 41 Codice di procedura civile. Sie beantragte festzustellen, dass die italienischen Gerichte zur Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständig seien. Sie machte geltend, die gerichtliche Zuständigkeit sei nach dem Brüsseler Übereinkommen zu bestimmen. Ihre Klage betreffe die deliktische Haftung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens. Nach dieser Bestimmung seien die Gerichte des Ortes zuständig, an dem nach den Feststellungen der Schaden entstanden sei. Unter Schaden sei die Vermögensverminderung des angeblich Geschädigten zu verstehen. Die Klage sei daher zu Recht beim Tribunale di Perugia erhoben worden. Tacconi habe ihren Sitz in Perugia, und dort sei auch der von ihr geltend gemachte Schaden eingetreten.

17.    HWS erhob eine Widerklage, mit der sie geltend machte, dass der Vertrag durch das Schreiben vom 28. April 1995 zur Bestätigung des Auftrags von Tacconi vom 27. April 1995 zustande gekommen sei. Daraus folge angesichts der in den allgemeinen Vertragsbedingungen enthaltenen Klausel über die ausländische Schiedsgerichtsbarkeit die Unzuständigkeit der italienischen Gerichte.

Vorlagefrage

18.    Daraufhin hat die Corte Suprema di Cassazione (Italien) mit Beschluss vom 9. Juni 2000, bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen am 11. September 2000, folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Hat eine Klage, mit der die vorvertragliche Haftung des Beklagten geltend gemacht wird, „eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder ... Ansprüche aus einer solchen Handlung“ zum Gegenstand (Artikel 5 Nummer 3)? Bei Verneinung dieser Frage: Hat eine solche Klage einen Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag zum Gegenstand (Artikel 5 Nummer 1), und falls ja, welche ist „die Verpflichtung“? Bei Verneinung der Frage: Ist auf eine solche Klage die allgemeine Zuständigkeitsregel des Wohnsitzes des Beklagten anzuwenden?

19.    Das vorlegende Gericht vertritt im Vorlagebeschluss die Auffassung, dass sich die Haftung nicht aus Vertrag ergebe. Nach dem Vortrag von Tacconi sei mit HWS kein Vertrag geschlossen worden. Gleichwohl sei in Italien die vorvertragliche Haftung im Vertragsrecht geregelt. Aufgrund dessen stehe sie im Zusammenhang mit vertraglichen Ansprüchen im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens. Die besondere Zuständigkeitsregel dieser Bestimmung scheine jedoch nicht auf die vorvertragliche Haftung anwendbar zu sein. Diese folge nicht aus einem Verstoß gegen eine vertragliche Pflicht, sondern aus der Nichtbeachtung der gesetzlichen Pflicht, bei Vertragsverhandlungen und dem Vertragsschluss nach Treu und Glauben zu handeln.

Verfahren vor dem Gerichtshof

20.    Schriftliche Erklärungen sind von den Parteien des Ausgangsverfahrens und der Kommission beim Gerichtshof eingereicht worden. Eine Sitzung hat nicht stattgefunden.

IV - Rechtsprechung des Gerichtshofes

21.    Für die Beantwortung der Vorlagefrage ist in erheblichem Maße die Rechtsprechung des Gerichtshofes zum Brüsseler Übereinkommen bestimmend. In diesem Teil meiner Schlussanträge wird daher diese Rechtsprechung wiedergegeben, insbesondere soweit sie sich auf die Antwort auswirken kann. Bei dieser Darstellung befasse ich mich zunächst mit den wichtigsten Wesenszügen des Brüsseler Übereinkommens und sodann mit den Bestimmungen, die in der vorliegenden Rechtssache besonders im Streit stehen.

Wesen des Brüsseler Übereinkommens

22.    Die Hauptregel ist in Artikel 2 des Übereinkommens niedergelegt. Eine Person kann stets vor den Gerichten des Ortes verklagt werden, an dem sie ihren Wohnsitz hat. In einer Reihe eng umschriebener Fälle, die als Ausnahmen von der Hauptregel anzusehen sind, kann der Kläger eine Klage auch bei einem anderen Gericht anhängig machen. Artikel 5 Nummern 1 und 3 enthält solche Ausnahmen.

23.    Nach seiner Präambel bezweckt das Brüsseler Übereinkommen eine Verstärkung des Rechtsschutzes der in der Europäischen Union ansässigen Personen(5). Dazu bestimmt das Übereinkommen, welche Gerichte für die Entscheidung eines Zivilrechtsstreits zuständig sind. Nach Auffassung des Gerichtshofes wird der Rechtsschutz dadurch verbessert, dass ein Kläger ohne Schwierigkeiten festzustellen vermag, welches Gericht er anrufen kann, und dass einem verständigen Beklagten erkennbar wird, vor welchem Gericht er verklagt werden kann(6). Die Zuständigkeitsvorschriften müssen - so die ausdrückliche Formulierung der 11. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 44/2001 - in hohem Maße vorhersehbar sein. Damit wird zugleich die Rechtssicherheit erhöht, was ebenfalls ein Ziel des Brüsseler Übereinkommens ist.

24.    Angesichts dessen hat das Übereinkommen u. a. zum Ziel, die Vorschriften über die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Vertragsstaaten zu vereinheitlichen. Der Anwendungsbereich des Übereinkommens ist aber beschränkt. Die Voraussetzungen für die Beurteilung eines schädigenden Ereignisses und für den Beweis des Bestehens eines Schadens und des Schadensumfangs sind nicht im Übereinkommen geregelt. Für diese Voraussetzungen gilt das materielle Recht, das nach den Kollisionsnormen des nationalen Rechts des angerufenen Gerichts maßgeblich ist, soweit seine Anwendung die praktische Wirksamkeit des Übereinkommens nicht beeinträchtigt(7).

25.    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sind die im Brüsseler Übereinkommen verwendeten Begriffe im Allgemeinen autonom auszulegen. Bei dieser Auslegung müssen im Hinblick auf die Anwendung des Übereinkommens in erster Linie dessen Systematik und Zielsetzungen berücksichtigt werden, um seine volle Wirkung zu gewährleisten. Diese Begriffe sind daher nicht als Verweisung auf die Qualifizierung des dem nationalen Gericht unterbreiteten Rechtsverhältnisses nach dem anwendbaren nationalen Recht zu verstehen(8).

26.    In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof im Urteil Peters(9) festgestellt, dass in Anbetracht der Zielsetzungen und des Gesamtzusammenhangs des Brüsseler Übereinkommens der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ (im Sinne von Artikel 5 Nummer 1) nicht als bloße Verweisung auf das innerstaatliche Recht eines der beteiligten Staaten zu verstehen sei, da sichergestellt werden müsse, dass sich aus dem Brüsseler Übereinkommen für die Vertragsstaaten und die betroffenen Personen so weit wie möglich gleiche und einheitliche Rechte und Pflichten ergäben(10). Auch dem Begriff „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ (im Sinne von Artikel 5 Nummer 3) sei ein autonomer Inhalt zu geben(11).

27.    Weiter zielt das Übereinkommen darauf ab, so weit wie möglich zu verhindern, dass aus ein und demselben Rechtsverhältnis mehrere Zuständigkeitsgründe hergeleitet werden. Die gleichzeitige Zuständigkeit mehrerer Gerichte erhöht die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen. Dieses Erfordernis, das der Gerichtshof im Urteil De Bloos(12) aufgestellt hat, dient der Wahrung der Rechtsicherheit.

28.    Im Urteil Peters hat der Gerichtshof ausgeführt, in Artikel 5 Nummer 1 komme das Bestreben des Übereinkommens zum Ausdruck, dass alle Streitigkeiten, die bei der Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung auftreten könnten, vor ein und dasselbe Gericht gebracht werden sollten. In jenem Fall war dies das Gericht des Erfüllungsortes. Hier orientiert sich der Gerichtshof an dem Grundgedanken, dass Nebensächliches der Hauptsache folgt(13). Daneben hat der Kläger immer noch die Möglichkeit, alle Teile seines Klagebegehrens bei den Gerichten des Ortes anhängig zu machen, an dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat. Überdies ermöglicht Artikel 22 des Brüsseler Übereinkommens dem zuerst angerufenen Gericht unter bestimmten Umständen, über den gesamten Rechtsstreit zu befinden, wenn zwischen den vor verschiedenen Gerichten erhobenen Klagen ein Zusammenhang besteht(14).

29.    Diese Zuständigkeit für die Entscheidung über alle Teile eines Klagebegehrens durch ein und dasselbe Gericht gilt übrigens nicht unbeschränkt. Ein Gericht, das nach Artikel 5 Nummer 3 für die Entscheidung über eine Klage unter einem auf deliktischer Grundlage beruhenden Gesichtspunkt zuständig ist, ist nicht auch zuständig, über diese Klage unter anderen, nicht deliktischen Gesichtspunkten zu entscheiden(15).

30.    Das führt mich zu einem weiteren Merkmal des Übereinkommens. Die Wahl des zuständigen Gerichts im Urteil Peters(16) hängt zusammen mit den engen Beziehungen, die ein Vertrag zwischen seinen Parteien erzeugt. So folgt der Gerichtshof der Regel, dass die besondere Zuständigkeit darauf beruhen müsse, dass zwischen der Streitigkeit und anderen Gerichten als denen des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine enge Verknüpfung bestehe, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses eine Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertige(17). Im Zusammenhang mit Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens wird auch von der Sachnähe des für zuständig erklärten Gerichts gesprochen(18). Die Sachnähe des Gerichts zum Ort der Erfüllung der Verpflichtung wird die Beweisaufnahme erleichtern. Kurz, es muss - so ausdrücklich auch die 12. Begründungserwägung der Verordnung Nr. 44/2001 - zwischen dem zuständigen Gericht und dem Rechtsstreit eine enge Verbindung bestehen.

Artikel 2

31.    Nach Artikel 2 kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staates verklagt werden. Diesem Artikel liegt das Rechtssprichwort „actor sequitor forum rei“ zugrunde. Die Zuständigkeitsbestimmung des Artikels 2 hat den Charakter eines allgemeinen Grundsatzes. Zweck des Artikels 2 ist es somit, die Rechte des Beklagten zu schützen. Der Beklagte kann sich nämlich leichter vor den Gerichten des Staates verteidigen, in dem er seinen Wohnsitz hat, als vor den Gerichten eines anderen Staates. Damit stellt Artikel 2 ein Gegengewicht zu den Erleichterungen dar, die das Brüsseler Übereinkommen hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen einräumt(19). Die erleichterte Anerkennung ergibt sich aus Artikel 26 Absatz 1 des Übereinkommens, wonach die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Vertragsstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens in enger Auslegung

32.    Artikel 5 bestimmt, in welchen Fällen eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, nach dem Übereinkommen in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden kann. Die Gerichtswahl steht dem Kläger zu und wird mit der Erhebung der Klage getroffen. Mit der Wahlmöglichkeit des Klägers ist die Gefahr des „forumshopping“ und damit auch des „lawshopping“ verbunden(20). Der Kläger kann sich nämlich bei der Wahl des zuständigen Gerichts nach dem für ihn günstigsten Recht orientieren.

33.    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes sind Abweichungen vom Grundsatz des Artikels 2 wegen seines allgemeinen Charakters einschränkend auszulegen(21). Das gilt natürlich auch für Artikel 5, der es ermöglicht, eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats zu verklagen. Das Erfordernis einer eingeschränkten Auslegung bedeutet, dass die Zuständigkeitsbestimmungen des Artikels 5 nicht zu einer entsprechenden Anwendung führen dürfen, die über die im Brüsseler Übereinkommen vorgesehenen Fälle hinausgeht(22). Im Urteil Dumez France und Tracoba hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass dies umso mehr für die Fälle gelte, für die das Brüsseler Übereinkommen die Möglichkeit vorsieht, eine Person vor den Gerichten des Vertragsstaats zu verklagen, in dessen Hoheitsgebiet der Kläger seinen Wohnsitz hat. Abgesehen von den ausdrücklich geregelten Fällen sei nämlich dem Brüsseler Übereinkommen eine eindeutige Abneigung zu entnehmen, die Gerichte des Wohnorts des Klägers für zuständig zu erklären(23).

34.    In seinen kürzlich vorgetragenen Schlussanträgen in der Rechtssache Gabriel(24) hat Generalanwalt Jacobs gemeint, das Gemeinschaftsrecht enthalte keine allgemeine Regel, wonach jede Ausnahme eng auszulegen sei. Ich teile allgemein die Auffassung von Generalanwalt Jacobs. Bei Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens steht die Notwendigkeit einer engen Auslegung aber nicht zur Debatte. Diese Notwendigkeit beruht auf den Zielen des Übereinkommens, mit denen die Rechtssicherheit gewahrt werden soll.

35.    Andererseits darf das Argument der engen Auslegung nicht so weit gehen, dass Artikel 5 die praktische Wirksamkeit genommen wird(25). Ich verstehe daher die Rechtsprechung so, dass das Erfordernis einer einschränkenden Auslegung hier dazu führt, dass eine entsprechende Anwendung zwar ausgeschlossen ist, im Übrigen aber der Wortlaut der Ausnahmebestimmung maßgebend ist.

Artikel 5 Nummer 1: Ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag bilden den Gegenstand des Verfahrens

36.    Nach Artikel 5 Nummer 1 des Übereinkommens kann eine Person, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Darunter ist die vertragliche Verpflichtung zu verstehen, die den Gegenstand der Klage bildet(26). Wird die Klage auf verschiedene Verpflichtungen gestützt, die wahrscheinlich an unterschiedlichen Orten zu erfüllen sind, ist auf die Verpflichtung abzustellen, die für den Vertrag charakteristisch ist(27).

37.    Der Gerichtshof stellt an die Anwendbarkeit von Artikel 5 Nummer 1 hohe Anforderungen. Nach der Rechtsprechung kommt es auf das Kriterium der Freiwilligkeit an. Das folgt u. a. aus dem Urteil Handte, in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, dass der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nicht dahin ausgelegt werden könne, dass er für eine Situation gelte, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt. Wenn dem Erfordernis der Freiwilligkeit nicht genügt sei, sei Artikel 5 Nummer 1 nicht anwendbar. Nach Ansicht des Gerichtshofes kann übrigens Artikel 5 Nummer 1 doch anwendbar sein, wenn das Bestehen des Vertrages selbst im Streit steht. Es gehe nämlich nicht an, dass sich eine der Parteien eines Vertrages der Anwendung von Artikel 5 Nummer 1 mit der bloßen Behauptung entziehen könne, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen sei(28).

38.    Auch aus dem Urteil De Bloos folgt die beschränkte Anwendbarkeit von Artikel 5 Nummer 1(29). Nicht jede Verpflichtung aus einem Vertrag fällt unter Artikel 5 Nummer 1. Es muss sich um die vertragliche Verpflichtung handeln, die den Gegenstand der Klage bildet. Der Gerichtshof legt das Schwergewicht auf die Gegenseitigkeit der Verpflichtung: Die Klage bezieht sich auf diejenige Verpflichtung, die das Gegenstück zu dem vertraglichen Anspruch darstellt, auf den sich der Kläger beruft.

39.    Nach Artikel 5 Nummer 1 kann eine Person vor dem Gericht des Erfüllungsorts des Vertrages verklagt werden. Nach Auffassung der Verfasser des Brüsseler Übereinkommens muss dieser Ort eine enge Verknüpfung zum Sachverhalt aufweisen(30). Der Gerichtshof hat sich dieser Auffassung angeschlossen, indem er festgestellt hat, dass der Ort, der die engste Verknüpfung zwischen dem Rechtstreit und dem zuständigen Gericht aufweise, in der Regel derjenige sei, an dem eine Verpflichtung zu erfüllen sei. Dies sei bei vertraglichen Verpflichtungen entscheidend für eine Zuweisung der Zuständigkeit an dieses Gericht(31). Weiter hat der Gerichtshof ausgeführt, dass der Erfüllungsort der Verpflichtung als Zuständigkeitskriterium gewählt worden sei, weil dieses Kriterium klar und eindeutig sei und sich damit in die allgemeine Zielsetzung des Übereinkommens einfüge, Regeln aufzustellen, die eine gewisse Sicherheit im Hinblick auf die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen den verschiedenen nationalen Gerichten gewährleisteten, die mit einer Vertragsklage befasst werden könnten(32).

40.    Bereits zuvor, im Urteil Tessili, hatte der Gerichtshof dargelegt, dass es nach Artikel 5 Nummer 1 dem mit dem Rechtsstreits befassten Gericht obliege, nach dem Übereinkommen festzustellen, ob der Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden sei oder zu erfüllen wäre, im Bereich seiner örtlichen Zuständigkeit liege. Hierbei habe das Gericht das auf das betreffende Rechtsverhältnis anwendbare Recht nach seinen Kollisionsnormen zu ermitteln und alsdann den Erfüllungsort der streitigen vertraglichen Verpflichtung nach diesem Recht zu bestimmen(33). Diese Regel, die auf das anwendbare nationale Recht verweist, stellt eine Ausnahme von dem als Ausgangspunkt herangezogenen Grundsatz dar, dass die im Brüsseler Übereinkommen verwendeten Begriffe im Allgemeinen autonom auszulegen sind.

Artikel 5 Nummer 3: Eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, bildet den Gegenstand des Verfahrens

41.    Der Begriff „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ bezieht sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes auf alle Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht wird und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 anknüpfen(34). Damit steht fest, dass Artikel 5 Nummern 1 und 3 nicht gleichzeitig anwendbar sein können.

42.    Der materielle Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens wird durch die Begriffe „unerlaubte Handlung“ und „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ bestimmt. Auch diese Begriffe werden vom Gerichtshof autonom ausgelegt. Im Urteil Marinari hat er darauf hingewiesen, dass das Übereinkommen die Regel des Artikels 5 Nummer 3 über die territoriale Zuständigkeit nicht an die nationalen Vorschriften über die Voraussetzungen der außervertraglichen zivilrechtlichen Haftung habe knüpfen wollen. Der Grund hierfür der sei der, dass die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit durch eine Auslegung des Übereinkommens, bei der das für die außervertragliche zivilrechtliche Haftung anwendbare Recht herangezogen wird, von ungewissen Umständen abhängig gemacht werde. Das verstoße gegen das Ziel des Übereinkommens, für eine sichere und vorhersehbare Bestimmung der Zuständigkeit zu sorgen(35).

43.    Der Gerichtshof berücksichtigt bei der Auslegung dieses Artikels den Sinn und Zweck von Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens. Ebenso wie bei Artikel 5 Nummer 1 geht es auch hier um das Bestehen einer besonders engen Verknüpfung zwischen dem Rechtsstreit und dem Gericht eines anderen Staates als desjenigen des Wohnsitzes des Beklagten. Diese Verknüpfung kommt in dem für die Zuständigkeit des Gerichts bestimmenden territorialen Anknüpfungspunkt zum Ausdruck(36).

44.    Möglicherweise ist der Ort, an dem der Schaden als Folge einer unerlaubten Handlung eingetreten ist, nicht gleichzeitig auch der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Im Urteil Bier hat der Gerichtshof ausgeführt, dass dann beide Orte eine eindeutige Anknüpfung für die gerichtliche Zuständigkeit liefern könnten. Jeder dieser Anknüpfungspunkte könne je nach den Umständen einen sinnvollen Ausgangspunkt für die Beweisaufnahme und die Prozessführung darstellen. Auch würde, so der Gerichtshof weiter, die Auswahl allein des Ortes des ursächlichen Geschehens in vielen Fällen dazu führen, dass die in den Artikeln 2 und 5 Nummer 3 des Übereinkommens vorgesehenen Gerichtsstände zusammenfielen, wodurch die letztgenannte Bestimmung ihre praktische Wirksamkeit verlöre(37).

45.    Dies bedeutet übrigens nicht, dass unter dem Ort des schädigenden Ereignisses jeder Ort zu verstehen wäre, an dem die Schadensfolgen eines Ereignisses spürbar sind, durch das bereits anderswo ein tatsächlich eingetretener Schaden verursacht worden ist. Artikel 5 Nummer 3 verweist nur auf den Ort, an dem das kausale Ereignis unmittelbar schädigende Wirkungen gehabt hat(38). Im Urteil Marinari hat der Gerichtshof ausgeführt, die Wendung „Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“ sei dahin auszulegen, dass sie nicht den Ort einschließe, an dem der Geschädigte einen Vermögensschaden als Folge eines in einem anderen Vertragsstaat entstandenen und dort von ihm erlittenen Erstschadens erlitten zu haben behaupte(39).

V - Eingereichte Erklärungen

46.    Tacconi trägt vor, die vorvertragliche Haftung sei als außervertraglich anzusehen und beruhe daher auf einer unerlaubten Handlung. Im vorvertraglichen Stadium bestünden zwischen den Parteien keine vertraglichen Bindungen.

47.    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes könne sich der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ nicht auf eine Situation beziehen, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliege(40). Im vorvertraglichen Stadium bestehe zwischen den Parteien keine vertragliche Bindung, und wenn die Verhandlungen nicht zu einem Vertrag führten, könnten hieraus für die Parteien auch keine vertraglichen Verpflichtungen erwachsen.

48.    HWS macht geltend, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes sei das Brüsseler Übereinkommen autonom auszulegen, d. h., eine Auslegung des Abkommens nach dem anwendbaren nationalen Recht komme nicht in Betracht. Daher könne der Lehre und der Rechtsprechung italienischer Gerichte keine Bedeutung beigemessen werden, wonach die vorvertragliche Haftung der Haftung wegen unerlaubter Handlung gleichzusetzen sei. Im Urteil Kalfelis sei festgestellt worden, dass sich der Begriff unerlaubte Handlung auf alle Klagen beziehe, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten geltend gemacht werde und die nicht an einen Vertrag im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 anknüpften(41). Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens sei nicht anwendbar, da diese Bestimmung das Bestehen eines Vertrages voraussetze und die Klage von Tacconi gerade darauf abstelle, dass ein Vertrag nicht zustande gekommen sei.

49.    Der Unterschied zwischen der vorvertraglichen Haftung und der deliktischen Haftung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 sei der, dass die deliktische Haftung für jedermann gelte, der gegen den Grundsatz des „neminem laedere“ (einem anderen keinen Schaden zufügen) verstoße, also für denjenigen, der eine unerlaubte Handlung begehe oder ein absolutes Recht verletze. Dagegen könne die vorvertragliche Haftung nur gegenüber einer Person geltend gemacht werden, die in einem besonderen Verhältnis zum Geschädigten stehe, nämlich einer Person, die an Vertragsverhandlungen teilnehme. Wer Verhandlungen mit einem anderen aufnehme, akzeptiere das Risiko, dass der Verhandlungspartner die Grundsätze von Treu und Glauben verletze und ihn hierdurch schädige.

50.    HWS gelangt zu dem Schluss, dass die besonderen Gerichtsstände nicht für die vorvertragliche Haftung gälten und dass daher in der vorliegenden Rechtssache die allgemeine Zuständigkeitsregel des Artikels 2 maßgeblich sei(42). Aufgrund dessen hätte sie ihrer Ansicht nach vor einem deutschen Gericht verklagt werden müssen.

51.    Die Kommission gibt in ihren Erklärungen die Rechtsprechung des Gerichtshofes wieder. Sie verweist auf die einschränkende Auslegung von Artikel 5 des Übereinkommens, auf die autonome Bedeutung der Begriffe „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ und „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ und darauf, dass ein durchschnittlich aufgeklärter Beklagter normalerweise vorhersehen können müsse, vor welchem anderen Gericht als dem desjenigen Staates, in dem er seinen Wohnsitz habe, er verklagt werden könne. Außerdem ergebe sich aus dem Urteil Handte, dass der Begriff „Vertrag oder Ansprüche es einem Vertrag“ nicht für eine Situation gelte, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliege(43). Es würde dagegen gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstoßen, wenn dieser Begriff auch die genannte Situation erfassen würde. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes stelle daher der Gesichtspunkt der Freiwilligkeit die Grundvoraussetzung für das Zustandekommen eines Vertrages dar.

52.    Der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ sei einer wörtlichen Auslegung zugänglich. Diese Möglichkeit bestehe beim Begriff „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ jedoch nicht. Der Gerichtshof habe deshalb in Bezug auf unerlaubte Handlungen den Begriff „Haftung“ als gemeinsamen Nenner angesehen. Das bedeute, dass unter „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ alle Ansprüche fielen, die nicht ausdrücklich zum Vertragsrecht gehörten. Diese Auslegung führe zu eindeutigen Kriterien für die Anwendung der besonderen Gerichtsstände.

53.    Die Kommission hält es für sinnvoll, zwischen Klagen auf Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen und Klagen auf Feststellung der Haftung des Beklagten zu unterscheiden. Bei der ersten Art von Klagebegehren rechtfertige der besondere Charakter der vertraglichen Verpflichtung die Möglichkeit einer Erhebung der Klage bei dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden sei oder zu erfüllen wäre. Bei der zweiten Art von Klagebegehren sei das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, allgemein am besten für die Entscheidung des Rechtsstreits geeignet.

54.    Nach alledem gelangt die Kommission zu dem Schluss, dass eine Klage, mit der die vorvertragliche Haftung geltend gemacht werde, auf die deliktische Haftung im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 abziele.

VI - Vorvertragliche Haftung

55.    Aus dem Grundsatz der Vertragsfreiheit folgt, dass jedermann frei wählen kann, mit wem und worüber er in Verhandlungen treten und bis zu welchem Punkt er die Verhandlungen fortsetzen will. Daher steht es den Beteiligten grundsätzlich frei, die Verhandlungen abzubrechen, wann immer sie es wollen, ohne dafür haftbar gemacht werden zu können. Die Freiheit, die Verhandlungen abzubrechen, gilt aber nicht absolut. Die UNIDROIT-Prinzipien bestimmen in Artikel 2.15: „[A] party who negotiates or breaks off negotiations in bad faith is liable for the losses caused to the other party.“ Nach den Erläuterungen zu diesem Artikel können die Verhandlungen an einen Punkt gelangen, an dem sie nicht mehr abrupt und ohne Rechtfertigung abgebrochen werden dürfen. Wann dieser Punkt erreicht ist, hängt erstens davon ab, inwieweit der Verhandlungspartner aufgrund des Verhaltens des anderen Partners auf ein positives Ergebnis vertrauen durfte. Zweitens hängt es davon ab, über wie viele Verhandlungsgegenstände die Parteien bereits Übereinstimmung erzielt hatten. Bricht doch eine Partei die Verhandlungen abrupt und ohne Rechtfertigung ab, hat sie den der anderen Partei hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

56.    Die vorvertragliche Haftung wird also dann ausgelöst, wenn Verhandlungen über einen Vertrag ohne Rechtfertigung abgebrochen werden.

57.    Es ist das erste Mal, dass sich der Gerichtshof im Rahmen des Brüsseler Übereinkommens mit der Frage der Rechtsnatur der Haftung auseinander zu setzen hat, die im Verhältnis zwischen zwei potenziellen Vertragsparteien während der Verhandlungen über einen Vertrag ausgelöst werden kann. Die Haftung aus vorvertraglichen Beziehungen ist als solche im Brüsseler Übereinkommen nicht geregelt worden. Der deutlichste Hinweis findet sich noch im Bericht Evrigenis, der das Übereinkommen aus Anlass des Beitritts Griechenlands erläutert hat. Nach diesem Bericht können auch vertragsähnliche Rechtshandlungen unter Artikel 5 Nummer 1 gefasst werden(44). In dem Bericht wird jedoch nicht dargestellt, worauf diese Feststellung gestützt wird. Außerdem gibt es in den Mitgliedstaaten zur Frage der vorvertraglichen Haftung umfangreiche Lehrmeinungen, und zwar auch im Rahmen des internationalen Privatrechts. Die Lehre weist nicht in allen Mitgliedstaaten in dieselbe Richtung.

58.    In den meisten Rechtssystemen gilt, dass die Partei, die die Verhandlungen ohne stichhaltige Gründe abbricht, nachdem sie bei der anderen Partei Erwartungen darauf geweckt hat, dass ein Vertrag zustande kommen werde, auf das negative Vertraginteresse haftet. Dieses negative Interesse umfasst im Allgemeinen nicht nur den Kostenaufwand, sondern auch den entgangenen Gewinn, der sich daraus ergibt, dass nicht mit einem Dritten ein Vertrag geschlossen wurde. Bei abgebrochenen Verhandlungen steht die Erwartung darauf im Vordergrund, dass die Verhandlungen zu irgend einem Ergebnis führen werden. Ich gehe hier kurz auf einige dieser Rechtssysteme ein. Diese kurze Darstellung des Rechts der vorvertraglichen Haftung soll gewiss kein umfassendes Bild vom Rechtszustand in den Mitgliedstaaten geben, sondern dient nur der Veranschaulichung. Der Gerichtshof kann sich bei der Beantwortung der ihm vorgelegten Frage vom nationalen Recht leiten lassen.

59.    Das italienische Recht enthält mit Artikel 1337 des Codice civile eine spezielle Bestimmung für die vorvertragliche Haftung. Die Parteien haben bei den Vertragsverhandlungen und beim Vertragsschluss nach Treu und Glauben zu handeln. Eine Partei, die Verhandlungen ohne stichhaltige Gründe abbricht, nachdem sie Erwartungen darauf geweckt hat, dass ein Vertrag zustande kommen werde, haftet auf das negative Interesse. Dieses negative Interesse umfasst neben dem Kostenaufwand auch ausdrücklich den entgangenen Gewinn(45). Das positive Interesse ist nicht zu ersetzen, d. h., die Gegenpartei braucht nicht in die Situation versetzt zu werden, in der sie sich befände, wenn der Vertrag tatsächlich geschlossen worden wäre. Durch die Verpflichtung, die bei einem abrupten Abbruch der Verhandlungen verletzt wird, soll verhindert werden, dass der Gegenpartei dadurch ein Schaden entsteht, dass sie sich an den Verhandlungen beteiligt hat, und nicht etwa dadurch, dass die Verhandlungen letztlich nicht zu einem Vertrag geführt haben: Ein schuldhaftes Handeln wird nicht verlangt.

60.    Nach deutschem Recht haftet eine Partei, die die Verhandlungen ohne stichhaltige Gründe oder aus sachfremden Erwägungen schuldhaft abbricht, nachdem sie bei der anderen Partei Erwartungen darauf geweckt hat, dass ein Vertrag mit Sicherheit zustande kommen werde, auf das negative Interesse. Dieser Haftungstatbestand wird zumeist auf die Lehre von der culpa in contrahendo gestützt: Eine Partei, die plötzlich die Verhandlungen abbricht, haftet für den schuldhaften Verstoß gegen die vorvertragliche Verpflichtung, die Interessen der Gegenpartei zu beachten(46). In Deutschland wird damit nahezu auf das gleiche Kriterium wie in Italien abgestellt; nur spielt das Schulderfordernis durchaus eine Rolle.

61.    Das französische Recht enthält keine Vorschriften, die sich auf - vorvertragliche - Verhandlungen und das Zustandekommen von Verträgen beziehen. Die vorvertragliche Haftung wird auf die Lehre vom Rechtsmissbrauch in Verbindung mit Gerechtigkeits- und Billigkeitserwägungen gestützt. Sie ist dann zu bejahen, wenn eine Partei Vertragsverhandlungen ohne stichhaltige Gründe plötzlich zu einem Zeitpunkt abbricht, zu dem die Gegenpartei darauf vertrauen durfte, dass ein Vertrag zustande kommen werde. Solange kein Vertrag zustande gekommen ist, wird davon ausgegangen, dass der im vorvertraglichen Stadium entstandene Schaden nach dem Recht der unerlaubten Handlung zu beurteilen ist. Die der Gegenpartei entstandenen Verluste sind zu ersetzen. Streitig ist, ob diese Verluste auch den entgangenen Gewinn („perte d'une chance“) umfassen, weil nicht feststehe, dass ein Vertrag tatsächlich mit einem Dritten geschlossen worden wäre. Im Übrigen verhalten sich die französischen Gerichte bei der Bejahung einer vorvertraglichen Haftung zurückhaltend, da sie den Grundsatz der Vertragsfreiheit nicht einengen wollen.

62.    Das niederländische Recht weicht hiervon ab. Eine Haftung kommt schon in Betracht, wenn bei der Gegenpartei noch keine Erwartungen auf das Zustandekommen des Vertrages begründet worden sind. Nach niederländischem Recht dürfen Verhandlungen nach Eintritt in ein bestimmtes Stadium nicht mehr ohne weiteres abgebrochen werden(47). Bei den Verhandlungen werden drei Stadien unterschieden. Im ersten Stadium steht den Beteiligten ein Abbruch frei, eine Haftung scheidet aus. Es folgt ein Stadium, in dem ein Abbruch zwar freisteht, aber die Verpflichtung zur Entschädigung des Kostenaufwands der Gegenpartei nach sich zieht. Im letzten Stadium, schließlich, steht ein Verhandlungsabbruch nicht mehr frei. Dieses Stadium ist dann eingetreten, wenn die Gegenpartei auf den Abschluss eines Vertrages vertrauen kann oder wenn ein Abbruch der Verhandlungen nicht aus anderen Gründen gerechtfertigt ist. Bricht in diesem Stadium eine Partei die Verhandlungen ab, kann sie auch für entgangenen Gewinn haftbar gemacht werden. Ein Teil der niederländischen Lehre spricht sich dafür aus, dass in diesem Stadium Klagen wegen der „Nähe der Beziehungen“, die zwischen den Parteien geknüpft worden sind, unter Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens subsumiert werden können(48).

63.    Das britische Recht erkennt eine Haftung wegen abgebrochener Vertragsverhandlungen seit jeher nicht an. Die Gefahr, dass eine Partei die Verhandlungen vor Abschluss eines Vertrages abbricht, wird als „business loss“ angesehen. Der kontinentalrechtliche Begriff von Treu und Glauben bei vorvertraglichen Beziehungen ist im Vereinigten Königreich als solcher unbekannt: Es besteht keine Verpflichtung, Verhandlungen nach den Erfordernissen von Gerechtigkeit und Billigkeit zu führen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Verhalten im vorvertraglichen Stadium keinen Normen unterläge. So kann eine Haftung auf die Lehre von der „misrepresentation“(49) gestützt werden. Für bedeutender halte ich die Rechtsfigur der „estoppel by representation“(50). Nach dieser Rechtsfigur kann sich eine Partei nicht von einer früher abgegebenen Erklärung lossagen, wenn der Gegenpartei als Folge dieser Erklärung ein Schaden entstanden ist. Diese Rechtsfigur entspricht zwar nicht völlig den kontinentalrechtlichen Begriffen von Treu und Glauben und vom Vertrauensschutz, ist mit diesen jedoch vergleichbar. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine etwaige Haftung wegen abgebrochener Vertragsverhandlungen auf die Haftung für Handlungen gestützt wird, die einem „tort“ entsprechen. Diese Haftung ist von derjenigen im Zusammenhang mit der Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen streng zu unterscheiden.

64.    Ich komme nun darauf zu sprechen, welche Bedeutung die wiedergegebenen Rechtsauffassungen für die Beantwortung der Frage zum Brüsseler Übereinkommen haben können.

65.    Dazu unterscheide ich beim Verhandlungsprozess zwei Stadien. Im ersten Stadium steht die Vertragsfreiheit im Vordergrund. Die Parteien sind zum Abbruch der Vertragsverhandlungen berechtigt. Im zweiten Stadium können die Parteien die Verhandlungen nicht mehr ohne weiteres abbrechen. Das Vertrauen, das bei der anderen Partei entstanden ist, und der Schaden, der dieser wegen des Verhandlungsabbruchs entsteht, können zur Haftung führen. Diese Haftung richtet sich in jedem Fall auf das negative Interesse, das heißt die entstandenen Kosten und den entgangenen Gewinn. Die Haftung geht im Allgemeinen nicht so weit, dass die Gegenpartei den Abschluss eines Vertrages verlangen kann(51).

66.    Möglicherweise - und das leite ich aus den Rechtsauffassungen in den Niederlanden ab - ist noch ein drittes Stadium auszumachen. Die Beziehungen zwischen den Parteien können so eng geworden sein, dass die Ersatzpflicht auch das positive Interesse umfassen kann. Hierbei geht es entweder um den Anspruch auf Vertragsschluss oder auf entsprechenden Schadensersatz.

VII - Beurteilung

Allgemeiner Rahmen

67.    In Teil IV dieser Schlussanträge habe ich die Rechtsprechung des Gerichtshofes zum System des Brüsseler Übereinkommens dargestellt, soweit sie für die vorliegende Rechtssache von Bedeutung ist. Ich fasse zusammen:

-    Die Begriffe des Brüsseler Übereinkommens werden im Allgemeinen autonom ausgelegt; ihre Bedeutung hängt nicht von ihrer Auslegung durch die Mitgliedstaaten nach deren nationalem Recht ab.

-    Bei der Auslegung dieser Begriffe ist der Zweck des Übereinkommens zu berücksichtigen, den Rechtsschutz zu verbessern. Welches Gericht zuständig ist, muss für die Parteien vorhersehbar sein.

-    Artikel 2 des Übereinkommens enthält die Hauptregel: Die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, sind für die Entscheidung eines Zivilrechtsstreits zuständig. In bestimmten Fällen stellt Artikel 5 dem Kläger eine Zuständigkeitsalternative zur Verfügung.

-    Die Regelung des Artikels 5 ist in dem Sinne eng auszulegen, dass sie nicht für entsprechend anwendbar erklärt werden kann.

-    Es muss vermieden werden, dass mehrere Gerichte für die Entscheidung über dasselbe Rechtsverhältnis zuständig sind.

-    Die Zuständigkeit nach Artikel 5 muss auf dem Bestehen einer besonders engen Verbindung zwischen dem Rechtsstreit und dem anderen Gericht als demjenigen des Staates beruhen, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat.

-    Artikel 5 selbst stellt ein geschlossenes System dar. In Rechtsstreitigkeiten, in denen es um die zivilrechtliche Haftung geht, ist entweder Artikel 5 Nummer 1 oder Artikel 5 Nummer 3 anwendbar.

-    Für die Anwendbarkeit von Artikel 5 Nummer 1 kommt es entscheidend darauf an, ob freiwillig eingegangene Verpflichtungen vorliegen.

68.    Diese Gesichtspunkte bilden den Rahmen, in dem die Frage zu beantworten ist. Daneben gehe ich auf zwei weitere Punkte gesondert ein.

69.    Der erste Punkt ist für mich der, dass möglichst ein Gleichlauf zwischen gerichtlicher Zuständigkeit und anwendbarem Recht bestehen sollte. Es wäre natürlich vorzuziehen, wenn ein Gericht das Recht seines eigenen Landes anwenden könnte. Dazu ist es nämlich besonders qualifiziert. Hierdurch würde - zum Beispiel im Ausgangsverfahren in der vorliegenden Rechtssache - verhindert, dass eine etwaige Haftung von HWS von einem italienischen Gericht nach deutschem Recht beurteilt werden müsste.

70.    Die Interessen der Parteien sind so weit wie möglich zu berücksichtigen. Das ist der zweite Punkt. Zu beachten ist, dass Artikel 5 im Interesse des Klägers eingeführt worden ist. Dem Kläger ist nicht in allen Fällen zuzumuten, sich an die Gerichte des Wohnsitzes des Beklagten zu wenden. Das Brüsseler Übereinkommen geht allerdings nicht so weit, dass der Kläger das Gericht seines eigenen Wohnsitzes auswählen könnte(52); es bietet ihm aber die Alternativen an, die ein prozessuales Gleichgewicht zwischen den Parteien herstellen sollen.

Verhältnis zwischen Artikel 5 Nummer 1 und Artikel 5 Nummer 3

71.    In zivilrechtlichen Haftungsfragen besteht nach dem Brüsseler Übereinkommen, wie gesagt, ein geschlossenes System: In jedem Fall ist entweder Artikel 5 Nummer 1 oder Artikel 5 Nummer 3 anwendbar. Diese Bestimmungen können nie zugleich anwendbar sein.

72.    Ich knüpfe im Hinblick auf dieses geschlossene System an die Einschätzung der Kommission über das Verhältnis zwischen Artikel 5 Nummer 1 und Artikel 5 Nummer 3 an. Die Kommission meint, der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ lasse im Gegensatz zum Begriff „unerlaubte Handlung oder Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist“ eine wörtliche Auslegung zu.

73.    Kurz, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ist der Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 1 eng zu fassen. Fällt eine Verpflichtung nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 1, ist Artikel 5 Nummer 3 anwendbar. Insoweit ist Artikel 5 Nummer 3 ein Auffangtatbestand. Daher ist zu prüfen, in welchen Fällen eine Verpflichtung in den Anwendungsbereich von Artikel 5 Nummer 1 fällt. Hierbei steht der Gesichtspunkt der Freiwilligkeit im Vordergrund. Der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ kann „nicht so verstanden werden, dass er für eine Situation gilt, in der keine von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt“, wie es im Urteil Handte(53) heißt. Ob eine freiwillig eingegangene Verpflichtung vorliegt, ist zunächst - so u. a. das Urteil Handte - anhand des Grundsatzes der Rechtsicherheit zu ermitteln. Muss ein normal informierter Beklagter erkennen, dass er eine Verpflichtung eingegangen ist?

74.    Die enge Umschreibung des Anwendungsbereichs des Artikels 5 Nummer 1 ist aus einem weiteren Grund von Bedeutung. Artikel 5 Nummer 1 schließt die Möglichkeit der Gerichtsstandswahl ein. Die Parteien eines Vertrages können nach Artikel 17 des Brüsseler Übereinkommens bestimmen, dass ein anderes Gericht oder auch ein Schiedsgericht für die Entscheidung eines möglichen Rechtsstreits ausschließlich zuständig sein soll. Die Parteien verzichten damit freiwillig auf das ihnen gesetzlich zuerkannte Gericht. Ein Verzicht auf ein derart grundlegendes Recht kann nur aufgrund einer wohl überlegten Wahl erfolgen.

Bedeutung für vorvertragliche Rechtsverhältnisse

75.    Wie das vorlegende Gericht hervorhebt, ergibt sich die vorvertragliche Haftung aus der Nichterfüllung einer gesetzlichen und nicht aus der Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung. Denn es besteht ja noch kein Vertrag. Die gesetzliche Pflicht ergibt sich im vorliegenden Fall aus Artikel 1337 des italienischen Codice civile, wonach die Beteiligten bei den Vertragsverhandlungen nach Treu und Glauben handeln müssen.

76.    Ich fasse diese Verpflichtung als gesetzlich verankerte allgemein gültige Verhaltensnorm auf, die sich nicht von anderen gesetzlichen Verhaltensnormen unterscheidet. Die Nichterfüllung solcher Verhaltensnormen kann unter Umständen eine unerlaubte Handlung darstellen. Und damit wäre Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens anwendbar.

77.    Das würde eine einfache Beantwortung der Frage des vorlegenden Gerichts ermöglichen. Meiner Ansicht nach ist jedoch das Problem der vorvertraglichen Haftung komplexer Natur. Für die Anwendung des Brüsseler Übereinkommens kommt es meines Erachtens entscheidend darauf an, ob im Verhältnis zwischen den Parteien eine Verpflichtung begründet worden ist. Sind die Parteien Verpflichtungen einander gegenüber eingegangen? Liegt eine freiwillig eingegangene Verpflichtung vor, ist Artikel 5 Nummer 1 anwendbar. Ich unterscheide Verpflichtungen von - gerechtfertigten oder ungerechtfertigten - Erwartungen, die die Parteien ineinander hegen. Eine solche Erwartung kann darauf gerichtet sein, dass die Verhandlungen nicht unerwartet abgebrochen werden, oder beispielsweise darauf, dass nicht zur gleichen Zeit mit einem Konkurrenten - nicht öffentlich - verhandelt wird. Verstöße gegen solche Erwartungen betrachte ich als unerlaubte Handlungen.

78.    Die in der vorigen Nummer genannte Verpflichtung muss sich nicht auf den Vertrag, über den verhandelt wird, selbst beziehen, sondern kann auch einen Vorvertrag betreffen, aufgrund dessen eine der Parteien mit der Vertragsdurchführung beginnt. Zur Veranschaulichung verweise ich auf den Fall des Ausgangsverfahrens. Schon vor dem Zustandekommen eines Vertrages über die Lieferung der Formanlagen durch HWS, in dem beispielsweise auch alle Finanzierungsbedingungen geregelt sind, kann möglicherweise eine Vereinbarung zwischen den Parteien bestehen, wonach HWS bereits mit der Vertragsdurchführung beginnt, etwa indem sie Produktionskapazitäten vorhält oder Material bestellt. In der Folge auftretende Streitigkeiten könnten möglicherweise unter Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens fallen.

79.    Bei der Beantwortung der Frage, wann eine Verpflichtung vorliegt, können des Weiteren die Kriterien des Artikels 17 des Brüsseler Übereinkommens eine Rolle spielen. Es geht dabei insbesondere um die Kriterien der Buchstaben b und c. Fehlt ein schriftlicher Vertrag (oder ein schriftlich bestätigter mündlicher Vertrag), so kann das Bestehen einer Verpflichtung abgeleitet werden aus

-    den Gepflogenheiten, die zwischen den Parteien entstanden sind;

-    dem Internationalen Handel, in dem ein Handelsbrauch existiert, den die Parteien kannten oder kennen mussten und den Parteien von Verträgen dieser Art in dem betreffenden Geschäftszweig allgemein kennen und regelmäßig beachten.

80.    Ich verdeutliche meinen Standpunkt anhand der verschiedenen Stadien des Verhandlungsprozesses, die ich in Teil VI dieser Schlussanträge(54) unterschieden habe.

81.    Im ersten Stadium des Verhandlungsprozesses können die Parteien die Verhandlungen abbrechen, ohne dass eine Haftung ausgelöst wird. In diesem Stadium spielt Artikel 5 des Brüsseler Übereinkommens keine Rolle. Eine unerlaubte Handlung liegt ebenso wenig vor wie ein Vertrag.

82.    Im zweiten Stadium geht es darum, dass Erwartungen geweckt wurden, die enttäuscht werden können. Eine Partei darf dann Vertragsverhandlungen nicht mehr unerwartet abbrechen. Tut sie es trotzdem, begeht sie unter Umständen eine unerlaubte Handlung. In diesem Fall kann sie zum Ersatz der der Gegenpartei entstandenen Kosten oder des dieser entgangenen Gewinns verurteilt werden.

83.    Im dritten Stadium steht ein (unterzeichneter) Vertrag zwar noch aus, aus den Umständen geht jedoch gleichwohl hervor, dass zwischen den Parteien Verpflichtungen begründet worden sind. In diesem Stadium kann Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens anwendbar sein. Diese Umstände könnten darin bestehen, dass über die Hauptbestandteile eines Vertrages - dessen Gegenstand und den Preis - Übereinstimmung besteht, dass über die übrigen Bedingungen jedoch noch verhandelt wird. Möglich ist auch, dass eine der Parteien bereits mit der Durchführung des Vertrages begonnen hat, weil sie aus dem Verhalten der anderen Partei das Bestehen einer Willensübereinstimmung ableiten konnte. Schließlich weise ich auf die in Artikel 17 des Brüsseler Übereinkommens genannten Umstände hin.

84.    Ich bin mir bewusst, dass in dem hier beschriebenen dritten Stadium fast schon ein vollständiger Vertrag vorliegt. Inwieweit dieses Stadium noch als vorvertraglich anzusehen ist, hängt vom nationalen Privatrecht ab.

85.    Ich gelange zu dem Ergebnis, dass bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung geltend gemacht wird, eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, den Gegenstand des Verfahrens im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Brüsseler Übereinkommens bildet. Bezieht sich eine solche Klage auf eine von der Gegenpartei gegenüber dem Kläger eingegangene Verpflichtung, ist bei ihr jedoch davon auszugehen, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 des Brüsseler Übereinkommens bilden.

VIII - Ergebnis

86.    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Frage der Corte Suprema di Cassazione wie folgt zu beantworten:

Bei einer Klage, mit der die vorvertragliche Haftung geltend gemacht wird, bildet eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, den Gegenstand des Verfahrens im Sinne von Artikel 5 Nummer 3 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Bezieht sich eine solche Klage jedoch auf eine von der Gegenpartei gegenüber dem Kläger eingegangene Verpflichtung, ist davon auszugehen, dass ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens im Sinne von Artikel 5 Nummer 1 dieses Übereinkommens bilden.


1: -     Originalsprache: Niederländisch.


2: -     ABl. 1972, L 299, S. 32. Die konsolidierte Fassung des in der Zwischenzeit geänderten Übereinkommens findet sich im ABl. 1998, C 27, S. 1.


3: -     ABl. 2001, L 12, S. 1.


4: -     In diesem Zusammenhang macht Tacconi das Vorliegen von culpa in contrahendo bei HWS geltend.


5: -     Die Verordnung Nr. 44/2001 sieht übrigens das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes als Hauptziel an.


6: -     Urteil vom 20. März 1997 in der Rechtssache C-295/95 (Farrell, Slg. 1997, I-1683, Randnr. 13).


7: -     Urteil vom 7. März 1995 in der Rechtssache C-68/93 (Shevill u. a., Slg. 1995, I-415, Randnr. 39).


8: -     Vgl. u. a. Urteil vom 27. Oktober 1998 in der Rechtssache C-51/97 (Réunion européenne u. a., Slg. 1998, I-6511, Randnr. 15).


9: -     Urteil vom 22. März 1983 in der Rechtssache 34/82 (Slg. 1983, 987, Randnr. 9).


10: -     Der Gerichtshof hat diese Auffassung u. a. in den Urteilen vom 8. März 1988 in der Rechtssache 9/87 (Arcado, Slg. 1988, 1539, Randnr. 11) und vom 17. Juni 1992 in der Rechtssache C-26/91 (Handte, Slg. 1992, I-3967) bekräftigt.


11: -     Siehe Urteil vom 27. September 1988 in der Rechtssache 189/87 (Kalfelis, Slg. 1988, 5565, Randnr. 15).


12: -     Urteil vom 6. Oktober 1976 in der Rechtssache 10/76 (Slg. 1976, 1497, Randnr. 9).


13: -     Vgl. Urteil vom 15. Januar 1987 in der Rechtssache 266/85 (Shenavai, Slg. 1987, 239, Randnr. 19).


14: -     Urteil Kalfelis (angeführt in Fußnote 11, Randnr. 20).


15: -     Urteil Kalfelis (angeführt in Fußnote 11, Randnr. 19).


16: -     Angeführt in Fußnote 9 (Randnr. 12 des Urteils).


17: -     Urteile vom 30. November 1976 in der Rechtssache 21/76 (Bier, Slg. 1976, 1735) und vom 11. Januar 1990 in der Rechtssache C-220/88 (Dumez France und Tracoba, Slg. 1990, I-49).


18: -     Siehe die Schlussanträge des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer vom 16. März 1999 in der Rechtssache C-440/97 (GIE Groupe Concorde u. a., Slg. 1999, I-6307, Randnrn. 64 und 65).


19: -     Urteil vom 4. Juli 1985 in der Rechtssache 220/84 (AS-Autoteile Service, Slg. 1985, 2267, Randnr. 15).


20: -     Siehe dazu P. Vlas, „Forumshopping in EEX en EVEX“, A&V, 3. Jahrgang, 1995, S. 112 bis 118.


21: -     Urteil Kalfelis (angeführt in Fußnote 11, Randnr. 19).


22: -     Siehe z. B. Urteil vom 19. Januar 1993 in der Rechtssache C-89/91 (Shearson Lehman Hutton, Slg. 1993, I-139, Randnr. 16) sowie Urteil Handte (angeführt in Fußnote 10, Randnr. 14).


23: -     Urteil Dumez France und Tracoba (angeführt in Fußnote 17, Randnrn. 16 und 19). In diesem Sinne auch Urteil vom 13. Juli 2000 in der Rechtssache C-412/98 (Group Josi, Slg. 2000, I-5925, Randnr. 50).


24: -     Schlussanträge vom 13. Dezember 2001 in der Rechtssache C-96/00 (noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht).


25: -     Vgl. Urteil vom 4. März 1982 in der Rechtssache 38/81 (Effer, Slg. 1982, 825, Randnr. 7) sowie die Schlussanträge des Generalanwalts Reischl in dieser Rechtssache.


26: -     Urteil De Bloos (angeführt in Fußnote 12, Randnr. 11), bestätigt durch Urteil Shenavai (angeführt in Fußnote 13, Randnr. 20).


27: -     Urteil vom 26. Mai 1982 in der Rechtssache 133/81 (Ivenel, Slg. 1982, 1891).


28: -     Siehe Urteil Effer (angeführt in Fußnote 25, Randnr. 7).


29: -     Angeführt in Fußnote 12. Siehe Randnrn. 10 und 11 des Urteils.


30: -     Generalanwalt Lenz teilt diese Auffassung. Siehe seine Schlussanträge in der Rechtssache C-288/92 (Custom Made Commercial, Urteil vom 29. Juni 1994, Slg. 1994, I-2913).


31: -     Urteil Peters (angeführt in Fußnote 9).


32: -     Siehe Urteil Custom Made Commercial (angeführt in Fußnote 30, Randnr. 15).


33: -     Siehe Urteil vom 6. Oktober 1976 in der Rechtssache 12/76 (Tessili, Slg. 1976, 1473, Randnr. 13).


34: -     Siehe Urteil Kalfelis (angeführt in Fußnote 11, Randnr. 18).


35: -     Urteil vom 19. September 1995 in der Rechtssache C-364/93 (Slg. 1995, I-2719, Randnr. 18).


36: -     Urteil Bier (angeführt in Fußnote 17, Randnr. 11).


37: -     Angeführt in Fußnote 17 (Randnr. 20).


38: -     Siehe Urteil Bier (angeführt in Fußnote 17, Randnrn. 15 ff.).


39: -     Angeführt in Fußnote 35 (Randnr. 21).


40: -     Tacconi verweist auf das Urteil Handte (angeführt in Fußnote 10, Randnr. 15).


41: -     Angeführt in Fußnote 11 (Randnr. 17).


42: -     Offensichtlich hält HWS den Standpunkt, dass die vorvertragliche Haftung mit vertraglichen Verpflichtungen im Zusammenhang steht, nicht mehr aufrecht.


43: -     Angeführt in Fußnote 10 (Randnr. 15).


44: -     Bericht Evrigenis, ABl. 1986, C 298, Nr. 49.


45: -     Nach den UNIDROIT-Prinzipien sind unter Verlusten die Kosten der Gegenpartei und der entgangene Gewinn zu verstehen, der sich daraus ergibt, dass nicht mit einem Dritten ein Vertrag geschlossen wurde.


46: -     Über die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Maße Schuld erforderlich ist, besteht in Deutschland keine einheitliche Meinung.


47: -     Siehe HR, 18. Juni 1982, NJ 1983, S. 723 (Plas/Valburg).


48: -     Siehe Schultz, Anmerkung zum Urteil Peters (angeführt in Fußnote 9), NJ 1983, S. 644, und J. E. J. Th. Deelen, „IPR en de afgebroken onderhandelingen“, Studiekring „Prof. Mr. J. Offerhaus“, Reeks Handelsrecht, Nr. 18, 1984, S. 126.


49: -     Zu vergleichen mit der kontinentalrechtlichen Irrtumslehre.


50: -     Daneben kennt das britische Recht auch die „promissory estoppel“. Diese Rechtsfigur bedeutet, dass eine Partei an ein Versprechen gebunden werden kann, das sie der Gegenpartei gegenüber abgegeben hat. Eine Berufung auf die „promissory estoppel“ findet zumeist bei bestehenden vertraglichen Beziehungen statt und kann im Rahmen der vorvertraglichen Haftung normalerweise nicht geltend gemacht werden.


51: -     Das gilt auch - in noch stärkerem Maße - für das im Vereinigten Königreich bestehende System, in dem andere Rechtsgrundsätze angewandt werden als in den beschriebenen kontinentalen Rechtssystemen.


52: -     Die Verfasser des Übereinkommens hatten hiergegen vielmehr eine eindeutige Abneigung (vgl. Urteile Dumez France und Tracoba, angeführt in Fußnote 17, und Group Josi, angeführt in Fußnote 23).


53: -     Angeführt in Fußnote 10 (Randnr. 15).


54: -     Siehe Nummern 65 und 66.