Language of document : ECLI:EU:C:2002:516

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

DÁMASO RUÍZ-JARABO COLOMER

vom 19. September 2002(1)

Rechtssachen C-187/01

Strafverfahren

gegen

Hüseyn Gözütok

und C-385/01

Strafverfahren

gegen

Klaus Brügge

(Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Köln und der Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne)

„Vorabentscheidungsfragen nach Artikel 35 EU - Übereinkommen von Schengen - Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen - Auslegung von Artikel 54 - Ne-bis-in-idem-Prinzip - Anwendungsbereich - Einstellung der Strafverfolgung aufgrund einer .transactie‘ (staatsanwaltlicher Vergleich)“

Inhaltsverzeichnis

    I -    Einleitung

I - 1

    II -    Das geltende Gemeinschaftsrecht

I - 2

    III -    Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

I - 5

        1.    Rechtssache C-187/01

I - 5

        2.    Rechtssache C-385/01

I - 6

    IV -    Das Verfahren beim Gerichtshof

I - 7

    V -    Anmerkung zur Zuständigkeit des Gerichtshofes nach Artikel 35 EU

I - 7

    VI -    Prüfung der Vorlagefragen

I - 8

        1.    Vorbemerkungen

I - 8

        2.    Artikel 54 SDÜ als authentischer Ausdruck des Ne-bis-in-idem-Prinzips

I - 10

        3.    Die Grundlagen des Ne-bis-in-idem-Prinzips und seine Anwendung in der Rechtsprechung des Gerichtshofes

I - 10

        4.    Die „transactie“ (staatsanwaltlicher Vergleich) als Ausdruck des Strafanspruchs

I - 14

            A -    Staatsanwaltliche Vergleiche in den Mitgliedstaaten

I - 14

            B -    Sinn und Zweck des staatsanwaltlichen Vergleichs

I - 18

            C -    Der staatsanwaltliche Vergleich, eine Form der Rechtspflege

I - 19

            D -    Die Gewährleistung der Rechte des Angeklagten bei einem staatsanwaltlichen Vergleich

I - 21

            E -    Die Rechtskraft des staatsanwaltlichen Vergleichs

I - 22

        5.    Auslegung des in Artikel 54 des Übereinkommens verwendeten Begriffes „rechtskräftig abgeurteilt“

I - 23

        6.    Die andere Seite: der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens

I - 27

    VII -        Ergebnis

I - 30

I -    Einleitung

1.
    Das Schengener Übereinkommen umfasst:

a)    das am 14. Juni 1985 in Schengen (Luxemburg) von den drei Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik unterzeichnete Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (im Folgenden: Schengener Übereinkommen) und

b)    das am 19. Juni 1990 von denselben Vertragsparteien unterzeichnete Übereinkommen zur Durchführung des vorgenannten Übereinkommens(2) (im Folgenden: SDÜ oder Durchführungsübereinkommen)(3).

2.
    Diese gemäß Artikel 35 EU(4) vorgelegten Vorlagefragen geben dem Gerichtshof zum ersten Mal Gelegenheit, sich zu dem Übereinkommen zu äußern.

3.
    Die Zweifel des Oberlandesgerichts Köln und der Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne beziehen sich auf Artikel 54 SDÜ. Es geht um die Frage, ob das in diesem Artikel genannte Ne-bis-in-idem-Prinzip(5) gilt, wenn die Strafverfolgung in der Rechtsordnung eines der Vertragsstaaten aufgrund eines zwischen der Staatsanwaltschaft und dem Angeklagten vereinbarten Vergleichs endgültig eingestellt wurde.

II -    Das geltende Gemeinschaftsrecht

4.
    Artikel 1 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügten Protokolls zur Einbeziehung des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der Europäischen Union (im Folgenden: Protokoll) ermächtigt dreizehn Mitgliedstaaten, darunter die Bundesrepublik Deutschland, das Königreich Belgien und das Königreich der Niederlande(6), eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Anwendung dieses rechtlichen Besitzstands zu begründen.

5.
    Das Schengener Übereinkommen hat gemäß der Präambel des Protokolls zum Ziel, „die europäische Integration zu vertiefen und insbesondere der Europäischen Union die Möglichkeit zu geben, sich schneller zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu entwickeln“.

6.
    Gemäß Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 1 des Protokolls ist der Schengen-Besitzstand ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages von Amsterdam für die in Artikel 1 aufgeführten dreizehn Mitgliedstaaten sofort anwendbar.

7.
    Der Rat hat am 20. Mai 1999 gemäß Artikel 2 Absatz 1 Unterabsatz 2 des Protokolls die Beschlüsse 1999/435/EG und 1999/436/EG gefasst, durch die er den Schengen-Besitzstand bestimmt und die Rechtsgrundlagen für jede Bestimmung und jeden Beschluss, die diesen Besitzstand bilden, nach Maßgabe der einschlägigen Bestimmungen des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Vertrages über die Europäische Union festgelegt hat(7).

8.
    Gemäß Artikel 2 und Anhang A des Beschlusses 1999/436/EG ist die Rechtsgrundlage für die Artikel 54 bis 58 SDÜ in den Artikeln 34 und 31 EU zu sehen, die zu Titel VI „Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen“ gehören.

9.
    Die Artikel 54 bis 58 SDÜ bilden das Kapitel 3 „Verbot der Doppelbestrafung“, das zu Titel III „Polizei und Sicherheit“ gehört.

10.
    Artikel 54 bestimmt:

„Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist, darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann.“

11.
    Artikel 55 lautet:

„(1)    Eine Vertragspartei kann bei der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung dieses Übereinkommens erklären, dass sie in einem oder mehreren der folgenden Fälle nicht durch Artikel 54 gebunden ist:

a)    wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, ganz oder teilweise in ihrem Hoheitsgebiet begangen wurde; im letzteren Fall gilt diese Ausnahme jedoch nicht, wenn diese Tat teilweise im Hoheitsgebiet der Vertragspartei begangen wurde, in dem das Urteil ergangen ist;

b)    wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, eine gegen die Sicherheit des Staates oder andere gleichermaßen wesentliche Interessen dieser Vertragspartei gerichtete Straftat darstellt;

c)    wenn die Tat, die dem ausländischen Urteil zugrunde lag, von einem Bediensteten dieser Vertragspartei unter Verletzung seiner Amtspflichten begangen wurde.

(2)    Eine Vertragspartei, die eine solche Erklärung betreffend eine der in Absatz 1 Buchstabe b) genannten Ausnahmen abgibt, bezeichnet die Arten von Straftaten, auf die solche Ausnahmen Anwendung finden können.

(3)    Eine Vertragspartei kann eine solche Erklärung betreffend eine oder mehrere der in Absatz 1 genannten Ausnahmen jederzeit zurücknehmen.

(4)    Ausnahmen, die Gegenstand einer Erklärung nach Absatz 1 waren, finden keine Anwendung, wenn die betreffende Vertragspartei die andere Vertragspartei wegen derselben Tat um Verfolgung ersucht oder die Auslieferung des Betroffenen bewilligt hat.“

12.
    Artikel 56 bestimmt:

„Wird durch eine Vertragspartei eine erneute Verfolgung gegen eine Person eingeleitet, die bereits durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat rechtskräftig abgeurteilt wurde, so wird jede in dem Hoheitsgebiet der zuletzt genannten Vertragspartei wegen dieser Tat erlittene Freiheitsentziehung auf eine etwa zu verhängende Sanktion angerechnet. Soweit das nationale Recht dies erlaubt, werden andere als freiheitsentziehende Sanktionen ebenfalls berücksichtigt, sofern sie bereits vollstreckt wurden.“

13.
    Artikel 57 lautet:

„(1) Ist eine Person im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei wegen einer Straftat angeschuldigt und haben die zuständigen Behörden dieser Vertragspartei Grund zu der Annahme, dass die Anschuldigung dieselbe Tat betrifft, derentwegen der Betreffende im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei bereits rechtskräftig abgeurteilt wurde, so ersuchen sie, sofern sie es für erforderlich halten, die zuständigen Behörden der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Entscheidung ergangen ist, um sachdienliche Auskünfte.

(2) Die erbetenen Auskünfte werden so bald wie möglich erteilt und sind bei der Entscheidung über eine Fortsetzung des Verfahrens zu berücksichtigen.

(3) Jede Vertragspartei gibt bei der Ratifikation, der Annahme oder der Genehmigung dieses Übereinkommens die Behörden an, die befugt sind, um Auskünfte nach diesem Artikel zu ersuchen und solche entgegenzunehmen.“

14.
    Artikel 58 schließlich bestimmt:

„Die vorstehenden Bestimmungen stehen der Anwendung weiter gehender Bestimmungen des nationalen Rechts über die Geltung des Verbotes der Doppelbestrafung in Bezug auf ausländische Justizentscheidungen nicht entgegen.“

III -    Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

1.    Rechtssache C-187/01

15.
    Hüseyin Gözütok ist türkischer Staatsangehöriger und wohnt seit langem in den Niederlanden, wo er in Heerlen ohne behördliche Erlaubnis einen „coffee-shop“ betrieb. Am 12. Januar und am 11. Februar 1996 führte die niederländische Polizei dort Durchsuchungen durch, bei denen sie bestimmte Mengen Haschisch und Marihuana beschlagnahmte(8).

16.
    Die aufgrund dessen eingeleitete strafrechtliche Verfolgung wurde am 23. Mai bzw. am 18. Juni 1996 beendet, nachdem Herr Gözütok die ihm von der niederländischen Staatsanwaltschaft angebotenen Vergleiche angenommen und die Beträge in Höhe von 3 000 NLG bzw. 750 NLG gezahlt hatte.

17.
    Am 31. Januar 1996 hatte eine deutsche Bank, bei der Herr Gözütok ein Konto führte, die deutschen Strafverfolgungsbehörden auf die großen Geldsummen aufmerksam gemacht, die von Herrn Gözütok bewegt wurden.

18.
    Die Staatsanwaltschaft Aachen erhob am 1. Juli 1996 gegen Herrn Gözütok Anklage mit dem Vorwurf, in der Zeit vom 12. Januar bis 11. Februar 1996 in den Niederlanden in mindestens zwei Fällen mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben.

19.
    Am 13. Januar 1997 verurteilte das Amtsgericht Aachen Herrn Gözütok wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

20.
    Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch Herr Gözütok legten gegen das Urteil Berufung ein. Mit Beschluss vom 27. August 1997 stellte das Landgericht Aachen das Verfahren ein, weil die von den niederländischen Behörden getroffene Entscheidung, das Verfahren einzustellen, gemäß Artikel 54 SDÜ rechtskräftig sei und gemäß Artikel 54 SDÜ in Verbindung mit Artikel 103 Absatz 3 des deutschen Grundgesetzes ein Strafverfolgungshindernis darstelle.

21.
    Die Staatsanwaltschaft legte gegen diesen Beschluss beim Oberlandesgericht Köln Beschwerde ein und führte zur Begründung u. a. an, dass sich das Verbot der Doppelverfolgung nach Artikel 54 SDÜ nur auf rechtskräftige Verurteilungen einer Vertragspartei beziehe.

22.
    Da die Auslegung dieser Vorschrift des Durchführungsübereinkommens nach Ansicht des Oberlandesgerichts Köln für die Lösung des Rechtsstreits entscheidend ist, legte es dem Gerichtshof folgende Fragen vor:

Tritt für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 54 SDÜ Strafklageverbrauch ein, wenn nach niederländischem Recht wegen desselben Sachverhalts national die Strafklage verbraucht ist?

Ist dies insbesondere auch der Fall, wenn eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Verfahrens nach Erfüllung von Auflagen (niederländische „transactie“), die nach dem Recht anderer Vertragsstaaten der richterlichen Zustimmung bedürfte, die Verfolgung vor einem niederländischen Gericht ausschließt?

2.    Rechtssache C-385/01

23.
    Der deutsche Staatsangehörige Klaus Brügge fügte Frau Benedikt Leliaert vorsätzlich Verletzungen zu, durch die sie arbeitsunfähig wurde.

24.
    Die Staatsanwaltschaft Bonn führte wegen dieser Handlungen ein Ermittlungsverfahren gegen Herrn Brügge durch, bei dem ihm ein Vergleich angeboten wurde, das Verfahren gegen Zahlung von 1 000 DM einzustellen(9). Am 13. August 1998 überwies der Angeklagte den Betrag, und die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein.

25.
    Herr Brügge wurde wegen derselben Tat vor der Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne angeklagt, wo das Opfer wegen der ihm durch die Tätlichkeit entstandenen immateriellen Schäden Schadensersatz begehrte.

26.
    Das Gericht hielt es für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig, Aufschluss über die Tragweite des Artikels 54 SDÜ zu erhalten und legte daher dem Gerichtshof folgende Frage vor:

Lässt es die Anwendung des Artikels 54 des Schengener Übereinkommens vom 19. Juni 1990 noch zu, dass die belgische Staatsanwaltschaft einen deutschen Staatsangehörigen vor den belgischen Strafrichter lädt und ihn verurteilen lässt, wenn diesem deutschen Staatsangehörigen von der deutschen Staatsanwaltschaft wegen derselben Handlung die Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung eines Geldbetrags angeboten worden ist, den er entrichtet hat?

IV -    Das Verfahren beim Gerichtshof

27.
    In der Rechtssache C-187/01 haben innerhalb der hierzu in Artikel 20 der EG-Satzung des Gerichtshofes festgelegten Frist Herr Gözütok, die deutsche, die niederländische und die französische Regierung sowie die Kommission schriftliche Erklärungen eingereicht. In dem anderen Fall hat sich im schriftlichen Verfahren außer den beiden erstgenannten Regierungen und der Kommission die belgische Regierung geäußert.

28.
    Am 9. Juli 2002 fand eine gemeinsame mündliche Verhandlung statt, in der sich die Vertreter derjenigen Beteiligten, die schriftliche Erklärungen eingereicht hatten, und ein Vertreter der italienischen Regierung äußerten.

V -    Anmerkung zur Zuständigkeit des Gerichtshofes nach Artikel 35 EU

29.
    Mit dem Vertrag von Amsterdam wurden die Befugnisse des Gerichtshofes zu Vorabentscheidungen auf den dritten Pfeiler (Justiz und Inneres) erweitert und ihm die Möglichkeit eingeräumt, sich auf Antrag der nationalen Rechtsprechungsorgane zur Gültigkeit und zur Auslegung der Rahmenbeschlüsse, Beschlüsse und Maßnahmen zur Durchführung der Übereinkommen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen sowie zur Auslegung dieser Übereinkommen zu äußern (Artikel 35 Absatz 1 EU).

30.
    Gemäß dem Protokoll und den bereits genannten Beschlüssen des Rates 1999/435 und 1999/436(10) kann Artikel 54 SDÜ vom Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung ausgelegt werden. Die Zuständigkeit des Gerichtshofes ist in diesem Punkt dispositiv, da sie gemäß Artikel 35 Absatz 2 EU nur dann wirksam wird, wenn sie von den Mitgliedstaaten anerkannt worden ist.

31.
    Die Mitgliedstaaten, die diese neue Zuständigkeit des Gerichtshofes anerkennen, können die Möglichkeit, Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, entweder jedem ihrer Gerichte oder nur solchen Gerichten einräumen, die in letzter Instanz befasst sind und deren Entscheidungen nicht mehr mit „Rechtsmitteln“ angefochten werden können (Artikel 35 Absatz 3 EU).

32.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat sich dafür entschieden, allen Gerichten diese Befugnis zur Vorlage von Vorabentscheidungsfragen zuzuerkennen, letztinstanzliche Gerichte jedoch dazu zu verpflichten(11).

33.
    Belgien hat bei der Unterzeichnung des Vertrages von Amsterdam eine Erklärung abgegeben, wonach es die Zuständigkeit des Gerichtshofes anerkennt, und hat allen Gerichten die Befugnis eingeräumt, Vorabentscheidungsfragen gemäß Artikel 35 EU zu stellen.

34.
    Da die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Köln in diesem Zusammenhang unanfechtbar sind und die Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne ein belgisches Gericht im Sinne der genannten Vorschrift ist, war das erstgenannte Gericht zur Vorlage an den Gerichtshof verpflichtet und das zweite dazu berechtigt, nachdem sie festgestellt hatten, dass für die Entscheidung des jeweiligen Rechtsstreits eine Auslegung von Artikel 54 SDÜ erforderlich ist.

35.
    Aufgrund dessen steht, da die Vorlagefragen auch keinen der in Artikel 35 Absatz 5 EU erwähnten Bereiche betreffen(12), die Zuständigkeit des Gerichtshofes außer Frage.

VI -    Prüfung der Vorlagefragen

1.    Vorbemerkungen

36.
    Die in Artikel 35 Absatz 1 EU festgelegte Zuständigkeit zu Vorabentscheidungen betrifft - wie alle Kompetenzzuweisungen dieser Art an den Gerichtshof - die Auslegung oder gegebenenfalls die Entscheidung über die Gültigkeit gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften, die den sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts darstellen. Sie umfasst aber keinesfalls die Kontrolle der Anwendung dieser Normen in dem bei einem nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit.

37.
    Der Gerichtshof ist also nicht befugt, sich zu den Auswirkungen von Artikel 54 SDÜ auf das Strafverfahren gegen Herrn Gözütok oder zu den sich aus der Einstellung der Strafverfolgung ergebenden Folgen zu äußern. Der Gerichtshof hat diese Vorschrift nur auszulegen. Er hat sich also nicht dazu zu äußern, ob die Einstellung der Strafverfolgung in den Niederlanden auch zur Beendigung der Strafverfolgung in der deutschen Rechtsordnung führt.

38.
    Insofern hat der Gerichtshof den Wortlaut der ersten Vorlagefrage des Oberlandesgerichts Köln außer Betracht zu lassen. Nach dem allgemeinen Sinn der von den beiden vorlegenden Gerichten aufgeworfenen Fragen geht es bei diesen in Wirklichkeit um Folgendes:

1.    Gilt das in Artikel 54 SDÜ genannte Ne-bis-in-idem-Prinzip auch dann, wenn die Strafverfolgung in einem der Vertragsstaaten aufgrund einer Entscheidung über die Beendigung des Verfahrens eingestellt wird, die die Staatsanwaltschaft erlassen hat, nachdem der Angeklagte die ihm von ihr auferlegten Bedingungen erfüllt hat?

2.    Falls die vorgenannte Frage zu bejahen ist, möchte das deutsche Gericht wissen, ob diese Entscheidung der Staatsanwaltschaft einer gerichtlichen Bestätigung bedarf.

39.
    Zur Beantwortung dieser Fragen ist die Tragweite des genannten Prinzips und insbesondere seine Bedeutung im Rahmen von Artikel 54 SDÜ unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck dieser Vorschrift zu prüfen. Außerdem sind die strafrechtlichen Verfahren, die einen staatsanwaltlichen Vergleich vorsehen, und ihre Wirkungen in Verbindung mit dem Wortlaut der Vorschrift zu prüfen, um deren Auslegung der Gerichtshof ersucht worden ist.

40.
    Dabei sind zwei scheinbar widersprüchliche und doch einander ergänzende Tatsachen zu berücksichtigen, bei denen es sich um zwei Seiten desselben Phänomens handelt.

41.
    Die eine ist die Aufsplitterung des Strafrechts in der Europäischen Union in so viele verschiedene Systeme, wie es Mitgliedstaaten gibt. Die andere ist, dass - so unterschiedlich die nationalen Strafrechtssysteme auch sein mögen - das Ziel darin besteht, im Rahmen des dritten Pfeilers eine zunehmende Integration zu erreichen.

42.
    Die Feststellung dieser beiden Tatsachen hat zwei Folgen. Erstens ist eine Antwort ungeachtet der Besonderheiten jedes einzelnen Systems zu suchen. Die in Artikel 54 SDÜ verwendeten Begriffe sind in den einzelnen innerstaatlichen Rechtsordnungen von unterschiedlicher Tragweite. Daher ist jede Auslegung zu vermeiden, die auf die nationalen Rechtsordnungen abstellt. Die Prüfung muss innerhalb des Gemeinschaftsrechts auf der gemeinsamen Grundlage der mit dem Schengen-Besitzstand verfolgten Ziele erfolgen. Der Gerichtshof sollte, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen bemerkt, Artikel 54 SDÜ autonom auslegen.

43.
    Die zweite Folge ist materieller Art. Wenn es darum geht, Formen der Kriminalität zu bekämpfen, die die gesamte europäische Gesellschaft betreffen, ist es Sache der Staaten, dies durch ihre nationalen Rechtsvorschriften zu tun. Jeder von ihnen ist Garant der innerstaatlichen Gesellschaftsordnung, aber auch, im Rahmen der Union, der europäischen Gesellschaftsordnung. Dadurch kann das Ne-bis-in-idem-Prinzip in bestimmten Situationen verletzt werden, wenn wie in den Ausgangsfällen ein und dieselbe Straftat sowohl von den Strafverfolgungsbehörden, die örtlich zuständig sind, als auch von denen eines anderen Mitgliedstaats, die ihre Befugnisse hierzu auf andere Kriterien stützen, verfolgt wird.

2.    Artikel 54 SDÜ als authentischer Ausdruck des Ne-bis-in-idem-Prinzips

44.
    Artikel 54 SDÜ ist eine Rechtsnorm, die den dynamischen Prozess der europäischen Integration durch die Schaffung eines gemeinsamen Raumes der Freiheit und der Gerechtigkeit fördern soll. Die schrittweise Aufhebung der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen ist ein notwendiger Schritt auf diesem Weg. Mit der Beseitigung der administrativen Hindernisse werden allerdings die Hindernisse für alle beseitigt, auch für diejenigen, die die verringerten Kontrollen ausnutzen, um ihre illegalen Tätigkeiten auszuweiten.

45.
    Deshalb muss die Aufhebung der Kontrollen mit einer verstärkten Zusammenarbeit der Staaten einhergehen, namentlich im Bereich der Polizei und der Sicherheit. In diesem Rahmen, in dem die gerichtlichen und polizeilichen Maßnahmen wirksamer gestaltet werden sollen, ohne die den Bürgern in einem demokratischen Rechtsstaat gewährten Rechte abzubauen, sind die Artikel 54 bis 58 SDÜ zu sehen, die die Anwendung des Ne-bis-in-idem-Prinzips im Bereich des Schengen-Besitzstands regeln.

46.
    Artikel 54 ist Ausdruck dieser Garantie zugunsten derjenigen, die der Strafgewalt unterliegen. Niemand, der in einem der Vertragsstaaten des Übereinkommens rechtskräftig verurteilt worden ist, kann von einem anderen Vertragsstaat wegen derselben Tat erneut bestraft werden, ob er nun freigesprochen oder verurteilt worden ist, vorausgesetzt, dass im letztgenannten Fall nach dem Recht des Vollstreckungsstaats die Strafe vollstreckt wurde, die Vollstreckung noch läuft oder nicht erfolgen kann.

47.
    Artikel 54 SDÜ ist authentischer Ausdruck dieser Garantie, die nicht nur innerhalb ein und derselben Rechtsordnung, sondern auch dann gilt, wenn die doppelte Strafverfolgung in zwei verschiedenen Rechtssystemen erfolgt.

3.    Die Grundlagen des Ne-bis-in-idem-Prinzips und seine Anwendung in der Rechtsprechung des Gerichtshofes

48.
    Nach diesem Rechtsgrundsatz ist es untersagt, dass jemand zum Schutz der gleichen Rechtsgüter und wegen desselben rechtswidrigen Verhaltens mehr als einmal strafrechtlich verfolgt und gegebenenfalls bestraft wird, weil diese mehrfache Strafverfolgung und Bestrafung eine unzulässige doppelte Geltendmachung des Strafanspruchs wäre(13).

49.
    Dieser Grundsatz beruht auf zwei Pfeilern eines jeden Rechtssystems: der Rechtssicherheit und der Gerechtigkeit. Wenn ein Täter verfolgt und bestraft wird, so muss er wissen, dass er mit der Vollstreckung der Strafe seine Schuld verbüßt hat, ohne eine erneute Bestrafung befürchten zu müssen. Im Fall eines Freispruchs muss er sicher sein, dass nicht ein anderes Verfahren zu seiner erneuten Verfolgung eingeleitet wird.

50.
    Kommt es zu einer Verurteilung, so darf man nicht den doppelten Zweck einer jeden Strafe außer Betracht lassen: die Vergeltung und die Abschreckung. Die Strafe soll ein Verhalten ahnden und den Täter sowie etwaige andere Täter von der Durchführung eines rechtlich verwerflichen Verhaltens abschrecken. Die Strafe muss dazu also im Verhältnis stehen und ein angemessenes Gleichgewicht wahren, damit sie Vergeltung für das fragliche Verhalten ist und gleichzeitig als Beispiel dient. Der Grundsatz der Gerechtigkeit, dessen Verwirklichung das Verhältnismäßigkeitsprinzip dient, verbietet daher eine Kumulation von Strafen.

51.
    Der Gerichtshof hat das Ne-bis-in-idem-Prinzip zum ersten Mal in der Rechtssache Gutmann(14) angewandt, bei dem es um einen Beamten ging, gegen den wegen desselben Sachverhalts zwei Disziplinarverfahren eingeleitet worden waren. Es war allerdings ein Fall, bei dem die doppelte Strafverfolgung innerhalb desselben Rechtssystems erfolgte. Erst in den Rechtssachen Walt Wilhelm(15) und Boehringer(16) wurde die Bedeutung dieses Prinzips untersucht, wenn die Strafverfolgung in verschiedenen Rechtssystemen erfolgt.

52.
    Der Gerichtshof hatte sodann Gelegenheit, über Sachverhalte zu befinden, in denen es zu einer Kumulierung von Sanktionen gekommen war. Es kommt nämlich nicht selten vor, dass sowohl das Gemeinschaftsrecht als auch das Recht der Mitgliedstaaten Anwendung findet. Das gilt insbesondere für das Wettbewerbsrecht(17). So hat der Gerichtshof festgestellt, dass „das Kartellrecht der Gemeinschaft und das staatliche Kartellrecht die Kartelle nicht nach den gleichen Gesichtspunkten [beurteilen]. Artikel 85 stellt darauf ab, ob ein Kartell den Handel zwischen den Mitgliedstaaten behindern kann, während jede der staatlichen Kartellgesetzgebungen von ihren eigenen Erwägungen ausgeht und die Kartelle lediglich nach ihnen beurteilt.“(18)

53.
    In Einklang mit diesem Urteil hält es der Gerichtshof für zulässig, dass ein Kartell sowohl nach nationalem Recht als auch im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht geprüft wird und dass, was besonders wichtig ist, diese zweifache Prüfung dazu führen kann, dass ein und derselben Person in Bezug auf denselben Sachverhalt zwei Sanktionen auferlegt werden(19).

54.
    Bedeutet das, dass ein und dasselbe Verhalten zweimal verurteilt und gegebenenfalls bestraft werden kann, wenn der Strafanspruch in zwei verschiedenen Rechtssystemen geltend gemacht wird? Ich meine nein, auch wenn Generalanwalt Mayras in den genannten Schlussanträgen anderer Ansicht war und erklärte, „die Regel .ne bis in idem‘ ... [stellt] lediglich im Rahmen der nationalen Gerichtsbarkeit ein Verfahrenshindernis dar“(20).

55.
    Diese Erklärung des Generalanwalts muss in ihrem zeitlichen Zusammenhang gesehen werden, als die räumliche Geltung des Strafrechts als Ausdruck der Souveränität der Staaten auf das Territorialitätsprinzip gestützt wurde. Die Schlussanträge von Generalanwalt Mayras sind Ausdruck dieses Gedankens. Die strenge Anwendung des Territorialitätsgedankens wird jedoch vielen Fällen nicht gerecht, in denen Merkmale von Extraterritorialität erfüllt sind und dasselbe Verhalten Rechtswirkungen in verschiedenen Teilen der Union entfalten kann. Die Errichtung eines Europas ohne Grenzen und die damit einhergehende Angleichung der verschiedenen nationalen Rechtssysteme, einschließlich der Strafrechtssysteme, setzt voraus, dass die beteiligten Mitgliedstaaten sich an denselben Werten orientieren. Und auf diesem Gebiet der Werte kommt das genannte Prinzip voll zum Tragen.

56.
    Nach der klassischen Formulierung des Ne-bis-in-idem-Prinzips muss Identität in drei Punkten bestehen: derselbe Sachverhalt, ein einziger Täter und ein einziges geschütztes Rechtsgut - ein und derselbe Wert, der geschützt ist(21). Entscheidend ist nicht der Umstand, dass der Strafanspruch innerhalb desselben Rechtssystems oder in verschiedenen Rechtssystemen geltend gemacht wird, sondern dass - unabhängig von der Person, die die Sanktionsgewalt ausübt - für die Entscheidung, ob eine Handlung mehrfach bestraft werden kann, geprüft werden muss, ob mit den verschiedenen Sanktionen dieselben Rechtsgüter geschützt werden sollen oder ob es sich um unterschiedliche Rechtsgüter handelt.

57.
    Heute sind die Mitgliedstaaten und die Europäische Union selbst an das Ne-bis-in-idem-Prinzip gebunden, das, wie gesagt ein Grundrecht der Bürger ist(22).

58.
    Es wäre zwangsläufig ungerecht und würde gegen die Grundsätze verstoßen, auf denen die Errichtung eines vereinten Europas beruht, wenn jemand zum Schutz eines bestimmten Rechtsguts in verschiedenen Mitgliedstaaten wegen derselben Taten bestraft werden könnte.

59.
    Es widerspräche demselben Gerechtigkeitsgedanken, wenn man ausländischen Entscheidungen in Strafsachen jegliche Wirksamkeit abspräche. Das würde sowohl die Bekämpfung der Kriminalität als auch die Rechte des Verurteilten in Frage stellen. Der Standpunkt von Generalanwalt Mayras wäre heutzutage unhaltbar, denn er widerspricht dem Wortlaut von Artikel 54 SDÜ, der Artikel 1 des Brüsseler Übereinkommens vom 25. Mai 1987 über die Anwendung des Ne-bis-in-idem-Prinzips aufgreift.

60.
    Die vorstehenden Überlegungen sind keine bloßen Gedankenspiele, um zu bekräftigen, was Artikel 54 des Übereinkommens bereits aussagt, denn die Gründe für das Bestehen der Ne-bis-in-idem-Regel und die Werte, auf denen sie beruht, können helfen, eine Antwort auf die Fragen des Oberlandesgerichts Köln und der Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne zu finden.

4.    Die „transactie“ (staatsanwaltlicher Vergleich) als Ausdruck des Strafanspruchs

61.
    Ist also jemand für bestimmte Taten rechtskräftig verurteilt worden, so kann er nicht erneut verurteilt werden, gleichgültig, ob er mit dem ersten Urteil freigesprochen oder verurteilt wurde.

62.
    Diese Feststellung führt zum Kern der von den beiden nationalen Gerichten aufgeworfenen Frage. Wird eine Tat durch einen staatsanwaltlichen Vergleich „endgültig abgeurteilt“? Oder anders gesagt: Ist der staatsanwaltliche Vergleich Ausdruck der Strafgerichtsbarkeit?

63.
    Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es zunächst einer klaren und eingehenden Kenntnis des Wesens des staatsanwaltlichen Vergleichs und der Wirkungen, die er haben kann. Dazu wiederum bedarf es einer Prüfung - und sei es auch nur in groben Zügen - der Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten, in denen es ein Verfahren wie das des staatsanwaltlichen Vergleichs gibt(23).

A -    Staatsanwaltliche Vergleiche in den Mitgliedstaaten

64.
    Im deutschen Recht(24) kann der Staatsanwalt die Strafverfolgung einstellen, sofern der Beschuldigte zustimmt und den Auflagen der Staatsanwaltschaft nachkommt. Im allgemeinen ist zwar eine Zustimmung des zuständigen Gerichts erforderlich, sie ist jedoch nicht unerlässlich, wenn es sich um Verstöße handelt, bei denen die angedrohte Strafe nicht über die im Strafgesetzbuch vorgesehene Mindeststrafe hinausgeht, und wenn die Höhe des entstandenen Schadens gering ist. Im Fall der Zustimmung setzt der Staatsanwalt für die Erfüllung der Auflagen eine Frist. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen, „so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden“(25).

65.
    Österreich hat ein so genanntes „Diversionsverfahren“(26), bei dem die Staatsanwaltschaft (oder der Untersuchungsrichter) von der Strafverfolgung nach Zahlung eines Geldbetrags, nach Erbringung gemeinnütziger Leistungen, nach einer Probezeit und nach außergerichtlichem Tatausgleich (Diversion) zurücktreten kann. Sobald der Angeklagte die Auflagen erfüllt hat, ist die Strafverfolgung endgültig beendet(27).

66.
    In Belgien gibt es zwei Verfahrensarten, die in die Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft fallen: die in den Artikeln 216 bis und 216 ter des Code d'instruction criminelle vorgesehene „transaction“ und die „médiation pénale“, nach denen der Staatsanwalt die Strafverfolgung endgültig einstellen kann, wenn der Beschuldigte bestimmte Voraussetzungen erfüllt. Artikel 216 ter Absatz 4 Unterabsatz 2 bestimmt allerdings, dass die Einstellung der Strafverfolgung im Rahmen der „médiation pénale“ das Recht der Opfer und ihrer Angehörigen unberührt lässt, Zivilklage zu erheben.

67.
    Die französische Rechtsordnung sieht ein „composition pénale“ genanntes Verfahren vor(28), bei dem die Staatsanwaltschaft die Möglichkeit hat, dem Täter vorzuschlagen, die Strafverfolgung gegen Erfüllung einer oder mehrerer bestimmter Auflagen einzustellen. Hierfür benötigt die Staatsanwaltschaft die Erlaubnis des zuständigen Gerichts. Auf jeden Fall aber liegt es im Ermessen allein der Staatsanwaltschaft, die Strafverfolgung einzustellen.

68.
    In Dänemark(29) kann die Staatsanwaltschaft bei Verstößen, die mit einer Geldstrafe geahndet werden können, dem Beschuldigten die Einstellung der Strafverfolgung vorschlagen, wenn er sich für schuldig erklärt und sich verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist eine Geldstrafe zu bezahlen. Ist die zweimonatige Frist abgelaufen, um diesen Vorschlag unter Einhaltung des Dienstweges zurückzuziehen, so ist der Einstellungsbeschluss endgültig.

69.
    Im spanischen Recht kann der Beschuldigte die vom Staatsanwalt geforderte Strafe annehmen. In diesem Fall erlässt das Gericht entsprechend der gegenseitigen Vereinbarung eine Entscheidung(30).

70.
    Im finnischen Recht gibt es keinen staatsanwaltlichen Vergleich im eigentlichen Sinn, doch sieht es Maßnahmen mit Vergleichscharakter vor, die zur Beendigung der Strafverfolgung führen können. Dabei handelt es sich um das vereinfachte Verfahren für Verstöße(31), bei denen der Staatsanwalt ohne Einschaltung des Gerichts eine Geldbuße verhängen kann. Dieser Beschluss ist endgültig und rechtskräftig.

71.
    In Irland gibt es verschiedene Mittel, um eine Zuwiderhandlung aus verschiedenen Gründen nicht strafrechtlich zu verfolgen, z. B. die bei Zahlung einer Geldbuße(32), die zur Einstellung des Verfahrens führt.

72.
    Im italienischen Recht gibt es zwar im Allgemeinen weder einen staatsanwaltlichen Vergleich noch eine Schlichtung in Strafsachen (außer bei Verstößen durch Minderjährige), wohl aber ein besonderes Verfahren, das so genannte „patteggiamento“(33). Es ist ein besonderes Verfahren, das einen staatsanwaltlichen Vergleich sowohl in Bezug auf das Verfahren als auch auf die Freiheitsstrafe verlangt, deren Dauer nicht über zwei Jahre liegen darf. Sowohl der Staatsanwalt als auch der Beschuldigte können das „Patteggiamento-Verfahren“ einleiten. Die Vereinbarung bedarf in jedem Fall der gerichtlichen Bestätigung.

73.
    In Luxemburg wurde mit dem Gesetz vom 6. Mai 1999 in den Artikel 24 des Code d'instruction criminelle ein Absatz 5 eingefügt, nach dem der Staatsanwalt vor Einleitung der Strafverfolgung mit einer Vermittlung beginnen kann, was zur Fortsetzung der Strafverfolgung oder zur Verjährung führen kann.

74.
    In den Niederlanden ist die „transactie“ in den Artikeln 74 ff. der niederländischen Strafprozessordnung geregelt. Die Strafverfolgung ist dort beendet, wenn der Beschuldigte die Auflagen der Staatsanwaltschaft erfüllt hat. Der Strafklageverbrauch ist in Artikel 74 Absatz 1 StPO ausdrücklich vorgesehen.

75.
    In Portugal(34) kann das Verfahren vorläufig ausgesetzt werden. Dies erlaubt der Staatsanwaltschaft, die Strafverfolgung zu unterbrechen, indem sie für einen bestimmten Zeitraum bestimmte Pflichten auferlegt. Der Beschluss ist abhängig von der Zustimmung des Beschuldigten und gegebenenfalls des Privatklägers sowie der des Untersuchungsrichters. Hat der Beschuldigte die Auflagen erfüllt, so ist die Sache abgeschlossen und kann nicht wieder aufgenommen werden(35).

76.
    Im Vereinigten Königreich gibt es im englischen Recht auf dem Gebiet des Straßenverkehrs ein Verfahren wie das des staatsanwaltlichen Vergleichs. Bei einer fixed penalty notice kann eine Strafverfolgung durch Zahlung einer Geldbuße und unter Eintragung von „Strafpunkten“ in den Führerschein vermieden werden. Sobald die Auflagen erfüllt sind, ist die Strafverfolgung beendet(36). Lord Justice Auld hat sich für eine Ausweitung des Anwendungsbereichs von staatsanwaltlichen Vergleichsverfahren ausgesprochen(37), und sein Vorschlag wurde Mitte Juli 2002 in einem Weißbuch der englischen Regierung vorgestellt. Im schottischen Recht kann der Staatsanwalt(38) dem Beschuldigten bei Verstößen, die in die Zuständigkeit der district courts (Bezirksgerichte) fallen, zur Vermeidung einer Strafverfolgung ein „conditional offer“ (mit Auflagen verbundener Vergleichsvorschlag) machen. Nimmt der Beschuldigte den Vorschlag an, so muss er eine Geldbuße bezahlen, und die Strafverfolgung ist nach Zahlung dieser Buße beendet(39).

77.
    In Schweden schließlich gibt es ein Verfahren zur Auferlegung von Strafen ohne Einschaltung des Gerichts (strafföreläggande)(40), das bei leichteren Verstößen, z. B. bei Fahren unter Alkoholeinfluss und kleinen Diebstählen angewandt wird. Nimmt der Beschuldigte die vom Staatsanwalt vorgeschlagene Strafe an (nach Zustimmung durch die etwaigen Opfer), so wird die auferlegte Sanktion rechtskräftig.

B -    Sinn und Zweck des staatsanwaltlichen Vergleichs

78.
    Zur Qualifizierung eines Rechtsinstituts, insbesondere wenn dieses das Rechtsgebiet betrifft, das die Würde und die Grundwerte des Einzelnen am unmittelbarsten berührt, sind nichts sagende Bezeichnungen zu vermeiden und statt dessen ist auf das Wesen des Instituts abzustellen.

79.
    Es ist festzustellen, dass es in vielen Mitgliedstaaten(41) unter der Bezeichnung staatsanwaltlicher Vergleich oder anderen entsprechenden Bezeichnungen Verfahren gibt, bei denen die Staatsanwaltschaft aufgrund gesetzlicher Ermächtigung und, in einigen Systemen, ohne gerichtliche Entscheidung die Strafverfolgung gegen einen Beschuldigten einstellen kann, nachdem dieser an den Staat einen Geldbetrag gezahlt oder eine andere Auflage erfüllt hat.

80.
    Zwar handelt es sich um ein bilaterales Verfahren, kennzeichnend ist aber bei dieser Maßnahme die Vorrangstellung der Staatsanwaltschaft. Diese Art der Strafrechtspflege kommt nicht für alle Verstöße in Betracht. Sie ist Ausdruck einer Justiz, um auf eine besondere Kategorie von Verhaltensweisen geringerer sozialer Verwerflichkeit zu reagieren, deren Ahndung nicht die Ingangsetzung des gesamten Justizapparates des Staates mit all seiner Macht und demzufolge auch nicht die Anwendung aller strafprozesslichen Garantien durch Einschaltung eines Gerichts verlangt.

81.
    Außerdem erweist sich der staatsanwaltliche Vergleich in großem Maße als ein Mittel, um einen Zusammenbruch der Rechtspflege zu vermeiden, indem er überall dort eine einfache, rasche und wirksame Reaktion erlaubt, wo es sich strafrechtspolitisch empfiehlt. Der nordamerikanische Pragmatismus hat zu einer starken Entwicklung der Vergleichsverfahren geführt, die stets darauf beruhen, dass der Beschuldigte der ihm angebotenen Sanktion zustimmt, auch wenn dies in den Großstädten zu einer einzigartigen Praxis geführt hat(42).

82.
    Der staatsanwaltliche Vergleich gilt als die geeignetste Maßnahme, bestimmten Arten der Kriminalität zu begegnen, die keine hohen Strafen erfordern; eine mildere, weniger einschneidende Sanktion genügt. Dadurch kann der Beschuldigte seine Schuld ohne ein Gerichtsverfahren ausdrücklich oder stillschweigend anerkennen und durch Erfüllung der mit der Staatsanwaltschaft vereinbarten Auflage innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen abbüßen, was jedenfalls weniger hart ist, als wenn ohne einen solchen Vergleich das Strafverfahren seinen normalen Lauf nähme. Als Gegenleistung stellt die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung ein, die damit beendet ist.

C -    Der staatsanwaltliche Vergleich, eine Form der Rechtspflege

83.
    Zu der Qualifizierung sind zwei Bemerkungen angebracht, die nicht außer Betracht bleiben dürfen. Erstens sind die Auflagen, die der Beschuldigte erfüllt, eine Strafe für sein Verhalten. Zweitens ist es der Staat, der aus einer Stellung der Überlegenheit heraus straft. Dem Beschuldigten steht es frei, den Vergleich anzunehmen; tut er es nicht, weiß er, dass die Strafverfolgung ihren Lauf nimmt. Der Strafanspruch wird zwar in anderer Form durchgesetzt, ändert sich aber nicht.

84.
    Wenn nämlich bei dem staatsanwaltlichen Vergleich ein die rechtsprechende Gewalt vertretender Richter fehlt, so führt das nicht zu einer solchen Gerichtsferne, dass dieser Vergleich nicht den Voraussetzungen des Artikels 54 SDÜ entspräche. Es handelt sich nicht um eine - wie verschiedentlich behauptet wurde(43) - „Justiz ohne Richter“, gerade so, als ginge es um eine fast privatrechtliche Vereinbarung.

85.
    Der staatsanwaltliche Vergleich ist ein Verfahren, bei dem eine Strafsache durch eine gemeinsame Vereinbarung zwischen dem Vertreter der Anklage und dem Beschuldigten ohne ein Gerichtsverfahren im engeren Sinn erledigt werden kann. Bei dieser Art von Vergleich gibt es keine Verhandlungen zwischen Täter und Staatsanwalt über das Strafmaß. Die Staatsgewalt macht über den zur Strafverfolgung berufenen Vertreter der Anklage ein Angebot, das angenommen oder abgelehnt wird.

86.
    Es gibt kein Aushandeln einer Vereinbarung zwischen dem Beschuldigten und der Staatsanwaltschaft, wie der Verteidiger von Herrn Gözütok behauptet hat, sondern eine Entscheidung, die tatsächlich weniger streng als ein Strafurteil ist, in der aber auf jeden Fall der Strafanspruch zum Ausdruck kommt.

87.
    Es wäre falsch, den staatsanwaltlichen Vergleich als eine vertragliche Regelung(44) zu qualifizieren, denn er stellt eine milde und anerkannte Verurteilung dar, die nach wie vor eine Strafe ist und die Aufgaben jeder Bestrafung erfüllt. Es handelt sich, wie die Kommission bemerkt hat, um eine „alternative Sanktion“ zur Ahndung des verwerflichen Verhaltens des Täters und zur Abhaltung von künftigen Verstößen.

88.
    Außerdem hat der staatsanwaltliche Vergleich einen „implizit gerichtlichen Charakter“; er ist kein dem Strafrecht fremdes Institut und ist allein als eine Form der Ausübung des Strafrechts gerechtfertigt. Jedes Delikt kann auf Antrag der Staatsanwaltschaft(45) verfolgt und nach Abschluss eines gerechten Verfahrens geahndet werden. In bestimmten Rechtsordnungen kann der Vertreter der Anklage jedoch mit dem Beschuldigten eine Vereinbarung über die Sanktion treffen, wobei, falls es zu keiner Vereinbarung kommt oder der Beschuldigte den Vorschlag nicht annimmt, die Strafverfolgung und Bestrafung der strafrechtlichen Verstöße ihren normalen Lauf nehmen.

89.
    Der Staat macht nämlich beim staatsanwaltlichen Vergleich nach dem Willen des Gesetzgebers den Strafanspruch in Bezug auf bestimmte Taten durch den öffentlichen Ankläger geltend; der Strafanspruch erlischt, wenn die Strafe abgegolten ist. Die Entscheidung des Staates durch das zuständige Organ ist abschließend. Daher ist diese Reaktion auf bestimmte Arten von Straftaten Strafrechtspflege.

90.
    Kurz gesagt, der Beschuldigte, der auf einen staatsanwaltlichen Vergleich eingeht und die Auflagen des Staatsanwalts akzeptiert, wird für die Taten, deren er sich durch die Annahme der Sanktion für schuldig bekannt hat, bestraft. Sobald die Vereinbarung unabänderlich wird, kann man davon ausgehen, dass der Beschuldigte endgültig verurteilt wurde und durch die Erfüllung der eingegangenen Verpflichtungen die Strafe abgegolten ist. Deshalb kann er nicht erneut verfolgt werden, weil Artikel 54 SDÜ dem entgegensteht.

D -    Die Gewährleistung der Rechte des Angeklagten bei einem staatsanwaltlichen Vergleich

91.
    Bei einem staatsanwaltlichen Vergleich hat der Staat Strafklage gegen einen Einzelnen erhoben, der seine Schuld tatsächlich anerkennt; sind die Auflagen erfüllt worden, ist die Strafklage genauso wie bei einer endgültigen Einstellung des Verfahrens, einem Freispruch oder einer Verurteilung verbraucht(46), im letztgenannten Fall aber erst nach Verbüßung der Strafe.

92.
    Diese Art der Rechtspflege gewährleistet die Grundrechte des Beschuldigten.

93.
    Dem Beschuldigten, dem ein staatsanwaltlicher Vergleich vorgeschlagen wird, wird eine Straftat im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention vorgeworfen, und er genießt von Rechts wegen die in dieser Konvention vorgesehenen Rechte, insbesondere die aus Artikel 6.

94.
    Die Staatsanwaltschaft ist derzeit verpflichtet, den Beschuldigten darauf hinzuweisen, dass es ihm freisteht, den Vergleich anzunehmen, und er Recht auf eine Verurteilung durch ein unabhängiges Gericht hat. Der Anspruch jedes Beschuldigten auf ein gerichtliches Verfahren wird in den wichtigsten internationalen Texten(47) und in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte anerkannt(48).

95.
    Die Freiheit, einen staatsanwaltlichen Vergleich anzunehmen oder abzulehnen, ist von grundlegender Bedeutung. Auf den ersten Blick gesehen könnte man daran zweifeln, dass es sie gibt, denn faktisch muss der Beschuldigte den Vorschlag der Staatsanwaltschaft akzeptieren, wenn er der Strafverfolgung entgehen will. Das macht seine Zustimmung jedoch nicht ungültig, denn die Androhung einer bestimmten Strafklage ist nicht verwerflich, wenn die eingesetzten Mittel und der verfolgte Zweck rechtmäßig sind.

96.
    Diese Rechtmäßigkeit liegt in der Option, den staatsanwaltlichen Vergleich „anzunehmen oder abzulehnen“. Das Gericht in Straßburg hat erklärt, dass die Aussicht, einem Strafrichter vorgeführt zu werden, zwar einen Einfluss auf die Bereitschaft des Betroffenen haben könne, den staatsanwaltlichen Vergleich abzulehnen oder anzunehmen, aber der Druck, der damit ausgeübt werde, sei mit der Menschenrechtskonvention nicht unvereinbar(49).

97.
    Zusammenfassend ist der staatsanwaltliche Vergleich Ausdruck des Strafanspruchs, eine Form der Rechtspflege, die die Rechte des Beschuldigten gewährleistet und zur Verhängung einer Sanktion führt. Es steht also außer Frage, dass durch ihn über die dem Betroffenen zur Last gelegten Taten und die Schuld des Täters entschieden wird.

98.
    Im Rahmen der Fragen, die von den vorlegenden Gerichten, insbesondere vom Oberlandesgericht Köln, gestellt wurden, ist es entgegen der Auffassung der französischen Regierung unerheblich, ob ein Richter dem die Strafverfolgung beendenden Beschluss zugestimmt hat, sofern die Rechte des Beschuldigten gewährleistet sind.

99.
    Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass ein etwaiges späteres Hinzuziehen eines Richters nichts ändert. Da die Rechte des Beschuldigten von Anfang an gewährleistet sind, ein Anerkenntnis und damit eine implizite Schuldfeststellung vorliegen, hätte eine spätere richterliche Zustimmung rein formalen Charakter und könnte zu einer bloßen Formalität werden.

E -    Die Rechtskraft des staatsanwaltlichen Vergleichs

100.
    Die Strafrechtspflege im Wege eines solchen Vergleichs ist kein Ersatz, sondern eine andere Form der Geltendmachung des Strafanspruchs, die bei bestimmten Verstößen eine Alternative zu einem streng gerichtlichen Verfahren ist.

101.
    Von dem Moment an, in dem der Beschuldigte den Vorschlag des Staatsanwalts annimmt und die festgesetzten Auflagen erfüllt, hat der Staat eine endgültige Antwort auf die Verfehlung gegeben, so dass derjenige, der einen staatsanwaltlichen Vergleich eingeht und die vereinbarten Pflichten übernimmt, genauso wie ein Angeklagter, über den ein rechtskräftiges Urteil gefällt wird, Anspruch darauf hat, dass man nicht erneut in die Vergangenheit blickt, dass der Inhalt des staatsanwaltlichen Vergleichs unverändert bleibt und dass er sich künftig wegen desselben Sachverhalts keine Sorgen mehr machen muss.

102.
    Das heißt, der staatsanwaltliche Vergleich ist verbindlich und, wenn er erfüllt worden ist, das letzte Wort des Staates in der Sache. Die Vollstreckbarkeit und die Rechtskraft sind die zwei Merkmale jeder gerichtlichen Entscheidung, mit der ein Rechtsstreit beendet wird(50).

103.
    Diese besondere Kraft der Entscheidung gilt nur in den Fällen, wo die Staatsanwaltschaft einen Vergleich schließen kann, d. h. bei einer öffentlichen Strafklage, nicht aber für Klagen, die - wie die Zivilklage, die sich aufgrund eines Strafdelikts ergibt - Sache des Opfers oder ganz allgemein des Betroffenen sind. Deshalb ist in den Artikeln 216 bis und 216 ter des belgischen Code d'instruction criminelle bestimmt, dass der Strafklageverbrauch bei der „médiation pénale“ das Recht der Opfer und ihrer Angehörigen, Zivilklage zu erheben, unberührt lässt, und die niederländische Rechtsordnung erkennt den Betroffenen das Recht zu, die Entscheidung des Staatsanwalts gerichtlich anzufechten(51).

104.
    Das heißt, nach Artikel 54 SDÜ schließt der Strafklageverbrauch in einem Mitgliedstaat als Folge eines staatsanwaltlichen Vergleichs, der erfolgreich durchgeführt worden ist, eine Strafverfolgung in einem anderen Mitgliedstaat wegen desselben Sachverhalts aus, nicht jedoch, dass das Opfer beim zuständigen Gericht Zivilklage erhebt.

105.
    Dies ist eine Feststellung, die natürlich nicht erforderlich ist, weil die genannte Vorschrift des Übereinkommens sich nur auf Strafverfolgungen bezieht. In den Rechtsordnungen, in denen das Opfer keine Zivilklage vor dem mit der Strafsache befassten Gericht erheben kann, steht das außer Frage. In den Rechtsordnungen, in denen diese Klagehäufung bei den Strafgerichten möglich ist, erfasst der Strafklageverbrauch niemals das Recht des Betroffenen, beim zuständigen Gericht Zivilklage zu erheben.

106.
    Aufgrund der bisherigen Erwägungen lässt sich feststellen, dass Artikel 54 SDÜ auf einen staatsanwaltlichen Vergleich unter folgenden Voraussetzungen zur Anwendung kommt: 1. Es handelt sich um ein Verfahren, in dem der Staat seinen Strafanspruch geltend macht; 2. der staatsanwaltliche Vergleich enthält implizit eine endgültige Entscheidung über das Verhalten des Beschuldigten und sieht Sanktionsmaßnahmen vor; 3. der staatsanwaltliche Vergleich lässt einen etwaigen Schadensersatzanspruch des Opfers unberührt.

5.    Auslegung des in Artikel 54 des Übereinkommens verwendeten Begriffes „rechtskräftig abgeurteilt“

107.
    Trotz der vorgenannten Gründe, die zu einer weiten Auslegung führen, schlagen die deutsche und die französische Regierung vor, Artikel 54 SDÜ im Wege einer wörtlichen Auslegung der in der deutschen, der französischen und der niederländischen Fassung verwendeten Worte eng auszulegen. Sie meinen, die Begriffe rechtskräftig abgeurteilt, onherroepelijk vonnis und définitivement jugée(52) bezögen sich auf die Einbeziehung eines Gerichts, und da bei dem Vergleich kein Richter tätig werde, falle der Vergleich nicht in den Anwendungsbereich von Artikel 54 SDÜ.

108.
    Liest man Artikel 54 in Verbindung mit Artikel 58 SDÜ, so wird deutlich, dass es nicht ganz klar ist, ob Artikel 58 sich nur auf gerichtliche Entscheidungen bezieht, d. h. auf eine von einem Richter oder einem Gericht am Ende eines Gerichtsverfahrens unter voller Einhaltung des kontradiktorischen Verfahrens und der Rechte der Verteidigung getroffene Entscheidung. Nach Artikel 58 können die Vertragsstaaten des Übereinkommens Bestimmungen erlassen, die der Ne-bis-in-idem-Wirkung im Zusammenhang mit Justizentscheidungen eine größere Tragweite verleihen, als in den vorangehenden Artikeln vorgesehen ist. In der französischen, der niederländischen und der deutschen Fassung von Artikel 58 werden die Begriffe décisions judiciaires, vonnis und Justizentscheidungen verwendet(53). Daraus ist zu schließen, dass der Anwendungsbereich von Artikel 54 SDÜ nach dem Willen der Parteien des Übereinkommens nicht auf Gerichtsentscheidungen im engeren Sinne beschränkt sein sollte.

109.
    Wenn in Artikel 54 SDÜ von rechtskräftig abgeurteilt (onherroepelijk vonnis, définitivement jugée, finally disposed, giudicata con sentenza definitiva o definitivamente julgado) die Rede ist, so bezieht sich das trotz des Wortlauts der spanischen Fassung „juzgada en sentencia firme“ nicht auf eine gerichtliche Entscheidung in Form eines Urteils nach einem Verfahren, das sämtliche Garantien im Sinne von Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention erfüllt, sondern ganz allgemein auf jede Entscheidung im justiziellen Bereich, die zum Ausdruck bringt, dass sich der Staat zu dem dem Täter vorgeworfenen Sachverhalt und dessen Schuld abschließend geäußert hat, sei es durch ein Gericht im Rahmen seiner Rechtsprechung, durch einen Untersuchungsrichter als Ergebnis der Untersuchungen, die dieser durchzuführen hat, oder durch einen Staatsanwalt bei der Strafverfolgung von Delikten.

110.
    Diese Auslegung ist möglich, weil die in den verschiedenen Sprachfassungen verwendeten Begriffe nicht einheitlich sind. Das Vorbringen der genannten Regierungen ist daher zwar auf den ersten Blick überzeugend, aber nicht, wenn man die fehlende Übereinstimmung der verschiedenen Sprachfassungen von Artikel 54 SDÜ berücksichtigt(54). Untersucht man näher, wie vorstehend geschehen, die Entstehungsgeschichte der Vorschrift, das Wesen des Vergleichs und die Grundlagen des Ne-bis-in-idem-Prinzips, so zeigt sich, dass das genannte Vorbringen nicht schlüssig ist.

111.
    Die von den betreffenden Regierungen vorgeschlagene enge Auslegung könnte zu absurden Ergebnissen führen. Würde jemand z. B. mit rechtskräftigem Urteil freigesprochen, weil er bewiesen hätte, an den Straftaten nicht beteiligt gewesen zu sein, so könnte er in einem anderen Mitgliedstaat nicht erneut verurteilt werden, wohingegen ein Beschuldigter, der im Zuge der Ermittlungen einen Beschluss des Untersuchungsrichters über die Einstellung des Verfahrens erwirkte, unter dem Damoklesschwert erneuter Strafverfolgung stünde. Das Recht muss Auslegungen ausschließen, die zu Ergebnissen führen, die unvernünftig und unlogisch sind.

112.
    Außerdem könnte diese enge Auslegung zum Scheitern des Rechtsinstituts führen. Der Beschuldigte, der einen Vergleich eingeht, tut dies, weil er weiß, dass er seine Situation durch die Anerkennung seiner Schuld und die Annahme der ihm vom Staatsanwalt vorgeschlagenen Sanktion besser bereinigen kann, als wenn er den Vergleich nicht annähme und einen Strafprozess erzwänge, der zu einem Urteil führte. Erhielte er nicht die Garantie, dass er nach Erfüllung der Auflagen wegen seines Verhaltens nicht erneut beschuldigt wird, so würde er den Vorschlag vermutlich ablehnen. Das könnte zur Folge haben, dass diese Form der Strafrechtspflege, ein echtes Ventil für die Justiz, zu einer Sackgasse und dadurch wertlos würde.

113.
    Die deutsche Regierung macht geltend, dass die Anwendung des Ne-bis-in-idem-Prinzips gemäß Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten „auf gerichtliche Entscheidungen beschränkt“ sei. Diese Auslegung widerspricht der weiteren Auslegung des Straßburger Gerichts, wonach diese Vorschrift „zum Ziel hat, die erneute Aufnahme einer endgültig abgeschlossenen Strafverfolgung zu verbieten. Diese Bestimmung gilt daher nicht vor der Eröffnung eines neuen Verfahrens.“(55)

114.
    Die französische, die belgische und die deutsche Regierung gehen von einem falschen Ansatz aus. Das Ne-bis-in-idem-Prinzip ist, wie gesagt, keine Verfahrensregel, sondern ein Grundrecht der Bürger in den Rechtssystemen, die - ebenso wie bei den Partnern der Europäischen Union - darauf beruhen, dass dem Einzelnen gegenüber der öffentlichen Gewalt eine Reihe von Rechten und Freiheiten zuerkannt wird. Die Mitgliedstaaten haben im Rahmen der Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit und der Justiz die Geltung des genannten Grundsatzes in den Artikeln 54 ff. SDÜ anerkannt, wodurch die Ausübung der Befugnis zur Strafverfolgung und Ahndung von Straftaten offensichtlich begrenzt worden ist.

115.
    Wie weit diese Grenze reicht, ist aus der Sicht des Bürgers zu definieren, denn es handelt sich um eines seiner Grundrechte. Wenn es darum geht, dass der Täter, der verfolgt, gerichtlich belangt und im Fall einer Verurteilung bestraft worden ist, das Recht haben muss, dass kein anderer Vertragsstaat das Gleiche tut, kommt es auf Form und Art der gerichtlichen Entscheidung nicht an, sofern diese all die Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt, die nach der Rechtsordnung, in der sie getroffen wird, erforderlich sind. Es wäre Sarkasmus, zu behaupten, dass Artikel 54 SDÜ ausschließlich gerichtliche Entscheidungen betreffe, d. h. Entscheidungen, die nach Abschluss eines unter Beachtung aller Rechte geführten Verfahrens getroffen werden, um den Anwendungsbereich eines dieser Rechte gerade mit diesem Argument einzuschränken.

116.
    Außerdem hätte eine wörtliche und enge Auslegung von Artikel 54 SDÜ paradoxe Auswirkungen. Der staatsanwaltliche Vergleich ist nämlich, wie gesagt, eine Form der Strafrechtspflege bei kleinen und mittleren Verstößen, die jedoch bei schweren Delikten nicht zur Anwendung kommt. Die Auffassung der deutschen, der französischen und der belgischen Regierung würde daher bei schweren Verbrechen zu einer Besserstellung der Täter führen, die sich auf das Ne-bis-in-idem-Prinzip berufen könnten, im Gegensatz zu Tätern leichter Verstöße, deren soziale Verwerflichkeit geringer ist. Schwerstverbrecher, über deren Tat nur durch ein rechtskräftiges Urteil entchieden werden kann, könnten in einem anderen Vertragsstaat des Übereinkommens nicht erneut verfolgt werden, im Gegensatz zu Tätern kleinerer Vergehen, die einen vom Staatsanwalt vorgeschlagenen Vergleich angenommen und erfüllt haben.

117.
    Außerdem ist es für die Feststellung des Anwendungsbereichs von Artikel 54 SDÜ ohne Bedeutung, nach dem Willen des Gesetzgebers zu forschen, weil die Mitgliedstaaten sich in diesem Punkt selbst nicht einig sind(56).

118.
    Daraus folgt, dass Artikel 54 SDÜ auf denjenigen Anwendung findet, der bei der Staatsanwaltschaft eine Entscheidung erwirkt, die Strafverfolgung einzustellen, sobald er den Auflagen nachgekommen ist, zu deren Erfüllung er sich gegenüber der Staatsanwaltschaft verpflichtet hat.

6.    Die andere Seite: der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens

119.
    Die Ne-bis-in-idem-Regel ist nicht nur ein subjektives Recht des Bürgers, sondern auch ein Instrument der Rechtssicherheit, wonach von der öffentlichen Gewalt erlassene Entscheidungen nicht mehr angefochten werden können, sobald sie rechtskräftig geworden sind.

120.
    Ist also eine Strafklage in einem Mitgliedstaat verbraucht, so können die übrigen Mitgliedstaaten dies nicht unberücksichtigt lassen.

121.
    Es wäre demnach inakzeptabel, wenn in einem integrierten Europa, das sich in einem offenen Prozess einer immer engeren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten befindet, ein zweites Mal strafrechtlich verfolgt werden könnte.

122.
    Die Verwirklichung des im Vertrag über die Europäische Union festgelegten Zieles(57), einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu errichten, setzt voraus, dass die Wirksamkeit ausländischer Entscheidungen in den Mitgliedstaaten gewährleistet ist.

123.
    Um dieses Ziel zu erreichen, ist im neuen Titel VI des Vertrages über die Europäische Union festgelegt, dass das gemeinsame Vorgehen in Strafsachen Folgendes einschließt: „die Erleichterung und Beschleunigung der Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Ministerien und den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten bei Gerichtsverfahren und der Vollstreckung von Entscheidungen“(58).

124.
    Dieses gemeinsame Ziel kann nicht ohne gegenseitiges Vertrauen der Mitgliedstaaten in ihre Strafrechtssysteme(59) und ohne gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Entscheidungen erreicht werden, die in einem wirklichen „Gemeinsamen Markt der Grundrechte“ erlassen werden. Diese Anerkennung beruht nämlich auf dem Gedanken, dass auch in dem Fall, dass ein Staat eine bestimmte Materie nicht genauso oder ähnlich wie der andere geregelt hat, die Ergebnisse als mit den eigenen Entscheidungen gleichwertig anerkannt werden, weil sie denselben Grundsätzen und Werten entsprechen. Für den Entwicklungsprozess, in dem sich die Europäische Union befindet, ist eines unverzichtbar: das Vertrauen auf die Angemessenheit der Normen der Partner und auf deren ordnungsgemäße Anwendung(60).

125.
    Die Anerkennung einer Entscheidung bedeutet auch, sie zu berücksichtigen, womit auch die Anwendung des Ne-bis-in-idem-Prinzips einhergeht.

126.
    Damit zeigt sich, dass alles für eine weite Auslegung von Artikel 54 SDÜ spricht, die es erlaubt, in dessen Anwendungsbereich Entscheidungen über die Einstellung der Strafverfolgung einzubeziehen, die die Staatsanwaltschaft nach einem erfolgreich durchgeführten Vergleich erlassen hat. Dies ist der Standpunkt, den die Kommission sowie die niederländische und die italienische Regierung vertreten.

127.
    Die Kommission hatte bereits folgenden Vorschlag unterbreitet: „Eine vollständige gegenseitige Anerkennung, wie sie zwischen den EU-Mitgliedstaaten anzustreben ist, müsste auf dem Prinzip aufbauen, dass die Entscheidung einer Behörde eines EU-Mitgliedstaats den Fall abschließend regelt und keine weitere Entscheidung erforderlich ist ... Eine Person, die für eine Straftat bereits im Mitgliedstaat A verurteilt oder freigesprochen worden ist, sollte somit nicht im Mitgliedstaat B verfolgt werden können, auch wenn dieser Mitgliedstaat grundsätzlich zur Entscheidung über den Fall zuständig wäre ... sogar wenn dort eine unterschiedliche Entscheidung ergangen wäre ...“(61).

128.
    Diesem Weg ist der Rat gefolgt, der in dem Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Strafsachen(62) vorschlägt, diesen Grundsatz uneingeschränkt anzuwenden(63).

129.
    Nun heißt es zwar in diesem Dokument, dass das genannte Ziel in den Artikeln 54 bis 57 SDÜ nur teilweise erreicht wurde und dass der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung auf Freisprüche und auf Entscheidungen ausgedehnt werden sollte, die „aufgrund einer Schlichtung in Strafsachen“ erlassen wurden. Diese vorstehenden Erklärungen sprechen jedoch nicht, wie die belgische Regierung meint, für die enge Auslegung, die sie zusammen mit der deutschen Regierung vertritt.

130.
    Das genannte Dokument ist keine Vorschrift, die für den Gerichtshof verbindlich ist. Außerdem bietet es nur einen zusätzlichen Aspekt für die Auslegung, der nicht isoliert gesehen werden darf, ohne die anderen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für die Ausübung seiner Rechtsprechungsgewalt, die darin besteht, „Recht zu sprechen“ und die Vorschriften der gemeinschaftlichen Rechtsordnung auszulegen, viel wichtiger sind, ebenso wie die von mir in diesen Schlussanträgen genannten Gesichtspunkte: Sinn und Zweck von Artikel 54 SDÜ, die Grundlagen des Ne-bis-in-idem-Prinzips, das Wesen der Vergleichsverfahren und der europäische Integrationsprozess, der, wie der Rat in dem Programm erklärt, eine immer engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten erfordert.

131.
    Außerdem ist die Schlussfolgerung, die die belgische Regierung aus dem Hinweis auf die Schlichtung in Strafsachen zieht, unzutreffend. Zum einen, weil der Rat bezüglich des Abkommens nicht das Auslegungsmonopol hat, und zweitens, weil dieser Hinweis nicht überzeugend ist und nicht völlig zweifelsfrei erkennen lässt, ob er sich auf die Schlichtung in Strafsachen im engeren Sinne bezieht oder jede Art von Schlichtungsverfahren einschließt wie die, die ich hier untersucht habe und bei denen die öffentliche Gewalt dem Beschuldigten eine Vereinbarung vorschlägt, die Strafverfolgung gegen Erfüllung gewisser Auflagen einzustellen.

132.
    Ich meine vielmehr, dass die jüngsten Äußerungen des Rates zeigen, dass er etwas ganz anderes will als das, was die belgische Regierung ihm nach flüchtiger Durchsicht des genannten Programms zuschreiben will.

133.
    Aus Artikel 9 des Rahmenbeschlusses vom 13. Juni 2002 zur Terrorismusbekämpfung(64) ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten zusammenarbeiten müssen, um ihre Strafverfolgungen mit dem Ziel zu koordinieren, die Erhebung der öffentlichen Klage auf einen einzigen Mitgliedstaat zu konzentrieren. Unter der spanischen Präsidentschaft wurde daher vorgeschlagen(65), dass die Partner bei der Geltendmachung des Strafanspruchs die Grundsätze der Gleichheit und des gegenseitigen Vertrauens anwenden müssen, um unter Gewährleistung der Grundrechte und bürgerlichen Freiheiten, auf denen die Rechtssysteme der Union und der Mitgliedstaaten beruhen, darunter das Ne-bis-in-idem-Prinzip, die europäische Gesellschaftsordnung zu erhalten.

VII -        Ergebnis

134.
    Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Oberlandesgerichts Köln und der Rechtbank van Eerste Aanleg in Veurne zu antworten, dass das in Artikel 54 des Übereinkommens zur Durchführung des Schengener Übereinkommens betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen festgelegte Ne-bis-in-idem-Prinzip auch dann gilt, wenn die Strafklage in der Rechtsordnung eines Vertragsstaats infolge einer Entscheidung der Staatsanwaltschaft verbraucht ist, nachdem der Beschuldigte bestimmte Voraussetzungen erfüllt hat. Dabei ist es unerheblich, ob diese Entscheidung der richterlichen Zustimmung bedarf, sofern

1.    die festgesetzten Auflagen Sanktionscharakter haben,

2.    die Vereinbarung ein ausdrückliches oder stillschweigendes Schuldanerkenntnis und demzufolge ein ausdrückliches oder stillschweigendes Urteil über die Strafbarkeit des Verhaltens enthält und

3.    dem Opfer und anderen Betroffenen, die gegebenenfalls zivilrechtliche Ansprüche haben, keinen Nachteil zufügt.


1: -     Originalsprache: Spanisch.


2: -    ABl. 2000, L 239. S. 19.


3: -    Dazu gehören auch die Protokolle und die Übereinkommen über den Beitritt anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zu den beiden Übereinkommen, die Beschlüsse und Erklärungen des mit dem Übereinkommen geschaffenen Exekutivauschusses sowie die Maßnahmen, die von den Einrichtungen erlassen wurden, denen der Exekutivauschuss Entscheidungsbefugnisse eingeräumt hat.


4: -    Früher Artikel K.7 des Vertrages über die Europäische Union.


5: -    Dieser Grundsatz ist nicht klar definiert, nicht einmal durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte: so dessen eigene Feststellung in dem Urteil vom 2. Juli 2002 in der Rechtssache 00033402/96 (Göktan/Frankreich, Randnrn. 44 und 46).


6: -    Die übrigen Staaten sind das Königreich Dänemark, die Griechische Republik, das Königreich Spanien, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg, die Republik Österreich, die Portugiesische Republik, die Republik Finnland und das Königreich Schweden.


7: -    ABl. L 176, S. 1 und 17.


8: -    1 kg Haschisch, 41 Haschischzigaretten (joints) und 1,5 kg Marihuana bei der ersten und 56 g Haschisch, 10 Joints und 200 g Marihuana bei der zweiten Durchsuchung.


9: -    Rechtsgrundlage für dieses Angebot ist § 153a StPO.


10: -    Siehe oben, Nrn. 7 und 8.


11: -    Vgl. § 1 Absatz 2 des Gesetzes betreffend die Anrufung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens auf dem Gebiet der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen nach Artikel 35 des EU-Vertrags (EuGH-Gesetz). Diese Entscheidung der deutschen Behörden folgt aus der Erklärung Nr. 10, die der Schlussakte des Vertrages von Amsterdam beigefügt ist, wonach „die Mitgliedstaaten ... sich das Recht vorbehalten können, in ihrem innerstaatlichen Recht zu bestimmen, dass ein nationales Gericht, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, verpflichtet ist, den Gerichtshof anzurufen, wenn sich in einem schwebenden Verfahren eine Frage über die Gültigkeit oder die Auslegung eines Rechtsakts nach Artikel 35 Absatz 1 stellt“.


12: -    „... die Überprüfung der Gültigkeit oder Verhältnismäßigkeit von Maßnahmen der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats oder der Wahrnehmung der Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der inneren Sicherheit.“


13: -    Im 17. Jahrhundert achtete der große Schriftsteller Cervantes darauf, dass seine Helden diesen Grundsatz einhielten. Als nämlich der in einem Duell verletzte Don Quijote seinen zertrümmerten Helm zu sehen bekam, und dafür Rache nehmen wollte, gab Sancho ihm einen weisen Rat: „Beachte Euer Gnaden, Señor Don Quijote, wenn der Ritter erfüllt hat, was Ihr ihm auferlegtet, nämlich sich meinem gnädigen Fräulein Dulcinea von Toboso zu stellen, so hat er ja alles vollbracht, was seine Pflicht war, und verdient weiter keine Strafe, wenn er nicht ein neues Vergehen verübt.“ Sein Schildknappe hatte ihn überzeugt, und so antwortete Don Quijote: „Wohl gesprochen, Du hast es ganz richtig getroffen, und so erkläre ich denn den Eidschwur für nichtig, insoweit er darauf zielte, aufs neue an ihm Rache zu üben ...“, Miguel de Cervantes: Leben und Taten des scharfsinnigen Edlen Don Quijote von La Mancha, Erstes Buch, Kapitel 10, zitiert nach der Übersetzung von Ludwig Braunfels, Parkland Verlag, Stuttgart 1985, S. 74.


14: -    Urteil vom 5. Mai 1966 in den verbundenen Rechtssachen 18/65 und 35/65 (Gutmann/Kommission der EAG, Slg. 1966, 153).


15: -    Urteil vom 13. Februar 1969 in der Rechtssache 14/68 (Walt Wilhelm u. a./Bundeskartellamt, Slg. 1969, 1).


16: -    Urteil vom 15. Juli 1970 in der Rechtssache 45/69 (Boehringer Mannheim/Kommission, Slg. 1970, 769). Vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 1972 in der Rechtssache 7/72 (Boehringer Mannheim/Kommission, „Boehringer II“, Slg. 1972, 1281) sowie die Schlussanträge von Generalanwalt Mayras vom 29. November 1972 in dieser Rechtssache.


17: -    Ich werde demnächst meine Schlussanträge in den Rechtssachen C-213/00 P (Italcementi/Kommission), C-217/00 P (Buzzi Unicem/Kommission) und C-219/00 P (Cementir/Kommission) vorlegen, in denen ich das Ne-bis-in-idem-Prinzip im Rahmen des Wettbewerbsrechts untersuche.


18: -    Urteil Wilhelm (Randnr. 3).


19: -    In Wirklichkeit wurde das Ne-bis-in-idem-Prinzip im Urteil Wilhelm, worauf ich in den in der Fußnote Nr. 17 genannten Schlussanträgen hinweisen werde, nicht angewandt. Für den Gerichtshof handelte es sich in jener Rechtssache nicht um dieselben Schutzgüter, was eine Voraussetzung für die Anwendung des Prinzips ist. Außerdem ergibt sich aus diesem Urteil, dass nach der gemeinschaftlichen Rechtsprechung „ein allgemeiner Billigkeitsgedanke [gebietet] ..., die frühere Sanktionsentscheidung bei der Bemessung der später zu verhängenden Sanktion zu berücksichtigen“ (Randnr. 11 des Urteils), selbst wenn dieses Prinzip nicht zur Anwendung kommt und die Kumulation der Sanktionen rechtmäßig ist. Artikel 56 SDÜ ist ähnlich formuliert. In solchen Fällen geht es in Wirklichkeit um etwas anderes, selbst wenn von der Anwendung des Ne-bis-in-idem-Prinzips (Anrechnungsprinzip) die Rede ist. Wie ich in den genannten Schlussanträgen erklärt habe, ist das Prinzip, auf das ich mich beziehe, keine Verfahrensregel, um die Behandlung einer Person, die für dasselbe Verhalten zweimal verurteilt und bestraft wurde, aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zu mildern, sondern ein Grundrecht der Bürger, das einer zweiten Entscheidung in derselben Rechtssache entgegensteht (Erledigungsprinzip).


20: -    Schlussanträge in der Rechtssache 7/72 (Slg. 1972, 1293, Abschnitt II Nummer 2 sechster Absatz).


21: -    In dem Urteil vom 18. November 1987 in der Rechtssache 137/85 (Maizena/BALM, Slg. 1987, 4587, Randnrn. 22 f.) stellte der Gerichtshof fest, dass eine Verletzung des Ne-bis-in-idem-Prinzips nicht vorlag, da die beiden von einer Person aufgrund desselben Sachverhalts verlangten Kautionen nicht demselben Zweck dienten.


22: -    Vgl. Artikel 4 des Protokolls Nr. 7 zur Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten und Artikel 50 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364 vom 18. Dezember 2000, S. 1). R. Koering-Joulin hat festgestellt, dass das Ne-bis-in-idem-Prinzip eine so grundlegende Garantie des Einzelnen ist, dass Artikel 4 Absatz 3 des genannten Protokolls keine Ausnahme zulasse, nicht einmal im Falle eines Krieges oder anderer lebensbedrohender Gefahren für die Nation: Es sei ein absolutes Recht (La Convention europénne des droits de l'homme, Commentaire article par article, Ed. Económica, 2. Auflage, S. 1094).


23: -    Eine eingehende Prüfung der Regelung der verschiedenen Arten staatsanwaltlicher Vergleiche in den Mitgliedstaaten ist dem von H. Labayle 1996 für die GD XX der Europäischen Kommission erstellten Bericht zu entnehmen, der vom Europäischen Zentrum für Strafrecht in Catania veröffentlicht wurde: La transaction dans L'Union Européenne, Giuffrè Editore, 1998. Der Bericht ist zwar schon etwas alt, trotzdem aber immer noch von Interesse.


24: -    § 153a StPO.


25: -    § 153a Absatz 1 StPO. Das deutsche StGB unterscheidet zwischen Vergehen und Verbrechen. Jeder Verstoß, der unter Androhung einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr steht, ist ein „Verbrechen“, während andere Verstöße mit geringerer Strafandrohung ein „Vergehen“ sind.


26: -    Geregelt in den §§ 90a bis 90m StPO.


27: -    §§ 90c Absatz 5, 90d Absatz 5, 90f Absatz 4 und 90g Absatz 1 StPO.


28: -    Loi 99-515 vom 23. Juni 1999.


29: -    Artikel 924 Strafprozessordnung.


30: -    Artikel 655, 791 Absatz 3 und 793 Absatz 3 der Ley de Enjuiciamiento Criminal.


31: -    Laki rangaistusmääräysmenettelystä/ lagen om strafforderförfarande vom 26. 7. 1993, S. 692.


32: -    Road Traffic Acts, 1961-1995; Litter Pollution Act, 1997, s28.


33: -    Artikel 444 bis 448 der Strafprozessordnung.


34: -    Vgl. Artikel 281 f. der Strafprozessordnung und den in den Artikeln 392 bis 398 dieses Gesetzes vorgesehenen besonderen Fall des vereinfachten Verfahrens (processo sumaríssimo).


35: -    Artikel 282 Absatz 3 der Strafprozessordnung.


36: -    Section 52(1) des Road Traffic Offendors Act von 1988.


37: -    „A Review of the Criminal Courts of England and Wales“.


38: -    Artikel 302 des Criminal Procedure (Scotland) Act von 1995.


39: -    Artikel 302 Absatz 6 des Criminal Procedure (Scotland) Act von 1995.


40: -    Kapitel 48 Artikel 4 des Rättegångsbalk von 1942.


41: -    Die einzige Ausnahme ist Griechenland.


42: -    Der nordamerikanische Schriftsteller T. Wolfe nennt in seinem Roman „Fegefeuer der Eitelkeiten“ (Originaltitel: „The Bonfire of the Vanities“) einige Voraussetzungen dieser Vergleiche: „Schnell wurde klar, dass der Zweck jener Zusammenkunft darin bestand, Lockwood die Gelegenheit zu geben, sich für den ihm von der Anklage vorgeworfenen bewaffneten Überfall schuldig zu bekennen, um im Gegenzug ein mildes Urteil von zwei bis sechs Jahren Freiheitsstrafe zu erhalten. Das war es, was ihm die Bezirksstaatsanwaltschaft angeboten hatte. Lockwood hatte aber nicht die Absicht, den Vergleich anzunehmen. Das Einzige, was sein Anwalt tun konnte, war, zu bekräftigen, dass sein Mandant sich für unschuldig erkläre.“ ... Der Richter ergreift die Initiative und wendet sich an den Angeklagten: „Sie haben eine Arbeit, eine Wohnung und sind jung, ein kluger und gut aussehender junger Mann. Sie haben viele Qualitäten, mehr als die meisten Menschen. Sie müssen aber auch dieses ernste Problem lösen. Sie haben sich auf all diese Überfälle eingelassen! Nun, der Bezirksstaatsanwalt hat Ihnen zwei bis sechs Jahre angeboten. Wenn Sie dieses Angebot annehmen und sich gut führen, liegt all das hinter Ihnen, und bevor Sie sich versehen, haben Sie wieder eine weiße Weste und sind wieder ein junger Mann, der das ganze Leben vor sich hat. Gehen Sie aber vor Gericht und lassen sich verurteilen, erwartet Sie eine Strafe von 8 bis 25 Jahren. Denken Sie daran. Der Bezirksstaatsanwalt hat Ihnen ein gutes Angebot gemacht.“ Etwas später erklärt der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt Kramer: „Sie sollten mal sehen, was in den Stunden passiert, in denen wir bei den Gerichten um die Einstufung der Delikte feilschen. Eine der Möglichkeiten, die Einstufung in eine niedrigere Kategorie von Delikten zu erreichen, ist der Hinweis darauf, dass der Angeklagte einen Arbeitsplatz hat.“ An anderer Stelle sagt der Anwalt des Titelhelden zu diesem, „Wenn ich wegen fahrlässigen Falschfahrens angeklagt wäre, ... würde ich mich an einen der Anwälte am unteren Broadway wenden ... Sie stehen auf der niedrigsten Stufe ihres Berufsstands. ... Sie glauben gar nicht, wie die aussehen ..., aber die wissen, wie man einen Vergleich aushandelt und wie man eine Verurteilung vermeidet.“


43: -    Delmas-Marty und C. Teitgen-Colly in Punir sans juger? De la répression administrative au droit administratif pénal, Ed. Económica, 1992.


44: -    Ein zivilrechtlicher Vergleich, bei dem sich die Parteien auf gleichem Fuß begegnen, liegt nicht vor. Ich nehme diesen Hinweis auf zivilrechtliche Vergleiche zum Anlass, hervorzuheben, dass zivilrechtliche Vergleiche in mehreren nationalen Rechtsordnungen Rechtskraft haben. Das gilt für das französische (Artikel 2052 Code civil), belgische (Artikel 2044 Code civil), und spanische Recht (Artikel 1816 Código Civil). Zu den vorgenannten Vorschriften ist zu bemerken, dass der Gerichtshof in dem Urteil vom 2. Juni 1994 in der Rechtssache C-414/92 (Kleinmotoren, Slg. 1994, I-2237) festgestellt hat, dass ein zivilrechtlicher Vergleich, selbst wenn er vor einem Richter geschlossen wurde, keine Entscheidung im Sinne von Artikel 25 des Brüsseler Übereinkommens darstellt.


45: -    Und dort, wo dies zulässig ist, auf Antrag der Berechtigten (bei Privat- und Popularklagen).


46: -    Vgl. Artikel 74 Absatz 1 der niederländischen Strafprozessordnung sowie die Artikel 216 bis und 216 ter des belgischen Code d'instruction criminelle.


47: -    Vgl. Artikel 14 des internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 7 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.


48: -    Vgl. z. B. die Urteile vom 21. Februar 1975 (Golder/Vereinigtes Königreich, Serie A, Nr. 18) und Deweer/Belgien (Serie A, Nr. 35).


49: -    Urteil Deweer (Randnr. 51).


50: -    Der große französische Strafrechtler F. Hélie erklärt, dass die Souveränität der Entscheidungen in ihrer Endgültigkeit begründet ist (Practique Criminelle des Cours et Tribunaux, 6. Auflage, in 4 Bänden, überarbeitet und unter Berücksichtigung der Gesetzgebung und der Rechtsprechung aktualisiert von J. Brouchot und F. Brouchot, Librairies techniques de la Cour de Cassation, 1954).


51: -    Artikel 12 ff. des Wetboek van Strafvordering.


52: -    In der spanischen Fassung heißt es juzgada en sentencia firme, in der englischen Fassung finally disposed, in der italienischen giudicata con sentenza definitiva und in der portugiesischen definitivamente julgado.


53: -    In der englischen Fassung heißt es judicial decisions, in der italienischen decisione giudiziarie und in der portugiesischen decisiões judiciais.


54: -    Es ist nicht das erste Mal, das der Gerichtshof bei den verschiedenen Sprachfassungen ein und derselben Norm auf Abweichungen stößt. In solchen Fällen hat er festgestellt, dass sämtliche Sprachfassungen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1967 in der Rechtssache 19/67, Bestuur der Sociale Verzekeringsbank gegen J. H. van der Vecht, Slg. 1967, 461, insbesondere S. 473) und - wie ich hinzufügen möchte - der Normzusammenhang zu berücksichtigen sind.


55: -    Urteil vom 23. Oktober 1995 in der Rechtssache Gradinger/Österreich (Serie A, Nr. 328-C, Randnr. 53).


56: -    Vgl. die schriftlichen Erklärungen der Regierungen in den beiden Vorabentscheidungssachen.


57: -    Artikel 2 vierter Gedankenstrich EU nennt als eines der Ziele „die Erhaltung und Weiterentwicklung der Union als Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem in Verbindung mit geeigneten Maßnahmen in Bezug auf die Kontrollen an den Außengrenzen, das Asyl, die Einwanderung sowie die Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität der freie Personenverkehr gewährleistet ist“.


58: -    Artikel 31 Buchstabe a EU.


59: -    In Nummer 33 der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom 15./16. Oktober 1999 heißt es: „Eine verbesserte gegenseitige Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen und Urteilen und die notwendige Annäherung der Rechtsvorschriften würden die Zusammenarbeit zwischen den Behörden und den Schutz der Rechte des Einzelnen durch die Justiz erleichtern. Der Europäische Rat unterstützt daher den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der seiner Ansicht nach zum Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit sowohl in Zivil- als auch in Strafsachen innerhalb der Union werden sollte. Der Grundsatz sollte sowohl für Urteile als auch für andere Entscheidungen von Justizbehörden gelten.“


60: -    Vgl. die Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zur gegenseitigen Anerkennung von Endentscheidungen in Strafsachen (KOM/2000/495), Nummer 3.1.


61: -    Siehe Nummer 6.2 der zitierten Mitteilung der Kommission.


62: -    ABl. C 12 vom 15. Januar 2001, S. 10.


63: -    Nummer 1.1, Maßnahme Nr. 1.


64: -    ABl. L 164, S. 3.


65: -    Vgl. die folgendermaßen lautende erste Begründungserwägung des Rahmenbeschlusses des Rates vom 13. Juni 2002 über gemeinsame Ermittlungsgruppen (ABl. L 162, S. 1): „Eines der Ziele der Union ist es, den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten; dieses Ziel soll im Wege der Verhütung und Bekämpfung der Kriminalität durch eine engere Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und anderer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten verwirklicht werden, wobei den Grundsätzen der Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit, auf denen die Union beruht, Rechnung zu tragen ist.“