Sprache des Dokuments : ECLI:EU:C:2003:409

Conclusions

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
DÁMASO RUIZ-JARABO COLOMER
vom 10. Juli 2003(1)



Rechtssache C-138/02



Brian Francis Collins

gegen

Secretary of State for Work and Pensions


(Vorabentscheidungsersuchen des Social Security Commissioner)


„Freizügigkeit – Arbeitnehmer – Leistung der sozialen Sicherheit für Arbeitsuchende – Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts – Unionsbürgerschaft“






1.       Einer der Social Security Commissioner des Vereinigten Königreichs hat dem Gerichtshof gemäß Artikel 234 EG drei Fragen nach der Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 (2) und der Richtlinie 68/360/EWG (3) zur Vorabentscheidung vorgelegt.Konkret geht es um die Frage, ob sich ein Unionsbürger, der nicht Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 ist und der nicht aufgrund der Richtlinie 68/360 ein Aufenthaltsrecht in dem Mitgliedstaat hat, in dem er nach einer Beschäftigung sucht, auf eine andere Vorschrift des Gemeinschaftsrechts berufen kann, um eine Beihilfe für Arbeitsuchende, die nachgewiesen haben, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, zu beziehen, für deren Bewilligung der gewöhnliche Aufenthalt im Inland Voraussetzung ist.

I – Rechtsvorschriften des Vereinigten Königreichs

2.       Bei der Beihilfe für Arbeitsuchende (jobseeker’s allowance) handelt es sich um eine Leistung der sozialen Sicherheit nach dem Gesetz betreffend Arbeitsuchende (Jobseekers Act 1995), das am 7. Oktober 1996 in Kraft trat. Sie ersetzt das Arbeitslosengeld (unemployment benefit), eine beitragsbezogene Leistung, und die Sozialhilfe (income support). Es gibt zwei Möglichkeiten, sie zu erlangen: durch Beitragszahlung oder durch Erfüllung bestimmter einkommensbezogener Voraussetzungen.

3.       Um die Beihilfe zu erlangen, muss ein Antragsteller dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und nach einer Beschäftigung suchen, ferner muss er beim Arbeitsamt gemeldet sein, er darf nicht gegen Entgelt tätig sein, sein Einkommen darf einen festgelegten Betrag nicht übersteigen und sein Vermögen eine bestimmte Höhe nicht überschreiten. Gemäß Section 4 (3) des Gesetzes besteht die zu gewährende Leistung in einem Pauschalbetrag (4) , wenn der Begünstigte über kein Einkommen verfügt, bzw. in der Differenz zwischen diesem Betrag und seinem Einkommen. Gemäß Section 1 (2) (i) besteht die einzige Voraussetzung in Bezug auf den Aufenthalt darin, dass sich der Antragsteller „in Großbritannien befindet“.

4.       Section 4 (5) des Gesetzes betreffend Arbeitsuchende sieht vor, dass durch eine Verordnung Bestimmungen über die Festsetzung des Beihilfebetrags zu erlassen sind. Nach der Durchführungsverordnung (Jobseeker’s Allowance Regulations 1996) steht einem alleinstehenden Gebietsfremden ein Betrag von Null zu. Der Begriff „Gebietsfremder“ wird in der auf das Ausgangsverfahren anzuwendenden Regulation 85 (4) definiert als

„Antragsteller, der im Vereinigten Königreich, auf den Kanalinseln und der Insel Man oder in der Republik Irland keinen gewöhnlichen Aufenthalt hat; als Antragsteller ohne gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich gilt dabei jedoch nicht,

(a)
wer Arbeitnehmer im Sinne der Verordnungen (EWG) Nr. 1612/68 des Rates oder (EWG) Nr. 1251/70 (5) des Rates ist oder nach den Richtlinien 68/360/EWG oder 73/148/EWG (6) des Rates ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich hat ...“.

II – Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

5.       Herr Collins wurde 1957 in den Vereinigten Staaten geboren und besitzt die amerikanische Staatsangehörigkeit. Er wuchs dort auf und besuchte ein College, das er 1980 abschloss. Im Rahmen seiner Ausbildung verbrachte er 1978 ein Semester im Vereinigten Königreich. 1980 und 1981 verbrachte er ungefähr 10 Monate in London, wo er Gelegenheits- und Teilzeitbeschäftigungen nachging; damals wurde ihm zusätzlich die irische Staatsangehörigkeit verliehen. Obwohl er es offenbar vorgezogen hätte, länger im Vereinigten Königreich zu bleiben, kehrte er 1981 in sein Heimatland zurück, da er arbeitslos geworden war, Arbeitslosenhilfe hätte beantragen müssen und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage die Arbeitsuche erschwerte.

6.       Er verblieb bis 1985 in den Vereinigten Staaten und ging dort einer Beschäftigung nach. Dann verbrachte er zwei Jahre in Zentralafrika als Entwicklungshelfer. 1987 kehrte er für sechs Monate in sein Heimatland zurück und begab sich 1988 nach Südafrika. Dort studierte er Geschichte und war als Lehrer tätig. Als ihm dort keine ständige Aufenthaltsgenehmigung gewährt wurde, kehrte er in die Vereinigten Staaten zurück. Er ging dort sechs Monate lang einer Teilzeitbeschäftigung im Verkauf nach und war sechs Monate lang als Geschichtslehrer tätig. Danach beschloss er, sich im Vereinigten Königreich niederzulassen. Im Februar 1998 erhielt er einen neuen irischen Reisepass.

7.       Am 31. Mai 1998 reiste er mit einem Flugschein für den Hin- und Rückflug, der billiger als ein Flugschein für einen einfachen Flug war, und seiner persönlichen Habe im Vereinigten Königreich ein, um eine Arbeit im Sozialfürsorgebereich zu suchen. Er beantragte am 8. Juni die Beihilfe für Arbeitsuchende, da er kein Einkommen hatte. Aufgrund der durchgeführten Ermittlungen einschließlich einer Anhörung des Antragstellers entschieden die zuständigen Behörden am 1. Juli 1998, den Antrag abzulehnen, da er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland habe.

8.       Sein beim Social Security Appeal Tribunal Leeds eingelegtes Rechtsmittel wurde ebenfalls aus dem Grund zurückgewiesen, dass es für die Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts erforderlich sei, dass dieser Aufenthalt einige Zeit angedauert habe (7) .

III – Vorlagefragen

9.       Herr Collins rief sodann den Social Security Commissioner an, der beschloss, vor der Entscheidung in der Sache dem Gerichtshof folgende präjudiziellen Fragen vorzulegen:

1.
Ist eine Person in der Situation des Antragstellers in der vorliegenden Rechtssache Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 ...?

2.
Falls die erste Frage nicht bejaht wird, hat dann eine Person in der Situation des Antragstellers in der vorliegenden Rechtssache ein Recht auf Aufenthalt im Vereinigten Königreich nach der Richtlinie 68/360 ...?

3.
Falls die erste und die zweite Frage nicht bejaht werden, gebieten dann Bestimmungen oder Grundsätze des Rechts der Europäischen Gemeinschaft die Gewährung einer Leistung der sozialen Sicherheit unter den gleichen Anspruchsvoraussetzungen, wie sie für die einkommensabhängige Beihilfe für Arbeitsuchende gelten, an eine Person, die sich in der Situation des Antragstellers in der vorliegenden Rechtssache befindet?

IV – Gemeinschaftsregelung

10.     Das Gericht des Vereinigten Königreichs hat die Fragen allgemein formuliert und bittet nicht um die Auslegung einer bestimmten Vorschrift des Gemeinschaftsrechts. Meiner Ansicht nach muss der Gerichtshof bei ihrer Beantwortung insbesondere folgende Vorschriften prüfen:

Artikel 10a der Verordnung Nr. 1408/71 (8)

„(1) Ungeachtet der Bestimmungen in Artikel 10 und Titel III erhalten die Personen, für die diese Verordnung gilt, die in Artikel 4 Absatz 2a aufgeführten beitragsunabhängigen Sonderleistungen in bar ausschließlich in dem Wohnmitgliedstaat gemäß dessen Rechtsvorschriften, sofern diese Leistungen in Anhang IIa aufgeführt sind. Diese Leistungen werden vom Träger des Wohnorts zu seinen Lasten gewährt.

...“

Artikel 7 der Verordnung Nr. 1612/68

„(1) Ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, darf auf Grund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer.

(2) Er genießt dort die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer.

...“

Artikel 18 EG

„(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.

...“

V – Verfahren vor dem Gerichtshof

11.     Der Kläger des Ausgangsverfahrens, die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission haben innerhalb der Frist des Artikels 20 der Satzung des Gerichtshofes schriftliche Erklärungen eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2003 erschienen der Prozessbevollmächtigte von Herrn Collins, der Bevollmächtigte des Vereinigten Königreichs und der Bevollmächtigte der Kommission, um mündliche Ausführungen zu machen.

VI – Die Auffassung der Beteiligten, die in diesem Verfahren Erklärungen abgegeben haben

12.     Herr Collins ist der Ansicht, als aktiv Arbeitsuchender sei er Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 und habe aufgrund der Richtlinie 68/360 ein Aufenthaltsrecht im Vereinigten Königreich. Er sei im Vereinigten Königreich auch wohnhaft im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71, so dass es sich bei der Voraussetzung für die Bewilligung der genannten Beihilfe, sich in diesem Staat über einen ausgedehnten Zeitraum aufzuhalten, um eine nach Artikel 39 EG verbotene Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit handele. Außerdem verböten es die Artikel 12 EG und 17 EG, von Personen, die, ohne britische Staatsangehörige zu sein, die Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats besäßen und ihre Verbindung zum Vereinigten Königreich wiederherstellen wollten, als Voraussetzung für einen Anspruch auf eine beitragsunabhängige Sozialleistung wie die Beihilfe für Arbeitsuchende einen Aufenthalt über einen bestimmten Zeitraum zu verlangen.

13.     In Bezug auf die erste Frage bejahen die deutsche Regierung, die Regierung des Vereinigten Königreichs und die Kommission das Recht des Antragstellers, gemäß Artikel 39 EG als arbeitsuchender Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats in das Vereinigte Königreich einzureisen und sich dort für mindestens sechs Monate aufzuhalten. Hinsichtlich der Verordnung Nr. 1612/68 führen sie aus, ein Arbeitsuchender falle in den Anwendungsbereich von Titel I des Ersten Teils, nicht aber von Titel II, der ausschließlich Arbeitnehmer betreffe, die bereits einer Beschäftigung in einem Mitgliedstaat nachgingen bzw. diejenigen, die zwar arbeitslos geworden seien, aber eine enge und dauerhafte Verbindung zum Arbeitsmarkt dieses Staates aufrechterhalten hätten.

14.     Hinsichtlich der zweiten Frage stimmen sowohl die beiden Regierungen als auch die Kommission darin überein, dass sich ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats in einem anderen Mitgliedstaat solange zur Arbeitsuche aufhalten dürfe, wie die Suche andauere, und zwar auf der Grundlage von Artikel 39 EG, nicht aber der Vorschriften der Richtlinie 68/360, die nur auf Arbeitnehmer anwendbar seien, die eine Beschäftigung gefunden hätten.

15.     Hinsichtlich der dritten Frage sind die Meinungen geteilt. Die deutsche Regierung und die Regierung des Vereinigten Königreichs vertreten die Ansicht, dass weder das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit des Artikels 12 EG noch die Unionsbürgerschaft des Artikel 17 EG oder das in Artikel 18 EG verankerte Recht, sich im Gebiet der Europäischen Union frei zu bewegen und aufzuhalten, einen Mitgliedstaat zur Gewährung von Beihilfe für Arbeitsuchende an Personen wie Herrn Collins verpflichteten, die weder in jüngerer Zeit in diesem Staat gearbeitet noch dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder den Mittelpunkt ihrer Interessen hätten und überdies keinerlei Verbindung zum nationalen Arbeitsmarkt aufwiesen.

16.     Die Kommission geht hingegen davon aus, dass sich Herr Collins, der Unionsbürger sei, rechtmäßig als Arbeitsuchender im Vereinigten Königreich aufhalte und als solcher den Schutz des Artikels 12 EG vor jeder Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit in allen gemeinschaftsrechtlich geregelten Fallgestaltungen genießen könne. Sie vertritt die Ansicht, dass es sich bei der streitigen Beihilfe um eine Arbeitsuchenden gewährte finanzielle Unterstützung handele, die als soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 zu betrachten sei, die in den materiellen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts falle. Selbst wenn dies nicht so wäre, trüge das Recht auf Freizügigkeit zur Arbeitsuche in bedeutender Weise dazu bei, die Wirksamkeit des Grundrechts der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Der Anspruch auf eine finanzielle Unterstützungsleistung wie die vorliegend streitige, die für Arbeitslose mit geringen Mitteln für die Zeit der Arbeitsuche bestimmt sei, weise einen hinreichenden Bezug zur Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit auf, um in den materiellen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu fallen. Infolgedessen vertritt sie die Ansicht, Herr Collins könne sich auf die Artikel 12 EG und 17 EG berufen, um im Vereinigten Königreich unter denselben Voraussetzungen wie die Angehörigen dieses Staates die Beihilfe für Arbeitsuchende zu erhalten.

VII – Prüfung der Vorlagefragen

A – Rechtsnatur der streitigen Leistung nach dem Gemeinschaftsrecht

17.     Bevor ich mit der Untersuchung der Fragen beginne, die der mit der Entscheidung des Rechtsstreits in der Sache befasste Social Security Commissioner vorgelegt hat, erscheint es mir angebracht, die Rechtsnatur der streitigen Leistung nach dem Gemeinschaftsrecht zu bestimmen.

18.     Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich, wenn in den Erklärungen zu Artikel 5 der Verordnung Nr. 1408/71 eine innerstaatliche Regelung nicht erwähnt wird, daraus nicht ohne weiteres, dass sie nicht in den Geltungsbereich der Verordnung fällt; hat aber ein Mitgliedstaat in seiner Erklärung ein Gesetz genannt, so folgt daraus zwingend, dass die aufgrund dieses Gesetzes gewährten Leistungen solche der sozialen Sicherheit im Sinne der Verordnung Nr. 1408/71 sind (9) .

Die einkommensabhängige Beihilfe für Arbeitsuchende ist in Anhang IIa unter O. Vereinigtes Königreich, Buchstabe h (10) der Verordnung Nr. 1408/71 (11) aufgeführt. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um eine von ihrem sachlichen Geltungsbereich umfasste Leistung der sozialen Sicherheit handelt.

19.     Dieser Umstand schließt nicht aus, dass sie gleichzeitig von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 umfasst ist. Der Gerichtshof hat als soziale Vergünstigung im Sinne dieser Vorschrift alle Vergünstigungen definiert, die – ob sie an einen Arbeitsvertrag anknüpfen oder nicht – den inländischen Arbeitnehmern hauptsächlich wegen ihrer objektiven Arbeitnehmereigenschaft oder einfach wegen ihres Wohnorts im Inland gewährt werden; ihre Ausdehnung auf die Arbeitnehmer, die Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, erscheine deshalb als geeignet, deren Mobilität innerhalb der Gemeinschaft zu erleichtern (12) .

20.     Die Beihilfe wird Arbeitslosen gewährt, die im Vereinigten Königreich ihren Aufenthalt haben, dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, aktiv nach einer Beschäftigung suchen, beim Arbeitsamt gemeldet sind und deren Einkommen einen bestimmten Betrag nicht übersteigt. Ihre Voraussetzungen entsprechen demnach dem Begriff der sozialen Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68, weshalb der Beschäftigungsstaat sie Arbeitnehmern aus anderen Mitgliedstaaten unter denselben Bedingungen gewähren muss wie seinen eigenen Staatsangehörigen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofes jede an die Staatsangehörigkeit, den Wohnort oder die Beschäftigungsdauer anknüpfende Bewilligungsvoraussetzung als diskriminierend betrachtet hat (13) .

21.     Demnach ist die streitige Beihilfe, da sie sowohl eine beitragsunabhängige Sonderleistung gemäß Artikel 4 Absatz 2a der Verordnung Nr. 1408/71, als auch eine soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 ist, vom materiellen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts umfasst.

Der Gerichtshof hat hierzu ausgeführt, da die Verordnung Nr. 1612/68 für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer allgemeine Bedeutung hat, könne Artikel 7 Absatz 2 zudem auf soziale Vergünstigungen Anwendung finden, die gleichzeitig in den besonderen Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 fielen (14) .

B – Zur ersten Frage

22.     Der Social Security Commissioner möchte in erster Linie wissen, ob ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der in einen anderen Mitgliedstaat einreist, um eine Beschäftigung zu suchen, als Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 zu betrachten ist.

23.     Ich gehe davon aus, dass es das nationale Gericht als erwiesen betrachtet, dass Herr Collins irischer Staatsangehöriger ist und in das Vereinigte Königreich einreiste, um dort zu leben und zu arbeiten. Seine weiteren persönlichen Umstände sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (15) für die Prüfung, ob sich der Betreffende auf den Grundsatz der Freizügigkeit der Arbeitnehmer berufen kann, irrelevant. Es ist daher von geringer Bedeutung, dass er als amerikanischer Staatsangehöriger die irische Staatsbürgerschaft erworben hat, obwohl er nie in Irland gewohnt und gearbeitet hat (16) , dass er nur nachweisen kann, in einem Staat der Europäischen Union einer Beschäftigung nachgegangen zu sein, und dass er seit siebzehn Jahren im Vereinigten Königreich, wo er eine Beschäftigung suchen will, weder gelebt hat noch einer Tätigkeit nachgegangen ist.

24.     Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat im Ersten Teil Titel I der Verordnung Nr. 1612/68, der die Artikel 1 bis 6 umfasst, den Zugang der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zur Beschäftigung in den anderen Mitgliedstaaten geregelt. Diese auf „jeden Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats“ anwendbare Regelung gibt den Unionsbürgern das Recht, sich für alle in einem anderen Mitgliedstaat angebotenen Stellen unter denselben Bedingungen wie die Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats zu bewerben und dort die gleiche Hilfe durch die Arbeitsämter dieses Staates zu erhalten.

Aufgrund dieser Vorschriften konnte Herr Collins sein Recht geltend machen, dieselbe Unterstützung wie im Vereinigten Königreich ansässige Arbeitslose zu erhalten und unter denselben Bedingungen Zugang zu einer Beschäftigung zu haben, die er nach zwei Monaten Suche offenbar auch fand.

25.     Dies bedeutet jedoch nicht, worauf die beiden Mitgliedstaaten, die in diesem Verfahren Stellung genommen haben, und die Kommission hinweisen, dass sich Herr Collins auf sämtliche Vorschriften der Verordnung Nr. 1612/68 berufen kann.

26.     Titel II, der die Artikel 7 bis 9 umfasst, hat die Ausübung der Beschäftigung zum Gegenstand und regelt die Rechte der nationalen „Arbeitnehmer“ eines Mitgliedstaats.

Der Gerichtshof hat festgestellt, dass der Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Artikels 39 EG und der Verordnung Nr. 1612/68 ein Begriff des Gemeinschaftsrechts sei, der nicht eng auszulegen sei. Arbeitnehmer sei jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübe, wobei Tätigkeiten außer Betracht blieben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht nach dieser Rechtsprechung darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringe, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalte (17) .

27.     Als Herr Collins die Beihilfe für Arbeitsuchende beantragte, ging er keiner dieser Definition entsprechenden Beschäftigung nach und war auch nicht unmittelbar zuvor im Vereinigten Königreich arbeitslos geworden. Aufgrund dessen findet Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68, wonach ein Arbeitnehmer aus einem anderen Mitgliedstaat die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen genießt wie die inländischen Arbeitnehmer, auf ihn keine Anwendung.

28.     Diese Auslegung wurde in der Rechtssache Lebon (18) angewendet, in der die Frage gestellt wurde, ob die in Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 verankerte Gleichbehandlung hinsichtlich der sozialen und steuerlichen Vergünstigungen auch für Personen gilt, die zuwandern, um eine Beschäftigung zu suchen. Der Gerichtshof stellte dazu fest, dass dieses Recht auf Gleichbehandlung nur für Arbeitnehmer gelte, da Personen, die zuwanderten, um eine Beschäftigung zu suchen, Gleichbehandlung gemäß Artikel 39 EG sowie Artikel 2 und 5 der Verordnung Nr. 1612/68 nur in Bezug auf den Zugang zur Beschäftigung genössen.

29.     Im vorliegenden Fall ist streitig, ob diese Auslegung aus dem Jahr 1987 fortgilt, da der Gerichtshof in Randnummer 32 des Urteils Martínez Sala (19) von 1998 festgestellt hat, dass der Betroffene mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich die Arbeitnehmereigenschaft verliere, wobei jedoch zum einen diese Eigenschaft nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestimmte Folgewirkungen haben könne und zum anderen derjenige, der tatsächlich eine Arbeit suche, ebenfalls als Arbeitnehmer zu qualifizieren sei (20) .

Ich stimme der Ansicht der Kommission zu, dass diese Feststellung nicht außerhalb ihres Zusammenhangs gesehen werden darf und dass mit ihr nicht der Zweck verfolgt wurde, von der bisherigen Rechtsprechung abzukehren (21) . Darüber hinaus erinnere ich daran, dass der Gerichtshof vor einem knappen Jahr herausstellte, dass das Gemeinschaftsrecht zur Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Hinblick auf eine nationale Regelung, die die Arbeitslosenversicherung betrifft, nach ständiger Rechtsprechung nur auf eine Person anwendbar sei, die durch die Ausübung einer tatsächlichen und echten Berufstätigkeit, die ihr die Eigenschaft als Arbeitnehmer im gemeinschaftsrechtlichen Sinne verschafft habe, bereits Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden habe (22) .

30.     In der Rechtssache Martínez Sala ging es um eine spanische Staatsangehörige, die seit Mai 1968, als sie 12 Jahre alt war, in Deutschland wohnte. Dort übte sie von 1976 bis 1986 verschiedene Tätigkeiten als Arbeitnehmerin aus. Sie war noch einmal vom 12. September bis zum 24. Oktober 1989 als Arbeitnehmerin tätig. Von da an erhielt sie Sozialhilfe. Bis Mai 1984 erhielt sie Aufenthaltserlaubnisse. Im Anschluss daran erhielt sie lediglich Bescheinigungen, wonach die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis beantragt sei. Im April 1994 wurde ihr eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr erteilt, die um ein weiteres Jahr verlängert wurde. Im Januar 1993, also zu der Zeit, zu der sie keine Aufenthaltserlaubnis besaß, beantragte Frau Martínez Sala Erziehungsgeld für ihr in jenem Monat geborenes Kind. Dieser Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, sie sei weder im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit noch einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis.

31.     Es wurde die Frage gestellt, ob einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, in dem er als Arbeitnehmer beschäftigt war und anschließend Sozialhilfe bezog, die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 zukommt.

In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof in Randnummer 32 die klassische Definition des Arbeitnehmers in Artikel 39 EG und in der Verordnung Nr. 1612/68 wiederholt und sodann in der darauffolgenden Randnummer die umstrittene, das Urteil Lebon bekräftigende Feststellung getroffen, dass die Verwandten in absteigender Linie eines zugewanderten Arbeitnehmers den sich der aus Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 ergebenden Anspruch auf Gleichbehandlung im Hinblick auf eine in den Rechtsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehene Sozialleistung verlören, wenn sie das 21. Lebensjahr vollendet und nicht die Arbeitnehmereigenschaft hätten.

32.     Der Gerichtshof hat seine Ausführungen mit dem Hinweis geschlossen, dass er nicht feststellen könne, ob Frau Martínez Sala eine Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 39 EG-Vertrag und der Verordnung Nr. 1612/68 sei, weil ihm nicht bekannt sei, ob sie etwa auf Arbeitsuche sei (23) . Daher hat er dem vorlegenden Gericht die Beantwortung der Frage überlassen, wobei er zum einen darauf hingewiesen hat, dass die Arbeitnehmereigenschaft nicht zwangsläufig mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses erlösche, und zum anderen darauf, dass als Arbeitnehmer anzusehen sei, wer tatsächlich eine Beschäftigung suche.

33.     Angesichts dessen, dass die Betroffene während ihres langen Aufenthalts in Deutschland verschiedenen Beschäftigungen nachgegangen war, dass ihr die Behörden des Aufnahmestaats aufeinander folgende Aufenthaltsgenehmigungen erteilt hatten, dass sie in Deutschland arbeitslos geworden war und dass sie Sozialleistungen bezogen hatte, ist davon auszugehen, dass sie als Arbeitnehmerin im Sinne des Artikels 39 EG und der Verordnung Nr. 1612/68 betrachtet worden wäre, wenn festgestanden hätte, dass sie Arbeitsuchende war. Bekanntermaßen verliert ein zugewanderter Arbeitnehmer, der im Aufnahmestaat arbeitslos wird, seine Arbeitnehmereigenschaft nicht deshalb, weil er nicht für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.

34.     Aus dem Vorlagebeschluss geht hervor, dass Herr Collins 1980 und 1981 ungefähr zehn Monate im Vereinigten Königreich lebte und arbeitete und damals bereits die irische Staatsangehörigkeit hatte, so dass er die Eigenschaft eines vom Gemeinschaftsrecht geschützten Arbeitnehmers besaß. Dies bedeutet aber nicht, dass er diese Eigenschaft während der siebzehn Jahre behalten hat, die seit seinem Weggang aus dem Vereinigten Königreich bis zum 31. Mai 1998 verstrichen sind, als er in der Absicht, sich dort niederzulassen und eine Arbeit zu suchen, zurückgekehrt war, ohne dass er in der Zwischenzeit in einem anderen Staat der Europäischen Gemeinschaft einer Tätigkeit nachgegangen wäre.

35.     Angesichts der vorstehenden Ausführungen bin der Auffassung, dass dem Social Security Commissioner zu antworten ist, dass ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der in einen anderen Mitgliedstaat reist, um eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu suchen, kein Arbeitnehmer im Sinne der Artikel 7 ff. der Verordnung Nr. 1612/68 ist, auch wenn er durch deren Artikel 1 bis 6 geschützt ist.

C – Zur zweiten Frage

36.     Sodann möchte der Social Security Commissioner wissen, ob, falls die erste Frage verneint wird, ein Gemeinschaftsangehöriger, der in einen Mitgliedstaat reist, um eine Beschäftigung zu suchen, nach der Richtlinie 68/360 das Recht hat, in diesem Staat zu leben.

37.     Diese Richtlinie, die gemeinsam mit der Verordnung Nr. 1612/68 erlassen wurde, regelt speziell die Einreise und den Aufenthalt der innerhalb der Gemeinschaft Freizügigkeit genießenden Arbeitnehmer.

38.     Aus ihren Begründungserwägungen geht hervor, dass die Richtlinie 68/360 den Zweck hat, Maßnahmen zu treffen, die den Rechten und Befugnissen entsprechen, die in der Verordnung Nr. 1612/68 Gemeinschaftsangehörigen, die zur Ausübung einer Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zuwandern, und ihren Familienangehörigen zuerkannt werden.

Gemäß Artikel 1 werden die Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen, auf die die Verordnung Nr. 1612/68 Anwendung findet, beseitigt.

Gemäß Artikel 2 gestattet jeder Staat der Europäischen Union den Gemeinschaftsbürgern die Ausreise aus seinem Hoheitsgebiet, damit sie im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis aufnehmen und ausüben können. Artikel 3 verpflichtet die nationalen Behörden, diesen Personen bei Vorlage eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses die Einreise in ihr Hoheitsgebiet zu gestatten.

39.     Die Rechte derjenigen, die sich zur Arbeitsuche in einen anderen Mitgliedstaat begeben und auf die der Erste Teil Titel I der Verordnung Nr. 1612/68 Anwendung findet, scheinen sich auf die in diesen ersten drei Artikeln der Richtlinie 68/360 festgelegten Rechte zu beschränken.

40.     Nach Artikel 4, der die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts festlegt, können sie nämlich für die Ausstellung der Bescheinigung für den Nachweis dieses Rechts von dem Arbeitnehmer eine Einstellungserklärung des Arbeitgebers oder eine Arbeitsbescheinigung zu verlangen; ein Arbeitsloser kann solche Dokumente kaum vorlegen. Die restlichen Bestimmungen der Richtlinie 68/360 bestätigen, dass sie sich nicht auf Personen beziehen, die auf Arbeitsuche sind. Gemäß Artikel 6 muss die Aufenthaltserlaubnis eine Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren haben und ohne weiteres verlängert werden können; hat das Beschäftigungsverhältnis jedoch eine Dauer von mindestens drei Monaten und weniger als einem Jahr, wird eine zeitweilige Aufenthaltserlaubnis ausgestellt, deren Gültigkeitsdauer auf die voraussichtliche Dauer des Beschäftigungsverhältnisses beschränkt ist. Dieses Dokument wird auch Saisonarbeitnehmern, die für mehr als 3 Monate beschäftigt werden, ausgestellt. Schließlich verpflichtet Artikel 8 die Mitgliedstaaten, das Aufenthaltsrecht in ihrem Hoheitsgebiet ohne Ausstellung irgendeines Dokuments Arbeitnehmern, die bis zur Dauer von höchstens drei Monaten eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis ausüben, aufgrund einer Erklärung des Arbeitgebers mit Angabe der vorgesehenen Beschäftigungszeit zu gewähren (24) .

Wie man sieht, sind im Aufenthaltsrecht alle Möglichkeiten hinsichtlich dessen Dauer geregelt, wenngleich sie immer die Ausübung einer Erwerbstätigkeit voraussetzen; demnach haben diejenigen, die zur Arbeitsuche in einen anderen Mitgliedstaat reisen, nach der Richtlinie 68/360 nur das Recht auf Einreise in dessen Hoheitsgebiet, ohne dass daneben in einer Vorschrift der Richtlinie ein Aufenthaltsrecht für die Zeit vor der Einstellung vorgesehen ist.

41.     Dass die Richtlinie 68/360 dieses spezifische Aufenthaltsrecht nicht vorsieht, bedeutet aber nicht, dass die Gemeinschaftsangehörigen auf ein solches verzichten müssten. Hierzu gibt es eine reichhaltige Rechtsprechung.

42.     Der Gerichtshof hat ausgeführt, dass die Freizügigkeit der Arbeitnehmer zu den Grundlagen der Gemeinschaft gehöre, dass die Vorschriften, in denen sie verankert sei, weit auszulegen seien (25) und dass eine enge Auslegung des Artikels 39 Absatz 3 EG die Chancen eines arbeitsuchenden Angehörigen eines Mitgliedstaats vermindere, in den anderen Mitgliedstaaten eine Stelle zu finden, wodurch dieser Bestimmung ihre praktische Wirksamkei tgenommen würde. Daher ist die genannte Bestimmung, die die Freizügigkeit der Arbeitnehmer als das Recht umschreibt, sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben, sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort eine Beschäftigung auszuüben, und nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats zu verbleiben, dahin auszulegen, dass sie die Rechte, die den Angehörigen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zustehen, nicht abschließend aufführt; zu dieser Freiheit gehört auch das Recht der Angehörigen der Mitgliedstaaten, sich in den anderen Mitgliedstaaten frei zu bewegen und sich dort aufzuhalten, um eine Stelle zu suchen (26) .

43.     Dieses Aufenthaltsrecht ist aber nicht unbegrenzt, sondern kann zeitlich beschränkt werden. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass ein Zeitraum von sechs Monaten grundsätzlich als ausreichend erscheine, um den Betroffenen zu erlauben, im Aufnahmemitgliedstaat von Stellenangeboten Kenntnis zu nehmen, die ihren beruflichen Qualifikationen entsprächen, und sich gegebenenfalls um solche Stellen zu bewerben, ohne dass eine solche zeitliche Begrenzung die praktische Wirksamkeit des Grundsatzes der Freizügigkeit gefährdete (27) . Erbringt der Betroffene allerdings nach Ablauf dieses Zeitraums den Nachweis, dass er weiterhin und mit begründeter Aussicht auf Erfolg Arbeit sucht, so darf er vom Aufnahmemitgliedstaat nicht ausgewiesen werden (28) .

44.     Demnach hatte Herr Collins nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgrund von Artikel 39 EG als Bürger eines Mitgliedstaats, der aktiv eine Beschäftigung sucht, das Recht, sich zu diesem Zweck über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten im Vereinigten Königreich aufzuhalten.

45.     Daher ist dem Social Security Commissioner zu antworten, dass ein Gemeinschaftsangehöriger, der in einen Mitgliedstaat reist, um eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu suchen, nach Artikel 39 EG das Recht hat, sich in dessen Hoheitsgebiet aufzuhalten, ohne dass die Richtlinie 68/360 dies vorsieht.

D – Zur dritten Frage

46.     Schließlich möchte das Gericht des Vereinigten Königreichs wissen, ob, falls die erste und die zweite Frage nicht bejaht werden, eine Vorschrift des Gemeinschaftsrechts es gebietet, eine Leistung der sozialen Sicherheit für Arbeitsuchende, die nachweisen können, dass sie über unzureichende Mittel verfügen, einem Unionsbürger zu gewähren, der in einen Mitgliedstaat reist, um dort eine Beschäftigung zu suchen.

47.     Das nationale Gericht schließt in seinem Beschluss aus, dass Herr Collins vorhatte, sich im Vereinigten Königreich als Dienstleistender niederzulassen, und ist davon überzeugt, dass er beabsichtigte, eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu suchen (29) . Aus diesem Grund könnte sein Antrag auf Beihilfe für Arbeitsuchende vom Schutzbereich der Verordnung Nr. 1408/71 oder des Artikels 18 EG in Verbindung mit dem Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit umfasst sein.

48.     Ob die Verordnung Nr. 1408/71 im Ausgangsverfahren anzuwenden ist, geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Angaben nicht klar hervor, wenngleich der Social Security Commissioner ausführt, dass der Kläger wahrscheinlich in deren persönlichen Geltungsbereich falle.

Hiervon ausgehend werde ich untersuchen, ob eine Person in der Situation von Herrn Collins nach dieser Regelung Anspruch auf die streitige Leistung hat.

49.     Wie ich bereits hervorgehoben habe, handelt es sich bei der Beihilfe für Arbeitsuchende um eine Leistung, die in Anhang IIa unter O. Vereinigtes Königreich, Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71 aufgeführt ist, so dass sie unter die Koordinierungsvorschriften des Artikels 10a fällt und damit eine beitragsunabhängige Sonderleistung im Sinne des Artikels 4 Absatz 2a darstellt (30) .

Nach Artikel 10a Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 ist eine Leistung wie die streitige an die Voraussetzung geknüpft, dass der Antragsteller in dem Mitgliedstaat wohnt, dessen Recht einen Anspruch auf die Leistung gibt (31) . Wird der Anspruch auf die Leistung an das Zurücklegen einer bestimmten Wohnzeit geknüpft, sind gemäß Absatz 2 bei der Berechnung die in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegten Wohnzeiten zu berücksichtigen.

50.     Artikel 10a Absatz 2 der Verordnung Nr. 1408/71 ist jedoch auf Herrn Collins nicht anwendbar, da er keine Wohnzeiten in anderen Mitgliedstaaten nachweisen kann. Es bleibt zu klären, ob ihm trotz dieses Umstands ein Recht auf die beanspruchte Leistung zuzubilligen ist.

51.     Die Gesetzgebung des Vereinigten Königreichs, die mit Artikel 10a der Verordnung im Einklang steht, soweit sie Gebietsfremde von der Beihilfe ausschließt, verweigert die Leistung auch Personen, die trotz ihrer festen Absicht, in dem Land zu leben, keinen gewöhnlichen Aufenthalt nachweisen können (32) , der vor der Antragstellung liegt (33) European Public Law,.

52.     Zur Anwendung der Verordnung Nr. 1408/71 hat der Gerichtshof festgestellt, dass nach deren Artikel 1 Buchstabe h der Ausdruck „Wohnort“ im Sinne dieser Verordnung den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts bedeute; er habe damit eine gemeinschaftsrechtliche Bedeutung. Er hat auch festgestellt, dass der Begriff „Wohnmitgliedstaat“ in Artikel 10a dieser Verordnung den Staat bezeichne, in dem die Betroffenen gewöhnlich wohnten und in dem sich auch der gewöhnliche Mittelpunkt ihrer Interessen befinde; dabei seien insbesondere die Familiensituation des Arbeitnehmers, die Gründe, die ihn zum Wandern veranlasst hätten, die Dauer des Wohnens, gegebenenfalls die Innehabung einer festen Anstellung und die Absicht des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, wie sie sich aus einer Gesamtbetrachtung ergebe, ohne dass die Dauer des Wohnens in dem Staat, in dem die streitige Leistung beantragt sei, zum Begriff des Wohnorts im Sinne des Artikels 10a gehöre (34) .

53.     Es muss noch untersucht werden, zu welchem Ergebnis die Anwendung der Merkmale, die ein Mitgliedstaat nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bei der Prüfung, ob ein Gemeinschaftsbürger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Hoheitsgebiet hat, zu berücksichtigen hat, im Fall von Herrn Collins führt.

Insoweit stelle ich fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Beantragung der Beihilfe für Arbeitsuchende im Vereinigten Königreich lebte, da er acht Tage zuvor dort mit dem Flugzeug angekommen war; es kann aber kaum angenommen werden, dass der Mittelpunkt seiner Interessen damals bereits in diesem Staat lag: Seine Familie lebte in den Vereinigten Staaten, er hatte sich siebzehn Jahre lang nicht im Vereinigten Königreich aufgehalten und in dieser Zeit auch in keinem anderen Mitgliedstaat gearbeitet, und es wurde nicht festgestellt, dass er eine persönliche oder wirtschaftliche Verbindung zum Vereinigten Königreich hat, durch die eine Bindung zu dessen Hoheitsgebiet nachgewiesen werden könnte (35) .

54.     Unter diesen Voraussetzungen bin ich der Ansicht, dass selbst bei Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 1408/71 im Ausgangsverfahren, für die Voraussetzung wäre, dass Herr Collins im Zeitpunkt der Beantragung der Leistung im Rahmen des im Vereinigten Königreich für Arbeitnehmer geltenden Systems der sozialen Sicherheit wenigstens gegen ein Risiko versichert war (36) , der Antragsteller sich zur Geltendmachung eines Anspruch auf die Beihilfe für Arbeitsuchende ohne ausreichende Mittel nicht auf ihre Vorschriften berufen konnte.

55.     Es bleibt festzustellen, ob sich der Betroffene als Unionsbürger, der sich rechtmäßig im Vereinigten Königreich aufhielt, auf Artikel 18 EG in Verbindung mit Artikel 12 EG berufen kann.

56.     Es ist ständige Rechtsprechung, dass nach Artikel 12 EG das Diskriminierungsverbot seine Wirkungen im Anwendungsbereich des Vertrages unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrages entfaltet. Mit dieser letztgenannten Wendung verweist Artikel 12 EG auf andere Bestimmungen des Vertrages, in denen diese allgemeine Verbot für besondere Anwendungsfälle konkretisiert ist (37) . Diese Bestimmung kann autonom nur in durch das Gemeinschaftsrecht geregelten Fällen angewendet werden, für die der Vertrag kein besonderes Diskriminierungsverbot vorsieht (38) .

Im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer wurde das Diskriminierungsverbot durch die Artikel 39 EG bis 42 EG und durch Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane umgesetzt, insbesondere durch die Verordnung Nr. 1612/68 und die Verordnung Nr. 1408/71 (39) .

57.     Nach neuester Rechtsprechung findet das in Artikel 18 EG in allgemeiner Form niedergelegte Recht eines jeden Unionsbürgers, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, in Artikel 39 EG einen besonderen Ausdruck in Bezug auf die Freizügigkeit der Arbeitnehmer. Daher braucht, sofern das Ausgangsverfahren unter die letztgenannte Bestimmung fällt, über die Auslegung von Artikel 18 EG nicht entschieden zu werden (40) . Bei strikter Anwendung dieser Rechtsprechung müsste dem Gerichtshof vorgeschlagen werden, die Prüfung dieser Frage an dieser Stelle zu beenden.

Da Herr Collins und die Kommission aber der Ansicht sind, dass Artikel 18 EG arbeitsuchenden Arbeitslosen einen Anspruch auf Leistungen für Arbeitslose in einem Mitgliedstaat, zu dessen Arbeitsmarkt sie keine Verbindung aufweisen und in dem sie nicht integriert sind, gewährt, werde ich diese Möglichkeit eingehend untersuchen.

58.     Nach der neuesten Rechtsprechung wird das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nach Artikel 18 Absatz 1 EG jedem Unionsbürger durch eine klare und präzise Vorschrift des EG-Vertrages unmittelbar zuerkannt, auch wenn dieses Recht nur vorbehaltlich der im Vertrag und in seinen Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen bestehe. Da diese Beschränkungen und Bedingungen der gerichtlichen Kontrolle unterlägen, schlössen sie es daher nicht aus, dass Artikel 18 Absatz 1 EG den Einzelnen Rechte verleihe, die sie gerichtlich geltend machen könnten und die die innerstaatlichen Gerichte zu wahren hätten (41) .

59.     Auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer sind diese Beschränkungen in Artikel 39 EG niedergelegt und beruhen auf Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit (42) . Die Rechte der Unionsbürger auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit hängen von der Regelung in dem Staat ab, in dem sie versichert sind, denn Artikel 42 EG sieht lediglich die Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vor, nicht aber ihre Harmonisierung (43) .

60.     Zu den Vorschriften zur Umsetzung des EG-Vertrags auf diesem Gebiet gehören die zitierten Verordnungen Nr. 1612/68 und Nr. 1408/71. Beide verbieten in den Artikeln 1 und 7 bzw. in Artikel 3 die Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Wie ich bereits in Bezug auf die Verordnung Nr. 1612/68 dargelegt habe, begünstigt der Grundsatz der Gleichbehandlung beim Zugang zum Arbeitsmarkt diejenigen, die sich zur Arbeitsuche in einen anderen Mitgliedstaat begeben, während das Verbot der Diskriminierung bei den Arbeitsbedingungen und der beruflichen Wiedereingliederung auf diejenige beschränkt ist, die berufstätig sind oder arbeitslos geworden sind (44) . Was die Verordnung Nr. 1408/71 anbelangt, werden die Leistungen auch nicht allen Gemeinschaftsbürgern gleichermaßen gewährt, sondern nur denen, die von ihrem persönlichen Anwendungsbereich umfasst sind; hierfür müssen sie den Rechtsvorschriften der sozialen Sicherheit eines Mitgliedstaats unterliegen (45) .

61.     Beispielhaft für den aktuellen Stand des abgeleiteten Rechts weise ich darauf hin, dass die Richtlinie 68/360 die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihrem Hoheitsgebiet die Familienangehörigen eines Arbeitnehmers aufzunehmen, der zugewandert ist, um eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis aufzunehmen. Die Richtlinie 73/148 gewährt denjenigen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlassen wollen, um eine selbständige Tätigkeit aufzunehmen, dieselben Rechte. Diese Rechte hat eine Person, die zuwandert, um eine Beschäftigung zu suchen, nicht.

In der Rechtsprechung zu Artikel 18 Absatz 1 EG ist ausgeführt worden, dass nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union das unmittelbar aus dem EG-Vertrag fließende Aufenthaltsrecht nicht die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der Artikel 39 EG, 43 EG und 49 EG voraussetze (46) . Deshalb könnten sich die Familienangehörigen des arbeitsuchenden Arbeitnehmers mit ihm niederlassen, sofern sie dieses Recht für sich selbst in Anspruch nehmen könnten; dies sei nur möglich, wenn sie Gemeinschaftsangehörige seien und die Voraussetzungen der Richtlinie 90/364/EWG (47) , der Richtlinie 90/365/EWG (48) oder der Richtlinie 93/96/EWG (49) erfüllten, zu denen unter anderem gehöre, dass sie in vollem Umfang krankenversichert sind und über ausreichende Existenzmittel verfügen, um während ihres Aufenthalts die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats nicht zu belasten (50) .

62.     Bis jetzt hat der Gerichtshof nicht festgestellt, dass die geltenden Vorschriften des abgeleiteten Rechts, durch die die Bestimmungen des Vertrages über die Freizügigkeit und die Gleichbehandlung umgesetzt werden, wegen der Verletzung des Grundsatzes der Normenhierarchie ungültig seien. Als Beispiel nenne ich das Urteil Givane (51) , in dem der Gerichtshof die Verordnung Nr. 1251/70 ausgelegt hat, nach der das Recht eines Arbeitnehmers, in einem Mitgliedstaat zu bleiben, nachdem er in seinem Hoheitsgebiet einer Beschäftigung nachgegangen war, von Voraussetzungen hinsichtlich der Beschäftigungs- und der Aufenthaltsdauer abhängig gemacht wird, so dass die Familienangehörigen des zugewanderten Arbeitnehmers, der nach Erwerb dieses Rechts verstarb, keine Möglichkeit hatten, in diesem Staat zu verbleiben (52) . Er hat entschieden, dass Artikel 3 Absatz 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1251/70, wonach der Arbeitnehmer sich im Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten haben muss, eine substanzielle Verbindung zwischen diesem Mitgliedstaat einerseits und dem Arbeitnehmer und seiner Familie andererseits sowie ein bestimmtes Maß der Integration dieser Personen in die betreffende Gesellschaft sicherstellen soll.

63.     Aufgrund des Urteils Martínez Sala vertrat eine Reihe von Autoren die Auffassung, dass nach der Einführung der Unionsbürgerschaft durch den Vertrag die Mitgliedstaaten die Verpflichtung hätten, in jedem Fall einem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, der sich rechtmäßig in ihrem Hoheitsgebiet aufhalte, dieselbe Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen zukommen zu lassen, einschließlich des Zugangs zu den sozialen Vergünstigungen des Artikels 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 sowie zu den Leistungen der Sozialhilfe (53) .

Es sprechen jedoch gewichtige Gründe dafür, dass diese Rechtsprechung zwar ohne Zweifel einen Fortschritt darstellt, aber nicht so weitgehend ist, wie neben einem Teil der Lehre auch Herr Collins und die Kommission meinen (54) .

64.     Im Urteil Martínez Sala (55) hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass sich ein Unionsbürger, der sich rechtmäßig im Gebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufhalte, in allen vom sachlichen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts erfassten Fällen auf Artikel 12 EG berufen könne, und zwar auch dann, wenn dieser Staat die Gewährung einer Leistung, die jeder Person zustehe, die sich rechtmäßig in diesem Staat aufhalte, verzögere oder verweigere, weil diese Person nicht über ein Dokument verfüge, das Angehörige dieses Staates nicht benötigten und dessen Ausstellung von der Verwaltung dieses Staates verzögert oder verweigert werden könne.

65.     Diese Feststellung muss aber in ihrem Zusammenhang gesehen werden, der durch folgende Merkmale charakterisiert ist: a) Die beantragte Leistung erfüllte sowohl die Voraussetzungen für ihre Gewährung als soziale Vergünstigung im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 1612/68 und als Familienleistung gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe h der Verordnung Nr. 1408/71. b) Obgleich fest stand, dass die Betroffene im Aufnahmeland mehrere Jahre gearbeitet hatte, konnte der Gerichtshof mangels ausreichender Angaben nicht feststellen, ob diese beiden Verordnungen auf sie anwendbar waren. c) Frau Martínez Sala war mit zwölf Jahren im Aufnahmeland angekommen, lebte seit 25 Jahren in diesem Land, hatte zwei Kinder und nahm nach der Beendigung ihrer letzten Beschäftigungen Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch. d) Das Erziehungsgeld wurde ihr deshalb nicht gewährt, weil sie weder im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit noch einer Aufenthaltsberechtigung oder Aufenthaltserlaubnis war. e) Während des Verfahrens stellte sich heraus, dass die nationalen Behörden von Ausländern die Vorlage eines von der inländischen Verwaltung ausgestellten förmlichen Dokuments verlangten, während von Inländern nichts Entsprechendes verlangt wurde.

Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht überraschend, dass der Gerichtshof auf Artikel 17 Absatz 2 EG und Artikel 12 EG zurückgriff, um eine derartige auf die Staatsangehörigkeit gestützte Diskriminierung einer Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats, die fast ihr ganzes Leben in dem Aufnahmestaat verbracht hatte, zu unterbinden.

66.     Eine ähnliche Entscheidung erging im Urteil Grzelczyk (56) , wonach es mit den Artikeln 12 EG und 17 EG nicht vereinbar ist, dass die Gewährung einer beitragsunabhängigen Sozialleistung wie des Existenzminimums bei Angehörigen anderer Mitgliedstaaten als des Aufnahmemitgliedstaats, in dem sie sich rechtmäßig aufhalten, von der Voraussetzung abhängt, dass sie in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1612/68 fallen, während für die Angehörigen des Aufnahmemitgliedstaats eine derartige Voraussetzung nicht gilt.

67.     Diese allgemeine Feststellung führt nicht dazu, dass vom Erlass des Urteils an jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats sich in Belgien niederlassen und ohne weiteres diese Leistung in Anspruch nehmen kann (57) . Meiner Auffassung nach ist diese rechtliche Würdigung im Zusammenhang mit dem Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu sehen: Es handelte sich um einen französischen Staatsangehörigen, der seinen Aufenthalt nach Belgien verlegte, um dort zu studieren, in den ersten drei Studienjahren für seinen Unterhalt, seine Unterbringung und das Studium selbst aufkam, indem er verschiedene kleinere Beschäftigungen ausübte und Zahlungserleichterungen erhielt, und zu Beginn des vierten und letzten Studienjahres die Gewährung des Existenzminimums beantragte, da das letzte Studienjahr wegen der Abfassung einer schriftlichen Arbeit und der Ableistung der Vorbereitungszeit schwerer war als die vorangegangenen. Die zuständige Stelle bewilligte ihm das Existenzminimum zunächst für die Zeit von Oktober 1998 bis Juni 1999. Das Ministerium lehnte dieses nachträglich ab, da es sich um einen als Student eingeschriebenen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats gehandelt habe. Das belgische Gericht war der Auffassung, dass er die Voraussetzungen nicht erfülle, um als Arbeitnehmer im Sinne der Verordnung Nr. 1612/68 betrachtet zu werden.

68.     Der Gerichtshof hat anerkannt, dass sich aus Artikel 1 der Richtlinie 93/96 ergebe, dass die Mitgliedstaaten von den einem anderen Mitgliedstaat angehörenden Studenten, die vom Recht auf Aufenthalt in ihrem Hoheitsgebiet Gebrauch machen wollten, zunächst verlangen könnten, dass sie der nationalen Behörde glaubhaft machten, dass sie über Existenzmittel verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts nicht die Sozialhilfe des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssten. Er hat hinzugefügt, dass ein Mitgliedstaat, nach dessen Ansicht ein Student, der Sozialhilfe in Anspruch genommen habe, die Voraussetzungen für sein Aufenthaltsrecht nicht mehr erfülle, unter Einhaltung der insoweit vom Gemeinschaftsrecht gezogenen Grenzen Maßnahmen ergreifen könne, um die Aufenthaltserlaubnis des Betroffenen zu beenden oder nicht mehr zu verlängern (58) .

Er hat diese Klippe jedoch umschifft (59) , indem er ausführte, a) dass sich die finanzielle Situation eines Studenten im Laufe der Zeit aus Gründen, die von seinem Willen unabhängig seien, ändern könne, weshalb die Frage, ob seine Erklärung der Wahrheit entspreche, nur zu dem Zeitpunkt beurteilt werden könne, zu dem er sie abgebe, b) dass die Maßnahmen, die ein Mitgliedstaat ergreife, um die Aufenthaltserlaubnis zu beenden oder nicht mehr zu verlängern, keinesfalls die automatische Folge der Tatsache sein dürften, dass der Student Sozialhilfe in Anspruch nehme, c) dass Artikel 4 der Richtlinie 93/96 zwar bestimme, dass das Aufenthaltsrecht bestehe, solange die Berechtigten die Bedingungen des Artikels 1 der Richtlinie erfüllten, sich aus der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie aber ergebe, dass die Aufenthaltsberechtigten die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats „nicht über Gebühr“ belasten dürften, was bedeute, dass die Richtlinien 93/96, 90/364 und 90/365 eine bestimmte finanzielle Solidarität anerkennten, insbesondere wenn die Schwierigkeiten, auf die der Aufenthaltsberechtigte stoße, nur vorübergehender Natur seien, und d) dass die Tatsache, dass der Kläger nicht die belgische Staatsangehörigkeit besitze, das einzige Hindernis für die Gewährung des Existenzminimums an ihn darstelle und es sich daher um eine allein auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung handele (60) .

69.     Nachdem diese Rechtsprechung in ihren Zusammenhang gestellt worden ist, erscheint es unwahrscheinlich, dass der Anspruch von Herrn Collins auf die Beihilfe für Arbeitsuchende ohne ausreichende Mittel bejaht werden kann, denn die Vorschriften des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts, nach denen er von seinem Recht, sich frei zu bewegen und aufzuhalten, Gebrauch machen kann, gewähren ihm zwar die Möglichkeit, beim Zugang zu freien Arbeitsstellen dieselben Vorteile wie Inländer zu genießen und dieselbe Hilfe durch die Arbeitsämter in Anspruch zu nehmen, nicht aber Leistungen für Arbeitslose, die der Aufnahmestaat Personen gewährt, die aktiv Arbeit suchen, fehlende Mittel nachweisen und darüber hinaus den Nachweis erbringen, dass sie dort in einem gewissen Maß integriert oder mit seinem Arbeitsmarkt verbunden sind, was sich aus einem vorhergehenden Aufenthalt über einen angemessenen Zeitraum hinweg ergibt (61) .

Ich möchte hervorheben, dass die Kommission am 29. Juni 2001 einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, vorgelegt hat (62) , die sich u. a. auf die Artikel 12 EG und 18 EG als Rechtsgrundlage stützt und die der Überprüfung der bereichsspezifischen und fragmentarischen Ansätze der Freizügigkeit und des Aufenthaltsrechts im Sekundärrecht dienen soll (63) . Allerdings befindet sich unter den Vorschriften, die bei ihrem Inkrafttreten außer Kraft treten sollen, nicht die Verordnung Nr. 1612/68, und in Kapitel V, das gemeinsame Bestimmungen über das Aufenthaltsrecht und das Recht auf Daueraufenthalt enthält, bestimmt der darin enthaltene Artikel 21 über die Gleichbehandlung in seinem Absatz 2, dass der Aufnahmemitgliedstaat nicht gehalten ist, anderen Personen als abhängig oder selbständig Erwerbstätigen und ihren Familienmitgliedern das Recht auf gesetzliche Sozialhilfe oder – wenn es sich um Personen handelt, die sich zu einem Studium in seinem Hoheitsgebiet aufhalten – das Recht auf Unterhaltsbeihilfe zu gewähren, bevor sie das Recht auf Daueraufenthalt erworben haben (64) . Es sollte jedoch klargestellt werden, dass vorgesehen ist, dass das Recht auf ständigen Aufenthalt nach vier Jahren rechtmäßigen Aufenthalts erworben wird (65) .

70.     Die Rechtsprechung hat bestätigt, dass die in Artikel 18 EG genannten Beschränkungen und Bedingungen auf dem Gedanken beruhen, dass die Wahrnehmung des Aufenthaltsrechts der Unionsbürger von der Wahrung der berechtigten Interessen der Mitgliedstaaten abhängig gemacht werden kann (66) , und hinzugefügt, dass die Anwendung dieser Beschränkungen und Bedingungen unter Einhaltung der einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Grenzen und im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, vorzunehmen ist. Das bedeutet, dass unter diesem Gesichtspunkt erlassene nationale Maßnahmen zur Erreichung des angestrebten Zweckes geeignet und erforderlich sein müssen (67) .

71.     Der Gerichtshof hat in zwei Fällen von Mitgliedstaaten erlassene Bestimmungen über das Aufenthaltsrecht im engeren Sinne und über einen Anspruch auf Hilfen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt im Licht des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes untersucht.

72.     Das Urteil d’Hoop (68) behandelt das Überbrückungsgeld, das in Belgien Schulabgänger auf der Suche nach ihrer ersten Beschäftigung erhalten, um ihnen den Zugang zu besonderen Beschäftigungsprogrammen zu ermöglichen; dieses Überbrückungsgeld war einer jungen Belgierin verweigert worden, die ihre höhere Schulbildung in Frankreich abgeschlossen hatte. Der Gerichtshof ist zu dem Ergebnis gelangt, dass es in Belgien zu einer Ungleichbehandlung von belgischen Staatsangehörigen komme, je nachdem, ob sie ihre gesamte Schulbildung in Belgien erhalten oder von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und ihr Schulabschlusszeugnis in einem anderen Mitgliedstaat erworben haben; der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass diese Ungleichbehandlung bestimmte eigene Staatsangehörige allein deshalb benachteilige, weil sie ihr Recht auf Freizügigkeit genutzt und ihre Schulbildung in einem anderen Mitgliedstaat erhalten haben, und entschieden, dass eine solche Ungleichbehandlung den Grundsätzen widerspreche, auf denen der Status eines Unionsbürgers beruhe, nämlich der Garantie der gleichen rechtlichen Behandlung bei Ausübung der Freizügigkeit (69) .

Da das Überbrückungsgeld den Schulabgängern den Übergang von der Ausbildung zum Arbeitsmarkt erleichtern soll, hat es der Gerichtshof für gerechtfertigt gehalten, dass der nationale Gesetzgeber sich einer tatsächlichen Verbindung zwischen demjenigen, der das Überbrückungsgeld beantragt, und dem betroffenen räumlichen Arbeitsmarkt vergewissern wollte, ist aber zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Voraussetzung, die ausschließlich auf den Ort der Erlangung des Schulabgangszeugnisses abstelle, zu allgemein und einseitig sei und über das zur Erreichung des verfolgten Zieles Erforderliche hinausgehe (70) .

73.     Im Urteil Baumbast (71) hat der Gerichtshof entschieden, dass es ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Aufenthaltsrecht nach Artikel 18 Absatz 1 EG wäre, wenn die Ausübung dieses Rechts im Aufnahmemitgliedstaat dem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats versagt werden könnte, der über ausreichende Existenzmittel im Sinne der Richtlinie 90/364 verfüge, mehrere Jahre lang in seinem Hoheitsgebiet gearbeitet und rechtmäßig gewohnt habe, dessen Familie in dieser Zeit dort mit ihm gewohnt habe und nach Beendigung seiner dortigen Erwerbstätigkeit in diesem Staat verblieben sei, der die öffentlichen Finanzen des Aufnahmemitgliedstaats nicht belastet habe und der selbst wie auch seine Familie in einem anderen Mitgliedstaat in vollem Umfang krankenversichert gewesen sei, sofern die Ausübung dieses Rechts in Anwendung der Richtlinie 90/364 allein mit der Begründung versagt werde, dass seine Krankenversicherung eine Notversorgung im Aufnahmemitgliedstaat nicht abdecke.

74.     Würde man zu der Auffassung gelangen, dass Artikel 18 EG in Verbindung mit Artikel 12 EG neben dem abgeleiteten Recht auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer die Mitgliedstaaten verpflichtet, beitragsunabhängige Leistungen für Arbeitslose an Arbeitsuchende in der Situation von Herrn Collins zu zahlen, so würde eine Regelung wie die britische, die diese Leistung an die Voraussetzung des gewöhnlichen Aufenthalts knüpft, eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstellen, denn selbst wenn sie auf alle Antragsteller unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit angewandt würde, könnten die britischen Staatsangehörigen diese Voraussetzung in der Praxis leichter erfüllen.

75.     Im vorliegenden Fall bin ich jedoch der Ansicht, dass eine an den Aufenthalt geknüpfte Voraussetzung, mit der die Integration in dem betreffenden Staat und die Verbindungen des Antragstellers zum nationalen Arbeitsmarkt überprüft werden soll, gerechtfertigt sein kann, um den so genannten Sozialtourismus von Personen zu verhindern, die von Staat zu Staat reisen, um beitragsunabhängige Leistungen in Anspruch zu nehmen, und um Missbräuche zu verhindern (72) . Soweit bei ihrer Anwendung die persönliche Situation des Antragstellers in jedem Einzelfall geprüft wird, geht sie nach meiner Meinung nicht über das hinaus, was für die Erreichung des angestrebten Zieles erforderlich ist.

76.     Somit ist festzustellen, dass das Gemeinschaftsrecht bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand nicht verlangt, dass eine Leistung der sozialen Sicherheit für Arbeitsuchende, die nachweisen, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, einem Unionsbürger gewährt wird, der in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, um dort eine Beschäftigung zu suchen, aber in diesen Staat nicht integriert ist und keine Verbindungen zu seinem nationalen Arbeitsmarkt aufweist.

VIII – Ergebnis

77.     Aufgrund des Vorstehenden schlage ich dem Gerichtshof vor, die Fragen des Social Security Commissioner wie folgt zu beantworten:

1.
Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats einreist, um dort eine Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis zu suchen, ist, auch wenn er durch die Artikel 1 bis 6 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft geschützt ist, kein Arbeitnehmer im Sinne der Artikel 7 ff. dieser Verordnung.

2.
Ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats, der in einen anderen Mitgliedstaat reist, um dort eine Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis zu suchen, hat gemäß Artikel 39 EG das Recht, sich im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats aufzuhalten, obgleich die Richtlinie 68/360 dies nicht vorsieht.

3.
Das Gemeinschaftsrecht verlangt bei seinem gegenwärtigen Entwicklungsstand nicht, dass eine Leistung der sozialen Sicherheit für Arbeitsuchende, die nachweisen, dass sie nicht über ausreichende Mittel verfügen, einem Unionsbürger gewährt wird, der in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreist, um dort eine Beschäftigung zu suchen, aber in diesen Staat nicht integriert ist und keine Verbindungen zu seinem nationalen Arbeitsmarkt aufweist.


1
Originalsprache: Spanisch.


2
 ‑ Verordnung des Rates vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 2).


3
 ‑ Richtlinie des Rates vom 15. Oktober 1968 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten und ihre Familienangehörigen innerhalb der Gemeinschaft (ABl. L 257, S. 13).


4
 ‑ Auf meine in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage teilte der Bevollmächtigte des Vereinigten Königreichs mit, die Leistung habe 1998 wöchentlich 50 GBP betragen. Sie wird offenbar ausgezahlt, bis der Begünstigte eine Beschäftigung gefunden hat.


5
 ‑      Verordnung der Kommission vom 29. Juni 1970 über das Recht der Arbeitnehmer, nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zu verbleiben (ABl. L 142, S. 24).


6
 ‑      Richtlinie vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs (ABl. L 172, S. 14).


7
 ‑ Gemäß Schedule 6 paragraph 3 (1), des Gesetzes über die soziale Sicherheit (Social Security Act 1998) konnte das Appeal Tribunal Umstände, die am 1. Juli 1998 nicht vorlagen, nicht berücksichtigen, da das Rechtsmittel nach dem 21. Mai 1998, dem Zeitpunkt des Erlasses dieses Gesetzes, eingelegt wurde. Daher behandelte es die Frage, ob Herr Collins im gesamten Zeitraum vom 8. Juni bis 1. Juli 1998 oder in einem Teil dieses Zeitraums seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich hatte und ob dies seinen Anspruch auf Beihilfe bei Arbeitslosigkeit in diesem Zeitraum berührte.


8
 ‑      Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, geändert und aktualisiert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 (ABl. L 230, S. 6). Artikel 10a wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 (ABl. L 136, S. 1) eingefügt.


9
 ‑ Urteile vom 29. November 1977 in der Rechtssache 35/77 (Beerens, Slg. 1977, 2249, Randnr. 9), vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-251/89 (Athanasopoulos u. a., Slg. 1991, I-2797, Randnr. 28) und vom 20. Februar 1997 in den Rechtssachen C-88/95, C-102/95 und C-103/95 (Martínez Losada u. a., Slg. 1997, I-869, Randnr. 21).


10
 ‑      Gemäß Artikel 5 der Verordnung Nr. 1408/71 geben die Mitgliedstaaten in Erklärungen, die gemäß Artikel 97 notifiziert und veröffentlicht werden, die Rechtsvorschriften und Systeme, die unter Artikel 4 Absätze 1 und 2 fallen, die in Artikel 4 Absatz 2a genannten beitragsunabhängigen Sonderleistungen, die Mindestleistungen im Sinne des Artikels 50 sowie die Leistungen im Sinne der Artikel 77 und 78 an.


11
 ‑      In der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 118/97 des Rates vom 2. Dezember 1996 zur Änderung und Aktualisierung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. L 28, S. 1).


12
 ‑ Urteile vom 31. Mai 1979 in der Rechtssache 207/78 (Even, Slg. 1979, 2019, Randnr. 22), vom 14. Januar 1982 in der Rechtssache 65/81 (Reina, Slg. 1982, 33, Randnr. 12), vom 12. Juli 1984 in der Rechtssache 261/83 (Castelli, Slg. 1984, 3199, Randnr. 11), vom 27. März 1985 in der Rechtssache 249/83 (Hoeckx, Slg. 1985, 973, Randnr. 20) und in der Rechtssache 122/84 (Scrivner, Slg. 1985, 1027, Randnr. 24), vom 20. Juni 1985 in der Rechtssache 94/84 (Deak, Slg. 1985, 1873, Randnr. 21), vom 27. Mai 1993 in der Rechtssache C-310/91 (Schmid, Slg. 1993, I-3011, Randnr. 18) und vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-85/96 (Martínez Sala, Slg. 1998, I-2691, Randnr. 25).


13
 ‑ Vgl. z. B. Urteile vom 10. November 1992 in der Rechtssache C-326/90 (Kommission/Belgien, Slg. 1992, I-5517) zum garantierten Einkommen für ältere Personen und zum Existenzminimum, vom 29. Oktober 1998 in der Rechtssache C-185/96 (Kommission/Griechenland, Slg. 1998, I-6601) zu Leistungen für kinderreiche Familien und vom 20. Juni 2002 in der Rechtssache C-299/01 (Kommission/Luxemburg, Slg. 2002, I-5899) zur Gewährung des garantierten Mindesteinkommens.


14
 ‑      Urteil vom 10. März 1993 in der Rechtssache C-111/91 (Kommission/Luxemburg, Slg. 1993, I-817, Randnr. 21) und Urteil Martínez Sala, (Randnr. 27).


15
 ‑ Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-369/90 (Micheletti u. a., Slg. 1992, I-4239, Randnr. 10).


16
 ‑ Der Rechtsanwalt von Herrn Collins hat auf eine ihm in der mündlichen Verhandlung gestellte Frage bestätigt, dass sein Mandant nie in Irland gelebt habe und lediglich dreimal für höchstens zehn Tage dorthin gereist sei.


17
 ‑      Urteile vom 3. Juli 1986 in der Rechtssache 66/85 (Lawrie-Blum, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 16 und 17), vom 31. Mai 1989 in der Rechtssache 344/87 (Bettray, Slg. 1989, 1621, Randnrn. 11 und 12), vom 26. Februar 1992 in der Rechtssache C-357/89 (Raulin, Slg. 1992, I-1027 Randnr. 10) und in der Rechtssache C-3/90 (Bernini, Slg. 1992, I-1071, Randnr. 14), vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache Martínez Sala (Randnr. 32) und vom 8. Juni 1999 in der Rechtssache C-337/97 (Meeusen, Slg. 1999, I-3289, Randnr. 13).


18
 ‑ Urteil vom 18. Juni 1987 in der Rechtssache 316/85 (Slg. 1987, 2811).


19
 ‑ Zitiert in Fußnote 12.


20
 ‑ Hervorhebung von mir.


21
 ‑      Ein Teil der Lehre teilt diese Ansicht nicht. Vgl. z. B. S. O’Leary, Putting Flesh on the Bones of European Union Citizenship, European Law Review, 1999, S. 68 bis 79, insbesondere S. 76: „The definition of who qualifies as a worker in Martínez Sala has either overruled Lebon in this respect, by classifying job-seekers as workers or, at the very least, allows job-seekers to claim equal treatment as regards social and tax advantages pursuant to Article 7 (2) of the Regulation [1612/68]“; C. Jacqueson, Union citizenship and the Court of Justice: someting new under the sun? Towards social citizenship, European Law Review, 2002, S. 260 bis 281, insbesondere S. 267: „The origin of the right of residence in national law, Community law or international law was irrelevant. In sum, the rights granted to workers by Regulations 1408/71 and 1612/68 are available to all Union citizens lawfully resident in the host Member State. It follows that the Court’s ruling in Lair and Lebon are old history“; A. Whelan, Revue des affaires européennes, 1999, S. 228 bis 238, insbesondere S. 232: „[T]he Court appears to have considerably enhanced the position of job-seekers ...“


22
 ‑      Urteile vom 12. September 1996 in der Rechtssache C-278/94 (Kommission/Belgien, Slg. 1996, I-4307, Randnr. 40) und vom 11. Juli 2002 in der Rechtssache C-224/98 (D’Hoop, Slg. 2002, I-6191, Randnr. 18). Á. Castro Oliveira, Workers and other persons: step-by-step from movement to citizenship ─ Case Law 1995-2001, Common Market Law Review 39, S. 77 bis 127, insbesondere S. 95: „Unemployment policy is not as such within the scope of EC law. At least not yet. The relatively vague and non-binding character of the coordination measures adopted in the field of employment policy, pursuant to the new provisions introduced by the Amsterdam Treaty, confirms this assertion. This case [C-278/94] is a good example of the moderate character of the Court’s case law on free movement of workers. The Court is not willing to impose on a Member State the duty to finance the integration in its labour market of unemployed EU citizens (or their children) who are resident in another Member State.“


23
 ‑ Im Ausgangsverfahren wurde die Klage letztlich abgewiesen. Vgl. Sammlung nationaler Entscheidungen des Gerichtshofes, Aktenzeichen QP/03161-P1.


24
 ‑ Vgl. Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache C-344/95 (Kommission/Belgien, Slg. 1997, I-1035), in dem der Gerichtshof Belgien wegen einer Vertragsverletzung verurteilt hat, weil es Arbeitnehmern, die für mindestens ein Jahr eingestellt worden waren, während der ersten sechs Monate ihres Aufenthalts anstelle der Aufenthaltserlaubnis nacheinander zwei Registrierungsbescheinigungen erteilte und Arbeitnehmern, deren Tätigkeit voraussichtlich drei Monate nicht überschritt, ein Aufenthaltsdokument erteilte und hierfür eine Gebühr erhob.


25
 ‑ Urteil vom 3. Juni 1986 in der Rechtssache 139/85 (Kempf, Slg. 1986, 1741, Randnr. 13).


26
 ‑ Urteil vom 26. Februar 1991 in der Rechtssache C-292/89 (Antonissen, Slg. 1991, I-745, Randnrn. 11 bis 13).


27
 ‑ Im Urteil vom 20. Februar 1997 in der Rechtssache Kommission/Belgien wurde Belgien wegen einer Vertragsverletzung verurteilt, da es Angehörige anderer Mitgliedstaaten, die in Belgien Arbeit suchen, verpflichtete, sein Hoheitsgebiet nach Ablauf von drei Monaten zu verlassen.


28
 ‑ Urteil Antonissen (Randnr. 21).


29
 ‑ Dennoch hat der Prozessbevollmächtigte von Herrn Collins sowohl in seinen schriftlichen als auch mündlichen Erklärungen mit Nachdruck darauf hingewiesen, dass die Absicht seines Mandanten, sich im Vereinigten Königreich niederzulassen, um dort einer selbständigen Tätigkeit nachzugehen, ihm aufgrund der Richtlinie 73/148 das Recht gebe, sich in diesem Staat aufzuhalten. Auf meine Bitte hin führte der Rechtsanwalt aus, Herr Collins hätte in diesem Fall auch die streitige Leistung in Anspruch nehmen können, da diese nicht auf Arbeitssuchende beschränkt sei, die eine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis suchten.


30
 ‑ Urteile vom 4. November 1997 in der Rechtssache C-20/96 (Snares, Slg. 1997, I-6057, Randnr. 32), vom 11. Juni 1998 in der Rechtssache Partridge (C-297/96, Slg. 1998, I-3467, Randnr. 33) und vom 25. Februar 1999 in der Rechtssache C-90/97 (Swaddling, Slg. 1999, I-1075, Randnr. 24).


31
 ‑      Mit dem Erlass dieser Vorschrift im Jahr 1992 durch die Verordnung (EWG) Nr. 1247/92 des Rates vom 30. April 1992 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (ABl. L 136, S. 1) führte der Gemeinschaftsgesetzgeber eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz des Artikels 10 ein, der jede an den Aufenthalt in einem bestimmten Mitgliedstaat anknüpfende Voraussetzung verbietet, um Wanderarbeitnehmern den Zugang zu Leistungen der sozialen Sicherheit zu ermöglichen. Im Urteil Snares (Randnr. 49) hat der Gerichtshof bestätigt, dass die Koordinierungsregelung von 1992 nicht gegen Artikel 42 EG verstoße.


32
 ‑ Der Social Security Commissioner macht keine Angaben zur Dauer der von Herrn Collins verlangten Aufenthaltsdauer. In der mündlichen Verhandlung hat der Bevollmächtigte des Vereinigten Königreichs ausgeführt, der verlangte Zeitraum könne von Fall zu Fall unterschiedlich sein, da die persönlichen und familiären Umstände des Antragstellers sowie seine Verbindungen zum Land geprüft würden. Aus der Sachverhaltsdarstellung in Randnr. 17 des Urteils Swaddling geht hervor, dass die Behörden des Vereinigten Königreichs zu dem Ergebnis kamen, dass ein britischer Staatsangehöriger, der in sein Heimatland zurückkehrte, nachdem er mehrere Jahre in Frankreich gearbeitet hatte und eine Beihilfe beantragt hatte, die ähnliche Merkmale aufweist wie die Beihilfe für Arbeitsuchende ohne ausreichende Mittel, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Vereinigten Königreich nach achtwöchigem Aufenthalt erworben habe.


33
S. Fries und J. Shaw, Citizenship of the Union: First Steps in the European Court of Justice,

 ‑ 1988, S. 533 bis 559, insbesondere S. 550 bis 551: „Since 1994, the UK has applied an ‚habitual residence‘ test, to restrict a previous entitlement on the part of workseekers coming to the UK from other EU Member States to draw the basic subsistence-level non-contributory benefit, income support, for at least six months; the policy objective behind the change is to stop the hated ‚benefit tourism‘. The position of the UK is now ─ having previously been more generous ─ as it was envisaged in Lebon ... In other words, no benefits are given to those falling outside the scope of the equal treatment principle as circumscribed by Lebon ─ whatever their residence rights“.


34
 ‑ Urteil Swaddling (Randnrn. 28 bis 30). Der Bevollmächtigte des Vereinigten Königreichs hat in der mündlichen Verhandlung die Ansicht vertreten, dass die weite Auslegung, die der Gerichtshof vorgenommen hat, um entscheiden zu können, ob der die Leistung Beantragende seinen Aufenthalt in dem Mitgliedstaat hat, zu einer Bevorzugung der eigenen Staatsangehörigen führen könne, die die Voraussetzungen leichter erfüllen könnten als die Angehörigen der anderen Mitgliedstaaten.


35
 ‑      Der Vertreter von Herrn Collins bestätigte in der mündlichen Verhandlung, dass sein Mandant keine familiären Bindungen im Vereinigten Königreich habe und dass er in dieser Zeit viermal dorthin gereist sei, um Freunde zu besuchen; der längste dieser Aufenthalte habe eine Woche gedauert.


36
‑ Urteile vom 24. März 1994 in der Rechtssache C-71/93 (Van Poucke, Slg. 1994, I-1101, Randnr. 25), vom 30. Januar 1997 in der Rechtssache C-340/94 (De Jaeck, Slg. 1997, I-461, Randnr. 36) und Martínez Sala (Randnr. 44).


37
 ‑ Urteil vom 15. Januar 2002 in der Rechtssache C-55/00 (Gottardo, Slg. 2002, I-413, Randnr. 21).


38
 ‑ Urteile vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache C-193/94 (Skanavi und Chryssanthakopoulos, Slg. 1996, I-929, Randnr. 20), vom 25. Juni 1997 in der Rechtssache C-131/96 (Slg. 1997, I-3659, Randnr. 10) und vom 26. November 2002 in der Rechtssache C-100/01 (Oteiza Olazábal, Slg. 2002, I-10981, Randnr. 25).


39
 ‑      Urteile vom 28. Juni 1978 in der Rechtssache 1/78 (Kenny, Slg. 1978, 1489, Randnr. 9) und vom 12. Mai 1998 in der Rechtssache C-336/96 (Gilly, Slg. 1998, I-2793, Randnr. 38).


40
 ‑ Urteil Oteiza Olazábal (Randnr. 26).


41
 ‑ Urteil vom 17. September 2002 in der Rechtssache C-413/99 (Baumbast und R, Slg. 2002, I-7091, Randnr. 84 bis 86).


42
‑ Die Befugnisse der Mitgliedstaaten bei der Anwendung dieser Beschränkungen sind in der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (ABl. 1964, S. 850) geregelt.


43
 ‑ Urteile vom 9. Juli 1980 in der Rechtssache 807/79 (Gravina, Slg. 1980, 2205, Randnr. 7), vom 15. Januar 1986 in der Rechtssache 41/84 (Pinna, Slg. 1986, 1, Randnr. 20), vom 27. September 1988 in der Rechtssache 313/86 (Lenoir, Slg. 1988, 5391, Randnr. 13) und vom 8. März 2001 in der Rechtssache C-68/99 (Kommission/Deutschland, Slg. 2001, I-1865, Randnr. 22).


44
 ‑ P.-J. Lhernould, L’accès aux prestations sociales des citoyens de l’Union Européenne, Droit Social, 2001, S. 1103 bis 1107, insbesondere S. 1107: „Élargir indirectement ─ à travers la citoyenneté de l’Union ─ le champ des bénéficiaires des avantages sociaux reviendrait ... à admettre que le contenu d’un texte de droit dérivé, pourtant explicite et de surcroît conforme à l’ex-article 48 du traité CE (art. 39 CE) dedié à la libre circulation des travailleurs, soit détourné par le recours à d’autres dispositions de droit primaire. On notera aussi que cette évolution affecterait profondément le sens de la définition des avantages sociaux, fondée sur un lien entre le bénéficiaire et l’exercice d’une activité profesionnelle présente ou passée“.


45
 ‑ J.-P. Lhernould, a. a. O., S. 1107: „... il convient de se demander si des personnes qui réclameraient des prestations de sécurité sociale au sens du règlement 1408/71 ... ne pourraient pas bénéficier de l’égalité de traitement ... en qualité de citoyens de l’Union résidant légalement sur le territoire d’un Etat membre .... La définition du champ personnel des bénéficiaires ... serait à nouveau bousculée. Le droit à certaines prestations (quel que soit le risque concerné ─ chômage, maladie, vieillesse ...), qui serait refusé à certains demandeurs sur le fondement des règles de coordination, pourrait ainsi être rétabli par le recours à la qualité de citoyen de l’Union“.


46
 ‑      Urteil Baumbast (Randnr. 81).


47
 ‑      Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26).


48
 ‑      Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht der aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen Arbeitnehmer und selbständig Erwerbstätigen (ABl. L 180, S. 28).


49
 ‑      Richtlinie des Rates vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten (ABl. L 317, S. 59). Diese Richtlinie ersetzt die Richtlinie 90/366/CEE vom 28. Juni 1990 (ABl. L 180, S. 30), die denselben Regelungsgegenstand hatte und die der Gerichtshof im Urteil vom 7. Juli 1992 in der Rechtssache C-295/90 (Parlament/Rat, Slg. 1992, I-4193) für nichtig erklärt hat, da sie auf eine falsche Rechtsgrundlage gestützt war. Der Gerichtshof entschied, sämtliche Wirkungen der für nichtig erklärten Richtlinie bis zum Erlass einer neuen Richtlinie durch den Rat auf einer geeigneten Rechtsgrundlage vorläufig aufrechtzuerhalten.


50
 ‑      C. Tomuschat, Common Market Law Review, 2000, S. 449 bis 457, insbesondere S. 454: „It is not without reason that the three directives which have extended freedom of movement to all other citizens of the Union ... have set forth that the groups of persons concerned may rely on that freedom only if they have adequate financial resources and are covered by sickness insurance. These conditions and limitations have been constitutionalized by Article 18. They indicate that Member States have not been willing to admit foreigners on their territory who, although they are citizens of the Union, may become a burden on the public welfare systems of a receiving State“.


51
 ‑ Urteil vom 9. Januar 2003 in der Rechtssache C-257/00 (Slg. 2003, I-153).


52
 ‑ Es handelte sich um indische Staatsangehörige, die Familienangehörige eines portugiesischen Arbeitnehmers waren, der im Vereinigten Königreich verstorben war. In dem Urteil wird jedoch nicht danach unterschieden, ob die Familienangehörigen Staatsangehörige eines Mitgliedstaats oder eines Drittstaats waren.


53
 ‑ S. Fries, I. Shaw, zitiert in Fußnote 33, S. 552: „In fact, by employing a novel combination of the principles of ratione materiae and ratione personae to bring the type of humanitarian issue which Martínez Sala itself in reality involves, the ECJ has ended up also restricting another freedom which the Member States still thought they had: to identify, define and deal with a mischief conventionally known as ‚benefit tourism‘“. C. Jacqueson, zitiert in Fußnote 21, S. 267: „The [Martínez] Sala ruling entrenched ‚something close to a universal non-discrimination right including access to all welfare benefits ... as a consequence of the creation of the figure of the Union citizen‘. Thereby the Court removed an important barrier to what has been called ‚welfare tourism‘“, und S. 277: „Therefore, it seems that as long as they are lawfully residing in the host State, they can claim all advantages granted to workers by Community law, relying either on their status as worker ... or, at least, on their status of citizens of the Union according to the [Martínez] Sala ruling“; A. Whelan, zitiert in Fußnote 21, S. 232: „... constitutes a considerable broadening of the rights of free movement of the unemployed which, combined with Regulation No 1612/68, could substantially reduce the effect of the restrictive conditions for residence rights under Directive 90/364/EEC by enabling those who are genuinely, if fruitlessly, seeking work to have recourse in the host State to social advantages such as a minimum subsistence allowance without fear of deportation“. Entgegen dieser Richtung C. Tomuschat, zitiert in Fußnote 50, S. 453: „The non-discrimination clause of article 12 constitutes an instrument designed to strengthen the legal position of a citizen of the Union who, by virtue of the EC Treaty, lawfully resides or stays in a country of the Union outside his or her State of nationality. ... There is, possibly, just one field where equality may be lacking, namely where financial benefits are at stake“.


54
 -      Ich kann ein gewisses Erstaunen angesichts der Tatsache nicht verbergen, dass die Kommission bei Beantwortung der ersten Frage argumentiert, dass Herr Collins als wandernder Arbeitsuchender keinen Anspruch auf Sozialleistungen wie die Beihilfe für Arbeitsuchende ohne ausreichendes Einkommen habe, während sie bei der Untersuchung der dritten Frage die Ansicht vertritt, ihm sei dieser Anspruch zuzuerkennen, da zwischen dem Zugang zu einer derartigen Leistung und der Ausübung des Rechts auf Freizügigkeit ein hinreichender Zusammenhang bestehe, um unter den materiellen Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts zu fallen.


55
 ‑ Zitiert in Fußnote 12.


56
 - Urteil vom 20. September 2001 in der Rechtssache C-184/99 (Slg. 2001, I-6193, Randnr. 46).


57
 ‑ Kessler, F., „Conditions d’attribution d’un revenu minimum à un étudiant européen“, Revue de jurisprudence sociale, 2002, S. 11 bis 13, insbesondere S. 12: „la Cour s’oblige ... à des contorsions juridiques et notamment à des déductions à contrario des silences de l’article 3 de la directive 93/96, afin de faire entrer le cas soumis dans le champ d’application de la règle de non-discrimination“.


58
 ‑ Randnrn. 38 und 42.


59
 -      F. Kessler, zitiert in Fußnote 57, S. 13: „... la Cour en fait trop: à force de vouloir à tout prix imposer une égalité de traitement sur la base des dispositions du traité relatives à la citoyenneté européenne, la cohérence de son raisonnement en souffre“; D. Martin, „A Big Step Forward for Union Citizens, but a Step Backwards for Legal Coherence“, European Journal of Migration and Law, 2002, Band 4, S. 136 bis 144, insbesondere S. 139: „... the Grzelczyk judgment can already be pinpointed as a landmark judgment, the conclusion of which is likely to please European Union citizens willing to exercise their right to free movement, and as likely to greatly displease most Member States. Whatever his/her personal feeling as to the conclusion reached by the Court, the lawyer’s reaction might be of some perplexity as to the reasoning used“.


60
 ‑      Randnrn. 29, 43 bis 45.


61
 ‑ Der Bevollmächtigte der Kommission hat in der mündlichen Verhandlung bei der Beantwortung einer von mir gestellten Frage gleichwohl bestätigt, dass Arbeitnehmer, die aufgrund von Artikel 69 der Verordnung Nr. 1408/71 das Recht haben, sich zur Arbeitsuche in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben und dort höchstens drei Monate lang weiter Leistungen für Arbeitslose in Anspruch zu nehmen, im Vereinigten Königreich die Auszahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dieser Leistung und der streitigen beantragen könnten, wenn Letztere höher sei.


62
 ‑      KOM(2001) 257 endg. ─ COD 2001/0111 (ABl. 2001, C 270, S. 150).


63
        Fünfte Begründungserwägung.


64
 -      D. Martin, zitiert in Fußnote 55, S. 143„: If this provision is adopted without modification, it will mean that after the entry into force of the directive ‚another Mr. Grzelczyk‘ will legally be deprived, in the same factual situation, of the benefit of this judgment“.


65
 ‑      Auf der Internetseite des Rates über das Mitentscheidungsverfahren www.consilium.eu.int/codec.fr/index.htm wird darauf hingewiesen, dass die Kommission infolge der ersten Lesung im Europäischen Parlament einen überarbeiteten Vorschlag vorlegen wird. Die griechische Präsidentschaft wollte in der Sitzung des Rates am 19. Mai 2003 zu einer politischen Vereinbarung gelangen, die aber offenbar noch nicht erreicht werden konnte.


66
 ‑ M. Bonnechère, „Citoyenneté européenne et Europe Sociale“, Europe, Juli 2002, S. 6 bis 10, insbesondere S. 8: „La doctrine s’est interrogée sur l’apparente dissociation de la citoyenneté et de la nationalité dans le traité de Maastricht: la citoyenneté européenne se définit par rapport à un cadre de référence supra-national ..., mais les citoyens de l’Union Européenne établis dans un Etat membre dont ils ne sont pas ressortissants demeurent dans une situation spécifique (obligation de solliciter un titre de séjour, exposition à des mesures d’éloignement pour des raisons d’ordre public, de sécurité publique ou de santé publique, droit de vote limité au niveau municipal, absence d’accès aux emplois comportant une ’participation directe ou indirecte à l’exercice de la puissance publique et aux fonctions qui ont pour objet la sauvegarde de l’Etat ou des autres collectivités publiques)“.


67
 - Urteil Baumbast, zitiert in Fußnote 41, Randnrn. 90 und 91.


68
 - Zitiert in Fußnote 22.


69
 ‑ Randnrn. 33 bis 35.


70
 ‑      Randnrn. 38 und 39.


71
 ‑ Zitiert in Fußnote 41, Randnrn. 92 und 93.


72
 ‑ C. Closa, „The Concept of Citizenship in the Treaty on European Union“, Common Market Law Review 1992, S. 1137 bis 1169, insbesondere S. 1162: „Two provisions of this article [18 CE, § 2] are relevant. Firstly, these are not unlimited rights ... Secondly, the remission to secondary legislation is based on a preoccupation to ensure an equitable distribution of charges particularly regarding social protection. This reflected the fears of eventual pressures on the more generous social systems which appeared in the wording of the initial draft. Although this reference was eliminated afterwards, this concern underlies the final wording“; C. Tomuschat, zitiert in Fußnote 50, S. 455: „Social welfare benefits are indeed the crux of the matter, benefits which have not been earned by the claimant on account of his or her participation in the collective work process of a given society, albeit sometimes under a tenuous linkage ... A person who is not actively involved in economic life must take care of his or her vital necessities in a manner congruent with taking his or her own responsibility, without enjoying the right to rely on public funds of the State of residence. In this regard, the Treaty itself establishes that non discrimination does not apply“.