32003L0009

Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten

Amtsblatt Nr. L 031 vom 06/02/2003 S. 0018 - 0025


Richtlinie 2003/9/EG des Rates

vom 27. Januar 2003

zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 63 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b),

auf Vorschlag der Kommission(1),

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments(2),

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3),

nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen(4),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Ausarbeitung einer gemeinsamen Asylpolitik einschließlich eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems ist wesentlicher Bestandteil des Ziels der Europäischen Union, schrittweise einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts aufzubauen, der allen offen steht, die wegen besonderer Umstände rechtmäßig in der Gemeinschaft um Schutz nachsuchen.

(2) Der Europäische Rat kam auf seiner Sondertagung vom 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere überein, auf ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem hinzuwirken, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung des Genfer Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, ergänzt durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967, stützt, damit der Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-refoulement) gewahrt bleibt.

(3) Entsprechend den Schlussfolgerungen von Tampere sollte ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem auf kurze Sicht gemeinsame Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern umfassen.

(4) Die Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern ist ein weiterer Schritt in Richtung auf eine europäische Asylpolitik.

(5) Diese Richtlinie steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die insbesondere mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden. Ziel dieser Richtlinie ist es vor allem, die uneingeschränkte Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten und die Anwendung der Artikel 1 und 18 der genannten Charta zu fördern.

(6) In Bezug auf die Behandlung von Personen, die unter den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, sind die Mitgliedstaaten gehalten, die Verpflichtungen der völkerrechtlichen Instrumente einzuhalten, bei denen sie Vertragsparteien sind und nach denen eine Diskriminierung verboten ist.

(7) Es sollten Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern festgelegt werden, die diesen im Normalfall ein menschenwürdiges Leben ermöglichen und vergleichbare Lebensbedingungen in allen Mitgliedstaaten gewährleisten.

(8) Einheitliche Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern sollten dazu beitragen, die auf unterschiedliche Aufnahmevorschriften zurückzuführende Sekundärmigration von Asylbewerbern einzudämmen.

(9) Die Bedingungen für die Aufnahme von Personengruppen mit besonderen Bedürfnissen sollten entsprechend angepasst werden.

(10) Die Bedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern, die sich in Gewahrsam befinden, sollten im Hinblick auf die Bedürfnisse in dieser Lage einer besonderen Ausgestaltung unterliegen.

(11) Damit die Verfahrensmindestgarantien, d. h. Gelegenheit zur Kontaktaufnahme mit Organisationen oder Personengruppen, die Rechtsbeistand gewähren, sichergestellt sind, sollten Informationen über derartige Organisationen und Personengruppen bereitgestellt werden.

(12) Ein Missbrauch des Aufnahmesystems sollte dadurch eingedämmt werden, dass Gründe für die Einschränkung oder Aberkennung von Aufnahmebedingungen für Asylbewerber festgelegt werden.

(13) Es sollte sichergestellt werden, dass die einzelstaatlichen Aufnahmesysteme effizient sind und die Mitgliedstaaten bei der Aufnahme von Asylbewerbern zusammenarbeiten.

(14) Bei der Aufnahme von Asylbewerbern sollte eine angemessene Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden hergestellt werden; daher sollten harmonische Beziehungen zwischen den Kommunen und den Unterbringungszentren gefördert werden.

(15) Es liegt in der Natur von Mindestnormen, dass die Mitgliedstaaten günstigere Regelungen für Drittstaatsangehörige und Staatenlose, die internationalen Schutz eines Mitgliedstaats beantragen, einführen oder beibehalten können.

(16) Dementsprechend werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, die Bestimmungen dieser Richtlinie auch im Zusammenhang mit Verfahren anzuwenden, bei denen es um die Gewährung anderer Formen des Schutzes als in der Genfer Flüchtlingskonvention vorgesehen für Drittstaatsangehörige und Staatenlose geht.

(17) Die Durchführung der Richtlinie sollte regelmäßig bewertet werden.

(18) Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.

(19) Entsprechend Artikel 3 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, hat das Vereinigte Königreich mit Schreiben vom 18. August 2001 mitgeteilt, dass es sich an der Annahme und Anwendung dieser Richtlinie beteiligen möchte.

(20) Gemäß Artikel 1 des genannten Protokolls beteiligt sich Irland nicht an der Annahme dieser Verordnung. Unbeschadet des Artikels 4 des genannten Protokolls gilt diese Richtlinie daher nicht für Irland.

(21) Nach den Artikeln 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Richtlinie, die daher für Dänemark nicht bindend oder anwendbar ist -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I

ZWECK, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Zweck

Zweck dieser Richtlinie ist die Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

a) "Genfer Flüchtlingskonvention" das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, ergänzt durch das New Yorker Protokoll vom 31. Januar 1967;

b) "Asylantrag" den von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag, der als Ersuchen um internationalen Schutz eines Mitgliedstaats im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention betrachtet werden kann. Jedes Ersuchen um internationalen Schutz wird als Asylantrag betrachtet, es sei denn, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser ersucht ausdrücklich um eine andere Form des Schutzes, die gesondert beantragt werden kann;

c) "Asylbewerber" einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Asylantrag gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;

d) "Familienangehörige" die nachstehenden Mitglieder der Familie des Asylbewerbers, die sich im Zusammenhang mit dem Asylantrag in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern die Familie bereits im Herkunftsland bestanden hat:

i) der Ehegatte des Asylbewerbers oder dessen nicht verheirateter Partner, der mit dem Asylbewerber eine dauerhafte Beziehung führt, soweit in den Rechtsvorschriften oder nach der Praxis des betreffenden Mitgliedstaats nicht verheiratete Paare ausländerrechtlich ähnlich wie verheiratete Paare behandelt werden;

ii) die minderjährigen Kinder des unter Ziffer i) genannten Paares oder des Asylbewerbers, sofern diese ledig und unterhaltsberechtigt sind, gleichgültig, ob es sich um eheliche oder außerehelich geborene oder um im Sinne des nationalen Rechts adoptierte Kinder handelt;

e) "Flüchtling" eine Person, die die Voraussetzungen des Artikels 1 Abschnitt A der Genfer Flüchtlingskonvention erfuellt;

f) "Flüchtlingseigenschaft" den einem Flüchtling, der als solcher in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zugelassen wird, von diesem Mitgliedstaat zuerkannten Rechtsstatus;

g) "Verfahren" und "Rechtsbehelfsverfahren" die von den Mitgliedstaaten nach nationalem Recht festgelegten Verfahren und Rechtsbehelfsverfahren;

h) "unbegleitete Minderjährige" Personen unter 18 Jahren, die ohne Begleitung eines für sie nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht verantwortlichen Erwachsenen in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen, solange sie sich nicht tatsächlich in der Obhut eines solchen Erwachsenen befinden; hierzu gehören auch Minderjährige, die nach der Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats dort ohne Begleitung zurückgelassen wurden;

i) "im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährte Vorteile" sämtliche Maßnahmen, die die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Richtlinie zugunsten von Asylbewerbern treffen;

j) "materielle Aufnahmebedingungen" die Aufnahmebedingungen, die Unterkunft, Verpflegung und Kleidung in Form von Sach- und Geldleistungen oder Gutscheinen sowie Geldleistungen zur Deckung des täglichen Bedarfs umfassen;

k) "Gewahrsam" die räumliche Beschränkung eines Asylbewerbers durch einen Mitgliedstaat auf einen bestimmten Ort, an dem der Asylbewerber keine Bewegungsfreiheit hat;

l) "Unterbringungszentrum" jede Einrichtung, die als Sammelunterkunft für Asylbewerber dient.

Artikel 3

Anwendungsbereich

(1) Diese Richtlinie gilt für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die an der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats Asyl beantragen, solange sie als Asylbewerber im Hoheitsgebiet verbleiben dürfen, sowie für ihre Familienangehörigen, wenn sie nach nationalem Recht von diesem Asylantrag erfasst sind.

(2) Diese Richtlinie findet keine Anwendung, wenn in Vertretungen der Mitgliedstaaten um diplomatisches oder territoriales Asyl nachgesucht wird.

(3) Diese Richtlinie findet keine Anwendung, wenn die Bestimmungen der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten(5) angewendet werden.

(4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf Verfahren zur Bearbeitung von Ersuchen um andere Formen der Schutzgewährung anzuwenden, die sich nicht aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergeben und die Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zugute kommen, die nicht als Flüchtlinge gelten.

Artikel 4

Günstigere Bestimmungen

Die Mitgliedstaaten können günstigere Bestimmungen für die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber und andere enge Familienangehörige des Asylbewerbers, die sich in demselben Mitgliedstaat aufhalten, sofern sie ihm gegenüber unterhaltsberechtigt sind, oder humanitäre Gründe vorliegen, erlassen oder beibehalten, sofern diese Bestimmungen mit dieser Richtlinie vereinbar sind.

KAPITEL II

ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN ÜBER DIE AUFNAHMEBEDINGUNGEN

Artikel 5

Information

(1) Die Mitgliedstaaten unterrichten die Asylbewerber innerhalb einer angemessenen Frist von höchstens fünfzehn Tagen nach der Antragstellung bei der zuständigen Behörde zumindest über die vorgesehenen Leistungen und die mit den Aufnahmebedingungen verbundenen Verpflichtungen.

Sie tragen dafür Sorge, dass die Asylbewerber Informationen darüber erhalten, welche Organisationen oder Personengruppen spezifischen Rechtsbeistand gewähren und welche Organisationen ihnen im Zusammenhang mit den Aufnahmebedingungen, einschließlich medizinischer Versorgung, behilflich sein oder sie informieren können.

(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass die in Absatz 1 genannten Informationen schriftlich und nach Möglichkeit in einer Sprache erteilt werden, bei der davon ausgegangen werden kann, dass der Asylbewerber sie versteht. Gegebenenfalls können diese Informationen auch mündlich erteilt werden.

Artikel 6

Dokumente

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass den Asylbewerbern innerhalb von drei Tagen nach der Antragstellung bei der zuständigen Behörde eine Bescheinigung ausgehändigt wird, die auf ihren Namen ausgestellt ist und ihren Rechtsstatus als Asylbewerber bestätigt oder bescheinigt, dass sich die betreffende Person im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats aufhalten darf, solange ihr Antrag zur Entscheidung anhängig ist bzw. geprüft wird.

Ist es dem Inhaber der Bescheinigung nicht gestattet, sich innerhalb des gesamten Hoheitsgebiets des Mitgliedstaats oder eines Teils davon frei zu bewegen, so ist dies in der Bescheinigung ebenfalls zu vermerken.

(2) Im Fall einer Ingewahrsamnahme der Asylbewerber und während der Prüfung eines an der Grenze oder im Rahmen eines Verfahrens gestellten Asylantrags, in dem darüber entschieden wird, ob der Asylbewerber das Recht hat, rechtmäßig in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einzureisen, können die Mitgliedstaaten von der Anwendung dieses Artikels absehen. In Sonderfällen können die Mitgliedstaaten Asylbewerbern während der Prüfung eines Asylantrags andere gleichwertige Nachweise für das in Absatz 1 genannte Dokument ausstellen.

(3) Mit dem in Absatz 1 genannten Dokument wird nicht notwendigerweise die Identität des Asylbewerbers bescheinigt.

(4) Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um den Asylbewerbern das in Absatz 1 genannte Dokument auszustellen, das so lange gültig sein muss, wie ihnen der Aufenthalt im Hoheitsgebiet oder an der Grenze des betreffenden Mitgliedstaates gestattet ist.

(5) Die Mitgliedstaaten können einem Asylbewerber ein Reisedokument aushändigen, wenn schwerwiegende humanitäre Gründe seine Anwesenheit in einem anderen Staat erfordern.

Artikel 7

Wohnsitz und Bewegungsfreiheit

(1) Asylbewerber dürfen sich im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats oder in einem ihnen von diesem Mitgliedstaat zugewiesenen Gebiet frei bewegen. Das zugewiesene Gebiet darf die unveräußerliche Privatsphäre nicht beeinträchtigen und muss hinreichenden Spielraum dafür bieten, dass Gewähr für eine Inanspruchnahme der Vorteile aus dieser Richtlinie gegeben ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können - aus Gründen des öffentlichen Interesses, der öffentlichen Ordnung oder wenn es für eine reibungslose Bearbeitung und wirksame Überwachung des betreffenden Asylantrags erforderlich ist - einen Beschluss über den Wohnsitz des Asylbewerbers fassen.

(3) In Fällen, in denen dies zum Beispiel aus rechtlichen Gründen oder aus Gründen der öffentlichen Ordnung erforderlich ist, können die Mitgliedstaaten dem Asylbewerber nach einzelstaatlichem Recht einen bestimmten Ort zuweisen.

(4) Die Mitgliedstaaten dürfen die Gewährung der materiellen Aufnahmebedingungen an die Bedingung knüpfen, dass Asylbewerber ihren ordentlichen Wohnsitz an einem bestimmten Ort haben, der von den Mitgliedstaaten festgelegt wird. Ein derartiger Beschluss, der von allgemeiner Natur sein kann, sollte jeweils für den Einzelfall und auf der Grundlage der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften getroffen werden.

(5) Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Asylbewerbern eine befristete Genehmigung zum Verlassen des in den Absätzen 2 und 4 genannten Wohnsitzes bzw. des in Absatz 1 genannten zugewiesenen Gebiets erteilt werden kann. Die Entscheidung ist Fall für Fall, objektiv und unparteiisch zu treffen und im Fall einer Ablehnung zu begründen.

Der Asylbewerber muss keine Genehmigung einholen, wenn er bei Behörden und Gerichten erscheinen muss.

(6) Die Mitgliedstaaten schreiben Asylbewerbern vor, den zuständigen Behörden ihre aktuelle Adresse und schnellstmöglich etwaige Adressenänderungen mitzuteilen.

Artikel 8

Familien

Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Einheit der Familie, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhält, so weit wie möglich zu wahren, wenn den Asylbewerbern von dem betreffenden Mitgliedstaat Unterkunft gewährt wird. Diese Maßnahmen kommen mit der Zustimmung der Asylbewerber zur Anwendung.

Artikel 9

Medizinische Untersuchungen

Die Mitgliedstaaten können die medizinische Untersuchung von Asylbewerbern aus Gründen der öffentlichen Gesundheit anordnen.

Artikel 10

Grundschulerziehung und weiterführende Bildung Minderjähriger

(1) Die Mitgliedstaaten gestatten minderjährigen Kindern von Asylbewerbern und minderjährigen Asylbewerbern in ähnlicher Weise wie den Staatsangehörigen des Aufnahmemitgliedstaates den Zugang zum Bildungssystem, solange keine Rückführungsmaßnahme gegen sie selbst oder ihre Eltern vollstreckt wird. Der Unterricht kann in Unterbringungszentren erfolgen.

Die betreffenden Mitgliedstaaten können vorsehen, dass der Zugang auf das öffentliche Bildungssystem beschränkt bleiben muss.

Als Minderjährige gelten Personen, die nach den Bestimmungen des Mitgliedstaats, in dem der Asylantrag gestellt worden ist oder geprüft wird, noch nicht volljährig sind. Die Mitgliedstaaten dürfen eine weiterführende Bildung nicht mit der alleinigen Begründung verweigern, dass die Volljährigkeit erreicht wurde.

(2) Der Zugang zum Bildungssystem darf nicht um mehr als drei Monate, nachdem der Minderjährige oder seine Eltern einen Asylantrag gestellt haben, verzögert werden. Dieser Zeitraum kann auf ein Jahr ausgedehnt werden, wenn eine spezifische Ausbildung gewährleistet wird, die den Zugang zum Bildungssystem erleichtern soll.

(3) Ist der Zugang zum Bildungssystem nach Absatz 1 aufgrund der spezifischen Situation des Minderjährigen nicht möglich, so kann der Mitgliedstaat andere Unterrichtsformen anbieten.

Artikel 11

Beschäftigung

(1) Die Mitgliedstaaten legen einen mit der Einreichung des Asylantrags beginnenden Zeitraum fest, in dem der Asylbewerber keinen Zugang zum Arbeitsmarkt hat.

(2) Ist ein Jahr nach Einreichung des Asylantrags keine Entscheidung in erster Instanz ergangen und ist diese Verzögerung nicht durch Verschulden des Antragsstellers bedingt, so beschließen die Mitgliedstaaten, unter welchen Voraussetzungen dem Asylbewerber Zugang zum Arbeitsmarkt gewährt wird.

(3) Das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt darf während eines Rechtsbehelfsverfahrens, bei dem Rechtsmittel gegen eine ablehnende Entscheidung in einem Standardverfahren aufschiebende Wirkung haben, bis zum Zeitpunkt, zu dem die ablehnende Entscheidung zugestellt wird, nicht entzogen werden.

(4) Aus Gründen der Arbeitsmarktpolitik können die Mitgliedstaaten Unionsbürgern und Angehörigen von Staaten, die Vertragsparteien des Übereinkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, sowie Drittstaatsangehörigen mit rechtmäßigem Aufenthalt Vorrang einräumen.

Artikel 12

Berufliche Bildung

Die Mitgliedstaaten können Asylbewerbern ungeachtet der Möglichkeit des Zugangs zum Arbeitsmarkt den Zugang zur beruflichen Bildung gestatten.

Der Zugang zur beruflichen Bildung im Zusammenhang mit einem Arbeitsvertrag wird davon abhängig gemacht, inwieweit der betreffende Asylbewerber Zugang zum Arbeitsmarkt gemäß Artikel 11 hat.

Artikel 13

Allgemeine Bestimmungen zu materiellen Aufnahmebedingungen und zur Gesundheitsversorgung

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Asylbewerbern ab Antragstellung materielle Aufnahmebedingungen gewährt werden.

(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die gewährten materiellen Aufnahmebedingungen einem Lebensstandard entsprechen, der die Gesundheit und den Lebensunterhalt der Asylbewerber gewährleistet.

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass dieser Lebensstandard gewährleistet ist, wenn es sich um besonders bedürftige Personen im Sinne von Artikel 17 und um in Gewahrsam befindliche Personen handelt.

(3) Die Mitgliedstaaten können die Gewährung aller oder bestimmter materieller Aufnahmebedingungen und der Gesundheitsversorgung davon abhängig machen, dass die Asylbewerber nicht über ausreichende Mittel für einen Lebensstandard verfügen, der ihnen Gesundheit und den Lebensunterhalt gewährleistet.

(4) Die Mitgliedstaaten können von den Asylbewerbern verlangen, dass sie für die Kosten der in dieser Richtlinie vorgesehenen materiellen Aufnahmebedingungen und der Gesundheitsversorgung gemäß Absatz 3 ganz oder teilweise aufkommen, sofern sie über ausreichende Mittel verfügen, beispielsweise wenn sie über einen angemessenen Zeitraum gearbeitet haben.

Stellt sich heraus, dass ein Asylbewerber zum Zeitpunkt der Gewährung der materiellen Aufnahmebedingungen sowie der Gesundheitsversorgung über ausreichende Mittel verfügt hat, um diese Grundbedürfnisse zu decken, können die Mitgliedstaaten eine Erstattung verlangen.

(5) Die materiellen Aufnahmebedingungen können in Form von Sachleistungen, Geldleistungen oder Gutscheinen oder einer Kombination dieser Leistungen gewährt werden.

Wenn die Mitgliedstaaten materielle Aufnahmebedingungen durch Geldleistungen oder Gutscheine gewähren, bemisst sich deren Wert nach den in diesem Artikel festgelegten Grundsätzen.

Artikel 14

Modalitäten der materiellen Aufnahmebedingungen

(1) Sofern Unterbringung als Sachleistung erfolgt, sollte sie in einer der folgenden Formen gewährt werden, die auch miteinander kombiniert werden können:

a) Räumlichkeiten zur Unterbringung von Asylbewerbern für die Dauer der Prüfung eines an der Grenze gestellten Asylantrags;

b) Unterbringungszentren, die einen angemessenen Standard gewährleisten;

c) Privathäuser, Wohnungen, Hotels oder andere für die Unterbringung von Asylbewerbern geeignete Räumlichkeiten.

(2) Die Mitgliedstaaten gewährleisten für die gemäß Absatz 1 Buchstaben a), b) und c) untergebrachten Asylbewerber

a) den Schutz ihres Familienlebens;

b) die Möglichkeit, mit Verwandten, Rechtsbeiständen, Vertretern des Amtes des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) und von den Mitgliedstaaten anerkannten Nichtregierungsorganisationen (NRO) in Verbindung zu treten.

Die Mitgliedstaaten sorgen besonders dafür, dass Gewalt in den in Absatz 1 Buchstaben a) und b) genannten Räumlichkeiten und Unterbringungszentren verhütet wird.

(3) Die Mitgliedstaaten tragen gegebenenfalls dafür Sorge, dass minderjährige Kinder von Asylbewerbern oder minderjährige Asylbewerber zusammen mit ihren Eltern oder dem erwachsenen Familienmitglied, das nach dem Gesetz oder dem Gewohnheitsrecht sorgeberechtigt ist, untergebracht werden.

(4) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Asylbewerber nur dann in eine andere Einrichtung verlegt werden, wenn dies notwendig ist. Die Mitgliedstaaten ermöglichen den Asylbewerbern, ihren Rechtsbeistand über die Verlegung und die neue Adresse zu informieren.

(5) Das in den Unterbringungszentren eingesetzte Personal muss angemessen geschult sein und unterliegt in Bezug auf die Informationen, die es durch seine Arbeit erhält, der Schweigepflicht, wie sie im nationalen Recht definiert ist.

(6) Die Mitgliedstaaten können die Asylbewerber über einen Beirat oder eine Abordnung der untergebrachten Personen an der Verwaltung der materiellen und der nicht materiellen Aspekte des Lebens in dem Zentrum beteiligen.

(7) Rechtsbeistände oder -berater von Asylbewerbern sowie Vertreter des Amts des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen oder von diesem gegebenenfalls beauftragte und von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannte Nichtregierungsorganisationen erhalten Zugang zu den Aufnahmezentren und sonstigen Unterbringungseinrichtungen, um den Asylbewerbern zu helfen. Der Zugang darf nur aus Gründen der Sicherheit der Zentren und Einrichtungen oder der Asylbewerber eingeschränkt werden.

(8) Die Mitgliedstaaten können in Ausnahmefällen für einen angemessenen Zeitraum, der so kurz wie möglich sein sollte, andere Modalitäten der materiellen Aufnahmebedingungen festlegen als in diesem Artikel vorgesehen, wenn

- zunächst eine Evaluierung der spezifischen Bedürfnisse des Asylbewerbers erforderlich ist;

- materielle Aufnahmebedingungen, wie sie in diesem Artikel vorgesehen sind, in einer bestimmten Region nicht zur Verfügung stehen;

- die üblicherweise verfügbaren Unterbringungskapazitäten vorübergehend erschöpft sind;

- sich der Asylbewerber in Gewahrsam oder in Grenzgebäuden befindet, die er nicht verlassen darf.

Bei diesen anderen Aufnahmemodalitäten werden in jedem Fall die Grundbedürfnisse gedeckt.

Artikel 15

Medizinische Versorgung

(1) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Asylbewerber die erforderliche medizinische Versorgung erhalten, die zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst.

(2) Die Mitgliedstaaten gewähren Asylbewerbern mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe.

KAPITEL III

EINSCHRÄNKUNG ODER ENTZUG DER IM RAHMEN DER AUFNAHMEBEDINGUNGEN GEWÄHRTEN VORTEILE

Artikel 16

Einschränkung oder Entzug der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile

(1) Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile in folgenden Fällen einschränken oder entziehen:

a) wenn ein Asylbewerber

- den von der zuständigen Behörde bestimmten Aufenthaltsort verlässt, ohne diese davon zu unterrichten oder erforderlichenfalls eine Genehmigung erhalten zu haben oder

- seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen betreffend das Asylverfahren während einer im nationalen Recht festgesetzten angemessenen Frist nicht nachkommt oder

- im gleichen Mitgliedstaat bereits einen Antrag gestellt hat;

wird ein Asylbewerber aufgespürt oder meldet er sich freiwillig bei der zuständigen Behörde, so ergeht eine zu begründende Entscheidung unter Berücksichtigung der Motive des Untertauchens über die erneute Gewährung einiger oder aller im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile;

b) wenn ein Asylbewerber verschwiegen hat, dass er über Finanzmittel verfügt und dadurch im Rahmen der Aufnahmebedingungen zu Unrecht in den Genuss materieller Vorteile gekommen ist.

Stellt sich heraus, dass ein Asylbewerber zum Zeitpunkt der Gewährung materieller Vorteile im Rahmen der Aufnahmebedingungen über ausreichende Mittel verfügte, um Grundbedürfnisse zu decken, so können die Mitgliedstaaten von dem Asylbewerber eine Erstattung verlangen.

(2) Die Mitgliedstaaten können die im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile verweigern, wenn ein Asylbewerber keinen Nachweis dafür erbracht hat, dass der Asylantrag so bald wie vernünftigerweise möglich nach der Ankunft in diesem Mitgliedstaat gestellt wurde.

(3) Die Mitgliedstaaten können Sanktionen für grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterbringungszentren und grob gewalttätiges Verhalten festlegen.

(4) Entscheidungen über die Einschränkung, den Entzug oder die Verweigerung der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile oder Sanktionen nach den Absätzen 1, 2 und 3 werden jeweils für den Einzelfall, objektiv und unparteiisch getroffen und begründet. Die Entscheidungen sind aufgrund der besonderen Situation der betreffenden Personen, insbesondere im Hinblick auf die in Artikel 17 genannten Personen, unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu treffen. Die Mitgliedstaaten gewährleisten in jedem Fall Zugang zur medizinischen Notversorgung.

(5) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass materielle Vorteile im Rahmen der Aufnahmebedingungen nicht entzogen oder eingeschränkt werden, bevor eine abschlägige Entscheidung ergeht.

KAPITEL IV

BESTIMMUNGEN BETREFFEND BESONDERS BEDÜRFTIGE PERSONEN

Artikel 17

Allgemeiner Grundsatz

(1) Die Mitgliedstaaten berücksichtigen in den nationalen Rechtsvorschriften zur Durchführung des Kapitels II betreffend die materiellen Aufnahmebedingungen sowie die medizinische Versorgung die spezielle Situation von besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben.

(2) Absatz 1 gilt ausschließlich für Personen, die nach einer Einzelprüfung ihrer Situation als besonders hilfebedürftig anerkannt werden.

Artikel 18

Minderjährige

(1) Bei der Anwendung der Minderjährige berührenden Bestimmungen der Richtlinie berücksichtigen die Mitgliedstaaten vorrangig das Wohl des Kindes.

(2) Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Minderjährige, die Opfer irgendeiner Form von Missbrauch, Vernachlässigung, Ausbeutung, Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung gewesen sind oder unter bewaffneten Konflikten gelitten haben, Rehabilitationsmaßnahmen in Anspruch nehmen können und dass im Bedarfsfall eine geeignete psychologische Betreuung und eine qualifizierte Beratung angeboten wird.

Artikel 19

Unbegleitete Minderjährige

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen so bald wie möglich für die erforderliche Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen; die Vertretung übernimmt ein gesetzlicher Vormund oder erforderlichenfalls eine Organisation, die für die Betreuung und das Wohlergehen von Minderjährigen verantwortlich ist, oder eine andere geeignete Instanz. Die zuständigen Behörden nehmen regelmäßige Bewertungen vor.

(2) Asyl beantragende unbegleitete Minderjährige werden ab dem Zeitpunkt der Zulassung in das Hoheitsgebiet bis zu dem Zeitpunkt, zu dem sie den Aufnahmemitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt worden ist oder geprüft wird, verlassen müssen, nach folgender Rangordnung aufgenommen:

a) bei erwachsenen Verwandten;

b) in einer Pflegefamilie;

c) in Aufnahmezentren mit speziellen Einrichtungen für Minderjährige;

d) in anderen für Minderjährige geeigneten Unterkünften.

Die Mitgliedstaaten können unbegleitete Minderjährige ab 16 Jahren in Aufnahmezentren für erwachsene Asylbewerber unterbringen.

Geschwister sollen möglichst zusammen bleiben, wobei das Wohl des betreffenden Minderjährigen, insbesondere sein Alter und sein Reifegrad, zu berücksichtigen ist. Wechsel des Aufenthaltsorts sind bei unbegleiteten Minderjährigen auf ein Mindestmaß zu beschränken.

(3) Die Mitgliedstaaten bemühen sich im Interesse des Wohls des unbegleiteten Minderjährigen, dessen Familienangehörigen so bald wie möglich ausfindig zu machen. In Fällen, in denen das Leben oder die Unversehrtheit des Minderjährigen oder seiner nahen Verwandten bedroht sein könnte, insbesondere wenn diese im Herkunftsland geblieben sind, ist darauf zu achten, dass die Erfassung, Verarbeitung und Weitergabe von Informationen über diese Personen vertraulich erfolgt, um ihre Sicherheit nicht zu gefährden.

(4) Das Betreuungspersonal für unbegleitete Minderjährige muss im Hinblick auf die Bedürfnisse des Minderjährigen adäquat ausgebildet sein oder werden und unterliegt in Bezug auf die Informationen, die es durch seine Arbeit erhält, der Schweigepflicht, wie sie im nationalen Recht definiert ist.

Artikel 20

Opfer von Folter und Gewalt

Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Personen, die Folter, Vergewaltigung oder andere schwere Gewalttaten erlitten haben, im Bedarfsfall die Behandlung erhalten, die für Schäden, welche ihnen durch die genannten Handlungen zugefügt wurden, erforderlich ist.

KAPITEL V

RECHTSMITTEL

Artikel 21

Rechtsmittel

(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass gegen abschlägige Entscheidungen im Zusammenhang mit der Gewährung von Zuwendungen gemäß dieser Richtlinie oder gegen Entscheidungen gemäß Artikel 7, die Asylbewerber individuell betreffen, Rechtsmittel nach den in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Verfahren eingelegt werden können. Zumindest in der letzten Instanz ist die Möglichkeit einer Berufung oder einer Revision vor einem Gericht zu gewähren.

(2) Die Verfahren für den Zugang zu Rechtsbeistand in solchen Fällen werden im einzelstaatlichen Recht vorgesehen.

KAPITEL VI

MASSNAHMEN ZUR VERBESSERUNG DER EFFIZIENZ DES AUFNAHMESYSTEMS

Artikel 22

Zusammenarbeit

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission regelmäßig nach Geschlecht und Alter aufgeschlüsselte Angaben über die Zahl der unter die Aufnahmebedingungen fallenden Personen sowie vollständige Informationen über Art, Bezeichnung und Form der Dokumente, auf die in Artikel 6 verwiesen wird.

Artikel 23

System zur Lenkung, Überwachung und Steuerung

Die Mitgliedstaaten gewährleisten unter gebührender Wahrung ihrer verfassungsrechtlichen Struktur eine geeignete Lenkung, Überwachung und Steuerung des Niveaus der Aufnahmebedingungen.

Artikel 24

Personal und Ressourcen

(1) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Behörden und Organisationen, die diese Richtlinie durchführen, die nötige Grundausbildung erhalten haben, um den Bedürfnissen männlicher und weiblicher Asylbewerber entsprechen zu können.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen die Ressourcen bereit, die im Zusammenhang mit den nationalen Durchführungsvorschriften zu dieser Richtlinie erforderlich sind.

KAPITEL VII

SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 25

Berichterstattung

Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 6. August 2006 Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie und schlägt gegebenenfalls Änderungen vor.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission bis zum 6. Februar 2006 alle für die Erstellung dieses Berichts sachdienlichen Informationen, einschließlich der statistischen Angaben gemäß Artikel 22.

Nach Vorlage des Berichts erstattet die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat mindestens alle fünf Jahre Bericht über die Anwendung dieser Richtlinie.

Artikel 26

Umsetzung

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie bis zum 6. Februar 2005 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission den Wortlaut der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit, die sie auf den unter diese Richtlinie fallenden Gebieten erlassen.

Artikel 27

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 28

Adressaten

Diese Richtlinie ist gemäß dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 27. Januar 2003.

Im Namen des Rates

Der Präsident

G. Papandreou

(1) ABl. C 213 vom 31.7.2001, S. 286.

(2) Stellungnahme vom 25. April 2002 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(3) ABl. C 48 vom 21.2.2002, S. 63.

(4) ABl. C 107 vom 3.5.2002, S. 85.

(5) ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12.