31992L0028

Richtlinie 92/28/EWG des Rates vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel

Amtsblatt Nr. L 113 vom 30/04/1992 S. 0013 - 0018
Finnische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 11 S. 0040
Schwedische Sonderausgabe: Kapitel 15 Band 11 S. 0040


RICHTLINIE 92/28/EWG DES RATES vom 31. März 1992 über die Werbung für Humanarzneimittel

DER RAT DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 100a,

auf Vorschlag der Kommission(1) ,

in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament(2) ,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses(3) ,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Mit der Richtlinie Nr. 84/450/EWG(4) wurden die Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der irreführenden Werbung angeglichen. Die Anwendung der aufgrund der genannten Richtlinie getroffenen Maßnahmen wird durch die vorliegende Richtlinie nicht berührt.

Ferner haben alle Mitgliedstaaten spezifische Maßnahmen auf dem Gebiet der Arzneimittelwerbung ergriffen. Diese Maßnahmen sind unterschiedlich, und diese Unterschiede wirken sich auf die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes aus, da sich eine in einem Mitgliedstaat verbreitete Werbung auch auf die übrigen Mitgliedstaaten auswirken kann.

Die Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit(5) verbietet die Fernsehwerbung für Arzneimittel, die in dem Mitgliedstaat, dessen Hoheitsgewalt der Fernsehveranstalter unterworfen ist, nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind. Dieser Grundsatz ist auch auf die übrigen Medien auszudehnen.

Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die ohne Verschreibung abgegeben werden können, könnte sich auf die Volksgesundheit auswirken, wenn sie übertrieben und unvernünftig ist. Die Werbung muß, wenn sie erlaubt wird, bestimmten Anforderungen genügen, die festgelegt werden müssen.

Ferner ist die Abgabe von Gratismustern zum Zwecke der Verkaufsförderung zu untersagen.

Die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, trägt zu deren Information bei. Diese Werbung ist jedoch strengen Voraussetzungen und einer wirksamen Kontrolle zu unterwerfen, wobei insbesondere den im Rahmen des Europarats durchgeführten Arbeiten Rechnung zu tragen ist.

Die Arzneimittelvertreter spielen bei der Verkaufsförderung von Arzneimitteln eine wichtige Rolle. Deshalb müssen ihnen bestimmte Verpflichtungen auferlegt werden, insbesondere jene, der aufgesuchten Person eine Zusammenfassung der Produkteigenschaften auszuhändigen.

Die zur Verschreibung von Arzneimitteln berechtigten Personen müssen ihre Aufgabe absolut objektiv erfuellen können, d.h. sie dürfen keinen direkten oder indirekten finanziellen Anreizen ausgesetzt sein.

Gratismuster von Arzneimitteln sollten unter Einhaltung bestimmter einschränkender Bedingungen an die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen abgegeben werden können, damit sich diese mit neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen bei deren Anwendung sammeln können.

Die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen müssen zwar über eine neutrale und objektive Informationsquelle über die auf dem Markt angebotenen Arzneimittel verfügen, es obliegt jedoch den Mitgliedstaaten, die dafür geeigneten Maßnahmen unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen besonderen Lage zu treffen.

Die Arzneimittelwerbung muß angemessen und wirksam kontrolliert werden. Die entsprechenden Kontrollmechanismen sollten in Anlehnung an die Richtlinie 84/450/EWG ausgewählt werden.

Jedes Unternehmen, das Arzneimittel herstellt oder einführt, muß ein System schaffen, das gewährleistet, daß jede Arzneimittelinformation den für dieses Mittel genehmigten Anwendungsbedingungen entspricht -

HAT FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

KAPITEL I Begriffsbestimmungen, Anwendungsbereich und allgemeine Grundsätze

Artikel 1

(1) Diese Richtlinie betrifft die Werbung für unter die Bestimmungen der Kapitel II bis V der Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel(6) fallende Humanarzneimittel in der Gemeinschaft.

(2) Für diese Richtlinie gelten

- die Begriffsbestimmungen für die "Bezeichnung des Arzneimittels" und für die "allgemeine Bezeichnung" gemäß Artikel 1 der Richtlinie 92/27/EWG(7) ,

- als "Zusammenfassung der Produkteigenschaften" diejenige Zusammenfassung, die von den zuständigen Behörden genehmigt wurde, die die Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 4b der Richtlinie 65/65/EWG erteilt haben.

(3) Im Sinne dieser Richtlinie gelten als "Werbung für Arzneimittel" alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und zur Schaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern; sie umfasst insbesondere:

- die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel,

- die Arzneimittelwerbung bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

- den Besuch von Arzneimittelvertretern bei Personen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

- die Lieferung von Arzneimittelmustern,

- Anreize zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln durch das Gewähren, Anbieten oder Versprechen von finanziellen oder materiellen Vorteilen, sofern diese nicht von geringem Wert sind,

- das Sponsern von Verkaufsförderungstagungen, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zur Abgabe von Arzneimitteln berechtigt sind,

- das Sponsern wissenschaftlicher Kongresse, an denen Personen teilnehmen, die zur Verschreibung oder zurAbgabe von Arzneimitteln berechtigt sind, insbesondere die Übernahme der Reise- und Aufenthaltskosten dieser Personen.

(4) Diese Richtlinie betrifft nicht

- die Etikettierung und die Packungsbeilage für Arzneimittel, die den Bestimmungen der Richtlinie 91/27/EWG unterliegen;

- den Schriftwechsel und gegebenenfalls alle Unterlagen, die nicht Werbezwecken dienen und die zur Beantwortung einer konkreten Anfrage über ein bestimmtes Arzneimittel erforderlich sind,

- die konkreten Angaben und die Unterlagen, die beispielsweise Änderungen der Verpackung, Warnungen vor unerwünschten Nebenwirkungen im Rahmen der Arzneimittelüberwachung sowie Verkaufskataloge und Preislisten betreffen, sofern diese keine Angaben über das Arzneimittel enthalten,

- Informationen über die menschliche Gesundheit oder Krankheiten, sofern darin auch nicht in indirekter Weise auf ein Arzneimittel Bezug genommen wird.

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten untersagen die Werbung für ein Arzneimittel, für dessen Inverkehrbringen keine Genehmigung nach den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft erteilt worden ist.

(2) Alle Elemente der Arzneimittelwerbung müssen mit den Angaben in der Zusammenfassung der Produkteigenschaften vereinbar sein.

(3) Die Arzneimittelwerbung

- muß einen zweckmässigen Einsatz des Arzneimittels fördern, indem sie seine Eigenschaften objektiv und ohne Übertreibung darstellt;

- darf nicht irreführend sein.

KAPITEL II Öffentlichkeitswerbung

Artikel 3

(1) Die Mitgliedstaaten verbieten die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel, die

- gemäß der Richtlinie 91/26/EWG(8) nur auf ärztliche Verschreibung abgegeben werden dürfen,

- psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen enthalten,

- gemäß Absatz 2 nicht Gegenstand von Werbung in der Öffentlichkeit sein dürfen.

(2) Für Arzneimittel, die nach ihrer Zusammensetzung und Zweckbestimmung so beschaffen und konzipiert sind, daß sie ohne Tätigwerden eines Arztes für die Diagnose, Verschreibung oder Behandlung verwendet werden können, erforderlichenfalls nach Beratung durch den Apotheker, kann Öffentlichkeitswerbung erfolgen.

Die Mitgliedstaaten untersagen in der Öffentlichkeitswerbung therapeutische Anweisungen für Krankheiten, wie beispielsweise

- Tuberkulose,

- durch Geschlechtsverkehr übertragene Krankheiten,

- andere schwere Infektionskrankheiten,

- Krebs und andere Tumorerkrankungen,

- chronische Schlaflosigkeit,

- Diabetes und übrige Stoffwechselkrankheiten.

(3) Ausserdem können die Mitgliedstaaten in ihrem Gebiet die Öffentlichkeitswerbung für erstattungsfähige Arzneimittel untersagen.

(4) Das Verbot nach Absatz 1 gilt nicht für die von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten genehmigten Impfkampagnen der Industrie.

(5) Das Verbot nach Absatz 1 gilt unbeschadet der Artikel 2, 3 und 14 der Richtlinie 89/552/EWG.

(6) Die Mitgliedstaaten untersagen die direkte Abgabe von Arzneimitteln an die Öffentlichkeit zum Zwecke der Verkaufsförderung; sie können diese Form der Abgabe jedoch in Ausnahmefällen zu anderen Zwecken genehmigen.

Artikel 4

(1) Unbeschadet des Artikels 3 muß jede Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel

a) so gestaltet sein, daß der Werbecharakter der Mitteilung deutlich zum Ausdruck kommt und das Produkt klar als Arzneimittel dargestellt wird;

b) mindestens folgende Angaben enthalten:

- den Namen des Arzneimittels sowie die gebräuchliche Bezeichnung, wenn das Arzneimittel nur einen Wirkstoff enthält;

- die für eine sinnvolle Verwendung des Arzneimittels unerläßlichen Informationen;

- eine ausdrückliche und gut erkennbare Aufforderung je nach Fall, die Hinweise auf der Packungsbeilage oder auf der äusseren Verpackung aufmerksam zu lesen.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel in Abweichung von Absatz 1 nur die Bezeichnung des Arzneimittels zu enthalten braucht, wenn ihr Zweck ausschließlich darin besteht, an diese zu erinnren.

Artikel 5

Die Werbung für ein Arzneimittel in der Öffentlichkeit darf keine Elemente enthalten, die

a) eine ärztliche Untersuchung oder einen chirurgischen Eingriff als überfluessig erscheinen lassen, insbesondere dadurch, daß sie eine Diagnose anbieten oder eine Behandlung auf dem Korrespondenzwege empfehlen;

b) nahelegen, daß die Wirkung des Arzneimittels ohne Nebenwirkungen garantiert wird oder einer anderen Behandlung oder einem anderen Arzneimittel entspricht oder überlegen ist;

c) nahelegen, daß die normale gute Gesundheit des Patienten durch die Verwendung des Arzneimittels verbessert werden könnte;

d) nahelegen, daß die normale gute Gesundheit des Patienten im Falle der Nichtverwendung des Arzneimittels beeinträchtigt werden könnte; dieses Verbot gilt nicht für Impfkampagnen im Sinne von Artikel 3 Absatz 4;

e) ausschließlich oder hauptsächlich für Kinder gelten;

f) sich auf eine Empfehlung von Wissenschaftlern, von im Gesundheitswesen tätigen Personen oder von Personen beziehen, die weder Wissenschaftler noch im Gesundheitswesen tätige Personen sind, die aber aufgrund ihrer Bekanntheit zum Arzneimittelverbrauch anregen können;

g) das Arzneimittel einem Lebensmittel, einem kosmetischen Mittel oder anderen Gebrauchsgütern gleichsetzen;

h) nahelegen, die Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels sei darauf zurückzuführen, daß es sich um ein "Naturprodukt" handle;

i) durch eine ausführliche Beschreibung oder Darstellung der Anamnese zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten könnten;

j) sich in mißbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise auf Genesungsbescheinigungen beziehen;

k) in mißbräuchlicher, besorgniserregender oder irreführender Weise bildliche Darstellungen der Veränderungen des menschlichen Körpers aufgrund von Krankheiten oder Schädigungen oder der Wirkung eines Arzneimittels im menschlichen Körper oder in Körperteilen verwenden;

l) erwähnen, daß das Inverkehrbringen des Arzneimittels genehmigt worden ist.

KAPITEL III Werbung bei den im Gesundheitswesen tätigen Personen

Artikel 6

(1) Jede Werbung für ein Arzneimittel bei den zu seiner Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen muß folgendes enthalten:

- die wesentlichen Informationen im Einklang mit der Zusammenfassung der Produkteigenschaften,

- die Einstufung des Arzneimittels hinsichtlich der Abgabe.

Die Mitgliedstaaten können ferner vorschreiben, daß diese Werbung den Einzelhandelsverkaufspreis oder Richttarif der verschiedenen Packungen und die Erstattungsbedingungen der Krankenversicherungsträger umfasst.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die Werbung für ein Arzneimittel bei den zu seiner Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen in Abweichung von Absatz 1 nur die Bezeichnung des Arzneimittels zu enthalten braucht, wenn ihr Zweck ausschließlich darin besteht, an diese zu erinnern.

Artikel 7

(1) Alle Unterlagen über ein Arzneimittel, die im Rahmen der Verkaufsförderung für dieses Arzneimittel an die zur Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen abgegeben werden, müssen mindestens die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen einschließen, sowie die Angabe des Zeitpunkts, zu dem die Unterlagen erstellt oder zuletzt geändert worden sind.

(2) Alle in den in Absatz 1 erwähnten Unterlagen enthaltenen Informationen müssen genau, aktuell, überprüfbar und vollständig genug sein, um dem Empfänger die Möglichkeit zu geben, sich persönlich von dem therapeutischen Wert des Arzneimittels ein Bild zu machen.

(3) Die aus medizinischen Zeitschriften oder wissenschaftlichen Werken entnommenen Zitate, Tabellen und sonstigen Illustrationen, die in den in Absatz 1 genannten Unterlagen verwendet werden, müssen wortgetreu übernommen werden; dabei ist die genaue Quelle anzugeben.

Artikel 8

(1) Die Arzneimittelvertreter müssen von ihrem jeweiligen Arbeitgeber entsprechend ausgebildet werden und über ausreichende Kenntnisse verfügen, um genaue und möglichst vollständige Auskünfte über die Arzneimittel zu erteilen, die sie anbieten.

(2) Bei jedem Besuch müssen die Arzneimittelvertreter der besuchten Person für jedes Arzneimittel, das sie anbieten, die Zusammenfassung der Produkteigenschaften vorlegen, die um die Informationen zum Verkaufspreis und zu den Erstattungsbedingungen im Sinne von Artikel 6 Absatz 1 ergänzt wurde, wenn dies nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gestattet ist.

(3) Die Arzneimittelvertreter müssen der in Artikel 13 Absatz 1 genannten wissenschaftlichen Stelle alle Angaben über die Verwendung der Arzneimittel, für die sie Werbung treiben, vorlegen, insbesondere mit Bezug auf die unerwünschten Nebenwirkungen, die ihnen von den besuchten Personen mitgeteilt werden.

Artikel 9

(1) Im Rahmen der Verkaufsförderung für Arzneimittel bei den zu ihrer Verschreibung oder Abgabe berechtigten Personen ist es verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder pharmazeutische Praxis von Belang.

(2) Der Repräsentationsaufwand im Zusammenhang mit der Verkaufsförderung muß immer in einem vertretbaren Rahmen bleiben und in bezug auf den Hauptzweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein; er darf sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen beziehen.

(3) Die zur Verschreibung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigten Personen dürfen keine der aufgrund von Absatz 1 untersagten oder im Widerspruch zu Absatz 2 stehenden Anreize verlangen oder annehmen.

(4) Dieser Artikel lässt die in den Mitgliedstaaten bestehenden Maßnahmen oder Handelspraktiken hinsichtlich der Preise, Gewinnspannen und Rabatte unberührt.

Artikel 10

Die Bestimmungen des Artikels 9 Absatz 1 stehen der direkten oder indirekten Bewirtung bei ausschließlich berufsbezogenen und wissenschaftlichen Veranstaltungen nicht entgegen; der entsprechende Repräsentationsaufwand muß immer in einem vertretbaren Rahmen bleiben und in bezug auf den wissenschaftlichen Hauptzweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sein; er darf sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen beziehen.

Artikel 11

(1) Gratismuster dürfen nur ausnahmsweise unter folgenden Voraussetzungen an die zur Verschreibung berechtigten Personen abgegeben werden:

a) eine begrenzte Anzahl von Mustern von jedem Arzneimittel pro Jahr und je Verschreiber;

b) jedes Muster darf nur auf schriftliches Ersuchen mit Datum und Unterschrift des Empfängers geliefert werden;

c) bei den Lieferanten der Muster muß ein angemessenes System für die Durchführung der Kontrolle und die Feststellung der Verantwortlichkeit bestehen;

d) das Muster muß der kleinsten im Handel erhältlichen Packung entsprechen;

e) das Muster muß die Aufschrift "unverkäufliches Gratisärztemuster" oder eine Angabe mit gleicher Bedeutung tragen;

f) dem Muster ist eine Kopie der Zusammenfassung der Produkteigenschaften beizufügen;

g) es dürfen keine Muster von Arzneimitteln abgegeben werden, die psychotrope Substanzen oder Suchtstoffe im Sinne der internationalen Übereinkommen enthalten.

(2) Ferner können die Mitgliedstaaten die Abgabe von Mustern bestimmter Arzneimittel wieder einschränken.

KAPITEL IV Kontrolle der Werbung

Artikel 12

(1) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß geeignete und wirksame Mittel zur Überwachung der Arzneimittelwerbung verfügbar sind. Diese Mittel, die auf einem System der Vorabkontrolle beruhen können, müssen auf jeden Fall Rechtsvorschriften umfassen, denen zufolge Personen oder Stellen, die nach einzelstaatlichem Recht ein berechtigtes Interesse am Verbot einer gegen diese Richtlinie verstossenden Werbung haben, gegen diese Werbung durch Erhebung einer Klage bei Gericht oder vor einer zuständigen Verwaltungsstelle vorgehen können, die befugt ist, entweder über Beschwerden zu entscheiden oder geeignete gerichtliche Schritte einzuleiten.

(2) Im Rahmen der in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften übertragen die Mitgliedstaaten den Gerichten oder Verwaltungsstellen die notwendigen Befugnisse, die es ihnen - falls sie diese Maßnahmen unter Berücksichtigung aller betroffenen Interessen und insbesondere des Allgemeininteresses für notwendig halten - ermöglichen,

- die Einstellung einer irreführenden Werbung anzuordnen oder geeignete Schritte einzuleiten, um die Einstellung dieser Werbung anordnen zu lassen

oder

- eine solche Werbung zu verbieten oder geeignete Schritte zu unternehmen, um die irreführende Werbung verbieten zu lassen, wenn sie noch nicht veröffentlicht ist, ihre Veröffentlichung jedoch unmittelbar bevorsteht,

und zwar auch ohne Nachweis eines tatsächlichen Verlustes oder Schadens oder eines Vorsatzes oder einer Fahrlässigkeit des Werbenden.

Die Mitgliedstaaten sehen ferner vor, daß die in Unterabsatz 1 genannten Maßnahmen im Rahmen eines Einzelverfahrens angeordnet werden können

- entweder mit vorläufiger Wirkung

- oder mit endgültiger Wirkung,

wobei es den einzelnen Mitgliedstaaten freisteht, sich für eine dieser beiden Optionen zu entscheiden.

Ferner können die Mitgliedstaaten den Gerichten oder den Verwaltungsstellen Befugnisse übertragen, die es ihnen zur Beseitigung fortdauernder Wirkungen einer irreführenden Werbung, deren Einstellung durch rechtskräftige Entscheidung angeordnet worden ist, ermöglichen,

- zu verlangen, daß diese Entscheidung ganz oder teilweise in der ihnen als geeignet erscheinenden Form veröffentlicht wird,

- zu verlangen, daß ausserdem eine Berichtigung veröffentlicht wird.

(3) Im Rahmen der in Absatz 1 genannten Rechtsvorschriften sorgen die Mitgliedstaaten dafür, daß sämtliche nach Absatz 2 getroffenen Entscheidungen genau begründet und dem Betroffenen unter Angabe der in den einschlägigen Vorschriften vorgesehenen Rechtsbehelfsmöglichkeiten sowie der für die Einlegung des Rechtsbehelfs einzuhaltenden Frist zugestellt werden.

(4) Dieser Artikel schließt die freiwillige Kontrolle der Arzneimittelwerbung durch Stellen der freiwilligen Selbstkontrolle und die Inanspruchnahme solcher Stellen nicht aus, sofern - zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten gerichtlichen Verfahren oder Verwaltungsverfahren - Verfahren vor derartigen Stellen vorgesehen sind.

Artikel 13

(1) Der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen errichtet innerhalb seines Unternehmens eine wissenschaftliche Stelle, die mit der Information über die von ihm in den Verkehr gebrachten Arzneimittel beauftragt wird.

(2) Die für das Inverkehrbringen verantwortliche Person

- hält eine Ausfertigung jedes von ihrem Unternehmen verbreiteten Werbetextes sowie ein Datenblatt mit Angabe des Empfängers, der Verbreitungsart und des Datums der ersten Verbreitung zur Verfügung der für die Kontrolle der Arzneimittelwerbung verantwortlichen Behörden oder Stellen oder übermittelt ihnen diese Unterlagen,

- vergewissert sich, daß die von ihrem Unternehmen durchgeführte Arzneimittelwerbung dieser Richtlinie entspricht,

- prüft, ob die von ihrem Unternehmen beschäftigten Arzneimittelvertreter zweckmässig ausgebildet sind und die ihnen aufgrund von Artikel 8 Absätze 2 und 3 obliegenden Verpflichtungen einhalten,

- liefert den mit der Kontrolle der Arzneimittelwerbung beauftragten Behörden oder Stellen die Informationen und die Hilfe, deren sie zur Durchführung ihres Auftrags bedürfen,

- sorgt dafür, daß die Anordnungen der für die Kontrolle der Arzneimittelwerbung verantwortlichen Behörden oder Stellen unverzueglich und vollständig befolgt werden.

Artikel 14

Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die volle Anwendung aller Bestimmungen dieser Richtlinie sicherzustellen, und bestimmen insbesondere die Sanktionen, die bei Verstössen gegen die zur Durchführung dieser Richtlinie erlassenen Bestimmungen anzuwenden sind.

Artikel 15

(1) Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Maßnahmen, um dieser Richtlinie zum 1. Januar 1993 nachzukommen. Sie setzen die Kommission unverzueglich davon in Kenntnis.

(2) Wenn die Mitgliedstaaten die Vorschriften nach Absatz 1 erlassen, nehmen sie in diesen Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 16

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel am 31. März 1992.

Im Namen des Rates Der Präsident Vitor MARTINS

(1) ABl. Nr. C 163 vom 4. 7. 1990, S. 10, und ABl. Nr. C 207 vom 8. 8. 1991, S. 25.

(2) ABl. Nr. C 183 vom 15. 7. 1991, S. 227, und ABl. Nr. C 67 vom 16. 3. 1992.

(3) ABl. Nr. C 60 vom 8. 3. 1991, S. 40.

(4) ABl. Nr. L 250 vom 19. 9. 1984, S. 17.

(5) ABl. Nr. L 298 vom 17. 10. 1989, S. 23.

(6) ABl. Nr. 22 vom 9. 2. 1965, S. 369/65; Richtlinie zuletzt geändert durch die Richtlinie 89/341/EWG (ABl. Nr. L 142 vom 25. 5. 1989, S. 11).

(7) Siehe Seite 8 dieses Amtsblatts.

(8) Siehe Seite 5 dieses Amtsblatts.