EMARK - JICRA - GICRA 2005 / 15

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Auszug aus dem Urteil vom 14. Juni 2005 i.S. E.G., Iran
Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG; Schlussbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 19. Dezember 2003: keine Rückwirkung der gesetzlichen Bestimmung.
Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG ist nicht anwendbar auf Asylgesuche, die vor dem Inkrafttreten des neuen Nichteintretenstatbestandes, das heisst vor dem 1. April 2004, eingereicht worden sind.
Art. 32 al. 2 let. f LAsi ; dispositions transitoires de la modification du 19 décembre 2003 de la LAsi : non-rétroactivité de la loi.
La let. f, qui porte sur le dernier motif de non-entrée en matière introduit à l'art. 32 al. 2 LAsi, n'est pas applicable aux demandes d'asile déposées avant son entrée en vigueur, le 1er avril 2004.
Art. 32 cpv. 2 lett. f LAsi; disposizioni finali della modifica della LAsi del 19 dicembre 2003: divieto di retroattività della menzionata norma.
L'art. 32 cpv. 2 lett. f LAsi, che concerne una fattispecie di non entrata nel merito, non è applicabile a domande d'asilo inoltrate anteriormente alla sua entrata in vigore, il 1° aprile 2004.
Zusammenfassung des Sachverhalts:
Der Beschwerdeführer ersuchte am 31. Dezember 2002 in der Empfangsstelle des BFF in Chiasso um Asyl.
Anlässlich der Kurzbefragung und der kantonalen Anhörung gab der Beschwerdeführer insbesondere an, er habe im Jahre 1986 in Deutschland ein erstes Mal um Asyl ersucht und sei dort im Jahre 1988 als Flüchtling anerkannt worden. Um seinen kranken Vater besuchen zu können, habe er indes im Jahre 1996 seinen Flüchtlingsstatus aufgegeben und sei freiwillig in seine Heimat zurückgekehrt. Weil ihm im Iran erneut Verfolgung gedroht habe, sei er im Jahre 1998 wieder nach Deutschland gereist. Dort habe er ein zweites Mal um Asyl ersucht, das Gesuch sei jedoch abgelehnt worden und er habe eine Ausreisefrist erhalten.

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Aus diesem Grund sei er illegal nach Norwegen gereist, wo er im Dezember 2001 ebenfalls um Asyl ersucht habe. Nachdem auch dieses Gesuch abgelehnt worden sei und er in Norwegen eine Ausreisefrist erhalten habe, sei er im Dezember 2002 direkt in die Schweiz gereist.
Mit Verfügung vom 4. Juni 2004 trat das BFF in Anwendung von Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG auf das Asylgesuch des Beschwerdeführers nicht ein und ordnete die Wegweisung aus der Schweiz sowie deren Vollzug an.
Mit Eingabe vom 10. Juni 2004 erhob der Beschwerdeführer gegen den Entscheid des BFF Beschwerde bei der ARK, wobei er zur Hauptsache die Aufhebung der angefochtenen Verfügung beantragte.
Am 15. Juni 2004 wurde die Vorinstanz von der Instruktionsrichterin zur Vernehmlassung eingeladen. Dabei wurde zuhanden des BFF festgehalten, vorliegend interessiere im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG vorab die Frage einer allfälligen Rückwirkung dieser Bestimmung.
In seiner einlässlichen Vernehmlassung vom 7. Juli 2004 hielt das BFF an der angefochtenen Verfügung fest und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Mit Eingaben vom 7. Juli 2004 und 14. Oktober 2004 machte der Beschwerdeführer ergänzende Angaben und bekräftigte seine Beschwerde.
Die ARK heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zur Neubeurteilung zurück an das BFM.
Aus den Erwägungen:

3. Das BFF stützt seinen Nichteintretensentscheid auf Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG, welcher seit dem 1. April 2004 in Kraft ist (AS 2004 1647). Gemäss dieser Bestimmung wird auf ein Asylgesuch nicht eingetreten, wenn Asylsuchende in einem Staat der Europäischen Union (EU) oder des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) einen ablehnenden Asylentscheid erhalten haben, ausser die Anhörung ergebe Hinweise, dass in der Zwischenzeit Ereignisse eingetreten sind, die geeignet sind, die Flüchtlingseigenschaft zu begründen oder die für die Gewährung vorübergehenden Schutzes relevant sind.
Dieser Nichteintretenstatbestand wurde durch das Bundesgesetz über das Entlastungsprogramm 2003 vom 19. Dezember 2003 (nachfolgend: EP 03; AS 2004 1633 ff.) ins AsylG eingefügt. Gemäss der Botschaft zum EP 03 wird mit dem

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neuen Nichteintretenstatbestand bezweckt, dass die Schweiz - solange sie kein Parallelabkommen mit den andern europäischen Staaten geschlossen hat - nicht zur Zweitdestination für Asylsuchende wird, die im europäischen Raum bereits erfolglos ein Asylverfahren durchlaufen haben (vgl. BBl 2003 S. 5615 ff., insb. S. 5756 f.).

4. Anlässlich der Einladung zum Schriftenwechsel wurde die Vorinstanz auf die Frage nach einer allfälligen Rückwirkung des neuen Nichteintretenstatbestands gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG hingewiesen. In ihrer ausführlichen Vernehmlassung gelangt die Vorinstanz zum Schluss, einer Anwendung der neuen Bestimmung auf Asylgesuche, welche vor Inkrafttreten der Änderungen des EP 03 eingereicht worden seien, stehe nichts entgegen. Dieser Ansicht ist - wie nachfolgend aufgezeigt - nicht zu folgen:

4.1. Das Asylgesuch des Beschwerdeführers datiert vom 31. Dezember 2002 und der Entscheid des BFF vom 4. Juni 2004 stützt sich auf den per 1. April 2004, also mehr als ein Jahr später in Kraft gesetzten neuen Nichteintretenstatbestand. Der Frage nach dem zeitlichen Geltungsbereich der neuen Bestimmung respektive nach einer allfälligen Rückwirkung kommt demnach ausschlaggebende Bedeutung zu.
Die Frage, welches Recht anzuwenden ist, hat grundsätzlich das Gesetz zu beantworten. "Ein Gesetz, das neu in Kraft tritt, sollte eine übergangsrechtliche, eine intertemporale Regelung enthalten. Handelt es sich beim neuen Erlass um ein Gesetz im formellen Sinn, so sollten zumindest die wichtigsten übergangsrechtlichen Fragen im Gesetz selber geregelt sein" (U. Häfelin/G. Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Auflage, Zürich 2002, Rz. 324).
Der neue Nichteintretenstatbestand ist am 1. April 2004 in Kraft getreten, ohne dass er in den Übergangsbestimmungen des EP 03 erwähnt wird. Für die Beurteilung der Frage einer allfälligen Rückwirkung ist daher auf die allgemeinen Regeln zum Verbot der Rückwirkung, welches aus Art. 5
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
, 8
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
und 9
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
BV fliesst (vgl. U. Meyer/P. Arnold, Intertemporales Recht, in: ZSR 2005, I. Hb., S. 127 f. und 140), abzustellen.

4.2. In ihrer Vernehmlassung legt die Vorinstanz dar, es liege ein Anwendungsfall der so genannt echten Rückwirkung vor. Eine solche sei gegeben, wenn neues Recht auf einen Sachverhalt angewendet werde, der sich abschliessend vor Inkrafttreten des neuen Rechts verwirklicht habe. Dabei sei - als Ausfluss des verfassungsmässigen Anspruchs auf eine rechtsgleiche Behandlung - vom Prinzip der Nichtrückwirkung auszugehen. Anders verhalte es sich einzig bei der so genannten unechten Rückwirkung, wo neues Recht auf zeitlich offene

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Dauersachverhalte angewendet werde (insbesondere die gleichmässige Anwendung neuen Verfahrensrechts auf hängige Verfahren). Echte Rückwirkung werde in der Lehre und Praxis lediglich ausnahmsweise und unter Beachtung enger Schranken als zulässig erachtet. Nach Lehre und Praxis sei echte Rückwirkung nur zulässig, wenn fünf Voraussetzungen kumulativ erfüllt seien: Die Rückwirkung müsse ausdrücklich angeordnet oder nach dem Sinn des Erlasses klar gewollt sein (1), sie müsse zeitlich mässig (2) und ferner durch triftige Gründe gerechtfertigt sein (3), sie dürfe keine stossenden Rechtsungleichheiten bewirken (4) und sie dürfe schliesslich keinen Eingriff in wohlerworbene Rechte darstellen (5).
In ihren anschliessenden Ausführungen legt die Vorinstanz dar, einer Anwendung des neuen Nichteintretenstatbestands stehe nichts entgegen. Dabei verweist sie einleitend auf die Ausgestaltung des vormaligen Bundesbeschlusses über dringliche Massnahmen im Asyl- und Ausländerbereich vom 26. Juni 1998 (BMA), wo betreffend die damals neu geschaffenen Nichteintretenstatbestände in den Übergangsbestimmungen eine Rückwirkung explizit ausgeschlossen wurde. Daran anschliessend erkennt die Vorinstanz unter Hinweis auf das Ziel des EP 03 (eine Budgetentlastung des Bundes auch im Bereich des Asylwesens, welche rasch möglichst zu erzielen sei), trotz des Fehlens von Übergangsbestimmungen entspreche es dem Willen des Gesetzgebers, dass die neue Bestimmung auch auf bereits hängige Verfahren angewendet werde. Betreffend das Erfordernis der Rechtfertigung der Rückwirkung durch triftige Gründe führt die Vorinstanz aus, eine rückwirkende Anwendung des neuen Nichteintretenstatbestands liege im öffentlichen Interesse, da damit Missbräuche im Asylbereich bekämpft werden könnten. Das Erfordernis der zeitlichen Mässigkeit der Rückwirkung erkennt die Vorinstanz im vorliegenden Verfahren als erfüllt, da verschiedene Abklärungen notwendig gewesen seien und
das Verhalten des Beschwerdeführers - keine Einreichung von Identitätspapieren - das Verfahren zweifelsohne zusätzlich verzögert habe. Eine stossende Rechtsungleichheit sei schliesslich nicht erkennbar und die Frage nach einem wohlerworbenen Recht stelle sich nicht.

4.3. Die Vorinstanz ist in ihren Erwägungen zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um eine Frage der Zulässigkeit der so genannten echten Rückwirkung handelt, stellt doch die Einführung des neuen Nichteintretenstatbestands gemäss Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG eine grundlegende materiellrechtliche Änderung dar. Da damit die Bestimmung von Art. 52 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 52 - 1 ...153
1    ...153
2    ...154
AsylG über die Aufnahme in einem Drittstaat (respektive die Abweisung des Gesuches zufolge der Möglichkeit einer Rückkehr oder Ausreise dorthin), über welche im Rahmen eines materiellen Entscheides zu befinden ist, teilweise abgelöst wird, handelt es sich hierbei nicht um eine blosse Änderung von verfahrensrechtlichen

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Normen, bei welchen davon ausgegangen wird, dass sie relativ wertneutral sind und sich nicht wie materielle Regeln einschneidend auf die Situation der Verfahrensbeteiligten auswirken (vgl. Meyer/Arnold, a.a.O., S. 136).
In ihren weiteren Erwägungen zur Frage der Rückwirkung verkennt die Vorinstanz jedoch den Ausnahmecharakter der echten Rückwirkung (vgl. dazu Häfelin/Müller, a.a.O., Rz. 329 ff.; P. Moor, Droit administrativ, Vol. 1: les fondements généraux, Bern 1988, S. 148 ff.; EMARK 2000 Nr. 8, Erw. 3a, S. 64 m.w.H.).
Dabei übersieht sie insbesondere, dass betreffend Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG kein klarer Wille des Gesetzgebers für eine echte Rückwirkung des Erlasses ersichtlich ist, womit es schon an der ersten Voraussetzung für eine rückwirkende Anwendung der neuen Bestimmung fehlt.
Die Materialien lassen einzig den Schluss zu, der Gesetzgeber habe die neue Bestimmung verabschiedet, um in Zukunft eine bestimmte Gruppe von Verfahren anders als bisher zu behandeln. Vor dem Hintergrund veränderter Verhältnisse im europäischen Raum (Einführung des Dublin II-Abkommens) wurde die bisherige Ordnung als anpassungsbedürftig empfunden. Eine Übergangsbestimmung, wonach alle hängigen Verfahren dem neuen Recht unterstellt würden, wurde dabei - anders als bei der letzten Revision des AsylG (vgl. Art. 121 Abs. 1
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 121 Übergangsbestimmungen - 1 Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängigen Verfahren gilt das neue Recht.
1    Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängigen Verfahren gilt das neue Recht.
2    Hängige Verfahren um Erteilung einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung nach dem bisherigen Artikel 17 Absatz 2 werden gegenstandslos.
3    Die Rekurskommission und das EJPD bleiben zuständig für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei ihnen hängigen Beschwerden. Vorbehalten bleibt Absatz 2.
4    Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes werden auf die nach dem bisherigen Artikel 14a Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931415 über Aufenthalt und Niederlassung der Auslänger gruppenweise vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländer die Bestimmungen des 4. Kapitels angewendet. Die Anwesenheitsdauer als gruppenweise vorläufig aufgenommene Person wird auf die Fristen nach Artikel 74 Absätze 2 und 3 angerechnet.
5    Für die Ausrichtung von Fürsorgeleistungen an Flüchtlinge mit Aufenthaltsbewilligung gilt bis zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes das bisherige Recht.
AsylG) - nicht verabschiedet. Aus den Materialien (Botschaft und Ratsprotokolle) gehen zudem keine Anhaltspunkte für eine vom Gesetzgeber gewollte Rückwirkung der neuen Bestimmungen hervor. Den Ausführungen zur Übergangsbestimmung in der Botschaft zum EP 03 sind zwar mehrere Hinweise zu Fragen der Rückwirkung einzelner Bestimmungen zu entnehmen, nicht jedoch zu Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG. Daraus ist e contrario zu schliessen, dass der Gesetzgeber für diesen neuen Nichteintretenstatbestand keine Rückwirkung beabsichtigte. Alleine der Umstand, dass die neue Bestimmung im Zusammenhang mit dem Programm zur (zukünftigen) Entlastung der Bundesfinanzen verabschiedet wurde, ändert daran nichts. Auch aus der Tatsache, dass
bei der Verabschiedung des BMA eine Rückwirkung der damals neuen Nichteintretenstatbestände (Art. 16 Abs. 1 Bst. abis und Bst. b, sowie Art. 16abis aAsylG) explizit ausgeschlossen wurde (vgl. dazu die damalige Übergangsbestimmung; BBl 1998 S. 3225 ff.), lässt sich nichts ableiten. Die Vorinstanz geht fehl, wenn sie daraus sinngemäss den Umkehrschluss ziehen will, mangels einer gleich lautenden Übergangsbestimmung sei eine Rückwirkung zulässig. Dies gilt umso mehr, als in dem am 1. Oktober 1999 in Kraft getretenen totalrevidierten Asylgesetz die Rückwirkung der neuen Bestimmungen explizit festgehalten wurde und somit keine konstante Haltung des Gesetzgebers in Fragen der Rückwirkung ersichtlich ist. Die Frage der Rückwirkung hat sich nicht am Vorgehen des Ge-

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setzgebers in früheren Revisionen zu orientieren, sondern am Wortlaut des Gesetzes und der erkennbaren Absicht des Gesetzgebers im betreffenden Gesetzgebungsverfahren. Da es somit bereits an der ersten der oben erwähnten fünf kumulativen Voraussetzungen mangelt, ist eine Rückwirkung auf hängige Verfahren auszuschliessen.
Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass das EP 03 zu anderen Novellen im AsylG Übergangsbestimmungen enthält (vgl. dazu die Schlussbestimmungen zur Änderung vom 19. Dezember 2003). So wurde beispielsweise betreffend die Novelle von Art. 44a
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 44a
AsylG i.V.m. Art. 14 f
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 44a
. ANAG - der Ausschluss von Personen, auf deren Asylgesuch nicht eingetreten wurde, aus dem System der Sozialleistungen, respektive die Begrenzung der Fürsorge auf die Nothilfe bei dieser Fallkonstellation - eine intertemporale Regelung verabschiedet. Diese Novelle wurde von den Räten als grundlegende Systemänderung erkannt, weshalb der Erlass einer Übergangsbestimmung nahe gelegen hat. Zu Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG, welcher - wie eingangs erwähnt - eine wesentliche materiellrechtliche Änderung mit sich brachte, wurde demgegenüber keine entsprechende Übergangsbestimmung beschlossen.

5. Nach dem Gesagten ergibt sich, dass in vorliegender Sache einem Nichteintretensentscheid gestützt auf Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG die Anwendung versagt bleiben muss. Die eingereichte Beschwerde ist daher gutzuheissen und die angefochtene Verfügung aufzuheben. Die Akten sind in der Folge zur Neubeurteilung der Sache zurückzuweisen (Art. 61 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 61
1    Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.
2    Der Beschwerdeentscheid enthält die Zusammenfassung des erheblichen Sachverhalts, die Begründung (Erwägungen) und die Entscheidungsformel (Dispositiv).
3    Er ist den Parteien und der Vorinstanz zu eröffnen.
VwVG).

© 17.10.05


Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 2005-15-135-140
Datum : 14. Juni 2005
Publiziert : 14. Juni 2005
Quelle : Vorgängerbehörden des BVGer bis 2006
Status : Publiziert als 2005-15-135-140
Sachgebiet : Iran
Gegenstand : Art. 32 Abs. 2 Bst. f AsylG; Schlussbestimmungen zur Änderung des AsylG vom 19. Dezember 2003: keine Rückwirkung der gesetzlichen...


Gesetzesregister
ANAG: 14
AsylG: 32  44a 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 44a
52 
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 52 - 1 ...153
1    ...153
2    ...154
121
SR 142.31 Asylgesetz vom 26. Juni 1998 (AsylG)
AsylG Art. 121 Übergangsbestimmungen - 1 Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängigen Verfahren gilt das neue Recht.
1    Für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes hängigen Verfahren gilt das neue Recht.
2    Hängige Verfahren um Erteilung einer fremdenpolizeilichen Aufenthaltsbewilligung nach dem bisherigen Artikel 17 Absatz 2 werden gegenstandslos.
3    Die Rekurskommission und das EJPD bleiben zuständig für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bei ihnen hängigen Beschwerden. Vorbehalten bleibt Absatz 2.
4    Mit Inkrafttreten dieses Gesetzes werden auf die nach dem bisherigen Artikel 14a Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 26. März 1931415 über Aufenthalt und Niederlassung der Auslänger gruppenweise vorläufig aufgenommenen Ausländerinnen und Ausländer die Bestimmungen des 4. Kapitels angewendet. Die Anwesenheitsdauer als gruppenweise vorläufig aufgenommene Person wird auf die Fristen nach Artikel 74 Absätze 2 und 3 angerechnet.
5    Für die Ausrichtung von Fürsorgeleistungen an Flüchtlinge mit Aufenthaltsbewilligung gilt bis zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes das bisherige Recht.
BV: 5 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
8 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
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SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
VwVG: 61
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 61
1    Die Beschwerdeinstanz entscheidet in der Sache selbst oder weist diese ausnahmsweise mit verbindlichen Weisungen an die Vorinstanz zurück.
2    Der Beschwerdeentscheid enthält die Zusammenfassung des erheblichen Sachverhalts, die Begründung (Erwägungen) und die Entscheidungsformel (Dispositiv).
3    Er ist den Parteien und der Vorinstanz zu eröffnen.
Stichwortregister
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EMARK
2000/8
AS
AS 2004/1647 • AS 2004/1633
BBl
1998/3225 • 2003/5615