Bundesverwaltungsgericht
Tribunal administratif fédéral
Tribunale amministrativo federale
Tribunal administrativ federal


Abteilung II

B-7633/2009

Urteil vom 14. September 2015

Richterinnen und Richter
Stephan Breitenmoser (Vorsitz),
Besetzung
Maria Amgwerd, Hans Urech,
Vera Marantelli-Sonanini und Pascal Richard;
Gerichtsschreiber Ralf Straub.

1. Swisscom AG,
Alte Tiefenaustrasse 6, 3050 Bern,

2.Swisscom (Schweiz) AG,
Alte Tiefenaustrasse 6, 3050 Bern,

Parteien beide vertreten durch
Fürsprecher lic. iur. Urs Prestinari,

Swisscom (Schweiz) AG, Konzernrechtsdienst,
Alte Tiefenaustrasse 6, 3050 Bern,

Beschwerdeführerinnen 1 und 2,

gegen

Wettbewerbskommission,

Monbijoustrasse 43, 3003 Bern,

Vorinstanz.

Gegenstand Sanktionsverfügung - Preispolitik Swisscom ADSL.

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt...............................................................................................4

Erwägungen ...........................................................................................38

I. Prozessvoraussetzungen 38

1) Sachliche Zuständigkeit 38

2) Beschwerdefähigkeit und Beschwerdelegitimation 39

3) Sonstige Verfahrensvoraussetzungen 41

II. Rechtliche Grundlage der vorinstanzlichen Verfügung 41

III. Geltungs- und Anwendungsbereich des Kartellgesetzes 42

1) Allgemeine Aspekte 42

2) Persönlicher Anwendungsbereich 45

3) Sachlicher Anwendungsbereich 48

a) Massgebliche Wettbewerbsbeschränkung 48

b) Vorbehalte zu Gunsten sonstiger Vorschriften 50

c) Spezialgesetzliche Vorschriften 51

d) Fazit 52

4) Räumlicher Geltungs- und Anwendungsbereich 52

5) Zeitlicher Geltungs- und Anwendungsbereich 53

IV. Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen und gerichtlichen Verfahrens 54

1) Rechtskonforme Verfügungsbehörde 55

2) Rechtmässige Verfügungsadressaten 60

3) Rechtmässigkeit der entscheidungsrelevanten Informationen
und behördlichen Verfahrensmassnahmen 66

a) Verfahrensmassnahmen 66

b) Auskunftspflicht 68

c) Geltung und Inhalt des nemo tenetur-Grundsatzes 72

d) Fazit 97

4) Kognition des Bundesverwaltungsgerichts 97

5) Berücksichtigung des EU-Wettbewerbsrechts 107

6) Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz 113

7) Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör 117

8) Verstoss gegen das Vertrauensprinzip 122

9) Verstoss gegen das Gebot fristgemässer Beurteilung 134

10) Zwischenergebnis 142

V. Relevanter Markt 142

1) Sachlich relevanter Markt 143

2) Räumlich relevanter Markt 158

3) Zeitlich relevanter Markt 162

4) Zwischenergebnis 163

VI. Marktstellung 163

1) Marktbeherrschendes Unternehmen 163

2) Einfluss sonstiger Verfahren 165

3) Aktueller Wettbewerb 169

4) Potentieller Wettbewerb 171

5) Merkmale des untersuchten Unternehmens 177

6) Einfluss eines zusammenhängenden Markts 178

7) Zwischenergebnis 186

8) Isolierte Feststellung der marktbeherrschenden Stellung 186

VII. Unzulässige Verhaltensweise 189

1) Formen des unzulässigen Verhaltens 190

2) Kosten-Preis-Schere 191

a) Entwicklung und Qualifizierung der Kosten-Preis-Schere 191

b) Voraussetzungen einer Kosten-Preis-Schere 195

c) Wettbewerbswidrige Wirkungen einer Kosten-Preis-Schere 202

d) Abgrenzung der Kosten-Preis-Schere 209

e) Massgebliche Prüfungskriterien 215

3) Nachweis 223

a) Fernmelderechtlicher Tatbestandsausschluss 223

b) Überprüfung 226

c) Berücksichtigung von Akquisitionskosten 236

d) Amortisationsberechnungen 247

e) Berücksichtigung des Wachstumsrabatts 2007 249

f) Berücksichtigung von Bündelangeboten 253

4) Kausalität 255

5) Rechtfertigungsgründe 258

6) Zwischenergebnis 260

VIII. Sanktionen 260

1) Massgebende Sanktionsvorschriften 261

a) Unschuldsvermutung 261

b) Bestimmtheit der Tatbestandsmässigkeit 262

c) Bestimmtheit der Rechtsfolge 276

2) Verschulden 285

a) Sanktionscharakter des Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG 285

b) Nachweis des Verschuldens 293

3) Sachverhalts- und Rechtsirrtum 308

4) Verjährung 311

5) Sanktionsbemessung 311

a) Allgemeine Aspekte 312

b) Ermittlung des massgeblichen Umsatzes 315

c) Festlegung des Basisbetrags 321

d) Erhöhungen des Basisbetrags 326

i) Dauer des wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens 326

ii) Mutmasslicher Gewinn der Wettbewerbsbeschränkung 330

e) Minderungen des Basisbetrags 334

f) Maximalsanktion 337

g) Konkreter Sanktionsbetrag 338

IX. Vorinstanzliche Verfahrenskosten 339

X. Gesamtbeurteilung der Beschwerde 340

XI. Verfahrenskosten und Parteientschädigung 341

Dispositiv .............................................................................................344

Sachverhalt:

A. Gegenstand

Gegenstand des vorliegenden Urteils bildet die von der Vorinstanz (nachfolgend auch: WEKO oder Weko) am 19. Oktober 2009 erlassene Verfügung (Preispolitik Swisscom ADSL, Swisscom AG/Swisscom (Schweiz) AG, RPW 2010/1, 116, nachfolgend: angefochtene Verfügung), wonach die Swisscom-Gruppe im Zeitraum von April bis Dezember 2007 (nachfolgend: massgeblicher Zeitraum) durch ihre Preisgestaltung für bestimmte Breitbanddienstleistungen (vgl. Sachverhalt [nachfolgend auch: SV] D.a) einerseits auf Grosshandelsstufe gegenüber anderen Anbietern von solchen Internetdienstleistungen auf der Einzelhandelsstufe und andererseits auf Einzelhandelsstufe direkt gegenüber Endkunden eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
des Kartellgesetzes vom 6. Oktober 1995 (KG, SR 251) in Form einer sog. Kosten-Preis-Schere verwirklicht hat.

B. Beschwerdeführerinnen

B.a Die Beschwerdeführerinnen sind beide schweizerische Gruppen-gesellschaften der Swisscom-Gruppe. Die Beschwerdeführerin 1 ist die Top-Holdinggesellschaft der Gruppe, während der Beschwerdeführerin 2 die Stellung einer einfachen Gruppengesellschaft zukommt.

B.b Die Swisscom-Gruppe ist im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen für die Sprach- und Datenkommunikation tätig. Ihre Kerngeschäfte bilden die netzgebundene, die mobile und die Internetprotokoll-basierte Kommunikation. Zusätzlich ist die Swisscom-Gruppe im Bereich Outsourcing von IT-Infrastruktur sowie im Management von Kommunikations-infrastrukturen tätig. Die Swisscom-Gruppe erwirtschaftete in den Jahren 2005 bis 2007 einen jährlichen Gesamtumsatz in der Höhe von jeweils rund 9,6 Mrd. CHF.

B.c Die Swisscom-Gruppe ging aus einer auf den 1. Januar 1998 gemäss dem Telekommunikationsunternehmensgesetz vom 30. April 1997 (TUG, SR 784.11) durchgeführten Ausgliederung des Telekommunika-tionsbereichs der früheren PTT hervor. Die Beschwerdeführerin 1 wurde im Juli 1998 als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen und am 5. Oktober 1998 an der Börse in Zürich kotiert; sie ist somit die Rechtsnachfolgerin des früheren staatlichen Monopolunternehmens im Telekommunikationsbereich. Gemäss Art. 6 Abs. 1
SR 784.11 Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (Telekommunikationsunternehmungsgesetz, TUG) - Telekommunikationsunternehmungsgesetz
TUG Art. 6 Stellung des Bundes und Drittbeteiligung
1    Der Bund ist Aktionär der Unternehmung und muss die kapital- und stimmenmässige Mehrheit halten.
2    Die Veräusserung von Beteiligungspapieren an Dritte und die Zeichnung von Beteiligungspapieren durch Dritte erfolgen im Rahmen von Absatz 1 nach den Vorschriften des Aktienrechts.
3    Der Bundesrat legt für jeweils vier Jahre fest, welche Ziele der Bund als Hauptaktionär der Unternehmung erreichen will. Der Verwaltungsrat erstattet dem Bundesrat jährlich Bericht über die Erreichung der Ziele und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung.5
TUG steht der Eidgenossenschaft als Aktionärin auch weiterhin die Mehrheit am Gesellschaftskapital und an den Stimmrechten der Beschwerdeführerin 1 zu.

B.d Die Beschwerdeführerin 1 betrieb die Kerngeschäfte der netzbasierten Kommunikation, der mobilen Kommunikation und der Gesamtsysteme bis zum Jahr 2002 selbst. Im Jahr 2002 erfolgte eine Ausgliederung dieser Bereiche in 100%-ige Tochtergesellschaften der Beschwerdeführerin 1. Dabei übernahm die Beschwerdeführerin 2 unter dem Namen Swisscom Fixnet AG den Bereich der Festnetztelefonie, die Swisscom Mobile AG den Bereich der mobilen Kommunikation und die Swisscom Solutions AG den Bereich der Gesamtsysteme. Auf den 1. Januar 2008 hin wurden die drei Geschäftsbereiche wieder in eine Gesellschaft zusammengeführt. Hierzu wurden die Swisscom Mobile AG und die Swiss-com Solutions AG in die Beschwerdeführerin 2 fusioniert.

B.e Die Beschwerdeführerin 2 wurde im Dezember 1997 unter dem Namen Swisscom Network Services Rechte AG gegründet. Im Jahr 2002 wurde die Gesellschaft in Swisscom Fixnet AG umfirmiert und ihr Gesellschaftszweck auf die Erbringung von Fernmelde- und Informatikdienstleistungen ausgerichtet. Ihre Geschäftstätigkeit war nun im Wesentlichen auf das Festnetz ausgerichtet. Im Rahmen der Fusion mit der Swisscom Mobile AG und der Swisscom Solutions AG im Jahr 2008 wurde die Gesellschaft in Swisscom (Schweiz) AG umfirmiert.

B.f Im Jahr 1996 wurde von der PTT der Geschäftsbereich "Blue Win-dow" lanciert. Dabei handelte es sich um ein Internetportal, über das Kunden eine Einwahl zum Ortstarif in das Internet vornehmen konnten. Im Jahr 1998 wurde dieser Geschäftsbereich in die Swisscom-Gruppe integriert. Im Juni 2000 wurde die Bluewin AG ("Bluewin") durch die Beschwerdeführerin 1 und ein Drittunternehmen gegründet. Dabei wurde der Geschäftsbereich mit dem Namen "Blue Window" als Kapitaleinlage durch die Beschwerdeführerin 1 eingebracht. Auf den 1. Januar 2002 hin wurde die Beteiligung an der Bluewin AG von der Beschwerdeführerin 1 auf 100% erhöht. Die Bluewin AG wurde ab diesem Zeitpunkt als Profitcenter der Beschwerdeführerin 2 geführt. Am 18. März 2005 wurde die Bluewin AG durch Fusion in die Beschwerdeführerin 2 eingebracht. Über das Internetportal der Bluewin AG wurden die Onlinegeschäfte der Swisscom abgewickelt. Gleichzeitig wurde das Portal als Nachrichtenplattform ausgestaltet. Nach der Auflösung der Gesellschaft wurde die Bezeichnung "Bluewin" zunächst als Markenname für das Internetgeschäft gegenüber Endkunden weitergeführt.

B.g Die Beschwerdeführerin 1 veröffentlichte in den Jahren 2000 bis 2008 jeweils im März oder April eines Jahres eine Konzernrechnung für das jeweilige Vorjahr. Die Konzernrechnungen für die Jahre 2003 und 2004 wurden durch den Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin 1 am 22. März 2004 bzw. am 7. März 2005 freigegeben und am 24. März 2004 bzw. am 10. März 2005 veröffentlicht. Die Konzernrechnungen schlossen die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin 2 und der Bluewin AG sowie der übrigen Gruppengesellschaften mit ein.

B.h Im Zeitraum zwischen den Jahren 2002 und 2007 bestanden ausweislich des Handelsregisters unterschiedliche personelle Verflechtungen zwischen der Beschwerdeführerin 1, der Beschwerdeführerin 2 und der Bluewin AG. So waren Mitglieder des Verwaltungsrats der Beschwerdeführerin 1 auch Mitglieder der Geschäftsleitungen der Beschwerdeführerin 2 und der Bluewin AG.

C. Wettbewerber

C.a Gegenüber der Vorinstanz wurde die Preispolitik der Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen durch verschiedene Unternehmen beanstandet. Diese Unternehmen treten auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen in Konkurrenz zur Swisscom-Gruppe.

C.b Die Sunrise Communications AG mit Sitz in Zürich (bis 28.9.2007: TDC Switzerland AG; nachfolgend: Sunrise) war zwischen den Jahren 2000 und 2010 eine Tochtergesellschaft der ausländischen Tele Danmark Communications. Sunrise ging aus einer Fusion der diAX, die von den sechs grössten Schweizer Elektrizitätsgesellschaften Atel, BKW, CKW, EGL, EOS und NOK gegründet worden war, und der Newtelco, die von Migros, SBB und UBS gegründet worden war, im Jahr 2000 hervor. Sunrise bietet festnetzbasierte und mobile Sprach- und Datenkommunikationsdienste an.

C.c Die Tele 2 Telecommunication Services AG mit Sitz in Zürich (heute: TelCommunication Services AG; nachfolgend: Tele 2) war die Tochtergesellschaft eines gleichnamigen schwedischen Telekommunikationsunternehmens, das seit dem Jahr 1998 in der Schweiz Telekommunikationsdienste in den Bereichen Festnetz- und Mobiltelefonie sowie Internet-dienste anbot. Im November 2008 wurde das gesamte Telekommunika-tionsgeschäft von Tele 2 durch Sunrise übernommen (vgl. WEKO, 10.11.2008, Sunrise/Tele 2, Sunrise Communications AG und Tele 2 Telekommunications AG, RPW 2008/4, 668).

C.d Weitere Beanstandungen gingen von folgenden Unternehmen ein: BSE Software GmbH, Cyberlink Internet Services AG, Finecom Telecom-munications AG, Init Seven AG, Magnet.ch AG, Netstream AG und TIC The Internet Company AG.

D. Breitbandinternet

D.a Die Begriffe "Breitband", "Breitbandanschluss", "Breitbanddienste", "Breitbanddienstleistungen", "Breitbandinternet", "Breitbandzugang" etc. beziehen sich auf einen besonderen elektronischen Zugang zum Internet mit entsprechend schnellen Nutzungskapazitäten.

D.b Der Aspekt der Schnelligkeit verweist darauf, dass ein Breitbandanschluss eine deutlich höhere Datenübertragungsrate und damit gestei-gerte Nutzungsmöglichkeiten bietet. In den Anfangsjahren der Internetnutzung erfolgte der elektronische Zugang regelmässig durch die Einwahl über ein Telefonmodem oder ein ISDN-Modem. Die Datenübertragungsraten waren bei diesen Verfahren beschränkt (Telefonmodem: 56 kbit/s; ISDN: 128 kbit/s). Erst hohe Datenübertragungsraten ermöglichen eine praktikable Nutzung von datenintensiven Internetanwendungen (z.B.
Videostreaming, Videokonferenzen, Internet-Telefonie oder Internet-TV). Mittlerweile sind Datenübertragungsraten von 100 Mbit/s und mehr technisch möglich und werden auf dem Markt angeboten.

D.c Eine genaue technische Abgrenzung für Breitbanddienstleistungen existiert nicht. Die Internationale Fernmeldeunion verlangt für eine entsprechende Qualifizierung eine Datenübertragungsrate von mehr als 2048 kbit/s, d.h. eine Übertragungsrate, die über die Übertragungsrate bei ISDN hinausgeht. Daneben finden in den verschiedenen Staaten sowohl niedrigere (z.B. Österreich: 144 kbit/s beim Empfangen) als auch höhere Schwellenwerte (z.B. USA 4 Mbit/s beim Empfangen) Anwendung. In der Schweiz wurde durch Art. 16 Abs. 2 lit. c
SR 784.101.1 Verordnung vom 9. März 2007 über Fernmeldedienste (FDV)
FDV Art. 16 Anschluss - 1 Die Dienste nach Artikel 15 Absatz 1 sind mittels eines Anschlusses bis zum Netzabschlusspunkt im Innern der Wohn- oder Geschäftsräume der Kundin oder des Kunden bereitzustellen. Die Grundversorgungskonzessionärin bestimmt, welche technologische Lösung sie einsetzt.
1    Die Dienste nach Artikel 15 Absatz 1 sind mittels eines Anschlusses bis zum Netzabschlusspunkt im Innern der Wohn- oder Geschäftsräume der Kundin oder des Kunden bereitzustellen. Die Grundversorgungskonzessionärin bestimmt, welche technologische Lösung sie einsetzt.
2    Das BAKOM bestimmt die Spezifikationen für den Netzabschlusspunkt aufgrund international harmonisierter Normen.
der Verordnung des Bundesrats vom 31. Oktober 2001 bzw. 9. März 2007 über Fernmeldedienste (FDV, SR 784.101.1, zit. Fernmeldediensteverordnung) ein Breitbandanschluss der Grundversorgung zugeordnet, wobei der Breitbandanschluss seit dem Jahr 2008 eine Datenübertragungsrate von 600 kbit/s beim Empfangen (sog. down-stream) und 100 kbit/s beim Senden (sog. upstream) aufweisen musste. Im Jahr 2012 wurden die hierfür notwendigen Datenübertragungsraten auf 1000/100 kbit/s und im Jahr 2015 auf 2000/200 kbit/s erhöht.

D.d Breitbandinternet lässt sich durch verschiedene Technologien realisieren. Dabei ist zwischen leitungsgebundenen (Telefonleitungen, TV-Kabelleitungen, Stromleitungen, Glasfaserleitungen) sowie leitungslosen (UMTS- und HSDPA-Funknetze, Wireless Local Area Networks [WLan], Wireless Local Loop [WLL], Broadband Wireless Access [BWA], Sa-tellitenverbindungen) Breitbandanschlüssen zu unterscheiden. Alle einsetzbaren Technologien weisen unterschiedliche Voraussetzungen und Nutzungsmerkmale auf.

D.e Beim sog. DSL (Digital Subscriber Line, engl. für digitaler Teilnehmeranschluss) als drahtgebundenes Breitbandprodukt wird das vorhandene Telefonnetz mit seiner Doppelader-Metallleitung, die auch als Kupferkabel bezeichnet wird, für die Datenübermittlung verwendet. Dabei werden durch einen sog. Splitter die vorhandenen Frequenzbänder aufgeteilt, wobei die niederen Frequenzbereiche darüber hinaus für die Sprachtelefonie genutzt werden, während die höheren Frequenzbereiche dem Datentransfer zugeführt werden.
Je nach Art der digitalen Modulation bestehen mehrere DSL-Verfahren (nachfolgend zusammenfassend: xDSL): ADSL (Asymetric DSL) mit unterschiedlichen Übertragungsraten für das Empfangen und das Senden der Daten; SDSL (Symetric DSL) mit identischen Übertragungsraten für beide Richtungen; HDSL (High speed DSL) und VDSL (Very high speed DSL), bei denen die erhöhte Datenübertragungsrate durch den Einsatz von Glasfaserkabeln bis zu den Ortsvermittlungsstellen eines Fernmeldedienstanbieters sichergestellt wird. Für die Internetnutzung hat sich in der Schweiz und vielen anderen Ländern zunächst ADSL durchgesetzt, welches in neuerer Zeit durch VDSL verdrängt wird.
Die Datenübertragung erfolgt bei xDSL-Verfahren schematisch vereinfacht in folgender Weise: Zunächst im sog. Anschlussnetz zwischen dem Modem des jeweiligen Anschlussteilnehmers (sog. Hausanschluss, auch als Teilnehmeranschluss oder Anschlussstelle bezeichnet) und der lokalen Anschlusszentrale (sog. DSLAM, DSL Access Multiplexer), d.h. der nächstgelegenen Ortsvermittlungsstelle des Fernmeldedienstanbieters. Dort werden die eingehenden und abgerufenen Kundendaten im sog. Verbindungsnetz über eine Kupferkabel- oder Glasfaseranbindung zu einem sog. Konzentrator und von dort in den sog. Backbone des Fernmeldedienstanbieters übertragen.
Ein ADSL-Zugang ermöglicht im Download Geschwindigkeiten von bis zu 20 Mbit/s. Seit dem Jahr 2005 besteht ADSL2+, mit dem Übertragungsraten von 24 Mbit/s erzielt werden können. Bei VDSL können inzwischen Übertragungsraten von 50 Mbit/s erreicht werden. Die im Einzelfall tatsächlich erreichte Übertragungsrate hängt aus technischen Gründen massgeblich von der Entfernung zwischen Modem und dem Anschluss an ein Glasfaserkabel ab, weil bei Kupferkabeln aufgrund der physikalisch bedingten Leitungsdämpfung die Datenrate mit der Länge der Leitung stetig abnimmt. Die Bereitstellung von höheren Datenübertragungsraten bedingt bei xDSL daher jeweils einen weiteren kostenintensiven Ausbau des Verbindungs- und Anschlussnetzes mit Glasfaserkabeln.

D.f Bei den TV-Kabelleitungen werden die bestehenden Koaxialkabel nach einer technischen Aufrüstung für die Übertragung der Breitbanddaten genutzt. Diese kabelgebundene Übertragungsform weist für den Endnutzer ähnliche Nutzungsmöglichkeiten auf wie ein Breitbandanschluss über xDSL. Die Kabelnetze weisen technisch bedingt grundsätzlich eine höhere Übertragungsrate auf als xDSL-Verfahren; hierbei sind heute Übertragungsraten von bis zu 250 Mbit/s möglich. Allerdings ergeben sich bei den kabelgebundenen Breitbandprodukten Nutzungseinschränkungen aufgrund des Umstands, dass sich die vorhandenen Netzkapazitäten mit zunehmendem Ausmass einer gleichzeitigen Benutzung durch die Anschlussteilnehmer reduzieren.

D.g Die Bereitstellung von Breitbandinternet kann auch vollständig über Glasfaserkabel erfolgen, wobei das Glasfasernetz mindestens bis zum Hausanschluss reichen muss. Glasfaserkabel weisen sehr hohe Übertragungskapazitäten auf, wobei in Zukunft bis zu 1000 Mbit/s erreicht werden sollen. Allerdings ist die Verlegung von Glasfaserkabeln mit sehr hohen Kosten verbunden. Im massgeblichen Zeitraum war daher auch nur eine sehr geringe Verbreitung von entsprechenden Glasfaseranschlüssen gegeben, weshalb die Verfügbarkeit von glasfasergebundenen Breitband-produkten sehr eingeschränkt war.

D.h Bei der sog. Powerline Communications-/PLC-Technologie bildet das Stromnetz den Träger der Datenübertragung, wobei das elektronische Informationssignal mittels Trägerfrequenztechnik auf die Stromleitung moduliert wird. Dabei wird eine Verbindung zwischen der Steckdose des Endkunden und der nächsten Trafostation des Energieerzeugers hergestellt; von dort wird das elektronische Informationssignal in den Internet-Backbone überführt. Der stromgebundene Breitbandzugang verfügt mit Bezug auf Übertragungsgeschwindigkeit und Stabilität über ähnliche Eigenschaften wie die draht- und kabelgebundenen Breitbanddienstleistungen. Die PLC-Technologie weist allerdings gewisse technische Probleme (z.B. Abstrahlung) auf, die bis heute nicht gelöst sind. Daher hat sich ihre Nutzung nur im Hausstromnetz etabliert.

D.i Die leitungslosen Zugangstechnologien sind im Wesentlichen auf eine mobile, d.h. standortunabhängige Nutzung des Internets ausgerichtet. Allen im massgeblichen Zeitraum vorhandenen leitungslosen Zugangsformen ist gemeinsam, dass sie erhebliche Nachteile gegenüber den leitungsgebundenen Breitbandtechnologien aufwiesen, wie insbesondere wesentlich geringere Datenübertragungsraten (max. 7,2 Mbit/s), eine höhere Störanfälligkeit aufgrund von Umwelteinflüssen, eine niedrigere Verbindungsstabilität, eine fehlende flächendeckende Verfügbarkeit sowie höhere Datensicherheitsrisiken. WLAN und WLL stellen aufgrund ihrer geringen Reichweite von vornherein keine sachgerechte Alternative dar; zudem basiert ihr Zugang auf einem leitungsgebundenen Anschluss. Mit Bezug auf BWA hat die Swisscom-Gruppe im Januar 2008 selbst festgestellt, dass die Technik noch nicht marktreif sei. Weiterhin bestand für die am meisten verbreiteten leitungslosen Zugangsformen UMTS und HSDPA-A ein deutlich höheres Preisniveau, weshalb sie für eine dauernde Nutzung bei einem Vergleich mit leitungsgebundenen Breitbandprodukten wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig waren. So wurden im Jahr 2006 bei ähnlichen Ansätzen die günstigsten mobilen Breitbandprodukte von Bluewin noch pro Stunde, die günstigsten xDSL-Produkte jedoch pro Monat abgerechnet.

E. Entbündelung und Interkonnektion

E.a Die Bereitstellung von Breitbanddienstleistungen an Dritte stellt einen Fernmeldedienst im Sinne von Art. 3 lit. b
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 3 Begriffe - In diesem Gesetz bedeuten:
a  Informationen: für Menschen, andere Lebewesen oder Maschinen bestimmte Zeichen, Signale, Schriftzeichen, Bilder, Laute und Darstellungen jeder anderen Art;
b  Fernmeldedienst: fernmeldetechnische Übertragung von Informationen für Dritte;
c  fernmeldetechnische Übertragung: elektrisches, magnetisches, optisches oder anderes elektromagnetisches Senden oder Empfangen von Informationen über Leitungen oder Funk;
cbis  öffentlicher Telefondienst: Fernmeldedienst zur Sprachübertragung in Echtzeit mittels eines oder mehrerer Adressierungselemente, die in einem nationalen oder internationalen Nummerierungsplan dafür vorgesehen sind;
cter  Mehrwertdienst: Dienstleistung, die über einen Fernmeldedienst erbracht und den Kundinnen und Kunden von ihrer Anbieterin von Fernmeldediensten zusätzlich zu Fernmeldediensten in Rechnung gestellt wird;
d  Fernmeldeanlagen: Geräte, Leitungen oder Einrichtungen, die zur fernmeldetechnischen Übertragung von Informationen bestimmt sind oder benutzt werden;
dbis  ...
e  Interkonnektion: Herstellung des Zugangs durch die Verbindung der Anlagen und Dienste zweier Anbieterinnen von Fernmeldediensten, damit ein fernmeldetechnisches und logisches Zusammenwirken der verbundenen Teile und Dienste sowie der Zugang zu Diensten Dritter ermöglicht wird;
ebis  Mietleitungen: Bereitstellung von transparenten Übertragungskapazitäten über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen;
eter  Kabelkanalisationen: unterirdische Rohre, in welche die Leitungen zur fernmeldetechnischen Übertragung von Informationen eingezogen sind, einschliesslich der Zugangsschächte;
f  Adressierungselement: Abfolge von Ziffern, Buchstaben oder Zeichen oder andere Informationen zur Identifikation von Personen, Computerprozessen, Maschinen, Geräten oder Fernmeldeanlagen, die an einem fernmeldetechnischen Kommunikationsvorgang beteiligt sind;
g  Verzeichnisdaten: Angaben, die eine Kundin oder einen Kunden in Bezug auf ein individuell zugewiesenes Adressierungselement identifizieren oder kennzeichnen und die für die Veröffentlichung eines Verzeichnisses bestimmt oder für die Erbringung eines Fernmeldedienstes erforderlich sind;
h  Radio- und Fernsehprogramm: eine Folge von Sendungen im Sinne von Artikel 2 RTVG17.
des Fernmeldegesetzes vom 30. April 1997 (FMG, SR 784.10) dar, weil es sich hierbei um eine fremdnützige Art der fernmeldetechnischen Übertragung von Informationen handelt (vgl. Bundesamt für Kommunikation, Leitfaden zum "Meldeformular für die Erbringung von Fernmeldediensten", Stand 4.5.2010, Ziff. 1.2., zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.bakom.admin.ch/the-men/telekom/00462/00796/index.Html?lang=de). Die Anbieter von Breitbanddienstleistungen (nachfolgend: Internetdienstanbieter, engl. Internet Service Provider) sind demzufolge Fernmeldedienstanbieter im Sinne von Art. 4
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 4 Registrierung von Anbieterinnen von Fernmeldediensten - 1 Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) registriert Anbieterinnen von Fernmeldediensten, die eine der folgenden für die Erbringung von Fernmeldediensten bestimmten Ressourcen nutzen:
1    Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) registriert Anbieterinnen von Fernmeldediensten, die eine der folgenden für die Erbringung von Fernmeldediensten bestimmten Ressourcen nutzen:
a  Funkfrequenzen, deren Nutzung eine Konzession voraussetzt;
b  Adressierungselemente, die auf nationaler Ebene verwaltet werden.
2    Registrierte Anbieterinnen dürfen die Nutzung von Ressourcen nach Absatz 1 anderen Anbieterinnen von Fernmeldediensten nur dann gestatten, wenn diese sich vorgängig registriert haben.
3    Das BAKOM führt und veröffentlicht eine Liste der registrierten Anbieterinnen und der von diesen angebotenen Fernmeldedienste.
4    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Registrierung.
FMG und unterstehen grundsätzlich den Regelungen des Fernmeldegesetzes.

E.b Die Bereitstellung von xDSL durch einen Internetdienstanbieter setzt das Vorhandensein eines Telefonnetzes voraus. Sämtliche Internetdienstanbieter, die nicht über ein eigenes Telefonnetz verfügen, bedürfen daher einer besonderen Zugangsmöglichkeit zu einem bestehenden Telefonnetz, um ihren Kunden Breitbanddienstleistungen auf der Basis von xDSL anbieten zu können. Da die Telefonnetze in der Schweiz wie auch in anderen europäischen Ländern durch frühere Staatsunternehmen als Monopolisten aufgebaut und betrieben wurden, bedurfte es besonderer Regelungen zur sog. Interkonnektion, um anderen Fernmeldedienstanbietern die Erbringung von entsprechenden Fernmeldediensten unter Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen. Ziel der Interkonnektion ist es, dass alle Anwender von Fernmeldediensten über die Netze und Dienste aller Anbieter hinweg miteinander kommunizieren können. Dies geschieht insbesondere durch die gemeinsame Nutzung von Fernmeldeanlagen und Fernmeldenetzen sowie von Gebäuden und Grundstücken. Die Interkonnektion bildet die Grundvoraussetzung für den Zugang zu Dienstleistungen Dritter und ist somit für einen funktionierenden Wettbewerb absolut entscheidend. Die Umsetzung der Interkonnektion in der Praxis erstreckte sich über einen längeren Zeitraum.

E.c Am 21. September 1998 ersuchte die Commcare AG die Eidgenössische Kommunikationskommission (nachfolgend auch: ComCom), eine Verfügung gegen die Beschwerdeführerin 1 zu erlassen, damit diese ihr den Zugang zu deren Leitungsnetz aufgrund von Art. 11 Abs. 3
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG gewähre. Gleichzeitig beantragte sie den Erlass von vorsorglichen Massnahmen. Die Eidgenössische Kommunikationskommission lehnte den Erlass von vorsorglichen Massnahmen mit Verfügung vom 28. Juni 1999 ab. Dieser Entscheid wurde durch das angerufene Bundesgericht im Dezember 1999 bestätigt (BGer, 17.12.1999, Commcare AG Communications and Networks gg. Swisscom AG/Com-Com, BGE 125 II 613, zit. Commcare I). Mit Verfügung vom 2. Oktober 2000 wurde dem Antrag von der Eidgenössichen Kommunikationskommission in der Hauptsache teilweise stattgegeben. Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden der Parteien hin entschied das Bundesgericht im Oktober 2001, dass eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin 1 zur Einräumung des Zugangs zum eigenen Telefonnetz aufgrund einer fehlenden bzw. nicht ausreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage nicht gegeben sei. Aus diesem Grunde wurde eine Interkonnektionspflicht der Beschwerdeführerin 1 abgelehnt (BGer, 3.10.2001, 2A.503/2000, Commcare AG Communications and Networks gg. Swisscom AG/ComCom, zit. Commcare II).

E.d Daraufhin entschied der Bundesrat am 24. April 2002, dass Massnahmen für eine sog. Entbündelung der letzten Meile zu treffen seien. Dadurch sollte anderen Fernmeldedienstanbietern der Zugang zum Anschlussnetz der Swisscom-Gruppe ermöglicht werden. Die Entbündelung wurde zunächst durch eine Änderung der Fernmeldediensteverordnung in deren Art. 40-59 mit Wirkung ab dem 1. April 2003 statuiert.

E.e Am 29. Juni 2003 reichte Sunrise ein Gesuch um Feststellung ein, dass die Beschwerdeführerin 2 zur Gewährung sowohl des gemeinsamen als auch des vollständig entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss zu diskriminierungsfreien und kostenorientierten Preisen verpflichtet sei, dem die Eidgenössische Kommunikationskommission mit Verfügung vom 24. Februar 2004 entsprach. Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Beschwerdeführerin 2 hin entschied das Bundesgericht im November 2004, dass die Fernmeldediensteverordnung keine ausreichende Grundlage für die Verpflichtung zur Gewährung von Interkonnektionsleistungen darstelle (BGer, 30.11.2004, 2A.178/2004, Swisscom Fixnet AG gg. TDC Switzerland AG/ComCom, BGE 131 II 13, zit. Sunrise I). Mit der gleichen Begründung wies das Bundesgericht im November 2005 eine Beschwerde von Sunrise gegen die Verfügung der Eidgenössichen Kommunikationskommission vom 28. Februar 2005 ab, mit welcher eine Verpflichtung der Beschwerdeführerin 2 zur Gewährung der Interkonnektion beim schnellen Bitstrom gegenüber Sunrise abgelehnt worden war (BGer, 22.11.2005, 2A.233/2005, TDC Switzerland AG gg. Swisscom Fixnet AG/ComCom, BGE 132 II 47, zit. Sunrise II).

E.f Um allfälligen Unsicherheiten über die Rechtsgrundlage der Interkonnektion vorzubeugen, hatte der Bundesrat zudem eine entsprechende Änderung des Fernmeldegesetzes vorgeschlagen (Botschaft des Bundesrats vom 12. November 2003 zur Änderung des Fernmeldegesetzes, BBl 2003 7951, zit. Botschaft FMG 2007). Am 24. März 2006 wurde die Änderung durch den Gesetzgeber beschlossen und am 1. April 2007 trat das überarbeitete Fernmeldegesetz in Kraft. Dadurch wurde eine marktbeherrschende Anbieterin von Fernmeldediensten gemäss Art. 11
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG unter anderem verpflichtet, (i) einen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zu gewährleisten und (ii) während vier Jahren den Zugang zum schnellen Bitstrom zu gewährleisten.

E.g Mit Gesuch vom 10. April 2007 beantragte Sunrise den Erlass einer Verfügung auf diskriminierungsfreien Zugang zum schnellen Bitstrom zu kostenorientierten Preisen, wobei als Teilentscheid die Marktbeherrschung der Beschwerdeführerin 1 festzustellen sei. Mit Verfügung vom 21. November 2007 stellte die Eidgenössische Kommunikationskommission fest, dass Swisscom im Bereich des schnellen Bitstroms marktbeherrschend sei und daher während vier Jahren den Zugang zum schnellen Bitstrom gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. b
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG zu gewähren habe. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 gegen diese Verfügung wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Februar 2009 (vgl. ausführlich SV K.e) abgewiesen.

E.h Innerhalb der Europäischen Union (nachfolgend auch: EU) war die Entbündelung der letzten Meile bereits seit Inkrafttreten einer entsprechenden Verordnung auf den 1. Januar 2001 hin zwingend vorgesehen (Verordnung [EG] Nr. 2887/2000 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18.12.2000 über den entbündelten Teilnehmeranschluss, ABl. 2000 L 336/4, zit. VO 2887/2000 Entbündelung). Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine regulatorische Grundlage für die Marktöffnung in den Mitgliedstaaten Dänemark, Deutschland, Finnland, Italien, den Niederlanden und Österreich vorhanden.

F. Bereitstellungsprodukte BBCS, schneller Bitstrom, TAL

F.a Die Swisscom-Gruppe stellt (mittlerweile) den Zugang zu ihrem vorhandenen Telefonnetz für andere Fernmeldedienstanbieter durch verschiedene Breitbandprodukte auf Grosshandelsstufe zur Verfügung: (i) auf der Grundlage eines Produkts mit der Bezeichnung "Broadband Connectivity Service" (nachfolgend: BBCS), (ii) auf der Grundlage eines Produkts mit der Bezeichnung "schneller Bitstrom", sowie (iii) als sog. entbündelte Teilnehmeranschlussleitung (nachfolgend: TAL). Grundlage für die letzten beiden Produkte bildet das Fernmeldegesetz.

F.b Beim BBCS handelt es sich um ein nicht durch das Fernmelderecht des Bundes reguliertes, sondern um ein freiwilliges, privatrechtliches Angebot der Swisscom-Gruppe gegenüber anderen Fernmeldedienstanbietern. Dabei stellt die Swisscom-Gruppe einem anderen Fernmeldedienst-anbieter ihre gesamte Netzstruktur zur Erbringung der Breitbanddienstleistungen zur Verfügung, d.h. die Swisscom-Gruppe erbringt sämtliche Übermittlungsleistungen im Anschluss- und Verbindungsnetz zwischen dem Hausanschluss des Endkunden und der Plattform eines anderen Fernmeldedienstanbieters, über welche dieser die eigenen Internet-, TV/Video- und VoIP-Telefonieanbindungen seiner Kunden abwickelt. Die Übermittlungskapazität einschliesslich der maximal möglichen Datenübertragungsrate richtet sich dabei nach dem Stand des durch die Swisscom-Gruppe vorgenommenen Ausbaus an Glasfaserkabeln im Anschluss- und Verbindungsnetz.

F.c Beim schnellen Bitstrom handelt es sich um ein durch das Fernmelderecht des Bundes reguliertes Angebot. Danach hat ein marktbeherrschender Fernmeldedienstanbieter gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. b
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG anderen Fernmeldedienstanbietern diskriminierungsfrei und zu kostenorientierten Preisen den Zugang zu seinen Einrichtungen und Diensten auf der Grundlage des schnellen Bitstroms zwischen dem Hausanschluss und der Anschlusszentrale während eines begrenzten Zeitraums von vier Jahren zu gewähren. Beim schnellen Bitstrom stellt die Swisscom-Gruppe einem anderen Fernmeldedienstanbieter im Anschlussnetz eine Kupferleitung vom Hausanschluss des Endkunden zu ihrer nächsten lokalen Anschlusszentrale zu regulierten Bedingungen zur Verfügung und erbringt die entsprechenden Übermittlungsleistungen. Der jeweilige Fernmeldedienstanbieter muss hierbei ein eigenes Verbindungsnetz für Breitbandleistungen aufbauen und zur Gewährleistung einer landesweiten Versorgung seiner Endkunden dieses Verbindungsnetz an rund 1'500 Anschlusszentralen der Swisscom-Gruppe anbinden.

F.d Bei der TAL handelt es sich ebenfalls um ein durch das Fernmelderecht des Bundes reguliertes Angebot. Danach hat ein marktbeherrschen-der Fernmeldedienstanbieter gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. b
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG anderen Fernmeldedienstanbietern diskriminierungsfrei und zu kostenorientierten Preisen den Zugang zu seinen Einrichtungen und Diensten zu gewähren, um einen vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss eines Kunden sicherzustellen. Bei der TAL überlässt die Swisscom-Gruppe einem anderen Fernmeldedienstanbieter zu regulierten Bedingungen eine Kupferleitung vom Hausanschluss des Endkunden bis zu ihrer nächsten lokalen Anschlusszentrale, ohne eigene Vermittlungsleistungen zu erbringen. Auch bei dieser Variante hat der jeweilige Fernmeldedienstanbieter ein eigenes Verbindungsnetz einschliesslich einer Anbindung an die Anschlusszentralen der Swisscom-Gruppe aufzubauen.

F.e Die Bereitstellungsprodukte BBCS, schneller Bitstrom und TAL sind jeweils Breitbandprodukte der Swisscom-Gruppe auf Grosshandelsstufe, die anderen Fernmeldedienstanbietern als Vorprodukt für deren Breitbandprodukte im Einzelhandelsgeschäft dienen. Sie unterscheiden sich zum einen durch den Umfang der von der Swisscom erbrachten Übermittlungsleistungen. Aus dem unterschiedlichen Umfang an Leistungen ergibt sich auch ein abgestufter Preis, der von der Swisscom-Gruppe den anderen Fernmeldedienstanbietern für die verschiedenen Produkte in Rechnung gestellt werden kann. Zum anderen bestehen technische Unterschiede des Leistungsinhalts. Schneller Bitstrom und TAL setzen aufgrund der gesetzlichen Vorgaben jeweils nur die Bereitstellung von Kupferleitungen voraus. Bei BBCS erfolgt die Leistungserbringung durch die Swisscom auch unter einem vermehrten Einsatz von Glasfaserkabeln. BBCS gewährleistet somit grundsätzlich die Möglichkeit von höheren Übertragungsraten als der schnelle Bitstrom und die TAL, deren Bandbreite durch die Fernmeldedienstevorordnung festgelegt wird (vgl. SV D.c).

F.f Die Bereitstellung von Breitbanddienstleistungen tritt unter Umständen neben die Bereitstellung von traditionellen Telefoniediensten durch die Swisscom-Gruppe, die gegenüber anderen Fernmeldedienstanbietern als Interkonnektion im Sinne von Art. 11 Abs. 1 lit. d
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG zu regulierten Bedingungen erfolgt. Ungeachtet dessen sind die Fernmeldedienstanbieter bereits im massgeblichen Zeitraum dazu übergegangen, Telefonie- und Breitbanddienstleistungen in kombinierten Angeboten, sog. Bündelangebote, gegenüber den Endkunden auf dem Einzelhandelsmarkt anzubieten (vgl. E. 547 ff.).

G. Geschehensablauf

G.a Die Swisscom-Gruppe offerierte das Grosshandelsprodukt BBCS gegenüber den Internetdienstanbietern bis zum Jahr 2001 über den Geschäftsbereich Wholesale der Beschwerdeführerin 1, ab dem Jahr 2002 über den Geschäftsbereich Fixnet Wholesale Services der Beschwerdeführerin 2 und ab dem Jahr 2008 über die Geschäftseinheit Wholesale des Geschäftsbereichs Netz und Informatik der Beschwerdeführerin 2.

G.b Das Grosshandelsprodukt BBCS wurde von der Swisscom-Gruppe zwischen den Jahren 2001 und 2008 in unterschiedlichen Konfigurationen an Bandbreiten, d.h. der Möglichkeit zum Transfer von Datenmengen pro Zeiteinheit, gegenüber anderen Fernmeldedienstanbietern angeboten. Die Preisgestaltung für die einzelnen BBCS-Produkte ergab sich aus der sog. Access-Gebühr, d.h. einer monatlich fixen Gebühr in Abhängigkeit von der jeweiligen Bandbreite je bereitgestelltem BBCS-Anschluss, und einer sog. Connectivity-Gebühr, d.h. einer monatlich variablen Gebühr für die tatsächlich transferierte Menge an Daten je bereitgestelltem BBCS-Anschluss.

G.c Die Swisscom-Gruppe offerierte ihr xDSL-Angebot gegenüber ihren Endkunden ebenfalls in unterschiedlichen Konfigurationen an Bandbreiten, wobei unterschiedliche xDSL-Produkte gegenüber Endverbrauchern und Geschäftskunden angeboten wurden. Für die unterschiedlichen xDSL-Angebote war in Abhängigkeit von der jeweils maximal möglichen Bandbreite ein anderer Preis zu bezahlen, wobei der Preis jeweils mit der Erhöhung der Bandbreite anstieg. Demgegenüber kam der unter einem Anschluss tatsächlich transferierten Datenmenge regelmässig keine Bedeutung für die Preisbildung zu.

G.d Die Swisscom-Gruppe nahm sowohl auf der Gross- als auch auf der Einzelhandelsstufe mehrere Bandbreitenerhöhungen von bestehenden Breitbandprodukten vor. Mit der Breitbanderhöhung waren teilweise auch eine Reduzierung des Preises für das jeweilige xDSL-Produkt auf Einzelhandelsstufe bzw. eine Reduzierung der Access-Gebühr für das korrespondierende BBCS-Produkt auf Grosshandelsstufe verbunden. Teilweise wurden auch neue Breitbandprodukte mit einer neuen Konfiguration an Bandbreiten eingefügt. Sowohl die Breitbanderhöhungen als auch die Einführung von neuen Breitbandprodukten erfolgten dabei auf der Gross- und Einzelhandelsstufe im Wesentlichen zum gleichen Zeitpunkt. Die Beschwerdeführerinnen bestätigen, dass die Anforderungen des xDSL-Einzelhandelsmarkts die Konfiguration des Grosshandelsprodukts BBCS massgeblich vorgibt.

G.e Ende 2006 wurde den Internetdienstanbietern von der Swisscom-Gruppe ein sog. Wachstumsrabatt für das Jahr 2007 angeboten, der zu einem Nachlass auf den Preis für das BBCS in Abhängigkeit davon führen sollte, in welchem Ausmass der jeweilige Internetdienstanbieter den Absatz seiner xDSL-Produkte auf der Einzelhandelsstufe steigern konnte. Aufgrund von dessen besonderer Ausgestaltung konnten nur sechs von zwanzig Internetdienstanbietern diesen Wachstumsrabatt in Anspruch nehmen, wobei die Swisscom-Gruppe mit ihrem Einzelhandelsgeschäft der grösste Nutzniesser dieser Massnahme war. Der Wachstumsrabatt wurde von der Swisscom-Gruppe daraufhin wieder abgeschafft (vgl. E. 535 f.).

G.f Auf den 1. Januar 2008 hin senkte die Swisscom-Gruppe bei den BBCS-Produkten auf Grosshandelsstufe die Access-Gebühr für einen BBCS-Anschluss jeweils um 10% und die Connectivity-Gebühr für das Datenvolumen um 40%. Damit lagen die Connectivity-Gebühren deutlich unter dem Preisniveau der Vorjahre.

H. Marktverhältnisse Einzelhandelsmarkt

Hinweis: alle im Urteil nachfolgend in geschwungenen Klammern aufgeführten Zahlen/Leerstellen bilden Geschäftsgeheimnisse der Parteien oder von Dritten.

H.a Breitbandinternet hat seit seiner Einführung um die Jahrtausendwende nicht nur in der Schweiz, sondern in vielen Industriestaaten eine rasante Entwicklung erfahren. Die höheren Datenübertragungsraten des Breitbandzugangs unterstützten dabei die vermehrte Nutzung des Internets, während umgekehrt die neuen (denkbaren) Nutzungsmöglichkeiten nach höheren Übertragungsraten des Breitbandzugangs verlangten. Der Markt für Breitbanddienstleistungen stellte in den Jahren 2001 bis 2007 einen Wachstumsmarkt dar, während ab dem Jahr 2008 eine gewisse Marktsättigung eintrat.

H.b Eine Beurteilung des Einzelhandelsmarkts ist auf eine angemessene Datenbasis über Marktanteile der jeweiligen Anbieter von Breitbanddienstleistungen abzustützen. Während für die Anfangsphase mangels Erhebung durch das Bundesamt für Kommunikation (nachfolgend auch: BAKOM) noch keine umfassenden Daten vorlagen, entwickelte sich bis zum Jahr 2007 eine genauere Datenbasis, auch wenn aufgrund wechselnder Erhebungsmethoden und Darstellungsparameter keine absolut exakten und vergleichbaren Daten verfügbar sind. Die nachfolgend aufgeführten Daten stammen aus der veröffentlichten Fernmeldestatistik des Bundesamts für Kommunikation (vgl. BAKOM, Amtliche Fernmeldesta-tistik 2010, Datenerfassung bei den Fernmeldedienstanbietern, zit. BAKOM 2010) sowie aus einer Befragung der Internetdienstanbieter durch die Vorinstanz; letztere Angaben entsprechen im Wesentlichen den vom Bundesamt für Kommunikation ausgewiesenen Daten. Für die im vorliegenden Zusammenhang massgeblichen Zwecke sind die zur Verfügung stehenden Daten für eine Beurteilung der Verhältnisse auf dem Einzelhandelsmarkt ausreichend.

H.c In Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Anschlüsse in der Schweiz bestehen unterschiedliche Ansichten zwischen den Parteien. Während die Vorinstanz aufgrund der amtlichen Fernmeldestatistik davon ausgeht, dass der Swisscom-Gruppe 4,82 Mio. von 7,45 Mio. verfügbaren Anschlüssen zuzurechnen sind, gehen die Beschwerdeführerinnen nur von einer Anzahl von {.....} Mio. von insgesamt {.....} Mio. Anschlüssen aus. Für die Relevanz dieser wesentlich geringen Anzahl an Anschlüssen machen sie verschiedene Umstände geltend. Durch die amtlichen Daten der Fernmeldestatistik lassen sich diese Umstände nicht aufklären (vgl. BAKOM 2010, 19 f., Tabellen IF1 und IF2). Allerdings ist eine genaue Abklärung dieser Divergenz im vorliegenden Fall auch nicht erforderlich. Angesichts der bei den Internetdienstanbietern erhobenen Daten über die tatsächlich genutzten Breitbandanschlüsse und den hierzu verfügbaren amtlichen Daten der Fernmeldestatistik lassen sich eindeutige Ergebnisse ableiten, weshalb diese sachliche Differgenz für das Ergebnis der Beurteilung letztlich unbeachtlich ist (vgl. E. 368).

H.d In Bezug auf die tatsächlich über Kabelmodem oder xDSL genutzten Breitbandanschlüsse ergibt sich aufgrund der von der Vorinstanz bei den Internetdienstanbietern abgefragten Daten und den verfügbaren amtlichen Daten (jeweils in Klammer, vgl. BAKOM 2010, 36, Tabelle SF7, Spalten Kabelmodem- und DSL-Anschlüsse) folgendes Bild: Zu Beginn des Jahres 2001 bestanden 52'545 (56'416) Breitbandanschlüsse. Seit Dezember 2001 wuchs die Anzahl an Anschlüssen von 145'843 (157'264) auf 448'033 (395'884) im Dezember 2002, auf 815'551 (738'874) im
Dezember 2003, auf 1'269'039 (1'227'397) im Dezember 2004, auf 1'684'662 (1'624'217) im Dezember 2005, auf 2'041'102 (1'990'184) im Dezember 2006 und auf 2'326'137 (2'330'252) im Dezember 2007 an. Die Anzahl an Glasfaseranschlüssen war demgegenüber auch noch Ende 2007 mit 2'648 Anschlüssen vernachlässigbar gering.

H.e In Bezug auf die Marktanteile der wesentlichen Übermittlungstechniken ergab sich dabei eine deutliche Verschiebung zwischen den Kabelnetz- und den xDSL-Anschlüssen. Anfang 2001 wiesen die Kabelnetze noch einen Marktanteil von 99% auf, wobei der Marktanteil der Cablecom {.....}% betrug, während den xDSL-Anschlüssen nur ein Marktanteil von 1% zukam, wobei der Marktanteil der Swisscom geringer als {.....}% war. In den folgenden Jahren bis zum Jahr 2007 erhöhte sich der Marktanteil der xDSL-Anschlüsse auf 69% markant, wobei der Hauptanteil auf die Swisscom entfiel. Demgegenüber ging der Marktanteil der Kabelnetzbetreiber bis Ende 2007 kontinuierlich auf 31% zurück, wobei die Cablecom mit deutlichem Abstand zu den übrigen Kabelnetzbetreibern den grössten Marktanteil innehatte. Die entsprechenden Zahlen lauten wie folgt
(jeweils Stand Dezember eines Jahres, gerundet):

2001: 76% (Cablecom {...}%); 22% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2002: 60% (Cablecom {...}%); 40% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2003: 43% (Cablecom {...}%); 57% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2004: 38% (Cablecom {...}%); 62% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2005: 36% (Cablecom {...}%); 64% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2006: 32% (Cablecom {...}%); 68% (Swisscom {...}%; übrige {...}%);
2007: 31% (Cablecom {...}%); 69% (Swisscom {...}%; übrige {...}%).

H.f Für April 2004 ergeben sich aufgrund der Angaben der Fernmeldedienstanbieter über die tatsächlich genutzte Anzahl an Breitbandanschlüssen im Detail folgende Zahlen zu den Marktanteilen, aufgeschlüsselt nach Technologie und Anbietern:

Anzahl Marktanteil Anteil
Anbieter Anschlüsse Breitbandmarkt Technologie
- in % - - in % -

xDSL gesamt 598'333 60,34 100

Swisscom {............} {.........} {.........}

Sunrise {............} {.........} {.........}

Tele 2 {............} {.........} {.........}

Green {............} {.........} {.........}

Andere xDSL {............} {.........} {.........}

Kabel gesamt 393'333 39,66 100

Cablecom {............} {.........} {.........}

Andere Kabel {............} {.........} {.........}

Total 991'666 100

H.g Für Dezember 2007 ergeben sich aufgrund der Angaben der Fernmeldedienstanbieter über die tatsächlich genutzte Anzahl an Breitbandanschlüssen im Detail folgende Zahlen zu den Marktanteilen, aufgeschlüsselt nach Technologie und Anbietern, wobei diese Angaben durch die amtlichen Daten der Fernmeldestatistik bestätigt werden (vgl. BAKOM 2010, 39, Tabelle SF8PM):

Anzahl Marktanteil BAKOM Anteil
Anbieter Anschlüsse - in % - 2010 Technologie
- in % - - in % -

ADSL gesamt 1'615'737 69,5 1'664'835 100

Swisscom {............} {.........} 49,3 {.........}

Sunrise {............} {.........} 9,8 {.........}

Tele 2 {............} {.........} 3,6 {.........}

Green {............} {.........} 1,5 {.........}

Andere DSL {............} {.........} k.A. {.........}

Kabel gesamt 710'400 30,5 665'417 100

Cablecom {............} {.........} 19,3 {.........}

Andere Kabel {............} {.........} k.A. {.........}

Total 2'326'137 100 2'330'252 -

H.h Angesichts der vorstehend dargestellten Daten ist offensichtlich, dass sich die Swisscom-Gruppe seit ihrem Markteintritt in den folgenden Jahren von 2000 bis 2007 eine besondere Stellung auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen erarbeiten konnte. Dies verdeutlicht die Wachstumsrate für Breitbandanschlüsse von Endkunden der Beschwerdeführerin 2: 2002 - {...}%; 2003 - {...}%; 2004 - {...}%; 2005 - {...}%; 2006 - {...}%; 2007 - {...}%; 2008 - {...}%. Auch im massgeblichen Zeitraum in den Jahren 2004 bis 2007 hatte die Swisscom-Gruppe ihren Anteil am Gesamtbreitbandmarkt noch deutlich von rund {...}% im Jahr 2004 auf rund {...}% im Jahr 2007 gesteigert; der Anteil am drahtgebundenen Breitbandmarkt wurde ebenfalls deutlich von anfänglich rund {...}% auf rund {...}% gesteigert. Dadurch erlangte die Swisscom-Gruppe bis zum Jahr 2007 einen Marktanteil am gesamten Breitbandmarkt, der sogar wesentlich über dem gesamten Marktanteil aller Kabelnetzbetreiber lag. Auch im Verhältnis zu den anderen Anbietern drahtgebundener xDSL-Produkte hatte die Swisscom-Gruppe einen deutlich abgehobenen Marktanteil. Der Anteil des nächst grösseren Konkurrenten am gesamten Breitbandmarkt betrug im Jahr 2004 noch rund {...}% und damit weniger als zwei Drittel des Marktanteils der Swisscom-Gruppe; bis 2007 ging dieser sogar auf rund {...}% zurück und belief sich nicht einmal mehr auf die Hälfte des Anteils der Swisscom-Gruppe. Die übrigen Konkurrenten wiesen, unabhängig davon, ob sie draht- oder kabelgebundene Produkte vertrieben, noch geringere, zumeist relativ kleine Marktanteile auf. Die Swisscom-Gruppe hatte demzufolge im massgeblichen Zeitraum eine besonders starke Stellung auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen inne.

I. Marktverhältnisse Grosshandelsmarkt

I.a Ein marktfähiges, zumindest annähernd flächendeckendes Grosshandelsprodukt für Internetdienstanbieter zur Weitergabe von Internetdienstleistungen an Endkunden wurde im Zeitraum zwischen den Jahren 2000 und 2007 nur von der Swisscom-Gruppe in Form des BBCS angeboten. Der Swisscom-Gruppe kam daher im massgeblichen Zeitraum eine ausschliessliche Stellung auf dem Grosshandelsmarkt zu.

I.b Gegenüber den anderen drahtgebundenen Internetdienstanbietern war die Erbringung sonstiger Bereitstellungsprodukte von der Swisscom-Gruppe bis zum Jahr 2007 ausdrücklich abgelehnt und diese Ablehnung im Rahmen von mehreren Gerichtsverfahren erfolgreich verteidigt worden (vgl. SV E). Die Bereitstellungsprodukte schneller Bitstrom und TAL wurden von der Swisscom-Gruppe erst nach Änderung des Fernmeldegesetzes im Jahr 2007 aufgrund der dadurch statuierten gesetzlichen Verpflichtung an andere Fernmeldedienstanbieter abgegeben. Aufgrund der aus der Befragung der Fernmeldedienstanbieter stammenden Daten, welche durch die Daten der Fernmeldestatistik (BAKOM 2010, 23, Tabelle ARS 1A) bestätigt werden, lässt sich ableiten, dass infolge der Regulierung der Absatz des TAL zwischen Januar 2008 und April 2010 zunächst langsam und ab dem Jahr 2009 deutlich anstieg (1/2008: {............}/778; 7/2008: {............}; 1/2009: {............}/31'333; 7/2009: {............}; 1/2010: {............}/152'727; 4/2010: {............}), während die Anzahl der BBCS-Anschlüsse ab Mitte 2008 umgekehrt deutlich abnahm (1/2008: {............}; 7/2008: {............}; 1/2009: {............}; 7/2009: {............}; 1/2010: {............}; 4/2010: {............}; vgl. auch E. 336).

I.c Auf Seiten der Kabelnetzbetreiber bestand auch nach Darstellung der Beschwerdeführerinnen weder vor dem Jahr 2007 noch danach ein entsprechendes Angebot für ein annähernd flächendeckendes Grosshandelsprodukt. Zwar wurden für einen begrenzten Zeitraum von drei lokalen Kabelnetzbetreibern gewisse Grosshandelsprodukte angeboten, welche jedoch nicht landesweit verfügbar waren und mangels ausreichender Nachfrage auch wieder eingestellt wurden.

I.d In der Schweiz gab es im fraglichen Zeitraum mehr als 400 Kabelnetzbetreiber, wovon 252 im Verband Swisscable organisiert waren. Dabei handelte es sich neben der Cablecom vorwiegend um kleinere Netzbetreiber. Letztere waren überwiegend in annähernd 20 Kooperationen auf dem Markt tätig.

J. Wirtschaftliche Betrachtung

J.a Auf der Grundlage der von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Daten erzielte die Swisscom-Gruppe auf der Grosshandelsstufe durch den Verkauf des Grosshandelsprodukts BBCS im Zeitraum von 2000 bis 2007 einen Gesamtgewinn in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF. Für die einzelnen Jahre ergeben sich folgende Daten (Ergebnis/Umsatz je in Tausend CHF, Verhältnis in Prozenten):

Jahr Umsatz Gewinn Verhältnis Gesamtgewinn

2000 {.........} {.........} {.........} {.........}

2001 {.........} {.........} {.........} {.........}

2002 {.........} {.........} {.........} {.........}

2003 {.........} {.........} {.........} {.........}

2004 {.........} {.........} {.........} {.........}

2005 {.........} {.........} {.........} {.........}

2006 {.........} {.........} {.........} {.........}

2007 {.........} {.........} {.........} {.........}

Total {.........} {.........}

Aus dem Geschäftsverlauf ergibt sich, dass zum Aufbau des Breitbandgeschäfts erhebliche netzseitige Anfangsinvestitionen notwendig waren. Die daraus resultierenden Anfangsverluste aus den ersten drei Jahren bis zum Jahr 2002 beliefen sich auf rund {.....} Mio. CHF. Im Jahr 2003 wurde das jährliche Grosshandelsgeschäft erstmals profitabel. Innerhalb der nächsten beiden Jahre 2004 und 2005 wurden die anfänglichen Verluste nicht nur vollständig abgebaut, sondern sogar in ein positives Gesamt-ergebnis in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF umgewandelt. Seit dem Jahr 2005 konnte die Swisscom-Gruppe jährlich einen Gewinn in der Höhe von über {.....}% des Umsatzes durch das Geschäft mit den jeweiligen BBCS-Produkten generieren. Dadurch ergaben sich steigende jährliche Gewinne in der Höhe zwischen rund {.....} Mio. CHF und {.....} Mio. CHF. Die jährlichen Gewinne in den Jahren 2005 bis 2007 übertrafen dabei jeweils den Gesamtbetrag der Anfangsverluste aus den Jahren 2000 bis 2002. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Gewinne trotz eines wei-teren Ausbaus des Breitbandnetzes durch die Swisscom-Gruppe und den damit verbundenen Kosten erzielt werden konnten.

J.b Auf der Grundlage der von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Daten ergab sich für die Swisscom-Gruppe auf der Einzelhandels-stufe für den Verkauf der Einzelhandelsprodukte xDSL ein Gesamtverlust in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF. Für die einzelnen Jahre ergeben sich folgende Daten (Beträge je in Tausend CHF):

Anzahl Anzahl Kosten
Jahr Kunden Neu-kunden Einnahmen ohne Akquisitions-kosten Verlust
Akquisition

2001 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2002 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2003 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2004 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2005 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2006 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2007 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

Total {.........} {.........}

Das Einzelhandelsgeschäft mit den xDSL-Produkten war danach zu keinem Zeitpunkt profitabel. Vielmehr ergaben sich während der gesamten Dauer zwischen den Jahren 2001 und 2007 erhebliche jährliche Verluste.

J.c Auf der Grundlage der von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Daten ergibt sich für die Jahre 2000 bis 2007 bei einer Gegenüberstellung der Ergebnisse der Swisscom-Gruppe im Gross- und im Einzelhandelsgeschäft sowie in der Gesamtbetrachtung folgendes Bild (Beträge je in Tausend CHF):

Jahres-ergebnis Gesamt-ergebnis Saldo Saldo Gesamt-ergebnis Jahres-ergebnis
Jahr GH GH JErg. GH & Gesamt EH EH
JErg. EH GH & EH

2000 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2001 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2002 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2003 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2004 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2005 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2006 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

2007 {.........} {.........} {.........} {.........} {.........} {.........}

Aus dem Vergleich wird ersichtlich, dass im Einzelhandelsgeschäft keine positive Entwicklung stattfand, während im Grosshandelsgeschäft bereits nach der Hälfte der Zeit eine nachhaltige und beachtliche Gewinnmarge erzielt werden konnte. Ungeachtet des andauernd negativen Geschäftsergebnisses im Einzelhandelsgeschäft war das jährliche Gesamtergebnis des Breitbandgeschäfts der Swisscom-Gruppe bereits ab dem Jahr 2004 postiv. In den Jahren 2004 und 2005 konnten aufgrund des beachtlichen Gewinns im Grosshandelsgeschäft nicht nur sämtliche im Grosshandelsgeschäft in den Jahren 2000 bis 2002 aufgelaufenen Verluste, sondern darüber hinaus auch die gesamten, in den Jahren 2001 bis 2005 aufgelaufenen Verluste im Einzelhandelsgeschäft ausgeglichen werden. In den darauffolgenden Jahren 2006 und 2007 konnte das positive Ergebnis im Grosshandelsgeschäft trotz der weiterhin im Einzelhandelsgeschäft anfallenden Verluste nochmals deutlich gesteigert werden.

J.d Bei einer Gesamtbetrachtung stehen sich somit Gewinne auf der Grosshandelsstufe in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF und Verluste auf der Einzelhandelsstufe in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF gegenüber. Aus den beiden Geschäftsergebnissen ergibt sich ein tatsächlich realisierter Überschuss aus dem Breitbandgeschäft der Swisscom-Gruppe in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF, der von ihr vollständig über die Gross-handelsstufe vereinnahmt wurde.

K. Sonstige inländische Verfahren

K.a Breitbandprodukte der Swisscom-Gruppe bildeten bereits mehrfach den Gegenstand von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren.

K.b ADSL I: Aufgrund von Beschwerden der Sunrise und anderen Unternehmen hatte das Sekretariat der Wettbewerbskommission (nachfolgend: Weko-Sekretariat) am 6. Mai 2002 eine Untersuchung gegen die Beschwerdeführerin 2 und die Bluewin AG eröffnet. Untersuchungsgegenstand bildete die Annahme, dass die Swisscom AG ihre Tochterfirma Bluewin AG zulasten der mit ihr konkurrierenden Internetdienstanbieter mittels eines Rabattschemas im Grosshandelsmarkt für BBCS bevorzuge, wodurch der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegeben sei. Gleichentags erliess die Vorinstanz vorsorgliche Massnahmen, welche die Beschwerdeführerin 2 verpflichtete, allen Internetdienstanbietern die gleiche Rabattstufe wie der Bluewin AG einzuräumen. Gegen die im Dezember 2003 durch die Vorinstanz erlassene Verfügung (WEKO, 15.12.2003, Swisscom ADSL, Swisscom AG/Swisscom Fixnet AG, RPW 2004/2, 407, zit. ADSL I) legte die Beschwerdeführerin 2 im Februar 2004 Verwaltungsbeschwerde bei der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (nachfolgend auch: REKO/WEF bzw. Reko/Wef) ein und verlangte die Aufhebung dieser Verfügung. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen hiess die Beschwerde im Juni 2005 durch Urteil (REKO/ WEF, 30.6.2005, FB/2004-2, Swisscom AG/Swisscom Fixnet AG gg. Weko, RPW 2005/3, 505, zit. ADSL I) gut und wies sie in der Sache zur Neu-beurteilung an die Vorinstanz zurück, weil diese den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt und insbesondere den Einfluss des nachgelagerten Markts auf den Grosshandelsmarkt nicht genügend untersucht habe. Mit Verfügung vom 17. Oktober 2005 hob die Vorinstanz daraufhin ihre vorsorglichen Massnahmen auf. Am 7. Mai 2007 verfügte die Vorinstanz die Einstellung der Untersuchung ADSL I.

K.c Office Connex: Seit dem 1. August 2001 hatte die Swisscom Enterprise Solutions AG, eine Tochtergesellschaft der Beschwerdeführerin 1, gegenüber gewerblichen Endkunden das Produkt "Office Connex" angeboten. Dabei handelte es sich um eine besondere Internetverbindungsleitung, die es den Anwendern ermöglichte, eigene, über die ganze Schweiz verteilte Standorte miteinander zu verbinden. Der Service basierte auf dem Internet-Protokoll und im Access-Bereich auf der DSL-Technik. Das Angebot umfasste asymmetrische Bandbreiten bis zu 3,5 Mbit/s und sym-metrische Bandbreiten bis zu 512 kbit/s. Den anderen Internetdienstanbietern offerierte die Swisscom-Gruppe für den Weiterverkauf an deren Endkunden (nur) das Grosshandelsprodukt BBCS mit asymmetrischen Bandbreiten, welches von den Internetdienstanbietern aus technischen Gründen nicht für die Bereitstellung eines gleichen Produkts wie das Office Connex verwendet werden konnte. Am 7. November 2001 hatte Sunrise von der Beschwerdeführerin 1 verlangt, dass ihr ein Grosshandelsangebot mit Bandbreiten von bis zu 3,5 Mbit/s asymmetrisch und 512 kbit/s symmetrisch unterbreitet werde. Nach weiteren Interventionen von Sunrise wurde ihr ab dem 15. November 2002 BBCS mit Bandbreiten von 512 kbit/s symmetrisch und bis zu 2 Mbit/s asymmetrisch von der Swisscom-Gruppe zur Verfügung gestellt. Sunrise klagte in der Folge vor dem Handelsgericht Zürich auf Schadenersatz oder auf Herausgabe des unrechtmässig erzielten Gewinns gemäss Art. 12
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 12 Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung
1    Wer durch eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert wird, hat Anspruch auf:
a  Beseitigung oder Unterlassung der Behinderung;
b  Schadenersatz und Genugtuung nach Massgabe des Obligationenrechts21;
c  Herausgabe eines unrechtmässig erzielten Gewinns nach Massgabe der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
2    Als Wettbewerbsbehinderung fallen insbesondere die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen sowie Diskriminierungsmassnahmen in Betracht.
3    Die in Absatz 1 genannten Ansprüche hat auch, wer durch eine zulässige Wettbewerbsbeschränkung über das Mass hinaus behindert wird, das zur Durchsetzung der Wettbewerbsbeschränkung notwendig ist.
KG für die Zeit vom 1. August 2001 bis 14. November 2002. Das Handelsgericht Zürich wies die Klage mit Urteil vom 3. Oktober 2006 ab. Die Berufung von Sunrise wurde vom Bundesgericht im Februar 2007 abgewiesen (BGer, 16.2.2007, 4C.404/2006, TDC Switzerland AG gg. Swisscom AG, zit. Office Connex). Zur Begründung führte das Bundesgericht aus, dass im fraglichen Zeitraum Sunrise kein Anspruch auf Interkonnektion zugestanden habe, weil ein solcher Anspruch ungeachtet der parallelen Anwendbarkeit von Kartellrecht und sektoriellem Telekommunikationsrecht nur gestützt auf eine genügend bestimmte, demokratisch erlassene Gesetzesbestimmung im formellen Sinn geltend gemacht werden könne. Diese gesetzliche Grundlage sei aber erst durch die Änderung des Fernmeldegesetzes vom 24. März 2006 mit Wirkung ab dem 1. April 2007 geschaffen worden. Da zum fraglichen Zeitpunkt keine fernmelderechtliche Pflicht von Swisscom zur Gewährung des verlangten Grosshandelsangebots bestanden habe, könne die Verweigerung einer Belieferung desselben nicht nach Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG als unzulässiges Verhalten betrachtet werden.

K.d Talk & Surf: Am 29. Oktober 2003 eröffnete das Weko-Sekretariat auf eine Anzeige von Sunrise hin eine Vorabklärung gemäss Art. 26
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 26 Vorabklärung
1    Das Sekretariat kann Vorabklärungen von Amtes wegen, auf Begehren von Beteiligten oder auf Anzeige von Dritten hin durchführen.
2    Das Sekretariat kann Massnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen anregen.
3    Im Verfahren der Vorabklärung besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
KG in Sachen Talk & Surf, einem von der Beschwerdeführerin 2 lancierten Bündelangebot, bestehend aus einem Telekommunikationsanschluss, breitbandigen Internetdienstleistungen und verschiedenen Sprachtelefonieleistungen, welches sich nur an Endkunden richtete und gegenüber Wiederverkäufern nicht abgegeben wurde. Im Rahmen der Vorabklärung wurde untersucht, ob unter den Tatbestandsvarianten einer Kosten-Preis-Schere, eines Koppelungsgeschäfts und der Verweigerung von Geschäftsbeziehungen ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG durch die Beschwerdeführerin 2 vorlag. Der Schlussbericht des Weko-Sekretariats über die Vorabklärung vom Februar 2004 (Weko-Sekretariat, 12.2.2004, Produktebündel "Talk & Surf", Swisscom Fixnet AG, RPW 2004/2, 357, zit. Talk & Surf) kam zum Ergebnis, dass hinsichtlich einer Kosten-Preis-Schere und eines Koppelungsgeschäfts keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten vorgelegen hätten, während in Bezug auf die Geschäftsverweigerung die Eröffnung eines Untersuchungsverfahrens gemäss Art. 27
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 27 Eröffnung einer Untersuchung
1    Bestehen Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung, so eröffnet das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums eine Untersuchung. Eine Untersuchung wird in jedem Fall eröffnet, wenn das Sekretariat von der Wettbewerbskommission oder vom WBF damit beauftragt wird.28
2    Die Wettbewerbskommission entscheidet, welche der eröffneten Untersuchungen vorrangig zu behandeln sind.
KG beschlossen wurde. Im Hinblick auf den Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere wurde festgehalten, dass die Überprüfung auf einer summarischen Vergleichsbetrachtung der Grosshandelspreise für das Vorleistungsprodukt und den Endkundenpreisen für das Produkt Talk & Surf beruht habe, wobei die jeweiligen Preisvergleiche nur als "Annäherungen" qualifiziert wurden (Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 65, 67). Im Hinblick auf diesen Preisvergleich wurde festgehalten, dass "die Vorleistungspreise immer unter den Endkundenpreisen liegen und die zum Teil erhebliche Spanne zwischen diesen Preisen als genügend erscheint, damit ein effizientes Unternehmen im Markt verbleiben kann" (Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 67). Allerdings wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass angesichts des Charakters eines Vorverfahrens auf einen Vergleich der zusätzlich anfallenden Kosten mit der Marge zwischen Grosshandels- und Einzelhandelspreisen verzichtet worden sei (Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 67). Im Rahmen des Abschlussberichts wurde unter Bezugnahme auf den Inhalt von einschlägigen Entscheiden in den USA (Alcoa; vgl. E. 389) und der Europäischen Union (Napier Brown; Industrie des poudres sphériques; Deutsche Telekom; vgl. SV L.b und E. 390 f.) die Entwicklung des Tatbestands der Kosten-Preis-Schere und deren wettbewerbswidrige Unzulässigkeit konzis dargestellt (Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 58 f.). Dabei wies das Sekretariat ausdrücklich darauf hin, dass die
Berücksichtigung der Entscheide innerhalb der Europäischen Union aufgrund der weitgehenden Identität von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG mit der entsprechenden europarechtlichen Vorschrift gerechtfertigt sei (Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 60). Im Übrigen wurden zu den Aspekten des relevanten Markts und der Marktbeherrschung bereits die gleichen Feststellungen wie in der angefochtenen Verfügung getroffen.

K.e Marktzugang schneller Bitstrom: Mit Gesuch vom 10. April 2007 stellte Sunrise beim Bundesamt für Kommunikation zuhanden der Eidgenössischen Kommunikationskommission einen Antrag auf Erlass einer Verfügung gemäss Art. 11 Abs. 1
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG, mit der ihr der Zugang zum Telefonnetz der Beschwerdeführerin 2 auf der Grundlage des schnellen Bitstroms in transparenter, nicht diskriminierender Weise zu kostenorientierten Preisen zu gewähren sei. Das Bundesamt für Kommunikation beauftragte die Vorinstanz mit einem Gutachten zur Frage der Marktbeherrschung der Beschwerdeführerin 2 hinsichtlich des Zugangs zum schnellen Bitstrom. Die Marktbeherrschung wurde in der Folge im Gutachten der Vorinstanz vom 3. September 2007 bejaht. Mit Teilverfügung vom 21. November 2007 entschied die Eidgenössische Kommunikationskommission, die Beschwerdeführerin 2 sei marktbeherrschend im Bereich des schnellen Bitstroms und habe folglich während vier Jahren den Zugang gemäss Art. 11 Abs. 1 lit. b
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG zu gewähren. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 2 gegen diesen Entscheid wurde vom Bundesver-waltungsgericht im Februar 2009 vollumfänglich abgewiesen (BVGer, 19.2.2009, A-109/2008, Swisscom [Schweiz] AG gg. ComCom, BVGE 2009/35, zit. Marktzugang schneller Bitstrom). Das Bundesverwaltungsgericht hat dabei folgende Aspekte festgehalten: (i) Für die Feststellung des relevanten Markts müsse eine Differenzierung zwischen einerseits dem Einzelhandelsmarkt auf der Ebene der Endkunden von Breitbanddienstleistungen und andererseits dem Grosshandelsmarkt auf der Ebene von anderen Fernmeldedienstanbietern vorgenommen werden (E. 8.4.2); (ii) vom Einzelhandelsmarkt als nachgelagertem Markt gehe keine disziplinierende Wirkung auf den Grosshandelsmarkt aus, weil weder die anderen Fernmeldedienstanbieter noch die Kabelnetzbetreiber über solche Gestaltungsmöglichkeiten verfügten, welche die Beschwerdeführerin 1 in ihrer Geschäftspolitik wesentlich einschränken würden (E. 10.4); (iii) Mobilbreitbanddienstleistungen würden aufgrund ihrer eingeschränkten Datenübertragungsraten kein Substitut zu drahtgebundenen Breitbandzugängen darstellen.

L. Sonstige ausländische Verfahren

L.a Die Konstellation einer Kosten-Preis-Schere war bereits mehrfach Gegenstand von wettbewerbsrechtlichen Entscheidungen in der Europäischen Union (insgesamt nachfolgend: EU-Wettbewerbspraxis), die von der Kommission der Europäischen Union sowie dem Gericht der Europäischen Union (nachfolgend: Europäisches Gericht bzw. EuG) und dem Europäischen Gerichtshof (nachfolgend auch: EuGH) auf der Grundlage des Wettbewerbsrechts der Europäischen Union (nachfolgend: EU-Wettbewerbsrecht), welches im Wesentlichen aus den Vorschriften des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und den hierzu ergangenen Ausführungserlassen sowie den Verlautbarungen der EU-Kommission besteht, getroffen wurden.

L.b Deutsche Telekom: Die Deutsche Telekom AG (nachfolgend: Telekom) ist die traditionelle Telekommunikationsgesellschaft in Deutschland. Sie betreibt das deutsche Telefonfestnetz. Vor der vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte verfügte sie über ein gesetzliches Monopol bei der Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen im Festnetz an Endkunden. Seit Inkrafttreten des deutschen Telekommunikationsgesetzes am 1. August 1996 sind sowohl der Markt für die Infrastrukturbereitstellung als auch der Markt für die Bereitstellung von Telekommunikationsdienstleistungen in Deutschland liberalisiert. Seither war die Telekom auf beiden Märkten einem unterschiedlich hohen Grad an Wettbewerb durch andere Betreiber ausgesetzt. Im Jahr 1999 begann die EU-Kommission aufgrund von eingegangenen Beschwerden konkurrierender Unternehmen eine Untersuchung, die im Jahr 2003 mit einer Entscheidung abgeschlossen wurde (EU-Kom, 21.5.2003, Comp/C1/37.451 und 37.578, 37.579, Deutsche Telekom AG, ABl. 2003 L 263/9, zit. Deutsche Telekom). Dabei wurde der Telekom eine missbräuchliche Preisgestaltung in Form der Kosten-Preis-Schere vorgeworfen, die sich aus einem Missverhältnis zwischen den Zwischenabnehmerentgelten für Vorleistungszugangsdienste und den Endkundenentgelten für Endkundenzugangsdienste ergebe. Dabei stellte die EU-Kommission fest: "Die [Telekom] hat seit 1998 gegen Art. 82 Bst. a EG-Vertrag verstossen, indem sie für den Zugang zum Ortsnetz von ihren Wettbewerbern und von ihren Endkunden unangemessene Monats- und Einmalentgelte erhoben und hierdurch den Wettbewerb auf dem Markt für den Zugang zum Ortsnetz erheblich behindert." Die Kommission legte gegen die Telekom wegen dieses Verstosses eine Geldbusse in der Höhe von 12,6 Mio. fest. Die Klage der Telekom auf Nichtigerklärung der Kommissionsentscheidung wurde vom Europäischen Gericht im Jahr 2008 abgewiesen (EuG, 10.4.2008, T 271/03, Deutsche Telekom AG gg. EU-Kom, EU:T:2008:101, zit. Deutsche Telekom). Der Europäische Gerichtshof hat diesen Entscheid im Jahr 2010 bestätigt (EuGH, 14.10.2010, C-280/08 P, Deutsche Telekom AG gg. EU-Kom, EU:C:2010:603, zit. Deutsche Telekom).

L.c TeliaSonera: Das Unternehmen TeliaSonera, vormals Telia AB, ist die traditionelle schwedische Telefonfestnetzbetreiberin und war früher Inhaberin ausschliesslicher Rechte. Sie ist seit langem Eigentümerin eines Ortsanschlussnetzes auf Metallleitungsbasis, an das nahezu sämtliche schwedischen Haushalte angebunden sind. Sie ist insbesondere Eigentümerin des Teilnehmeranschlussnetzes, d.h. des Teils des Telefonnetzes, der die einzelnen Haushalte mit der nächsten Ortsvermittlungsstelle verbindet. TeliaSonera vermittelte anderen Telekommunikationsanbietern zwei Arten von Zugang zum Teilnehmeranschluss: Zum einen bot sie einen vollständig entbündelten Zugang gemäss der VO 2887/2000 Entbündelung an. Zum anderen bot sie - ohne hierzu aufgrund einer Regulierungsvorschrift verpflichtet zu sein - ein xDSL-Vorprodukt an, mit dem die anderen Telekommunikationsanbieter ebenfalls Endkunden Breitbandanschlüsse offerieren konnten. Gleichzeitig bot sie auch direkt Endkunden Breitbandanschlüsse an. Nach Ansicht der schwedischen Wettbewerbsbehörde missbrauchte TeliaSonera in der Zeit von April 2000 bis Januar 2003 ihre marktbeherrschende Stellung durch eine Preisgestaltung, bei der die Spanne zwischen dem Preis für xDSL-Vorprodukte und dem Endkundenpreis für die angebotenen Dienste nicht ausreichend gewesen sei, um ihre eigenen Kosten für die Erbringung dieser Dienste an die Endkunden zu decken. Deshalb erhob sie beim zuständigen Stockholmer Gericht Klage auf Verurteilung von TeliaSonera zur Zahlung einer Geldbusse wegen Verstosses gegen das nationale Wettbewerbsrecht in der Zeit von April 2000 bis Januar 2003 und gegen Art. 82 EGV in der Zeit von Januar 2001 bis Januar 2003. Aufgrund einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof im Jahr 2009 wurde von diesem im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens (EuGH, 17.2.2011, C-52/09, Konkurrensverket gg. TeliaSonera Sverige AB, EU:C:2011:83, zit. TeliaSonera) festgestellt, dass die Preispolitik eines vertikal integrierten Unternehmens in beherrschender Stellung auf dem Markt für Vorleistungen für den asymmetrischen digitalen Teilnehmeranschluss, bei der die Differenz zwischen den auf diesem Markt praktizierten Preisen und den auf dem Endkundenmarkt für Breitbanddienste verlangten Preisen nicht ausreiche, um die spezifischen Kosten zu decken, die das Unternehmen für den Zugang zum letztgenannten Markt aufwenden müsse, ein Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV sein könne, sofern es keine objektive Rechtfertigung dafür gebe.

L.d Telefonica: Die spanische Telefónica SA ist die oberste Holdinggesellschaft der Telefónica-Gruppe (nachfolgend: Telefónica), des bis zur vollständigen Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte im Jahr 1998 spanischen Staatsmonopolunternehmens im Telekommunikationsbereich. Telefónica betreibt das einzige landesweite Netz für Festnetztelefonie. 2003 eröffnete die EU-Kommission auf eine Beschwerde der Wanadoo España SL (heute: France Telecom España SA) hin eine Untersuchung gegen Telefónica, ob in Spanien die Spanne zwischen den Grosskundenpreisen, welche die Tochtergesellschaften von Telefónica ihren Wettbewerbern für Grosskunden-Breitbandzugänge berechneten, und den Preisen, die Telefónica Endkunden in Rechnung stelle, nicht ausreiche, um den Wettbewerbern von Telefónica einen wirksamen Wettbewerb mit dieser zu ermöglichen. Im Juli 2007 erliess die EU-Kommission eine Entscheidung (EU-Kom, 4.7.2007, COMP/38.784, Wanadoo España gg. Telefónica, zit. Telefonica), nach der Telefónica zwischen September 2001 und Dezember 2006 wettbewerbswidrig gehandelt habe, indem sie unangemessene Tarife in der Form eines Missverhältnisses zwischen den Preisen für die Breitband-Zugangsdienste auf Grosskundenebene und denjenigen auf Endkundenebene angewendet habe. Dieses Verhalten wurde mit einer Geldbusse in der Höhe von rund 152 Mio. sanktioniert. Der Entscheid wurde in den jeweiligen durch Telefónica angestrengten Rechtsmittelverfahren sowohl durch das Europäische Gericht im Jahr 2012 (EuG, 29.3.2012, T-336/07, Telefónica SA/Telefónica de España SA gg. EU-Kom, EU:T:2012:172, zit. Telefonica) als auch durch den Europäischen Gerichtshof im Jahr 2014 (EuGH, 14.7.2014, C-295/12 P, Telefónica SA/Telefónica de España SA gg. EU-Kom, EU:C:2014:2062, zit. Telefonica) bestätigt.

M. Vorinstanzliches Verfahren

M.a Am 20. Oktober 2005 eröffnete das Weko-Sekretariat eine Untersuchung gegen die Beschwerdeführerinnen über ihre Preispolitik im Bereich der xDSL-Breitbanddienste unter dem Titel "Preispolitik Swisscom ADSL".

M.b Anlass dieser Untersuchung waren Vorwürfe verschiedener Internetdienstanbieter, die Swisscom-Gruppe habe die Preise für das Grosshandelsprodukt BBCS zu hoch angesetzt. Aufgrund der gleichzeitig tiefen Endkundenpreise verbleibe den Internetdienstanbietern keine genügende Marge, um ihre Breitbanddienste rentabel anbieten zu können. Dieser Umstand sei als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung zu qualifizieren.

M.c Im Juni 2006 sowie im September und Dezember 2007 führte das Weko-Sekretariat zur Abklärung des Sachverhalts Befragungen bei verschiedenen Internetdienstanbietern und den Beschwerdeführerinnen durch. Im Rahmen der Amtshilfe wurde zudem das Bundesamt für Kommunikation als sektorspezifische Fachbehörde beigezogen. Im Laufe des Verfahrens wurden von Seiten der Vorinstanz mehrere Auskunftsbe-gehren mit verschiedenen Inhalten (Schreiben vom 19.6.2006, 7.9.2007, 24.9.2007, 13.12.2007) an die Beschwerdeführerinnen gerichtet, welche von diesen unter Einräumung verschiedener Fristverlängerungen jeweils fristgerecht und umfangreich (Schreiben vom 18.8.2006, 26.9.2007, 19.10.2007, 2.11.2007, 11.1.2008, 25.1.2008) beantwortet wurden (insgesamt nachfolgend: vorinstanzlicher Informationsaustausch). Die Beschwerdeführerinnen haben im Rahmen ihrer Eingaben zur inhaltlichen Bestätigung ihres Vorbringens mehrere private Gutachten eingereicht; unter anderen ein Gutachten vom 30. September 2009 sowie ein Ergänzungsgutachten vom 23. November 2009 von Prof. Dr. Marcel A. Niggli und Prof. Dr. Christof Riedo zu einer Vielzahl von rechtlichen Aspekten, die insbesondere in Zusammenhang mit der strafrechtlichen Würdigung eines wettbewerbsrechtlichen Verhaltens stehen (insgesamt nachfolgend: Rechtsgutachten Niggli/Riedo), sowie ein Gutachten vom 10. Juni 2009 von Prof. Dr. Roland von Büren zu rechtlichen Aspekten des Tatbestands gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG.

M.d Mit Schreiben vom 12. November 2008 unterbreitete das Weko-Sekretariat den Beschwerdeführerinnen den Antrag der Verfügung zur Stellungnahme, welche von diesen am 26. März 2009 eingereicht wurde. Anlässlich einer Anhörung vom 22. Juni 2009 wurden die Beschwerde-führerinnen aufgefordert, Businesspläne zum Breitbandeinzelhandels-geschäft einzureichen. Dieser Aufforderung kamen sie mit Schreiben vom 1. Juli 2009 nach. Zudem verwiesen die Beschwerdeführerinnen diesbezüglich auf Daten, welche bereits im Rahmen des Verfahrens ADSL I (vgl. SV K.b) erhoben worden waren, und genehmigten deren Verwendung auch im vorinstanzlichen Verfahren.

N. Verfügung der Vorinstanz

N.a Die Vorinstanz stellte mit der angefochtenen Verfügung fest, dass die Beschwerdeführerinnen auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternet über eine marktbeherrschende Stellung verfügen (Dispositiv Ziff. 1) und diese missbrauchen würden, indem sie mit ihrer Preispolitik ein Missverhältnis von Vorleistungs- und Endkundenpreisen herbeigeführt hätten (Dispositiv Ziff. 2). Sie sprachen daher gegen die Beschwerdeführerinnen zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung eine Belastung in der Höhe von 219'861'720.- CHF aus (Dispositiv Ziff. 3). Zudem wurde den Beschwerdeführerinnen unter solidarischer Haftung Verfahrenskosten in der Höhe von 349'321.- CHF auferlegt (Dispositiv Ziff. 4). Darüber hinaus wurde die Rechtsmittelbelehrung gegenüber den Beschwerdeführerinnen in das Dispositiv aufgenommen (Dispositiv Ziff. 5).

N.b Inhaltlich lässt sich die angefochtene Verfügung folgendermassen zusammenfassen: Die Beschwerdeführerinnen hätten durch die Preisgestaltung der von ihr auf den Gross- und Einzelhandelsmärkten vertriebenen Breitbandprodukte den anerkannten und rechtlich durch Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ausreichend bestimmten Tatbestand einer sog. Kosten-Preis-Schere verwirklicht. Die hohen Preise für das von ihnen auf dem Grosshandelsmarkt vertriebene Vorprodukt BBCS würden keine ausreichenden Margen für die anderen Internetdienstanbieter beim Weiterverkauf von Breitbandinternet an Endkunden zulassen, wodurch die übrigen Internetdienstanbieter gegenüber der gruppeneigenen Vertriebseinheit für Breitbandprodukte auf Einzelhandelsstufe benachteiligt würden. Letztere könne die entstehenden Verluste verkraften, weil diese innerhalb der Swisscom-Gruppe von den hohen Gewinnen aus dem Verkauf des Grosshandelsprodukts mehr als kompensiert würden. Sachliche Rechtfertigungsgründe für das Verhalten der Beschwerdeführerinnen lägen keine vor. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihr missbräuchliches Verhalten erkennen können, weshalb ihr dieses auch vorwerfbar sei. Es rechtfertige sich deshalb, die Beschwerdeführerinnen heranzuziehen und zu sanktionieren. Die Höhe der Sanktion sei verhältnismässig.

N.c Gegenüber den Argumentationen der Beschwerdeführerinnen im Beschwerdeverfahren bringt die Vorinstanz diejenigen Gründe vor, die im Wesentlichen bereits zur Begründung der vorinstanzlichen Verfügung angeführt wurden, und die jeweils nachfolgend im Rahmen der Erwägungsgründe zu den einzelnen formellen und materiellen Rechtsaspekten dargestellt werden, soweit eine eingehende Darstellung angesichts der jeweiligen sachlichen Würdigung durch das Bundesverwaltungsgericht nicht entbehrlich ist.

O. Inhalt der Beschwerde

O.a Gegen diese Verfügung erhoben die Beschwerdeführerinnen am 7. Dezember 2009 Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht mit dem später angepassten Begehren, die angefochtene Verfügung sei unter Kostenfolge aufzuheben.

O.b Mit der Beschwerde werden eine unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts, die Verletzung von Bundesrecht sowie die Unangemessenheit gemäss Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
VwVG gerügt. Dabei werden von den Beschwerdeführerinnen in umfassender Weise eine Vielzahl von Rügen wegen formeller und materieller Rechtsverletzungen hinsichtlich nahezu sämtlicher Rechtsaspekte, die im Rahmen eines kartellrechtlichen Sanktionsverfahrens Bedeutung erlangen könnten, vorgebracht.

O.c Von zentraler Bedeutung ist dabei die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, dass es sich bei einer Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG um eine strafrechtliche Massnahme handle, weshalb sowohl im Hinblick auf die Zuständigkeiten und die Anforderungen an das zu beachtende Verfahren ausschliesslich strafrechtliche Grundsätze zur Anwendung gelangen müssten. Demzufolge werden die Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für das Beschwerdeverfahren, die Unzulässigkeit einer Sanktionierung durch die Vorinstanz mangels deren Ausgestaltung als unabhängiges Gericht, die fehlende Belehrung der betroffenen Unternehmen im Rahmen der Informationsbeschaffung und damit ein Verstoss gegen den nemo tenetur-Grundsatz, die unzureichende Bestimmtheit sowohl des gesetzlichen Tatbestands von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG als auch von dessen Rechtsfolgen sowie die fehlerhafte Berücksichtigung der notwendigen Anforderungen an den subjektiven Tatbestand und dessen Nachweis geltend gemacht.

O.d In Bezug auf formelle Rechtsaspekte werden die fehlende Berücksichtigung des Einflusses der fernmelderechtlichen Regelungen, eine fehlerhafte Berücksichtigung des zeitlichen Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes, die fehlerhafte Heranziehung der Beschwerdeführerin 1 als Verfügungsadressatin, eine Berücksichtigung der EU-Wettbewerbspraxis als ausländisches Recht, eine generell unzureichende Kognition durch das Bundesverwaltungsgericht sowie jeweils diverse Verstösse gegen den Untersuchungsgrundsatz, den Anspruch auf rechtliches Gehör und das Vertrauensprinzip durch die Vorinstanz und eine Verletzung des Anspruchs auf eine fristgemässe Beurteilung gerügt. Weiterhin wird die isolierte Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung der Beschwerdeführerinnen im Dispositiv der vorinstanzlichen Verfügung als unzulässig qualifiziert.

O.e In Bezug auf materielle Rechtsaspekte werden eine fehlerhafte Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Markts einschliesslich unzureichender Marktbeobachtungen, eine grundsätzlich unzureichende Berücksichtigung der notwendigen Anforderungen an die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung einschliesslich einer unzulässigen Berücksichtigung von anderen Verfahren sowie die fehlerhafte Feststellung der Marktbeherrschung durch die Swisscom-Gruppe einschliesslich einer unzureichenden Berücksichtigung des aktuellen Wettbewerbs und des Einflusses von zusammenhängenden Märkten gerügt. Des Weiteren werden gerügt die fehlende Schädlichkeit von Kosten-Preis-Scheren und die dadurch nicht gegebene wettbewerbsrechtliche Tatbestandsmässigkeit, eine fehlende bzw. fehlerhaft angewendete Prüfungsmethodik für das Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere, das Fehlen einer Diskriminierung von Seiten der Swisscom-Gruppe, die fehlende Berücksichtigung des sachlichen Vorrangs der fernmelderechtlichen Regelungen, das Fehlen einer Motivation und Intention auf Seiten der Swisscom-Gruppe zur Durchführung einer Kosten-Preis-Schere, der unzureichende Nachweis des konkreten Vorliegens einer Kosten-Preis-Schere einschliesslich einer fehlerhaften Berücksichtigung von Akquisitionskosten, Amortisationsberechnungen, eines individuellen Rabattschemas und der auf dem Markt angebotenen Bündelangebote. Zudem werden die fehlende Kausalität des Verhaltens sowie die Nichtberücksichtigung von Rechtfertigungs- und Schuldausschliessungsgründen bemängelt.

O.f In Bezug auf die Sanktionierung werden die Unverhältnismässigkeit der gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolgen sowie eine unrichtige Bestimmung der konkreten Sanktion durch die Vorinstanz gerügt. Damit einher geht die Geltendmachung eines Kostenentschädigungsanspruchs.

O.g Im Einzelnen bringen die Beschwerdeführerinnen die Argumenta-tionen vor, welche nachfolgend jeweils im Rahmen der Erwägungsgründe zu den einzelnen formellen und materiellen Rechtsaspekten dargestellt werden.

P. Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht

P.a Auf Antrag der Beschwerdeführerinnen sistierte das Bundesver-waltungsgericht das vorliegende Verfahren mit Zwischenverfügung vom 21. Januar 2010 bis zur Eröffnung seines Entscheids in Sachen Terminierung Mobilfunk (BVGer, 24.2.2010, B-2050/2007, Swisscom AG gg. Weko, BVGE 2011/32 und RPW 2010/2, 440, zit.Terminierung Mobilfunk). Mit Zwischenverfügung vom 18. März 2010 hob es die Sistierung aufgrund des den Parteien am 8. März 2010 eröffneten Urteils in dieser Sache auf und gab den Beschwerdeführerinnen die Gelegenheit, die Beschwerde vom 7. Dezember 2009 bis zum 19. April 2010 anzupassen und zu ergänzen.

P.b Ende April 2010 wurde vom Bundesverwaltungsgericht das Urteil in Sachen Publigroupe (BVGer, 27.4.2010, B-2977/2007, Publigroupe SA ua. gg. Weko, RPW 2010/2, 329, zit. Publigroupe) bekannt gegeben, dessen Erwägungen auch für das vorliegende Verfahren wesentliche Bedeutung aufweisen.

P.c Nach zweimaliger Fristerstreckung reichten die Beschwerdeführerinnen mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 ihre im Hinblick auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk und Publigroupe ergänzte Beschwerde ein. Inhaltlich hielten sie ungeachtet des Inhalts dieser Urteile an ihren bisherigen Rechtspositionen fest.

P.d Mit Vernehmlassung vom 5. August 2010 nahm die Vorinstanz zur ergänzten Beschwerde der Beschwerdeführerinnen Stellung. Dabei hielt die Vorinstanz an ihren in der angefochtenen Verfügung eingenommenen Rechtspositionen mit ergänzenden Argumentationen und unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Publigroupe fest.

P.e Mit Zwischenverfügung vom 12. August 2010 sistierte das Bundesverwaltungsgericht das vorliegende Verfahren bis zur Eröffnung der Entscheide des Bundesgerichts über die jeweiligen Beschwerden gegen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk und Publigroupe, weil sich die Parteien in jeweils unterschiedlicher Weise auf die rechtlichen Erwägungen dieser Urteile abstützen.

P.f Mit Zwischenverfügung vom 5. Februar 2013 hob das Bundesverwaltungsgericht die Sistierung aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Urteile des Bundesgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk (BGer, 11.4.2011, 2C_343/2010, Eidg. Volkswirtschaftsdepartement gg. Swiss-com [Schweiz] AG und 2C_344/2010, Swisscom [Schweiz] AG gg. Weko, BGE 137 II 199 und RPW 2011/3, 440, zit. Terminierung Mobilfunk) und in Sachen Publigroupe (BGer, 29.6.2012, 2C_484/2010, Publigroupe SA u.a. gg. Weko, BGE 139 I 72 und RPW 2013/1, 114, zit. Publigroupe) nach deren Veröffentlichung auf. Gleichzeitig wurden die Parteien aufgefordert, Stellung zu nehmen, ob unter Berücksichtigung des Inhalts dieser beiden Urteile - insbesondere im Hinblick auf die Einschätzung des massgeblichen strafrechtsähnlichen Charakters der Sanktionen - Anlass zu einer Wiedererwägung der vorinstanzlichen Verfügung und einer vergleichsweisen Erledigung der streitigen Angelegenheit bestünde.

P.g Mit Schreiben vom 4. März 2013 teilte die Vorinstanz mit, dass sie auch unter Berücksichtigung des Bundesgerichtsurteils in Sachen Publigroupe keinen Grund für eine Wiedererwägung der vorinstanzlichen Verfügung sehe. Mit Schreiben vom 7. März 2013 teilten die Beschwerdeführerinnen mit, dass sie auch unter Berücksichtigung der Bundesgerichtsurteile in Sachen Terminierung Mobilfunk und Publigroupe an ihren Rechtspositionen festhalten würden und kein Anlass zu einer vergleichsweisen Erledigung der Angelegenheit bestehe.

P.h Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 nahmen die Beschwerdeführerinnen zur Vernehmlassung der Vorinstanz Stellung.

P.i Am 19. September 2013 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht eine Instruktionsverhandlung durchgeführt, woraufhin mit Zwischenverfügung vom 31. Oktober 2013 den Parteien ein Fragenkatalog zur Beantwortung gestellt wurde. Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2013 wurde der Fragenkatalog von der Vorinstanz fristgerecht beantwortet. Von den Beschwerdeführerinnen wurde der Fragenkatalog nach einmaliger Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 24. Januar 2014 beantwortet.

P.j Mit Zwischenverfügung vom 6. August 2014 wurde den Parteien Gelegenheit eingeräumt, auf die Beantwortung des Fragenkatalogs der jeweiligen Gegenpartei sowie abschliessend zum vorliegenden Verfahren Stellung zu nehmen. Die Vorinstanz hat ihre abschliessende Stellungnahme vom 29. September 2014 fristgerecht eingereicht. Die Beschwerdeführerinnen haben nach einmaliger Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2014 abschliessend Stellung genommen.

P.k Mit Zwischenverfügung vom 19. Dezember 2014 hat das Bundesverwaltungsgericht die Parteien zur Stellungnahme in Bezug auf die Ermittlung des mutmasslichen Gewinns aufgefordert. Die Parteien haben ihre Stellungnahmen fristgerecht am 31. Januar 2015 bzw. am 9. März 2015 eingereicht. Mit Schreiben vom 11. Juni 2015, welches mit Schreiben vom 2. Juni 2015 angekündigt worden war, haben die Beschwerdeführerinnen nochmals eine Replik zur Stellungnahme der Vorinstanz eingereicht. Mit Verfügung vom 23. Juni 2015 stellte das Bundesverwaltungsgericht der Vorinstanz die Replik zur Kenntnisnahme zu.

Das Bundesverwaltungsgericht zieht in Erwägung:

I. Prozessvoraussetzungen

1. Das Bundesverwaltungsgericht prüft von Amtes wegen gemäss Art. 7
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 7
1    Die Behörde prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen.
2    Die Begründung einer Zuständigkeit durch Einverständnis zwischen Behörde und Partei ist ausgeschlossen.
des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021) sowie mit freier Kognition, ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind und ob und in welchem Umfang auf eine Beschwerde einzutreten ist (vgl. die ständige Rechtsprechung seit BVGE 2007/6 E. 1).

1) Sachliche Zuständigkeit

2. Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt gemäss Art. 31
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196819 über das Verwaltungsverfahren (VwVG).
des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 (VGG, SR 173.32) Beschwerden gegen Verfügungen nach Art. 5
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5
1    Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
a  Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
b  Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c  Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
2    Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25
3    Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.
VwVG, welche von einer der in Art. 33
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 33 Vorinstanzen - Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen:
a  des Bundesrates und der Organe der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals einschliesslich der Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung;
b  des Bundesrates betreffend:
b1  die Amtsenthebung eines Mitgliedes des Bankrats, des Direktoriums oder eines Stellvertreters oder einer Stellvertreterin nach dem Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 200325,
b10  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Schweizerischen Trassenvergabestelle oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers durch den Verwaltungsrat nach dem Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 195743;
b2  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitgliedes der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200726,
b3  die Sperrung von Vermögenswerten gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. Dezember 201528 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen,
b4  das Verbot von Tätigkeiten nach dem NDG30,
b5bis  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Eidgenössischen Instituts für Metrologie nach dem Bundesgesetz vom 17. Juni 201133 über das Eidgenössische Institut für Metrologie,
b6  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 200535,
b7  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Heilmittelinstituts nach dem Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200037,
b8  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Anstalt nach dem Ausgleichsfondsgesetz vom 16. Juni 201739,
b9  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung nach dem Bundesgesetz vom 28. September 201841 über das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung,
c  des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cbis  des Bundespatentgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cter  der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses der von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Mitglieder der Bundesanwaltschaft;
dquinquies  der Bundeskanzlei, der Departemente und der ihnen unterstellten oder administrativ zugeordneten Dienststellen der Bundesverwaltung;
e  der Anstalten und Betriebe des Bundes;
f  der eidgenössischen Kommissionen;
g  der Schiedsgerichte auf Grund öffentlich-rechtlicher Verträge des Bundes, seiner Anstalten und Betriebe;
h  der Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, die in Erfüllung ihnen übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen;
i  kantonaler Instanzen, soweit ein Bundesgesetz gegen ihre Verfügungen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorsieht.
VGG aufgeführten Institutionen erlassen wurden, soweit keine der in Art. 32
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 32 Ausnahmen
1    Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Verfügungen auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Verfügungen betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie Volkswahlen und -abstimmungen;
c  Verfügungen über leistungsabhängige Lohnanteile des Bundespersonals, soweit sie nicht die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
d  ...
e  Verfügungen auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
e1  Rahmenbewilligungen von Kernanlagen,
e2  die Genehmigung des Entsorgungsprogramms,
e3  den Verschluss von geologischen Tiefenlagern,
e4  den Entsorgungsnachweis;
f  Verfügungen über die Erteilung oder Ausdehnung von Infrastrukturkonzessionen für Eisenbahnen;
g  Verfügungen der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
h  Verfügungen über die Erteilung von Konzessionen für Spielbanken;
i  Verfügungen über die Erteilung, Änderung oder Erneuerung der Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG);
j  Verfügungen über die Beitragsberechtigung einer Hochschule oder einer anderen Institution des Hochschulbereichs.
2    Die Beschwerde ist auch unzulässig gegen:
a  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Einsprache oder durch Beschwerde an eine Behörde im Sinne von Artikel 33 Buchstaben c-f anfechtbar sind;
b  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Beschwerde an eine kantonale Behörde anfechtbar sind.
VGG aufgeführten Ausnahmen gegeben ist.

3. Die Vorinstanz ist aufgrund ihrer Ausgestaltung durch Art. 18
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 18 Wettbewerbskommission
1    Der Bundesrat bestellt die Wettbewerbskommission und bezeichnet die Mitglieder des Präsidiums.24
2    Die Wettbewerbskommission besteht aus 11-15 Mitgliedern. Die Mehrheit der Mitglieder müssen unabhängige Sachverständige sein.
2bis    Die Mitglieder der Wettbewerbskommission legen ihre Interessen in einem Interessenbindungsregister offen.25
3    Die Wettbewerbskommission trifft die Entscheide und erlässt die Verfügungen, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde vorbehalten sind. Sie gibt Empfehlungen (Art. 45 Abs. 2) und Stellungnahmen (Art. 46 Abs. 2) an die politischen Behörden ab und erstattet Gutachten (Art. 47 Abs. 1).
und 19
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 19 Organisation
1    Die Wettbewerbskommission ist von den Verwaltungsbehörden unabhängig. Sie kann sich in Kammern mit selbständiger Entscheidungsbefugnis gliedern. Sie kann ein Mitglied des Präsidiums im Einzelfall ermächtigen, dringliche Fälle oder Fälle untergeordneter Bedeutung direkt zu erledigen.
2    Die Wettbewerbskommission ist administrativ dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)26 zugeordnet.
KG gemäss Art. 2 Abs. 3
SR 172.010 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG) - Verwaltungsorganisationsgesetz
RVOG Art. 2 Die Bundesverwaltung - 1 Die Bundesverwaltung untersteht dem Bundesrat. Sie umfasst die Departemente und die Bundeskanzlei.
1    Die Bundesverwaltung untersteht dem Bundesrat. Sie umfasst die Departemente und die Bundeskanzlei.
2    Die einzelnen Departemente gliedern sich in Ämter, die zu Gruppen zusammengefasst werden können. Sie verfügen je über ein Generalsekretariat.
3    Zur Bundesverwaltung gehören ferner dezentralisierte Verwaltungseinheiten nach Massgabe ihrer Organisationserlasse.
4    Durch die Bundesgesetzgebung können Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, mit Verwaltungsaufgaben betraut werden.
und Art. 57a
SR 172.010 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG) - Verwaltungsorganisationsgesetz
RVOG Art. 57a Zweck - 1 Ausserparlamentarische Kommissionen beraten den Bundesrat und die Bundesverwaltung ständig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
1    Ausserparlamentarische Kommissionen beraten den Bundesrat und die Bundesverwaltung ständig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
2    Sie treffen Entscheide, soweit sie durch ein Bundesgesetz dazu ermächtigt werden.
Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG, SR 172.010) in Verbindung mit Art. 7
SR 172.010.1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV)
RVOV Art. 7 Zentrale Bundesverwaltung - (Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 43 und 44 RVOG)
1    Zur zentralen Bundesverwaltung gehören:
a  die Departemente und die Bundeskanzlei;
b  die Generalsekretariate der Departemente sowie deren weitere Untergliederungen;
c  die Gruppen;
d  die Bundesämter sowie deren Untergliederungen.
2    Verwaltungseinheiten nach Absatz 1 Buchstaben c und d können auch eine andere Bezeichnung tragen.
3    Die Verwaltungseinheiten nach Absatz 1 Buchstaben b-d sind einem Departement unterstellt. Sie sind gegenüber dem Departement weisungsgebunden.
4    Bundesämter können zu Gruppen zusammengefasst werden, wenn die Führbarkeit des Departements damit verbessert wird.
und 8a
SR 172.010.1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV)
RVOV Art. 8a Verwaltungs- und Behördenkommissionen - 1 Ausserparlamentarische Kommissionen sind ihrer Funktion nach entweder Verwaltungs- oder Behördenkommissionen.
1    Ausserparlamentarische Kommissionen sind ihrer Funktion nach entweder Verwaltungs- oder Behördenkommissionen.
2    Verwaltungskommissionen haben beratende und vorbereitende Funktionen.
3    Behördenkommissionen sind mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet.
Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung des Bundesrats vom 25. November 1998 (RVOV, SR 172.010.01) als ausserparlamentarische Behördenkommission der dezentralen Bundesverwaltung im Sinne von Art. 178
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 178 Bundesverwaltung - 1 Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
1    Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
2    Die Bundesverwaltung wird in Departemente gegliedert; jedem Departement steht ein Mitglied des Bundesrates vor.
3    Verwaltungsaufgaben können durch Gesetz Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts übertragen werden, die ausserhalb der Bundesverwaltung stehen.
der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (BV, SR 101) zu qualifizieren. Sie stellt somit eine eidgenössische Kommission im Sinne von Art. 33 lit. f
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 33 Vorinstanzen - Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen:
a  des Bundesrates und der Organe der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals einschliesslich der Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung;
b  des Bundesrates betreffend:
b1  die Amtsenthebung eines Mitgliedes des Bankrats, des Direktoriums oder eines Stellvertreters oder einer Stellvertreterin nach dem Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 200325,
b10  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Schweizerischen Trassenvergabestelle oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers durch den Verwaltungsrat nach dem Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 195743;
b2  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitgliedes der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200726,
b3  die Sperrung von Vermögenswerten gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. Dezember 201528 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen,
b4  das Verbot von Tätigkeiten nach dem NDG30,
b5bis  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Eidgenössischen Instituts für Metrologie nach dem Bundesgesetz vom 17. Juni 201133 über das Eidgenössische Institut für Metrologie,
b6  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 200535,
b7  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Heilmittelinstituts nach dem Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200037,
b8  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Anstalt nach dem Ausgleichsfondsgesetz vom 16. Juni 201739,
b9  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung nach dem Bundesgesetz vom 28. September 201841 über das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung,
c  des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cbis  des Bundespatentgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cter  der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses der von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Mitglieder der Bundesanwaltschaft;
dquinquies  der Bundeskanzlei, der Departemente und der ihnen unterstellten oder administrativ zugeordneten Dienststellen der Bundesverwaltung;
e  der Anstalten und Betriebe des Bundes;
f  der eidgenössischen Kommissionen;
g  der Schiedsgerichte auf Grund öffentlich-rechtlicher Verträge des Bundes, seiner Anstalten und Betriebe;
h  der Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, die in Erfüllung ihnen übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen;
i  kantonaler Instanzen, soweit ein Bundesgesetz gegen ihre Verfügungen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorsieht.
VGG dar.

4. Als Verfügungen im Sinne von Art. 5
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5
1    Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
a  Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
b  Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c  Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
2    Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25
3    Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.
VwVG gelten Anordnungen von Behörden, welche gestützt auf öffentliches Recht des Bundes entweder gegenüber dem Verfügungsadressaten dessen Rechte und Pflichten begründen, inhaltlich bestimmen, ändern, aufheben oder feststellen oder ein entsprechendes Begehren des Verfügungsadressaten abweisen oder darauf nicht eintreten.

5. Die Vorinstanz hat mit ihrer Verfügung vom 19. Oktober 2009 (vgl. SV N) gegenüber den Beschwerdeführerinnen festgestellt, dass ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten als kartellrechtswidrig zu beurteilen sei und infolge dessen eine Sanktion ausgesprochen. Dadurch wurden die geschäftlichen Handlungsmöglichkeiten der Beschwerdeführerinnen eingeschränkt und es wurden ihnen entsprechende Rechte und Pflichten vorgegeben. Aufgrund der Sanktionierung wurden sie zudem zur Erfüllung einer Leistung verpflichtet.

6. Eine Ausnahme gemäss Art. 32
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 32 Ausnahmen
1    Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Verfügungen auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Verfügungen betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie Volkswahlen und -abstimmungen;
c  Verfügungen über leistungsabhängige Lohnanteile des Bundespersonals, soweit sie nicht die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
d  ...
e  Verfügungen auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
e1  Rahmenbewilligungen von Kernanlagen,
e2  die Genehmigung des Entsorgungsprogramms,
e3  den Verschluss von geologischen Tiefenlagern,
e4  den Entsorgungsnachweis;
f  Verfügungen über die Erteilung oder Ausdehnung von Infrastrukturkonzessionen für Eisenbahnen;
g  Verfügungen der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
h  Verfügungen über die Erteilung von Konzessionen für Spielbanken;
i  Verfügungen über die Erteilung, Änderung oder Erneuerung der Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG);
j  Verfügungen über die Beitragsberechtigung einer Hochschule oder einer anderen Institution des Hochschulbereichs.
2    Die Beschwerde ist auch unzulässig gegen:
a  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Einsprache oder durch Beschwerde an eine Behörde im Sinne von Artikel 33 Buchstaben c-f anfechtbar sind;
b  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Beschwerde an eine kantonale Behörde anfechtbar sind.
VGG liegt nicht vor.

7. Die sachliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde ist deshalb gegeben.

2) Beschwerdefähigkeit und Beschwerdelegitimation

8. Die Beschwerdefähigkeit setzt gemäss Art. 6
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.
VwVG voraus, dass die Partei-, Prozess- und Postulationsfähigkeit der Beschwerdeführer gegeben ist. Parteifähigkeit setzt zivilrechtliche Rechtsfähigkeit, Prozess- und Postulationsfähigkeit setzen die zivilrechtliche Handlungsfähigkeit voraus (vgl. Häfelin Ulrich/Müller Georg/Uhlmann Felix, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, zit. Verwaltungsrecht, Rn. 1768 f.; Häner Isabelle, Die Beteiligten im Verwaltungsverfahren und Verwaltungsprozess: Unter besonderer Berücksichtigung des Verwaltungsverfahrens und Verwaltungsprozesses im Bund, 2000, zit. Beteiligte, Rn. 469 ff.; Häner Isabelle, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, zit. VwVG, Art. 6 Rn. 1, Art. 48 Rn. 5; Kiener Regina/Rütsche Bernhard/Kuhn Mathias, Öffentliches Verfahrensrecht, 2012, zit. Verfahrensrecht, § 4 Rn. 541 f., 551 f., 585 f.; Kölz Alfred/Häner Isabelle/Bertschi Martin, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2013, Rn. 444 f., 934 ff.;Marantelli-Sonanini Vera/Huber Said, in: Waldmann/ Weissenberger [Hrsg.], Praxiskommentar VwVG, 2009, zit. VwVG, Art. 6 Rn. 12 ff.;Rhinow René/Koller Heinrich/Kiss Christina/Thurnherr Daniela/Brühl-Moser Denise, Öffentliches Prozessrecht, 3. Aufl. 2014, zit. Prozessrecht, Rn. 862 ff.;Schott Markus, Rechtsschutz, in: Biaggini/Häner/Saxer/Schott [Hrsg.], Fachhandbuch Verwaltungsrecht, 2015, zit. FHB-VerwR, Rn. 24.17 ff; Tanquerel Thierry, Manuel de droit administratif, 2011, zit. droit administratif, Rn. 1487 ff.; Thurnherr Daniela, Verfahrensgrundrechte und Verwaltungshandeln, Die verfassungsrechtlichen Mindestgarantien prozeduraler Gerechtigkeit unter den Bedingungen der Diversität administrativer Handlungsmodalitäten, 2013, zit. Verfahrensgrundrechte, Rn. 368 Fn. 1182).

9. Die Beschwerdeführerinnen sind im Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaften und damit als juristische Personen des Privatrechts rechtsfähig und über ihre Organe handlungsfähig. Dies gilt auch für die Beschwerdeführerin 1, ungeachtet dessen, dass sie eine spezialgesetz-liche Aktiengesellschaft des öffentlichen Rechts mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft als Mehrheitsgesellschafterin ist.

10. Die Beschwerdelegitimation setzt gemäss Art. 48
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 48
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
VwVG voraus, dass entweder (i) ein Beschwerdeführer am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen hat bzw. ihm keine Möglichkeit zur Teilnahme eingeräumt wurde, er durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und er ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung hat, oder (ii) dass ein Bundesgesetz dem Beschwerdeführer dieses Recht ausdrücklich einräumt (vgl.Moser André/Beusch Michael/Kneubühler Lorenz, Prozessieren vor dem Bundesverwaltungsgericht, 2. Aufl. 2013, zit. Prozessieren, Rn. 2.60 f.).

11. Die Beschwerdeführerinnen haben als Parteien am vorinstanzlichen Untersuchungsverfahren teilgenommen. Als Verfügungsadressaten, deren Anträge im vorinstanzlichen Verfahren zumindest teilweise abgelehnt wurden, werden sie durch die angefochtene Verfügung besonders berührt. Aufgrund des Inhalts der vorinstanzlichen Verfügung, insbesondere der Untersagung eines bestimmten geschäftlichen Verhaltens und den hierfür ausgesprochenen Sanktionen, ergibt sich ein wirtschaftlicher und ideeller Nachteil, der bei einer Gutheissung der Beschwerde ohne weitere Verfügung wieder beseitigt würde, weshalb den Beschwerdeführerinnen ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung der Verfügung zukommt. Dieses Interesse entfällt auch nicht deshalb, weil die Beschwerdeführerinnen das in Frage stehende geschäftliche Verhalten bereits seit Januar 2008 wieder aufgegeben haben. Denn der rechtlichen Beurteilung dieses geschäftlichen Verhaltens kommt grundsätzliche Bedeutung zu, weil im Falle der Gutheissung der Beschwerde eine Wiederaufnahme durch die Beschwerdeführerinnen nicht ausgeschlossen werden kann.

12. Die Beschwerdeführerinnen sind demnach zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde befähigt und berechtigt.

3) Sonstige Verfahrensvoraussetzungen

13. Die gemäss Art. 50
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 50
1    Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen.
2    Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
VwVG zu beachtende Eingabefrist und die gemäss Art. 52
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 52
1    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
2    Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein.
3    Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten.
VwVG notwendige Form der Beschwerde wurden gewahrt. Die Beschwerdeführerinnen machen im Rahmen ihrer Beschwerde verschiedene in Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
VwVG aufgeführte Rügen geltend. Aufgrund des Fehlens eines Vertretungszwangs im vorliegenden Beschwerdeverfahren sind die Beschwerdeführerinnen angesichts ihrer Prozessfähigkeit zur eigenen Verfahrensführung berechtigt. Der gemäss Art. 63 Abs. 4
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 63
1    Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
2    Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.
3    Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.
4    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102
4bis    Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107
VwVG erforderliche Kostenvorschuss wurde fristgerecht einbezahlt.

14. Die sonstigen Verfahrensvoraussetzungen sind somit gegeben.

15. Da alle Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist auf die Beschwerde einzutreten.

II. Rechtliche Grundlage der vorinstanzlichen Verfügung

16. Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerinnen aufgrund des im vorliegenden Verfahren massgeblichen Sachverhalts wegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG mit einem Sanktionsbetrag belastet.

17. Gegenstand dieses Urteils ist nach Feststellung des Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes (vgl. Abschnitt III) sowie der Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen und gerichtlichen Verfahrens (vgl. Abschnitt IV) somit zunächst die Frage, ob die Preisgestaltung der Swisscom-Gruppe für Breitbanddienstleistungen auf dem Grosshandelsmarkt einerseits und dem Einzelhandelsmarkt andererseits eine unzulässige Beschränkung des Wettbewerbs gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG darstellt, weil (i) die Swisscom-Gruppe auf dem relevanten Markt (vgl. Abschnitt V) als marktbeherrschendes Unternehmen gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG zu qualifizieren ist (vgl. Abschnitt VI), und (ii) sie mit der Preisdifferenzierung ihre Stellung auf dem Markt missbraucht hat, indem sie andere Unternehmen bei der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert oder die Marktgegenseite benachteiligt hat (vgl. Abschnitt VII). Überdies ist zu prüfen, ob (i) die ausgesprochene Sanktion rechtlich zulässig und sachlich angemessen ist (vgl. Abschnitt VIII) und (ii) die Kostenentscheidung des vor-instanzlichen Verfahrens angesichts der rechtlichen Ergebnisse sachlich vertretbar ist (vgl. Abschnitt IX).

III. Geltungs- und Anwendungsbereich des Kartellgesetzes

18. Massgebend für die Beurteilung der streitigen Angelegenheit ist das Kartellgesetz.

1) Allgemeine Aspekte

19. Im Rahmen einer Prüfung der Geltungs- und Anwendungsvoraussetzungen des Kartellgesetzes ist die Absicht des Gesetzgebers zu berücksichtigen, mit der weiten Ausgestaltung der entsprechenden Bestimmungen eine möglichst umfassende Anwendung des Kartellgesetzes sicherzustellen, um dadurch einen einheitlichen Prüfungsrahmen zur Feststellung von Beschränkungen des Wettbewerbs durch alle tatsächlichen Marktteilnehmer und alle Formen an wirtschaftlichen Verhaltensweisen zur Verfügung zu stellen (vgl. Botschaft des Bundesrats vom 23.11.1994 zu einem Bundesgesetz über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, BBl 1995 I 468,zit. Botschaft KG 1995, 533).

20. Die Wettbewerbsbehörde kann im Bereich der Eingriffsverwaltung wegen des Legalitätsprinzips nur auf der Grundlage von ausreichenden gesetzlichen Vorschriften tätig werden und bestimmte einzelne Handlungen vornehmen (vgl. Haefelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 368;Tanquerel, droit administratif, Rn. 448 ff.; Tschannen Pierre/Zim-merli Ulrich/Müller Georg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, zit. Verwaltungsrecht, Rn. 19.1, 19.24). Das Kartellgesetz statuiert die verfahrensrechtlichen Handlungsmöglichkeiten der Wettbewerbsbehörden zum einen in Gestalt von generellen Marktbeobachtungen gemäss Art. 45
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 45 Empfehlungen an Behörden
1    Die Wettbewerbskommission beobachtet laufend die Wettbewerbsverhältnisse.
2    Sie kann den Behörden Empfehlungen zur Förderung von wirksamem Wettbewerb unterbreiten, insbesondere hinsichtlich der Schaffung und Handhabung wirtschaftsrechtlicher Vorschriften.
KG sowie zum anderen in der Form von auf bestimmte Vorgänge ausgerichteten Abklärungen gemäss Art. 26
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 26 Vorabklärung
1    Das Sekretariat kann Vorabklärungen von Amtes wegen, auf Begehren von Beteiligten oder auf Anzeige von Dritten hin durchführen.
2    Das Sekretariat kann Massnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen anregen.
3    Im Verfahren der Vorabklärung besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
KG und Untersuchungen gemäss Art. 27
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 27 Eröffnung einer Untersuchung
1    Bestehen Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung, so eröffnet das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums eine Untersuchung. Eine Untersuchung wird in jedem Fall eröffnet, wenn das Sekretariat von der Wettbewerbskommission oder vom WBF damit beauftragt wird.28
2    Die Wettbewerbskommission entscheidet, welche der eröffneten Untersuchungen vorrangig zu behandeln sind.
KG.

21. Angesichts der gesetzgeberischen Intention einer möglichst umfassenden Anwendung des Kartellgesetzes sind für die Einleitung und Durchführung einer Überprüfung auf Seiten der Wettbewerbsbehörde bereits einfache Hinweise auf ein möglicherweise bestehendes wettbewerbswidriges Verhalten anhand einer kursorischen Beurteilung der jeweils vorliegenden Informationen, Indizien und Vermutungen ausreichend. Es bedarf hierzu weder einer Gewissheit noch einer bestimmten Wahrscheinlichkeit hinsichtlich des Vorliegens eines konkreten Tatbestands oder eines bestimmten Ausmasses der Wettbewerbsbeeinträchtigung. Denn die detaillierte Abklärung der notwendigen Voraussetzungen zur Verwirklichung eines konkreten Tatbestands einschliesslich des Ausmasses der jeweiligen Wettbewerbsbeschränkung ist gerade Gegenstand eines Kartellverfahrens, weshalb eine entsprechende verbindliche Kenntnis auf Seiten der Wettbewerbsbehörde vor dessen Durchführung regelmässig gar nicht vorhanden sein kann. Demzufolge weisen insbesondere die sachlichen und räumlichen Anwendungsvoraussetzungen keine stillschweigenden Aufgreifschwellen in Form von besonderen Spürbarkeits- oder Erheblichkeitskriterien auf (vgl. Botschaft KG 1995, 533: "Die Unterstellung unter den Geltungsbereich des Kartellgesetzes sagt indessen noch nichts über die wettbewerbsrechtliche Würdigung eines unternehmerischen Verhaltens aus. [...] Für die Beurteilung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines unternehmerischen Verhaltens sollen nicht irgendwelche formellen Geltungsbereichskriterien, sondern allein die materiellen Gesichtspunkte des Gesetzes entscheidend sein."). Zudem bildet die Evaluation des tatsächlichen Ausmasses einer Wettbewerbsbeeinträchtigung bereits einen Bestandteil der materiellen wettbewerbsrechtlichen Prüfung, weshalb ihre Durchführung vorgängig zu einer Anwendung des Kartellgesetzes bereits sachlogisch ausgeschlossen ist. Im Übrigen besteht auch kein sachlicher Grund für die Statuierung entsprechender Kriterien als Voraussetzung einer Anwendung des Kartellgesetzes, weil die Verfolgung eines wettbewerbsrechtlich offensichtlich nicht tatbestandsmässigen wirtschaftlichen Verhaltens durch die Wettbewerbsbehörden aufgrund ihrer Bindung sowohl an das Legalitätsprinzip als auch an den Verhältnismässigkeitsgrundsatz nicht zu befürchten ist und von dritter Seite auch nicht erzwungen werden kann. Für die Wettbewerbsbehörden ist damit lediglich die Vornahme von - quasi prophylaktischen - Untersuchungen gegenüber einem bestimmten Unternehmen ohne jegliche Anhaltspunkte für ein wettbewerbswidriges Verhalten und ohne negative wettbewerbliche Folgen eines noch festzustellenden konkreten Verhaltens ausgeschlossen.

22. Dieses Ergebnis gilt entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass im Rahmen des EU-Wettbewerbsrechts mit dem Merkmal der Spürbarkeit ein qualitatives Kriterium als Voraussetzung seiner Anwendung zum einen formell in Bezug auf die in Art. 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV, ABl. 2012 C 326/47 in konsolidierter Fassung) enthaltende Zwischenstaatlichkeitsklausel (vgl. Leitlinien der EU-Kommission vom 27.4.2004 über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Art. 101 und 102 AEUV, ABl. 2004 C 101/81) und zum anderen materiell hinsichtlich der Bedeutung einer wettbewerbsbeschränkenden Abrede vorgesehen wird (vgl.Bekanntmachung der EU-Kommission vom 22.12.2001 über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gemäss Art. 81 Abs. 1 EG-Vertrag nicht spürbar beschränken [de minimis], ABl. 2001 C 368/13).

23. Zum einen hat sich das EU-Recht unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips auf die Verfolgung von denjenigen Verhaltensweisen zu beschränken, die auch einen merklichen Einfluss auf den gemeinsamen Binnenmarkt ausüben; andere Verhaltensweisen, welche diese Bedeutung nicht erlangen, sind durch die nationalen Wettbewerbsbehörden aufgrund des jeweiligen nationalen Wettbewerbsrechts zu beurteilen. Daher bedarf es im EU-Binnenmarkt eines zusätzlichen Abgrenzungsmerkmals, um die Zuordnung zwischen europäischer und nationaler Ebene sicherzustellen, welches sich im Tatbestandsmerkmal des Handels zwischen den Mitgliedstaaten manifestiert (vgl. EuGH, 31.5.1979, 22/78, Hugin Kassaregister AB u.a. gg. EU-Kom, EU:C:1979:138, Ziff. 24 f.; EuG, 14.12.2006, T-259/02 bis T-269/02, Raiffeisen Zentralbank Österreich AG u.a. gg. EU-Kom, EU:T:2006:396, Rn. 162; EU-Kom, 19.12.1984, IV/ 29.925, Zellstoff, ABl. 1985 L 85/1, 24; Hengst Daniela, in: Langen/Bun-te [Hrsg.], Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, Bd. II, Europäisches Kartellrecht, 12. Aufl. 2014, zit. LB-EuKR, Rn. 288 f.). Dieser Funktion bedarf es in Bezug auf die Anwendung des schweizerischen Kartellgesetzes jedoch von vornherein nicht, weil es sich beim schweizerischen Verfahren nicht um die Frage der Zugehörigkeit zu einem übergeordneten, sondern ausschliesslich um die Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts handelt.

24. Zum anderen werden im EU-Wettbewerbsrecht Wettbewerbsbeeinträchtigungen, die von Unternehmen unterhalb einer minimalen Bedeutungsschwelle vorgenommen werden, von der Anwendung des generellen Verbots von Wettbewerbsbeschränkungen ausgenommen. Allerdings gilt diese Ausnahme wiederum nicht für schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen, die ungeachtet dieser Bedeutungsschwelle zu verfolgen sind (vgl. Hengst, LB-EuKR, Art. 101 Rn. 243 ff.; Klotz Robert, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer [Hrsg.], Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2014, Art. 101 Rn. 713; Mestmäcker Ernst-Joachim/Schweit-zer Heike, Europäisches Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. 2014, zit. EU-WBR, § 11 Rn. 74 ff.). Demgegenüber besteht in der Schweiz ein anderer systematischer Ansatz. Danach erfassen die kartellrechtlichen Tatbestände von vornherein nur diejenigen Sachverhalte, welche die jeweils vorgesehene Bedeutung aufweisen. Einschlägig hierfür sind die Merkmale der Erheblichkeit in Art. 5
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden
1    Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.
2    Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn sie:
a  notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller zu nutzen; und
b  den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen Wettbewerb zu beseitigen.
3    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen:
a  Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;
b  Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;
c  Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.
4    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.11
KG und der Marktbeherrschung in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG sowie besondere Unternehmenskennzahlen in Art. 9
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben
1    Vorhaben über Zusammenschlüsse von Unternehmen sind vor ihrem Vollzug der Wettbewerbskommission zu melden, sofern im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss:
a  die beteiligten Unternehmen einen Umsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Franken oder einen auf die Schweiz entfallenden Umsatz von insgesamt mindestens 500 Millionen Franken erzielten; und
b  mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Umsatz in der Schweiz von je mindestens 100 Millionen Franken erzielten.
2    ...16
3    Bei Versicherungsgesellschaften treten an die Stelle des Umsatzes die jährlichen Bruttoprämieneinnahmen, bei Banken und übrigen Finanzintermediären die Bruttoerträge, sofern sie den Rechnungslegungsvorschriften gemäss dem Bankengesetz vom 8. November 193417 (BankG) unterstellt sind.18
4    Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Absätze 1-3, wenn am Zusammenschluss ein Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach diesem Gesetz rechtskräftig festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung hat, und der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.
5    Die Bundesversammlung kann mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem Bundesbeschluss:
a  die Grenzbeträge in den Absätzen 1-3 den veränderten Verhältnissen anpassen;
b  für die Meldepflicht von Unternehmenszusammenschlüssen in einzelnen Wirtschaftszweigen besondere Voraussetzungen schaffen.
KG.

25. Ein Verweis auf das EU-Wettbewerbsrecht zur Begründung einer zwingenden Berücksichtigung von qualitativen Kriterien im Rahmen der allgemeinen Anwendungsvorschriften des Kartellgesetzes ist demzufolge sachlich nicht gerechtfertigt und auch im Rahmen einer vergleichenden Interpretation von Anwendungsvorschriften in der Regel nicht vorzunehmen.

2) Persönlicher Anwendungsbereich

26. Das Kartellgesetz findet gemäss dessen Art. 2 Abs. 1 auf "Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts" Anwendung. Als mass-gebliches Kartellrechtssubjekt wird somit ausdrücklich das "Unternehmen" statuiert (vgl. Lehne Jens, in: Amstutz/Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar, Kartellgesetz, 2010, zit. BSK-KG, Art. 2 Rn. 7 ff.; Martenet Vin-cent/Killias Pierre-Alain, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commen-taire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concur-rence, Art. 2 Rn. 20 f.).

27. Das schweizerische Recht kennt weder eine allgemeingültige Definition noch eine allgemeine inhaltliche Umschreibung des Begriffs "Unternehmen", die für eine kartellrechtliche Beurteilung des persönlichen Anwendungsbereichs zu berücksichtigen wäre bzw. herangezogen werden könnte. Vielmehr statuiert Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG eine eigenständige Regelung zur Qualifizierung des Kartellrechtssubjekts, deren Inhalt und Anwendung an Sinn und Zweck des Kartellrechts auszurichten sind (vgl. Borer Jürg, Schweizerisches Kartellgesetz, 3. Aufl. 2011, zit. KG, Art. 2 Rn. 3 ff.; Candreia Philipp, Konzerne als marktbeherrschende Unter-nehmen nach Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG, 2007, zit. Konzerne, Rn. 124 ff.; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 7). Danach gelten als Unternehmen "sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von deren Rechts- oder Organisationsform". Der funktionale Ansatz und die weite sprachliche Fassung der gesetzlichen Regelung machen deutlich, dass dadurch alle denkbaren Organisationseinheiten erfasst werden sollen, deren wirtschaftliche Verhaltensweisen zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen könnten (vgl. Botschaft KG 1995, 533; Borer, KG, Art. 2 Rn. 3 ff.; von Büren Roland/Marbach Eugen/ Ducrey Patrik, Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, 3. Aufl. 2008, zit. WBR, Rn. 1244; Krauskopf Patrick/Henkel Sophie, Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG: Gedanken zum neuen Unternehmensbegriff, in: sic! 2006, 740; zit. Unternehmensbegriff, 743; David Lucas/Jacobs Reto, Schweizerisches Wettbewerbsrecht, 5. Aufl. 2012, zit. WBR, Rn. 570; Martenet/Killias, CR-Concurrence, Art. 2 Rn. 22; Weber Rolf H./Volz Stephanie, Fachhandbuch Wettbewerbsrecht, 2013, zit. FHB-WBR, Rn. 1.51; Zäch Roger, Schweizerisches Kartellrecht, 2. Aufl. 2005, zit. Kartellrecht, Rn. 254; Zurkinden Philipp/Trüeb Hans Rudolf, Das neue Kartellgesetz, 2004, zit. KG, Art. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
Rn. 1). Der vorbehaltlose Verweis in Art. 2 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG auf die privat- oder öffentlich-rechtliche Rechtsnatur eines Unternehmens stellt zudem sicher, dass nicht nur die wirtschaftlichen Verhaltensweisen von natürlichen oder juristischen Personen des Privatrechts, sondern auch öffentlich-rechtliche und gemischt-wirtschaftliche Verwaltungseinheiten dem Geltungsbereich des Kartellrechts unterstellt sind (vgl. Borer, KG, Art. 2 Rn. 4 f.; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 13; Martenet/Killias, CR-Concurrence, Art. 2 Rn. 36 ff., 47; Rubin Bernhard/Courvoisier Mat-thias, in: Kartellgesetz, Baker & McKenzie [Hrsg.], 2007, zit. SHK-KG, Art. 2 Rn. 3 ff.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 1.57). Als Unternehmen im Sinne des Kartellgesetzes sind daher alle wirtschaftlich selbständigen Organisationseinheiten zu qualifizieren, die ungeachtet ihrer Rechts- und Organisationsform als Teilnehmer am
Wirtschaftsprozess auftreten (vgl. Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 14 ff.; Martenet/Killias, CR-Concurrence, Art. 2 Rn. 24, 28 f.; Rubin/Courvoisier, SHK-KG, Art. 2 Rn. 5; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 1.58).

28. Zur Beurteilung des Kartellrechtssubjekts stützt sich das Kartellgesetz demnach auf eine eigenständige funktionale Betrachtungsweise ab, die weder an besondere formale Aspekte des Auftretens im Wirtschaftsverkehr noch an bestehende, durch andere Rechtsvorschriften vorgegebene Rechts- oder Organisationsformen anknüpft. Das Kartellgesetz hat somit eine eigenständige Subjektstruktur geschaffen, welche sich nicht an den vorgegebenen Strukturen des Gesellschafts- oder Personenrechts orientiert, sondern bewusst über diese hinausgeht.

29. Bei Konzernverhältnissen stellt eine einzelne Gruppengesellchaft, auch wenn in deren Geschäftsbereich das wettbewerbswidrige Verhalten ausgeübt wurde, mangels wirtschaftlicher Selbständigkeit kein Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne dar. Allerdings wird auch die Obergesellschaft, von der die übergeordnete Leitungsmacht ausgeht, nicht als massgebliches kartellrechtliches Unternehmenssubjekt qualifiziert. Vielmehr bildet nach nahezu übereinstimmender Ansicht in Praxis und Literatur die Gesamtheit aller zusammengefassten Gesellschaften und damit der Konzern als Ganzes das massgebliche Unternehmen im Sinne des Kartellrechts (vgl. BVGer, B-2977/2007, Publigroupe, E. 4.1 ff.; bestätigt durch BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 3 [nicht abgedr.]; WEKO, 6.10.2008, Tarifverträge Zusatzversicherung Kanton Luzern,Krankenversicherer sowie öffentlich und öffentlich subventionierte Spitäler im Kanton Luzern, RPW 2008/4, 544, zit. Tarifverträge Zusatzversicherung Kt. LU, Ziff. 26; Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 224; Borer, KG, Art. 2 Rn. 11; von Büren, Konzern, 470; David/Jacobs, WBR, Rn. 577; Heinemann An-dreas, Konzerne als Adressaten des Kartellrechts, in: Hochreutener/ Stoffel/Amstutz [Hrsg.], Wettbewerbsrecht: Jüngste Entwicklungen in der Rechtsprechung, Konzernsachverhalte und Konzernbegriff aus kartellrechtlicher Sicht, 2015, 49, zit. Konzerne, 52; Lang Christoph/Jenny Reto M., Keine Wettbewerbsabreden im Konzern, Zum Konzernprivileg im schweizerischen Kartellrecht, sic! 2007, 299, zit. Konzernprivileg, 299; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 27; Martenet/Killias, CR-Concurrence, Art. 2 Rn. 30 f.; Roth Robert, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Droit de la concurrence, Commentaire Romand, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Rem. art. 49a-53 Rn. 36; Rubin/Courvoisier, SHK-KG, Art. 3 Rn. 12; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 1.60; Zäch, Kartellrecht, Rn. 256; a.A. Heizmann, Unternehmen, Rn. 172, nach dem stets die Leitgesellschaft heranzuziehen sei).

30. Dabei stellen die einzelnen Gruppengesellschaften einschliesslich der Obergesellschaft nur - aber immerhin - Repräsentanten des Konzerns dar, weil sie angesichts der fehlenden allgemeinen Rechtsfähigkeit eines Konzerns nicht rechtswirksam als dessen Stellvertreter im Rechtsverkehr auftreten können.

31. Die Swisscom-Gruppe ist nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien ein Konzern, bei dem die übergeordnete Leitungsmacht von der Beschwerdeführerin 1 ausgeübt wird, der auch die Beschwerdeführerin 2 verpflichtet ist. Massgebliches Kartellrechtssubjekt ist im vorliegenden Fall demzufolge die Swisscom-Gruppe in ihrer Gesamtheit. Der persönliche Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist somit gegeben.

3) Sachlicher Anwendungsbereich

a) Massgebliche Wettbewerbsbeschränkung

32. Der sachliche Anwendungsbereich umfasst die in Art. 2 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG aufgeführten Verhaltensweisen in Gestalt einer Ausübung von Marktmacht, eines Abschlusses von Wettbewerbsabreden und einer Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen, wobei die beiden letzteren Varianten im vorliegenden Fall nicht von Bedeutung sind. Denn bei der im vorliegenden Fall massgeblichen Wettbewerbsbeschränkung handelt es sich um eine Ausübung von Marktmacht.

33. Mit dieser Variante werden die Fälle einer unzulässigen Ausübung von wirtschaftlicher Stärke durch einen Marktteilnehmer mittels bestimmter verpönter Verhaltensweisen angesprochen. Das Kartellgesetz weist keine inhaltliche Bestimmung einer Ausübung von Marktmacht auf. Der Begriff findet auch keine Verwendung in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG, der den materiellen Tatbestand einer unzulässigen Ausübung von wirtschaftlicher Stärke statuiert; diese Vorschrift stellt nicht auf eine Ausübung von Marktmacht, sondern auf das Merkmal eines marktbeherrschenden Unternehmens ab, welches wiederum durch Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG seine inhaltliche Spezifizierung erfährt. In der Literatur wird teilweise angenommen, Marktmacht übe aus, wer über einen massgeblichen Markteinfluss verfüge; überwiegend wird allerdings angenommen, dass die Ausübung von Marktmacht zwischen einem normalen Markteinfluss, der praktisch allen Unternehmen zukomme, und der Marktbeherrschung gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG, die nur besonders wirtschaftlich starke Unternehmen inne haben könnten, anzusiedeln sei (vgl. Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 34; Rubin/Courvoisier, SHK-KG, Art. 2 Rn. 26; Zäch, Kartellrecht, Rn. 251).

34. Für die inhaltliche Beurteilung des Merkmals einer Ausübung von Marktmacht sind allerdings die nachfolgend aufgeführten Aspekte zu berücksichtigen. Die Verwirklichung des materiellen Tatbestands gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG setzt neben dem umschriebenen verpönten Verhalten das Vorhandensein einer marktbeherrschenden Stellung im massgeblichen, d.h. dem relevanten Markt voraus. Die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung erfordert demzufolge eine Abgrenzung des relevanten Markts. Eine Marktabgrenzung lässt sich im Einzelfall jeweils nur auf der Grundlage einer Analyse der in Frage stehenden Informationen durchführen, wozu wiederum regelmässig eine weitreichende Abklärung der tatsächlichen Marktverhältnisse notwendig ist. So kann selbst kleinen Unternehmen mit den von ihnen vertriebenen Spezialprodukten in Nischenmärkten eine marktbeherrschende Stellung zukommen. Vor der Informationsbeschaffung lässt sich daher keine fundierte Aussage zum relevanten Markt und infolgedessen auch nicht zur Stellung des Unternehmens in diesem Markt vornehmen. Bei einer Aufnahme von ersten Prüfungshandlungen ist es daher regelmässig ausgeschlossen, dass die Wettbewerbsbehörde bereits über eine ausreichende Kenntnis des relevanten Markts und die Position des betreffenden Unternehmens aufweisen kann. Die Überprüfung des sachlich und räumlich relevanten Markts stellt demzufolge bereits eine Prüfungshandlung im Rahmen des Kartellverfahrens und nicht eine diesem vorausgehende Massnahme dar. Dem Begriff der Marktmacht in Art. 2 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG kann deshalb kein spezifischer quantitativer Inhalt beigemessen werden. Dies entspricht auch der gesetzgeberischen Intention einer möglichst umfassenden Anwendung des Kartellgesetzes (vgl. E. 19) und dem daraus abzuleitenden Fehlen von impliziten Aufgreifschwellen (vgl. E. 21). Die Variante der Ausübung von Marktmacht grenzt somit nur - aber immerhin - den Gegenstand der Abklärungen gegenüber den beiden anderen gesetzlich statuierten Varianten eines kartellrechtlich missbräuchlichen Verhaltens ab.

35. Das Kartellverfahren und die angefochtene Verfügung beziehen sich auf die Umsetzung von ungerechtfertigten Preisstrategien eines Unternehmens mit einer besonderen Marktstellung und damit auf eine unzulässige Ausübung von Marktmacht.

b) Vorbehalte zu Gunsten sonstiger Vorschriften

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

36. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die Geltung des Fernmeldegesetzes eine Anwendung von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG im vorliegenden Fall von vornherein ausschliesse.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

37. Die Vorinstanz geht davon aus, dass das Kartellgesetz auch beim vorliegenden Sachverhalt ohne Einschränkung durch das Fernmeldegesetz zur Anwendung gelange.

(3) Würdigung durch das Gericht

38. Das Fernmeldegesetz statuiert im Rahmen seines Zweckartikels ausdrücklich gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. c die Aufgabe, einen wirksamen Wettbewerb beim Erbringen von Fernmeldediensten zu ermöglichen.

39. Das Fernmeldegesetz begründet keine eigenständige staatliche Markt- oder Preisordnung, sondern stellt eine sektorielle Regelung dar, welche die anderen allgemeinen und bereichsspezifischen Regelungswerke der Wirtschaftsordnung voraussetzt und ergänzt (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E 3.4; BGer, 2A.503/2000 und 2A.505/ 2000, Commcare II, E. 6c). Kartell- und fernmelderechtliche Vorschriften stehen sich somit grundsätzlich gleichrangig gegenüber, weshalb eine Anwendbarkeit des Kartellgesetzes im Bereich des Fernmeldewesens nicht per se ausgeschlossen ist.

40. Einschränkungen einer Anwendung der kartellgesetzlichen Regelungen können sich demzufolge allenfalls im Sinne einer Spezifizierung insofern ergeben, als die fernmelderechtlichen Vorschriften besondere Tatbestandselemente aufweisen, die im Rahmen einer Interpretation der kartellgesetzlichen Regelungen eine sachbedingte Berücksichtigung finden müssen. Denn bei Anwendung des Kartellrechts kann die besondere sektorielle Regelung des Fernmeldegesetzes nicht völlig unbeachtet bleiben. Die beiden Regelungsbereiche stehen insoweit in einem engen Konnex und beeinflussen sich gegenseitig. Sinn macht daher nur eine Auslegung, die auch zu einem einheitlichen, in sich geschlossenen Gesamtsystem führt (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 5, zum Verhältnis zwischen dem Merkmal des Erzwingens in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG und dem Verfahren in Art. 11a
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11a Streitigkeiten über den Zugang - 1 Einigen sich die Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht innerhalb von drei Monaten über die Bedingungen des Zugangs, so verfügt die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) diese auf Gesuch einer Partei und auf Antrag des BAKOM.31 Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Bedingungen, die einen wirksamen Wettbewerb fördern, sowie die Auswirkungen ihres Entscheides auf konkurrierende Einrichtungen. Sie kann einstweiligen Rechtsschutz gewähren.
1    Einigen sich die Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht innerhalb von drei Monaten über die Bedingungen des Zugangs, so verfügt die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) diese auf Gesuch einer Partei und auf Antrag des BAKOM.31 Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Bedingungen, die einen wirksamen Wettbewerb fördern, sowie die Auswirkungen ihres Entscheides auf konkurrierende Einrichtungen. Sie kann einstweiligen Rechtsschutz gewähren.
2    Ist die Frage der Marktbeherrschung zu beurteilen, so konsultiert das BAKOM die Wettbewerbskommission. Diese kann ihre Stellungnahme veröffentlichen.
3    Die ComCom32 entscheidet innerhalb von sieben Monaten nach Gesuchseingang.
4    Sie regelt die Art und die Form der Rechnungslegungs- und Finanzinformationen, die marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten im Verfahren nach Absatz 1 vorlegen müssen.
FMG zur Festlegung der Zugangsbedingungen).

41. Eine besondere Berücksichtigung von fernmelderechtlichen Vorschriften ist im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich. Hier ist vielmehr zu prüfen, ob die Preisgestaltung der Swisscom-Gruppe für das xDSL-Vorleistungsprodukt BBCS gegenüber ihren Konkurrenten angesichts der Vermarktung von xDSL-Leistungen auf dem Einzelhandelsmarkt durch die Beschwerdeführerin 2 vor dem möglichen Hintergrund einer der Swisscom-Gruppe zukommenden besonderen Marktstellung wettbewerbswidrig ist. Beim xDSL-Vorleistungsprodukt BBCS handelt es sich um ein von der Swisscom-Gruppe entwickeltes Angebot, welches nicht von der in Art. 16
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 16 - 1 Die Konzessionärin der Grundversorgung erbringt in ihrem Konzessionsgebiet auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik und nachfrageorientiert einen oder mehrere der folgenden Dienste:55
1    Die Konzessionärin der Grundversorgung erbringt in ihrem Konzessionsgebiet auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik und nachfrageorientiert einen oder mehrere der folgenden Dienste:55
a  den öffentlichen Telefondienst, nämlich die fernmeldetechnische Sprachübertragung in Echtzeit, einschliesslich der fernmeldetechnischen Übertragung von Daten mit Datenraten, wie sie über die Übertragungswege für Sprache geleitet werden können, sowie den Anschluss und die Zusatzdienste;
b  den Zugang zu Notrufdiensten;
c  eine ausreichende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen;
d  den Zugang zu den schweizerischen Verzeichnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am öffentlichen Telefondienst; der Bundesrat kann vorsehen, dass eine Grundversorgungskonzessionärin ein Verzeichnis aller Kundinnen und Kunden von Diensten der Grundversorgung führt (Universalverzeichnis);
e  ....59
1bis    Die Dienste der Grundversorgung müssen so angeboten werden, dass Menschen mit Behinderungen sie in qualitativer, quantitativer und wirtschaftlicher Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie Menschen ohne Behinderungen beanspruchen können. Zu diesem Zweck hat die Konzessionärin der Grundversorgung insbesondere dafür zu sorgen, dass:
a  die öffentlichen Sprechstellen den Bedürfnissen der sensorisch oder bewegungsbehinderten Menschen entsprechen;
b  für Hörbehinderte ein Dienst für die Vermittlung und Umsetzung der Mitteilungen zur Verfügung steht;
c  für Sehbehinderte ein Auskunftsdienst und ein Vermittlungsdienst zur Verfügung steht.60
2    Der Bundesrat bestimmt die Einzelheiten. Er kann besondere Bestimmungen für Anschlüsse ausserhalb des Siedlungsgebietes vorsehen. Er kann diese Aufgaben dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) übertragen.61
3    Der Bundesrat passt den Inhalt der Grundversorgung periodisch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen und dem Stand der Technik an.
FMG statuierten Grundversorgung erfasst wird. Die fernmelderechtlichen Vorschriften über die Grundversorgung finden demzufolge im vorliegenden Fall keine Berücksichtigung bei Anwendung der kartellrechtlichen Vorschriften. Art. 11
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG sieht überdies vor, dass marktbeherrschende Anbieter von Fernmeldediensten anderen Anbietern auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen den Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren müssen, unter anderem in Gestalt des vollständig entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss, des schnellen Bitstromzugangs sowie der Interkonnektion. Die Nutzung des xDSL-Vorleistungsprodukts stellt weder einen Zugang über den vollständig entbündelten Teilnehmeranschluss noch einen schnellen Bitstromzugang dar (vgl. SV F). Die Erbringung des xDSL-Vorleistungsprodukts stellt auch keine regulierte Interkonnektions-leistung im Sinne von Art. 11 lit. e
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG dar.

42. Die vorliegenden Wettbewerbsbeschränkungen ergeben sich auch nicht ausschliesslich aus Vorschriften über das geistige Eigentum, weshalb kein Ausschluss des Kartellgesetzes gemäss Art. 3 Abs. 2
SR 942.20 Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 (PüG)
PüG Art. 3 Wahl - 1 Der Bundesrat wählt einen Beauftragten für die Überwachung der Preise (Preisüberwacher).
1    Der Bundesrat wählt einen Beauftragten für die Überwachung der Preise (Preisüberwacher).
2    Der Preisüberwacher ist dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung6 unterstellt. Es steht ihm ein Mitarbeiterstab zur Verfügung.
gegeben ist. Es besteht auch kein Zusammenhang zu einem Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 (PüG, SR 942.20), weshalb der Vorbehalt gemäss Art. 3 Abs. 3
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG nicht zu beachten ist.

c) Spezialgesetzliche Vorschriften

43. Es sind keine sonstigen Vorschriften ersichtlich, die unter dem Grundsatz der lex specialis vorrangige Anwendung vor dem Kartellgesetz erfordern würden.

44. Der ausdrückliche Vorbehalt in Art. 3 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
KG zu Gunsten von Vorschriften, die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen oder die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten, ist beim vorliegenden Sachverhalt ebenfalls nicht einschlägig.

d) Fazit

45. Der sachliche Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist somit gegeben, weil im Rahmen der rechtlichen Prüfung zu beurteilen ist, ob die Beschwerdeführerinnen Marktmacht im Sinne von Art. 2 Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG ausgeübt haben. Die Anwendung des Kartellgesetzes ist nicht aufgrund eines ausdrücklichen Vorbehalts zu Gunsten sonstiger Vorschriften oder des Grundsatzes der lex specialis ausgeschlossen.

4) Räumlicher Geltungs- und Anwendungsbereich

46. Das Kartellgesetz beansprucht Geltung auf dem Hoheitsgebiet der Schweiz und findet gemäss dem in Art. 2 Abs. 2 ausdrücklich statuierten Auswirkungsprinzip auf alle Sachverhalte Anwendung, die sich in der Schweiz auswirken. Dies gilt selbst dann, wenn sie im Ausland veranlasst wurden. Dieses als Anwendungsfall des völkerrechtlichen Territorialitätsprinzips geltende Prinzip (vgl. Herdegen Matthias, Internationales Wirtschaftsrecht, 10. Aufl. 2014, § 3 Rn. 61 f.; Müller Jörg Paul/Wildhaber Luzius, Praxis des Völkerrechts, 3. Aufl. 2000, 379; Ziegler Andreas R., Einführung in das Völkerrecht, 3. Aufl. 2015, Rn. 593 ff.) wurde mit der Revision des Kartellgesetzes im Jahr 1995 gesetzlich normiert, war vorgängig aber bereits anerkannt (vgl. Botschaft KG 1995, 535 Fn. 97). Dementsprechend wird das Auswirkungsprinzip von der Rechtsprechung zur Bestimmung des räumlichen Geltungs- und Anwendungsbereichs seit dem Jahr 1967 herangezogen (vgl. BVGer, 19.12.2013, B-506/2010, Gaba International AG gg. Weko, RPW 2013/4, 750, zit. Gaba, E. 3.3.6 f.; BGer, 24.4.2001, 2A.387/2000, Rhône Poulenc SA (France) und Merck & Co. Inc. (USA), BGE 127 III 219 und RPW 2001/2, 443, E. 3a; BGE 93 II 192 E. 3). Seine Anwendung wird auch in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. Borer, KG, Art. 2 Rn. 20 ff.; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 41, 48 ff.;Martenet/Killias, CR-Concurrence, Art. 2 Rn. 83 f.; Rubin/Cour-voisier, SHK-KG, Rn. 30 ff.; Zäch, Kartellrecht, Rn. 267 ff.; Zurkinden/ Trüeb, KG, Art. 2 Rn. 9 ff.). Aufgrund des weiten Anwendungsbereichs des Kartellgesetzes (vgl. E. 21) setzt dessen räumlicher Geltungs- und Anwendungsbereich keine inhaltliche Aufgreifschwelle voraus (vgl. BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 3.3.14.1).

47. Im vorliegenden Sachverhalt beziehen sich sowohl das zu untersuchende Verhalten der Beschwerdeführerinnen als auch die sich daraus ergebenden Folgen für deren Konkurrenten auf die Schweiz. Der räumliche Geltungs- und Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist demzufolge gegeben, weil das zu beurteilende Verhalten der Beschwerdeführerinnen in der Schweiz Auswirkungen nach sich zieht.

5) Zeitlicher Geltungs- und Anwendungsbereich

48. Das Kartellgesetz trat am 1. Juli 1996 in Kraft, wobei zwischenzeitlich verschiedene Gesetzesänderungen vorgenommen wurden.

49. Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, der die Rechtsgrundlage einer Sanktionierung der Beschwerdeführerinnen bildet, wurde durch Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 in das Kartellgesetz eingefügt. Er trat am 1. April 2004 in Kraft. Besondere zeitliche Übergangsbestimmungen, insbesondere solche gemäss Art. 62
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 62 Übergangsbestimmungen
1    Laufende Verfahren der Kartellkommission über Wettbewerbsabreden werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes sistiert; nötigenfalls werden sie nach Ablauf von sechs Monaten nach neuem Recht weitergeführt.
2    Neue Verfahren der Wettbewerbskommission über Wettbewerbsabreden können frühestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet werden, es sei denn, mögliche Verfügungsadressaten verlangten eine frühere Untersuchung. Vorabklärungen sind jederzeit möglich.
3    Rechtskräftige Verfügungen und angenommene Empfehlungen nach dem Kartellgesetz vom 20. Dezember 198556 unterstehen auch bezüglich der Sanktionen dem bisherigen Recht.
KG, wurden bei dieser Gesetzesänderung nicht vorgesehen. Nach allgemeinen Grundsätzen findet Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG demzufolge mit seinem Inkrafttreten unmittelbare Anwendung auf alle durch die Vorschrift inkriminierten Verhaltensweisen, die ab diesem Zeitpunkt begangen oder fortgeführt wurden.

50. Gemäss Schlussbestimmungen des Kartellgesetzes zu den Änderungen vom 20. Juni 2003 entfällt allerdings eine Belastung mit einem Sanktionsbetrag, wenn die jeweilige Wettbewerbsbeschränkung innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten des Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG gemeldet oder aufgelöst wurde. Voraussetzung für eine wirksame Meldung bildet der Umstand, dass die Wettbewerbsbehörden zum Zeitpunkt der Meldung noch kein Vorabklärungs- oder Untersuchungsverfahren eröffnet haben (vgl. BGer, 19.8.2005, 2A.287/2005, EVD gg. Swisscom AG u.a., RPW 2005/4, 708, Ziff. 3.5). Eine Auflösung der Wettbewerbsbeschränkung setzt voraus, dass das entsprechende Verhalten spätestens bis zum 31. März 2005 von den beteiligten Unternehmen vollständig und endgültig eingestellt wurde.

51. Vorliegend wurde die zu beurteilende Preisdifferenzierung durch die Beschwerdeführerinnen im Zeitraum von Anfang des Jahres 2000 bis zum 31. Dezember 2007 vorgenommen. Die Sanktionierung der Preisdifferenzierung durch die Vorinstanz erfolgte demgegenüber nur - aber immerhin - für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2007. Die Beschwerdeführerinnen haben die Preisdifferenzierung zum einen gegenüber den Wettbewerbsbehörden nicht gemeldet und zum anderen über den 31. März 2005 hinaus - und damit länger als ein Jahr nach dem Inkrafttreten von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG - fortgeführt. Eine Sanktionierung kann demzufolge nicht entfallen.

52. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Vorinstanz bereits am 6. Mai 2002 das Verfahren ADSL I eröffnet hatte und dieses erst durch Verfügung vom 7. Mai 2007 mittels Einstellungsverfügung beendet wurde (vgl. SV K.b). Denn der Untersuchungsgegenstand dieses Verfahrens bezog sich auf ein anderes wirtschaftliches Verhalten (vgl. E. 226). Selbst unter der Hypothese, dass die Untersuchungsgegenstände übereinstimmen würden, wäre eine wirksame Meldung der Preisdifferenzierung durch die Beschwerdeführerinnen aufgrund des bereits vor dem 1. April 2004 eingeleiteten Untersuchungsverfahrens von vornherein ausgeschlossen gewesen. Die diesbezüglich von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Einwände sind daher unbeachtlich.

53. Der zeitliche Geltungs- und Anwendungsbereich des Kartellgesetzes ist somit gegeben. Besondere Übergangsbestimmungen sind vorliegend nicht zu berücksichtigen.

IV. Rechtmässigkeit des vorinstanzlichen und gerichtlichen Verfahrens

54. Die Beschwerdeführerinnen erheben verschiedene Rügen gegenüber der Rechtmässigkeit sowohl des vorinstanzlichen als auch des beschwerdeinstanzlichen Verfahrens. Die angefochtene Verfügung bildet den Abschluss eines Kartellverfahrens der Vorinstanz, welches aufgrund der Art. 18 ff
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 18 Wettbewerbskommission
1    Der Bundesrat bestellt die Wettbewerbskommission und bezeichnet die Mitglieder des Präsidiums.24
2    Die Wettbewerbskommission besteht aus 11-15 Mitgliedern. Die Mehrheit der Mitglieder müssen unabhängige Sachverständige sein.
2bis    Die Mitglieder der Wettbewerbskommission legen ihre Interessen in einem Interessenbindungsregister offen.25
3    Die Wettbewerbskommission trifft die Entscheide und erlässt die Verfügungen, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde vorbehalten sind. Sie gibt Empfehlungen (Art. 45 Abs. 2) und Stellungnahmen (Art. 46 Abs. 2) an die politischen Behörden ab und erstattet Gutachten (Art. 47 Abs. 1).
. KG sowie der ergänzenden Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes durchgeführt worden war. Das Beschwerdeverfahren wurde gemäss Art. 37
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG56, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
VGG nach den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie den ergänzenden Regelungen der Art. 38 f
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 38 Ausstand - Die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200557 über den Ausstand gelten im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäss.
. VGG vor diesem Gericht durchgeführt (vgl. hierzu auch E. 651).

1) Rechtskonforme Verfügungsbehörde

55. Die Vorinstanz war die sachlich zuständige und organisationsrechtlich berechtigte behördliche Organisationseinheit, um eine kartellrechtliche Verfügung gemäss Art. 30
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 30 Entscheid
1    Die Wettbewerbskommission entscheidet auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen oder die Genehmigung einer einvernehmlichen Regelung.
2    Die am Verfahren Beteiligten können schriftlich zum Antrag des Sekretariats Stellung nehmen. Die Wettbewerbskommission kann eine Anhörung beschliessen und das Sekretariat mit zusätzlichen Untersuchungsmassnahmen beauftragen.
3    Haben sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert, so kann die Wettbewerbskommission auf Antrag des Sekretariats oder der Betroffenen den Entscheid widerrufen oder ändern.
und 39
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
KG sowie Art. 6
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.
und 34
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 34
1    Die Behörde eröffnet Verfügungen den Parteien schriftlich.
1bis    Mit dem Einverständnis der Partei können Verfügungen elektronisch eröffnet werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201671 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Verfügung und ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Verfügung als eröffnet gilt.72
2    Zwischenverfügungen kann die Behörde anwesenden Parteien mündlich eröffnen, muss sie aber schriftlich bestätigen, wenn eine Partei dies auf der Stelle verlangt; eine Rechtsmittelfrist beginnt in diesem Fall erst von der schriftlichen Bestätigung an zu laufen.73
VwVG einschliesslich von Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG zu erlassen. Soweit die Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG einen strafrechtsähnlichen Charakter aufweisen, steht allerdings jeder Person gemäss Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK das Recht zu, dass über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht verhandelt und geurteilt wird.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

56. Aufgrund einer umfangreichen Analyse der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie unter Berufung auf verschiedene Ansichten in der Literatur machen die Beschwerdeführerinnen geltend, dass der Anspruch aus Art. 30
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
BV und Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK auf ein unabhängiges Gericht bei einer Sanktionierung aufgrund von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG durch die Vorinstanz nicht erfüllt werde, weil diese Anforderung mit Ausnahme von geringfügigen Straffällen ("minor offences") und Zivilfällen ("civil right cases") in jeder Instanz erfüllt sein müsse, die Vorinstanz aber eine Verwaltungsbehörde und kein unabhängiges Gericht sei. Diese Rüge wird von den Beschwerdeführerinnen ungeachtet des Entscheids des Bundesgerichts in Sachen Publigroupe (BGE 139 I 72), welche im Laufe des Beschwerdeverfahrens erging, ausdrücklich aufrechterhalten.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

57. Die Vorinstanz stützt die angefochtene Verfügung im Wesentlichen auf die nachfolgend im Rahmen der Würdigung durch das Gericht dargestellte Begründung ab.

(3) Würdigung durch das Gericht

58. Der Anspruch gemäss Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK auf eine Verhandlung durch ein unabhängiges, unparteiisches und auf Gesetz beruhendes Gericht bei strafrechtlichen Anklagen (nachfolgend: Gerichtsvorbehalt) hat im Hinblick auf die Rechtskonformität der Verfügungsbehörde dieselbe Tragweite wie Art. 30 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
Satz 1 BV, wonach jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht hat (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 2.2.1; BGE 135 I 14 E. 2; BGE 133 I 1 E. 5.2). Demzufolge kann eine Beurteilung der Rechtskonformität der Verfügungsbehörde allein an Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und der umfangreichen Praxis zu dieser Bestimmung ausgerichtet werden.

59. Gemäss Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (nachfolgend auch: EGMR; Hinweis: alle angeführten Entscheide des EGMR sind in der Internet-Datenbank des Gerichts "Hudoc" veröffentlicht, zugänglich unter www.hudoc.echr.coe.int) und herrschender Auffassung in der Literatur findet die Europäische Menschenrechtskonvention (nachfolgend auch: EMRK) grundsätzlich auch auf juristische Personen Anwendung. Dies gilt auch für die Garantie des Gerichtsvorbehalts gemäss Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK (vgl. EGMR, 20.4.1999, 32411/96, Sojus Trade Company GmbH u.a. gg. Deutschland, Ziff. 2; Frowein Jochen A./Peukert Wolfgang, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2009, zit. EMRK, Art. 6 Rn. 4 und Art. 34 Rn. 18; Grabenwarter Christoph/Pabel Katha-rina, Europäische Menschenrechtskonvention, 5. Aufl. 2012, zit. EMRK, § 17 Rn. 5; Karpenstein Ulrich/Mayer Franz C., EMRK, Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, 2012, zit. EMRK, Art. 6 Rn. 6; Meyer-Ladewig Jens, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2011, zit. EMRK, Art. 6 Rn. 4). Dessen Geltung für juristische Personen ist auch in der schweizerischen Rechtsprechung (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 2.2.2; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 6.1.3; BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 5.4.1) und Literatur (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 2; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 193; Hangartner Yvo, Aspekte des Verwaltungsverfahrensrechts nach dem revidierten Kartellgesetz von 2003, in: Stoffel/Zäch [Hrsg.], Kartellgesetzre-vision 2003, Neuerungen und Folgen, 2004, zit. Aspekte, 267; Christoph Lang, Untersuchungsmassnahmen der Wettbewerbskommission im Spannungsverhältnis zwischen Wahrheitsfindung und Verteidigungsrechten eines Angeschuldigten, Jusletter 27.9.2004, Rn. 10; Roth,CR-Con-currence, Rem art. 49a-53 Rn. 19 f.; Tagmann Christoph, Die direkten Sanktionen nach Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, 2007, zit. Sanktionen, 91 f.; Waser Astrid, Grundrechte der Beteiligten im europäischen und schwei-zerischen Wettbewerbsverfahren, 2002, zit. Grundrechte, 108 f.) ohne Weiteres anerkannt. Die Geltung von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK ist auch auf Organisationseinheiten, denen von der Rechtsordnung keine eigene Rechtspersönlichkeit zugewiesen wird, zu erstrecken, weil deren Mitgliedern als natürliche oder juristische Personen unabhängig von einer Qualifizierung der Gesamtheit ohnehin eine Berufung auf Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK zusteht (vgl. Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
-53
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 53
1    Verstösse werden vom Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums untersucht. Sie werden von der Wettbewerbskommission beurteilt.
2    ...50
Rn. 194).

60. Eine Sanktion gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG zeichnet sich durch den von Seiten des Gesetzgebers vorgesehenen abschreckenden und vergeltenden Charakter aus (vgl. Botschaft des Bundesrats vom 7.11.2001 über die Änderung des Kartellgesetzes, BBl 2002 2022, zit. Botschaft KG 2004, 2052). Ungeachtet dessen, dass der Gesetzgeber die Sanktionierung ge-mäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ausdrücklich als Verwaltungssanktion und nicht als Strafsanktion qualifiziert hat (vgl. Botschaft KG 2004, 2034 Ziff. 2.1.1), handelt es sich bei der Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG entsprechend den massgeblichen Kriterien (sog. Engel-Kriterien; vgl. EGMR, 8.6.1976, 5100/71 u.a., Engel u.a. gg. Niederlande, Ziff. 78 ff.; EGMR, 21.2.1984, 8544/79, Öztürk gg. Deutschland, Ziff. 50 ff.; EGMR, 29.4.1988, 10328/ 83, Belilos gg. Schweiz, Ziff. 62;EGMR, 22.5.1990, 11034/84, Weber gg. Schweiz, Ziff. 29 ff.) um eine Massnahme mit strafrechtlichem Charakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, die aufgrund des Anwendungsbereichs und der Zielsetzung als strafrechtsähnliche Massnahme zu qualifizieren ist (vgl. E. 643 f.). Demzufolge finden die Grundsätze und Garantien von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK auf eine Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 2.2.2; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 6.1.3; BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 4.2) und Literatur (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 2; Hangartner, Aspekte, 269 f.; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 1 ff.;Roth, CR-Concurrence, Rem. art. 49a-53 Rn. 19; Tagmann, Sanktionen, 85; Wiprächtiger Hans/Zimmerlin Sven, Kartellrechtliche Verantwortlichkeit aus der Sicht des Strafrechts und Strafprozessrechts - Bemerkungen zu den Sanktionen und zum Sanktionsverfahren im revidierten Kartellgesetz, in: Niggli/Amstutz [Hrsg.], Verantwortlichkeit im Unternehmen, zivil- und strafrechtliche Perspektiven, 2007, 206; Daniel Zimmerli, Zur Dogmatik des Sanktionssystems und der «Bonusregelung» im Kartellrecht, 2007, 449 ff.) Anwendung. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dies für eine Sanktionierung unter dem französischen und italienischen Wettbewerbsrecht ebenfalls angenommen (vgl. EGMR, 3.12.2002, 53892/00, Lilly France gg. Frankreich, Ziff. 2 [S. 9]; EGMR, 27.9.2011, 43509/08, Menarini Diagnostics S.R.L. gg. Italien, zit. Menarini, Ziff. 38 ff.).

61. Im Hinblick auf die konkrete Umsetzung des Gesetzesvorbehalts hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte aber anerkannt, dass die Vertragsstaaten die Modalitäten einer Anwendung der Garantien gemäss Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK selbst ausgestalten können, soweit dadurch weder deren Geltung im Allgemeinen noch deren spezifische Mindeststandards im Besonderen aufgehoben werden (vgl. EGMR, 43509/08, Menarini, Ziff. 59). Verwaltungsverfahren ("procédures administratives"/"administra-tive procedures") können daher hinsichtlich verschiedener Aspekte von einem Strafverfahren im eigentlichen Sinne ("procédure pénale au sens strict du terme"/ "criminal proceeding") abweichen (vgl. EGMR, 43509/08, Menarini, Ziff. 62; so bereits grundlegend EGMR, 23.11.2006, 73053/01, Jussila gg. Finnland, Ziff. 43, "There are clearly criminal charges of differing weight. [...] applying the Engel criteria have underpinned a gradual broadening of the criminal head to cases not strictly belonging to the traditional categories of the criminal law, for example [...] competition law [...] consequently, the criminal head-guarantees will not necessarily apply with their full stringency). Eine Ermächtigung von Verwaltungsbehörden zum Erlass von Sanktionen mit Strafcharakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens ist dabei nicht prinzipiell aus-geschlossen. In derartigen Fällen muss aber die Möglichkeit vorgesehen werden, diese Entscheide durch ein gerichtliches Organ ("organe judici-aire"/"judicial body") überprüfen zu lassen, welches über eine vollständige Entscheidungsgewalt ("pleine juridiction"/"full jurisdiction") verfügt (vgl. EGMR, 43509/08, Menarini, Ziff. 59; EGMR, 21.7.2011, 32181/04 und 35122/05, Sigma Radio Television Ltd. gg. Zypern, zit. Sigma, Ziff. 151; EGMR, 16.11.2004, 53371/99, Canády gg. Slowakei, Ziff. 31; EGMR, 2.9.1998, 5/1998/908/1120, Kadubec gg. Slowakei, Ziff. 57; EGMR, 23.10.1995, 15523/89, Schmautzer gg. Österreich, Ziff. 34; EGMR, 23.10.1995, 16713/90, Pramstaller gg. Österreich, zit. Pramstaller, Ziff. 39).

62. Mit seinem Entscheid in Sachen Menarini hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigt, dass zum einen ein Kartellverwaltungsverfahren nicht zum Bereich des Kernstrafrechts zu zählen ist (EGMR, 43509/08, Menarini, Ziff. 57 f.), und dass zum anderen die vorstehend genannten Grundsätze für die Ausgestaltung eines Verwaltungsverfahrens auch ungeachtet einer Verhängung von hohen finanziellen Sanktionen in einem Kartellverfahren Anwendung finden (EGMR, 43509/ 08, Menarini, Ziff. 62 f.). Gegenstand des Entscheids bildete eine Vorschrift des italienischen Kartellrechts, welche der Wettbewerbsbehörde die Möglichkeit eröffnete, eine finanzielle Sanktion bis zur Höhe von 10% des Umsatzes eines Unternehmens und damit auch in der Höhe von Millionen oder sogar Milliarden Euros auszusprechen, wobei im konkreten Einzelfall eine Sanktion in der Höhe von sechs Millionen Euro verhängt worden war.

63. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 4.4) und ganz überwiegender Ansicht in der Literatur (vgl. Martenet Vincent, Les garanties procédurales dans les procédure administratives fondées sur la loi sur les cartels, in: Amstutz/Hochreutener/ Stoffel [Hrsg.], Die Praxis des Kartellgesetzes im Spannungsfeld von Recht und Ökonomie, 2011, 53; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 237; Stoffel Walter A., Design einer Wettbewerbsbehörde, in: Hochreutener/Stoffel/Amstutz [Hrsg.], Kartellrechtspraxis: Missbrauch von Marktmacht, Verfahren, Revision, 2013, 23 ff., 27 f.; Tagmann, Sanktionen, 98; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.26; a.A. Wildhaber Luzius, EMRK, Wettbewerbsrecht und Verwaltungsstrafen, Jusletter 4.7.2011, zit. Wettbewerbsrecht, Rn. 66) sind die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte aufgestellten Voraussetzungen im schweizerischen Kartellrechtsverfahren erfüllt. Auch wenn es sich bei der Wettbewerbskommission nicht um eine gerichtliche Instanz im Sinne von Art. 191a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 191a Weitere richterliche Behörden des Bundes - 1 Der Bund bestellt ein Strafgericht; dieses beurteilt erstinstanzlich Straffälle, die das Gesetz der Gerichtsbarkeit des Bundes zuweist. Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesstrafgerichts begründen.
1    Der Bund bestellt ein Strafgericht; dieses beurteilt erstinstanzlich Straffälle, die das Gesetz der Gerichtsbarkeit des Bundes zuweist. Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesstrafgerichts begründen.
2    Der Bund bestellt richterliche Behörden für die Beurteilung von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung.
3    Das Gesetz kann weitere richterliche Behörden des Bundes vorsehen.
BV, sondern um eine Verwaltungsbehörde der dezentralen Bundesverwaltung gemäss Art. 178
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 178 Bundesverwaltung - 1 Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
1    Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
2    Die Bundesverwaltung wird in Departemente gegliedert; jedem Departement steht ein Mitglied des Bundesrates vor.
3    Verwaltungsaufgaben können durch Gesetz Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts übertragen werden, die ausserhalb der Bundesverwaltung stehen.
BV handelt, erfüllt zumindest die Prüfungszuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren die notwendigen Voraussetzungen einer gerichtlichen Überprüfung, weil das Bundesverwaltungsgericht gemäss Art. 2
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 2 Unabhängigkeit - Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Recht sprechenden Tätigkeit unabhängig und nur dem Recht verpflichtet.
VGG als unabhängiges, nur dem Recht verpflichtetes Gericht ausgestaltet ist und ihm gemäss Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
VwVG eine umfassende Kontrollbefugnis zukommt (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 4.5 m.w.H.). Die Ausgestaltung des Kartellverfahrens einschliesslich der Möglichkeit zur Überprüfung von Verfügungen mit Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht entspricht somit den vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entwickelten Anforderungen an eine gemäss Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK rechtskonforme Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren mit strafrechtsähnlichen Sanktionen.

64. Die gegenteilige Ansicht der Beschwerdeführerinnen, Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK setze angesichts der erheblichen Sanktionsandrohung bei Wettbewerbsverstössen voraus, dass bereits im erstinstanzlichen Kartellverfahren ein unabhängiges Gericht über Sanktionen mit Strafrechtscharakter entscheide, wurde durch den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Sachen Menarini selbst widerlegt.

2) Rechtmässige Verfügungsadressaten

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

65. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass eine Einbeziehung der Beschwerdeführerin 1 in das Verfahren nicht sachgerecht sei, weil sie das wettbewerbsrelevante Verhalten nicht selbst ausgeführt habe und mit der Beschwerdeführerin 2 eine unabhängige und eigenständige juristische Person vorhanden sei, gegenüber der in üblicher Weise wie bei Nicht-Kartellsachverhalten auch ein Verwaltungsverfahren durchgeführt werden könne und allfällig verfügte Sanktionen und sonstige Massnahmen gegebenenfalls auch durchgesetzt werden könnten. Zudem sei eine Heranziehung der Obergesellschaft als Verfügungsadressat neben einer handelnden Gruppengesellschaft bereits aufgrund der Geltung des strafrechtlichen Grundsatzes der Unschuldsvermutung ausgeschlossen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

66. Die Vorinstanz verweist für die Heranziehung der Beschwerdeführerinnen unter Vornahme einer Differenzierung zwischen materiellen und formellen Verfügungsadressaten ohne eingehendere sachliche Begründung auf die bisherige Praxis.

(3) Würdigung durch das Gericht

67. Weder das Kartellgesetz noch das Verwaltungsverfahrensgesetz sehen eine Vorschrift vor, an wen eine kartellrechtliche Verfügung als Adressat zu richten ist. Das Verwaltungsverfahrensgesetz stellt die Partei in den Mittelpunkt des Verfahrens und knüpft die zu regelnden Aspekte an den Parteibegriff an. Parteien sind gemäss Art. 6
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.
VwVG im erstinstanz-lichen Verfahren diejenigen Personen, deren Rechte und Pflichten berührt werden. Die Fähigkeit, als Partei am Verwaltungsverfahren teilzunehmen, setzt demzufolge grundsätzlich Rechtsfähigkeit voraus, weil nur dann Rechte und Pflichten durch eine Verfügung beeinflusst werden können. Nach übereinstimmender Auffassung ist die Parteifähigkeit im Verwaltungsverfahren für privatrechtliche Organisationseinheiten anhand der zivilrechtlichen Rechtsfähigkeit zu bestimmen (vgl. Häfelin/Müller/Uhl-mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1768 f.;Häner, Beteiligte, Rn. 444; Häner, VwVG, Art. 6 Rn. 48, Art. 48 Rn. 5;Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 444, 934 f.; Marantelli-Sonanini/Huber, VwVG, Art. 6 Rn. 1; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 862; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.17 f.; Tanquerel, droit adminis-tratif, Rn. 1487 ff.; Thurnherr, Verfahrensgrundrechte, Rn. 369 ff.). Im Hinblick auf privatrechtliche Organisationseinheiten können im erstinstanzlichen Verfahren demnach grundsätzlich nur natürliche oder juristische Personen als Partei auftreten bzw. herangezogen werden. Trotz fehlender Rechtspersönlichkeit wird die Parteifähigkeit aufgrund der entsprechenden zivilrechtlichen Vorschriften auch der Kollektiv- und Kommanditgesellschaft (Art. 562
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 562 - Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.
, 602
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 602 - Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.
OR) sowie der Stockwerkseigentümergemein-schaft (Art. 712l Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 712l - 1 Unter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.
1    Unter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.
2    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer kann unter ihrem Namen klagen und betreiben sowie beklagt und betrieben werden.609
ZGB) zugesprochen (vgl. Häner, VwVG, Art. 48 Rn. 5; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 444; Maran-telli-Sonanini/Huber, VwVG, Art. 6 Rn. 12). Sonstige, nicht rechtsfähige Rechtsgemeinschaften, wie insbesondere einfache Gesellschaften, schei-den als Partei eines Verwaltungsverfahrens und demzufolge als Adressaten einer Verfügung von vornherein aus. Bei solchen nicht rechtsfähigen Rechtsgemeinschaften ist eine Verfügung an diejenigen natürlichen oder juristischen Personen zu richten, welche Mitglieder dieser Rechtsgemeinschaft sind (vgl. BGE 132 I 256 E. 1.1; BVGer, 29.4.2009, A-1513/2006, X gg. Eidg. Steuerverwaltung, E 3.4; Häner, VwVG, Art. 48 Rn. 5; Kölz/ Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 444, 935 f.). Für andere, rein wirtschaftliche Organisationseinheiten ist eine besondere gesetzliche Regelung nicht vorhanden und deren Parteifähigkeit wird von der Rechtsprechung und der Literatur soweit ersichtlich ebenfalls nicht anerkannt.

68. Auch wenn ein Konzern als Kartellrechtssubjekt im Rahmen des Kartellgesetzes zu qualifizieren ist (vgl. Ziff. 29) und er damit das massgebliche Verfahrenssubjekt bildet, stellt er demzufolge gemäss den allge-meinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen im Hinblick auf eine Teilnahme am Verfahren als Partei sowie den Erlass von kartellrechtlichen Verfügungen kein taugliches Rechtssubjekt dar, weil er selbst nicht Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Eine besondere gesetzliche Regelung, aus der sich die Rechtsfähigkeit eines Konzerns für seine Stellung als Partei und als Adressat der Verfügung im Rahmen eines Kartellverfahrens ergibt, wird weder durch das Kartellgesetz noch das Verwaltungsverfahrensgesetz statuiert. Bei Konzernsachverhalten fallen demzufolge das massgebliche Verfahrenssubjekt als Beurteilungsobjekt und der Verfügungsadressat als Partei eines Kartellverfahrens zwangsläufig auseinander (vgl. WEKO, RPW 2004/2, 427, ADSL I, Ziff. 56: "Die Unterstellung unter den Unternehmensbegriff beantwortet jedoch die Frage nach den Verfügungsadressaten nicht"; Kubli Linda, Das kartellrechtliche Sanktionssubjekt im Konzern, 2014, zit. Sanktionssubjekt, 138 ff.; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 21; Roth, CR-Concurrence, Rem. art. 49a-53 Rn. 36; Skoczylas Anna-Antonina, Verantwortlichkeit für kartellrechtliche Verstösse im Konzern im schweizerischen und europäischen Recht, 2011, zit. Verantwortlichkeit, 107 ff.; Tagmann, Sanktionen, 16 ff.).

69. Wenn ein Konzern aus formalen Gründen nicht Partei eines Kartellverwaltungsverfahrens und Adressat einer kartellrechtlichen Verfügung sein kann, so wäre diese entsprechend den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen über nicht rechtsfähige Rechtsgemeinschaften an sämtliche Gruppengesellschaften zu richten, welche in ihrer Gesamtheit den jeweiligen Konzern bilden, weil es sich bei diesen um die jeweiligen rechtsfähigen Personen der nicht rechtsfähigen (Wirtschafts-)Ge-meinschaft "Konzern" handelt, die als Parteien am Verfahren teilzunehmen hätten.

70. Es ist allerdings offensichtlich, dass ein entsprechendes Vorgehen der Wettbewerbsbehörden allenfalls bei Kleinkonzernen mit einigen wenigen Gruppengesellschaften zu rechtfertigen wäre; demgegenüber entbehrt dies bei grösseren Unternehmensgruppen von vornherein jeglicher Sinnhaftigkeit und Praktikabilität. Denn internationale Grosskonzerne weisen mitunter durchaus sogar mehr als 1000 Konzerngesellschaften auf. Die jeweilige Verfügung erlangt bei Konzernsachverhalten auch keine stärkere formale Rechtswirksamkeit oder inhaltliche Rechtfertigung, wenn oder weil sie an eine grössere bzw. möglichst grosse Anzahl von Rechtssubjekten gerichtet wird. Denn diese unterstehen einer übergeordneten Leitungsmacht, weshalb auch die Behandlung einer wettbewerbsrechtlichen Angelegenheit der Leitungsmacht der Obergesellschaft untersteht und davon auszugehen ist, dass sie von dieser koordiniert wird. Durch die formale Einbeziehung aller Konzerngesellschaften in das Kartellverfahren würde demzufolge letztlich nur der Aufwand für die Bearbeitung einer Angelegenheit zu Lasten aller Beteiligten erhöht, ohne dass sich daraus ein inhaltlicher Vorteil für die einzelnen Konzerngesellschaften ergeben würde. Dies gilt umso mehr, wenn ausländische Konzerngesellschaften in das Kartellverfahren einbezogen werden müssten.

71. Folglich bedarf es bei Konzernsachverhalten einer sachgerechten Beschränkung der Anzahl an Parteien und Verfügungsadressaten. Eine derartige personale Reduktion entspricht dem Grundsatz der Prozess-ökonomie, nach dem die Behörden und Gerichte ein effektives, d.h. ein möglichst zeitnahes und ressourcenschonendes Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu gewährleisten haben (vgl. Bürki Christoph, Verwaltungsjustizbezogene Legalität und Prozessökonomie, 2011, 85 ff.; Gygi Fritz, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, zit. Bundesverwaltungsrechtspflege, 68; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 252 ff., 260 ff.; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.60; Kiener/Rütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 103 ff.; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 1032 ff.; Thurnherr, Verfahrensgrundrechte, Rn. 222 ff.;zur Verfahrens- bzw. Prozessökonomie auch Auer Christoph, Streitgegenstand und Rügeprinzip im Spannungsfeld der verwaltungsrechtlichen Prozessmaximen, 1997, 30 ff.; Camprubi Madeleine, Kassation und positive Anordnungen bei der staatsrechtlichen Beschwerde: Wirkungen und Grenzen des Grundrechtsschutzes in Praxis und Theorie, 1999, 355 ff.; Kiener Regina, Richterliche Unabhängigkeit: Verfassungsrechtliche Anforderungen an Richter und Gerichte, 2001, 85 ff.; Schindler Benjamin, Die "formelle Natur" von Verfahrensgrundrechten: Verfahrensfehlerfolgen im Verwaltungsrecht - ein Abschied von der überflüssigen Figur der "Heilung", ZBl 2005, 169, 188 f.; zur Prozessökonomie im Zusammenhang mit dem Anspruch auf rechtliches Gehör vgl. Waldmann Bernhard/Bickel Jürg, in: Waldmann/Weissenberger [Hrsg.], VwVG, Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, Art. 29 Rn. 60, 108, 113, 116, 125; Art. 30 Rn. 58).

72. Die Ausgestaltung der personalen Reduktion obliegt dem pflichtgemässen Ermessen der Wettbewerbsbehörden aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls.

73. In der Regel dürfte es sachgerecht sein, zum einen die Obergesellschaft, von der die übergeordnete Leitungsmacht ausgeht, sowie zum anderen diejenigen Konzerngesellschaften, welche an dem relevanten Wettbewerbsverhalten beteiligt waren, als Verfügungsadressaten heranzuziehen. Demgegenüber ist die alleinige Heranziehung der Obergesellschaft schon deshalb nicht ausreichend, weil die rechtliche Beurteilung, ob eine wirtschaftliche Einheit und damit ein Konzern vorliegt, im Rahmen der Rechtsmittelverfahren durch die Rechtsmittelinstanzen eigenständig und unter Umständen mit einem abweichenden Ergebnis vorgenommen wird. Bei einer gegenteiligen Ansicht der Rechtsmittelinstanz über den Aspekt der konzernmässigen Verbundenheit hätte dies zur Folge, dass das Verfahren von den Wettbewerbsbehörden ungeachtet des Vorliegens eines kartellrechtswidrigen Verhaltens nochmals vollständig von vorne gegenüber einer handelnden Konzerngesellschaft durchgeführt werden müsste. Umgekehrt sprechen gegen die alleinige Heranziehung einer handelnden Konzerngesellschaft und für eine Einbeziehung der Obergesellschaft ebenfalls gewichtige Aspekte. Zum einen wird die Obergesellschaft angesichts der ihr zukommenden Leitungsmacht das wettbewerbswidrige Verhalten der handelnden Konzerngesellschaft vielfach veranlasst oder zumindest geduldet haben, weshalb sie in diesen Fällen ebenfalls als handelnde Konzerngesellschaft zu betrachten ist. Zum anderen sind die verhängten Sanktionen und die angeordneten Massnahmen auch gegenüber der Obergesellschaft auszusprechen. Denn die Obergesellschaft verkörpert die Wirtschaftskraft des gesamten Konzerns, welche aufgrund der gesetzlichen Sanktionsordnung im Einzelfall der Berechnung von Sanktionen zugrunde liegt. Zudem hat die Obergesellschaft aufgrund der ihr zukommenden übergeordneten Leitungsmacht die Umsetzung von angeordneten Massnahmen durch die einzelnen Konzerngesellschaften sicherzustellen. Dies gilt insbesondere gegenüber den nicht als Verfügungsadressaten herangezogenen Konzerngesellschaften, weil auch diese dem Kartellrechtssubjekt "Konzern" angehören. Aufgrund einer gleichzeitigen Heranziehung von Ober- und handelnden Konzerngesellschaften ergibt sich auch kein Nachteil zu deren Lasten, weil sich die jeweiligen Gruppengesellschaften gemäss Art. 11
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 11
1    Auf jeder Stufe des Verfahrens kann die Partei sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer amtlichen Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.30
2    Die Behörde kann den Vertreter auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.
3    Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht die Behörde ihre Mitteilungen an den Vertreter.
VwVG durch einen einzigen Vertreter vertreten lassen können, um dadurch ihren Verfahrensaufwand zu begrenzen.

74. Im Einzelfall kann es aus Gründen der Prozessökonomie aber auch ausreichend sein, dass die Wettbewerbsbehörde das Verfahren nur gegen eine Konzerngesellschaft führt und diese durch die Verfügung in Anspruch nimmt. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die handelnde Konzerngesellschaft in der Schweiz domiziliert ist, die Obergesellschaft und alle weiteren beteiligten Konzerngesellschaften aber einen Sitz im Ausland aufweisen.

75. Diejenigen Konzerngesellschaften, welche die Wettbewerbsbehörde als Parteien des Verfahrens und als Adressaten der Verfügung heranzieht, werden durch die kartellrechtliche Verfügung unmittelbar in ihren Rechten und Pflichten betroffen. Denn die Verfügung stellt zum einen klar, ob das beurteilte Wettbewerbsverhalten rechtlich zulässig war und ob es von den herangezogenen wie auch den sonstigen Konzerngesellschaften zukünftig weiter praktiziert werden kann oder nicht. Zum anderen haben die herangezogenen Konzerngesellschaften die verhängten Sanktionen zu erfüllen und sonstige Massnahmen umzusetzen. Die herangezogenen Konzerngesellschaften sind daher entsprechend der allgemein herrschenden Ansicht zu den verschiedenen Formen von Adressaten einer Verfügung in Rechtsprechung (vgl. BVGer, 6.12.2007, B-1100/2007, Swisslos gg. Eidg. Spielbankenkommission, zit. Schweizer Casino Verband, E. 3.3.1) und Literatur (vgl. Gygi, Bundesverwaltungsrechtspflege, 157; Häner, Beteiligte, Rn. 538; Häner, VwVG, Art. 6 Rn. 5; Marantelli-Sonanini/Huber, VwVG, Art. 6 Rn. 7; im Zusammenhang mit dem Beschwerderecht vgl. auch Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.129 f.; Moser/ Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 2.74 ff.;Rhinow/Koller/Kiss/ Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 1559 ff.; Skoczylas, Verantwortlichkeit, 109) als materielle Verfügungsadressaten zu qualifizieren. Eine bislang von der Praxis im Rahmen von Kartellrechtssachverhalten vorgenommene, allerdings uneinheitlich praktizierte Differenzierung zwischen formalen und materiellen Verfügungsadressaten ist demgegenüber nicht erforderlich (zur Kritik hierzu vgl. Heinemann, Konzerne, 61), weil mehrere als Verfügungsadressaten herangezogene Konzerngesellschaften - unabhängig davon, ob es sich um die Obergesellschaft oder sonstige Konzerngesellschaften handelt - in gleicher Weise als Repräsentanten des Konzerns zu qualifizieren sind (vgl. E. 30).

76. Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz die kartellrechtliche Verfügung zum einen an die Beschwerdeführerin 1 als Obergesellschaft der Swisscom-Gruppe und zum anderen auch an die Beschwerdeführerin 2 als Gruppengesellschaft, welche an dem relevanten Wettbewerbsverhalten beteiligt war, gerichtet. Es sind keine Gründe ersichtlich, aus denen hergeleitet werden könnte, dass diese Auswahl an Verfügungsadressaten als sachlich unangemessen zu qualifizieren wäre.

77. Der von den Beschwerdeführerinnen hiergegen des Weiteren vorgebrachte Einwand, eine Heranziehung der Obergesellschaft als Verfügungsadressat neben der handelnden Gruppengesellschaft sei bereits aufgrund der Geltung des strafrechtlichen Grundsatzes der Unschuldsvermutung ausgeschlossen, ist unzutreffend und führt nicht zu einer anderen Einschätzung. Denn die Frage, welches Rechtssubjekt als Adressat einer kartellrechtlichen Verfügung herangezogen wird, ist von der Frage, welchem Rechtssubjekt das Verschulden im Rahmen eines Konzerns bei einem wettbewerbswidrigen Verhalten zuzuordnen ist, zu unterscheiden. Beide Aspekte betreffen inhaltlich unterschiedliche Sachfragen, die unabhängig voneinander zu behandeln und zu beurteilen sind, auch wenn sie angesichts der Kartell-Rechtssubjektivität des kartellrechtlich relevanten Objekts "Unternehmen" bei einer Heranziehung und Sanktionierung von Obergesellschaft und wettbewerbswidrig handelnder Gruppengesellschaft regelmässig zum gleichen Ergebnis führen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Frage des massgeblichen Verfügungsadressaten bei Konzernsachverhalten auch in allen Fällen, in denen ein nicht gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG zu sanktionierendes Wettbewerbsverhalten zusätzlich oder ausschliesslich zu ahnden ist, einer Beantwortung bedarf und kein Grund ersichtlich ist, dass die Frage in Abhängigkeit davon unterschiedlich beantwortet werden müsste, ob ein gemäss Art. 49
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49 Informationspflichten
1    Das Sekretariat und die Wettbewerbskommission orientieren die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit.
2    Die Wettbewerbskommission erstattet dem Bundesrat jährlich einen Tätigkeitsbericht.
KG sanktionierbares oder ein sonstiges, nicht sanktionierbares wettbewerbswidriges Verhalten vorliegt. Die Feststellung der kartellrechtlichen Unzulässigkeit eines bestimmten Wettbewerbsverhaltens bleibt daher über eine Sanktionierung hinaus Gegenstand der Verfügung der Wettbewerbsbehörde als Abschluss des kartellrechtlichen Verwaltungsverfahrens und richtet sich gegen das Kartellrechtssubjekt "Konzern", welches die jeweils herangezogenen Verfügungsadressaten repräsentieren. Durch die konkrete Auswahl der Verfügungsadressaten wird im Übrigen auch keine unzulässige Zurechnung eines Verhaltens zwischen den als Verfügungsadressaten herangezogenen Gruppengesellschaften vorgegeben. Denn die Sanktionierung und die damit einhergehende Feststellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens zu Lasten der jeweils herangezogenen Gruppengesellschaften erfolgen weder wegen deren Auswahl als Verfügungsadressaten noch basieren sie auf einer Zurechnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zwischen völlig unabhängigen Rechtssubjekten. Die Sanktionierung leitet sich vielmehr unmittelbar aus der Zugehörigkeit dieser Gruppengesellschaften zum Konzern als massgeblichem Kartellrechtssubjekt "Unternehmen" ab.

78. Die Vorinstanz hat ihre Verfügung gemäss Art. 30
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 30 Entscheid
1    Die Wettbewerbskommission entscheidet auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen oder die Genehmigung einer einvernehmlichen Regelung.
2    Die am Verfahren Beteiligten können schriftlich zum Antrag des Sekretariats Stellung nehmen. Die Wettbewerbskommission kann eine Anhörung beschliessen und das Sekretariat mit zusätzlichen Untersuchungsmassnahmen beauftragen.
3    Haben sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert, so kann die Wettbewerbskommission auf Antrag des Sekretariats oder der Betroffenen den Entscheid widerrufen oder ändern.
und 39
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
KG sowie Art. 6
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.
und 34
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 34
1    Die Behörde eröffnet Verfügungen den Parteien schriftlich.
1bis    Mit dem Einverständnis der Partei können Verfügungen elektronisch eröffnet werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201671 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Verfügung und ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Verfügung als eröffnet gilt.72
2    Zwischenverfügungen kann die Behörde anwesenden Parteien mündlich eröffnen, muss sie aber schriftlich bestätigen, wenn eine Partei dies auf der Stelle verlangt; eine Rechtsmittelfrist beginnt in diesem Fall erst von der schriftlichen Bestätigung an zu laufen.73
VwVG demzufolge rechtmässig an die Beschwerdeführerinnen als sachgerechte Verfügungsadressaten gerichtet, obschon die Swisscom-Gruppe gemäss Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG als massgebliches Unternehmen und damit als Kartellrechtssubjekt zu qualifizieren ist.

3) Rechtmässigkeit der entscheidungsrelevanten Informationen und behördlichen Verfahrensmassnahmen

a) Verfahrensmassnahmen

79. Aufgrund der gesetzgeberischen Ausgestaltung des Kartellgesetzes werden den Wettbewerbsbehörden im Rahmen eines Kartellverfahrens besondere Mittel zur Ermittlung des massgeblichen Sachverhalts und zur Abklärung eines allfälligen wettbewerbswidrigen Verhaltens an die Hand gegeben, die über die im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgesehenen Massnahmen einer üblichen verwaltungsrechtlichen Untersuchung hinausgehen: (i) Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG statuiert eine Auskunftspflicht zu Lasten eines Unternehmens, welches an einem allfälligen wettbewerbswidrigen Verhalten beteiligt ist, sowie allen Dritten, die von diesem Verhalten betroffen sind; (ii) gemäss Art. 43
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 43 Beteiligung Dritter an der Untersuchung
1    Ihre Beteiligung an der Untersuchung einer Wettbewerbsbeschränkung können anmelden:
a  Personen, die aufgrund der Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder in der Ausübung des Wettbewerbs behindert sind;
b  Berufs- und Wirtschaftsverbände, die nach den Statuten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder befugt sind, sofern sich auch Mitglieder des Verbands oder eines Unterverbands an der Untersuchung beteiligen können;
c  Organisationen von nationaler oder regionaler Bedeutung, die sich statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen.
2    Das Sekretariat kann verlangen, dass Gruppen von mehr als fünf am Verfahren Beteiligten mit gleichen Interessen eine gemeinsame Vertretung bestellen, falls die Untersuchung sonst übermässig erschwert würde. Es kann in jedem Fall die Beteiligung auf eine Anhörung beschränken; vorbehalten bleiben die Parteirechte nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196842.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss auch im Verfahren der ausnahmsweisen Zulassung einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung durch den Bundesrat (Art. 8).
4    Im Verfahren der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen haben nur die beteiligten Unternehmen Parteirechte.
KG können die Wettbewerbsbehörden Dritte als Zeugen einvernehmen und die von einer Untersuchung Betroffenen zur Beweisaussage verpflichten sowie Hausdurchsuchungen anordnen und Beweisgegenstände sicherstellen; (iii) gegenüber Unternehmen, welche die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlegung von Urkunden nicht ordnungsgemäss erfüllen, kann gemäss Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG als Verwaltungssanktion ein Betrag von bis zu 100'000.- CHF verhängt werden; (iv) zudem wird eine Person, die vorsätzlich oder fahrlässig Verfügungen der Wettbewerbsbehörden zur Auskunftspflicht nicht ordnungsgemäss befolgt, ge-mäss Art. 55
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 55 Andere Widerhandlungen - Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.
KG mit einer Busse von bis zu 20'000.- CHF bestraft. Aufgrund der ausdrücklichen Verweisungen in Art. 42
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 42 Untersuchungsmassnahmen
1    Die Wettbewerbsbehörden können Dritte als Zeugen einvernehmen und die von einer Untersuchung Betroffenen zur Beweisaussage verpflichten. Artikel 64 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194737 über den Bundeszivilprozess ist sinngemäss anwendbar.
2    Die Wettbewerbsbehörden können Hausdurchsuchungen anordnen und Beweisgegenstände sicherstellen. Für diese Zwangsmassnahmen sind die Artikel 45-50 des Bundesgesetzes vom 22. März 197438 über das Verwaltungsstrafrecht sinngemäss anwendbar. Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen werden auf Grund eines Antrages des Sekretariats von einem Mitglied des Präsidiums angeordnet.
KG finden auf Zeugeneinvernahmen die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess (BZP, SR 273) sowie auf Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen die Vorschriften des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, SR 313.0) jeweils sinngemäss Anwendung. Demgegenüber unterstehen die Geltendmachung und Abwicklung der Auskunftspflicht gemäss der allgemeinen Regelung in Art. 39
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
KG den Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

80. Der Grund für die Statuierung dieser besonderen Verfahrensmassnahmen besteht darin, dass an die Wettbewerbsbehörden bei Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts angesichts der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes und der damit einhergehenden Beweislastverteilung besondere Anforderungen gestellt werden. Die Berücksichtigung aller am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden tatsächlichen und potentiellen Marktakteure, die mannigfachen Möglichkeiten einer sachlichen und rechtlichen Ausgestaltung dieser Marktakteure, die Vielfalt der möglichen Handlungsformen, die fehlende Offenkundigkeit der meisten wichtigen geschäftlichen Ereignisse und Umstände, die fehlende Publizität der wesentlichen Marktinformationen und schliesslich die erforderliche Berücksichtigung nicht nur von aktuellen, sondern auch von potentiellen Marktentwicklungen führen letztlich zu einer enormen Vielschichtigkeit der im Einzelfall massgeblichen Marktprozesse und damit zu multiplen Wirkungszusammenhängen (insgesamt nachfolgend: Wettbewerbskomplexität), die in vielen Fällen nur mit grossen Schwierigkeiten durchdrungen und erhellt werden können. Die Verankerung einer Auskunftspflicht und von Untersuchungsmassnahmen zu Lasten der Marktteilnehmer bildet demzufolge das notwendige Ordnungsmittel, um diese Aufklärung durch die Wettbewerbsbehörden zu gewährleisten (vgl. Botschaft KG 1995, 615; REKO/WEF, 26.9.2002, 01/FB-005, A. SA u.a. gg. Weko, RPW 2002/4, 698, E. 3; in diesem Sinne auch BVGer, 6.11.2008, B-3577/2008, A. AG gg. Weko, RPW 2008/4, 731, E. 1.3.1). Dies wird auch in der Literatur allgemein anerkannt (vgl. Bangerter Simon, in: Amstutz/Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar, Kartellgesetz, 2010, zit. BSK-KG, Art. 42 Rn. 1 ff.; Bilger Stefan, Das Verwaltungsverfahren zur Untersuchung von Wettbewerbsbeschränkungen, 2002, zit. Verwaltungsverfahren, 239 f.; Bilger Stefan, in: Amstutz/Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar, Kartellgesetz, 2010, zit. BSK-KG, Vor Art. 39-44 Rn. 13 f., Art. 40 Rn. 2; Bovet Christian/Sabry Yasmine, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Art. 42 Rn. 7 f.; Kiener/Rütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 686 f.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 1988 f., 2008 f., 2012 f.;Merkt Benoît, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Con-currence, Art. 40 Rn. 1 ff.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.68 ff.; Zäch, Kartellrecht, Rn. 1059 f.; Zurkinden/Trüeb, KG, Art. 40 Rn. 1 f., Art. 42 Rn. 1 f.).

b) Auskunftspflicht

81. Das Verwaltungsverfahrensrecht sieht regelmässig eine Mitwirkungspflicht der beteiligten Parteien gegenüber der für das Verfahren zuständigen Verwaltungsbehörde vor. Die Mitwirkungspflicht dient der Erlangung von Informationen, welche eine Partei besser kennt als die Behörden und welche diese ohne Mitwirkung einer Partei gar nicht oder nicht mit vernünftigem Aufwand erheben könnte (vgl. BGE 124 II 361 E. 2a; BGE 122 II 385 E. 4c/cc). Soweit eine Partei der notwendigen Mitwirkung nicht oder nicht in ausreichender Weise nachkommt, können daraus zulässigerweise Rückschlüsse gezogen werden. Diese Mitwirkungspflicht wird in Art. 13
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 13
1    Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken:
a  in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten;
b  in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen;
c  soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt.
1bis    Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35
2    Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
VwVG in allgemeiner Weise für Parteien statuiert, welche ein Verfahren einleiten oder in dessen Ablauf Anträge stellen. Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG konkretisiert als lex specialis den Adressatenkreis dieser Mitwirkungspflicht im Rahmen eines Kartellverwaltungsverfahrens mit Bezug auf die möglichen Beteiligten einer Wettbewerbsbeschränkung sowie auf dritte Marktteilnehmer, welche von einer Wettbewerbsbeschränkung betroffen sind. Die Zulässigkeit der Statuierung einer Mitwirkungspflicht ist sowohl für das allgemeine Verwaltungsrecht als auch für das Kartellverfahrensrecht in Praxis und Literatur anerkannt (vgl. Auer Christoph, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren (VwVG), 2008, Art. 13 Rn. 1 ff., 20; David/Jacobs, WBR, Rn. 814 ff.; Kiener/Rütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 95, 684 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 463 f.; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 13 Rn. 4 ff., 29; Rhnow/Koller/Kiss/ Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 1208 f.).

82. Die Auskunftspflicht gemäss Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG umfasst die Verpflichtungen eines Unternehmens zur Erteilung aller Auskünfte, welche für die Abklärung des Verfahrensgegenstands erforderlich sind (sog. Mitteilungspflicht), sowie zur Vorlage aller damit in Zusammenhang stehenden Dokumente (sog. Editionspflicht).

83. Die Wettbewerbsbehörden fordern die Auskunftspflichtigen regelmässig durch die Beantwortung von Einzelfragen oder umfangreichen Fragekatalogen zur Mitwirkung an der Sachverhaltsabklärung auf. Die Informationsgewinnung erfolgt dabei zumeist in mehreren Etappen, weil die Wettbewerbsbehörden nach Auswertung der jeweils erhaltenen Auskünfte auf deren Grundlage weitere Informationen für eine vertiefte, vollständige Abklärung der Angelegenheit bei den Unternehmen nachfragen.

84. Bei einer fehlenden oder nicht ordnungsgemässen Erfüllung der Auskunftspflicht durch einen Auskunftspflichtigen kann die Behörde gemäss Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG eine Verwaltungssanktion in Form eines Geldbetrags verhängen. Die Durchsetzung des Auskunftsbegehrens durch die Wettbewerbsbehörden mittels Androhung einer Verwaltungssanktion bedarf aber einer vorherigen, selbständig anfechtbaren Auskunftsverfügung, die im Untersuchungsverfahren als Zwischenverfügung und im Vorabklärungsverfahren als gesonderte Verfügung ergeht. Dies entspricht im Ergebnis der bisherigen Praxis (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 5.7.5.1.1; BVGer, 2.2.2010, B-8115/2008, X gg. Weko, RPW 2010/1, 190, zit. Auskunftspflicht, E. 3.3) und der überwiegenden Ansicht in der Literatur (vgl. Bilger, Verwaltungsverfahren, 248 f.; Bilger,BSK-KG, Art. 40 Rn. 31; Borer, KG, Art. 40 Rn. 9; Krauskopf Patrick/ Schaller Oliver/Bangerter Simon, Verhandlungs- und Verfahrensführung vor den Wettbewerbsbehörden, in: Geiser/Krauskopf/Münch [Hrsg.], Schweizerisches und europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, zit. Verfah-rensführung, Rn. 12.22 f.; Merkt, CR-Concurrence, Art. 40 Rn. 46; Mo-reillon Laurent, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Ro-mand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Art. 52 Rn. 5;Richli Paul, Kartellverwaltungsverfahren, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. V/2, Kartellrecht, 2000, zit. Kartellverwaltungsverfahren, 487; Zurkinden/ Trüb, KG, Art. 52 Rn. 4). Eine solche Auskunftsverfügung hat den Inhalt des Auskunftsbegehrens eindeutig und detailliert festzulegen, eine konkrete Sanktionsandrohung in Form eines bestimmten Geldbetrags auszusprechen sowie eine weitere Erfüllungsfrist anzugeben. Demgegenüber stellt die erstmalige Übersendung von Einzelfragen oder eines Fragenkatalogs - auch wenn dieser sehr umfangreich ist - mit einem allgemeinem Hinweis auf die kartellrechtliche Auskunftspflicht sowie die Verwaltungs- und Strafmassnahmen bei deren Verletzung keine ausreichende Grundlage für die unmittelbare Sanktionierung eines Auskunftspflichtigen dar. Denn angesichts der Wettbewerbskomplexität ist zu Gunsten der Auskunftspflichtigen festzustellen, dass von diesen eine vollständige und korrekte Beantwortung der gestellten Fragen auch bei Vorliegen einer uneingeschränkten Mitwirkungsabsicht nicht in jedem Fall mit Sicherheit gewährleistet werden kann. So lässt sich etwa der sachgerechte Umfang der Editionspflicht bei umfangreichen Dokumenten nicht im Voraus eindeutig festlegen. Daher kann eine erste unzureichende Auskunft nicht unmittelbar mit einer Sanktion belegt werden. Aus der Sicht der Verfahrenseffizienz wäre es zudem auch nicht sinnvoll, wenn ein
Auskunftspflichtiger die Wettbewerbsbehörden mit einer Flut von zum Teil irrelevanten Informationen eindeckt, nur um in jedem Fall sicherzustellen, dass ihm keine Verletzung der Auskunftspflicht vorgeworfen werden kann. Denn letztlich würde dies die Arbeit der Wettbewerbsbehörden mehr erschweren als eine Abwicklung der Angelegenheit durch die Vornahme von weiteren Auskunftsbegehren.

85. Eine besondere Beschränkung der Auskunftspflicht ergibt sich durch die Statuierung eines spezifischen Auskunftsverweigerungsrechts in Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
Satz 2 KG mittels eines Verweises auf Art. 16
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 16
1    Das Recht der Zeugnisverweigerung bestimmt sich nach Artikel 42 Absätze 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess (BZP).
1bis    Der Mediator ist berechtigt, über Tatsachen, die er bei seiner Tätigkeit nach Artikel 33b wahrgenommen hat, das Zeugnis zu verweigern.46
2    Der Träger eines Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne von Artikel 42 Absatz 2 BZP kann das Zeugnis verweigern, soweit ihn nicht ein anderes Bundesgesetz zum Zeugnis verpflichtet.
3    ...47
und 17
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 17 - Wer als Zeuge einvernommen werden kann, hat auch an der Erhebung anderer Beweise mitzuwirken; er hat insbesondere die in seinen Händen befindlichen Urkunden vorzulegen. Vorbehalten bleibt Artikel 51a BZP48.49
VwVG i.V.m. Art. 42 Abs. 1
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 42
1    Das Zeugnis kann verweigert werden:
a  von folgenden Personen, wenn die Beantwortung der Frage sie der Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung oder einer schweren Benachteiligung der Ehre aussetzen kann oder ihnen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde:
abis  von Personen, gegen die nach Artikel 28a des Strafgesetzbuchs20 für die Verweigerung des Zeugnisses keine Strafen oder prozessualen Massnahmen verhängt werden dürfen;
a1  dem Zeugen, seinem Ehegatten, seiner eingetragenen Partnerin, seinem eingetragenen Partner oder einer Person, mit der er eine faktische Lebensgemeinschaft führt,
a2  Verwandten oder Verschwägerten des Zeugen in gerader Linie und im zweiten Grad der Seitenlinie;
b  von den in Artikel 321 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches genannten Personen über Tatsachen, die nach dieser Vorschrift unter das Berufsgeheimnis fallen, sofern der Berechtigte nicht in die Offenbarung des Geheimnisses eingewilligt hat.
2    Die Offenbarung anderer Berufsgeheimnisse sowie eines Geschäftsgeheimnisses kann der Richter dem Zeugen erlassen, wenn dessen Interesse an der Geheimhaltung auch bei Berücksichtigung der Sicherungsmassnahmen gemäss Artikel 38 das Interesse des Beweisführers an der Preisgabe überwiegt.
3    Für die Zeugnispflicht von Beamten und deren Hilfspersonen über Wahrnehmungen in Ausübung ihres Amtes oder ihrer Hilfstätigkeit sind die einschränkenden Vorschriften des Verwaltungsrechtes des Bundes und der Kantone massgebend.21
und 3
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 42
1    Das Zeugnis kann verweigert werden:
a  von folgenden Personen, wenn die Beantwortung der Frage sie der Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung oder einer schweren Benachteiligung der Ehre aussetzen kann oder ihnen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde:
abis  von Personen, gegen die nach Artikel 28a des Strafgesetzbuchs20 für die Verweigerung des Zeugnisses keine Strafen oder prozessualen Massnahmen verhängt werden dürfen;
a1  dem Zeugen, seinem Ehegatten, seiner eingetragenen Partnerin, seinem eingetragenen Partner oder einer Person, mit der er eine faktische Lebensgemeinschaft führt,
a2  Verwandten oder Verschwägerten des Zeugen in gerader Linie und im zweiten Grad der Seitenlinie;
b  von den in Artikel 321 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches genannten Personen über Tatsachen, die nach dieser Vorschrift unter das Berufsgeheimnis fallen, sofern der Berechtigte nicht in die Offenbarung des Geheimnisses eingewilligt hat.
2    Die Offenbarung anderer Berufsgeheimnisse sowie eines Geschäftsgeheimnisses kann der Richter dem Zeugen erlassen, wenn dessen Interesse an der Geheimhaltung auch bei Berücksichtigung der Sicherungsmassnahmen gemäss Artikel 38 das Interesse des Beweisführers an der Preisgabe überwiegt.
3    Für die Zeugnispflicht von Beamten und deren Hilfspersonen über Wahrnehmungen in Ausübung ihres Amtes oder ihrer Hilfstätigkeit sind die einschränkenden Vorschriften des Verwaltungsrechtes des Bundes und der Kantone massgebend.21
BZP. Danach steht einem Auskunftspflichtigen das Recht zu, die Auskunft - und damit sowohl die Mitteilung von Informationen als auch die Edition von damit in Zusammenhang stehenden Unterlagen - gegenüber einem Auskunftsbegehren der Wettbewerbsbehörden zu verweigern, wenn durch dessen Beantwortung die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung, einer schweren Benachteiligung der Ehre oder eines unmittelbaren vermögensrechtlichen Schadens verursacht wird.

86. Entgegen einer verbreiteten Ansicht (vgl. Bilger, BSK-KG, Art. 40 Rn. 17; ders., Verwaltungsverfahren, 248 f.; Dietrich, KG, Art. 40 Rn. 31; Krauskopf/Schaller/Bangerter, Verfahrensführung, Rn. 12.19; Richli, Kartellverwaltungsverfahren, 487; Waser, Grundrechte, 187 f.; kritisch bereits Spitz, Problemstellungen, 556) ist das kartellrechtliche Auskunftsverweigerungsrecht in formaler Hinsicht nicht auf eine Geltendmachung durch bestimmte natürliche Personen beschränkt, sondern betrifft das Unternehmen selbst (so bereits Borer, KG, Art. 40 Rn. 4; Lang, Untersuchungsmassnahmen, Rn. 17 f.; Wiprächtiger/Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 230). Massgebend für die Bestimmung der Berechtigten zur Auskunftsverweigerung sind der Wortlaut sowie Sinn und Zweck von Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG und nicht der Wortlaut von Art. 52
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 52
1    Die Urkunde ist im Original, in beglaubigter Abschrift, in Fotokopie oder elektronischer Kopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.26
2    Die Teile, die nicht dem Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des Richters und der Parteien entzogen werden.
BZP. Danach werden ausdrücklich die Beteiligten an Wettbewerbsbeschränkungen und damit alle Organisationseinheiten, die als Unternehmen gemäss Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG und Kartellrechtssubjekte zu qualifizieren sind (vgl. E. 26 ff.), zur Auskunft verpflichtet. Das Recht zur Verweigerung dieser Auskunft muss demzufolge auch unmittelbar diesen Auskunftspflichtigen zugesprochen werden. Bei juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Organisationseinheiten kommt dieses Recht sowohl den Organmitgliedern bzw. Vertretern als auch den einzelnen Mitarbeitern dieser Auskunftspflichtigen zu, weil diese Subjekte ausschliesslich über ihre Organe, Vertreter und Mitarbeiter handeln und damit Rechte wahrnehmen können. Gleiches gilt für die ebenfalls angesprochenen betroffenen dritten Marktteilnehmer, weil es sich hierbei offensichtlich nicht nur um natürliche Personen, sondern auch um juristische Personen und sonstige nicht rechtsfähige Organisationseinheiten handelt. Der Verweis in Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG über Art. 16
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 16
1    Das Recht der Zeugnisverweigerung bestimmt sich nach Artikel 42 Absätze 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess (BZP).
1bis    Der Mediator ist berechtigt, über Tatsachen, die er bei seiner Tätigkeit nach Artikel 33b wahrgenommen hat, das Zeugnis zu verweigern.46
2    Der Träger eines Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne von Artikel 42 Absatz 2 BZP kann das Zeugnis verweigern, soweit ihn nicht ein anderes Bundesgesetz zum Zeugnis verpflichtet.
3    ...47
VwVG auf Art. 52
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 52
1    Die Urkunde ist im Original, in beglaubigter Abschrift, in Fotokopie oder elektronischer Kopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.26
2    Die Teile, die nicht dem Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des Richters und der Parteien entzogen werden.
BZP bezieht sich demzufolge nur auf die zulässigen Gründe und nicht auf den Kreis der Berechtigten einer Auskunftsverweigerung.

87. Der Begriff der "strafgerichtlichen Verfolgung" in Art. 52
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 52
1    Die Urkunde ist im Original, in beglaubigter Abschrift, in Fotokopie oder elektronischer Kopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.26
2    Die Teile, die nicht dem Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des Richters und der Parteien entzogen werden.
BZP umfasst - zumindest aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung - auch Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, weil diesen ein strafrechtsähnlicher Charakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK zukommt (vgl. hierzu E. 58 und 647 f.). Mit der Möglichkeit einer Auskunftsverweigerung wegen der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung transformiert Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
Satz 2 KG den strafrechtlichen nemo tenetur-Grundsatz in das Kartellverfahrensrecht. Inhalt und Umfang der kartellverfahrensrechtlichen Auskunftsverweigerung werden in derartigen Fällen demzufolge durch den Inhalt und Umfang dieses Grundsatzes vorgegeben (vgl. E. 90 ff.). Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
Satz 2 KG gewährleistet somit über die allgemeine Regelung von Art. 16
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 16
1    Das Recht der Zeugnisverweigerung bestimmt sich nach Artikel 42 Absätze 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess (BZP).
1bis    Der Mediator ist berechtigt, über Tatsachen, die er bei seiner Tätigkeit nach Artikel 33b wahrgenommen hat, das Zeugnis zu verweigern.46
2    Der Träger eines Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne von Artikel 42 Absatz 2 BZP kann das Zeugnis verweigern, soweit ihn nicht ein anderes Bundesgesetz zum Zeugnis verpflichtet.
3    ...47
VwVG hinausgehend, dass bei allfälligen strafrechtlichen und strafrechtsähnlichen Auswirkungen nicht nur die von einer Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Dritten als Zeugen, sondern auch die im Fokus einer Untersuchung stehenden Unternehmen als Parteien über ihre Mitwirkung im Kartellverfahren eigenständig entscheiden können.

88. Soweit ein Unternehmen berechtigterweise ein Auskunftsverwei-gerungsrecht geltend machen kann, sind eine Androhung und Durch-setzung eines Geldbetrags gemäss Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG oder einer Geldbusse gemäss Art. 55
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 55 Andere Widerhandlungen - Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.
KG selbstredend ausgeschlossen.

89. Im vorliegenden Kartellverfahren sind die Beschwerdeführerinnen nach ihrer eigenen Darstellung den Auskunftsbegehren der Wettbewerbsbehörden im Rahmen des vorinstanzlichen Informationsaustauschs (vgl. SV M.c) vollumfänglich nachgekommen und haben alle angeforderten Informationen und Materialien übermittelt (nachfolgend: übermittelte Informationen). Im Rahmen dieser Auskunftserteilung haben die Beschwerdeführerinnen gemäss ihrer eigenen Darstellung nicht geltend gemacht, dass ihnen ein Auskunftsverweigerungsrecht gemäss Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
Satz 2 KG wegen der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung oder aus einem anderen Grund zukomme.

c) Geltung und Inhalt des nemo tenetur-Grundsatzes

90. Im vorliegenden Fall steht in Frage, ob die Verwertung sowohl der von den Beschwerdeführerinnen übermittelten Informationen als auch allfälliger weiterer, auf sonstige Weise erlangter Informationen durch die Vorinstanz (nachfolgend: entscheidungsrelevante Informationen) zur Begründung ihrer Verfügung einen Verstoss gegen den strafrechtlichen Grundsatz nemo tenetur se ipsum prodere vel accusare ("niemand ist verpflichtet, sich selbst zu belasten oder anzuklagen"; nemo tenetur-Grundsatz, auch als Selbstbelastungsfreiheit oder Selbstbelastungsverbot bezeichnet) darstellt.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

91. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Verweis auf das Rechtsgutachten Niggli/Riedo geltend, dass ein Verstoss gegen den nemo tenetur-Grundsatz vorliege. Hierzu führen sie in allgemeiner Hinsicht aus, dass der nemo tenetur-Grundsatz im Sanktionsverfahren nach Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG zu berücksichtigen sei und auch für juristische Personen Anwendung finde. Die entscheidungsrelevanten Informationen der vorinstanzlichen Verfügung hätten auf den Angaben der Beschwerdeführerinnen beruht. Die Verwertung dieser Informationen verletze vorliegend das Selbstbelastungsverbot, weil (i) keine inhaltliche Einschränkung des Selbstbelastungsverbots vorliegend einschlägig sei, (ii) kein wirksamer Verzicht der Beschwerdeführerinnen auf die Geltendmachung ihres Rechts vorliege, und (iii) die Beschwerdeführerinnen im vorinstanzlichen Verfahren nicht auf ihr Schweigerecht aufmerksam gemacht worden seien. Gerade der letztgenannte Verstoss im vorinstanzlichen Verfahren sei absolut irreversibel, weshalb die übermittelten Informationen im Sanktionsverfahren keine Berücksichtigung mehr finden könnten und dieses demzufolge mangels Beweisen einzustellen sei. Die Berufung auf das Selbstbelastungsverbot scheitere auch nicht daran, dass die Beschwerdeführerinnen die betreffenden Informationen ohne Vorbehalt und nicht erst nach Erlass einer besonderen Auskunftsverfügung übermittelt hätten. Ein solches Vorgehen stelle einen unzumutbaren Leerlauf dar und die Anfechtung von Auskunftsverfügungen sei wegen des Umstands, dass der nicht wieder gutzumachende Nachteil gemäss Art. 46 Abs. 1 lit. a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 46 Stellungnahmen
1    Entwürfe von wirtschaftsrechtlichen Erlassen des Bundes oder andern Bundeserlassen, die den Wettbewerb beeinflussen können, sind dem Sekretariat vorzulegen. Es prüft diese auf Wettbewerbsverfälschungen oder übermässige Wettbewerbsbeschränkungen hin.
2    Die Wettbewerbskommission nimmt im Vernehmlassungsverfahren Stellung zu Entwürfen von rechtsetzenden Erlassen des Bundes, die den Wettbewerb beschränken oder auf andere Weise beeinflussen. Sie kann zu kantonalen rechtsetzenden Erlassesentwürfen Stellung nehmen.
KG nicht darstellbar sei, praktisch ausgeschlossen. Zudem hätten die Beschwerdeführerinnen bei Verweigerung der Auskunft das Risiko auf sich genommen, eine Busse nach Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG auferlegt zu erhalten. Im Übrigen sei das Vorliegen einer konkreten Auskunftsverfügung keine Voraussetzung für die Berufung auf das Schweigerecht. Die von der Vorinstanz behaupteten inhaltlichen Einschränkungen des nemo tenetur-Grundsatzes lägen nicht vor. So sei die vorgenommene Unterscheidung zwischen Auskünften zu rein tatsächlichen Gegebenheiten und dem Eingeständnis eines rechtswidrigen Verhaltens ausgeschlossen, weil eine entsprechende Differenzierung sachlich nicht vorgenommen werden könne. Im Hinblick auf die Prüfung der Marktbeherrschung habe sich die Vorinstanz zu einem grossen Teil auf Erkenntnisse abgestützt, die sie als Untersuchungsbehörde im Rahmen von KG-Verwaltungsverfahren, wie z.B. im Fall ADSL I, oder als Gutachterin in FMG-Zugangsverfahren, wie z.B. im Verfahren Marktzugang schneller Bitstrom, zusammen mit dem Bundesamt für Kommunikation und der Eidgenössischen Kommunikationskommission als sektorspezifische Regulierungsbehörden erlangt habe. Diese Auskünfte, zu
denen die Beschwerdeführerinnen im Verwaltungsverfahren aufgrund der Mitwirkungs- und Auskunftspflicht verpflichtet gewesen seien, dürften im vorliegenden Strafverfahren keine Berücksichtigung finden. Aus diesem Grunde sei eine marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerinnen auch nicht nachgewiesen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

92. Die Vorinstanz macht demgegenüber unter Hinweis auf den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk geltend, dass die übermittelten Informationen von Seiten der Swisscom freiwillig herausgegeben worden seien, weil kein Zwang in Form einer eigenständigen Auskunftsverfügung durch die Vorinstanz ausgeübt worden sei. Des Weiteren wird unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu den Einschränkungen des nemo tenetur-Grundsatzes vorgebracht, dass die massgeblichen Informationen zum einen unabhängig vom Willen der Betroffenen bestanden hätten und durch andere zulässige Zwangsmassnahmen hätten ermittelt werden können, weil sie aus Buchhaltungsunterlagen und intern verfügbaren Dokumenten der Beschwerdeführerinnen stammen würden, welche auf dem Wege einer Hausdurchsuchung hätten beschlagnahmt werden können. Zum anderen seien in Übereinstimmung mit der Entscheidpraxis der EU-Kommission und der EU-Gerichte alle übermittelten Informationen verwertbar gewesen, weil sie rein tatsächliche Informationen und kein Eingeständnis einer Wettbewerbsbeeinträchtigung durch die Beschwerdeführerinnen enthalten würden.

(3) Würdigung durch das Gericht

93. In den Fällen, in denen das Kartellverwaltungsverfahren strafrechts-ähnlichen Charakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK aufweist, weil es zu einer Sanktionierung des betroffenen Unternehmens gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG führen könnte, tritt die in Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG statuierte und allgemein anerkannte verwaltungsrechtliche Auskunftspflicht unweigerlich in Widerstreit zum strafrechtlichen nemo tenetur-Grundsatz, der seinen Niederschlag in Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
Satz 2 KG gefunden hat (vgl. Seiler Hansjörg, Das [Miss-]Verhältnis zwischen strafprozessualem Schweigerecht und verwaltungsrechtlicher Mitwirkungs- und Auskunftspflicht, recht 2005, 11, zit. Missverhältnis). Denn Auskunftspflicht einerseits und Schweigerecht andererseits bilden zumindest in ihrem Kernbereich einen unauflösbaren inhaltlichen Widerspruch. Aufgrund seines Charakters als individuelles verfassungsmässiges Grundrecht kommt dem nemo tenetur-Grundsatz eine zentrale Bedeutung zu. Allerdings weist auch das öffentlich-rechtliche Auskunftsprinzip allgemeine verfassungsrechtliche Bedeutung auf, weil es dem verfassungsrechtlichen Anliegen der Wirksamkeit des materiellen Rechts (Art. 170
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 170 Überprüfung der Wirksamkeit - Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
BV) dient. Daher ist im Rahmen der inhaltlichen Festlegung des nemo tenetur-Grundsatzes im Wege der praktischen Konkordanz von Verfassungsinteressen (vgl. BGE 139 I 16 E. 4.2.2; BGE 129 I 173 E. 5.1) dem Auskunftsprinzip in angemessener Weise Rechnung zu tragen (vgl. BGer, 27.05.2014, 2C_776/2013, A. AG gg. Eidgenössische Spielbankenkommission, BGE 140 II 384, zit. Sanktion Spielbankengesetz, Ziff. 3.3.5).

(a) Rechtscharakter und Rechtsgrundlage

94. Obschon der nemo tenetur-Grundsatz grundsätzlich anerkannt ist, besteht keine übereinstimmende Ansicht über seinen Rechtscharakter und die damit einhergehende Rechtsgrundlage. Einerseits wird der Grundsatz als Ausdruck des Persönlichkeitsrechts qualifiziert und dementsprechend unmittelbar aus dem Gleichheitsanspruch (so noch BGE 121 II 273 E. 3a; BGE 109 Ia 166 E. 2b; BGE 106 Ia 7 E. 4) oder dem Persönlichkeitsrecht eines Menschen abgeleitet (vgl. dt. Bundesverfas-sungsgericht, 13.1.1981, 1 BvR 116/77, BVerfGE 56, 37; Flachsmann Stefan/Wehrenberg Stefan, Aussageverweigerungsrecht und Informationspflicht, SJZ 2001, 313, zit. Informationspflicht, 315; Hauser Robert, Zum Schweigerecht des Beschuldigten, ZBJV 1995, 529, zit. Schweigerecht, 531). Andererseits wird er zum Kernbereich des Rechts auf ein faires Verfahren gezählt, wobei die Ableitung sowohl im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch der Bundesverfassung grundsätzlich unter Anerkennung als eigenständiger Verfahrensgrundsatz aus Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK bzw. Art. 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV erfolgt (vgl. EGMR, 25.2.1993, 10828/84, Funke gg. Frankreich, zit. Funke, Ziff. 44; EGMR, 17.12.1996, 19187/91, Saunders gg. Vereinigtes Königreich, zit. Saunders, Ziff. 68; EGMR, 21.12.2000, 34720/97, Heaney & McGuinness gg. Vereinigtes Königreich, zit. Heaney & McGuiness, Ziff. 40; EGMR, 3.5.2001, 31827/ 96, J.B. gg. Schweiz, zit. J.B., Ziff. 64; EGMR, 10.9.2002, 76574/01, Allen gg. Vereinigtes Königreich, zit. Allen, Ziff. 1; EGMR, 5.11.2002, 48539/99, Allan gg. Vereinigtes Königreich, zit. Allan, Ziff. 44; EGMR, 8.4.2004, 38544/97, Weh gg. Österreich, zit. Weh, Ziff. 39; EGMR, 4.10.2005, 6563/ 03, Shannon gg. Vereinigtes Königreich; zit. Shannon, Ziff. 32; EGMR, 11.7.2006, 54810/00, Jalloh gg. Deutschland, zit. Jalloh, Ziff. 123; EGMR, 29.6.2007, 15809/02 und 25624/02, O´Halloran & Francis gg. Vereinigtes Königreich, zit. O´Halloran & Francis, Ziff. 63; EGMR, 21.4.2009, 19235/ 03, Marttinen gg. Finnland, zit. Marttinen, Ziff. 60). Verschiedentlich wird dabei auch der enge Zusammenhang zur Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Abs. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK bzw. Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV betont (vgl. EGMR, 34720/97, Heaney & McGuinness, Ziff. 40; EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 68; Meyer-Ladewig, EMRK, Ziff. 131). Eine ausdrückliche völker- und verfassungsrechtliche Statuierung hat der Grundsatz allerdings nur in Art. 14 Abs. 3 lit. g Internationaler Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO Pakt-II, SR 0.103.2, in Kraft getreten für die Schweiz am 18.9.1992) erfahren (vgl. Riedo Christof/Fiolka Gerhard/ Niggli Marcel Alexander, Strafprozessrecht, 2011, zit. StPO, Rn. 832). Da zum einen dessen Wortlaut ("[der wegen einer Straftat Angeklagte] darf nicht gezwungen werden,
gegen sich selbst als Zeuge auszusagen oder sich schuldig zu bekennen") auf besondere angelsächsische Rechtsinstitute abstellt (vgl. Schlauri Regula, Das Verbot des Selbstbelastungszwangs im Strafverfahren, 2003, 81), die der schweizerischen Rechtsordnung systemfremd sind (vgl. Seiler, Missverhältnis, Ziff. 15; kritisch auch BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, Ziff. 3.3.6), und zum anderen keine einheitliche Judikatur für diese Vorschrift besteht, erfolgt die Konkretisierung des Rechtsgehalts des nemo tenetur-Grund-satzes in Praxis und Literatur im Wesentlichen über die Rechtsprechung zu Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK sowie ergänzend zu Art. 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
BV. Da den Vorschriften der Bundesverfassung in dieser Hinsicht kein weiter gehender Inhalt beigemessen wird, kann für eine Beurteilung im vorliegenden Zusammenhang ausschliesslich auf den Regelungsgehalt von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK abgestellt werden.

(b) Anwendbarkeit auf andere Rechtssubjekte

95. Ob und allenfalls in welchem Umfang sich auch juristische Personen - und allenfalls auch nicht rechtsfähige Rechts- und einfache Wirtschaftsgemeinschaften - auf den nemo tenetur-Grundsatz berufen können, ist umstritten. Die Beantwortung dieser Frage hängt auch von der rechtlichen Verortung des Grundsatzes ab. Die Ablehnung der Anwendung wird im Wesentlichen damit begründet, dass der Grundsatz letztlich Ausfluss der Menschenwürde sei, weshalb dessen Anerkennung zu Gunsten von juristischen Personen nicht sachgerecht wäre (vgl. Arzt Gunter, Schutz juristischer Personen vor Selbstbelastung, JZ 2003, 456, zit. Selbstbelastung, 457; Hauser, Schweigerecht, 531). So hat denn auch das deutsche Bundesverfassungsgericht die Anwendung des Grundsatzes für juristische Personen unter Verweis auf die fehlende Menschenwürde ausdrücklich abgelehnt (vgl. BVerfGE 95, 220, in: NJW 1997, 1841; vgl. auch BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, Ziff. 3.3.4, wonach der fehlende Aspekt des Persönlichkeitsrechts bzw. der Menschenwürde immerhin zu einer Anwendungseinschränkung des Grundsatzes bei juristischen Personen und Unternehmen berechtigen soll). Die Befürworter einer Anwendung stellen demgegenüber auf den Verfahrensaspekt ab, wonach einer juristischen Person aus Gründen der Verfahrensfairness letztlich die gleichen verfahrensrechtlichen Garantien wie einer natürlichen Person zukommen sollten (vgl. Heine Günter, Quasi-Strafrecht und Verantwortlichkeit von Unternehmen im Kartellrecht der europäischen Gemeinschaften und der Schweiz, ZStrR 2007, 105; zit. Quasi-Strafrecht; Heine Günter, Praktische Probleme des Unternehmensstrafrechts, oder: Victoria Jungfrau, Kellner Klaus und die Chefsekräterin, SZW 2005, 17, 21; Pieth Mark, Strafverfahren gegen das Unternehmen, in: Arnold u.a. [Hrsg.], Menschengerechtes Strafrecht, Festschrift Albin Eser, 2005, 607). Die bislang ergangenen Entscheide des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum nemo tenetur-Grundsatz betrafen soweit ersichtlich allesamt natürliche Personen. Auch wenn die Anwendung des Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK auf juristische Personen in allgemeiner Weise bereits bestätigt wurde (vgl. E. 58 f.), lässt sich demzufolge keine abschliessende Beurteilung aufgrund der bestehenden Rechtsprechung vornehmen (kritisch hierzu auch Spitz, Problemstellungen, 557). Die schweizerische Praxis ist bislang ohne nähere Erörterung von einer Geltung des nemo tenetur-Grundsatzes für juristische Personen ausgegangen (vgl. BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, Ziff. 3.3.6; BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 5.7.4.2).

96. Grundsätzlich wäre es durchaus denkbar, juristischen Personen eine Berufung auf den nemo tenetur-Grundsatz zumindest im Bereich eines Kartellverfahrens zu verwehren. Dies ist für öffentlich-rechtliche Körperschaften, die am Wirtschaftsverkehr teilnehmen, offensichtlich, weil es widersprüchlich und nicht verständlich wäre, weshalb einer staatlichen Organisationseinheit, die sich im Wettbewerb unrechtmässig verhalten hat, auch noch die Möglichkeit zustehen soll, die Mitwirkung an der Offenlegung dieses Verhaltens zu verweigern. Ähnliche Überlegungen können auch bei den privatrechtlich organisierten Handelsgesellschaften angestellt werden. Bei diesen Organisationsformen handelt es sich um reine Rechtskonstruktionen, deren Zulassung durch die Rechtsordnung allein darin zu sehen ist, verschiedene Aspekte des wirtschaftlichen Handelns zu Gunsten von natürlichen Personen zu erleichtern, wie etwa die Gestaltung des Haftungsrisikos. Deshalb wäre es durchaus vertretbar, von diesen Rechtskonstruktionen die Einhaltung der für eine Marktwirtschaft elementaren Wettbewerbsregeln in der Weise vorauszusetzen, dass eine sich daraus ergebende Mitwirkungspflicht nicht durch einen einfachen Hinweis auf das eigene unrechtmässige (Wettbewerbs-)Verhalten aufgehoben werden könnte. Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund, als die Rechtsordnung umfassende handelsrechtliche Vorschriften zur Führung und Aufbewahrung von Geschäfts- und Buchhaltungsunterlagen vorsieht, weshalb die entsprechenden wirtschaftlichen Informationen grundsätzlich vorhanden sind.

97. Allerdings ist zu beachten, dass im schweizerischen Kartellrecht mit dem Begriff des Unternehmens ganz unterschiedliche Organisationsformen als Kartellrechtssubjekte erfasst werden, die sich auch aus verschiedenen natürlichen und juristischen Personen zusammensetzen können. In Bezug auf diese Vielfalt kann eine Differenzierung, bei welchen Organisationsformen oder deren Gesellschaftern noch eine Berufung auf den nemo tenetur-Grundsatz zulässig sein soll und bei welchen nicht, nur noch schwerlich nach sachlich überzeugenden Kriterien vorgenommen werden. Daher könnte es aus Gründen der Verfahrensgerechtigkeit letztlich sachgerechter sein, auf eine solche prinzipielle Differenzierung zu verzichten und - wie vom Bundesgericht im Urteil Sanktion Spielbankengesetz (BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, E. 3.3.6) vorgesehen - eher Anpassungen im Rahmen einer konkreten Anwendung des Grundsatzes auf juristische Personen sowie nicht rechtsfähige Rechts- und einfache Wirtschaftsgemeinschaften vorzunehmen.

(c) Zweck und Inhalt

98. Der nemo tenetur-Grundsatz statuiert das Recht eines Beschuldigten, eigenverantwortlich über seine inhaltliche Mitwirkung an einem Strafverfahren zu entscheiden. Diese Entscheidung umfasst die Möglichkeit, entweder durch eigene Mitteilungen und sonstige Aufklärungshandlungen am Verfahren teilzunehmen oder auf eine entsprechende Mitwirkung zu verzichten, wobei diese Möglichkeit für verschiedene Aspekte auch selektiv in unterschiedlicher Weise ausgeübt werden kann (vgl. Lieber Viktor, in: Donatsch/Hansjörg/Lieber [Hrsg.], Kommentar zur schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, zit. StPO, Art. 113 Rn. 1, 19; Riedo/ Fiolka/Niggli, StPO, Rn. 834). Ein Beschuldigter entscheidet demzufolge selbst darüber, ob er - zumindest teilweise - Aussagen vornimmt oder schweigt (vgl. EGMR, 19235/03, Marttinnen, Ziff. 73; EGMR, 6563/03, Shannon, Ziff. 38 f.), ob er Dokumente selbst herausgibt (vgl. EGMR, 19235/03,Marttinen, Ziff. 74; EGMR, 31827/96, J.B., Ziff. 65; EGMR, 10828/84, Funke, Ziff. 1) und ob er sonstige Beweismittel zugänglich macht (zur Verabreichung eines Brechmittels zur Erlangung von verschluckten Drogenpäckchen vgl. EGMR, 54810/00, Jalloh, Ziff. 113 f.; zur Abgabe von Sprech-, Geh- oder Schriftproben vgl. Schmid Niklaus, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, zit. StPO, Rn. 672). Daraus ergibt sich umgekehrt zu Lasten der Behörden, dass strafrechtliche Anklagen ohne Rückgriff auf Beweismittel geführt werden müssen, die durch Zwang oder Druck gegenüber dem Beschuldigten in Missachtung von dessen Willen erlangt wurden (vgl. EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 68; EGMR, 19235/03, Marttinen, Ziff. 60; vgl. auch BGE 131 IV 36 E. 3.1, mit Verweis auf EGMR, 31827/96, J.B, und BGE 121 II 273 E. 3). Durch die Anerkennung des nemo tenetur-Grund-satzes soll ein Angeklagter vor missbräuchlichem Zwang seitens der Behörden geschützt werden. Dies dient der Vermeidung von Justizirrtümern sowie der Zielsetzung von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, ein faires Verfahren sicherzustellen (vgl. EGMR, 19235/03, Marttinen, Ziff. 60; EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1; EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 68; BGE 131 IV 36 E. 3.1).

99. Durch die Geltendmachung des nemo tenetur-Grundsatzes darf dem Beschuldigten grundsätzlich auch kein Nachteil erwachsen. Allerdings ist es möglich, aus einem unterschiedlichen Aussageverhalten Rückschlüsse zu ziehen. Gleiches gilt für den Fall, dass unter den gegebenen Umständen eine Auskunft des Beschuldigten erwartet werden kann (vgl. EGMR, 8.2.1996, 18731/91, Murray gg. Grossbritannien, Ziff. 45 f.; EGMR, 2.5.2000, 35718/97, Condron gg. Grossbritannien, Ziff. 61 f.; kritisch Müller/Schefer, Grundrechte, 986).

100. Der Schutzzweck des nemo tenetur-Grundsatzes hat auch in einem Verwaltungsverfahren mit strafrechtsähnlichen Sanktionen seine Berechtigung (vgl. EGMR, 31827/96, J.B., Ziff. 63 f.; a.A. Hauser Robert/ Schweri Erhard/Hartmann Karl, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, zit. StPO, § 39 Rn. 14; Seiler, Missverhältnis, 18 f.), auch wenn das dadurch erzielte Ergebnis im Vergleich mit anderen Verwaltungsverfahren nicht vollständig zu befriedigen vermag. Der Grundsatz findet daher auch in derartigen Verfahren prinzipiell Anwendung (vgl. Bovet/Sabry, CR-Concurrence, Art. 42 Rn. 29 f.; Breitenmoser Stephan, Grundrechtsschutz im Wettbewerbsrecht - ein Überblick, SZIER 2007, 428, zit. Wettbewerbsrecht, 433; Lang, Untersuchungsmassnahmen, Rn. 18; Hangartner, Aspekte, 274; Spitz, Problemstellungen, 557; Waser, Grundrechte, 192).

(d) Zulässigkeit einer Einschränkung

101. Dem nemo tenetur-Grundsatz kommt allerdings keine absolute Geltung zu. Dies wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausdrücklich festgehalten (vgl. EGMR, 15809/02,O´Halloran & Franics, Ziff. 53; EGMR, 38544/97, Weh, Ziff. 47; EGMR, 34720/97, Heaney & McGuinness, Ziff. 47). Vielmehr können sich aus verschiedensten Aspekten Einschränkungen seiner Geltung und Anwendung ergeben. Die jeweiligen Voraussetzungen solcher Einschränkungen sind bislang allerdings weder eindeutig festgelegt noch werden sie im Einzelfall kohärent angewendet (vgl. für eine konzise Übersicht Roth Simon, Das Verhältnis zwischen verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflichten und dem Grundsatz "nemo tenetur se ipsum accusare", ZStrR 2011, 296). Insbesondere im Hinblick auf die Verwendung von Informationen, die vom Beschuldigten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens den Behörden zugänglich gemacht wurden, besteht noch keine abschliessend geklärte Rechtslage.

102. Als Ausgangslage für die Beurteilung von Einschränkungen sind die nachfolgend aufgeführten allgemeinen Prämissen zu beachten: So wurde vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil Saunders die grundlegende Einschränkung statuiert, dass der Anwendungsbereich des nemo tenetur-Grundsatzes nicht tangiert wird und von vornherein kein Verwertungsverbot besteht bei solchen Beweismitteln, die zwar mittels Zwangsmassnahmen beschafft wurden, die jedoch unabhängig vom Willen des Beschuldigten existieren (EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 69; ebenso EGMR, 54810/00, Jalloh, Ziff. 113, "the use of which is generally not prohibited in criminal proceedings"; EGMR, 19235/ 03, Marttinen, Ziff. 68, "which fall outside the scope of the right"). Als Beispiele hierfür wurden in der Rechtsprechung bislang Dokumente, die aufgrund richterlicher Anordnung herauszugeben sind, sowie Atemluft-, Blut-, Urin- und DNA-Proben angeführt. Des Weiteren wurde mit dem Urteil Jalloh (EGMR, 54810/00, Jalloh, Ziff. 117; vgl. auch EGMR, 48539/99, Allan, Ziff. 44) die Beurteilung, ob im Einzelfall eine Massnahme, die in den Anwendungsbereich des nemo tenetur-Grundsatzes fällt, dessen Wesensgehalt in unzulässiger Weise aufhebt, an den folgenden Aspekten ausgerichtet: (i) der Art und des Ausmasses des ausgeübten Zwangs, (ii) der Bedeutung des öffentlichen Interesses an der Untersuchung und einer allfälligen Bestrafung des Beschuldigten, (iii) dem Vorhandensein von verfahrensrechtlichen Sicherungen, um gegen die Beweisverwertung vorzugehen, und (iv) der Verwendung der erlangten Beweise und deren Bedeutung im Verfahren.

103. Im Hinblick auf die Verwendung von Informationen, die im Rahmen von Verwaltungsverfahren bekannt gemacht oder ermittelt wurden, sind die folgenden spezifischen Prämissen zu beachten: Eine Verwendung von Informationen, welche die Behörde im Rahmen von gesetzlich vorgesehenen Ermittlungsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen, Beschlagnahmen oder Zeugenvernehmungen erlangt haben, liegt ausserhalb des Anwendungsbereichs des nemo tenetur-Grundsatzes, weshalb kein entsprechendes Verwertungsverbot besteht.Im Rahmen von Verwaltungsverfahren stellen Auskunftspflichten gegenüber Behörden eine übliche Massnahme dar und umfassen einen weiten Anwendungsbereich in den verschiedensten Gebieten (vgl. EGMR, Marttinnen, Ziff. 68; EGMR, 6563/ 03, Shannon, Ziff. 32, EGMR, 38544/97, Weh, Ziff. 45). Dies gilt auch für finanzielle und geschäftliche Angelegenheiten (vgl. EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5], "financial or company affairs"; EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 67, "financial and commercial activities"). Denn solche Auskunftspflichten sind vielfach eine notwendige Massnahme zur funktionsgerechten Behandlung eines Sachgebiets (vgl. EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5]; vgl. auch E. 80 f.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Rechtssubjekt, welches eine Tätigkeit in einem Bereich ausübt, der im öffentlichen Interesse eine gewisse Regulierung erfahren hat, durch die Ausübung der Tätigkeit den dadurch entstehenden Rechten und Pflichten zugestimmt hat (vgl. EGMR, 15809/02, O´Halloran & Francis, Ziff. 57). Der nemo tenetur-Grundsatz verbietet auch nicht den Einsatz von Zwangsmitteln zur Erlangung von entsprechenden Informationen, vielmehr kann auch ein mittels Verwaltungsstrafen ausgeübter Zwang gerechtfertigt sein (vgl. EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5]; EGMR, 15809/ 02, O'Halloran & Francis, Ziff. 55 ff.). Soweit ein Verwaltungverfahren keine strafrechtliche Anklage im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK zum Gegenstand hat oder in Zusammenhang mit einer solchen Anklage durchgeführt wird, ergibt sich für eine vorgesehene Auskunftspflicht auch keine Beschränkung durch den nemo tenetur-Grundsatz (vgl. EGMR, 19235/03, Marttinnen, Ziff. 68; EGMR, 6563/03, Shannon, Ziff. 32; EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5]; EGMR, 38544/97, Weh, Ziff. 45). Soweit ein Auskunftspflichtiger seiner Auskunftspflicht nicht wahrheitsgemäss nachkommt, um etwa die Aufdeckung von bestimmten Umständen zu vermeiden, welche wiederum zu einer Bestrafung hätten führen können, ist eine spätere Berufung auf den nemo tenetur-Grundsatz ebenfalls nicht möglich (vgl. EGMR, 6563/ 03, Shannon, Ziff. 45; EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5]; EGMR, 38544/97, Weh, Ziff. 45). Denn der nemo tenetur-Grundsatz bietet keine generelle Immunität gegenüber Handlungen, die
von der Absicht geprägt sind, Untersuchungen der zuständigen Behörden zu behindern, zu verhindern oder zu vermeiden (vgl. EGMR, 76574/01, Allen, Ziff. 1 [S. 5]). Soweit ein laufendes Verwaltungsverfahren aber in einem inhaltlichen Zusammenhang zu einem bereits laufenden oder unmittelbar drohenden Strafverfahren steht, beschränkt der nemo tenetur-Grundsatz eine verwaltungsrechtliche Auskunftspflicht im Hinblick auf diese Angelegenheit (vgl. EGMR, 19235/ 03, Marttinnen, Ziff. 72 f.; EGMR, 10828/84, Funke, Ziff. 44; EGMR, 31827/96, J.B., Ziff. 39, 54).

(e) Einschränkungen

104. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ergeben sich auch aus dem vorliegenden Sachverhalt massgebliche Einschränkungen einer Geltendmachung des nemo tenetur-Grundsatzes. Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Prämissen unterstehen nämlich folgende Informationen von vornherein keinem Verwertungsverbot im Rahmen von kartellverwaltungsrechtlichen Sanktionsverfahren: (i) Angaben rein tatsächlicher Art, (ii) Daten aus einer vorgängigen Rechtssache, (iii) Daten aufgrund von Informationspflichten einer ordnungsgemässen Geschäftsführung, (iv) Daten aufgrund von Dokumentationspflichten in konzessionierten Bereichen, sowie (v) selbst eingebrachte Informationen.

105. (i) Angaben rein tatsächlicher Art: Eine Einschränkung des nemo tenetur-Grundsatzes besteht in einer Differenzierung hinsichtlich der geschützten Informationen zwischen Angaben rein tatsächlicher Art (Tatsachen und Geschehnisse) sowie Angaben, durch die ein Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten eingestehen müsste (vgl. Krauskopf/ Schaller/Bangerter, Verfahrensführung, Rn. 12.20). Eine solche Differenzierung wird im Einzelfall allerdings wohl nur mit Schwierigkeiten umgesetzt werden können, auch wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einzelnen Urteilen zumindest bei geringfügigeren Vorwürfen eine Auskunftspflicht zu Tatsachen für zulässig qualifiziert hat (vgl. EGMR, O´Halloran & Francis, Ziff. 57; EGMR, 38544/97, Weh, Ziff. 53 f.).

106. Die Notwendigkeit einer solchen Differenzierung wird damit begründet, dass eine Selbstbelastung bei Angaben über reine Tatsachenabläufe nicht vorliegen würde und ansonsten eine sachgerechte Aufklärung eines Kartellrechtssachverhalts unter Berücksichtigung der Wettbewerbskomplexität nicht möglich sei, weshalb die Anwendbarkeit der materiellen Bestimmungen des Kartellgesetzes in unverhältnismässiger Weise erschwert werden würde (vgl. Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 13 Rn. 70; Tagmann, Sanktionen, 119; ausdrücklich offen gelassen von BVGer, B-2799/2007, Terminierung Mobilfunk, E. 5.7.5). Danach müsste ein Unternehmen etwa angeben, zu welchen Zeiten und an welchen Orten Gespräche mit einem Konkurrenten stattgefunden haben, während es über den Inhalt dieser Gespräche keine Angaben machen müsste. Zur Bestätigung dieser Differenzierung wird darauf hingewiesen, dass die EU-Wettbewerbsgerichte eine derartige Unterscheidung in nunmehr ständiger Rechtsprechung ebenfalls vornehmen (vgl. EuGH, 25.1.2007, C-407/ 04 P, Dalmine SpA gg. Kommission, EU:C:2007:53, Ziff. 34; EuGH, 18.10.1989, C-374/87, Orkem SA gg. Kommission, EU:C:1989:387, Rn. 34 f.; vgl. zur Kritik Lorenzmaier Stefan, Kartellrechtliche Geldbussen als strafrechtliche Anklage im Sinne der Europäischen Menschenrechtskonvention, ZIS [Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik] 2008, 28; Schwarze Jürgen/Bechtold Rainer/Bosch Wolfgang, Rechtsstaatliche Defizite im Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaft - Eine kritische Analyse der derzeitigen Praxis und Reformvorschläge, 2008, 31 ff., zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter http://ec.europa.eu/compe-tition/consultations/2008_regulation_1_2003/gleiss _lutz_de.pdf). Danach kann die EU-Kommission ein Unternehmen gegebenenfalls durch Entscheidung verpflichten, ihr alle erforderlichen Auskünfte über ihm eventuell bekannte Tatsachen zu erteilen, nicht jedoch Antworten zu geben, durch welche es eine Zuwiderhandlung eingestehen müsste, für welche die Kommission nachweispflichtig ist.

107. Andere Ansichten lehnen eine solche Differenzierung ab, weil eine Unterscheidung zwischen Tatsachenaussagen und Aussagen mit Geständnischarakter rein theoretischer Natur sei und sich mit den strafprozessualen Mindestgarantien nicht vereinbaren lasse (vgl. Lang, Untersuchungsmassnahmen, Rn. 21; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 260).

108. Hierzu ist zunächst zu beachten, dass der Verweis auf die entsprechende Praxis der EU-Gerichte und der EU-Wettbewerbsbehörden für die Beurteilung dieser Sachfrage durch ein schweizerisches Gericht unerheblich ist. Denn die Europäische Union ist nicht Vertragsstaat der Europäischen Menschenrechtskonvention und kann es gemäss dem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs auf absehbare Zeit auch nicht werden (vgl. EuGH, 18.12.2014, 2/13, Gutachten nach Art. 218 Abs. 11 EUV zur Vereinbarkeit des Entwurfs eines internationalen Übereinkommens über den Beitritt der Europäischen Union zur EMRK mit dem EUV und dem AEUV), weshalb die EMRK kein Rechtsinstrument darstellt, welches formell in die Unionsrechtsordnung übernommen worden ist (vgl. so bereits EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 41). Obwohl Art. 6 Abs. 3 EUV vorsieht, dass die durch die EMRK anerkannten Grundrechte als allgemeine Grundsätze Teil des Unionsrechts sind, unterstehen die Urteile der EU-Gerichte sowie die damit einhergehende Verwaltungspraxis der EU-Wettbewerbsbehörden demnach keiner Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die entsprechende Praxis ist demzufolge nicht notwendigerweise deckungsgleich mit der Konventionspraxis und sie kann sich auch gegenüber anderslautenden Präjudizien als jenen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausbilden (vgl. so im Ergebnis bereits Breitenmoser, Wettbewerb, 433 und Fn. 128).

109. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in mehreren Urteilen zum einen ausdrücklich festgehalten, dass sich eine Beschränkung der Grundsätze eines fairen Verfahrens gemäss Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK weder aufgrund der Komplexität einer Materie noch der Notwendigkeit einer Mitwirkung des Betroffenen für eine inhaltlich korrekte Feststellung des massgeblichen Sachverhalts rechtfertigen lässt (vgl. EGMR, 19235/03, Marttinen, Ziff. 74; EGMR, 34720/97, Heaney & McGuinness, Ziff. 57; EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 74, "[...] apply in criminal proceedings to all kind of criminal offences without distinction from the most simple to the most complex"). Zum anderen hat er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine Unterscheidung zwischen reinen Tatsachenaussagen und Eingeständnissen ausgeschlossen ist, wenn die reinen Tatsachenaussagen zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren zu belastenden Aspekten umfunktioniert werden und damit zum Nachteil des Beschuldigten geraten können (vgl. EGMR, Saunders, 19187/91, Ziff. 71; im Ergebnis ebenso EGMR, 6563/03, Shannon, Ziff. 37).

110. Eine entsprechende Differenzierung kann demzufolge nur dann vorgenommen werden, wenn von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass die reinen Tatsachenaussagen nicht zu einem späteren Zeitpunkt doch noch eine belastende Rolle in der Beweisführung der Vor-instanz oder der Rechtsmittelgerichte spielen. Dies wird im Regelfall jedoch nur für gewisse einzelne allgemeine Informationen, wohl aber nicht für den überwiegenden Teil der durch die Wettbewerbsbehörden erhobenen und verwendeten spezifischen Informationen möglich sein. Eine generelle Qualifizierung von bestimmten einzelnen Informationen, inwieweit deren Verwendung im Verfahren zulässig wäre, kann angesichts der durch die Europäische Menschenrechtskonvention vorgegebenen Prämissen jedenfalls ausgeschlossen werden, weshalb im Einzelfall eine Beurteilung der jeweils vorliegenden konkreten Umstände vorzunehmen ist (vgl. im Ergebnis so bereits BVGer, B-2799/2007, Terminierung Mobilfunk, E. 5.7.5.1).

111. (ii) Daten aus einer vorgängigen Rechtssache: Der nemo tenetur-Grundsatz erfasst von vornherein keine Erklärungen, die ein Auskunftspflichtiger im Rahmen sonstiger Rechtsangelegenheiten zu einem früheren Zeitpunkt gegenüber Behörden und privaten Dritten aufgrund von gesetzlich angeordneten Erklärungspflichten - einschliesslich von öffentlich-rechtlichen Auskunftspflichten - abgegeben hat (nachfolgend: vorgängige Rechtssache). Sämtliche Informationen, die sich aus diesen Erklärungen ergeben, und Dokumente, die formal oder inhaltlich als Bestandteil dieser Erklärungen zu gelten haben, werden nicht vom Verwertungsverbot des nemo tenetur-Grundsatzes erfasst. Die jeweiligen Dokumente unterstehen in einem anderen (Kartell-)Verfahren somit einer Editionspflicht des Auskunftspflichtigen. Informationen und Dokumente, die ein Auskunftspflichtiger ohne Verweis auf eine Auskunftsverweigerung auf der Grundlage des nemo tenetur-Grundsatzes erteilt hat, können daher in einem nachfolgenden Verwaltungsverfahren verwendet werden, auch wenn dieses mit einer Sanktionierung verbunden ist, die strafrechtsähnlichen Charakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK aufweist.

112. Als vorgängige Rechtssachen gelten dabei alle Verfahren, deren Gegenstand eine andere Angelegenheit betreffen als das nachfolgende Verfahren. Demgegenüber ergibt sich aus einer rein funktionalen oder behördenorganisatorischen Aufteilung der administrativen und strafrechtlichen Behandlung ein und derselben Angelegenheit in ein verwaltungsrechtliches und ein strafrechtliches Verfahren keine vorgängige Rechtssache im vorliegenden Sinne.

113. In Bezug auf Unternehmen im Sinne von Art. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG handelt es sich bei derartigen Erklärungen etwa um Anmeldungen zum Handelsregister, im Schweizerischen Handelsamtsblatt publikationspflichtige Vorgänge, gesellschaftsrechtliche Handlungen und Erklärungen, Steuererklärungen oder sonstige Eingaben gegenüber Behörden, Meldungen gegenüber gewerblichen, technischen oder sonstigen Aufsichtsbehörden sowie Eingaben in sonstigen Verwaltungsverfahren. Daher sind die mit diesen Erklärungen formal oder inhaltlich verbundenen Dokumente von den Unternehmen herauszugeben. Eine Zurückbehaltung derartiger Dokumente durch die Unternehmen unter Geltendmachung des nemo tenetur-Grundsatzes ist ausgeschlossen. Daher hat ein Unternehmen sämtliche Unterlagen, die etwa in Zusammenhang mit einer bereits eingereichten Handelsregisteranmeldung oder Steuererklärung stehen, gegenüber den Wettbewerbsbehörden herauszugeben.

114. Der Schutzzweck des nemo tenetur-Grundsatzes erfasst derartige Erklärungen von vornherein nicht. Der Grundsatz dient vielmehr dazu, dass ein Auskunftspflichtiger die Mitwirkung an einem Verfahren verweigern kann, weil er sich durch eine erzwungene Aussage oder die Herausgabe von Dokumenten nicht selbst belasten muss. Als Folge davon haben die Behörden die notwendigen Informationen durch eigene Ermittlungsmassnahmen festzustellen (vgl. EGMR, 19187/91, Saunders, Ziff. 68). Der Schutzzweck des Grundsatzes besteht aber nicht darin, einen Auskunftspflichtigen vor allen möglichen Folgen einer einmal von ihm abgegebenen Erklärung und herausgegebenen oder mit dieser in Zusammenhang stehenden Dokumenten zu schützen.

115. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, ob der Auskunftspflichtige im Rahmen der vorgängigen Rechtssache auf sein Recht zur Verweigerung der Mitwirkung hingewiesen wurde. Denn die entsprechende Hinweispflicht ist ausschliesslich für das Verfahren der vorgängigen Rechtssache bzw. eine mit der Abgabe der Erklärung unmittelbar in Zusammenhang stehende Straftat von Bedeutung. Es besteht kein allgemeiner Anspruch darauf, dass der Inhalt einer von einem Auskunftspflichtigen einmal abgegebenen Erklärung nicht in einem anderen Zusammenhang Verwendung finden darf. Es ist auch nicht notwendig, dass der Auskunftspflichtige in jedem Fall rein prophylaktisch und unbestimmt, aber umfassend, darauf hingewiesen wird, dass seine Erklärung zu einem späteren Zeitpunkt einmal in einem Strafverfahren oder einem Verwaltungsverfahren mit strafrechtsähnlichen Sanktionen relevant werden könnte. Da zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung weder ein Verdacht für eine konkrete Straftat vorhanden noch ein Strafverfahren anhängig sind, kann der Auskunftspflichtige auch keine konkrete Entscheidung über Art und Umfang seiner Mitwirkung vornehmen.

116. Eine Rechtsordnung würde sich faktisch aufheben und der Lächerlichkeit preisgeben, wenn sie zuliesse, dass Angaben eines Auskunftspflichtigen, welche dieser freiwillig vorgenommen hatte, ohne von seinem Anspruch auf Verweigerung der Mitwirkung wegen eines allfälligen strafrechtlichen Verhaltens Gebrauch gemacht zu haben, zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren nicht mehr verwertbar wären, weil sich der Auskunftspflichtige dann auf den nemo tenetur-Grundsatz und die sich daraus ergebende Verweigerung einer Mitwirkung berufen könnte, nachdem er die Strafwürdigkeit seines Verhaltens entdeckt oder festgestellt hat, dass seine ursprüngliche Verhaltensstrategie nicht zum Ziel führt. Denn dadurch könnte die Beantwortung von behördlich angeforderten Auskünften von vornherein in beliebiger Weise wahrheitswidrig erfolgen, weil eine spätere Verwertung immer dadurch ausgeschlossen werden könnte, indem der Auskunftserteilende auf eine - unter Umständen sogar wiederum nur wahrheitswidrig behauptete - strafrechtliche Verstrickung verweist. Ein solches Verhalten und der damit verbundene Zustand sind in einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Grundordnung von vornherein auszuschliessen. Denn wirtschaftliche und sonstige Handlungsfreiheiten können einem Einzelnen innerhalb einer Rechtsgemeinschaft nur dann und in dem Umfang eingeräumt werden, in dem die einzelnen Handlungen je nach Grad ihres Gefährdungspotentials oder ihrer Sozialschädlichkeit für die anderen Mitglieder der Rechtsgemeinschaft einer ausreichenden Kontrolle und Genehmigung unterworfen werden. Unter Berücksichtigung des verfassungsmässigen Verhältnismässigkeitsprinzips stellt die Auskunftspflicht dabei das mildere Mittel gegenüber sonstigen Kontrollmassnahmen dar, welche die Behörden mit Zwang durchsetzen können. Deshalb ist die Rechtsgemeinschaft in allen Fällen, in denen dies sachlich gerechtfertigt ist, auf die Verankerung einer Auskunftspflicht beschränkt. Diesem notwendigen und mildesten Mittel für eine sachgerechte Abgrenzung spezifischer Handlungsfreiräume kann demzufolge aber nicht durch die nachträgliche Geltendmachung einer - gegebenenfalls nur konstruierten - Mitwirkungsverweigerung die notwendige Anwendungsgrundlage entzogen werden.

117. Im Übrigen bestehen derartige Informationen nach ihrer freiwilligen Preisgabe im Sinne der Saunders-Doktrin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unabhängig vom Willen des Beschuldigten und unterstehen somit nicht mehr dem Anwendungsbereich des nemo tenetur-Grundsatzes. Zudem würde hinsichtlich des Erklärungsinhalts ein Verzicht des Auskunftspflichtigen auf sein Recht zur Verweigerung der Mitwirkung vorliegen (vgl. E. 125 f.).

118. (iii) Daten aufgrund von Dokumentationspflichten ordnungsgemässer Geschäftsführung: Aus dem gleichen Grunde ergibt sich auch aus den gesetzlich vorgesehenen Dokumentationspflichten einer ordnungsgemässen Geschäftsführung eine Einschränkung des nemo tenetur-Grundsatzes.

119. So sehen die Vorschriften über die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung, die ab dem 1. Januar 2013 rechtsformübergreifend in den Art. 957
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1    Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
2  juristische Personen.
2    Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr;
2  diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen;
3  Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB783 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
3    Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss.
- 963b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 963b - 1 Die Konzernrechnung folgender Unternehmen muss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt werden:
1    Die Konzernrechnung folgender Unternehmen muss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt werden:
1  Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt;
2  Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern;
3  Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind.
2    Artikel 962a Absätze 1-3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
3    Die Konzernrechnung von übrigen Unternehmen untersteht den Grundsätzen ordnungsmässiger Rechnungslegung. Im Anhang zur Konzernrechnung nennt das Unternehmen die Bewertungsregeln. Weicht es davon ab, so weist es im Anhang darauf hin und vermittelt in anderer Weise die für den Einblick in die Vermögens-, Finanzierungs- und Ertragslage des Konzerns nötigen Angaben.
4    Eine Konzernrechnung ist dennoch nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung zu erstellen, wenn:
1  Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten oder 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder dies verlangen;
2  ein Gesellschafter oder ein Vereinsmitglied, der oder das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt; oder
3  die Stiftungsaufsichtsbehörde dies verlangt.
OR - und vor dieser Zeit in unterschiedlichen Vorschriften - statuiert wurden, eine allgemeine Verpflichtung zur Erstellung, Führung und Aufbewahrung von bestimmten Geschäftsunterlagen vor. Danach hat ein handelsrechtliches Unternehmen die Geschäftsbücher und Buchungsbelege sowie bei Bestehen der Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht den Geschäftsbericht und den Revisionsbericht ordnungsgemäss zu erstellen und während einer Dauer von zehn Jahren aufzubewahren. Unter dem Begriff "Geschäftsbücher" ist die Buchhaltung (Hauptbuch, Kontenaufstellung, Journal sowie allfällige Hilfsbücher wie Lohn-, Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung, Warenbestände) zu verstehen. Als Buchungsbelege gelten alle Dokumente einschliesslich von Geschäftskorrespondenz, die eine relevante Information für eine Buchung enthalten und dadurch als Nachweis für die Richtigkeit einer Buchung dienen. Der Geschäftsbericht umfasst die Jahresrechnung (Bilanz, Erfolgsrechnung, Anhang, ggf. Geldflussrechnung), ggf. einen Lagebericht bei Unternehmen, die der ordentlichen Revision unterstehen, sowie ggf. eine Konzernrechnung. Die Verpflichtung zur Aufbewahrung der sonstigen Geschäftskorrespondenz, welche nicht mit einem Sachverhalt in Zusammenhang steht, der einer Buchung zugrunde liegt, muss ungeachtet ihrer Aufhebung seit dem 1. Januar 2013 angesichts der gesetzlichen Aufbewahrungsdauer von zehn Jahren demzufolge noch mindestens bis zum 31. Dezember 2022 beachtet werden.

120. Handelsrechtliche Unternehmen sind daher aufgrund öffentlicher Interessen zur Erstellung und Aufbewahrung besonderer, inhaltlich spezifizierter Unterlagen verpflichtet, die einen gewissen Überblick über ihre Geschäftstätigkeit für einen längeren Zeitraum ermöglichen. Hierbei handelt es sich um Informationen, die im Sinne der Saunders-Doktrin des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte unabhängig vom Willen des Auskunftspflichtigen vorhanden sind und demzufolge dem nemo tenetur-Grundsatz nicht unterstehen.

121. (iv) Daten aufgrund von Dokumentationspflichten in konzessionierten Bereichen: Für den Bereich von konzessionierten Betrieben hat das Bundesgericht bereits bestätigt, dass die Dokumentationspflicht eine Einschränkung des nemo tenetur-Grundsatzes darstellt (vgl. BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, Ziff. 3.3.4). Danach umfasst der Geltungsbereich des nemo tenetur-Grundsatzes nicht diejenigen Informationen in Unterlagen, zu deren Führung bzw. Anlage juristische Personen und Unternehmen in einem konzessionsrechtlichen Aufsichtsverfahren gesetzlich verpflichtet sind. Könnte der Staat auf diese Unterlagen trotz entsprechender gesetzlicher Grundlagen nicht mehr zurückgreifen, würde eine aufsichts- und damit verbundene strafrechtsähnliche Durchsetzung der materiellen gesetzlichen Pflichten in beaufsichtigten Wirtschaftsbereichen (z.B. Finanzmarkt, Spielbanken etc.) praktisch verunmöglicht. Daher stellt die Herausgabe von sachverhaltsbezogenen Unterlagen und Dokumenten gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde zur Prüfung der gesetzlichen Bewilligungs- bzw. Konzessionsanforderungen keine Zwangsmassnahme dar, die gegen den Willen des beaufsichtigten Unternehmens erfolgt. Zudem hat sich ein beaufsichtigtes Unternehmen mit Beantragung und Ausübung der jeweiligen Bewilligung den Voraussetzungen und Bedingungen der jeweiligen Auskunftspflicht unterworfen (vgl. EGMR, 15809/02, O´Halloran & Francis, Ziff. 57).

122. (v) Selbst eingebrachte Informationen: Dem nemo tenetur-Grund-satz unterstehen von vornherein keinerlei Informationen, welche von einem Unternehmen in ein Kartellsanktionsverfahren selbst eingebracht werden, ohne dass die Wettbewerbsbehörde oder ein Rechtsmittelgericht diese Informationen angefordert hatte. Gleiches gilt für Informationen, zu deren Nutzung durch die Kartellbehörden ein Unternehmen zugestimmt hat.

123. (vi) Zusammenfassung: Im vorliegenden Verfahren liegen keine Anhaltspunkte vor, wonach die entscheidungsrelevanten Informationen nicht durch die vorgenannten Einschränkungen abgedeckt werden. Entsprechende Argumente werden von den Beschwerdeführerinnen auch nicht vorgebracht. Die im Verfahren verwendeten Informationen gründen vielmehr im Wesentlichen auf solchen Informationen, welche die Beschwerdeführerinnen im Rahmen ihrer Dokumentationspflichten einer ordnungsgemässen Geschäftsführung erstellt haben. Darüber hinaus wurden im Verfahren öffentlich bekannte und allgemein zugängliche Informationen sowie von den Beschwerdeführerinnen selbst in das Verfahren eingebrachte Informationen berücksichtigt. Die von den Beschwerdeführerinnen im Rahmen früherer Kartellverwaltungs- oder sonstiger Verwaltungsverfahren mitgeteilten Informationen, von denen die Vorinstanz als zuständige Wettbewerbsbehörde oder als Gutachterin für die sektorspezifischen Regulierungsbehörden des Bundesamts für Kommunikation oder der Eidgenössichen Kommunikationskommission Kenntnis erlangt hatte, konnten aufgrund der vorstehend dargestellten Einschränkung der vorgängigen Rechtssache ohne Weiteres im vorliegenden Kartellsanktionsverfahren Verwendung finden. Dabei ist aber nicht ersichtlich, dass eine solche Verwendung überhaupt stattgefunden hat. Darüber hinaus mussten die Beschwerdeführerinnen auch keine Angaben machen, mit denen sie die Wettbewerbswidrigkeit ihres Verhaltens unmittelbar eingestanden hätten.

124. Die entscheidungsrelevanten Informationen unterstehen aus diesen Gründen nicht einem Verwertungsverbot aufgrund des nemo tenetur-Grundsatzes. Selbst wenn aber davon auszugehen wäre, dass die vorstehend dargestellten Einschränkungen nicht einschlägig seien, ist jedenfalls die Verwertung der übermittelten Informationen dennoch zulässig, weil ein wirksamer Verzicht der Beschwerdeführerinnen auf die Geltendmachung des nemo tenetur-Grundsatzes vorliegt, wie nachfolgend aufgezeigt wird.

(f) Verzicht

125. Eine Geltendmachung des nemo tenetur-Grundsatzes im Rahmen eines Kartellverfahrens ist in jedem Fall ausgeschlossen, wenn ein Verzicht des Unternehmens auf sein Recht zur Verweigerung der Mitwirkung vorliegt, weil es seiner Auskunftspflicht freiwillig nachkommt.

126. Einem Unternehmen, das von Seiten einer Wettbewerbsbehörde eine Aufforderung zur Mitwirkung bei der Abklärung eines sanktionsbedrohten wettbewerblichen Sachverhalts durch die Beantwortung von Fragen und die Vorlage von Unterlagen erhält, kommt im Anwendungsbereich des nemo tenetur-Grundsatzes die Möglichkeit zu, wahlweise eine Mitwirkung unter Hinweis auf das Selbstbelastungsverbot zu verweigern oder auf die Geltendmachung dieses Einwands zu verzichten und sich freiwillig an der Untersuchung durch Erfüllung seiner gesetzlich vorgesehenen Mitteilungs- und Vorlagepflichten zu beteiligen. Diese Wahlmöglichkeit führt nicht automatisch dazu, dass ein Unternehmen die Mitwirkung verweigert, weil auch wesentliche Aspekte für eine Mitwirkung des Unternehmens sprechen; darauf wird auch in der Literatur übereinstimmend hingewiesen (vgl. Spitz, Problemstellungen, 557, wonach sogar eine Mitwirkung sinnvoll sein kann, die über die Erfüllung der Auskunftspflicht gemäss Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG hinaus geht, um in den Genuss einer reduzierten Sanktion zu gelangen). So besteht auf Seiten der Unternehmen zunächst ein grundlegendes Interesse daran, dass ihre Reputation im Markt nicht beeinträchtigt wird. Dies hat zur Folge, dass die Unternehmen regelmässig bereits zu Beginn eines Verfahrens - nicht nur in Kartellrechtsfällen - ihre Kooperationsbereitschaft mitteilen und dies bei Sachverhalten von entsprechender Bedeutung auch öffentlich ankündigen. Dadurch wird gegenüber der Allgemeinheit der Eindruck vermittelt, dass das Unternehmen sowohl an der Aufdeckung als auch der Beseitigung eines allfällig vorliegenden Fehlverhaltens uneingeschränkt mitwirkt. In der Sache ist es für ein Unternehmen offensichtlich, dass die Wettbewerbsbehörden bei einer Verweigerung der Mitwirkung unweigerlich gezwungen sind, von den im Kartellgesetz ausdrücklich vorgesehenen Untersuchungsmassnahmen einer Zeugenvernehmung, Hausdurchsuchung und Beschlagnahme Gebrauch zu machen, um in den Besitz der Informationen zu gelangen, welche für die Abklärung der Angelegenheit erforderlich sind (so ausdrücklich auch Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art.49a-53 Rn. 265). Zeugenvernehmungen, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen wirken sich allerdings äusserst belastend für den operativen Betrieb eines Unternehmens aus, abgesehen von dem dadurch eintretenden negativen Eindruck in der Öffentlichkeit und einem dadurch bedingten Reputationsschaden für das Unternehmen. Zudem binden Zeugenvernehmungen personelle Ressourcen und betreffen Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen nicht nur die gesuchten entscheidungsrelevanten Informationen, sondern einen wesentlich weiteren Bereich an unternehmenseigener Infrastruktur und unternehmensinternen Materialien. Denn die Wettbewerbsbehörden
müssen sich regelmässig in einem ersten Schritt zunächst einen Überblick verschaffen, um anschliessend in weiteren Schritten zu den entscheidungsrelevanten Informationen und deren Dokumentation im Unternehmen vorzudringen. Im Übrigen wird einem betroffenen Unternehmen durch eine aktive Mitwirkung ermöglicht, die angeforderten Informationen in Anbetracht des vorgeworfenen wettbewerblichen Fehlverhaltens in einer möglichst günstigen Weise darzustellen und - je nach Art und Umfang der Mitwirkung - unter Umständen in den Genuss einer Sanktionsmilderung oder Sanktionsbefreiung zu gelangen.

127. Aus diesen Gründen bedarf es im Einzelfall einer Abwägung des Unternehmens, von welcher Handlungsmöglichkeit es angesichts des konkreten Vorwurfs eines wettbewerblichen Fehlverhaltens und den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen einerseits sowie der vorhandenen internen Kenntnis über das Vorliegen oder zumindest die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines solchen Fehlverhaltens andererseits Gebrauch machen möchte. Diese Abwägung manifestiert sich in der Entscheidung des Unternehmens, entweder gegenüber den Wettbewerbsbehörden die Mitwirkung unter Berufung auf das Selbstbelastungsverbot ausdrücklich zu verweigern oder freiwillig an der Abklärung der Angelegenheit mitzuwirken und den Wettbewerbsbehörden die erforderlichen Informationen zu erteilen und die damit zusammenhängenden Materialien vorzulegen. Das Unternehmen kann sich dabei auch dafür entscheiden, einerseits grundsätzlich die entsprechenden Informationen zu erteilen und Materialien vorzulegen, andererseits aber die Beantwortung bestimmter Fragen abzulehnen. In diesem Fall muss jedoch die Berufung auf das Selbstbelastungsverbot mit Bezug auf einzelne Fragen ausdrücklich und unzweideutig erklärt werden; es ist dann auch nur hinsichtlich dieser Fragen bedeutsam. Soweit ein Unternehmen auf ein Auskunftsersuchen hin zwar einerseits Informationen erteilt und die zugehörigen Materialien vorlegt, sich andererseits aber gleichzeitig ausdrücklich und unzweideutig mit Bezug auf diese Informationen auf das Selbstbelastungsverbot beruft, so ist die Mitwirkung an dem jeweiligen Auskunftsersuchen massgeblich, während der Vorbehalt der Selbstbelastung als unbeachtlich zu qualifizieren ist. Denn für einmal übermittelten Informationen lässt sich nachträglich nicht mehr feststellen, ob ihre Ermittlung auch ohne Mitwirkung des Unternehmens ausschliesslich aufgrund von eigenständigen Untersuchungsmassnahmen der Wettbewerbsbehörden möglich gewesen wäre. Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für allfällige spätere Auskunftsverlangen der Wettbewerbsbehörden im weiteren Verlauf des Kartellsanktionsverfahrens.

128. Ein Unternehmen bestätigt somit die freiwillige Erfüllung der Auskunftspflicht gemäss Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG durch die Erteilung der erforderlichen Informationen und das Vorlegen zugehöriger Materialien. Die Freiwilligkeit einer Mitwirkung wird auch bereits dadurch bestätigt, dass ein betroffenes Unternehmen gegenüber der Öffentlichkeit oder der zuständigen Wettbewerbsbehörde ankündigt, in der jeweiligen Angelegenheit mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Eine entsprechende Erklärung und/oder die (nachfolgende) Erteilung der Informationen schliesst die nachträgliche Geltendmachung einer Verletzung des Grundsatzes des Selbstbelastungsverbots hinsichtlich aller übermittelten Informationen aus. Ein solches Vorgehen des Unternehmens würde ein widersprüchliches Verhalten und demzufolge einen Verstoss gegen Treu und Glauben darstellen, weshalb es als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren wäre.

129. Die Freiwilligkeit der Mitwirkung wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Wettbewerbsbehörden bei deren Verweigerung die in Art. 42
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 42 Untersuchungsmassnahmen
1    Die Wettbewerbsbehörden können Dritte als Zeugen einvernehmen und die von einer Untersuchung Betroffenen zur Beweisaussage verpflichten. Artikel 64 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194737 über den Bundeszivilprozess ist sinngemäss anwendbar.
2    Die Wettbewerbsbehörden können Hausdurchsuchungen anordnen und Beweisgegenstände sicherstellen. Für diese Zwangsmassnahmen sind die Artikel 45-50 des Bundesgesetzes vom 22. März 197438 über das Verwaltungsstrafrecht sinngemäss anwendbar. Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen werden auf Grund eines Antrages des Sekretariats von einem Mitglied des Präsidiums angeordnet.
KG aufgeführten besonderen Untersuchungsmassnahmen durchführen können. Vorgängig zur Durchführung dieser Untersuchungsmassnahmen kann nicht mit Bestimmtheit vorhergesehen werden, ob die Wettbewerbsbehörden mittels Zeugenvernehmungen, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen die gleiche Informationslage wie bei einer Mitwirkung des Unternehmens herstellen können. Daher besteht für ein Unternehmen, welches ein tatsächlich vorhandenes wettbewerbswidriges Verhalten verschleiern will, durchaus eine Chance, dass die relevanten Aspekte im Rahmen der besonderen Untersuchungsmassnahmen von den Wettbewerbsbehörden nicht entdeckt oder nicht erkannt werden und daher der Nachweis des inkriminierten Verhaltens nicht gelingt. Ein Unternehmen hat demzufolge immer die Möglichkeit, die Beeinträchtigung des operationellen Betriebs, die mit der Durchführung der besonderen Untersuchungsmassnahmen verbunden ist, in Kauf zu nehmen, damit sich die Chance einer nicht gelingenden Aufdeckung des wettbewerbswidrigen Verhaltens realisieren kann. Zumindest aufgrund dieses Handlungsspielraums sowie der damit verbundenen Möglichkeit, eine individuelle kartellrechtliche Verteidigungsstrategie aufzubauen, qualifiziert die Wahl über das weitere Vorgehen als unbeeinflusste, eigenverantwortliche und damit freiwillige Entscheidung des Unternehmens.

130. Die Freiwilligkeit einer Mitwirkung des Unternehmens wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass das Auskunftsersuchen der Wettbewerbsbehörde einen allgemeinen Hinweis auf die Verwaltungssanktion gemäss Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG aufweist. Denn für den Fall, dass eine bestimmte Mitwirkung des Unternehmens aufgrund des nemo tenetur-Grundsatzes von den Wettbewerbsbehörden nicht rechtmässig eingefordert werden kann, ist auch die Androhung oder Verhängung einer Verwaltungssanktion von vornherein nicht rechtswirksam. Daher kann und muss ein Unternehmen das Risiko einer Sanktionierung gemäss Art. 52
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
KG auch nicht dadurch minimieren, indem es vorsorglich an der Abklärung des Sachverhalts mitwirkt, obwohl es sich eigentlich auf sein Recht zu schweigen berufen will. Der entsprechende Einwand der Beschwerdeführerinnen ist daher unbeachtlich.

(g) Belehrung

131. Die Möglichkeit zu einem Verzicht besteht unabhängig davon, ob das Unternehmen im Rahmen des Auskunftsersuchens durch die Wettbewerbsbehörden auf sein Recht zu Schweigen ausdrücklich hingewiesen wurde oder nicht, weil eine entsprechende Verpflichtung der Wettbewerbsbehörden grundsätzlich nicht besteht.

132. Der nemo tenetur-Grundsatz umfasst nach herrschender Auffassung auch unabhängig von einem Freiheitsentzug grundsätzlich das Erfordernis, dass ein Beschuldigter in einem Strafverfahren bereits vor einer ersten Vernehmung auf sein Schweigerecht hinzuweisen ist (vgl. Lieber, StPO, Art. 113 Rn. 13; Riklin Franz, StPO, 2. Aufl. 2014, Art. 113 Rn. 2). Der Grund für die Statuierung dieser formalen Hinweispflicht zu Lasten der (Strafverfolgungs-)Behörden besteht darin, dass ein Beschuldigter, der überraschend mit einem strafrechtlichen Vorwurf konfrontiert wird und üblicherweise keine Kenntnisse über die ihm in dieser Position zukommenden Rechte verfügt, zunächst in ausreichender Weise über sein Schweigerecht aufgeklärt werden muss, damit er von diesem Recht gegebenenfalls auch in wirksamer Weise Gebrauch machen kann. Denn der Inhalt einer einmal (unwissentlich) vorgenommenen Aussage lässt sich nachträglich nicht mehr aus der Welt schaffen.

133. Demgegenüber ist unklar, ob eine Belehrungspflicht auch im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens besteht (vgl. bejahend Tagmann, Sanktionen, Rn. 119 f.; Spitz, Problemstellungen, 558; ablehnend Hauri Kurt, Verwaltungsstrafrecht, 1998, Art. 39 Rn. 4).

134. Ganz offensichtlich ist diese für den nemo tenetur-Grundsatz massgebliche Ausgangslage jedenfalls im Rahmen eines Kartellverwaltungsverfahrens grundsätzlich nicht gegeben. Bei diesem handelt es sich seiner Natur und praktischen Ausgestaltung nach um ein schriftliches Verwaltungsverfahren. Seine Einleitung erfolgt grundsätzlich durch eine schriftliche Mitteilung an das betreffende Unternehmen, mit dem es über den Gegenstand und den Grund der Untersuchung informiert wird (zu den Ausnahmen vgl. E. 136). Dies gilt auch für Anfragen im Rahmen einer Vorabklärung gemäss Art. 26
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 26 Vorabklärung
1    Das Sekretariat kann Vorabklärungen von Amtes wegen, auf Begehren von Beteiligten oder auf Anzeige von Dritten hin durchführen.
2    Das Sekretariat kann Massnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen anregen.
3    Im Verfahren der Vorabklärung besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
KG. Für die Erfüllung der sich aus Art. 40
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
KG ergebenden Mitteilungs- und Vorlagepflichten wird dem Unternehmen eine Frist eingeräumt, die sich an Art und Umfang der angeforderten Informationen ausrichtet. Das Unternehmen kann ohne Weiteres um eine Erstreckung dieser Frist nachsuchen, die von Seiten der Wettbewerbsbehörden bei ausreichender Begründetheit auch regelmässig gewährt werden dürfte. Für die Ausarbeitung einer schriftlichen Stellungnahme steht einem Unternehmen somit ausreichend Zeit zur Verfügung. Zudem kann es vor Abgabe einer Stellungnahme ohne Schwierigkeiten eine juristische Beratung in Anspruch nehmen. Die Einholung von Rechtsrat und die damit verbundene Information über das Schweigerecht ist einem Unternehmen vor dem Hintergrund des Vorwurfs eines wettbewerbswidrigen Verhaltens und unter Berücksichtigung der bei ihm vor-auszusetzenden Kenntnisse auch zumutbar (vgl. E. 596 f.), und zwar un-geachtet dessen, dass die Einschaltung juristischer Berater in der Praxis wohl auch ausnahmslos erfolgt. Einem betroffenen Unternehmen steht demzufolge grundsätzlich die Möglichkeit für eine überlegte und durch die Einholung von Rechtsrat fundierte Entscheidung offen, ob es von seinem Schweigerecht Gebrauch machen will oder ob es an der Abklärung der Angelegenheit mitwirkt. Es besteht daher keinerlei Gefahr einer voreiligen und/oder unbedarften Auskunft von Seiten eines Unternehmens, deren Inhalt im Nachhinein nicht mehr beseitigt werden kann.

135. Für die zwingende Anerkennung eines notwendigen ausdrücklichen Hinweises auf das Recht eines Unternehmens zu schweigen besteht demzufolge auch unter Berücksichtigung sowohl der Ausgestaltung des nemo tenetur-Grundsatzes an die besonderen Verhältnisse von juristischen Personen sowie nicht rechtsfähigen Rechts- und einfachen Wirtschaftsgemeinschaften (vgl. E. 97, BGE 140 II 384, Sanktion Spielbankengesetz, E. 3.3.6) als auch der Anforderungen an eine Beschränkung dieses Grundsatzes (vgl. E. 102; EGMR, 48539/99, Allan, Ziff. 50 f.) von vornherein weder ein notwendiger sachlicher Bedarf noch wäre die Anerkennung eines Einwands durch das Unternehmen, es hätte aufgrund des fehlenden Hinweises nicht in effektiver Weise von seinem Schweigerecht Gebrauch machen können, interessengerecht.

136. Etwas anderes gilt ausnahmsweise jedenfalls dann, wenn die Wettbewerbsbehörden für die Betroffenen unangekündigte Massnahmen vornehmen, wie Zeugeneinvernahmen, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen, mit deren Durchführung diese unmittelbar konfrontiert werden. In diesen Fällen hat die Behörde die unmittelbar involvierten Personen, bei denen es sich auch um Mitarbeiter eines Auskunftspflichtigen ohne Vertretungs- oder Handlungsvollmachten handeln kann, grundsätzlich auf das Auskunftsverweigerungsrecht ausdrücklich hinzuweisen.

(h) Zulässigkeit eines Verzichts

137. Die vorstehende rechtliche Qualifikation des Verhaltens eines Unternehmens bei seiner Mitwirkung im Kartellverfahren beruht auch nicht auf einem unzulässigen Verzicht des jeweiligen Kartellrechtssubjekts auf den nemo tenetur-Grundsatz.

138. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte anerkennt die Möglichkeit eines wirksamen Verzichts des Grundrechtsträgers auf eine der durch Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK statuierten Verfahrensgarantien (vgl. Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 18 Rn 33). Ein solcher Verzicht kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Verzichts sind die Kriterien der Freiwilligkeit und Eindeutigkeit der jeweiligen Erklärung, ein Mindestmass an verfahrensrechtlicher Absicherung des Grundrechtsträgers sowie das Fehlen eines Widerspruchs gegenüber gewichtigen öffentlichen Interessen (vgl. EGMR, 21.12.1990, 11855/85, Håkonsson gg. Schweden, Ziff. 66; EGMR, 23.11.1993, 14032/88, Poitrimol gg. Frankreich, Ziff. 31; EGMR, 1.3.2006, 56581/00, Sejdovic gg. Italien, Ziff. 86; EGMR, 18.10.2006, 18114/02, Hermi gg. Italien, Ziff. 73; EGMR, 17.9.2008, 102349/03, Scoppola gg. Italien, Ziff. 135).

139. Bei einer Mitwirkung in Bezug auf Auskunftsbegehren der Wettbewerbsbehörden in einem Kartellverfahren werden diese Voraussetzungen grundsätzlich erfüllt. Die Auskunftsbegehren der Wettbewerbsbehörden sind vorwiegend durch schriftliche Stellungnahmen des Unternehmens zu erfüllen, ergänzend können auch Befragungen von sachlich verantwortlichen Personen des Unternehmens durchgeführt werden. Sowohl für die Ausarbeitung von schriftlichen Stellungnahmen als auch die Vorbereitung von mündlichen Befragungen wird den Unternehmen eine an den Umständen des Einzelfalls ausgerichtete angemessene Frist eingeräumt. Einem betroffenen Unternehmen steht demzufolge die Möglichkeit für eine überlegte und durch die Einholung von Rechtsrat fundierte Entscheidung offen, ob es von seinem Schweigerecht Gebrauch machen will oder ob es an der Abklärung der Angelegenheit mitwirkt. Es besteht daher eine ausreichende verfahrensmässige Absicherung gegenüber einer vorschnellen oder nicht überlegten Entscheidung eines Unternehmens. Die Entscheidung zur Mitwirkung kann das Unternehmen ausschliesslich aufgrund seiner eigenen Interessenlage vornehmen. Durch den Verzicht eines Unternehmens auf das Selbstbelastungsverbot werden keine sonstigen wichtigen öffentlichen Interessen beeinträchtigt.

(i) Nachweis des Verzichts

140. Im vorliegenden Fall liegt ein wirksamer Verzicht der Beschwerdeführerinnen auf die Geltendmachung des Selbstbelastungsverbots durch die Swisscom-Gruppe vor. Die Wettbewerbsbehörden haben die Beschwerdeführerin 1 erstmalig mit Schreiben vom 10. Juni 2006 zur Beantwortung eines Fragenkatalogs aufgefordert. Die Erfüllung dieser Aufforderung wurde von der Beschwerdeführerin 2 mit Schreiben vom 19. Juni 2006 bestätigt, wobei ausdrücklich festgehalten wurde, "dieser Aufforderung kommt die Swisscom Fixnet AG gerne nach". Auch den weiteren Aufforderungen der Wettbewerbsbehörden im Rahmen des vor-instanzlichen Informationsaustauschs sind die Beschwerdeführerinnen anstandslos nachgekommen (vgl. SV M.c). Die Beschwerdeführerinnen haben - gemäss ihrem eigenen Vorbringen - somit sämtliche entscheidungsrelevanten Informationen freiwillig und ohne Vorbehalt des Selbstbelastungsverbots im Rahmen des Kartellverfahrens an die Wettbewerbsbehörden herausgegeben. Für die Beantwortung der Auskunftsbegehren einschliesslich einer juristischen Beratung stand den Beschwerdeführerinnen jeweils ausreichend Zeit zur Verfügung. Im Übrigen gehören die Beschwerdeführerinnen einem Grosskonzern an, der über eine eigene Rechtsabteilung verfügt, weshalb allfällige Abklärungen daher bereits intern vorgenommen werden konnten. Es sind daher keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Mitwirkung der Beschwerdeführerinnen am vorinstanzlichen Kartellverfahren nicht auf einer überlegten und fundierten Entscheidung beruhen würde, die freiwillig vorgenommen wurde. Der von den Beschwerdeführerinnen nunmehr nachträglich vorgebrachte Einwand, die entscheidungsrelevanten Informationen könnten nicht verwertet werden, weil sie vor Einreichung dieser Informationen nicht über das ihnen zustehende Schweigerecht aufgeklärt worden seien, ist daher unbeachtlich.

d) Fazit

141. Die angefochtene Verfügung beruht demzufolge ausschliesslich auf solchen Informationen, Daten, Urkunden, Unterlagen und sonstigen Materialien, die von der Vorinstanz zur Begründung der vorinstanzlichen Verfügung aufgrund der durchgeführten Verfahrensmassnahmen rechtmässig herangezogen und verwertet werden konnten.

4) Kognition des Bundesverwaltungsgerichts

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

142. Die Beschwerdeführerinnen rügen unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen seiner Überprüfung von kartellrechtlichen Entscheiden der Vorinstanz seine
Prüfungspflicht zu Unrecht beschränke, indem es angesichts fehlender Spezialkenntnisse die Prüfungsdichte hinsichtlich der wirtschaftlichen und sonstigen Sachfragen reduziere.

143. Zum anderen machen sie geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht ausnahmslos das Beweismass des Vollbeweises anwende, sondern unter Verweis auf die Komplexität der Materie und sachgerechte Beweisanforderungen zur Rechtsdurchsetzung das reduzierte Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit für ausreichend erachte. Aufgrund des Bundesgerichtsurteils in Sachen Publigroupe (BGE 139 I 72) wird dieser Vorwurf von den Beschwerdeführerinnen zwar für die Feststellung der Marktbeherrschung zurückgenommen, ansonsten aber - wie insbesondere für den Nachweis der übrigen Tatbestandsmerkmale einer Kosten-Preis-Schere einschliesslich der Bestimmung des richtigen Preises bzw. der richtigen Marge - ausdrücklich aufrechterhalten. Unter Berücksichtigung der Bedeutung des Grundrechts der Wirtschaftsfreiheit müssten alle Tatbestandsmerkmale einschliesslich der wirtschaftlichen Aspekte mit dem Grad einer vollständigen Gewissheit nachgewiesen werden. Eine blosse Wahrscheinlichkeit, auch wenn sie überwiegend sei, wäre hierfür nicht ausreichend. Dies gelte umso mehr für Wettbewerbsbeschränkungen, die gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG mit Sanktionen bedroht seien, weil aufgrund von deren Charakter als Strafen im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK an das Beweismass höchste Anforderungen zu stellen seien. Andernfalls müsse im Zweifel zu Gunsten der betroffenen Unternehmen davon ausgegangen werden, dass ein wettbewerbswidriges Verhalten nicht nachgewiesen sei.

144. Implizit erheben die Beschwerdeführerinnen damit den Vorwurf, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung seine volle Kognition nicht wahrnehme und daher auch nicht als unabhängiges Gericht im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK zu qualifizieren sei.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

145. Die Vorinstanz hält unter Verweis auf die Rechtsprechung auch unter Beachtung von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK eine Herabsetzung des Beweismasses für berechtigt, weil ökonomische Erkenntnisse immer mit einer Unsicherheit behaftet seien und regelmässig hypothetische Entwicklungen und Situationen zur Beurteilung anstehen würden. Übertriebene Anforderungen an den Nachweis eines Verstosses gegen das Kartellgesetz könnten infolge der regelmässig vorliegenden Komplexität der Sachverhalte dessen Umsetzung gefährden und dessen ratio legis in Frage stellen. Dies gelte nicht nur für die Beurteilung einer marktbeherrschenden Stellung, sondern auch für alle übrigen Tatbestandsmerkmale des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG.

(3) Würdigung durch das Gericht

146. Im Hinblick auf die Kognition des Bundesgerichts sind die Aspekte des Prüfungsumfangs, der Prüfungsdichte und des Beweismasses zu unterscheiden.

(a) Prüfungsumfang

147. Wie vorstehend zur Rechtskonformität der Verfügungsbehörde ausgeführt wurde (vgl. E. 58 f.), setzt die Möglichkeit einer Sanktionierung durch eine Verwaltungsbehörde im Rahmen des Kartellverfahrens vor-aus, dass dieser Entscheid durch ein gerichtliches Organ ("organe judiciaire"/"judicial body") überprüft werden kann, welches über eine vollständige Entscheidungsgewalt ("pleine juridiction"/"full jurisdiction") verfügt. Die für diesen Zweck vorausgesetzte Entscheidungsgewalt verlangt eine umfasssende und uneingeschränkte Prüfungszuständigkeit (vgl. EGMR, 16713/90, Pramstaller, Ziff. 41: "These include the power to quash in all respects, on questions in fact or law, the decision of the body below"), welche eine Überprüfung und mögliche Umgestaltung folgender Aspekte umfasst: alle tatsächlichen und rechtlichen Sachpunkte, die herangezogenen Beweismittel, die Verhältnismässigkeit der getroffenen Massnahmen sowie die Angemessenheit der ausgefällten Sanktionen (vgl. EGMR, 13.5.2003, 49636/99, Chevrol gg. Frankreich, Ziff. 76 f., 83; EGMR, 4.3.2004, 47650/99, Silvester´s Horeca Service gg. Belgien, Ziff. 27 f.). Unter Berücksichtigung der zulässigen Möglichkeiten einer Ausgestaltung von Verwaltungsverfahren durch den nationalen Gesetzgeber (vgl. E. 61) kann die originäre Entscheidungsgewalt des gerichtlichen Organs durch die Vorschaltung eines Verwaltungsverfahrens demzufolge formal in eine Kontrollentscheidung umgestaltet werden, soweit sie dadurch inhaltlich nicht eingeschränkt wird und gegenüber dem Entscheid der Verwaltungsbehörde im Ergebnis prioritär bleibt.

148. Dies bedeutet umgekehrt allerdings nicht, dass das gerichtliche Organ seine eigene subjektive Ansicht zwingend an die Stelle der vorgeschalteten Verwaltungsbehörde setzen kann bzw. setzen muss. Denn der Zweck von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK umfasst nicht die Notwendigkeit, dass ein Gericht die Auffassung der Verwaltungsbehörde durch seine eigene Meinung ersetzt (vgl. EGMR, 32181/04, zit. Sigma, Ziff. 153: "[...] that it is not the role of Article 6 of the Convention, to give access to a level of jurisdiction which can substitute its opinion for that of the administrative authorities"; bestätigt durch EGMR, 13.11.2013, 36181/05, Galina Kostova gg. Bulgarien, zit. Kostova, Ziff. 59 m.w.H.). Vielmehr anerkennt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass einer Verwaltungsbehörde - insbesondere in speziellen Rechtsgebieten zur Wahrnehmung von öffentlichen Interessen - nach nationalem Recht ein Ermessensspielraum ("administrative discretion") zugewiesen werden darf, solange die Ausübung dieser Entscheidungsgewalt durch eine gerichtliche Instanz auf das Vorliegen von objektiven Mängeln hin in ausreichender Weise überprüft werden kann (vgl. EGMR, 36181/05, Kostova, Ziff. 60; EGMR, 32181/04, Sigma, Ziff. 157).

149. Massgebend für die Beurteilung, ob ein Ermessenspielraum von Verwaltungsbehörden durch eine Gerichtsinstanz in ausreichender Weise ("sufficient jurisdiction") überprüft werden kann, sind die konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. EGMR, 36181/05, Kostova, Ziff. 60; EGMR, 32181/04, Sigma, Ziff. 155), anhand derer eine Feststellung zu treffen ist, ob die effektive Überprüfung einer Angelegenheit tatsächlich möglich war. Hierbei sind neben den Befugnissen der jeweiligen Gerichtsinstanz insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen: (i) der Gegenstand des Entscheids, einschliesslich der Umstände, ob zum einen besonderes Fachwissen oder Erfahrung erforderlich ist sowie ob und in welchem Umfang eine Ermessensentscheidung vorgenommen wird; (ii) die Art der Verfahren einschliesslich einer möglichen Ausübung von Verfahrensrechten; (iii) der Inhalt des Streitgegenstands einschliesslich der Gründe für die geltend gemachten Rügen (vgl. EGMR, 36181/05, Kostova, Ziff. 59; EGMR, 32181/04, Sigma, Ziff. 154). Wesentliche Bedeutung für die Beurteilung kommt zudem dem Umstand zu, ob sich die jeweilige Gerichts-instanz tatsächlich Punkt für Punkt mit den rechtserheblichen Rügen und Argumenten der jeweiligen Beschwerdeführer auseinandergesetzt hat (vgl. EGMR, 32181/04, Sigma, Ziff. 156 m.w.H.).

150. Gemäss dem jüngsten Entscheid des Bundesgerichts in Sachen Publigroupe sind diese Voraussetzungen für eine Überprüfung von Sanktionsentscheidungen der Wettbewerbskommission in Kartellverwaltungsverfahren im Beschwerdeverfahren durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich gegeben (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 4.5). Demzufolge kann das Bundesverwaltungsgericht seine Kognition im Hinblick auf die Ausführungen der Wettbewerbskommission als Fachbehörde und das damit verbundene Sachverständigenermessen zurücknehmen, ohne dass sich daraus bereits automatisch eine fehlerhafte Ausübung der Kognition ergibt. Massgebend ist allein, ob im Einzelfall eine effektive Überprüfung im vorgenannten Sinne durch das Bundesverwaltungsgericht vorgenommen wird (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 4.5). Darüber hinaus lässt sich nicht allein daraus, dass im Einzelfall eine Zurückhaltung von Seiten des Bundesverwaltungsgerichts geltend gemacht wurde, eine prinzipielle Einschränkung und damit eine mangelnde Ausübung der Kognitionsbefug-nis in anderen Fällen begründen (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 4.6.1).

151. Die von den Beschwerdeführerinnen in abstrakter Weise erhobene Rüge einer unsachgemässen Zurückhaltung ist daher von vornherein unbeachtlich.

(b) Prüfungsdichte

152. Aus der umfassenden Prüfungszuständigkeit folgt nicht, dass das Bundesverwaltungsgericht sämtliche Ermittlungshandlungen zur Feststellung des Sachverhalts eigenständig durchführen und demzufolge die von der Vorinstanz bereits vorgenommene Sachverhaltsermittlung einschliesslich allfälliger Beweiserhebungen zwingend nochmals wieder-holen muss. Vielmehr ist es prinzipiell ausreichend, dass das Bundesverwaltungsgericht die vorgenommene Sachverhaltsermittlung einschliesslich allfälliger Beweiserhebungen auf ihre sachliche Richtigkeit und die Einhaltung der beweisrechtlich vorgegebenen Grundsätze überprüft. Soweit sich dabei keine Mängel ergeben oder von dem jeweiligen Beschwerdeführer keine begründeten Mängel aufgezeigt werden, kann sich das Gericht die Ausführungen und Beweiserhebungen der Vorinstanz zu eigen machen (vgl. BGE 133 V 196 E. 1.4; BGE 110 V 48 E. 4; BVGE 2007/27 E.3.3; Kiener/Rütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 664; Kraus-kopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 17; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.119a; in diesem Sinne auch BGE 139 I 72, Publi-groupe, E. 4.5 a.E.). Allein eine nicht substantiierte oder eine inhaltlich falsche Behauptung eines Beschwerdeführers, wonach die Beweiserhebung der Vorinstanz nicht korrekt sei, verpflichtet das Bundesverwaltungsgericht nicht dazu, die Erhebung von Beweisen zu wiederholen oder ergänzend Beweise zu erheben (vgl. Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.123b). Diesbezüglich unterschiedet sich ein Kartellverfahren nicht von der Prüfung des Verwaltungshandelns auf anderen Gebieten des Verwaltungsrechts mit besonderen technischen oder sonstigen fachlichen Bezügen.

153. Allein aus dem Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Beweiswürdigung auf das Ergebnis der Beweiserhebung durch die Vorinstanz abstellt, stellt demzufolge nicht bereits eine fehlerhafte Ausübung seiner Kognition dar. Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt ist zudem zu beachten, dass die Beschwerdeführerinnen keine substantiierte Spezifizierung vornehmen, hinsichtlich welcher einzelnen Tatbestandsmerkmale eine generelle Reduzierung der Prüfungspflicht in der Vergangenheit unzulässigerweise vorgenommen worden sein soll. Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführerinnen ist daher unbegründet.

(c) Beweismass

154. Der von den Beschwerdeführerinnen gerügte Aspekt des Beweismasses betrifft die Frage, unter welchen Umständen eine Tatsache als bewiesen gilt. Er steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit den Aspekten der Beweislast - wer die einen Anspruch begründenden Umstände nachzuweisen und die Folgen einer etwaigen Beweislosigkeit zu tragen hat - sowie der Beweiswürdigung - die Beurteilung des Beweiswerts bzw. der Beweiskraft der vom Gericht abgenommenen Beweismittel - im Rahmen eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens (vgl. Bilger, Verwaltungsverfahren, 305 f.).

155. Weder das Kartellgesetz noch das Verwaltungsverfahrensgesetz sehen eine allgemeine Regelung des Beweisrechts für ein Kartellverfahren vor. Art. 19
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes.
VwVG verweist hierzu auf die Art. 37, 39 bis 41 und 43 bis 61 BZP. Diese Vorschriften weisen allerdings keine Regelungen zum anwendbaren Beweismass auf.

156. In Praxis und Literatur werden im Wesentlichen drei Arten des Beweismasses abgegrenzt: (i) die volle Überzeugung - certitude, certezza, (ii) die überwiegende Wahrscheinlichkeit - la vraisemblance prépondé-rante, la verosimiglianza preponderante, und (iii) die Glaubhaftmachung - la simple vraisemblance, la semplice verosimigliante (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1; Berger Max B./Nogler Roman, Beweisrecht - die Last mit dem Beweis(en), recht 2012, zit. Beweisrecht, 171; Brönnimann Jürgen, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, zit. BK-ZPO, Art. 157 Rn. 36 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 482; Staehelin Adrian/Staehelin Daniel/Grolimund Pas-cal, Zivilprozessrecht, 2013, zit. ZPO, § 18 Rn. 37 f.). Diese unterscheiden sich nach dem Ausmass der jeweiligen Sicherheit hinsichtlich des massgeblichen Sachverhalts, der einem Entscheid zu Grunde zu legen ist, und finden in den jeweiligen Rechtsverfahren in verschiedener Weise Anwendung. Für das Beweismass der vollen Überzeugung wird in der kartellrechtlichen Praxis (vgl. BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 5; BVGer, 9.7.2014, B-4637/2013, UPC Cablecom GmbH u.a. gg. CT Cinetrade AG u.a., RPW 2014/2, 452, E. 3; BVGer, 23.9.2014; B-8399/2010, SiegeniaAubi AG gg. Weko, RPW 2014/3, 548, zit. Baubeschläge Siegenia, E. 4.3; BVGer, 23.9.2014, B-8404/2010, SFS unimarket AG gg. Weko, RPW 2014/3, 589, zit. Baubeschläge SFS, E. 3.2.3; BVGer, 23.9.2014, B-8430/2010, Paul Koch AG gg. Weko, RPW 2014/3, 610, zit. Baubeschläge Koch, E. 5.3) und in der Literatur verschiedentlich auch der Begriff "Vollbeweis" verwendet; allerdings ist dieser Begriff nicht sachgerecht, weil er impliziert, dass den anderen anerkannten Arten des Beweismasses keine ausreichende Beweiskraft zukomme, was jedoch nicht der Fall ist; aus diesem Grund wird im Folgenden auf den Begriff "Überzeugungsbeweis" abgestellt. Für das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit wird allgemein der Begriff Wahrscheinlichkeitsbeweis verwendet.

157. Als Regelbeweismass qualifiziert die Praxis grundsätzlich den Über-zeugungsbeweis (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1; BGE 132 III 715 E. 3.1; BGE 133 III 153 E. 3.3; BGE 130 III 321 E. 3.2; BGE 128 III 271 E. 275; vgl. auch Berger/Nogler, Beweisrecht, 171; Bilger, Verwaltungsverfahren, 305; Brönnimann, BK-ZPO, Art. 157 Rn. 40; Rhinow/Koller/ Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 999; Staehelin/Stae-helin/Grolimund, ZPO, § 18 Rn. 38). Danach ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht nach objektiven Gesichtspunkten von der Richtigkeit einer Sachbehauptung überzeugt ist. Dabei wird allerdings keine absolute Gewissheit vorausgesetzt. Denn die Verwirklichung der Tatsache braucht nicht mit Sicherheit festzustehen; vielmehr ist es ausreichend, wenn das Gericht am Vorliegen der behaupteten Tatsache keine ernsthaften Zweifel mehr hat oder allenfalls verbleibende Zweifel als leicht erscheinen.

158. Ausnahmen von diesem Regelbeweismass ergeben sich zum einen, soweit sie gesetzlich vorgesehen sind, und zum anderen, soweit sie durch Rechtsprechung und Lehre herausgearbeitet wurden (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1). Den Ausnahmen liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Rechtsdurchsetzung nicht an Beweisschwierigkeiten scheitern darf, die typischerweise bei bestimmten Sachverhalten auftreten (vgl. BGE 130 III 321 E. 3.2; BGE 128 III 271 E. 2b/aa). Die Beweiserleichterung setzt demnach eine typisierte Schwierigkeit der beweisbelasteten Partei voraus, einen Nachweis in geeigneter oder ausreichend dokumentierter Form führen zu können. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Überzeugungsbeweis nach der Natur der Sache nicht möglich oder nicht zumutbar ist (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1; BGE 130 III 321 E. 3.2). Als Ausnahme vom Regelbeweismass der vollen Überzeugung ist der Wahrscheinlichkeitsbeweis anerkannt.

159. Beim Wahrscheinlichkeitsbeweis liegt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit vor, wenn für die Richtigkeit der Sachbehauptung nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht massgeblich in Betracht fallen (vgl. BGE 140 III 610 E. 4.1; BGE 132 III 715 E. 3.1; BGE 130 III 321 E. 3.2; gemäss BGer, 20.10.2009, 9C_717/ 2009, K. gg. IV-Stelle Kt. St. Gallen, E. 3.3, ist dies dann der Fall, wenn das Gericht zur Ansicht gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt den wahrscheinlichsten aller in Betracht fallenden Geschehensabläufe darstellt). Nach ständiger Rechtsprechung gilt das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit etwa für den Nachweis des natürlichen Kausalzusammenhangs oder bei hypothetischen Kausalzusammenhängen (vgl. BGE 128 III 271 E. 2b/aa; BGE 121 III 358 E. 5; BGE 107 II 269 E. 1b; für weitere Konstellationen vgl. Berger/Nogler, Beweisrecht, 171 f.; Staehelin/Staehelin/Grolimund, ZPO, § 18 Rn. 40).

160. In Literatur und Praxis ist umstritten, ob für Kartellverfahren der Überzeugungsbeweis zu gelten hat (vgl. David/Jacobs, WBR, Rn. 826; David Lucas/Frick Markus R./Kunz Oliver M./Studer Matthias U./Zim-merli Daniel, Der Rechtsschutz im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. I/2, 3. Aufl. 2011, zit. SIWR-Rechtsschutz, Rn. 1294 und 1306) oder ob (auch) auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit als Beweismass abzustellen ist (vgl. BGer, 6.2.2007, 2A.430/2006, Schw. Buchhändler- und Verlegerverband SBVV u.a. gg. Weko, RPW 2007/1, 129, zit. Buchpreisbindung II, E. 10.4; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 5; REKO/WEF, 11.7.2006, FB/2005-4; Schw. Buchhändler- und Verlegerverband SBVV u.a. gg. Weko, RPW 2006/3, 548, zit. Buchpreisbindung II, Ziff. 6.1; REKO/WEF, 22.12.2004, FB/2002-1, Betonsan u.a. gg. Weko, RPW 2005/1, 183, E. 8; Bilger, Verwaltungsverfahren, 306; Richli, Kartellverwaltungsverfahren, 454; Vogt Hans-Ueli, Auf dem Weg zu einem Kartellverwaltungsverfahrensrecht, AJP 1999, 837, 844; vgl. auch BVGE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 7.4). Zur Begründung für die Absenkung des Beweismasses wird angeführt, dass im wettbewerbsrechtlichen Kontext ökonomische Erkenntnisse immer mit einer gewissen Unsicherheit behaftet seien. Teilweise wird in der Literatur auch vertreten, wonach jedenfalls bei wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen, die zu einer Verhängung von direkten Sanktionen führen können, ein höheres Beweismass als bei sonstigen Wettbewerbsbeschränkungen zur Anwendung gelangen müsse (vgl. Amstutz Marc/Keller Stefan/Rei-nert Mani, "Si unus cum una...": Vom Beweismass im Kartellrecht, BR 2005, 117, zit. Beweismass, 119; Brütsch Raphael, Parallelverhalten im Oligopol als Problem des schweizerischen Wettbewerbsrechts, 2003, 150 f.; Zirlick Beat/Tagmann Christoph, in: Amstutz/Reinert [Hrsg.], Basler Kommentar, Kartellgesetz, 2010, zit. BSK-KG, Art. 30 Rn. 102).

161. Im Fall Publigroupe hat das Bundesgericht für die Beurteilung des Tatbestandsmerkmal der Marktbeherrschung in Bezug auf die Marktabgrenzung und die Marktstellung ausdrücklich festgestellt, dass die Anforderungen an den Nachweis der hierbei bestehenden Zusammenhänge mit Blick auf die Zielsetzung des Kartellgesetzes, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung zu fördern, nicht übertrieben werden dürften (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.3.2, vgl. auch E. 9.2.3.5, wonach die Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes eine graduelle Abwägung erfordere, die einen Überzeugungsbeweis weder ermögliche noch rechtfertige, weil ansonsten "eine objektive Berechenbarkeit vorgetäuscht und das Erfordernis von Werturteilen verdeckt" werden würde). In diesem Sinne erscheine eine strikte Beweisführung bei diesen Zusammenhängen kaum möglich zu sein. Eine gewisse Logik der wirtschaftlichen Analyse und Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit müssten aber überzeugend und nachvollziehbar erscheinen (BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.3.2; in diesem Sinne bereits BGer, 2A.430/2006,Buchpreisbindung II, E. 10.4, für die Beurteilung von Effizienzgründen). Für die konkrete Beurteilung wurde dann darauf abgestellt, dass nicht ersichtlich sei, die von der Wettbewerbskommission angeführten und ausführlich begründeten ökonomischen Zusammenhänge wären nicht verlässlich (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.3.3).

162. Das Bundesgericht hat mithin klargestellt, dass bei komplexen wirtschaftlichen Sachverhalten mit multiplen Wirkungszusammenhängen (vgl. E. 80) ein Nachweis auf der Grundlage der Gewissheit in ausreichender Weise nicht herbeigeführt werden kann und demzufolge auch nicht erforderlich ist. Diese Einschätzung gilt nicht nur in Bezug auf die Feststellung der Marktbeherrschung, sondern letztlich für alle Tatbestandsmerkmale, soweit im Einzelfall entsprechende multiple Wirkungszusammenhänge bestehen. Für einen rechtsgenüglichen Nachweis von kartellrechtlichen Tatbestandsmerkmalen ist bei Vorliegen von multiplen Wirkungszusammenhängen demzufolge das Beweismass der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausreichend und nicht ein Überzeugungsbeweis erforderlich. Eine Differenzierung zwischen sanktionsbedrohten und anderen Tatbeständen ist dabei nicht vorzunehmen, weil sich das Beweismass an den Umständen der Beweiserhebung und nicht an den Rechtsfolgen auszurichten hat. Auch der strafrechtsähnliche Charakter der Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG verlangt nicht nach einer Erhöhung des anwendbaren Beweismasses.

163. Dieses Ergebnis entspricht den vorstehend dargestellten Prinzipien zur Anwendung des Überzeugungsbeweises als Regelbeweismass und den hierzu anerkannten Ausnahmen. Denn im Rahmen einer Prüfung von einzelnen Tatbeständen des Kartellgesetzes sind vielfach Einschätzungen mit einzubeziehen, die sich auf zukünftige oder alternativ denkbare Ereignisse oder Auswirkungen beziehen. Dies entspricht im Ergebnis einer Berücksichtigung von hypothetischen Kausalzusammenhängen (im Ergebnis so bereits BGer, 22.2.2007, 2A.327/2006, Weko gg. Berner Zeitung AG/Tamedia AG u.a., RPW 2007/2, 331, zit. 20 Minuten, E. 5.4; BGer, 2A.430/2006,Buchpreisbindung II, E. 10.4). Des Weiteren ist es
nnoffensichtlich, dass mit zunehmender Komplexität einer Materie auch die Anzahl aller denkbaren Varianten eines Geschehensablaufs unweigerlich um ein Vielfaches zunimmt. Der Grad und das Ausmass einer gerichtlichen Überzeugung verändern sich daher notwendigerweise mit zunehmender Komplexität und den sich daraus ergebenden Interdependenzen einer Materie. Bei Vorliegen von derartigen Aspekten kann im Einzelfall daher von vornherein keine Gewissheit hergestellt werden, weshalb ein Wahrscheinlicheitsbeweis für den erforderlichen Nachweis massgebend ist.

164. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Rüge, wonach im Rahmen von kartellrechtlichen Sanktionsverfahren für die notwendigen sachlichen Feststellungen ausnahmslos das Beweismass der vollen Überzeugung zur Anwendung gelangen müsse, ist daher unbegründet.

5) Berücksichtigung des EU-Wettbewerbsrechts

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

165. Die Beschwerdeführerinnen machen insbesondere im Hinblick auf die Strafbarkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens geltend, dass ein Rückgriff auf ausländische Entscheide und hierbei insbesondere auf solche von Behörden und Gerichten der Europäischen Union nicht zulässig sei. Eine allfällige fehlende gesetzliche Grundlage könne nicht durch Entscheide in anderen Rechtsordnungen und zu anderen Rechtsgebieten ersetzt werden, weil von den Rechtsunterworfenen nicht verlangt werden könne, sich in ausländischen Rechtsordnungen darüber zu informieren, was im Inland allenfalls strafbar sein könnte. Dies sei rechtsstaatlich unhaltbar und würde einen Verstoss gegen Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG darstellen. Die Wettbewerbsvorschriften in der Europäischen Union seien trotz einer gewissen Verwandtschaft aufgrund der fundamental anderen Grundlage, nämlich einer Missbrauchsgesetzgebung in der Schweiz gegenüber einer Verbotsgesetzgebung in der Europäischen Union, nicht vergleichbar, weshalb von der Strafbarkeit eines Verhaltens in der einen Rechtsordnung nicht auf die Strafbarkeit in der anderen Rechtsordnung geschlossen werden könne. So sei auch vom Bundesverwaltungsgericht in den jüngsten Entscheiden Siegenia und Koch festgehalten worden, dass ein Verhalten, welches in der Europäischen Union möglicherweise unzulässig sei, nach schweizerischem Recht durchaus erlaubt sein könne.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

166. Die Vorinstanz geht im Ergebnis von einer zulässigen und notwendigen Berücksichtigung des EU-Wettbewerbsrechts aus. Allerdings macht sie geltend, dass es den Wettbewerbsbehörden frei stehe, eine abweichende Praxis zu begründen, wenn sie dies für angezeigt halte.

(3) Würdigung durch das Gericht

167. Die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen betreffen die grundsätzliche Frage, ob und inwieweit das EU-Wettbewerbsrecht sowie der sich daraus ergebenden EU-Wettbewerbspraxis für die Auslegung und Anwendung des schweizerischen Kartellrechts herangezogen werden kann.

168. Die Ausgestaltung des Kartellrechts in der Schweiz orientiert sich seit der Revision des Kartellgesetzes im Jahr 1995 ausdrücklich rechtsvergleichend und mit Ausnahmevorbehalt am EU-Wettbewerbsrecht (vgl. Botschaft KG 1995, 530: "[...] die Regelungsmuster des Wettbewerbsrechts der Europäischen Union wurden insoweit berücksichtigt, als nicht aus sachlichen Gründen unterschiedliche Lösungen angezeigt erschienen [...]. Durch diese Vorgehensweise lassen sich zum einen bewährte wettbewerbspolitische Konzepte übernehmen. Zum anderen soll sie Schweizer Unternehmen, die in der Europäischen Union tätig sind, eine gewisse Gewähr bieten, dass die Verhaltensmassstäbe, an denen sie dort gemessen werden, unseren nicht grundsätzlich widersprechen [...]"). Diese grundsätzliche Orientierung und die damit einhergehende fortbestehende Intention des Gesetzgebers wurden auch im Rahmen der Revision des Kartellgesetzes im Jahr 2004 (vgl. Botschaft KG 2004, 2051: "[...] nähert sich durch die Revision das «Schutzniveau» der schweizerischen Wettbewerbsgesetzgebung demjenigen der EU an [...]") sowie im Rahmen der intendierten Revision des Kartellgesetzes im Jahr 2012 (vgl. Botschaft des Bundesrats vom 22.2.2012 zur Änderung des Kartellgesetzes und zum Bundesgesetz über die Organisation der Wettbewerbsbehörde, BBl 2012 3931,zit. Botschaft KG 2012, 3916 Ziff. 1.1.5: "[...] der Entwicklung der europäischen Gesetzgebung Rechnung tragen, um eine Wirksamkeit des Kartellrechts zu garantieren, die den Bedürfnissen einer fortgeschrittenen und stark in den internationalen Handel integrierten Wirtschaft entspricht [...]") bestätigt.

169. Zweck und Anlass einer Ausrichtung des schweizerischen Kartellrechts am EU-Wettbewerbsrecht sind nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Aspekte. In diesem Zusammenhang ist zunächst daran zu erinnern, dass das EU-Wettbewerbsrecht seit seiner parallelen Ausrichtung am US-amerikanischen Wettbewerbsrecht im Gefolge und als Bedingung des Marshall-Plans für die finanzielle Hilfe beim Wiederaufbau Westeuropas nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Vorlage für eine entsprechende Ausgestaltung der nationalen Wettbewerbsordnungen in den einzelnen Mitgliedstaaten bildet (vgl. Leucht Brigitte, Transatlantic policy networks in the creation of the first European anti-trust law, in: Kaiser/Leucht/Rasmussen [Hrsg.], The History of the Europaen Union, Origin of a trans- and supranational polity 1950-1972, 2009, 56, 58 f., 64 f.; Pedersen Kai R., Re-Education European Management: The Marshall Plan´s Campaign against restrictive business practices in France 1949-1953, Business and Economic History, Vol. 25, 1996, 267, 270), die im Rahmen der späteren EU-Osterweiterung auch von den neuen Mitgliedstaaten fortgesetzt wurde. Die EU-Wettbewerbsvorschriften haben demzufolge eine weite Verbreitung in Europa gefunden. Zudem ist das EU-Wettbewerbsrecht in den letzten Jahrzehnten durch die Entscheidpraxis der EU-Kommission und der EU-Gerichte sowie zahlreiche Ausführungserlasse kontinuierlich weiterentwickelt und dadurch inhaltlich weiter konkretisiert worden (so bereits die Botschaft KG 1995, 529). Dies führte dazu, dass für eine Vielzahl von kartellrechtlichen Problemstellungen die Rechtssicherheit in der Europäischen Union erheblich verbessert werden konnte. Durch seine grundsätzliche Ausrichtung auf das EU-Wettbe-werbsrecht - wobei einzelne bilaterale Verträge zwischen der Schweiz und der Europäischen Union sogar darüber hinausgehende Übernahmen des EU-Wettbewerbsrechts enthalten (vgl. Breitenmoser Stephan/Wey-eneth Robert, Europarecht, 2. Aufl. 2014, Rn. 702; dies., Europäische Bezüge und Bilaterale Verträge, in: Biaggini/Häner/Saxer/Schott [Hrsg.], Fachhandbuch Verwaltungsrecht, 2015, Rn. 31.96 f.) -, nimmt das schweizerische Kartellrecht an diesem erhöhten Mass an Rechtssicherheit teil (darauf verweist ausdrücklich auch BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.3). Aufgrund der Handels- und Investitionsströme ist davon auszugehen, dass die Wettbewerbsordnungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten von grösster Bedeutung für die schweizerischen Unternehmen sind. Eine grundsätzliche Angleichung des schweizerischen Kartellrechts an die Wettbewerbsordnungen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten ermöglicht den schweizerischen Unternehmen, vertragsrechtliche und organisatorische
Doppelspurigkeiten zu vermeiden und zu eliminieren (vgl. Botschaft KG 1995, 530).

170. Grenzen dieser grundsätzlichen Angleichung an das EU-Wettbe-werbsrecht bestehen nach Ansicht des Gesetzgebers aber mit Bezug auf jene Aspekte, bei denen aufgrund der Unterschiede in der Sache, wie der Fusionskontrolle in einer kleinen offenen Volkswirtschaft, oder aufgrund der Wirtschaftsverfassung spezifische Lösungen angezeigt sind (vgl. Botschaft KG 1995, 531). In Bezug auf Beschränkungen, die sich aufgrund von unterschiedlichen Ansätzen der zugrundeliegenden Wirtschaftsverfassung ergeben sollen, setzt sich in der Schweiz neuerdings jedoch verstärkt die Erkenntnis durch, dass allein die formale Ausgestaltung des Wirtschaftsverfassungsrechts keine inhaltliche Vorgabe für die konkrete Behandlung einer bestimmten wirtschaftlichen Verhaltensweise darstellt (vgl. Baldi Marino/Schraner Felix, Die kartellrechtlichen Urteile des Bundesverwaltungsgerichts im Fall "Baubeschläge" - revisionistisch oder nur beiläufig falsch?, AJP 2015, 269, Ziff. 3;Borer, KG, Art. 1 Rn. 8; Art. 5 Rn. 5; Gugler Philippe/Zurkinden Philipp, Internationale Bezüge des Wettbewerbsrechts, in: Geiser/Krauskopf/Münch [Hrsg.], Schweizerisches und europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, zit. Bezüge, 78 ff.; Heinemann Andreas, Konzeptionelle Grundlagen des Schweizer und EG-Kartellrechts im Vergleich, in: Weber/Heinemann/Vogt [Hrsg.], Methodische und konzeptionelle Grundlagen des Schweizer Kartellrechts im europäischen Kontext, 2009, zit. Konzeptionelle Grundlagen, 43 ff., 46 f.; Ja-cobs Reto, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, zit. SGK-BV, Art. 96 Rn. 23; Lehne, BSK-KG, Art. 1 Rn. 24; Rhinow René/Schmid Gerhard/Biaggini Giovanni/Uhlmann Felix, Öffentliches Wirtschaftsrecht, 2. Aufl. 2011, zit. Wirtschaftsrecht, § 20 Rn. 25, 52 f.; Rubin, SHK-KG, Art. 1 Rn. 4; Zäch, Kartellrecht, Rn. 127). Daher schliessen auch unterschiedliche Ansätze auf der Ebene der Wirtschaftsverfassung in der Schweiz - bislang vereinfachend als Missbrauchsgesetzgebung bezeichnet - und der Europäischen Union - bislang vereinfachend als Verbotsgesetzgebung bezeichnet - nicht von vornherein aus, dass gleiche wirtschaftliche Verhaltensweisen auch in gleicher Weise rechtlich beurteilt und sanktioniert werden (vgl. Borer, KG, Art. 1 Rn. 9; Gugler/Zurkinden, Bezüge, 81; Heinemann, Konzeptionelle Grundlagen, 50; Lehne, BSK-KG, Art. 1 Rn. 24; Rhinow/Schmid/Biaggini/Uhlmann, Wirtschaftsrecht, § 20 Rn. 55), weil die Unterschiede in den verschiedenen Ansätzen lediglich rechtstechnischer und nicht substanzieller Art sind. Es sind auch keinerlei Gründe ersichtlich, welche eine solche prinzipielle Divergenz zu rechtfertigen vermögen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist daher eine rechtsvergleichende
Berücksichtigung der EU-Wettbewerbs-praxis im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung nach schweizerischem Kartellrecht nicht von vornherein aus systematischen Gründen ausgeschlossen.

171. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass sich auch aus den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Siegenia und Koch (BVGer, B-8399/2010, Baubeschläge Siegenia, E. 6.1.3; BVGer, B-8430/2010, Baubeschläge Koch, E. 7.1.3) entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nichts anderes ergibt, weil in den fraglichen Urteilspassagen lediglich darauf hingewiesen wird, dass in der Schweiz keine formalen per se-Verbote existieren, sondern jeweils eine inhaltliche Einzelfallprüfung durchzuführen sei.

172. Die vom Gesetzgeber vorgegebene grundsätzliche Ausrichtung des schweizerischen Kartellrechts am EU-Wettbewerbsrecht ist auch im Rah-men der Rechtsanwendung zu berücksichtigen. Dies bedeutet ungeachtet des eigenständigen Rechtscharakters des schweizerischen Kartellrechts und der sich daraus mitunter ergebenden autonomen Auslegung (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 4.3.1), dass die schweizerischen Wettbewerbsbehörden und Gerichte im Rahmen der Bearbeitung eines Einzelfalls in rechtsvergleichender Weise prinzipiell auch die einschlägige EU-Wettbewerbspraxis zu berücksichtigen haben (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.3; Sturny Monique, Der Einfluss des europäischen Kartellrechts auf das schweizerische Kartellrecht, in: Die Europakompatibilität des schweizerischen Wirtschaftsrechts: Konvergenz und Divergenz, 2012, 107 ff., 113 ff. i.V.m. 112, 124 Fn. 90, 127; vgl. allgemein Amstutz Marc, Evolutorische Rechtsmethodik im europäischen Privatrecht, Zur richtlinienkonformen Auslegung und ihren Folgen für den autonomen Nachvollzug des Gemeinschaftsprivatrechts in der Schweiz, in: Werro/Probst [Hrsg.], Das schweizerische Privatrecht im Lichte des europäischen Gemeinschaftsrechts, 2004, 105 ff.).

173. Dies gilt in besonderem Masse für die Beurteilung eines Missbrauchs von Marktmacht (vgl.Weko-Sekretariat, 12.4.2004, Talk & Surf, RPW 2004/2, 357, Ziff. 60; Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 198;Clerc Evelyne, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR Concurrence, Art. 7 I Rn. 50 f.; Köchli/Reich, SHK-KG, Art. 4 Rn. 32), weil Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ganz offensichtlich die europarechtliche Regelung in Art. 102 AEUV (vormals Art. 82 EUV) übernommen hat. Hierdurch lassen sich die auf europäischer Ebene bereits gewonnenen Erkenntnisse über die Beurteilung eines bestimmten wirtschaftlichen Verhaltens - wie etwa den Zweck einer Norm, die inhaltlichen Voraussetzungen einer Überprüfung des jeweiligen wirtschaftlichen Verhaltens sowie die Anerkennung von sachlichen Gründen zu dessen Rechtfertigung - für das schweizerische Recht nutzen. Dies wurde vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen (vgl. Botschaft KG 2004, 2041: "Die Praxis der EU-Behörden und die Rechtsprechung zu der praktisch gleich lautenden Bestimmung im EU-Raum haben zusätzlich zur Klärung dieser Tatbestände [Anm.: des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG] beigetragen") und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausdrücklich bestätigt (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.3; noch zurückhaltend BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 4.3.2).

174. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Entscheide von EU-Kom-mission und EU-Gerichten in ähnlichen Fällen automatisch tel quel zu übernehmen wären. Vielmehr bedarf es hierfür stets einer - zumindest impliziten - Prüfung, ob eine Übernahme der vorhandenen Erkenntnisse nicht durch das Vorliegen von besonderen nationalen Aspekten, die entsprechend der Intention des Gesetzgebers im Hinblick auf die schweizerischen Märkte zu berücksichtigen sind, ausgeschlossen wird. Denn auch aus einer identischen Terminologie kann nicht abgeleitet werden, dass vom Gesetzgeber zwingend eine identische Regelung angestrebt worden war (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 4.3.2). Im Regelfall werden aber keine solchen Aspekte zu berücksichtigen sein, weil sich die wirtschaftlichen Auswirkungen von Wettbewerbsbeschränkungen nicht in wesentlichem Umfang entlang nationaler Grenzen unterscheiden. Dies gilt insbesondere für den Bereich der schwerwiegendsten Wettbewerbsbeschränkungen, deren schädliche Wirkung mittlerweile sowohl in allen EU-Mitgliedstaaten als auch der Schweiz anerkannt sind. Im Übrigen wird auch durch eine grundsätzliche Berücksichtigung des EU-Wettbewerbs-rechts die Notwendigkeit nicht eingeschränkt, in jedem Einzelfall eine Prüfung anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Sachverhalts vorzunehmen.

175. Die allgemeine inhaltliche Ausrichtung des schweizerischen Kartellrechts ist aber nicht erst von den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten im Rahmen der Rechtsanwendung zu beachten. Denn mit der vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgegebenen Bezugnahme auf das EU-Wettbewerbsrecht werden für die schweizerischen Märkte eine gewisse inhaltliche Konkretisierung des wettbewerbswidrigen Verhaltens und damit eine grundsätzliche Abgrenzung zwischen einem zulässigen und einem rechtswidrigen wirtschaftlichen Verhalten vorgenommen. Daher obliegt einem Unternehmen die Beachtung des schweizerischen Kartellrechts unter einer angemessenen rechtsvergleichenden Berücksichtigung des EU-Wettbewerbsrechts.

176. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist das EU-Wett-bewerbsrecht auch in einem Kartellsanktionsverfahren rechtsvergleichend zu berücksichtigen. Allein wegen des Umstands, dass in diesen Verfahren eine Sanktion ausgesprochen werden kann, der ein strafrechtsähnlicher Charakter beizumessen ist (vgl. E. 649 ff.), ergeben sich im Hinblick auf eine Berücksichtigung des EU-Wettbewerbsrechts keine sachlichen Gründe für eine grundsätzlich andere und damit unterschied-liche Behandlung zu sonstigen Kartellverfahren. Denn die Beachtung des EU-Wettbewerbsrechts erfolgt im Wesentlichen in Bezug auf die Merkmale und Prüfungskriterien der materiellen Tatbestände und nicht auf die Sanktionierung von Sachverhalten. Die Sanktionierung eines aufgrund einer bestehenden Entscheidpraxis der EU-Wettbewerbsinstanzen als wettbewerbswidrig qualifizierten wirtschaftlichen Verhaltens erfolgt aufgrund der Vorschriften von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und der Sanktionsverordnung des Bundesrats, nicht aber aufgrund der Regelungen der entsprechenden Erlasse des EU-Wettbewerbsrechts. Ob sich an die Feststellung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens eine Sanktion anschliesst oder nicht und welcher Inhalt einer solchen Sanktion zukommt, ist demzufolge ausschliesslich eine Frage des schweizerischen Kartellrechts.

177. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerinnen sich im Rahmen ihrer Stellungnahmen ebenfalls punktuell auf das EU-Wettbewerbsrecht zur Unterstützung ihrer jeweiligen Argumentation berufen haben. Es ist deshalb widersprüchlich und von vornherein weder sachgerecht noch nachvollziehbar, das EU-Wettbewerbsrecht einerseits zu einzelnen Sachpunkten heranzuziehen, bei denen die eigene Rechtsposition zumindest vermeintlich bestätigt wird, andererseits seine Berücksichtigung aber gänzlich abzulehnen.

6) Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

178. Die Beschwerdeführerinnen machen hinsichtlich einer Vielzahl von unterschiedlichen Aspekten eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend.

179. Im Hinblick auf den materiellen Tatbestand wird vorgetragen, dass die Vorinstanz insbesondere folgende wesentlichen Elemente, die mit der Preisstruktur des Breitbandgeschäfts zusammenhängen, nicht abgeklärt habe: (i) Rentabilität des Einzelhandelsgeschäfts unter Ausklammerung der Akquisitionskosten in den Jahren 2002 bis 2005 statt eines blossen Verweises, die entsprechenden Daten seien von den Beschwerdeführe-rinnen nur für die Jahre 2006 bis 2008 bereitgestellt worden; (ii) Wirtschaftlichkeit des DSL-Einzelhandelsgeschäfts unter Berücksichtigung der Deckungsbeiträge anderer Leistungen bei Bündelangeboten statt eines Verzichts mit Verweis auf die Marktabgrenzung; (iii) Verweildauer der Endkunden sowie Auswirkungen der entsprechenden Abschreibung von Akquisitionskosten über diesen Zeitraum; (iv) Fixkosten des Einzelhandelsgeschäfts und deren tatsächliche Bedeutung statt eines Verweises auf Angaben der Swisscom für das Jahr 2007; (v) tatsächliche Kosten des Prüfungskriteriums Test 2 und Gegenüberstellung mit den absoluten Margenbeträgen; (vi) Tauglichkeit der im Benchmark vertretenen Länder für einen Vergleich, statt eines Verweises auf den Sachverstand des Bundesamts für Kommunikation; (vii) Kausalzusammenhang zwischen dem BBCS-Preis bzw. der Marge und dem Rückzug von Tele 2 statt Mutmassungen über eine Behinderung durch die Swisscom-Gruppe.

180. Die Vorinstanz habe den Untersuchungsgrundsatz in Zusammenhang mit den Beweisregeln auch aus folgenden Gründen verletzt: (i) der Einfluss der potentiellen Konkurrenz durch die technisch möglichen Grosshandelsangebote der Kabelnetzbetreiber sei nicht überprüft worden; (ii) die von der REKO/WEF angeordneten Abklärungen über die Wettbewerbsverhältnisse auf dem Einzelhandelsmarkt seien nicht durchgeführt worden; (iii) die indirekten Wettbewerbseinflüsse des Einzelhandelsmarkts auf den Grosshandelsmarkt seien nicht abgeklärt worden; (iv) die Auswirkungen der Bündelangebote seien nicht untersucht und berücksichtigt worden; (v) es seien keine Feststellungen getroffen worden, welche Preise und Margen rechtmässig gewesen wären; (vi) Swisscom hätte nachweisen müssen, tatsächlich Abschreibungen im Hinblick auf die Akquisitionskosten vorgenommen zu haben; (vii) Angaben zur Rentabilität des Einzelhandelsgeschäfts seien nur dann relevant, wenn Swisscom sie nicht nur für die Jahre 2006-2008, sondern auch für die Jahre davor eingereicht hätte; (viii) Angaben zu fixen und variablen Kosten seien nur dann relevant, wenn Swisscom solche Angaben für alle Jahre des Betrachtungszeitraums von sich aus eingereicht hätte; (ix) die Vorinstanz habe das Prüfkriterium Test 1 fehlerhaft angewendet und lehne es ab, die erforderlichen Korrekturen vorzunehmen.

181. Im Hinblick auf Rechtfertigungsgründe sei von der Vorinstanz keine Untersuchung vorgenommen worden, ob sachliche Gründe die untersuchte Verhaltensweise rechtfertigen könnten; vielmehr seien nur die von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Gründe entkräftet worden.

182. Im Hinblick auf das Verschulden sei weder eine Abklärung des subjektiven Tatbestands vorgenommen noch sei das Vorliegen eines Sachverhalts- oder Rechtsirrtums abgeklärt worden.

183. Im Hinblick auf die Sanktionsbemessung (i) sei keine Ermittlung derjenigen Umsätze auf dem relevanten Markt vorgenommen worden, bei denen keine Kosten-Preis-Schere vorgelegen habe, und (ii) es seien keine Milderungsgründe abgeklärt worden.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

184. Die Vorinstanz ist hinsichtlich aller Sachpunkte, die Gegenstand einer Rüge des Untersuchungsgrundsatzes der Beschwerdeführerinnen sind, der Ansicht, dass der ihrer Rechtsauffassung zu Grunde liegende Sachverhalt in ausreichender Weise abgeklärt worden sei. Alle von den Beschwerdeführerinnen vorgetragenen Aspekte seien im Rahmen der
vorinstanzlichen Verfügung abgehandelt worden.

(3) Würdigung durch das Gericht

185. Sowohl im Kartellverwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist der Sachverhalt gemäss Art. 12 VwVG i.V.m. Art. 39
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
KG bzw. Art. 37
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG56, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
VGG von Amtes wegen zu untersuchen (vgl. BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 5; BVGer, B-2977/2007, Publigroupe, E. 3 [S. 19]; REKO/WEF, Buchpreisbindung II, RPW 2006/3, 548, E. 6.1 m.w.H.). Dieser Untersuchungsgrundsatz verpflichtet Behörde und Beschwerdeinstanz, den Sachverhalt aus eigener Initiative richtig und vollständig abzuklären (vgl. BGE 138 V 218 E. 6; BGE 117 V 282 E. 4a; BVGE 2012/21 E. 5.1; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 16; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.119; Rhinow/Kol-ler/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 991 f., 994 f., 1660 f.;Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.38 f.; Tanquerel, droit administra-tif, Rn. 1559). Hierfür sind alle rechtserheblichen Aspekte zu ermitteln, sämtliche notwendigen Unterlagen zu beschaffen und die erforderlichen Beweise abzunehmen (vgl. Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 456, 1133; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 20 f.; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.119 f.). Als rechtserheblich gelten alle Tatsachen, welche den Ausgang des Entscheids beeinflussen können (vgl. BGE 117 V 282 E. 4a; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 28; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.120 f.).

186. Der Untersuchungsgrundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Das Ausmass der Untersuchung ist vielmehr von vornherein auf solche Aspekte beschränkt, die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendig sind und deren Abklärung vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl. BGE 112 Ib 65 E. 3; BVGer, 14.7.2010, B-3608/2009, A. gg. Landwirtschaftl. Rekurskommission Kanton X., E. 6.1; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 28 f.; ähnlich Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.144). Einschränkungen einer amtlichen Ermittlung können sich im Einzelfall zudem durch Mitwirkungspflichten der Parteien, die objektive Beweislast, die Tauglichkeit von Beweismitteln und das treuwidrige Verhalten einer Partei ergeben (vgl. Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 457 f., 1134 f.; Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 17; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 1.49, 3.123c; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.39; Tanquerel, droit administratif, Rn. 1560 f.).

187. Die Sachverhaltsuntersuchung bezieht sich auf Tatsachen und Erfahrungssätze. Die Rechtsanwendung, d.h. die Beurteilung von recht-lichen Aspekten, untersteht demgegenüber von vornherein nicht dem Untersuchungsgrundsatz (vgl. Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 17; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.119b). Daher bedarf es einer inhaltlichen Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsfragen (vgl. BVGE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 7.4). Soweit abweichende Rechtsauffassungen zwischen den Kartellbehörden und den jeweiligen Parteien eines Kartellverwaltungsverfahrens bestehen, die im Hinblick auf den unterstellten Sachverhalt einen unterschiedlichen Umfang an sachlicher Abklärung erfordern, ergibt sich demzufolge nicht allein deshalb eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes, weil die Kartellbehörden keine Abklärungen über Tatsachen oder Erfahrungssätze vorgenommen haben, auf die eine Partei ihre abweichende Rechtsposition abstützt.

188. Im vorliegenden Fall wurden alle aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts entscheidungserheblichen Sachverhaltselemente abgeklärt und nachgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht kann demzufolge auf-grund der massgeblichen Sach- und Rechtslage eine abschliessende Entscheidung treffen.

189. Da das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz direkt eine Entscheidung in der Sache vornimmt, bedürfen die Rügen des Beschwerdeführers wegen einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes keiner gesonderten Abhandlung unter dem Gesichtspunkt eines formellen Rechtsfehlers der Vorinstanz.

190. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von den Beschwerdeführerinnen erhobenen Rügen wegen einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes letztlich allesamt auf Unterschiede in den jeweiligen Rechtsauffassungen von Vorinstanz und Beschwerdeführerinnen zurückzuführen sind. Die Vorinstanz hatte alle im Rahmen der Rügen vorgetragenen Sachpunkte abgeklärt und sich hierzu jeweils substantiell - wenn auch nicht im Sinne der Beschwerdeführerinnen und nicht in dem von diesen gefordertem Umfang - geäussert, soweit sie für die Rechtsauffassung der Vorinstanz Bedeutung aufweisen.

191. Das Bundesverwaltungsgericht nimmt als Beschwerdeinstanz zu den einzelnen, durch die Beschwerdeführerinnen gerügten Aspekte nachfolgend im Rahmen der materiellen Beurteilung Stellung, soweit sie für die Entscheidung massgeblich sind.

192. Ein Rechtsfehler im Hinblick auf die Anwendung des Untersuchungsgrundsatzes liegt demzufolge in casu unter keinem Gesichtspunkt vor.

7) Verstoss gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

193. Die Beschwerdeführerinnen machen wegen verschiedener Aspekte eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend.

194. So habe die Vorinstanz insbesondere folgende wesentlichen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt: (i) die Auswirkungen einmaliger Akquisitionskosten auf Jahresbetrachtungen; (ii) dass die Anfangsverluste von Bluewin nicht struktureller Art gewesen seien; (iii) dass die Fixkosten im Einzelhandelsgeschäft klein seien; (iv) dass das Wachstum von Bluewin in erster Linie auf bessere Leistungen im Wettbewerb zurückzuführen sei; (v) dass der im Dezember 2007 gewährte Rabatt auf alle Monate des Jahres zu verteilen sei, statt ihn wegen angeblicher Verzerrungen aus der Betrachtung der Rentabilität zu eliminieren.

195. Zudem habe die Vorinstanz folgende Aspekte nicht ausreichend begründet: (i) aus welchen Gründen Akquisitionskosten nicht über die Verweildauer der Kunden abgeschrieben werden könnten; (ii) weshalb die ausgewählten Fernmeldedienstanbieter beim Prüfungskriterium "Imputation Test 2" als effiziente Anbieter zu gelten hätten; (iii) warum die im Benchmark berücksichtigten Länder für einen Vergleich geeignet sein sollen; (iv) worin eine zu einem angeblichen volkswirtschaftlichen Schaden führende Verringerung des Angebots an Endkunden zu erblicken wäre; (v) inwiefern auf Grosshandelsstufe Monopolrenten anfallen könnten, die zu einem volkswirtschaftlichen Schaden führen sollen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

196. Die Vorinstanz ist hinsichtlich aller Sachpunkte, die Gegenstand einer Rüge des rechtlichen Gehörs durch die Beschwerdeführerinnen sind, der Ansicht, dass die Einwendungen der Beschwerdeführerinnen zur Kenntnis genommen und - soweit sie sachlich überhaupt einschlägig waren - im Rahmen der erstinstanzlichen Verfügung in ausreichender Weise behandelt worden seien.

(3) Würdigung durch das Gericht

197. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist das verfassungsmässige Recht zur aktiven Teilnahme in einem administrativen oder gerichtlichen Rechtsverfahren eines hiervon Betroffenen, welches in allgemeiner Weise in Art. 29 Abs. 2 BV ausdrücklich statuiert und zumindest für Teilelemente darüber hinaus auch zusätzlich aus Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK abgeleitet wird. Es dient der Verwirklichung des übergeordneten Grundsatzes eines fairen Verfahrens. Durch die Einbindung eines Betroffenen in ein Rechtsverfahren mit der Möglichkeit, eigene Hinweise, Informationen und Argumentationen vorzubringen, wird sowohl die Wahrscheinlichkeit der inhaltlichen Richtigkeit eines Entscheids als auch dessen mögliche Akzeptanz auf Seiten der Beteiligten erhöht (vgl. BGE 140 I 99 E. 3.4; BGE 135 I 187 E. 2.2; BGE 127 I 6 E. 5b; BGE 127 I 54 E. 2b; Häflin Ulrich/Haller Walter/Kel-ler Helen, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, zit. Bundesstaatsrecht, Rn. 835; Keller Helen, Garantien fairer Verfahren und des rechtlichen Gehörs, in: Detlef Merten/Hans-Jürgen Papier [Hrsg.], Handbuch der Grundrechte in Deutschland und Europa, § 225 Rn. 29; Kneubühler Lorenz, Gehörsverletzung und Heilung, ZBl 1998, 100; Müller Jörg Paul/Schäfer Markus, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, zit. Grundrechte, 846 ff.; Rhinow/Koller/Kiss/Thurn-herr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 310 f.;Steinmann Gerold, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, zit. SGK-BV, Art. 29Rn. 42).

198. Der Anspruch auf rechtliches Gehör steht natürlichen und juristischen Personen zu sowie Dritten, welche von einem Rechtsverfahren unmittelbar in ihren Rechten betroffen werden (vgl. BGE 137 I 120 E. 5.3; Müller/Schefer, Grundrechte, 848 f.; Rhinow/Koller/Kiss/Thurn-herr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 312). Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Rechtsgemeinschaften oder einfache Wirtschaftsgemeinschaften, soweit sie von einem Verfahren direkt betroffen sind. Denn der Zweck der eigenen Einbringung eines Beteiligten zur Sicherstellung eines fairen Rechtsverfahrens erfordert keine personale Differenzierung. Der Swisscom-Gruppe steht daher als Verfahrenssubjekt des vorliegenden Kartellsanktionsverfahrens die Geltendmachung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu, das von den Beschwerdeführerinnen sowohl als für die Swisscom-Gruppe herangezogene Repräsentanten als auch unmittelbar als Parteien des Verfahrens ohne Weiteres geltend gemacht werden kann.

199. Der Anspruch auf rechtliches Gehör umfasst als Teilgarantien die ordnungsgemässe Durchführung verschiedener Aspekte im Hinblick auf den Ablauf eines Rechtsverfahrens (vgl. allgemein BGE 135 II 286 E. 5.1; BVGE 2011/ 32, Terminierung Mobilfunk, E. 6.1; Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, Rn. 838; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, 173 ff.; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 3.80 f.; Rhinow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 317 ff.; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.48 f.; Steinmann,SGK-BV, Art. 29 Rn. 44 f.; Tanquerel, droit administratif, Rn. 1526 ff.; Thurnherr, Verfahrensgrundrechte, Rn. 317 ff., 402 ff.): (i) vorgängige Orientierung über Gegenstand und Inhalt des Rechtsverfahrens sowie den Vorwurf gegenüber dem Betroffenen; (ii) Mitwirkung bei der Feststellung des Sachverhalts, insbesondere der Stellung von eigenen Beweisanträgen (vgl. BGE 127 I 54 E. 2b [S. 56], Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 1686); (iii) persönliche Teilnahme am Verfahren einschliesslich der Möglichkeit zur Verbeiständigung; (iv) Akteneinsicht; (v) Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einschliesslich der Kenntnisnahme und Berücksichtigung durch die verfahrensleitende Instanz (vgl. Kiener Regina/Kälin Walther, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, 421; Müller/Schefer, Grundrechte, 868); (vi) Eröffnung des Entscheids; (vii) Begründung des Entscheids (vgl. BGE 133 I 270 E. 3.1; REKO/WEF, 4.5.2006, FB/2004-4, Berner Zeitung AG/Tamedia AG gg. Weko, RPW 2006/2, 347, zit. 20 Minuten, E. 4.1; Rhnow/Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 343 ff.; Thurnherr, Verfahrensgrundrechte, Rn. 412 f.; vgl. zu den Anforderungen an die Begründung überdies BVGer, 2.7.2013, B-2612/2011, Swissperform/Suisa gg. Verband Schweizer Privatradios u.a., E. 4.3.1; REKO/WEF, 4.11.1999, FB/1999-7, Cablecom Holding AG gg. Teleclub AG/Weko, RPW 1999/4, 618, E. 4.3; Albertini Michele, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, 2000, 369, 404). Im vorliegenden Fall werden von den Beschwerdeführerinnen die Aspekte der fehlenden Würdigung bestimmter Argumentationen in den Stellungnahmen sowie der fehlenden Begründung des Entscheids mit Bezug auf einzelne Kriterien als verletzt angesehen und gerügt.

200. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist grundsätzlich auf rechtserhebliche Sachfragen beschränkt. Ausnahmsweise werden die Parteien auch zur rechtlichen Würdigung angehört, wenn sich die Rechtslage geändert hat, ein ungewöhnlich grosser Ermessensspielraum besteht oder die Behörden sich auf Rechtsnormen stützen, mit deren Anwendung die Parteien nicht rechnen mussten (vgl. BGer, 2A.492/2002, Elektra Baselland Liestal [EBL] gg. Watt Suisse u.a./Weko, RPW 2003/3, 695, zit. Elektra Baselland, E. 3.2.3; BGE 127 V 431 E. 2b).

201. Beim Anspruch auf rechtliches Gehör handelt es sich um ein selbständiges formelles Recht, dessen Verletzung grundsätzlich zur Aufhebung des angefochtenen Hoheitsakts führt, unabhängig davon, ob die Rechtsverletzung für den Ausgang des Verfahrens sachlich relevant ist (vgl. BGE 132 V 387 E. 5.1; BGE 129 V 73 E. 4.1; Häfelin/Müller/Uhl-mann, Verwaltungsrecht, Rn. 1709; Häfelin/Haller/Keller, Bundesstaatsrecht, Rn. 839; Müller/Schefer, Grundrechte, 853 f.; Rhinow/ Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 270, 314; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.49; Steinmann,SGK-BV, Art. 29 Rn. 59 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung kann durch die jeweilige Rechtsmittelinstanz allerdings unter bestimmten Umständen eine Heilung der Rechtsverletzung erfolgen. Voraussetzung hierfür ist die verfahrensrechtliche Konstellation, wonach bei einem Vergleich mit dem vorinstanzlichen Verfahren die Rechtsmittelinstanz über die gleiche Kognition in Rechts- und Sachverhaltsfragen verfügt und dem Betroffenen die gleichen Mitwirkungsrechte zustehen, sodass die Gewährung des rechtlichen Gehörs vollumfänglich nachgeholt werden kann. Eine Heilung wird auch im Falle schwerwiegender Rechtsverletzungen ausnahmsweise dann als zulässig erachtet, wenn die Rückweisung bloss zu einem formalistischen Leerlauf führen würde und dies nicht im Interesse des Betroffenen wäre (vgl. BGE 133 I 201 E. 2.2;BGE 127 V 431 E. 3d/aa; a.A. für schwerwiegende Rechtsverletzungen Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 1709 ff.; Müller/Schefer, Grundrechte, 857 f.; vgl. kritisch zur Praxis des Bundesgerichts auch Schindler Benjamin, Die "formelle Natur" von Verfahrensgrundrechten, ZBl 2005, 169, 175; Kneubühler Lorenz, Gehörsverletzung und Heilung, ZBl 1998, 97, 107 ff.; Kölz/Häner/Bertschi, Verwaltungsverfahren, Rn. 548 ff.;Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.49; Steinmann,SGK-BV, Art. 29 Rn. 59 ff.;Rhinow/Koller/Kiss/Thurn-herr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 271 f., 314; Kiener/Kälin, Grundrechte, Rn. 487 f.). Die Möglichkeit einer Heilung wurde auch für Verfahren mit einer ausserordentlich langen Verfahrensdauer bestätigt, um dem Gebot der fristgemässen Beurteilung zu entsprechen (vgl. BGE 138 II 77 E. 4.3). Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte lässt die Heilung eines Verstosses gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu, soweit das jeweilige Gericht über volle Kognition verfügt (vgl. EGMR, 1.3.2001, 29082/95, Dallos gg. Ungarn, Ziff. 52; EGMR, 8.10.2013, 29864/03, Mulosmani gg. Albanien, Ziff. 132 m.w.H.).

202. Im Hinblick auf die von den Beschwerdeführerinnen erhobenen Rügen wegen einer Verletzung des Gehörsanspruchs ist festzuhalten, dass diese letztlich allesamt auf Unterschiede in den jeweiligen Rechtsauffassungen von Vorinstanz und Beschwerdeführerinnen zurückzuführen sind. Zudem wurden die Sachpunkte, die eine Verletzung des rechtlichen Gehörs begründen sollen, von den Beschwerdeführerinnen in abgewandelter Form auch als Fehler im Rahmen der materiellen Würdigung des Sachverhalts und als Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes geltend gemacht. Die Vorinstanz hatte alle im Rahmen der Rügen vorgetragenen Sachpunkte abgeklärt und sich hierzu jeweils substantiell - wenn auch nicht im Sinne der Beschwerdeführerinnen und nicht in dem von diesen gefordertem Umfang - geäussert, soweit sie für die Rechtsauffassung der Vorinstanz Bedeutung aufweisen.

203. Die Aspekte, die von den Beschwerdeführerinnen im Rahmen der erhobenen Rügen wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz vorgebracht wurden, werden im Rahmen der materiellen Behandlung der Angelegenheit durch das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz berücksichtigt, soweit sie für die Entscheidung massgeblich sind.

204. Ein Rechtsfehler im Hinblick auf die Beachtung des Anspruchs der Beschwerdeführerinnen auf rechtliches Gehör liegt demzufolge in casu unter keinem Gesichtspunkt vor.

205. Im Übrigen kommt dem Bundesverwaltungsgericht als Beschwer-deinstanz in kartellrechtlichen Sanktionsverfahren eine vollständige Entscheidungsgewalt mit umfassender Prüfungszuständigkeit zu (vgl. E. 147) weshalb es über die gleiche Kognition in Rechts- und Sachverhaltsfragen wie die Vorinstanz verfügt. Die Beschwerdeführerinnen konnten im Beschwerdeverfahren sämtliche Aspekte einbringen, mit denen sie eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Vorinstanz begründet haben. Das Bundesverwaltungsgericht kann demzufolge aufgrund der massgeblichen Sach- und Rechtslage eine abschliessende Entscheidung treffen. Diese ist unter Berücksichtigung des Gebots der fristgemässen Beurteilung angesichts der bisherigen Verfahrensdauer nunmehr auch vorzunehmen (vgl. E. 241). Da der vorinstanzliche Vorwurf der Wettbewerbswidrigkeit des fraglichen wirtschaftlichen Verhaltens durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt wird und die Beschwerdeführerinnen mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen unterliegen, würde eine Rückweisung überdies zu einem blossen formalistischen Leerlauf führen, selbst wenn von einer Verletzung des Gehörsanspruchs durch die Vorinstanz auszugehen wäre.

206. Da das Bundesverwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz direkt eine Entscheidung in der Sache vornimmt, bedürfen die Rügen der Beschwerdeführerinnen wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör keiner gesonderten Abhandlung unter dem Gesichtspunkt eines formellen Rechtsfehlers der Vorinstanz. Dies gilt umso mehr, als die von den Beschwerdeführerinnen gerügten Aspekte nicht zu einer wesentlich anderen inhaltlichen Beurteilung der Angelegenheit durch das Bundesverwaltungsgericht führen.

8) Verstoss gegen das Vertrauensprinzip

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

207. Die Beschwerdeführerinnen machen im Hinblick auf die von der Vorinstanz durchgeführten Verfahren in Sachen Talk & Surf und ADSL I sowie angesichts des Zivilrechtsverfahrens in Sachen Office Connex geltend, dass aufgrund der vorinstanzlichen Verfügung ein Verstoss gegen das in Art. 9 BV verankerte Vertrauensprinzip vorliege und daher eine Sanktionierung zumindest für den Zeitraum bis Juni 2006 ausgeschlossen sei. Grundlage dieser Argumentation bildet jeweils die Behauptung, dass die Swisscom-Gruppe aufgrund der in diesen Verfahren vorgenommenen Feststellungen der Vorinstanz und der Rechtsmittelinstanzen habe darauf vertrauen dürfen, dass ihr Breitbandgeschäft kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei.

208. Nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen habe die Vorinstanz im Rahmen des Verfahrens ADSL I sämtliche Preisbestandteile erhoben, weshalb ihr die Struktur der Vorleistungs- und Einzelhandelspreise seit diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei. Aufgrund der am 15. Dezember 2003 ergangenen, dieses Verfahren abschliessenden Verfügung seien strukturelle Defizite bei der Erbringung von ADSL-Dienstleistungen mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen worden. Die Vorinstanz sei davon ausgegangen, dass eine Quersubventionierung nicht vorliege. Dieser Verfügung sei überdies zu entnehmen gewesen, dass (i) das Einzelhandelsgeschäft nicht von Anfang an rentieren müsse, (ii) vorübergehende Verluste in der Anfangsphase durchaus erlaubt seien, (iii) das Geschäft auf Dauer mindestens selbsttragend sein müsse, (iv) der Zeitpunkt des Break Even Points irrelevant sei, solange er in absehbarer Zukunft zu erwarten sei, (v) der Business-Plan von Bluewin für die Prüfung mass-geblich sei, welcher von Prognosen und Annahmen abhänge und sichere Annahmen sich erst im Nachhinein vornehmen liessen.

209. Genau die von der Vorinstanz überprüften Business-Pläne würden die Basis für den weiteren Ausbau des Breitbandgeschäfts durch die Swisscom bilden. Die Vorinstanz habe demzufolge mit ihrem Vorgehen eine Vertrauensgrundlage für die Preisstruktur des Grosshandelsprodukts BBCS geschaffen. Gestützt auf diese Vertrauensgrundlage hätten die Beschwerdeführerinnen disponiert. Sie dürften daher keine Nachteile für diese Dispositionen erleiden, weshalb eine nachträgliche Sanktionierung ausgeschlossen sei.

210. Nach Erlass des Beschwerdeentscheids durch die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen vom 30. Juni 2005 habe die Vorinstanz die Frage der Quersubventionierung nicht weiter verfolgt. Am 17. Oktober 2005 habe die Vorinstanz den Antrag eines Wettbewerbers auf Erlass von vorsorglichen Massnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Marge angesichts der offenen kartellrechtlichen Beurteilung abgelehnt. Trotz Eröffnung des vorinstanzlichen Untersuchungsverfahrens am 20. Oktober 2005 sei die Vorinstanz bis Mitte Juni 2006 untätig geblieben. Darüber hinaus habe die Vorinstanz die Preisgestaltung während vier Jahren bis zum Abschluss des Verfahrens geduldet.

211. Am 30. Juni 2005 habe die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen den ADSL I-Entscheid der Vorinstanz aufgehoben, weil sie den Nachweis der marktbeherrschenden Stellung auch aus materiellen Gründen als ungenügend erachtete und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück verwiesen habe. Die Vorinstanz habe in der Folgezeit aber das Verfahren ADSL I eingestellt. Die Frage einer Marktbeherrschung im Bereich des xDSL sei daher erst am 12. Februar 2009 im Rahmen des Urteils Marktzugang schneller Bitstrom durch das Bundesverwaltungsgericht zu Ungunsten der Swisscom-Gruppe entschieden worden. Erst mit diesem Urteil habe die Swisscom-Gruppe somit Gewissheit über das Vorliegen einer Marktbeherrschung erlangt, wodurch auch erst die Angebotspflicht im Rahmen des Fernmeldegesetzes begründet worden sei.

212. Im Schlussbericht zu den Vorabklärungen in Sachen Talk & Surf vom Februar 2004 habe die Vorinstanz festgestellt, dass keine Kosten-Preis-Schere vorliege und keine Behinderung der anderen Unternehmen bei der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs im Sinne von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG bestehe. Die Beschwerdeführerinnen hätten demzufolge davon ausgehen können, dass ihre Preisgestaltung im Breitbandbereich kartellrechtskonform gewesen sei.

213. Im Verfahren Office Connect sei durch das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 16. Februar 2007 das Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 3. Oktober 2006 bestätigt und damit unmissverständlich festgehalten worden, dass ohne formelle gesetzliche Angebotsverpflichtung im Fernmeldegesetz auch im Rahmen des Kartellgesetzes keine Pflicht bestehe, BBCS überhaupt und nichtdiskriminierend anzubieten. Aufgrund dieses klaren Entscheids habe die Swisscom-Gruppe - auch wenn der Entscheid verschiedentlich kritisiert worden sei - noch weniger Grund gehabt zur Annahme, dass sie ihre Preisgestaltung beim Breitbandinternet bis zur rechtskräftigen Feststellung einer fernmelderechtlichen Angebotspflicht - welche erst mit dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 2009 in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom erfolgt sei - anpassen müsse.

214. Ohne nähere inhaltliche Ausführungen wird in diesem Zusammenhang von den Beschwerdeführerinnen auch darauf hingewiesen, dass in der Angelegenheit Produktebündel DSL & Natel vom Wettbewerbssekretariat am 23. November 2007 eine Vorabklärung eröffnet worden sei, die Vorinstanz gleichzeitig die Einleitung von vorsorglichen Massnahmen hierzu abgelehnt habe, und am 15. August 2008 von der Vorinstanz mitgeteilt worden sei, dass keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung bestünden.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

215. Die Vorinstanz macht geltend, dass sich aus den von den Beschwerdeführerinnen angeführten Aspekten kein Vertrauensbestand ergebe und daher auch kein Verstoss gegen das Vertrauensprinzip vorliegen könne.

(3) Würdigung durch das Gericht

(a) Ausgangslage

216. Art. 9 BV sieht vor, dass jede Person einen Anspruch darauf hat, von staatlichen Behörden nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Dieser Anspruch umfasst das Verbot eines widersprüchlichen Verhaltens auf Seiten der Behörden sowie den Vertrauensschutz auf Seiten der Rechtsunterworfenen, wobei eine genaue Grenzziehung nicht vorgenommen werden kann, weil sich beide Aspekte überschneiden (vgl. Chiarello Elisabeth, Treu und Glauben als Grundrecht nach Art. 9 der schweizerischen Bundesverfassung, 2004, 224 ff.; Gächter Thomas, Rechtsmissbrauch im öffentlichen Recht unter besonderer Berücksichtigung des Bundessozialversicherungsrechts: ein Beitrag zu Treu und Glauben, Methodik und Gesetzeskorrektur im öffentlichen Recht, 2005, 184; Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 707; Müller/ Schefer, Grundrechte, 32 f.; Rohner Christoph, in: Ehrenzeller/Mastro-nardi/Schweizer/Vallender [Hrsg.], Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, zit. SGK-BV, Art. 9 Rn. 36 ff.;Tanquerel, droit administratif, Rn. 565 ff.). Vorliegend ist die Variante des Vertrauensschutzes zu prüfen.

217. Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Vertrauensanspruchs sind folgende Umstände (vgl. allgemein Häfelin/Haller/Uhl-mann, Verwaltungsrecht, 140 f.; Müller/Schefer, Grundrechte, 33 f.; Rohner, SGK-BV, Art. 9 Rn. 47 ff.;Tanquerel, droit administratif, Rn. 568 ff.; Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht, 161 f.; Rhinow René/Krähenmann Beat, Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, 1990, zit. VRspr ErgB, Nr. 75 Ziff. B.III.b; Nr. 77 Ziff. B.III und Nr. 78 Ziff. B.III.b): (i) das Bestehen einer ausreichenden Vertrauensgrundlage, d.h. eine Zusicherung oder ein sonstiges Verhalten einer Behörde, welches bestimmte Erwartungen hervorrufen kann (vgl. BGE 129 I 161 E. 4.1, 4.2; BGE 125 I 273 E. 4.); (ii) die Begründetheit des Vertrauens (vgl. BGE 137 I 69 E. 2.5; BGE 127 I 31 E. 3a); (iii) die Vornahme von Dispositionen durch den Vertrauenden, die sich nicht einfach rückgängig machen lassen (vgl. BGE 137 I 69 E. 2.5.2; BGE 129 I 161 E. 4.1); (iv) ein Kausalzusammenhang zwischen dem begründeten Vertrauensverhältnis und der Vornahme der Dispositionen (vgl. BGE 137 I 69 E. 2.5.2; BGE 129 I 161 E. 4.1); (v) das Fehlen eines eigenen unredlichen oder widersprüchlichen Verhaltens des Vertrauenden (vgl. BGE 137 I 69 E. 2.5.2); (vi) der Vorrang des Vertrauensschutzes vor einer notwendigen Durchsetzung des objektiven Rechts (BGE 137 I 69 E. 2.3, 2.6; BGE 129 I 161 E. 4.1). Für die Beurteilung ist dabei jeweils eine Abwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls massgebend.

218. Der Anspruch auf eine Behandlung nach Treu und Glauben steht nicht nur natürlichen und juristischen Personen zu (vgl. Giovanni Biaggini, BV, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Auszüge aus der EMRK, den UNO-Pakten sowie dem BGG, 2007, Art. 9 Rn. 5; Rohner, SGK-BV, Art. 9 Rn. 17, 48; Uhlmann Felix, Das Willkürverbot [Art. 9 BV], 2005, Rn. 259), sondern auch nicht rechtsfähigen Rechtsgemeinschaften und einfachen Wirtschaftsgemeinschaften, soweit es sich um Verfahrenssubjekte handelt. Denn der Zweck des Vertrauensschutzes zur Sicherstellung eines fairen Verwaltungs- oder Justizverfahrens erfordert keine personale Differenzierung. Der Swisscom-Gruppe steht daher als Verfahrenssubjekt des vorliegenden Kartellsanktionsverfahrens die Geltendmachung des Vertrauensanspruchs zu, der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemacht werden kann.

(b) Selektive Darstellung der Beschwerdeführerinnen

219. Im Rahmen der zahlreichen und umfangreichen Eingaben im vorliegenden Kartellsanktionsverfahren verweisen die Beschwerdeführerinnen wiederkehrend auf diverse Verstösse gegen den Vertrauensgrundsatz. Diese Darstellung bildet denn auch ein zentrales Element zur Verteidigung des wirtschaftlichen Verhaltens der Swisscom-Gruppe. Dabei wird insbesondere geltend gemacht, dass das subjektive Element eines Wettbewerbsverstosses nicht vorgelegen habe, weil die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe aufgrund der entsprechenden Feststellungen der Vorinstanz und der Rechtsmittelinstanzen berechtigterweise davon ausgehen hätten dürfen, das die Ausgestaltung des Breitbandinternet-geschäfts kartellrechtskonform sei.

220. Bei genauer Betrachtung dieser Stellungnahme wird allerdings ersichtlich, dass die Beschwerdeführerinnen eine äusserst selektive Darstellung der von ihnen angeführten Kartellverfahren vornehmen und wesentliche sachliche und zeitliche Aspekte vollständig ausblenden. Bei Berücksichtigung dieser Aspekte wird demgegenüber deutlich, dass die entsprechenden Argumentationen der Beschwerdeführerinnen inhaltliche Widersprüche sowie fehlende zeitliche Zusammenhänge aufweisen und demzufolge konstruiert sind. Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ist daher weder in sachlicher Hinsicht glaubwürdig noch in rechtlicher Hinsicht beachtlich.

221. Zunächst ist im Hinblick auf den zeitlichen Geschehensablauf zu beachten, dass für die kartellrechtliche Beurteilung eines wirtschaftlichen Verhaltens grundsätzlich die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse zur Zeit der vorgeworfenen Tat massgebend sind, wie dies die Beschwerdeführerinnen denn auch zutreffend mehrfach selbst geltend machen. Zeitlich später oder früher eintretende Ereignisse oder vorliegende Umstände können hingegen grundsätzlich nur als zusätzliche Belege für eine bestimmte Einschätzung des wirtschaftlichen Verhaltens herangezogen werden, diese aber nicht selbständig begründen. Ausnahmen hiervon bedürfen einer besonderen Begründung.

222. Die Beschwerdeführerinnen vermengen im Rahmen ihrer Darstellung mehrfach Aspekte, die keinen zeitlichen Zusammenhang zu den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen zur Zeit der vorgeworfenen Tat aufweisen. So können die Entscheide der Vorinstanz in Sachen ADSL I vom Dezember 2003 (vgl. SV K.b) sowie in Sachen Talk & Surf (vgl. SV K.d) vom Februar 2004 ganz offensichtlich nur auf geschäftliche Vorgänge und wirtschaftliche Daten ausgerichtet gewesen sein, die sich auf einen Zeitraum vor Erlass der Entscheide beziehen. Keinesfalls lässt sich daraus eine rechtliche Beurteilung in Bezug auf die Entwicklung eines enormen Missverhältnisses ableiten, welches seinen Anfang erst danach im April 2004 nahm. Auch der Verweis auf die Durchführung von Abklärungen in der Angelegenheit Produktbündel DSL & Natel geht von vornherein ins Leere, weil durch die Wettbewerbsbehörden die Abklärungen erst Ende November 2007 aufgenommen wurden und ein Ergebnis erst im August 2008 mitgeteilt wurde. Zu diesen Zeitpunkten konnte das Vertrauen der Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe in die kartellrechtliche Zulässigkeit der Preisgestaltung ihrer BBCS-Produkte zwischen April 2004 und Dezember 2007 ganz offensichtlich nachträglich nicht mehr beeinflusst werden.

223. Für eine der zentralen Argumentationen der Beschwerdeführerinnen ergibt sich überdies ein erheblicher sachlicher Widerspruch. Die Beschwerdeführerinnen behaupten einerseits, die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe hätten auf die kartellrechtliche Zulässigkeit ihrer Preisgestaltung beim Breitbandinternet vertrauen dürfen, weil die Vorinstanz in ihrem Schlussbericht in der Angelegenheit Talk & Surf vom Februar 2004 ausgeführt habe, dass hinsichtlich einer Preis-Kosten-Schere keine Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten vorgelegen hätten. Andererseits machen sie geltend, dass für die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe die kartellrechtliche Unzulässigkeit des Missverhältnisses zwischen den Gewinnen im Grosshandelsgeschäft und den Verlusten im Einzelhandelsgeschäft nicht erkennbar gewesen sei, weil der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere bis dahin nicht konkretisiert worden sei und keine Fallpraxis hierzu bestanden habe. Tatsache ist aber, dass die Vor-instanz gerade in besagtem Schlussbericht vom Februar 2004 ausdrücklich die Rechtsentwicklung des Missbrauchsverhaltens einer Kosten-Preis-Schere nachgezeichnet, die neueste Entwicklung im Telekommunikationsbereich aufgrund des Entscheids der EU-Kommission in Sachen Deutsche Telekom aufgezeigt und auf die Heranziehung dieser EU-Wettbewerbspraxis für die Beurteilung von Missbrauchsverhalten anhand von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG hingewiesen hatte. Die Beschwerdeführerinnen behaupten heute demnach nicht mehr und nicht weniger, als dass damals die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe aus ein und demselben Dokument zwar die für den Geschäftsbereich des Breitbandinternets vorteilhaften, nicht aber die nachteiligen Erwägungen hätten erkennen und in ihrem sachlich-rechtlichen Gehalt verstehen können. Dieses Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ist unglaubwürdig und demzufolge als reine Schutz-behauptung anzusehen.

224. Das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ist auch hinsichtlich eines weiteren Aspekts widersprüchlich. Der Umstand, dass das Einzelhandelsgeschäft seit dem Start des Breitbandinternetgeschäfts im Jahr 2000 bis zum Ende des Jahres 2007 zu einem erheblichen jährlichen Verlust führte, wird einerseits damit erklärt, dass das enorme Kundenwachstum aufgrund des erfolgreichen DSL-Produkts jeweils deutlich höher gewesen sei als das kurz zuvor prognostizierte Wachstum. Deshalb hätten die Businesspläne für die Jahre 2002, 2003 und 2005 auch angepasst werden müssen. Da die Akquisition der Kunden mit hohen Anfangskosten verbunden sei, wären daher anfänglich auch Verluste im Einzelhandelsgeschäft unvermeidlich gewesen. Andererseits wird in Widerspruch hierzu geltend gemacht, dass die kartellrechtliche Unzulässigkeit des eigenen Verhaltens aufgrund des seit dem Jahr 2004 auftretenden Missverhältnisses zwischen den Gewinnen auf Grosshandelsstufe und den Verlusten auf Einzelhandelsstufe nicht erkennbar gewesen sein soll, weil die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe auf ihre bis zum Ende des Jahres 2003 bestehenden Businesspläne der Anfangsjahre hätten vertrauen dürfen, weil diese von der Vorinstanz im Rahmen der Überprüfung ADSL I (vgl. SV K.b) eingesehen worden seien. Es ist offensichtlich, dass die Swisscom-Gruppe ein Geschäft in einem von ihr als dynamischen Wachstumsmarkt qualifizierten Bereich nicht auf dem Business-Plan aus den ersten Jahren der Geschäftstätigkeit abwickeln kann und tatsächlich auch nicht abgewickelt hat, wie dies ja auch die Änderung des Businessplans im Jahr 2005 belegt. Gerade wenn und weil eine dynamische Marktentwicklung stattfand, war die Geschäftsleitung entsprechend den Anforderungen an eine ordnungsgemässe kaufmännische Geschäftsführung daran interessiert und dazu verpflichtet, ihre Business-Pläne und die sich daraus ergebenden Massnahmen laufend zu überprüfen und gegebenenfalls an die tatsächlichen Entwicklungen einschliesslich des auftretenden Missverhältnisses zwischen den Erträgen im Gross- und im Einzelhandelsgeschäft anzupassen. Die Behauptung, die Businesspläne für die Jahre zwischen 2000 und 2004 bildeten eine Vertrauensgrundlage im Hinblick auf eine notwendige (Neu-)Beurteilung der Geschäftslage in den Jahren 2004 bis 2007, ist daher sachlich abwegig und rechtlich unbeachtlich.

225. Angesichts dieser Widersprüche und der mangelnden Zusammenhänge ist das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen rechtsmissbräuchlich, weshalb eine Berufung auf den Vertrauensgrundsatz ausgeschlossen ist. Ungeachtet dessen liegen auch die notwendigen inhaltlichen Voraussetzungen der Geltendmachung eines Verstosses gegen den Vertrauensgrundsatz für die einzelnen Verfahren nicht vor.

(c) Verfahren ADSL I

226. Bei einem Vergleich des Verfahrens ADSL I (vgl. SV K.b) und dem vorliegenden Verfahren ist ohne Weiteres festzustellen, dass sich die beiden Verfahrensgegenstände wesentlich voneinander unterscheiden. Daher sind die für einen Vertrauenstatbestand notwendigen Elemente eines Vertrauensverhältnisses und die Begründetheit des Vertrauens nicht gegeben.

227. Während das Verfahren ADSL I die Ausgestaltung von Rabattregelungen gegenüber konzerninternen und anderen Internetdienstanbietern auf der Grosshandelsstufe und damit die diskriminierende Ausdifferenzierung von Rabattregelungen in einem eindimensionalen vertikalen Wettbewerbsverhältnis betraf, ist das vorliegende Verfahren auf die Ausgestaltung von Grosshandelspreisen in Zusammenhang mit der Ausgestaltung von Einzelhandelspreisen und damit auf eine Kosten-Preis-Schere in einem zweidimensionalen, vertikalen und horizontalen Wettbewerbsverhältnis ausgerichtet (vgl. E. 400). Auch wenn im Rahmen der Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere der Aspekt einer Gewährung von Rabatten beachtlich sein kann, liegt dennoch keine inhaltliche Identität der beiden Untersuchungsgegenstände vor. Denn grundsätzlich können sich ohne Weiteres unterschiedliche Ergebnisse bei den beiden Verfahren ergeben. So wäre das Vorliegen einer Diskriminierung der Internetdienstanbieter hinsichtlich der Gewährung von Rabatten denkbar, ohne dass gleichzeitig eine Kosten-Preis-Schere vorliegt. Umgekehrt könnte eine Kosten-Preis-Schere auch dann gegeben sein, wenn eine Diskriminierung hinsichtlich der Gewährung von Rabatten nicht vorliegt. Die Vorinstanz hat demzufolge durch ihre Verfügung vom 15. Dezember 2003 ausschliesslich eine rechtliche Stellungnahme zur diskriminierenden Rabattgestaltung abgegeben, während eine rechtsverbindliche Aussage zur Kosten-Preis-Schwere damit nicht verbunden war. Bereits daraus ist ersichtlich, dass das Verfahren ADSL I nicht geeignet war, ein begründetes Vertrauensverhältnis zugunsten der Swisscom-Gruppe im Hinblick auf das Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere hervorzurufen.

228. Gleiches gilt auch unter Berücksichtigung der notwendigen zeitlichen Komponente eines Vertrauensverhältnisses. Aus dem Datum der Verfügung im Dezember 2003 geht unzweifelhaft hervor, dass damit ausschliesslich Verhaltensweisen und wirtschaftliche Konstellationen vor dem genannten Zeitpunkt einer Beurteilung zugeführt werden konnten. Anpassungen, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer Änderung der Verhältnisse notwendig werden, konnten damit von vornherein nicht erfasst werden. Das Missverhältnis zwischen den Erträgen im Grosshandelsgeschäft einerseits und dem Einzelhandelsgeschäft andererseits wurde jedenfalls ab April 2004 ersichtlich und hätte eine Anpassung der Preisgestaltung erfordert. Diese Entwicklung wurde durch die Feststellungen in der Verfügung im Dezember 2003 weder vorweggenommen noch ausgeschlossen. Daher ergibt sich aus diesen Feststellungen auch kein Vertrauenstatbestand, auf den die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe hätten begründeterweise vertrauen können bzw. dürfen.

229. Da der Untersuchungsgegenstand im Verfahren ADSL I nur auf die Überprüfung des vertikalen Wettbewerbsverhältnisses ausgerichtet war, ist es unerheblich, ob den Wettbewerbsbehörden gegebenenfalls alle für die im vertikalen und horizontalen Wettbewerbsverhältnis massgeblichen Preiselemente zur Kenntnis gelangten. Da von Seiten der Wettbewerbsbehörden bereits ein wettbewerbswidriges Verhalten in Bezug auf die Rabattdifferenzierung vorlag, bestand für sie von vornherein gar keine Notwendigkeit, den Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere zu untersuchen. Zudem ergibt sich allein aus einer gegebenenfalls vorhandenen Kenntnis der Wettbewerbsbehörden von allen Preisbestandteilen und der Struktur der Gross- und Einzelhandelspreise kein berechtigtes Vertrauensverhältnis, weil allein mit einer (möglichen) Kenntnisnahme keine Kundgabe einer inhaltlich und rechtlich verbindlichen Positionierung durch eine Behörde verbunden ist.

230. Aus der Ablehnung von vorsorglichen Massnahmen gegenüber den Beschwerdeführerinnen am 17. Oktober 2005 ergibt sich ganz offensichtlich kein Grund zur Annahme, dass deshalb eine Untersuchung und Bejahung des Tatbestands einer Kosten-Preis-Schere ausgeschlossen werden konnte, weil sich weder aus einer Anordnung noch einer Ablehnung von vorsorglichen Massnahmen ein verbindlicher Schluss auf ein bestimmtes Ergebnis in der Hauptsache entnehmen lässt. Vielmehr war angesichts der Stellungnahme der Wettbewerbsbehörden, wonach die kartellrechtliche Beurteilung offen sei, spätestens ab diesem Zeitpunkt ausdrücklich klargestellt, dass im Hinblick auf eine Kosten-Preis-Schere wettbewerbsrechtliche Bedenken bestehen. Da die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe nach der eigenen Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen den Feststellungen der Wettbewerbsbehörden eine wesentliche Bedeutung beigemessen haben, hätte demzufolge umso mehr Grund bestanden, das Verhalten der Swisscom-Gruppe im Breitbandgeschäft im Hinblick auf eine Wettbewerbswidrigkeit zu überprüfen und bereits zum damaligen Zeitpunkt einzustellen und nicht bis zum Ende des Jahres 2007 fortzuführen.

231. Aus dem Umstand, dass die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen den ADSL I-Entscheid im Hinblick auf einen unzureichenden Nachweis einer marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Gruppe aufgehoben hatte (REKO/WEF, RPW 2005/3, 505, ADSL I, E. 5.1.3, 5.3.6), können die Beschwerdeführerinnen jedenfalls keinen Vertrauenstatbestand zu deren Gunsten ableiten. Denn im Rahmen dieses Entscheids wurde gerade nicht festgestellt, dass keine Marktbeherrschung von Seiten der Swisscom-Gruppe vorlag. Vielmehr wurde die Rechtssache unter Hinweis auf verschiedene, aus der Sicht der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen relevante Aspekte zur weiteren Aufklärung an die Vorinstanz zurückverwiesen. Aus der Rückverweisung einer Rechtssache zur weiteren Aufklärung ergibt sich offensichtlich kein Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Beschwerdeführerinnen, weil von der Rechtsmittelinstanz damit zum Ausdruck gebracht wird, dass das Vorliegen einer solchen Marktposition gerade nicht ausgeschlossen werden kann.

232. Die Aussage im Verfahren ADSL I, dass ein strukturelles Defizit und damit ein Hinweis auf eine Kosten-Preis-Schere mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen seien, bildet von vornherein keine begründete Vertrauensgrundlage, weil es sich offensichtlich nicht um eine abschliessende Stellungnahme, sondern um eine vorläufige unverbindliche Einschätzung handelte, der zudem keine eingehende Analyse als massgeblicher Untersuchungsgegenstand zu Grunde lag. Auch die übrigen von den Beschwerdeführerinnen vorgetragenen Aussagen (vgl. E. 208 lit. i bis v) stellen von vornherein keine Grundlage für ein begründetes Vertrauensverhältnis dar, weil es sich hierbei um völlig allgemeine Aussagen ohne Bezug zu konkreten Umständen eines Einzelfalls handelt.

(d) Verfahren Talk & Surf

233. Bei einer Durchsicht des Schlussberichts der Vorinstanz in Sachen Talk & Surf (vgl. SV K.d) wird ersichtlich, dass dessen Feststellungen zur Preisgestaltung der Breitbandinternetdienstleistungen durch die Swiss-com-Gruppe auf einer summarischen Prüfung in Form eines einfachen Vergleichs von Verkaufspreisen ohne Untersuchung von Kosten und Margen beruhen, worauf der Schlussbericht unter Verweis auf die Funktion der Vorabklärung auch ausdrücklich hinweist. Daher kommt diesen Feststellungen kein abschliessender, verbindlicher Charakter zu. Dies gilt umso mehr, als der Abschlussbericht ausdrücklich auf die EU-Wettbe-werbspraxis zur Kosten-Preis-Schere sowie den damals neuesten Entscheid im Telekommunikationsbereich hinweist und die Heranziehung dieser Entscheide für die Beurteilung von Kosten-Preis-Scheren in der Schweiz ankündigt. Unter diesen Umständen wurde von Seiten der Wettbewerbsbehörden klargestellt, dass eine abschliessende Beurteilung auch zu einem späteren Zeitpunkt unter Berücksichtigung der durch die EU-Wettbewerbspraxis vorgegebenen Prüfungskriterien vorgenommen werden kann.

234. Des Weiteren ist auch beim Verfahren Talk & Surf darauf hinzuweisen, dass der Abschlussbericht bereits im Februar 2004 bekannt gegeben wurde. Die Vorabklärung ist daher auf eine Betrachtung von Verhaltensweisen und wirtschaftlichen Konstellationen beschränkt, die vor diesem Zeitpunkt liegen, während Anpassungen, die zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer Änderung der Verhältnisse notwendig gewesen wären, damit von vornherein nicht erfasst werden konnten. Das Missverhältnis zwischen den Erträgen im Grosshandelsgeschäft einerseits und dem Einzelhandelsgeschäft andererseits wurde jedenfalls ab April 2004 ersichtlich und hätte eine Anpassung der Preisgestaltung erfordert. Diese Entwicklung wurde durch die Feststellungen im Abschlussbericht angesichts von der oberflächlichen Prüfung des Sachverhalts weder vorweggenommen noch ausgeschlossen.

(e) Verfahren Office Connex

235. Auch im Verhältnis zwischen dem Urteil des Bundesgerichts in Sachen Office Connex (vgl. SV K.c). und dem vorliegenden Verfahren ist bei einer näheren Betrachtung ohne Weiteres festzustellen, dass sich die beiden Verfahrensgegenstände wesentlich voneinander unterscheiden. Daher sind die für einen Vertrauenstatbestand notwendigen Elemente eines Vertrauensverhältnisses und die Begründetheit des Vertrauens nicht gegeben.

236. Das Bundesgericht hat im Rahmen des Office Connex-Urteils ausschliesslich zu der Frage Stellung genommen, ob eine Verpflichtung der Swisscom-Gruppe zur Belieferung von Internetdienstanbietern mit einem bestimmten Breitbandprodukt gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG bestand oder nicht. Das Vorliegen einer solchen Verpflichtung wurde abgelehnt mit der Begründung, eine solche Lieferverpflichtung könne nicht aus Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG abgeleitet werden, weil nicht über den Umweg einer Auslegung des allgemeinen Kartellgesetzes eine im Fernmeldegesetz nicht verankerte Angebotspflicht im spezifischen Bereich der Interkonnektion auf der letzten Meile statuiert werden könne. Unabhängig davon, ob dieser Begründung inhaltlich zuzustimmen ist oder nicht, hat das Bundesgericht damit jedenfalls unzweifelhaft in keiner Weise zur Frage Stellung genommen, ob ein marktbeherrschendes Unternehmen, welches freiwillig ein durch das Fernmeldegesetz nicht reguliertes Breitbandprodukt an Wettbewerber abgibt, im Hinblick auf die Ausgestaltung seines Produktpreises den Anforderungen des Kartellgesetzes gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG unterliegt oder nicht.

237. Es ist offensichtlich, dass der Aspekt einer kartellrechtlichen Belieferungspflicht zu Lasten eines marktbeherrschenden Unternehmens in keinem Zusammenhang mit dem Aspekt der angemessenen Preisgestaltung bei einer freiwilligen Belieferung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen steht. Auch wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht zu einer Belieferung von Dritten verpflichtet ist bzw. werden kann, so erfolgt eine von ihm dennoch durchgeführte Belieferung von Dritten nicht im rechtsfreien Raum, weshalb dabei auch keine missbräuchlichen Verhaltensweisen gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG zu tolerieren wären. Für die Zulassung eines solchen rechtswidrigen Verhaltens im Rahmen derartiger Konstellationen bestehen keine erkennbaren sachlichen Gründe. Bezeichnenderweise werden von den Beschwerdeführerinnen auch keine solchen Gründe angeführt.

(f) Fazit

238. Im vorliegenden Sachverhalt liegt demzufolge nach keinem Gesichtspunkt ein Verstoss gegen den Vertrauensgrundsatz vor.

9) Verstoss gegen das Gebot fristgemässer Beurteilung

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

239. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Verweis auf das Rechtsgutachten Niggli/Riedo geltend, dass eine Sanktionierung nach einer verwaltungsrechtlichen Verfahrensdauer von vier Jahren zwischen dem 20. Oktober 2005 und dem 5. November 2009 vor den Grundsätzen des Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und des Art. 31 Abs. 3 BV über ein faires Verfahren nicht stand halte und folglich keinen Rechtsbestand habe; jedenfalls sei eine allfällige Sanktion erheblich zu reduzieren. Die Beschwerdeführerinnen verweisen hierfür auf eine mehrmonatige Untätigkeit der Vorinstanz, die infolge von deren Auslastung durch andere Verfahren bedingt gewesen sei, sowie einen Wechsel der mit der Untersuchung betrauten Mitarbeitenden im zuständigen Dienst des Weko-Sekretariats. Da die Vorinstanz den Beschwerdeführerinnen vorhalte, dass sie seit Eröffnung der Untersuchung Klarheit über die Unzulässigkeit ihres Verhaltens gehabt hätten, könne die notwendige Abklärung der Angelegenheit nicht einen derart langen Zeitraum in Anspruch genommen haben. Dies gelte auch unter Berücksichtigung der kurze Zeiträume, welche den Beschwerdeführerinnen im Rahmen des vorinstanzlichen Informationsaustauschs zur Bearbeitung der Anfragen zugestanden worden seien, und den langen Zeiträumen, die sich die Wettbewerbsbehörden zur Bearbeitung der Angelegenheiten jeweils selbst eingeräumt hätten.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

240. Die Vorinstanz wendet hierzu ein, dass die Verfahrensdauer von vier Jahren auch auf das Verhalten der Beschwerdeführerinnen zurückzuführen sei. So seien die Ressourcen des Weko-Sekretariats durch mehrere weitere Verfahren in Bezug auf die Beschwerdeführerinnen ausgelastet gewesen. Diese hätten insbesondere auch mit Fristverlängerungs- und Sistierungsgesuchen sowie eingereichten Parteigutachten in nicht unerheblichem Ausmass selbst zu der langen Verfahrensdauer beigetragen.

(3) Würdigung durch das Gericht

241. Art. 29 Abs. 1 BV statuiert für jede Person die Garantie, dass in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen eine Beurteilung innerhalb angemessener Frist erfolgt. Dieses Gebot der fristgemässen Beurteilung gilt in allgemeiner Weise für sämtliche Sachbereiche und alle Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsbehörden (vgl. BGE 130 I 269 E. 2.2; BGE 130 I 312 E. 5.2; Müller/Schefer, Grundrechte, 836 f.; Rhinow René, Grundzüge des Schweizerischen Verfassungsrechts, 2003, 481;Rhinow/ Koller/Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 120 f., 288 f.; Schott, FHB-VerwR, Rn. 24.59; Steinmann, SGK-BV, Art. 29 Rn. 22 f.). Für strafrechtliche Verfahren wird ein entsprechender Anspruch durch Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 14 Abs. 3 lit. c UNO-Pakt II begründet (vgl. Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
Rn. 188 f.), der auch für die strafrechtsähnlichen Kartellsanktionsverfahren Anwendung findet. Das Schutzniveau von Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK geht allerdings nicht grundsätzlich über dasjenige von Art. 29 Abs. 1 BV hinaus (vgl. BGE 130 I 269 E. 2.2; Müller/Sche-fer, Grundrechte, 836 f.).

242. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. EGMR, 4.9.2014, 68919/10, Peter gg. Deutschland, zit. Peter, Ziff. 37 ff.; EGMR, 2.12.2014, 53339/09, Siermi sky gg. Polen, zit. Sierminsky, Ziff. 63 f.; EGMR, 10.9.2010, 31333/06, McFarland gg. Irland, zit. McFarland, Ziff. 140 ff.; EGMR, 16.12.2003, 42083/98, Mianowski gg. Polen, zit. Mianowski, Ziff. 46) wie auch des Bundesgerichts (vgl. BGE 130 I 312 E. 5 sowie BGE 135 I 265 E. 4.4; BGE134I 229 E. 2.3; BGE 125 V 373 E. 2b) finden für eine Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer keine vorgegebenen Zeiträume Anwendung. Vielmehr ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die tatsächliche Dauer sich unter den konkreten Umständen rechtfertigen lässt (vgl. die Rspr.-Übersichten hierzu bei Villiger Mark E., Handbuch der europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl. 1999, zit. EMRK, Rn. 468, und Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6 Rn. 207). Im Einzelfall ist ein Verfahren demzufolge selbst bei einer unüblich langen Verfahrensdauer nicht zwingend als unangemessen zu qualifizieren (vgl. EGMR, 68919/10, Peter, Ziff. 47).

243. Für eine Beurteilung sind die folgenden spezifischen Aspekte zu beachten (vgl. allgemein BGE 135 I 265 E. 4.4; BGE 130 I 312 E. 5.1; Frowein/ Peukert, EMRK, Art. 6 Rn. 251 f.;Fuchs Claudia, Verfahrensgrundrechte im Eingriffs- und Schrankenmodell?, Überlegungen zur Struktur grundrechtlicher Verfahrensgarantien, ZöR [Zeitschrift für öffentliches Recht] 2012, 537, 549 f.; Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 70; Haefliger/Schürmann, EMRK, 201 ff.; Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6 Rn. 200 f.; Müller/Schefer, Grundrechte, 840 f.; Steinmann, SGK-BV, Art. 29 Rn. 25): (i) Umfang und Komplexität der aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen - wobei grundsätzlich anerkannt ist, dass komplexe Wirtschaftssachen jeweils unter Berücksichtigung der Anzahl an Beteiligten und Betroffenen, der Verarbeitung umfangreicher Geschäftsunterlagen, der Einholung von Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten sowie der Durchführung internationaler Ermittlungen einen erhöhten Aufwand erfordern (vgl. EGMR, 42083/98, Mianowski, Ziff. 47; EGMR, 27.11.2008, 8416/05, Potzmader gg. Österreich, o. Ziff. [S. 5]; EGMR, 30.9.2004, 41171/98, Zaprianov gg. Bulgarien, zit. Zaprianov, Ziff. 80; EGMR, 31.5.2001, 37591/97, Metzger gg. Deutschland, Ziff. 39;Fro-wein/Peukert, EMRK, Art. 6 Rn. 252;Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 70; Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6 Rn. 200); (ii) die Sachgerechtigkeit des Vorgehens der zuständigen Behörden oder Gerichte einschliesslich von Art und Umfang der durchzuführenden Untersuchungshandlungen und Ermittlungsmassnahmen sowie der objektiven Dringlichkeit der Angelegenheit, wobei insbesondere längere, nicht gerechtfertigte Perioden der Untätigkeit von Behörden oder Gerichten zur Unangemessenheit führen können, selbst wenn die Dauer als solche nicht unverhältnismässig gewesen wäre (vgl. EGMR, 31333/06,McFarland, Ziff. 151 f.; EGMR, 5.2.2015, 2834/09, Kücher gg. Österreich, Ziff. 28: viereinhalbjährige Untätigkeit des Gerichts; EGMR, 13.10.2007, 4983/04, Gjashta gg. Griechenland, Ziff. 16: Dauer von rund dreieinhalb Jahren nicht übermässig, aber mit über zwei Jahren zu lange Phase der Untätigkeit); (iii) das Verhalten der betroffenen Personen einschliesslich des Stellens von Verfahrensanträgen und der dadurch bedingten Auswirkungen im Hinblick auf eine Förderung oder Verzögerung des Verfahrensganges (vgl. EGMR, 31333/06, McFarland, Ziff. 148 f.); (iv) die Bedeutung der Angelegenheit für die betroffene Person einschliesslich der Schwere eines mit der Durchführung des Verfahrens bedingten (Schuld-)Vorwurfs sowie ihrer finanziellen und sonstigen Interessen (vgl. EGMR, 13.1.2015, 35632/13, Hoholm gg. Slowakei, zit. Hoholm, Ziff. 44 f.).

244. Des Weiteren sind verschiedene allgemeine Aspekte zu berücksichtigen. Bei Entscheidungen zu Grundsatzfragen ist es von Seiten der Behörden und Gerichte zulässig, bei der Abwicklung des jeweiligen Verfahrens das Bedürfnis nach einer Koordination mit anderen Verfahren zu berücksichtigen (vgl. EGMR, 68919/10, Peter, Ziff. 46; EGMR, 16.9.2010, 16386/07, Breiler gg. Deutschland, Ziff. 31; Europäische Menschenrechtskommission [EKMR], 24.2.1995, 19822/92, S.L.O. gg. Schweiz, Ziff. 2b a.E.; Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 71; Meyer-Ladewig EMRK, Art. 6 Rn. 203). Ein befristeter personaler oder sonstiger Engpass bei Behörden oder Gerichten kann eine Verlängerung des Verfahrens für eine gewisse Zeit rechtfertigen, nicht aber eine chronische Überlastung der zuständigen Stellen und strukturelle Mängel des Verfahrens (vgl. EGMR, 25.2.2000, 29357/95, Gast/Popp gg. Deutschland, Ziff. 78; EGMR, 26.10.2000, 33379/96; Klein gg. Deutschland, Ziff. 43; EGMR, 35632/13, Hoholm, Ziff. 49; Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 72; Meyer-Ladewig EMRK, Art. 6 Rn. 202; vgl. auch BGE 130 I 312 E. 5.2). Dauerte ein Verfahren in der ersten Instanz bereits sehr lange, besteht für die zweite Instanz eine Verpflichtung, das Verfahren möglichst kurz zu gestalten (vgl. EGMR, 41171/98, Zaprianov, Ziff. 81; EGMR, 25.2.2010, 36395/07, Müller gg. Deutschland, Ziff. 44). Ab einer bestimmten Dauer kann im Einzelfall allein aufgrund der insgesamt abgelaufenen Zeit eine Beurteilung vorgenommen werden, ohne dass es einer detaillierten Analyse der Unangemessenheit bezüglich aller Kriterien oder Instanzen bedarf (vgl. EGMR, 53339/09, Sierminsky, Ziff. 66; EGMR, 42083/98, Mianowski, Ziff. 47; Frowein/Peukert, EMRK, Art. 6 Rn. 250; Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 71). Doch bestehen auch hierfür keine vorgegebenen festen Zeiträume. Gegebenenfalls kann es notwendig sei, einen sachlich geeigneten Zwischenentscheid zu erlassen und darauf einzutreten, wenn eine Verweisung auf die Anfechtung eines Endentscheids für die beteiligten Parteien in zeitlicher Hinsicht nicht zumutbar wäre (vgl. BGE 136 II 165 E. 1.2.1 m.w.H.).

245. Die Anforderungen an die zeitliche Durchführung des Verfahrens aufgrund des Gebots der fristgemässen Beurteilung sind bei strafrechtlichen Verfahren aufgrund des damit verbundenen Schuldvorwurfs am höchsten. Allerdings sind die für Strafverfahren entwickelten Anforderungen nicht unbesehen auf andere Sachgebiete zu übertragen (vgl. BGE 130 I 269 E. 3.1). Vielmehr bedarf es einer gesonderten Beurteilung von zivilprozessualen Verfahren und Verwaltungsgerichtsverfahren. Bei Verwaltungsgerichtsverfahren, bei denen eine vorgängige Sanktionsentscheidung durch ein Gericht überprüft wird, ist die Angemessenheit der Verfahrensdauer gesamthaft im Hinblick auf das administrative Verwaltungsverfahren und das gerichtliche Kontrollverfahren zu beurteilen (vgl. EGMR, 53339/09, Sierminsky, Ziff. 64 m.w.H.; Grabenwarter/Pabel, EMRK, § 24 Rn. 69 m.w.H.; Meyer-Ladewig, EMRK, Art. 6 Rn. 193, 194 m.w.H.).

246. Auf das Gebot der fristgemässen Beurteilung können sich nicht nur natürliche und juristische Personen (vgl. Auer Andreas/Malinverni Giorgio/Hottelier Michel, Droit constitutionnel suisse, Vol. II, Les droits fondamentaux, 3. Aufl. 2013, Rn. 114; Steinmann, SGK-BV, Art. 29 Rn. 15; zum Ganzen vgl. Kiener/Brütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 188, 563 f.; Kiener/Walter, Grundrechte, 2. Aufl. 2013, zit. Grundrechte, 481 f.; Müller/Schefer, Grundrechte, 848 f.; Rhinow/Koller/Kiss/ Thurnherr/Bühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 264 f.), sondern auch nicht rechtsfähige Rechtsgemeinschaften und einfache Wirtschaftsgemeinschaften berufen. Denn der Zweck des Beschleunigungsgebots zur Sicherstellung eines fairen Verwaltungs- oder Justizverfahrens und das subjektive Interesse am Abschluss eines solchen Verfahrens innerhalb einer angemessenen Zeitdauer erfordern keine personale Differenzierung. Der Swisscom-Gruppe steht daher als Verfahrenssubjekt des vorliegenden Kartellsanktionsverfahrens der Anspruch auf fristgemässe Beurteilung zu, der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemacht werden kann.

247. Auch im Rahmen eines kartellrechtlichen Sanktionsverfahrens ist das Gebot der fristgemässen Beurteilung von den Wettbewerbsbehörden und der Beschwerdeinstanz zu beachten. Da die inhaltlichen Anforderungen der Vorschriften sich grundsätzlich nicht unterscheiden, ist es dabei unerheblich, ob diese Verpflichtung auf Art. 29 Abs. 1 BV abgestützt wird, weil es sich um ein Verwaltungsverfahren handelt, dem ein strafrechtsähnlicher Charakter beizumessen ist (vgl. E. 649 f.), oder auf Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, weil es sich um eine strafrechtsähnliche Anklage im Sinne dieser Vorschrift handelt. Denn bei Anwendung von Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention auf andere als Kernbereiche des Strafrechts können sachgerechte Anpassungen vorgenommen werden (vgl. E. 61), weshalb bei Verwaltungsverfahren ungeachtet eines diesen beizumessenden Sanktionscharakters letztlich nicht zwingend und ausnahmslos die strengen Anforderungen an Strafverfahren vollumfänglich zu berücksichtigen sind (vgl. E. 245).

248. Für die grundsätzliche Beurteilung der Dauer von Kartellrechtsverfahren ist zudem zu berücksichtigen, dass es sich hierbei im Regelfall sowohl hinsichtlich ihres sachlichen Umfangs als auch der jeweils zu erreichenden Abklärungstiefe um äusserst komplexe Sachverhalte handelt. Hinzu kommt, dass eine sachliche Abklärung zur Feststellung der tatsächlichen Marktverhältnisse die Einbeziehung von weiteren Wirtschaftsteilnehmern vorsehen muss, weshalb die Wettbewerbsbehörden in mehreren Etappen durch eine alternierende Befragung von betroffenem Unternehmen und sonstigen Wirtschaftsteilnehmern den Sachverhalt aufbereiten müssen. Dabei ist eine Unmenge an Informationen zu verarbeiten, auch wenn vielfach nur ein geringer Teil hiervon letztlich entscheidungserheblich ist. In rechtlicher Hinsicht stellen sich angesichts der sachlichen Komplexität durchaus neue und schwierige Rechtsfragen, die einer gewissenhaften Bearbeitung und Durchdringung bedürfen. Angesichts der mit einer Sanktionierung üblicherweise verbundenen negativen Publizität für das betroffene Unternehmen sowie der Präzedenzwirkung einer entsprechenden Entscheidung für den gesamten Wirtschaftsverkehr ist es erforderlich, dass sämtliche Massnahmen einschliesslich der Entscheidung in der Sache mit äusserster Sorgfalt vorgenommen werden. Aus Art und Gegenstand eines Kartellverfahrens ergibt sich grundsätzlich keine besondere Dringlichkeit; allerdings besteht angesichts der erwähnten Präzedenzwirkung und einer allfälligen Fortführung des in Frage stehenden wirtschaftlichen Verhaltens durch das betroffene Unternehmen während der Untersuchung auch kein Grund zu einem gemächlichen Vorgehen seitens der Wettbewerbsbehörden. Insgesamt kann unter Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte demzufolge festgestellt werden, dass die Bearbeitung von komplexen Kartellverfahren regelmässig einen überaus grossen Aufwand erfordert, der ohne Weiteres auch zu einer mehrjährigen Bearbeitungsdauer führen kann. Dies wird auch durch vergleichbare Verfahren in anderen Ländern und in der Europäischen Union bestätigt.

249. In Zusammenhang mit der Beurteilung einer angemessenen Verfahrensdauer ist auch ein Blick auf vergleichbare Verfahren hilfreich, auch wenn ein verbindlicher Vergleich angesichts der Individualität jedes Einzelfalls von vornherein ausgeschlossen ist. Die von der EU-Kommission durchgeführten Verfahren, die eine Preis-Kosten-Schere zum Gegenstand hatten, weisen eine Bearbeitungszeit von vier Jahren (in Sachen Deutsche Telekom und Telefónica, vgl. SV L.b f.; aus dem Vorlageverfahren vor dem EuGH in Sachen TeliaSonera ergibt sich keine Feststellung zur Dauer der Untersuchung durch die schwedische Wettbewerbsbehörde) auf. Im Oktober 2014 hat die EU-Kommission ein weiteres Verfahren mit einer Preis-Kosten-Schere gegen die Slovak Telekom und deren Mehrheitsaktionärin Deutsche Telekom abgeschlossen, welches im April 2009 eröffnet worden war und eine Bearbeitungsdauer von fünf Jahren aufwies (vgl. EU-Kom, Pressemitteilung vom 15.10.2014, IP/14/1140, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.europa.eu/rapid/press-release_ IP-14-1140_de.htm). Es ist demzufolge davon auszugehen, dass die sachgerechte Überprüfung einer Preis-Kosten-Schere grundsätzlich einen Aufwand verursacht, der zu einer mehrjährigen Bearbeitungsdauer führen kann.

250. Im Hinblick auf einen von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Vergleich zwischen den Zeiten, die von Seiten der Wettbewerbsbehörden einerseits und den betroffenen Unternehmen zur Bearbeitung der Angelegenheit aufgewendet werden, ist festzuhalten, dass diese sich deutlich voneinander unterscheiden und ein Vergleich daher weder möglich noch sinnvoll ist. Denn die Ermittlung eines Sachverhalts, die Abklärung von Rechtsfragen sowie die Abfassung einer Verfügung beanspruchen von vornherein einen deutlich längeren Zeitraum als die Aufbereitung und Bereitstellung von Informationen aus dem eigenen Geschäftsbereich eines Unternehmens, welche grundsätzlich innerhalb kurzer Zeit erfolgen können bzw. müssen, sowie die Abfassung von darauf aufbauenden schriftlichen Eingaben. Daher kann aus dem blossen Umstand, dass die Wettbewerbsbehörde über mehrere Monate hinweg keine Untersuchungsmassnahmen gegenüber dem betroffenen Unternehmen oder beteiligten Dritten vorgenommen hat, nicht einfach eine behördliche Untätigkeit abgeleitet werden. So kann etwa die Durchdringung und Abgrenzung von Märkten, die Einarbeitung in ein technisches Sachgebiet oder die Auswertung von Antworten des Unternehmens oder Dritten durchaus mehrere Monate in Anspruch nehmen. Beachtlich ist vorliegend allerdings, dass allein die von den Beschwerdeführerinnen beantragten verschiedenen Fristverlängerungen bereits sechs Monate der vierjährigen Untersuchungsdauer im Kartellverwaltungsverfahren beschlagen.

251. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ergibt sich auch nicht, dass eine chronische Überlastung der Wettbewerbsbehörden vorgelegen hätte. Zwar wurde von der Vorinstanz eingeräumt, dass sich aufgrund weiterer Kartellverfahren in anderen Angelegenheiten gegenüber der Swisscom-Gruppe sowie wegen eines Personalwechsels gewisse Verzögerungen ergeben hätten. Soweit sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in einem Sachbereich Verfahren häufen, ergeben sich zwangsläufig Verzögerungen in der Bearbeitung aller laufenden Verfahren, weil allgemein Behördenorganisationen aus verschiedenen Gründen nicht auf die schnellst mögliche Bearbeitung von Spitzenbelastungen ausgerichtet sind bzw. ausgerichtet werden können. Gleiches gilt für Personalwechsel, die sich nicht ausschliessen lassen und für die nicht vorbeugend Reservekapazitäten geschaffen werden können.

252. Im vorliegenden Verfahren haben die Beschwerdeführerinnen durch ihr eigenes Verhalten zu einer aufwendigen und äusserst zeitintensiven Bearbeitung der Angelegenheit in ganz erheblichem Masse beigetragen. Zum einen wurde von ihnen nahezu jede denkbare faktische oder rechtliche Einwendung gegen die Feststellungen der Wettbewerbsbehörden vorgebracht. Die Rechtsschriften der Beschwerdeführerinnen umfassen mehrere hundert Seiten. Dabei wurde zur Begründung auch auf umfangreiche nationale und internationale juristische und ökonomische Literatur verwiesen. Zudem haben die Beschwerdeführerinnen mehrere Sachverständigengutachten zur Unterstützung der von ihnen vertretenen Ansichten eingereicht.

253. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren (vgl. SV P) sind im Hinblick auf dessen Bearbeitungsdauer seit dem 7. Dezember 2009 verschiedene Aspekte festzustellen. Das Verfahren war im Hinblick auf die zu erwartenden präjudiziellen Urteile des Bundesgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk (BGE 137 II 199) und Publigroupe (BGE 139 I 72) während insgesamt 18 Monaten sistiert. Die Berücksichtigung von bereits ergangenen einschlägigen Wettbewerbsverfahren in der Europäischen Union wurde von den Beschwerdeführerinnen sowohl formal als auch materiell abgelehnt; zum einen weil ein Rückgriff auf ausländische Entscheide nicht zulässig sei, zum anderen weil die inhaltliche Vergleichbarkeit von Anwendungskriterien und Sachverhaltselementen nicht gegeben sei. Obschon wesentliche allgemeine Rechtsfragen im Laufe des Beschwerdeverfahrens sowohl durch das Bundesverwaltungsgericht als auch das Bundesgericht zu anderen Fällen entschieden wurden, haben die Beschwerdeführerinnen sämtliche Einwendungen hierzu unter Nachreichung weiterer Argumentationen aufrechterhalten; und dies, obwohl das Beschwerdeverfahren gerade im Hinblick auf das Ergebnis des höchstrichterlichen Entscheids mit Zustimmung der Beschwerdeführerinnen ausdrücklich ausgesetzt worden war. Zu berücksichtigen ist auch, dass durch die Beschwerdeführerinnen eine Richtigstellung von einzelnen elementaren Aspekten ihres sachlichen Vorbringens erst aufgrund der Instruktionsverhandlung vor der Beschwerdeinstanz vorgenommen wurde. Die Beschwerdeinstanz musste angesichts der ihr zukommenden - und von den Beschwerdeführerinnen ausdrücklich geltend gemachten - umfassenden Kognitionsverpflichtung aufgrund des umfassenden Sach- und Rechtsvorbringens der Beschwerdeführerinnen - welches sich auch im grossen Umfang des vorliegenden Urteils widerspiegelt - demzufolge sämtliche tatsächlichen und rechtlichen Aspekte vollumfänglich überprüfen und sogar die bestehende Rechtsprechung einer neuerlichen Überprüfung unter Berücksichtigung der von den Beschwerdeführerinnen neu vorgetragenen Gesichtspunkte unterziehen.

254. Auch wenn die Dauer des vorliegenden Kartellverfahrens als sehr lang qualifiziert werden muss, liegt unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten anerkannten Grundsätze zur Beurteilung der Verfahrensdauer und der konkreten Umstände der vorliegenden, sehr komplexen und vielschichtigen Angelegenheit weder im Hinblick auf das Kartellverwaltungsverfahren oder das Beschwerdeverfahren noch in Bezug auf deren gesamte Dauer ein Verstoss gegen das Gebot der fristgemässen Beurteilung vor.

10) Zwischenergebnis

255. Die von den Beschwerdeführerinnen beanstandeten formellen Aspekte mit Bezug auf das vorinstanzliche und das verwaltungsgerichtliche Verfahren stellen keine beachtenswerten Verfahrensmängel dar.

V. Relevanter Markt

256. Für die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
i.V.m. 4 Abs. 2 KG (vgl. E. 311 ff.) ist es formal erforderlich, in einem ersten Schritt den massgeblichen Markt, auf dem diese marktbeherrschende Stellung eingenommen wird, abzugrenzen, bevor in einem zweiten Schritt die Marktstellung ermittelt werden kann (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.1; David/Jacobs, WBR, Rn. 696). Ungeachtet dessen stehen sich Marktabgrenzung und Ermittlung der Marktstellung nicht isoliert gegenüber, sondern üben eine gegenseitige Wechselwirkung aus, weil sie die notwendigen Elemente der Marktbeherrschungsanalyse bilden.

257. Das Kartellgesetz enthält weder eine Definition des relevanten Markts noch statuiert es einzelne Kriterien für dessen Bestimmung. Allerdings weist die Verordnung des Bundesrats vom 17. Juni 1996 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (VKU, SR 251.4) in Art. 11 Abs. 1 und 3 sachliche, räumliche und zeitliche Aspekte zur Beurteilung von einzelnen Zusammenschlussvorhaben auf. Demzufolge lassen sich der sachlich, der räumlich und der zeitlich relevante Markt unterscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung finden diese Abgrenzungskriterien auch für die Beurteilung von anderen Wettbewerbsbeschränkungen Anwendung (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.1; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 9).

1) Sachlich relevanter Markt

258. Die Vorinstanz nimmt im Bereich von Breitbandprodukten für den vorliegenden Sachverhalt eine Abgrenzung von zwei massgeblichen sachlich relevanten Märkten in Form eines Grosshandels- und eines Einzelhandelsmarkts jeweils für leitungsgebundene Breitbanddienstleistungen vor.

259. In Bezug auf den Einzelhandelsmarkt kommt die Vorinstanz zum Ergebnis, dass leitungsgebundene Zugänge zu Breitbanddiensten als Substitut für Dienstleistungen zu einem auf xDSL basierenden Internetzugang anzusehen sind. Leitungslose Zugangstechnologien wie UMTS, WLAN, WLL, BWA und Satelliten erachtet die Vorinstanz mit Bezug auf Eigenschaft und Verwendungszweck hingegen nicht als Substitut. Insbesondere aufgrund der höheren Preise, der in der Regel niedrigeren Übertragungsraten, der höheren Störungsanfälligkeit und der niedrigeren Verbindungsstabilität können leitungslose Internetzugänge nicht als gleichwertige Ausweichmöglichkeit betrachtet werden. Der dem Einzelhandelsmarkt vorgeschaltete Vorproduktmarkt umfasst gemäss der Vorinstanz als Grosshandelsprodukte die leitungsgebundenen Breitbandzugänge.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

260. Die Beschwerdeführerinnen machen aus mehreren Gründen eine falsche Abgrenzung des sachlich relevanten Markts geltend.

261. Zunächst behaupten sie in allgemeiner Weise, aufgrund der Abgrenzung eines Grosshandels- und eines Einzelhandelsmarkts bestehe die Gefahr, dass statt des Wettbewerbs einzelne Wettbewerber geschützt würden.

262. Zudem seien die auf dem Einzelhandelsmarkt bestehenden Bündelangebote angesichts der wirtschaftlichen Realität bei der Marktabgrenzung zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Deren Berücksichtigung sei aber geboten, weil praktisch alle Anbieter auf dem Einzelhandelsmarkt die Breitbanddienste nicht isoliert, sondern im Bündel mit Telefoniediensten anbieten würden. Auch die Wettbewerber auf dem nachgelagerten Markt würden daher neben den Breitbanddiensten auch regulierte Interkonnektionsdienste zur Bereitstellung der Telefoniedienste nachfragen. Im Übrigen sei die Behauptung der Vorinstanz, die Koppelung von Breitbandangeboten und Telefoniediensten führe zu Wechselkosten, nicht bewiesen.

263. Die Beschwerdeführerinnen behaupten, dass die Kabelinternetanbieter auch Grosshandelsprodukte anbieten könnten, weil keine technischen Hindernisse dies verunmöglichen würden. Das Fehlen eines entsprechenden Angebots beruhe demzufolge allein auf einer strategischen Entscheidung der Kabelnetzbetreiber, die jederzeit geändert werden könne. Die potentiellen kabelgebundenen Grosshandelsprodukte müssten daher bei der Marktabgrenzung berücksichtigt werden.

264. In jedem Fall müssten aber zumindest die Eigenleistungen der Kabelinternetanbieter entsprechend der Praxis der Vorinstanz bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Markts berücksichtigt werden. Danach seien die Eigenleistungen vertikal integrierter Unternehmen bei der Beurteilung der Marktmacht im vorgelagerten Markt zu berücksichtigen, weil ansonsten die Marktmacht des Vorproduktanbieters überschätzt werde. Damit schaffe die Vorinstanz einen Widerspruch zu ihrer gefestigten Praxis, wonach die konzerninternen Beschaffungen vertikal integrierter Unternehmen zum sachlich relevanten Markt zu zählen seien.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

265. Die Vorinstanz macht demgegenüber geltend, dass das Vorhandensein von Bündelangeboten für das Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere unerheblich sei, weil für Endkunden der Telefonanschluss kein Substitutionsgut zum Breitbandangebot darstelle. Zudem würde die Swisscom-Gruppe der Marktgegenseite auf dem Grosshandelsmarkt keine Bündelangebote anbieten, sondern einerseits regulierte Interkonnektionsdienste und andererseits Breitbanddienste. Dass die Grundgebühr für die Anschlussnutzung für die Endkunden, welche das Bündelangebot nachfragten, nur einmal erhoben werde, würde keine andere Marktabgrenzung rechtfertigen. Ausserdem entstünden den Konsumenten durch einen Wechsel des Breitbandanbieters Wechselkosten - bspw. in Form von Betriebsunterbrüchen aufgrund des notwendigen Modemwechsels -, welche wiederum gegen das Vorliegen von disziplinierenden Einflüssen sprechen würden.

266. Die Vorinstanz ist der Ansicht, dass die Kabelnetzbetreiber bereits aus technischen Gründen kein Grosshandelsprodukt anbieten könnten. Darüber hinaus wäre es angesichts der enormen Anzahl an Kabelnetzbetreibern aus organisatorischen und wirtschaftlichen Gründen unwahrscheinlich, wenn nicht sogar ausgeschlossen, alle Kabelnetzbetreiber dazu bewegen zu können, ein einheitliches Grosshandelsprodukt anzubieten.

267. Das konzerninterne Beschaffungsvolumen berücksichtige die Vor-instanz überdies nur dann, wenn die jeweilige Marktgegenseite die Produkte sowohl von integrierten als auch von nicht-integrierten Unternehmen als Substitute qualifiziere, weil nur in diesem Fall integrierte und nicht-integrierte Unternehmen den Preissetzungsspielraum des jeweiligen Konkurrenten beschränken würden. Nur unter diesen Umständen wäre nach gängiger Praxis der Vorinstanz das konzerninterne Beschaffungsvolumen der Kabelnetzbetreiber dem relevanten Markt zuzurechnen. Da diese aber überhaupt kein Vorprodukt anbieten würden, bestünde kein solches Substitut auf dem relevanten Markt.

268. Auch im Hinblick auf den nachgelagerten Markt bestehe zwischen den Produkten der Swisscom-Gruppe und den Kabelnetzbetreibern nur eingeschränkte Substituierbarkeit. Die Beschwerdeführerinnen hätten selbst detailliert ausgeführt, weshalb es der Swisscom-Gruppe gelungen sei, ein Angebot bereitzustellen, welches von den Kunden als besser wahrgenommen würde als die Angebote der Konkurrenz. Ein schlechtes Substitut entfalte, wie von den Beschwerdeführerinnen selbst anerkannt werde, eine weniger grosse disziplinierende Wirkung als ein besseres. Insofern bestehe nur eine beschränkte Substituierbarkeit, was auch die von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Studien belegen würden.

(3) Würdigung durch das Gericht

(a) Grundlagen

269. Der sachlich relevante Markt umfasst alle Waren oder Dienstleistungen (nachfolgend: Produkte), die aufgrund ihrer wechselseitigen Substituierbarkeit eine eigenständige Produktgruppe bilden. Massgebend für die Qualifizierung der jeweiligen Substituierbarkeit ist hierbei eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen die Zusammenfassung bestimmter Produkte als eigenständige Produktgruppe und die Zuordnung eines einzelnen Produkts hierzu sprechen. Im Rahmen einer derartigen Gesamtanalyse kommt dabei keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Umstände zu.

270. Wesentliche Grundlage dieser Beurteilung bildet in Bezug auf Absatzmärkte das Konzept der Nachfragesubstituierbarkeit (auch sog. Konzept der funktionellen Austauschbarkeit bzw. Bedarfsmarktkonzept), das prinzipiell in Art. 11 Abs. 3 VKU statuiert wird (vgl. BGE 139 I 72, Publi-groupe, E. 9.2.3.1; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 9; REKO/WEF, RPW 2006/2, 347, 20 Minuten, Ziff. 6.3.3;Evelyn Clerc/Pranvera Këllezi, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 68 ff.; David/Ja-cobs, WBR, Rn. 690; Köchli/Reich, SHK-KG, Art. 4 Rn. 42; Reinert/ Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 104 ff.; vgl. für das europäische Recht die Bekanntmachung der EU-Kommission vom 9.12.1997 über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrecht der Gemeinschaft, ABl. 1997 C 372/5, zit. Marktbekanntmachung, Ziff. 13, mit Hinwei-sen zu weiteren Beurteilungsaspekten). Die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts erfolgt aus der Sicht der Nachfrager als Marktgegenseite, d.h. der Abnehmer eines durch das marktbeherrschende Unternehmen abgesetzten Produkts. Massgebend ist dabei, welche anderen Waren oder Dienstleistungen mit dem in Frage stehenden Produkt in Wettbewerb stehen. Dies ist immer dann der Fall, wenn die Austauschbarkeit der verschiedenen Produkte gegeben ist, weil sie aufgrund ihrer Eigenschaften, Preise und den vorgesehenen Verwendungszweck von den Nachfragern als gleichwertig angesehen werden (vgl. BGer, 14.8.2002, 2A.298/ 2001 und 2A.299/2001, Börsenverein des dt. Buchhandels e.V./Schw. Buchhändler- und Verlegerverband gg. Weko, BGE 129 II 18 E. 5.2.1 und RPW 2002/4,731, zit. Buchpreisbindung I, E. 7.3.1; BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 9.1.4.1; REKO/WEF, 20.3.2003, FB/2002-5, Cablecom GmbH gg. Teleclub AG/Weko, RPW 2003/2, 406, E. 5.1; Borer, KG, Art. 5 Rn. 10; Clerc/Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 68 f.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.34 f.;Zäch, Kartellrecht, Rn. 538 f.; für das europäische Recht vgl. auch EU-Kom, Marktbekanntmachung, Ziff. 39 f.; Körber Torsten, in: Immenga/Mestmäcker [Hrsg.], Wettbewerbsrecht, Bd. 1/2, EU-Kartellrecht, 5. Aufl. 2012, zit. IM-FKVO, Art. 2 Rn. 23). Massgebend für die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts ist demzufolge, welche Produkte aus der Sicht eines objektiven Nachfragers von bestimmten Leistungen diesen Bedarf in akzeptabler Weise zufriedenstellend erfüllen. Für eine zufriedenstellende Erfüllung ist es dabei einerseits nicht erforderlich, dass die Leistung in identischer Weise erbracht wird, andererseits ist eine bloss teilweise Austauschbarkeit nicht ausreichend (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.2.3.5; REKO/WEF, RPW 2006/2, 347, 20 Minuten, E. 6.3.4 und E. 7.2.1; Clerc/
Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 80;Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 104). Die Austauschbarkeit eines Produkts ist insbesondere aufgrund von funktionalen Sachüberlegungen, allgemeinen Verbraucherpräferenzen, bestehenden Marktstrukturen sowie von konkreten Marktbeobachtungen aller in Betracht kommenden ähnlichen Produkte zu bewerten; zudem können auch modellhafte Überlegungen, wie etwa der sog. SSNIP-Test (small but significant and nontransitory increase in price-Test), zur Abgrenzung herangezogen werden (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 9.5.3; REKO/WEF, RPW 2006/2, 347, 20 Minuten, E. 6.3.3; REKO/WEF, 27.9.2005, FB/2004 -1, Ticketcorner AG/Ticketcorner Holding AG gg. Good News Productions AG u.a./Weko u.a., RPW 2005/4, 672, zit. Ticketcorner, E. 5.2.2; WEKO, 5.3.2007, Richtlinien des Verbands Schweizerischer Werbegesellschaften VSW über die Kommissionierung von Berufsvermittlern, Publigroupe SA ua., RPW 2007/2, 190, zit. Publigroupe, Ziff. 106; Borer, KG, Art. 5 Rn. 10; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 116 ff.; Clerc/Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 76; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.38; so auch im europäischen Recht, vgl. EU-Kom, Marktbekanntmachung, Ziff. 36 f.; Andreas Fuchs/Wernhard Möschel, in: Immenga/Mestmä-cker [Hrsg.], Wettbewerbsrecht, Bd. 1/1, EU-Kartellrecht, 5. Aufl. 2012, zit. IM-EuKR, Art. 102 Rn. 50).

271. Die Beurteilung in Bezug auf Beschaffungsmärkte erfordert eine gegenüber dem Konzept der Nachfragesubstituierbarkeit abgewandelte Herangehensweise. Bei Sachverhalten mit Beschaffungsmärkten handelt es sich um Konstellationen einer Ausübung von Nachfragemacht, welche dem betreffenden (potentiell) marktbeherrschenden Unternehmen gegen-über seinen Lieferanten zukommt. Für die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts ist auch hierbei auf die Sichtweise des Lieferanten als Marktgegenseite abzustellen. Das massgebliche Differenzierungskriterium bildet aber der Umstand, ob einem Lieferanten neben der Belieferung des marktbeherrschenden Unternehmens noch weitere Absatzmöglichkeiten offen stehen (vgl. WEKO, 8.11.2004, CoopForte, Coop Basel, RPW 2005/1, 146, zit. CoopForte, Ziff. 35; WEKO, 3.9.2007, Migros/Den-ner, Migros Genossenschaftsbund und Denner AG, RPW 2008/1, 129, zit. Migros/Denner, Ziff. 205;Reinert/Bloch, BSK-KG, Art 4 Abs. 2 Rn. 213 ff.; ausführlich auch Meinhardt Marcel/Prümmer Felix, Organisa-tion des Einkaufs, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Schweizerisches und Europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, zit. Organisation; Rn. 9.88 ff.; David/ Jacobs, WBR, Rn. 696; für das europäische Recht vgl.Mestmäcker/ Schweitzer, EU-WBR, § 25 Rn. 90). Demgegenüber ist der Aspekt der Austauschbarkeit von dessen Produkten durch andere Waren oder Dienstleistungen nicht von direkter Bedeutung. Die Austauschbarkeit der Produkte ist allenfalls ein Gesichtspunkt für die Beurteilung des Ausmasses der Marktbeherrschung durch das betreffende marktbeherrschende Unternehmen, weil ein hoher Grad an Austauschbarkeit als Druckmittel gegenüber dem Lieferanten eingesetzt werden könnte.

272. Ungeachtet dessen, dass der potentielle Wettbewerb nach ganz überwiegender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur nur im Rahmen der Marktstellung, nicht aber bei der Marktabgrenzung zu berücksichtigen ist (vgl. REKO/WEF, RPW 2006/2, 347, 20 Minuten, E. 6.3.2; REKO/WEF, RPW 2005/4, 672, Ticketcorner, E. 5.5.2; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 170; Zäch Roger, Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. V/2, Kartellrecht, 2000, zit. Verhaltensweisen, 163; Clerc/Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 67; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 2.41; im Ergebnis wohl auch Borer, KG, Art. 5 Rn. 12 und 24; David/Jacobs, WBR, Rn. 697; für das EU-Recht vgl. EU-Kom, Marktbekanntmachung, Ziff. 24; differenzierend Mestmäcker/ Schweitzer, EU-WBR, § 16 Rn. 23, die auf die Zweckmässigkeit im Rahmen der Prüfung abstellen), ist nach einer ebenfalls überwiegenden Ansicht bei derBeurteilung des sachlich relevanten Markts grundsätzlich das Konzept der Angebotssubstituierbarkeit zu berücksichtigen. Danach sind auch Produkte, bei denen eine funktionale Austauschbarkeit aus Sicht der Nachfrager nicht gegeben ist, dennoch in den sachlich relevanten Markt einzubeziehen, wenn auf Seiten des jeweiligen Herstellers dieser Produkte eine hohe Angebotsumstellungsflexibilität vorhanden ist (vgl. WEKO, CoopForte, Ziff. 31 ff.; WEKO, Migros/Denner, Ziff. 205; Borer, KG, Art. 5 Rn. 12). Diese Angebotsumstellungsflexibilität liegt dann vor, wenn der Hersteller innerhalb kürzester Frist und mit vernachlässigbar geringen Kosten seine Produktion umstellen und dadurch Produkte herstellen kann, bei denen die funktionale Austauschbarkeit zu den anderen Produkten der jeweiligen Produktgruppe gegeben ist (vgl.Borer, KG, Art. 5 Rn. 12; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 170; Meinhardt/Prümmer, Organisation, Rn. 9.90;Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.39; für das europäische Recht vgl. EU-Kommisson, Marktbekanntmachung, Ziff. 20; bestätigend bspw. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 113; Körber, IM-FKVO, Art. 2 Rn. 25, 57 ff.; Mestmäcker/Schweitzer, EU-WBR, § 16 Rn. 22). Die Bejahung der Angebotsumstellungsflexibilität führt dazu, dass insgesamt eine weiter gefasste Produktgruppe als mass-geblicher sachlich relevanter Markt abzugrenzen ist.

273. Die Notwendigkeit zur Prüfung der Angebotssubstituierbarkeit bei Sachverhalten gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG wird in Praxis und Literatur bislang unterschiedlich beurteilt. Nach einer Ansicht stellt eine bloss theoretische Alternative, auch wenn sie kurzfristig vorgenommen werden könne, keine tatsächliche Ausweichmöglichkeit für die von einer Behinderung oder Ausbeutung betroffenen Wirtschaftsteilnehmer dar, weshalb entsprechen-de Produkte im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung nicht ohne Weiteres zu berücksichtigen seien (REKO/WEF, RPW 2005/4, 672, Ticketcorner, Ziff. 5.2.2). Nach anderer Ansicht ist der Aspekt der Angebotsumstellungsflexibilität auch im Rahmen von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG zu berücksichtigen (vgl. Weko-Sekretariat, 7.8.2007, Beschaffung von Leichten Transport- und Schulungshelikoptern [LTSH] durch armasuisse, Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport, RPW 2007/4, 517, Ziff. 37c; WEKO, 21.10.2013, Swatch Group Lieferstopp, The Swatch Group AG, RPW 2014/1, 215, zit. Swatch Group Lieferstopp, Ziff. 97, 125; jeweils allerdings ohne jegliche inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Sachfrage und der Feststellung der REKO/WEF in Sachen Ticketcorner; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 150 f.).

274. Bei einer Abgrenzung des relevanten Markts als Grundlage der Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung ist der Schutzzweck der im Kartellgesetz jeweils vorgesehenen Normen zur Verhinderung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens von marktbeherrschenden Unternehmen zu berücksichtigen. Bei der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen gemäss Art. 10 KG ist die Untersuchung der marktbeherrschenden Stellung auf die Feststellung der aktuellen Marktstruktur und eine Prognose der sich daraus ergebenden zukünftigen möglichen Beeinträchtigungen des Wettbewerbs ausgerichtet. Bei diesem Untersuchungsan-satz ist es selbstredend beachtlich, ob zukünftig einzelne Unternehmen aufgrund einer einfachen Produktionsumstellung auch austauschbare Produkte herstellen könnten, die dem sachlich relevanten Markt zuzuordnen wären. Demgegenüber ist die Prüfung eines missbräuchlichen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG jedenfalls im Regelfall auf die Untersuchung eines in der Vergangenheit liegenden wirtschaftlichen Verhaltens und den dadurch allenfalls bereits eingetretenen Beeinträchtigungen des Wettbewerbs ausgerichtet. Bei diesem Untersuchungsansatz ist es prinzipiell unbeachtlich, ob möglicherweise in Zukunft weitere austauschbare Produkte auf dem sachlich relevanten Markt vorhanden sein könnten. Denn die betroffenen Unternehmen verfügen bis zur Vornahme von Massnahmen durch die Wettbewerbsbehörden tatsächlich nicht über eine reale Ausweichmöglichkeit auf derartige austauschbare Produkte, weshalb sie der Einwirkung des marktbeherrschenden Unternehmens faktisch keine Alternative entgegensetzen können. Aus den divergierenden Untersuchungsansätzen ergibt sich daher im Regelfall auch ein unterschiedlicher Inhalt der Marktabgrenzung (vgl. Zäch, Verhaltensweisen, 164 f.; vgl. auch EU-Kom, Marktbekanntmachung, Ziff. 12, in Bezug auf den räumlichen Markt; sowie EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 273, für eine Differenzierung zwischen der Prüfung eines Unternehmenszusammenschlusses und eines Marktmachtmissbrauchs im Hinblick auf die Beurteilung von zukünftigen Auswirkungen).

275. Im Rahmen der Abgrenzung des sachlich relevanten Markts zur Untersuchung einer Wettbewerbsbeeinträchtigung gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG findet demzufolge jedenfalls im Regelfall der Aspekt der Angebotssubstituierbarkeit keine Beachtung. Dies gilt jedoch ausnahmsweise dann nicht, wenn aufgrund der konkreten Sachverhaltskonstellation gerade (auch) ein bestimmtes Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens in der Zukunft zu beurteilen ist. Eine solche Ausnahme bildete etwa die Sachverhaltskonstellation im Fall Swatch Group Lieferstopp, bei dem eine angekündigte zukünftige Liefereinschränkung durch ein marktbeherrschendes Unternehmen zu beurteilen war.

(b) Abgrenzung von leitungsgebundenen gegenüber leitungslosen Breitbanddienstleistungen

276. Im Hinblick auf die Bereitstellung von Breitbanddienstleistungen lassen sich leitungsgebundene und leitungslose Dienstleistungen unterscheiden (vgl. SV D.d). Soweit die leitungslosen Breitbandtechnologien während des massgeblichen Zeitraums bereits entwickelt und verfügbar waren, wiesen sie jedenfalls hinsichtlich Bandbreite, Qualität und Preis erhebliche Nachteile auf, die sich in einer deutlich eingeschränkten Möglichkeit zu einer dauernden, stabilen und wirtschaftlichen Nutzung des Internets gegenüber den leitungsgebundenen Breitbanddienstleistungen niederschlugen (vgl. SV D.i). Die leitungslosen Breitbanddienstleistungen stellten daher aus Sicht der Nachfrager kein mögliches Austauschprodukt gegenüber den leitungsgebundenen Breitbanddienstleistungen dar und sind demzufolge nicht in den sachlich relevanten Markt einzubeziehen. Diese Einschätzung wurde durch das Bundesverwaltungsgericht bereits im Jahr 2009 im Rahmen des Entscheids Marktzugang schneller Bitstrom bestätigt, indem auch dort die Austauschbarkeit von leitungsgebundenen Breitbandprodukten durch leitungslose Technologien verneint worden war (BVGE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 8.4.3; vgl. ebenso EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 83; EU-Kom, Comp/ 38.784, Telefónica, Ziff. 196). Die Beschwerdeführerinnen haben gegenüber dieser Marktabgrenzung im Beschwerdeverfahren auch keine Einwände mehr erhoben.

(c) Abgrenzung Gross- und Einzelhandelsmarkt

277. Eine für viele Produktgruppen verbreitete Abgrenzung des sachlich relevanten Markts bildet die Unterscheidung nach Absatzstufen zwischen dem Grosshandelsmarkt, d.h. dem Markt, auf dem sich Wiederverkäufer mit den jeweils austauschbaren Produkten eindecken, um sie an Endkun-den weiter zu veräussern, und andererseits dem Einzelhandelsmarkt, d.h. dem Markt, auf dem sich Endkunden mit den jeweils austauschbaren Produkten für ihren eigenen Bedarf eindecken (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 9.5.2; WEKO, 17.03.2008, Coop/Carrefour, Coop Genossenschaft und Distributis SA, RPW 2008/4, 593, zit. Coop/Carre-four, Ziff. 54; WEKO, 31.7.2007, Tech Data/Actebis, Actebis AG und Tech Data GmbH, Ziff. 22 f.; WEKO, 31.8.2006, Galenica/Unione, Galenica AG und Unione Farmaceutica Distribuzione SA, RPW 2006/3, 498, Ziff. 12 ff.; Weko-Sekretariat, RPW 2004/2, 357, Talk & Surf, Ziff. 34; WEKO, 3.12.2001, Mobilfunkmarkt, Swisscom AG/diAx AG/Orange Communications SA, Ziff. 88 ff.; Reinert/Bloch,BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 211; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.944). Eine entsprechende Differenzierung ist immer dann gerechtfertigt, wenn sich die Nachfrage von Wiederverkäufern und Endkunden oder der Absatz der Produkte auf den beiden Absatzstufen in einem erheblichem Ausmass unterscheiden (sog. Theorie der getrennten Märkte; vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 9.5.2; Amgwerd Matthias, Netzzugang in der Telekommunikation, 2008, Rn. 199, mit Verweis auf den Entscheid der WEKO, RPW 2004/2, 407,ADSL I, Ziff. 94; Heizmann,Unternehmen; Rn. 281 ff.).

278. Eine massgebliche Unterscheidung aufgrund der Absatzstruktur ergibt sich dabei immer dann, wenn die Endkunden aufgrund der Geschäftspraxis der Lieferanten des Grosshandelsmarkts über keinen allgemeinen Zugang zu den Produkten auf Grosshandelsstufe verfügen und diese nur an Wiederverkäufer abgesetzt werden. Bei derartigen Konstellationen bilden sich zwangsläufig zwei Gruppen von Nachfragern und damit eine eigenständige Nachfrage nach Grosshandels- und Einzelhandelsprodukten: (i) zum einen die Endkunden als Nachfrager auf Einzelhandelsstufe, weil sich für diese von vornherein eine Beschränkung auf die im Einzelhandelsmarkt verfügbaren Produkte einstellt und demzufolge keine Austauschbarkeit mehr mit den Grosshandelsprodukten gegeben ist; (ii) zum anderen die Wiederverkäufer als Nachfrager auf der Grosshandelsstufe, weil für sie die Produkte des Einzelhandelsmarkts zumindest aus wirtschaftlichen Gründen nicht mit den Grosshandelsprodukten austauschbar sind; unter Umständen können die Produkte des Einzelhandelsmarkts sogar aufgrund ihrer spezifischen Ausgestaltung für den Endkunden auf dem Grosshandelsmarkt überhaupt nicht mehr oder zumindest nicht mehr mit einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand verwendet werden.

279. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den vorhandenen drahtgebundenen Breitbandprodukten BBCS auf Grosshandelsstufe und xDSL auf Einzelhandelsstufe zwar in technischer Hinsicht um praktisch identische und damit vergleichbare Produkte. Allerdings erfolgt ihr Absatz auf andere Art und Weise, weil sie auf Gross- und Einzelhandelsstufe durch die Swisscom-Gruppe in unterschiedlicher Weise konfiguriert und vermarktet werden und der Zugang zu den Grosshandelsprodukten für Endkunden von vornherein ausgeschlossen wird. Die Swisscom-Gruppe vermarktet das Grosshandelsprodukt BBCS in bestimmten Konfigurationen nur gegenüber Internetdienstanbietern, welche dieses als Einzelhandelsprodukt xDSL unter anderem Namen und in anderen Produktkonfigurationen an ihre Endkunden veräussern. Die Swisscom-Gruppe vermarktet die Einzelhandelsprodukte xDSL ebenfalls in anderen Produktkonfigurationen über Bluewin an ihre Endkunden. Demzufolge sind die Nachfrager des Grosshandelsprodukts BBCS die anderen Internetdienstanbieter, während als Nachfrager der Einzelhandelsprodukte xDSL die Endkunden zu gelten haben. Für Internetdienstanbieter ist eine Abnahme von xDSL-Ein-zelhandelsprodukten der Bluewin ausgeschlossen, weil sie in den durch Bluewin ausgestalteten Produktkonfigurationen ihren eigenen Kunden nicht angeboten werden können. Vorliegend ist demzufolge von einer differenzierten Nachfrage und somit von unterschiedlichen Gross- und Einzelhandelsmärkten auszugehen.

280. Die entsprechende Abgrenzung wurde bereits in vorhergehenden gleichgelagerten Fällen im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen vorgenommen. Die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen hat jeweils einen Gross- und einen Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen unterschieden (vgl. REKO/WEF, RPW 2005/3, 505, ADSL I Ziff. 5.2). Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Marktabgrenzung in zwei, die Beschwerdeführerinnen betreffenden Fällen (BGVE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 8.4.2; BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 9.5.2), bestätigt. Auch die Europäische Kommission differenziert in gleichgelagerten Fällen zwischen Gross- und Einzelhandelsmärkten (vgl. EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 61; EU-Kom, Comp/38.784, Telefónica, Ziff. 145 ff.).

281. Entgegen dem unspezifizierten und allgemein gehaltenen Einwand der Beschwerdeführerinnen führt eine Differenzierung zwischen einem Gross- und einem Einzelhandelsmarkt auch nicht zu einem nicht gerechtfertigten Schutz einzelner Wettbewerber. Zunächst ist festzuhalten, dass eine Verfolgung von wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen eines marktbeherrschenden Unternehmens zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung des wirksamen Wettbewerbs zwangsläufig zu einem Schutz der dadurch betroffenen Marktteilnehmer führt. Soweit es sich bei diesen Marktteilnehmern auch um Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens handelt, profitieren demzufolge auch diese berechtigterweise von der dadurch erzielten Schutzwirkung. Denn durch die Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung wird die dadurch hervorgerufene Beeinträchtigung ihrer eigenen wirtschaftlichen Freiheit beseitigt. Um im Einzelfall ausnahmsweise eine unberechtigte Bevorteilung eines Wettbewerbers zu belegen, bedarf es demzufolge einer eingehenden Begründung, die vorliegend von den Beschwerdeführerinnen nicht vorgetragen wurde. Ein solcher Grund ist auch nicht ersichtlich, weil vom Verhalten der Swiss-com-Gruppe nicht nur einzelne Konkurrenten, sondern sämtliche Internetdienstanbieter gleichermassen betroffen waren.

(d) Grosshandelsmarkt

282. Für die Abgrenzung des Grosshandelsmarkts sind alle Grosshandelsprodukte an leitungsgebundenen Breitbanddienstleistungen heranzuziehen, die aus der Sicht der Internetdienstanbieter als Wiederverkäufer in gleicher Weise geeignet waren, um nach einer individuellen Produktkonfiguration an Endkunden vermarktet zu werden.

283. Für diese Marktabgrenzung sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen sonstige Vorprodukte an Telekommunikationsleistungen, die von der Swisscom-Gruppe und den anderen Internetdienst-anbietern zusammen mit den jeweiligen breitbandigen Einzelhandelsprodukten xDSL auf der Einzelhandelsstufe zu Bündelangeboten kombiniert werden, nicht zu berücksichtigen. Zum einen können diese Vorprodukte nach unstrittiger Ansicht schon aus technischen Gründen die BBCS-Grosshandelsprodukte nicht ersetzen, weshalb die funktionale Austauschbarkeit zwischen den beiden Arten an Produkten von vornherein nicht gegeben ist. Zum anderen hat die Swisscom-Gruppe im massgeblichen Zeitraum auf der Grosshandelsstufe überhaupt keine Bündelangebote gegenüber den Internetdienstanbietern vermarktet. Vielmehr wurden nur getrennt einerseits Telefoniedienste zu regulierten Bedingungen und andererseits das Breitbandprodukt BBCS angeboten.

284. Des Weiteren ist Folgendes zu berücksichtigen: Die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts wird auch durch die Art und den Inhalt des jeweiligen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens mit bestimmt (vgl. E. 312). Wie nachfolgend dargelegt wird, sind die Bündelangebote im Rahmen einer Beurteilung der Wirtschaftlichkeit der von der Swisscom-Gruppe angebotenen Breitbanddienstleistungen nicht zu berücksichtigen (vgl. E. 547 f.). Auch aus diesem Grund scheidet eine Berücksichtigung derartiger Bündelangebote im Rahmen der Abgrenzung des sachlich relevanten Markts von vornherein aus. Diese Qualifizierung gilt unabhängig davon, dass auf dem nachgelagerten Einzelhandelsmarkt von den Endkunden Bündelangebote nachgefragt werden.

285. Die notwendige Voraussetzung für eine Austauschbarkeit eines Produkts besteht zunächst allerdings darin, dass den Internetdienstanbietern als Marktgegenseite überhaupt verschiedene Produkte zur Verfügung stehen.

286. Unstreitig ist, dass im massgeblichen Zeitraum auf dem Grosshandelsmarkt mit dem von der Swisscom-Gruppe angebotenen drahtgebundenen BBCS nur ein leitungsgebundenes Grosshandelsprodukt für die Internetdienstanbieter zur Verfügung stand. Darüber hinaus wurden keine vergleichbaren Produkte angeboten, welche das BBCS der Swisscom-Gruppe hätten sachgerecht ersetzen können. Auch wenn, wie von den Beschwerdefüherinnen angemerkt, zwei lokale Kabelnetzbetreiber im massgeblichen Zeitraum zeitweise ein Grosshandelsprodukt angeboten haben sollten, so lässt sich daraus nicht die Möglichkeit einer umfassenden - und im Hinblick auf den räumlich relevanten Markt einer landesweiten - Versorgung für alle Internetdienstanbieter ableiten.

287. Die strom- und glasfasergebundenen Breitbandtechnologien stellten im massgeblichen Zeitraum bereits angesichts der fehlenden Verbreitung und Verfügbarkeit sowie der fehlenden technischen Ausgereiftheit (vgl. SV D.g und D.h) keine angemessenen Substitute für die drahtgebundenen Breitbandprodukte der Swisscom-Gruppe dar. Abgesehen davon wurde auf Grosshandelsstufe auch kein entsprechendes Produkt angeboten. Dieser Umstand wird auch von den Beschwerdeführerinnen nicht bestritten.

288. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen sind für die Abgrenzung des sachlich relevanten Markts zudem weder die theoretische Möglichkeit zur Bereitstellung eines kabelgebundenen Grosshandelsprodukts noch die Eigenleistungen der Kabelnetzbetreiber zu berücksichtigen.

289. Im Hinblick auf die von den Beschwerdeführerinnen unterstellte Möglichkeit, wonach die Kabelnetzbetreiber den Internetdienstanbietern jederzeit ein kabelgebundenes Grosshandelsprodukt hätten anbieten können, kann dahingestellt bleiben, ob die Bereitstellung eines solchen Produkts überhaupt technisch möglich gewesen wäre oder nicht. Unstrittig ist, dass ein solches Produkt von den Kabelnetzbetreibern im massgeblichen Zeitraum nicht angeboten wurde und im Übrigen auch bis zum heutigen Tage nicht angeboten wird.

290. Wie vorstehend dargelegt wurde, sind für eine rein vergangenheitsbezogene Untersuchung eines missbräuchlichen Verhaltens durch ein marktbeherrschendes Unternehmen tatsächlich nicht vorhandene, theoretisch aber herstellbare Produkte weder unter dem Aspekt der Angebotsumstellungsflexibilität noch des potentiellen Wettbewerbs im Rahmen einer Marktabgrenzung zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall ist ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten im Breitbandgeschäft der Swisscom-Gruppe während des massgeblichen Zeitraums zwischen April 2004 und Dezember 2007 zu beurteilen, welches seit Anfang 2008 nicht mehr ausgeübt wurde. Es hat demzufolge eine rein vergangenheitsbezogene Beurteilung stattzufinden. Gründe, die im vorliegenden Sachverhalt ausnahmsweise eine Berücksichtigung theoretischer Angebote rechtfertigen würden, sind weder ersichtlich noch werden sie von den Beschwerdeführerinnen vorgebracht.

291. Im Übrigen wäre ein theoretisches Grosshandelsangebot der Kabelnetzbetreiber auch unter Zugrundelegung des Konzepts der Angebotsumstellungsflexibilität nicht zu berücksichtigen gewesen. Bei den Kabelnetzbetreibern handelt es sich um über 400 Unternehmen, die in annähernd 20 Kooperationen zusammenarbeiten. Um überhaupt ein dem BBCS sachlich entsprechendes Konkurrenzprodukt herstellen zu können, hätten die Internetdienstanbieter mit mindestens 20 Kooperationen - die wiederum innerhalb ihrer Organisation Einigkeit hätten herstellen müssen - eine entsprechende organisatorische und wirtschaftliche Abstimmung herbeiführen und im Hinblick auf die notwendigen eigenen infrastrukturellen Massnahmen eine langfristige vertragliche Vereinbarung abschliessen müssen. Ein solches Vorgehen ist offensichtlich kaum praktikabel, weil es einen enormen Aufwand erfordert und nicht erfolgsversprechend ist. Bezeichnenderweise wird ein entsprechendes Produkt von den Kabelnetzbetreibern bis heute denn auch nicht angeboten. Des Weiteren hätten bei einem Wechsel des Breitbandsystems gewisse Infrastrukturmassnahmen, wie ein Austausch der Modems auf Seiten der Endkunden, vorgenommen werden müssen. Es ist daher in jedem Fall ausgeschlossen, dass Kabelnetzbetreiber in kürzester Zeit und mit vernachlässigbar geringen Kosten im massgeblichen Zeitraum ein nutzbares Grosshandelsprodukt für Breitbanddienstleistungen hätten bereitstellen können. Im Übrigen hatte auch die EU-Kommission bereits im FallDeutsche Telekom entschieden, dass drahtgebundene Grosshandelsprodukte durch ein nur theoretisch verfügbares kabelgebundenes Breitbandprodukt nicht substituierbar seien, weil ein Internetdienstanbieter für die Umsetzung einer Substitution gezwungen gewesen wäre, mit über 100 gewerblichen Netzbetreibern eine Vertriebsvereinbarung zu schliessen (EU-Kom, Comp/1C/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 88).

292. Mit dem Begriff "Eigenleistungen" wird das konzerninterne Beschaffungsvolumen bezeichnet. Es umfasst denjenigen Teil der gesamten Grosshandelsproduktion eines vertikal integrierten Unternehmens, den dieses nicht weiterverkauft, sondern weiterverarbeitet, um es anschliessend auf dem Einzelhandelsmarkt selbst zu veräussern. Die Wettbewerbskommission berücksichtigt das konzerninterne Beschaffungsvolumen vertikal integrierter Unternehmen in ständiger Praxis dann, wenn die Marktgegenseite sowohl die Produkte von integrierten als auch diejenigen von nicht integrierten Anbietern als Substitute betrachtet (vgl. WEKO, RPW 2008/4, 593, Coop/Carrefour, Ziff. 98; WEKO, RPW 2008/1, 129, Migros/Denner, Ziff. 226). Die Berücksichtigung des konzerninternen Beschaffungsvolumens setzt mit anderen Worten ein vertikal integriertes Unternehmen voraus, welches ein Vorprodukt auf dem Grosshandelsmarkt anbietet. Die Beschwerdeführerinnen verkennen demzufolge, dass im vorliegenden Fall die notwendigen Voraussetzungen für eine Berücksichtigung von Eigenleistungen nicht erfüllt sind. Weder handelt es sich bei den Kabelnetzbetreibern um vertikal integrierte Unternehmen noch bieten sie ein Vorprodukt an, welches als Substitut zum Vorprodukt der Beschwerdeführerinnen angesehen werden kann. Somit kann in der Nicht-Berücksichtigung der Eigenleistung der Kabelinternetanbieter kein Widerspruch zur bisherigen Praxis der Vorinstanz erblickt werden, vielmehr handelt es sich dabei sogar um deren Bestätigung.

293. Auf Grosshandelsstufe umfasst der sachlich relevante Markt für Breitbandprodukte demzufolge ausschliesslich das von der Swisscom-Gruppe für die anderen Internetdienstanbieter bereitgestellte Breitbandprodukt BBCS.

(e) Einzelhandelsmarkt

294. Für die Abgrenzung des Einzelhandelsmarkts sind alle Einzelhandelsprodukte an leitungsgebundenen Breitbanddienstleistungen heranzuziehen, die aus der Sicht der Endkunden im massgeblichen Zeitraum in gleicher Weise geeignet waren, den eigenen Bedarf zu decken.

295. Im massgeblichen Zeitraum standen den Endkunden auf dem Einzelhandelsmarkt die drahtgebundenen xDSL-Produkte, die von der Swisscom-Gruppe und den Abnehmern des BBCS angeboten wurden, und die kabelgebundenen Breitbandprodukte der Kabelnetzbetreiber, insbesondere der Cablecom, sowie in einem geringen Umfang auch glasfasergebundene und stromgebundene Breitbandprodukte zur Verfügung.

296. Auch wenn zwischen den damaligen xDSL- und den kabelgebundenen Breitbandprodukten technische Unterschiede bestanden, die sich in der prinzipiellen Übertragungskapazität und anderen Nutzungsmerkmalen unter den konkreten Umständen des Einzelfalls niederschlagen konnten, wiesen sie bei einer Gesamtbetrachtung aus der Sicht der Endkunden als Nachfrager von Einzelhandelsprodukten grundsätzlich sehr ähnliche Eigenschaften im Hinblick auf den allgemeinen Einsatzzweck auf. Dasselbe gilt letztlich auch für die glasfaser- und stromgebundenen Breitbandprodukte, auch wenn deren Bedeutung in der Praxis sehr beschränkt war.

297. Dadurch wird nicht ausgeschlossen, dass sich für spezifische Verwendungszwecke auch besondere Endkundenmärkte ausgebildet hatten. Im vorliegenden Zusammenhang sind die Überprüfung und der Nachweis einer detaillierteren Marktabgrenzung jedoch nicht erforderlich, weil dieser keine Relevanz für die Beurteilung des Einflusses des Einzelhandelsmarkts auf den Grosshandelsmarkt zukommt.

298. Der sachlich relevante Einzelhandelsmarkt umfasst daher die leitungsgebundenen Breitbandprodukte.

2) Räumlich relevanter Markt

299. Nach der Marktabgrenzung der Vorinstanz umfasst der räumlich relevante Markt ausgehend vom Nachfrageverhalten der Marktgegenseite das ganze Staatsgebiet der Schweiz.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

300. Die Beschwerdeführerinnen machen in Bezug auf die räumliche Marktabgrenzung geltend, dass die regionalen Marktverhältnisse berücksichtigt werden müssten. Notwendig sei eine Analyse regional unterschiedlicher Wettbewerbsverhältnisse, um abklären zu können, über welche Markanteile die Kabelinternetanbieter in ihrem jeweiligen Versorgungsgebiet tatsächlich verfügen würden. Dadurch würde nachgewiesen, dass die Kabelinternetanbieter in ihren Versorgungsgebieten teilweise über weit höhere Marktanteile verfügten, als dies von der Vorinstanz dargestellt worden sei. Denn für einen Endkunden würde die von der Vor-instanz angeführte Zersplitterung der Kabelnetzbetreiber keine Rolle spielen, weil für den Endkunden nur massgebend sei, ob ein Anbieter an seinem Wohn- oder Geschäftssitz mit entsprechenden Angeboten präsent sei. Dass die Swisscom-Gruppe landesweit einheitliche Preise offeriere, würde keine Rückschlüsse auf den Wettbewerb in den Ballungszentren zulassen. Die Swisscom-Gruppe könnte aus einer Vielzahl von Gründen die Preise in den verschiedenen Regionen nicht differenzieren.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

301. Die Vorinstanz macht geltend, dass sowohl die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen als auch das Bundesverwaltungsgericht in früheren Entscheiden eine nationale Marktabgrenzung für entsprechende Sachverhalte bestätigt hätten. Eine nationale Marktabgrenzung sei auch geboten, weil die Swisscom-Gruppe ihren Kunden auf der Einzelhandelsstufe in der gesamten Schweiz ein homogenes Gut zu gleichen Tarifen und Bedingungen anbieten würde, welches von der Marktgegenseite auch in dieser Art nachgefragt werde. Eine regionale Marktabgrenzung hätte überdies zur Folge, dass der Grosshandelsmarkt und der Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen anders abgegrenzt würden.

(3) Würdigung durch das Gericht

302. Der räumlich relevante Markt umfasst das geographische Gebiet, innerhalb dessen die wechselseitig substituierbaren Produkte der sachlich relevanten Produktgruppe von den jeweiligen Wettbewerbern unter hinreichend gleichwertigen Wettbewerbsbedingungen abgesetzt werden (vgl. im Ergebnis so bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 9.2.1; BVGer, B-506/2010,Gaba, E. 9.2; BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 9.6; WEKO, RPW 2007/2, 190, Publigroupe, Ziff. 121; WEKO, RPW 2008/1, 129, Migros/Denner, Ziff. 235 ff.; WEKO, RPW 2005/1, 146, CoopForte; Ziff. 46; Clerc/Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 797 ff.;David/Jacobs, WBR, Rn. 693;Heizmann, Unternehmen, Rn. 269 ff.;Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 218 ff.; Stoffel Walter A., Wettbewerbsabreden, in: Roland von Büren/Lucas David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. V/2, Kartellrecht, 2000, zit. SIWR-Wettbewerbsabreden, 90;Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.43 ff.; Zäch Roger/Heizmann Reto A., Markt und Marktmacht, in: Geiser/Münch [Hrsg.], Handbücher für die Anwaltspraxis, Schweizerisches und Europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, Rn. 2.11). Massgebend für die Qualifizierung einer Gleichwertigkeit der Wettbewerbsbedingungen ist eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen eine Unterscheidung von bestimmten geographischen Bereichen sprechen. Im Rahmen einer derartigen Gesamt-analyse kommt keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Überlegungen zu.

303. Grundlage für eine entsprechende Beurteilung sind im Einzelfall funktionelle Sachaspekte in Bezug auf das wirtschaftliche Verhalten von Nachfragern und Anbietern der Produkte, welche geographische Auswirkungen nach sich ziehen, wie dies prinzipiell in Art. 11 Abs. 3 VKU vorgesehen ist. Massgebend für die Abgrenzung des räumlich relevanten Markts ist dabei, ob in einem bestimmten geographischen Gebiet spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen gegenüber denjenigen in den angrenzenden Gebieten vorzufinden sind. Der räumlich relevante Markt kann dadurch im Einzelfall lokal, regional, national, international oder weltweit abzugrenzen sein (vgl. Borer, KG, Art. 5 Rn. 15; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.45).

304. Sachaspekte, die geographische Auswirkungen aufweisen und demzufolge im Regelfall zu berücksichtigen sind, stellen insbesondere folgende Umstände dar: (i) Allgemeine Rahmenbedingungen wie Rechtsvorschriften, Industrie- und Branchenstandards sowie Handelsmodalitäten, die für den Zugang zu den jeweiligen Gebieten sowie den Absatz der Produkte und den Wirtschafts- und Rechtsverkehr zu beachten sind (vgl. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 231 ff.); (ii) allgemeine Gesellschaftsaspekte wie Sprachen, Sitten und Gebräuche sowie sonstige kulturelle Eigenheiten, bekannte Präferenzen und übliche Verhaltensmuster der Nachfrager oder Anbieter (vgl. WEKO, 20.8.2007, Tamedia AG/ Espace Media Groupe, RPW 2007/4, 605, Ziff. 70 f.; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 241 f.; Zäch, Kartellrecht, Rn. 553); (iii) konkret-objektive Aspekte des Produktabsatzes wie Transportdauer, Transportkosten und sonstige Umstände der Belieferung bzw. Abholung (vgl. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 224; Stoffel, SIWR-Wettbewerbsabreden, 91; Zäch, Kartellrecht, Rn. 553); (iv) konkrete subjektive Aspekte des Produktabsatzes wie insbesondere die Ausgestaltung der Produkte, Preise und Geschäftsbedingungen durch das potentiell marktbeherrschende Unternehmen und seine Wettbewerber sowie allenfalls sich daraus ergebende Preisunterschiede, Preis- und sonstige Korrelationen (vgl. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 252 ff.); (v) Auswirkungen des infrage stehenden Verhaltens eines potentiell marktbeherrschenden Unternehmens.

305. Auf der Grosshandelsstufe wurde das Breitbandprodukt BBCS von der Swisscom-Gruppe innerhalb der ganzen Schweiz zu einheitlichen Preisen und Geschäftsbedingungen an andere Internetdienstanbieter abgegeben. Die Auswirkungen eines missbräuchlichen Verhaltens zeigten sich demzufolge auch innerhalb der gesamten Schweiz. Die Internetdienstanbieter wiederum haben auch eine landesweite Belieferung nachgefragt, weil zumindest der wesentliche Teil von ihnen ihre auf dem BBCS aufbauenden Einzelhandelsprodukte auch in der gesamten Schweiz vertrieben hat. Weder aus den allgemeinen Rahmenbedingungen noch den allgemeinen Gesellschaftsaspekten noch den konkret-objektiven Aspekten des Produktabsatzes sind Gründe ersichtlich, die auf eine sachlich sinnvolle regionale Abgrenzung innerhalb der Schweiz hindeuten würden. Die Beschwerdeführerinnen haben auch keine entsprechenden beachtenswerten Gründe vorgebracht. Der räumliche Grosshandelsmarkt für Breitbandprodukte umfasst demzufolge die gesamte Schweiz.

306. Auf dem Einzelhandelsmarkt wurden die verschiedenen xDSL-Einzelhandelsprodukte der Swisscom-Gruppe innerhalb der ganzen Schweiz zu jeweils einheitlichen Preisen und Geschäftsbedingungen an Endkunden abgegeben. Gleiches gilt auch für die anderen xDSL-Breitbandinternetprodukte, die von anderen Internetdienstanbietern in der ganzen Schweiz vermarktet wurden, wie im Übrigen auch für die kabelgebundenen Einzelhandelsprodukte, die von dem grössten Kabelnetzbetreiber in der ganzen Schweiz vertrieben wurden. Ein missbräuchliches Verhalten auf dem Grosshandelsmarkt führte demzufolge auch unmittelbar auf der Einzelhandelsstufe innerhalb der gesamten Schweiz zu nachteiligen Auswirkungen. Im Übrigen ist der Umstand unerheblich, dass einzelne Anbieter von draht- oder kabelgebundenen Einzelhandelsprodukten jeweils nur lokal oder regional tätig waren. Denn deren Produkte standen sowohl mit den Einzelhandelsprodukten der Swisscom-Gruppe als auch mit den Einzelhandelsprodukten der anderen, schweizweit tätigen Anbieter in direkter Konkurrenz, weil sich aus den konkurrenzierenden Produkten auf Einzelhandelsstufe keine sachlichen Gründen für eine notwendige räumliche Differenzierung ableiten lassen. Auch ansonsten ist weder aus den allgemeinen Rahmenbedingungen noch den allgemeinen Gesellschaftsaspekten noch den konkret-objektiven Aspekten des Produktabsatzes ein Grund ersichtlich, der auf eine sachlich sinnvolle regionale Abgrenzung innerhalb der Schweiz hindeuten würde. Die Beschwerdeführerinnen haben auch keine entsprechenden beachtenswerten Gründe vorgetragen. Insbesondere ist die räumliche Marktabgrenzung entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerinnen nicht deshalb lokal oder regional vorzunehmen, weil für den Endkunden nur massgebend sei, ob ein Anbieter an seinem Wohn- oder Geschäftssitz mit entsprechenden Angeboten präsent sei. Denn zum einen ist bei gleichwertigen Wettbewerbsbedingungen - und dies setzt das Fehlen von lokalen Präferenzen der Abnehmer oder bestimmte lieferbedingte Einschränkungen voraus - innerhalb eines bestimmten geographischen Raums dieser als einheitlicher räumlicher Markt zu qualifizieren, auch wenn die einzelnen Wirtschaftsteilnehmer der Marktgegenseite diese Produkte nicht einmalig oder wiederkehrend innerhalb des gesamten abgegrenzten Gebiets, sondern nur jeweils einmalig oder wiederkehrend an einem bestimmten Ort nachfragen (vgl. in diesem Sinne bereits WEKO, 6.12.2004, Feldschlösschen Getränke Holding AG/Coca Cola AG u.a., RPW 2005/1, 114, Ziff. 61; zustimmend Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 243). Zum anderen war die Swisscom-Gruppe wie die anderen, landesweit tätigen Internetdienstanbieter unbestrittenermassen in allen Gebieten "vor Ort". Die Beschwerdeführerinnen
haben sogar mehrfach ausdrücklich auf ihren ausgeprägten Kundendienst verwiesen, der einen prompten Service gegenüber den Endkunden umfasst habe. Deshalb ergibt sich die Notwendigkeit zu einer daraus abgeleiteten Produktdifferenzierung im vorliegenden Fall gerade nicht. Der räumliche Einzelhandelsmarkt für Breitbandprodukte umfasst demzufolge die gesamte Schweiz.

3) Zeitlich relevanter Markt

307. Der zeitlich relevante Markt umfasst den Zeitraum, in welchem die Marktgegenseite die substituierbaren Produkte in dem massgeblichen geographischen Gebiet nachfragt oder anbietet (vgl. WEKO, 17.12.2001, Submission Betonsanierung am Hauptgebäude der Schweizerischen Landesbibliothek [SLB], Betonsan AG u.a., RPW 2002/1, 130, Ziff. 27;Borer, KG, Art. 5 Rn. 16; Clerc/Këllezi,CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 107 ff.; David/Jacobs, WBR, Rn. 695; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.49; a.M. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 257, welche den zeitlichen Aspekt zum sachlich relevanten Markt zählen; zur wechselnden Praxis der Weko vgl. Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.51). Der zeitliche Aspekt der Marktabgrenzung erlangt immer dann Bedeutung, wenn Nachfrage oder Angebot jeweils lediglich während bestimmter Zeitspannen gegeben sind. Massgebend für die Qualifizierung, ob ein unterschiedliches Mass von Nachfrage oder Angebot vorhanden ist, bildet eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen eine Unterscheidung von bestimmten zeitlichen Bereichen sprechen. Im Rahmen einer derartigen Gesamtanalyse kommt keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Überlegungen zu.

308. Im vorliegenden Fall kommt dem zeitlich relevanten Markt keine Bedeutung zu, weil Angebot und Nachfrage sowohl auf dem Grosshandelsmarkt als auch auf dem Einzelhandelsmarkt während des massgeblichen Zeitraums durchgehend gegeben waren.

4) Zwischenergebnis

309. Aufgrund der vorstehenden Feststellungen ist für die Ermittlung der Marktstellung der Swisscom-Gruppe der Grosshandelsmarkt für leitungsgebundene Breitbandprodukte in der Schweiz während des massgeblichen Zeitraums zugrunde zu legen.

VI. Marktstellung

310. Die Vorinstanz hat unter Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgestaltung des Grosshandelsmarkts für leitungsgebundene Breitbandprodukte in der Schweiz als relevantem Markt, der Möglichkeit zur Einführung weiterer Produkte auf diesem Markt, dem Einfluss des Einzelhandelsmarkts für Breitbandinternetprodukte auf dem Grosshandelsmarkt sowie der Unternehmensstruktur der Swisscom-Gruppe festgestellt, dass der Swisscom-Gruppe im massgeblichen Zeitraum eine marktbeherrschende Stellung auf dem relevanten Markt zugekommen sei.

1) Marktbeherrschendes Unternehmen

311. Gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG gilt ein Unternehmen als marktbeherrschend, wenn es in der Lage ist, sich allein oder in Verbindung mit anderen Unternehmen auf einem Markt von anderen Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten. Die Fähigkeit eines Unternehmens zu einem in wesentlichem Umfang unabhängigen Verhalten äussert sich in einem besonderen Verhaltensspielraum gegenüber anderen Marktteilnehmern, der es ihm zumindest ermöglicht, auf bestehende Wettbewerbsbedingungen keine Rücksicht nehmen zu müssen, um beachtenswerte Nachteile zu vermeiden, oder der es ihm darüber hinausgehend ermöglicht, die Wettbewerbsbedingungen immerhin merklich zu beeinflussen oder sogar zu bestimmen. Ein solch besonderer Verhaltensspielraum besteht hingegen regelmässig nicht, wenn ein Unternehmen durch ausreichenden Wettbewerbsdruck in seinem Verhalten diszipliniert wird (vgl. BVGer, B-2977/ 2007, Publigroupe, E. 6.1; Zäch, Kartellrecht, Rn. 532, 572).

312. Massgebend für die Beurteilung der Stellung eines Unternehmens auf dem relevanten Markt ist eine wertende Beurteilung aller relevanten Aspekte, die im Einzelfall für oder gegen die Möglichkeit eines unabhängigen Verhaltens sprechen (vgl. auch Botschaft KG 1995, 548; im Ergebnis ebenso Clerc/Këllezi, CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 24; David/Ja-cobs, WBR, Rn. 696; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 268). Im Rahmen einer derartigen Gesamtanalyse kommt keinem der prinzipiell zu berücksichtigenden Aspekte ein absoluter Vorrang aufgrund allgemeiner Umstände zu. Wesentliche Grundlage dieser Beurteilung bildet vielmehr eine Untersuchung der Marktstruktur, bei der regelmässig die Aspekte des aktuellen Wettbewerbs, des potentiellen Wettbewerbs, der Stellung der Marktgegenseite sowie des Einflusses eines zusammenhängenden Markts zu beachten sind. Des Weiteren sind im Hinblick auf die Unternehmensstruktur spezifische Merkmale und Eigenschaften des jeweiligen Unternehmens abzuklären, die es ihm gerade ermöglichen, sich unabhängig von anderen Marktteilnehmern zu verhalten. Darüber hinaus kann im Rahmen einer Untersuchung auch das konkrete Marktverhalten eines Unternehmens selbst für die Beurteilung Bedeutung erlangen.

313. Die marktbeherrschende Stellung ist immer in Bezug auf den konkreten relevanten Markt anhand von dessen jeweiligen individuellen Merkmalen festzustellen. Daher kann der Grad der Marktmacht, der jeweils für die Feststellung einer Marktbeherrschung im Einzelfall erforderlich ist, erheblich variieren. Es bestehen demzufolge auch keine allgemein gültigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung. Die Bestätigung einer marktbeherrschenden Stellung setzt insbesondere nicht voraus, dass der wirksame Wettbewerb auf dem relevanten Markt beseitigt wird (vgl. BVGer, B-2977/2007, Publigroupe, E. 6.1 [S. 38]; REKO/WEF, 1.5.2006, FB/2005-5, Aare-Tessin AG u.a. gg. Weko, RPW 2006/2, 310, Ziff. 5.1). Vielmehr kann ein besonderer Verhaltensspielraum auch bei Vorliegen von (Rest-)Wettbewerb zu Gunsten eines einzelnen Unternehmens gegeben sein. Zudem sind die Gründe für die Entwicklung einer marktbeherrschenden Stellung für deren Untersuchung und Feststellung unerheblich.

314. Vorliegend kommt den Aspekten des aktuellen Wettbewerbs, des potentiellen Wettbewerbs sowie dem Einfluss des nachgelagerten Einzelhandelsmarkts massgebliche Bedeutung für die Beurteilung zu. Angesichts der Rügen der Beschwerdeführerinnen ist vorgängig auf den Aspekt des Einflusses von sonstigen Verwaltungsverfahren einzugehen.

2) Einfluss sonstiger Verfahren

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

315. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die Frage der Marktbeherrschung der Beschwerdeführerinnen für das DSL-Vorleistungsprodukt BBCS auch durch verschiedene frühere inländische Verfahren nicht beantwortet worden sei und daher zur Begründung im vorliegenden Verfahren nicht auf diese früheren Verfahren zurückgegriffen werden könne.

316. Die Beschwerdeführerinnen verweisen zum einen darauf, dass auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom im vorliegenden Fall nicht abgestellt werden könne. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht in diesem Fall die Teilverfügung der Eidgenössischen Kommunikationskommission bestätigt, in der festgestellt worden sei, dass die Swisscom-Gruppe im Bereich des schnellen Bitstromzugangs marktbeherrschend sei. Jedoch handle es sich beim schnellen Bitstromzugang und beim Breitbandinternet um unterschiedliche Dienste, weshalb über die Frage der Marktbeherrschung im Zusammenhang mit dem BBCS noch nichts gesagt sei.

317. Des Weiteren wenden die Beschwerdeführerinnen ebenfalls unter Verweis auf das Verfahren Marktzugang schneller Bitstrom ein, dass eine Marktbeherrschung im massgeblichen Zeitraum jedenfalls deshalb nicht vorgelegen habe, weil die "pflichtbegründende Frage der Marktbeherrschung" erst viel später durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts letztinstanzlich bejaht worden sei.

318. Im Entscheid ADSL I habe die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen die Verfügung der Vorinstanz aufgehoben und zur Neubeurteilung zurückverwiesen, weil sie der Auffassung gewesen sei, dass die marktbeherrschende Stellung der Swisscom nicht nachgewiesen worden sei. Dabei habe sie die Anweisung erteilt, dass der Einfluss des nachgelagerten Markts für eine Feststellung der Marktbeherrschung zu untersuchen sei. Diese Untersuchung habe die Vorinstanz danach aber nie durchgeführt.

319. Aus diesen Gründen seien die Wettbewerbsverhältnisse auf dem nachgelagerten Markt nie geklärt worden, weshalb sich auch die Einflüsse des Einzelhandelsmarkts auf den Grosshandelsmarkt nicht beurteilen liessen. Die Marktstellung der Swisscom-Gruppe auf dem Breitband-Grosshandelsmarkt sei somit bis heute nicht abschliessend geklärt.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

320. Die Vorinstanz macht geltend, entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen habe sie sich nicht bloss auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom gestützt, sondern sie habe insbesondere untersucht, wer auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternet die Mitbewerber seien und welches Kräfteverhältnis auf diesem Markt bestehe. Dabei habe sich gezeigt, dass die Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt aufgrund fehlender Ausweichmöglichkeiten der Nachfrager und aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit einer landesweiten alternativen Infrastruktur keinen disziplinierenden Einflüssen ausgesetzt sei. Ausserdem weist die Vorinstanz darauf hin, dass das Bundesgericht bereits festgestellt habe, BBCS sei ein Anwendungsfall des schnellen Bitstromzugangs, weshalb die Marktbeherrschung der Swisscom-Gruppe bereits gerichtlich festgestellt worden sei. Bereits daraus liesse sich ohne weitere Untersuchung die marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe ableiten. Da die relevanten Marktverhältnisse beim Zugang zum schnellen Bitstrom und beim BBCS durchaus vergleichbar seien, sei es auf jeden Fall angebracht, im Hinblick auf die marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe dieselben Schlüsse zu ziehen.

(3) Würdigung durch das Gericht

321. Im Hinblick auf den Charakter und die Wirkung einer Feststellung der Marktbeherrschung durch die Wettbewerbsbehörden oder der Rechtsmittelgerichte ist zunächst festzuhalten, dass dieser keine pflichtbegründende und damit konstitutive Wirkung zukommt. Vielmehr wird das Tatbestandselement der Marktbeherrschung mit Eintritt der entsprechenden tatsächlichen Gegebenheiten auf dem jeweiligen Markt verwirklicht. Einer kartellverfahrensrechtlichen Feststellung kommt daher lediglich ein rein deklaratorischer Charakter zu. Ansonsten wäre ein missbräuchliches Verhalten gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG von vornherein gar nicht tatbestandsmässig, was der Konzeption des neuen Kartellgesetzes offensichtlich widersprechen würde.

322. Für das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung im massgeblichen Zeitraum ist es demzufolge völlig unbeachtlich, zu welchem späteren Zeitpunkt in einem anderen vorgängig durchgeführten Kartellverwaltungs- oder sektorspezifischen Regulierungsverfahren eine entsprechende Feststellung getroffen oder nicht getroffen wurde. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ergibt sich daher im vorliegenden Verfahren von vornherein kein tauglicher Einwand gegen die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Gruppe aus dem Umstand, dass die Marktbeherrschung in Bezug auf den schnellen Bitstrom letztinstanzlich durch das Bundesverwaltungsgericht erst im Jahr 2009 getroffen worden war.

323. Gleiches gilt in entsprechender Weise für den Einwand der Beschwerdeführerinnen, eine Marktbeherrschung der Swisscom-Gruppe sei durch das Verfahren ADSL I (vgl. SV K.b) nicht festgestellt worden, weil der Einfluss des nachgelagerten Markts entgegen der Anweisung der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen im Rechtsmittelverfahren nicht abgeklärt worden sei, weshalb auch vorliegend kein ausreichender Nachweis vorhanden sei. Beim Verfahren ADSL I handelt es sich - wie bereits ausgeführt (vgl. E. 226 f.) - um ein selbständiges Kartellverwaltungsverfahren mit einem anderen Untersuchungsgegenstand. Aus dem Umstand, dass in einem vorgängigen Kartellverwaltungsverfahren das Tatbestandsmerkmal der Marktbeherrschung nach Ansicht der Rechtsmittelinstanz wegen bestimmter fehlender Abklärungen nicht ausreichend belegt wurde, ergibt sich nicht automatisch, dass in einem nachfolgenden weiteren Kartellverwaltungsverfahren eine Marktbeherrschung nicht festgestellt werden kann, auch wenn die entsprechenden Abklärungen ebenfalls nicht vorgenommen wurden.

324. Die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, eine Abklärung des Einflusses des nachgelagerten Einzelhandelsmarkts und damit eine sachgerechte Abklärung der Marktbeherrschung habe im vorliegenden Verfahren überhaupt nicht stattgefunden, entbehrt angesichts der umfangreichen Ausführungen der Vorinstanz in der vorinstanzlichen Verfügung unter den Abschnitten " B.3.1.2.1 Retailmarkt" und "B.3.1.2.2 Einfluss des nachgelagerten Marktes" einschliesslich einer Bezugnahme auf die entsprechende Stellungnahme der Beschwerdeführerinnen zum Antrag des Weko-Sekretariats von vornherein jeder Grundlage. Zudem befassen sich die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerdeschrift unter dem Abschnitt "7.3.1 Einfluss der Kabelnetzbetreiber wird wegen ungenügender Prüfung unterschätzt" sehr ausführlich mit verschiedenen Gründen, die von der Vorinstanz gerade für einen mangelnden Einfluss des Einzelhandelsmarkts geltend gemacht werden.

325. Im Übrigen ergibt sich bereits aus der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerinnen, dass von einer marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Gruppe im Hinblick auf das Produkt BBCS auszugehen ist. Sie machen nämlich in Bezug auf das Verhältnis von Fernmelde- und Kartellgesetz unter Hinweis auf den Entscheid des Bundesgerichts in Sachen Office Connex (vgl. SV K.c) geltend, dass es sich beim BBCS um eine Anwendungsform des schnellen Bitstroms handle, woraus sie das Bestehen einer Angebotspflicht als Voraussetzung einer Kosten-Preis-Schere ableiten (vgl. E. 459). Es ist demzufolge auch im vorliegenden Verfahren davon auszugehen, dass es sich beim BBCS entsprechend den Feststellungen des Bundesgerichts in Sachen Office Connex um eine Anwendungsform des schnellen Bitstroms handelt. BBCS und schneller Bitstrom sind Grosshandelsprodukte, die auf der gleichen technischen Infrastruktur der Beschwerdeführerinnen aufbauen (vgl. SV F). Ihr Leistungsumfang unterscheidet sich lediglich dadurch, dass das BBCS nicht nur Vermittlungsleistungen der Swisscom-Gruppe im Anschlussnetz, sondern darüber hinaus auch im Verbindungsnetz aufweist und zum Datentransfer auch Glasfaserverbindungen eingesetzt werden. Das von der Swisscom-Gruppe freiwillig angebotene, teurere BBCS stellt somit ein gewisses Mehrprodukt gegenüber dem regulierten und damit zwangsweise abzugebenden, günstigeren Produkt des schnellen Bitstroms dar. Die Beschwerdeführerinnen bringen auch keine tatsächlichen technischen oder sonstigen Umstände vor, welche eine andere Einschätzung rechtfertigen würden. Wenn also hinsichtlich des Produkts des schnellen Bitstroms gemäss den Feststellungen des Bundesgerichts in Sachen Office Connex eine marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe gegeben ist, dann muss dies aus sachlogischen Gründen prinzipiell auch für das Produkt BBCS gelten.

326. Der in Bezug auf die Marktbeherrschung vorgebrachte Einwand der Beschwerdeführerinnen, bei BBCS und schnellem Bitstrom handle es sich um unterschiedliche Produkte, weshalb aus dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom (vgl. SV K.e) eine Marktbeherrschung nicht abgeleitet werden könne, ist demzufolge von vornherein unbeachtlich, weil er in offensichtlichem Widerspruch zu dem vorstehend genannten Vorbringen steht und damit rechtsmissbräuchlich ist. Die Beschwerdeführerinnen haben ihre Einschätzung von Fakten offensichtlich nicht an den tatsächlichen Gegebenheiten, sondern opportunistisch allein danach ausgerichtet, welche Argumentation bei welchem Sachpunkt zur Begründung ihrer Ansichten am besten passt.

327. Aufgrund des rechtsverbindlichen Entscheids in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom (vgl. SV K.e) ist demzufolge zwingend davon auszugehen, dass der Swisscom-Gruppe zum Zeitpunkt der entsprechenden Feststellung durch die Eidgenössische Kommunikationskommission im November 2007 (vgl. SV E.g) eine marktbeherrschende Stellung auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternetprodukte im Jahr 2007 zugesprochen werden kann. Aus dem Entscheid in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom ergibt sich allerdings nicht, dass diese Feststellung auch für den gesamten vorgängigen Zeitraum seit April 2004 getroffen wurde. Eine entsprechende Vermutung kann zwar aus der Begründung des Entscheids abgeleitet werden; allerdings ist allein diese Vermutung für das vorliegende Kartellsanktionsverfahren vor dem Hintergrund der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Einwände nicht ausreichend, um die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Marktbeherrschung im Hinblick auf den darauf aufbauenden Vorwurf eines missbräuchlichen Verhaltens für den gesamten massgeblichen Zeitraum ohne eigene Begutachtung der Beschwerdeinstanz zu rechtfertigen. Daher ist nachfolgend eine Untersuchung der Marktstellung in dem Sinne vorzunehmen, ob die grundsätzliche Feststellung der Marktbeherrschung für das Jahr 2007 auch für den Zeitraum seit April 2004 bestätigt werden kann, oder ob sich aus bestimmten Umständen eine abweichende Beurteilung ergibt. Die Ausführungen zur Marktstellung von Seiten der Beschwerdeführerinnen und der Vorinstanz sind unter dieser Prämisse zu beurteilen.

3) Aktueller Wettbewerb

328. Unter dem Gesichtspunkt des aktuellen Wettbewerbs ist festzustellen, in welchem Ausmass das betreffende Unternehmen unmittelbar einem Wettbewerbsdruck durch Konkurrenten, die bereits tatsächlich auf dem relevanten Markt tätig sind, ausgesetzt ist.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

329. Die Beschwerdeführerinnen nehmen angesichts der von ihnen dargelegten Auffassungen zur Abgrenzung des relevanten Markts und zum Einfluss des nachgelagerten Markts zum aktuellen Wettbewerb auf dem Grosshandelsmarkt für drahtgebundene Breitbanddienstleistungen nicht ausdrücklich Stellung. Allerdings wird von ihnen selbst bestätigt, dass im massgeblichen Zeitraum keine nennenswerten Konkurrenzprodukte zum BBCS bestanden hätten.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

330. Die Vorinstanz begründet die marktbeherrschende Stellung der Beschwerdeführerinnen im Ergebnis mit den im Rahmen der Würdigung des Gerichts dargestellten Umständen.

(3) Würdigung durch das Gericht

331. Den Ausgangspunkt für die Prüfung des aktuellen Wettbewerbs bildet der Marktanteil des betreffenden Unternehmens. Hohe Marktanteile sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ein starkes Indiz für eine marktbeherrschende Stellung, sie schliessen einen wirksamen Wettbewerb aber nicht zwangsläufig aus (vgl. BGer, 14.6.2004, 2A.306/2003, W. SA gg. Preisüberwacher, BGE 130 II 449, zit. TV-Abo-Preise, E. 5.7.2). Daher sind zudem insbesondere folgende Aspekte ebenfalls zu beachten: (i) die Anzahl der Konkurrenten, (ii) die Marktanteile der Konkurrenten, (iii) das Verhältnis zwischen dem Marktanteil des betreffenden Unternehmens und den Marktanteilen der Konkurrenten, sowie (iv) die Wirtschaftskraft der Konkurrenten. In diesem Zusammenhang erlangt regelmässig auch die Unternehmensstruktur des betreffenden Unternehmens Bedeutung. Aus diesen Aspekten ist eine Bewertung abzuleiten, ob die Konkurrenten in der Lage sind, einen disziplinierenden Einfluss auf das betreffende Unternehmen auszuüben. Das Ergebnis dieser Bewertung ist von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Je grösser der Abstand zwischen dem Marktanteil des betreffenden Unternehmens und den Marktanteilen seiner Konkurrenten ist bzw. je kleiner die Marktanteile der Konkurrenten sind, umso eher ist dabei von einer marktbeherrschenden Stellung auszugehen (vgl. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 275; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.55).

332. Wie bereits im Rahmen der Marktabgrenzung festgestellt wurde, war die Swisscom-Gruppe auf Grosshandelsstufe im massgeblichen Zeitraum die einzige Anbieterin eines leitungsgebundenen Breitbandprodukts, das auch in der ganzen Schweiz zu einheitlichen Preisen erhältlich war. Es waren keine anderen Konkurrenten vorhanden, die ein entsprechendes Grosshandelsprodukt auf dem Markt angeboten hatten. Der Swisscom-Gruppe kam demzufolge eine Alleinstellung auf dem Grosshandelsmarkt für leitungsgebundene Breitbandinternetprodukte zu. Die Internetdienstanbieter, welche ihren Kunden einen Breitbandinternetzugang anbieten wollten, waren somit auf das Angebot der Swisscom-Gruppe angewiesen.

333. Angesichts dieser Alleinstellung war die Swisscom-Gruppe mit ihrem Grosshandelsprodukt BBCS im massgeblichen Zeitraum keinen disziplinierenden Einflüssen aufgrund der damals aktuellen Wettbewerbs-situation ausgesetzt.

4) Potentieller Wettbewerb

334. Unter dem Gesichtspunkt des potentiellen Wettbewerbs ist zu untersuchen, in welchem Ausmass das in Frage stehende Unternehmen mittelbar einem Wettbewerbsdruck ausgesetzt ist durch die Möglichkeit, dass andere Unternehmen, die dort bislang noch nicht tätig waren, auf dem relevanten Markt als neue Konkurrenten auftreten könnten. Allein die Möglichkeit eines Markteintritts von weiteren Konkurrenten kann unter gewissen Voraussetzungen eine disziplinierende Wirkung auch auf ein Unternehmen ausüben, dem aufgrund des aktuellen Wettbewerbs eine besondere Stellung am Markt zukommt (vgl. Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 342 ff.).

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

335. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die Kabelnetzbetreiber als potentielle Konkurrenten auf dem Grosshandelsmarkt zu berücksichtigen seien, weil keine technischen Hindernisse vorhanden seien, die es diesen verunmöglichen würden, ein Vorprodukt auf Grosshandelsstufe landesweit anzubieten. Im Bereich des Kabelinternets würden annähernd 20 Kooperationen praktisch den gesamten schweizerischen Siedlungsraum mit Kabelinternetangeboten abdecken. Somit wäre ein Internetdienstanbieter in der Lage, mit diesen Kooperationen einen Vertrag zu schliessen, um eine ähnliche Abdeckung wie die Swisscom-Gruppe zu erreichen, was für das Vorhandensein von potentiellem Wettbewerb auf dem Grosshandelsmarkt sprechen würde. Gegebenenfalls würde ein Vermittler auf dem Markt auftreten, der diese Aufgabe übernehmen würde. Dass die Kabelnetzbetreiber auf Grosshandelsangebote verzichtet hätten, sei lediglich eine strategische Entscheidung, die jederzeit hätte geändert werden können.

336. Die Beschwerdeführerinnen bringen überdies vor, dass das regulierte Zugangsprodukt der TAL für eine Beurteilung der Marktstellung im massgeblichen Zeitraum unter dem Gesichtspunkt des potentiellen Wettbewerbs zu berücksichtigen sei. Da die BBCS-Produkte zunehmend durch preisregulierte TAL-Anschlüsse substituiert worden seien, habe sich die Anzahl der BBCS-Anschlüsse von rund {...........} im Juli 2008 auf einen Stand von rund {...........} im April 2010 deutlich reduziert, während die TAL-Anschlüsse während des gleichen Zeitraums umgekehrt im gleichen Mass von rund {...........} auf rund {...........} Anschlüsse deutlich angestiegen seien. Dank diesen gesetzlich festgelegten Bedingungen würden sich die alternativen Internetdienstanbieter seit Inkrafttreten des revidierten Fernmeldegesetzes im Wettbewerb besser entfalten und die Swisscom-Gruppe auf dem Breitbandmarkt stärker konkurrenzieren.

337. Die Beschwerdeführerinnen verweisen zudem darauf, dass die Vor-instanz die sog. Eigenleistungen, d.h. die konzerninternen Beschaffungen der Kabelnetzbetreiber, zu Unrecht nicht dem relevanten Markt zurechnen würde, was im Widerspruch zu ihrer gefestigten Praxis stehe. Ob das interne Beschaffungsvolumen der Kabelnetzbetreiber dem relevanten Markt zugerechnet werde oder nicht, wirke sich entscheidend auf das Volumen des Gesamtmarkts und damit auf die Marktstellung der Swisscom-Gruppe aus.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

338. Die Vorinstanz verneint das Vorhandensein eines potentiellen Wettbewerbs im Wesentlichen entsprechend der im Rahmen der Würdigung des Gerichts genannten Aspekte.

(3) Würdigung durch das Gericht

339. Eine Berücksichtigung der Möglichkeit eines Markteintritts von weiteren Marktteilnehmern als Konkurrenten rechtfertigt sich nur dann, wenn von diesen ein spürbarer Einfluss ausgehen würde, der den Verhaltensspielraum des potentiell marktbeherrschenden Unternehmens einzuengen und dessen Verhalten zu beeinflussen vermag. Ein spürbarer Einfluss setzt voraus, dass der Markteintritt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraums durch andere Unternehmen mit hinreichender Konkurrenzwirkung erfolgen würde (vgl. im Ergebnis ebenso David/Jacobs, WBR, Rn. 540; Reinert/Bloch, BSK-KG, Art. 4 Abs. 2 Rn. 342 f.; ZÄCH, Kartellrecht, Rn. 584; für das europäische Recht vgl. Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 64).

340. Eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Markteintritt eines Konkurrenten ist dann gegeben, wenn aufgrund konkreter wirtschaftlicher, technischer oder sonstiger Anhaltspunkte mit einem entsprechenden Markteintritt zu rechnen ist. Hingegen stellt allein die theoretische Möglichkeit eines Markteintritts keine ausreichende Grundlage für eine solche Annahme dar.

341. Im Rahmen der Feststellung, ob ausreichende konkrete Anhaltspunkte vorliegen, kommt den bestehenden Marktzutritts- und Marktaustrittsschranken besondere Beachtung zu. Dabei handelt es sich um alle Kriterien, die in Bezug auf eine erfolgreiche Etablierung des jeweiligen Produkts auf dem Markt im Einzelfall bei sachgerechter Würdigung für oder gegen die Aufnahme des Produktabsatzes im betreffenden Markt und - falls der Markteintritt nicht erfolgreich gestaltet werden kann - im Rahmen eines darauf folgenden Marktaustritts von einem Unternehmen zu berücksichtigen sind. Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang auch die bisherige Entwicklung an Neueintritten auf dem Markt zu beachten.

342. Ein absehbarer Zeitraum für einen Markteintritt liegt dann vor, wenn der Zeitpunkt der Produkteinführung auf dem relevanten Markt mit einiger Sicherheit abgeschätzt werden kann und der bis dahin verbleibende Zeitraum nicht so lang ist, dass dadurch dem potentiell marktbeherrschenden Unternehmen die Möglichkeit eröffnet wird, in dieser Zeit seinen Verhaltensspielraum noch in unangemessener Weise auszunutzen. Auch die Bestimmung der Absehbarkeit hat im Einzelfall aufgrund von dessen konkreten Umständen zu erfolgen.

343. Eine hinreichende Konkurrenzwirkung setzt voraus, dass ein oder mehrere Unternehmen in den Markt eintreten werden, die alleine oder zusammen das Angebot auf dem relevanten Markt in einem solchen Umfang erweitern, dass die Marktgegenseite des potentiell marktbeherrschenden Unternehmens ausreichende Ausweichmöglichkeiten erhalten. Ausreichend sind die Ausweichmöglichkeiten dann, wenn eine gewisse Anzahl an Marktteilnehmern die neuen Produkte erlangen kann mit der Folge, dass das betreffende Unternehmen dieses Ausweichen nicht hinnehmen kann. Andernfalls besteht für das betreffende Unternehmen keine Notwendigkeit für eine Änderung des eigenen Verhaltens, weil die Marktgegenseite mangels tatsächlicher Alternativen auch weiterhin ganz überwiegend auf die Abnahme seiner Produkte angewiesen ist.

344. Im vorliegenden Sachverhalt war im massgeblichen Zeitraum nicht zu erwarten, dass auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternet-produkte ein Marktzutritt durch ein weiteres Unternehmen mit ausreichender Konkurrenzwirkung innerhalb eines absehbaren Zeitraums mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgen würde.

345. Die Kabelnetzbetreiber haben weder vor noch während des massgeblichen Zeitraums in der einen oder anderen Weise die Bereitstellung eines kabelgebundenen, landesweit erhältlichen Grosshandelsprodukts für andere Internetdienstanbieter angekündigt. Dies wird auch von den Beschwerdeführerinnen nicht behauptet. Daher bestand jedenfalls kein durch das Verhalten eines Kabelnetzbetreibers hervorgerufener Anlass, von einer entsprechenden Möglichkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraums auszugehen. Wie bereits im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung ausgeführt wurde, sind in der Schweiz rund 400 regional zersplitterte Kabelnetzbetreiber tätig, die in annähernd 20 Kooperationen zusammenarbeiten. Um überhaupt ein dem Grosshandelsprodukt BBCS sachlich entsprechendes und flächendeckend erhältliches Konkurrenzprodukt zu erlangen, hätten die Internetdienstanbieter mit diesen annähernd 20 Kooperationen - die wiederum innerhalb ihrer Organisation Einigkeit hätten herstellen müssen - eine entsprechende organisatorische und wirtschaftliche Abstimmung herbeiführen und im Hinblick auf die notwendigen infrastrukturellen Massnahmen eine langfristige vertragliche Vereinbarung abschliessen müssen. Selbst unter der Annahme, dass ein solches flächendeckendes Angebot technisch möglich gewesen wäre - was zwischen den Parteien streitig ist, aber vorliegend offen gelassen werden kann -, ist ein solches Vorgehen offensichtlich wenig wahrscheinlich, weil es einen enormen Aufwand erfordert hätte und im Hinblick auf die Herstellung eines konkurrenzfähigen Vorprodukts nicht erfolgsversprechend gewesen wäre. Um eine ausreichende Konkurrenzwirkung auf dem Grosshandelsmarkt zu erzielen, wäre es nämlich nicht ausreichend gewesen, dass beliebige Dritte als Abnehmer des kabelgebundenen Grosshandelsprodukts in den Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen eingetreten wären. Vielmehr hätten ein oder mehrere grössere Abnehmer des von der Swisscom-Gruppe angebotenen drahtgebundenen BBCS zum kabelbasierten Grosshandelsprodukt wechseln müssen, um eine Veränderung herbeizuführen. Für die Möglichkeit eines derartigen Wechsels bestehen jedoch unter anderem wegen des damit zusammenhängenden technischen, finanziellen und administrativen Aufwands keinerlei Anhaltspunkte. Bezeichnenderweise wird ein entsprechendes Grosshandelsprodukt von den Kabelnetzbetreibern bis heute nicht angeboten.

346. Die Beschwerdeführerinnen haben auch keinerlei Umstände dargelegt, die eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Markteintritt eines Kabelnetzbetreibers als angemessenen Konkurrenten belegen. Auch wenn man unterstellt, dass ein kabelgebundenes Grosshandelsprodukt technisch realisiert werden könnte, so handelt es sich bei diesem Umstand ausschliesslich um die notwendige sachliche Grundlage für ein entsprechendes Angebot, nicht aber bereits um einen konkreten Anhaltspunkt, dass von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht wird. Selbst wenn es sich nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen um eine strategische, jederzeit änderbare Geschäftsentscheidung handeln würde, kein kabelgebundenes Grosshandelsprodukt anzubieten, spricht allein dieser Umstand in keiner Weise dafür, dass dieser Geschäftsentscheid im massgeblichen Zeitraum auch tatsächlich umgestossen worden wäre. Denn die Kabelnetzbetreiber, die bei Einführung des Breitbandinternets noch einen erheblichen Vorsprung gegenüber der Swisscom-Gruppe aufwiesen, haben an dieser Grundsatzentscheidung auch dann noch festgehalten, als die Swisscom-Gruppe unter Hilfestellung der von ihr belieferten Internetdienstanbieter den Marktanteil der drahtgebundenen Breitbanddienstleistungen auf dem Einzelhandelsmarkt drastisch erhöhen und bereits im Jahr 2003 an den Kabelnetzbetreibern vorbeiziehen konnte (vgl. SV H.e). Es besteht daher kein Grund zur Annahme, dass die Kabelnetzbetreiber zu einem späteren Zeitpunkt auf diesen Grundsatzentscheid hätten zurückkommen sollen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen stellt auch allein der Umstand, dass der Abschluss einer Vereinbarung zwischen einem Kabelnetzbetreiber und 20 Kooperationen theoretisch möglich und nicht völlig ausgeschlossen ist, keinesfalls einen ausreichend konkreten Anhaltspunkt für die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Konkurrenzangebots dar. Vielmehr sprechen die vorhersehbaren Probleme, die mit dem Abschluss einer solchen Vereinbarung einhergehen, gerade gegen eine erfolgreiche Verwirklichung des Vorhabens. Gleiches gilt im Übrigen auch für die Behauptung, es würden Vermittler zwischen Kabelnetzbetreibern und Internetdienstanbietern in den Markt eintreten.

347. Nach Art. 11
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG müssen marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten anderen Fernmeldedienstanbietern sowohl den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss (TAL) als auch den Zugang zum schnellen Bitstrom gewähren (vgl. SV F). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in dem Entscheid Marktzugang schneller Bitstrom (vgl. SV K.e) festgestellt, dass der vollständig entbündelte Teilnehmeranschluss kein Substitut zum schnellen Bitstrom darstelle und deshalb nicht zum sachlich relevanten Markt zu zählen sei (BVGE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 8.4.5). Da es sich gemäss des Entscheids des Bundesgerichts in Sachen Office Connex beim BBCS um eine Anwendungsform des schnellen Bitstroms handelt (BGer, 4C.404/2006, Office Connex, E. 3), wie dies auch von den Beschwerdeführerinnen geltend gemacht wird (vgl. E. 325, 459), stellt der vollständig entbündelte Teilnehmeranschluss bereits aus sachlogischen Gründen kein Substitut zum BBCS dar, weshalb er im Rahmen des potentiellen Wettbewerbs von vornherein nicht zu berücksichtigen ist. Im Übrigen wäre für den massgeblichen Zeitraum auch die erforderliche hinreichende Konkurrenzwirkung nicht gegeben gewesen. Art. 11
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
FMG erlangte nämlich erst mit Inkrafttreten des revidierten Fernmeldegesetzes am 1. April 2007 und damit erst gegen Ende des massgeblichen Zeitraums Bedeutung (vgl. SV E). Des Weiteren ist zu beachten, dass für die Gewährung des vollständig entbündelten Teilnehmeranschlusses zunächst die marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe in einem Verwaltungsverfahren festgestellt werden musste. Wie die Beschwerdeführerinnen selbst dargestellt haben (vgl. SV I.b), entwickelten sich zudem die Anschlusszahlen des TAL-Zugangs zu Beginn recht langsam und konnten erst im Laufe des Jahres 2009 einen signifikanten Anstieg verzeichnen. Dies war aufgrund der zu berücksichtigenden Aspekte, bei einer Inanspruchnahme des TAL-Zugangs, insbesondere den von den Abnehmern selbst vorzunehmenden infrastrukturellen Massnahmen, auch nicht anders zu erwarten. Es war daher nach Verabschiedung des revidierten Fernmeldegesetzes im März 2006 absehbar, dass jedenfalls vor Ende 2007 der vollständig entbündelte Teilnehmeranschluss keine beachtenswerte Auswirkung auf den Absatz des BBCS haben würde, weshalb davon auch kein disziplinierender Einfluss auf die Swisscom-Gruppe ausgehen konnte.

348. Die Eigenleistungen als konzerninternes Beschaffungsvolumen der Kabelnetzbetreiber sind im Rahmen des potentiellen Wettbewerbs in jedem Fall nicht zu berücksichtigen. Zu berücksichtigen wäre allenfalls ein kabelgebundenes Grosshandelsprodukt, das gegenüber Dritten zumindest unter den vorstehend genannten Bedingungen möglicherweise angeboten wird, nicht aber die internen Leistungen, die überhaupt zur Bereitstellung des Kabelnetzes notwendig sind.

349. Im massgeblichen Zeitraum war daher in Bezug auf den Grosshandelsmarkt für Breitbandinternetprodukte kein potentieller Wettbewerb vorhanden, der einen disziplinierenden Einfluss auf die Swisscom-Gruppe hätte ausüben können.

5) Merkmale des untersuchten Unternehmens

350. Die Eigenschaften des betreffenden Unternehmens, wie etwa dessen Finanzkraft, Grösse, vertikale Integration, technologischer Vorsprung, sein Marktverhalten sowie andere marktspezifische Eigenschaften, die eine Marktbeherrschung indizieren können, sind in die Untersuchung miteinzubeziehen (vgl. Clerc/Këllezi, CR-Concurrence, Art. 4 II Rn. 129; Zäch, Kartellrecht, Rn. 584, 586 f.).

351. Aufgrund der vertikalen Integration und der landesweiten Infrastruktur kann davon ausgegangen werden, dass die Swisscom-Gruppe aufgrund ihrer vertikalen Integration stärker als andere Internetdienstanbieter von Grössen- und Verbundvorteilen profitieren kann. Darüber hinaus ist die Swisscom-Gruppe mit einem Jahresumsatz von 11'089 Mio. CHF und einem Betriebsgewinn von 3'787 Mio. CHF im Jahr 2007 das führende Telekommunikationsunternehmen in der Schweiz. Darüber hinaus sprechen folgende Kriterien für das Fehlen eines ausreichenden Wettbewerbsdrucks zu Lasten der Swisscom-Gruppe: Gesamtgrösse des Unternehmens, Kontrolle über eine nicht leicht zu duplizierende Infrastruktur, technologische Vorteile und Überlegenheit, fehlende oder geringe ausgleichende Nachfragemacht, leichter oder privilegierter Zugang zu finanziellen Ressourcen, Diversifizierung von Produkten und Dienstleistungen, Grössen- und Verbundvorteile, vertikale Integration sowie ein hochentwickeltes Vertriebs- und Verkaufsnetz.

6) Einfluss eines zusammenhängenden Markts

352. Unter dem Gesichtspunkt des Einflusses eines zusammenhängenden Markts ist zu untersuchen, in welchem Ausmass die Wettbewerbsverhältnisse auf einem vor- bzw. nachgelagerten Markt, insbesondere die Marktstellung von Lieferanten oder Abnehmern des betreffenden Unternehmens, oder einem benachbarten Markt einen Wettbewerbsdruck auf dieses im relevanten Markt auszuüben vermögen (vgl. WEKO, 20.11.2006, Gutachten Interkonnektionsverfahren Mobilfunkterminierung, RPW 2006/4, 739, Ziff. 86 f.; WEKO, RPW 2004/2, 407, ADSL I, Ziff. 130 f.).

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

353. Die Beschwerdeführerinnen machen aufgrund verschiedener Aspekte geltend, dass eine marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe auf dem relevanten Markt nicht gegeben sei, wenn der Einfluss des nachgelagerten Einzelhandelsmarkts sachgerecht berücksichtigt wer-den würde.

354. Zunächst bringen die Beschwerdeführerinnen vor, dass auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen ein intensiver Wettbewerb herrsche. Die xDSL- und Kabelinternetangebote seien aus Endkundensicht "gleichwertige Produkte" mit vollständiger Substituierbarkeit. Das überproportionale Wachstum der Swisscom-Gruppe würde nicht belegen, dass ihre Konkurrenten auf dem Einzelhandelsmarkt, insbesondere die Cablecom, keinen disziplinierenden Einfluss auf sie ausüben könnten. Die unterschiedlichen Wachstumsraten seien vielmehr auf das von vielen Kunden als besser wahrgenommene Angebot der Swisscom-Gruppe zurückzuführen. Dies belege lediglich die Effizienz der Swisscom-Gruppe, nicht aber, dass sie sich von anderen Marktteilnehmern unabhängig verhalten könne. Ein wesentlicher Ausdruck für den Wettbewerb auf dem Einzelhandelsmarkt seien ausserdem die rasante Entwicklung und Erhöhung der den Kunden zur Verfügung stehenden Bandbreiten. Die erhältliche Geschwindigkeit habe sich innert kurzer Zeit mehr als verzehnfacht, weshalb ein Anbieter sein Portfolio regelmässig denjenigen seiner Konkurrenten hätte anpassen müssen, um gegenüber den Endkunden konkurrenzfähig zu bleiben. Aufgrund der Erhöhung der Bandbreiten sei der Preis stark gesunken, was nicht zuletzt eine Folge des ausgeprägten Wettbewerbs mit den Kabelinternetanbietern sei. Die Verbesserung eines Produkts bei gleichbleibenden Preisen stelle nämlich eine Preissenkung dar.

355. Die Beschwerdeführerinnen verweisen zudem darauf, dass die Vor-instanz ihren Marktanteil im Einzelhandelsmarkt im Vergleich zu den Kabelbetreibern aufgrund einer falschen Betrachtungsweise zu hoch angesetzt habe. Zum einen würde in der Fernmeldestatistik, auf die sich die Vorinstanz stütze, jeder ISDN-Anschluss mit zwei und jeder Primärraten-Anschluss für Geschäftskunden mit 30 Kanälen gerechnet. Für die Berechnung der Breitbanddienste sei dieser Wert aber nicht relevant, da pro ISDN-Anschluss nur ein DSL-Anschluss geschaltet werden könne. Daher könnten ihr auch nur {.....} Mio. statt der von der Vorinstanz veranschlagten 4,9 Mio. Anschlüsse zugerechnet werden. Zum anderen müsse die Analyse der Wettbewerbsverhältnisse regional erfolgen, weil letztlich massgebend sei, über welche Marktanteile die Kabelinternetanbieter in ihren jeweiligen Versorgungsgebieten tatsächlich verfügen würden; hierbei würden einzelne Anbieter deutlich höhere Marktanteile als der Durchschnittswert aufweisen. Ausserdem sei zur Analyse der Marktstellung wiederum das konzerninterne Beschaffungsvolumen zu berücksichtigen. Die Beschwerdeführerinnen hätten ihr Angebot zusammen mit den Internetdienstanbietern regelmässig anpassen müssen, was Ausdruck des starken Wettbewerbsdrucks der Kabelnetzbetreiber auf dem Einzelhandelsmarkt sei.

356. Die Vorinstanz gehe auch fehl in der Annahme, dass der Wettbewerbsdruck der Kabelnetzbetreiber auf dem Einzelhandelsmarkt das Verhalten der Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt als Vorleistungsmarkt nicht beeinflusse. Vielmehr zeitige der Wettbewerbsdruck auf dem Einzelhandelsmarkt durchaus Wirkungen. Dies belege die Tatsache, dass die Swisscom-Gruppe ihr Angebot seit der Einführung des BBCS in Zusammenarbeit mit den Internetdienstanbietern, insbesondere in den bis zum Jahr 2006 durchgeführten "Roundtable-Gesprächen", in kommerzieller und technischer Hinsicht stetig weiterentwickelt hätten, wodurch die Internetdienstanbieter Einfluss auf die Produktgestaltung genommen hätten. Von Bedeutung sei vor allem die Umsetzung folgender Massnahmen gewesen: (i) neue und zusätzliche Bandbreiten; (ii) drei verschiedene Connectivity Service Levels; (iii) das Vorleistungsprodukt für Voice over IP (VoIP), BBCS VoBB; (iv) das Vorleistungsprodukt für Internet TV (IPTV), BBCS Streaming; (v) die Service Level Agreements (Business SLA) und Expressschaltungen für Geschäftskunden; (vi) BBCS-Anschluss ohne obligatorischen Festnetzanschluss ("naked BBCS"); (vii) das BBCS Light Profil (300/100), welches als Reaktion auf ein entsprechendes Endkundenangebot von Cablecom von den Internetdienstanbietern verlangt worden sei; (viii) Verbesserung von Prozessen, wie etwa zur Migration einer grossen Anzahl an Kunden auf die eigene Plattform. Dies zeige auf, dass die Swisscom-Gruppe immer wieder gezwungen gewesen sei, auf den starken Wettbewerbsdruck der Kabelnetzbetreiber auf dem Einzelhandelsmarkt zu reagieren.

357. Des Weiteren sei aufgrund eines Entscheids des Bundesgerichts (BGE 130 II 449, TV-Abo-Preise) davon auszugehen, dass auch unvollkommene Substitutionsmöglichkeiten eine gewisse disziplinierende Wirkung auf die Preisbildung eines marktbeherrschenden Unternehmens ausüben könnten. Deshalb sei selbst beschränkter Wettbewerbsdruck umfassend und nicht nur in begrenztem Masse zu berücksichtigen. Dass Einflüsse aus benachbarten Märkten mit unvollständigen Substituten die Handlungsspielräume des betroffenen Unternehmens nur begrenzt einschränkten, sei zwar richtig, aber in der vorliegenden Konstellation nicht relevant, weil die xDSL- und die Kabelinternetangebote aus Kundensicht vollständige Substitute darstellen würden und daher als gleichwertig zu qualifizieren seien.

358. Die Vorinstanz habe es unterlassen, die Preiselastizität zu ermitteln. Die Prüfung hätte etwa anhand der Critical Loss-Analyse zu erfolgen, nach der zu klären sei, ob eine kleine, aber signifikante und dauerhafte Preiserhöhung eines hypothetischen Monopolisten profitabel sei. Demnach wäre der Grosshandelsmarkt weiter abzugrenzen bzw. um das nächstbeste Substitut zu erweitern, wenn die Preiselastizität der Nachfrage die kritische Elastizität übersteigen würde. Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass die Kabelnetzanschlüsse zum selben relevanten Markt gezählt werden müssten.

359. Daran ändere auch nichts, dass sich die Verfügung der Vorinstanz zusätzlich auf Marktbefragungen der Swisscom-Gruppe und Mitbewerber sowie auf Datenaktualisierungen und eine Net Metrix Base-Studie stütze. Insbesondere die aus der Net Metrix Base-Studie abgeleitete Aussage, wonach lediglich 34% aller Haushalte zwischen Kabel- und xDSL-Produk-ten wählen könnten, sei falsch. Vielmehr hätten über 80% aller Haushalte eine entsprechende Auswahlmöglichkeit.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

360. Die Vorinstanz macht geltend, die ADSL-Technologie wachse stärker als die Kabelnetzzugänge, und die starke Stellung der Swisscom-Gruppe im nachgelagerten Markt spreche von Anfang an gegen das Vorliegen von disziplinierenden indirekten Einflüssen. Auch dürfe der Einfluss des nachgelagerten Markts im vorliegenden Fall aufgrund der marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt nicht überschätzt werden. Der Einfluss des nachgelagerten Markts beschränke sich auf die Bandbreite, welche dem Grosshandelsanbieter zur Festlegung des Grosshandelspreises verbleibe, habe aber keinen direkten Einfluss auf die Marktposition und die Möglichkeit, sich innerhalb dieser Bandbreite unabhängig zu verhalten. Dass diese indirekten Einflüsse aus dem nachgelagerten Markt ungenügend seien, zeige sich auch aus der Ertragssituation der Swisscom-Gruppe. Während die Beschwerdeführerin 1 auf der Grosshandelsstufe in den Jahren 2006 und 2007 Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe erwirtschaftet habe, habe Bluewin im selben Zeitpunkt (ohne Berücksichtigung des sog. Wachstumsrabatts) Verluste erlitten. Auch von den Kabelnetzbetreibern könne aufgrund der regionalen Zersplitterung keine disziplinierende Wirkung ausgehen. Insofern schränke die Marktgegenseite den Handlungsspielraum der Swisscom-Gruppe nicht ein.

361. In Bezug auf die Preiselastizität macht die Vorinstanz geltend, dass die Beschwerdeführerinnen bis Dezember 2007 keine Preisänderungen vorgenommen hätten, weshalb keine Preisänderungen berechnet und somit auch keine Elastizität geschätzt werden könne.

362. Die Vorinstanz macht zusammengefasst geltend, dass auch auf dem Einzelhandelsmarkt kein intensiver Wettbewerb geherrscht habe. Die Swisscom-Gruppe sei angesichts ihres hohen Marktanteils und dem überproportionalen Wachstum in dem untersuchten Zeitraum keinen besonderen disziplinierenden Einflüssen seitens ihrer Konkurrenten ausgesetzt gewesen. In Bezug auf die angebliche Preissenkung macht die Vor-instanz geltend, dass die Swisscom-Gruppe ihren Kunden keine Mbit/sec verkauft habe, sondern einen kompletten Anschluss zu einem klar definierten Preis. Dass sich die Bandbreite erhöht habe, treffe zwar zu, sei aber letztlich irrelevant, da die Erhöhung der Bandbreite bei gleichbleibenden Preisen keinen Einfluss auf die marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe im Grosshandelsmarkt gehabt habe. Für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere sei im Übrigen nicht auf die absolute Höhe des Preises abzustellen, sondern auf die Differenz zwischen Grosshandels- und Einzelhandelspreisen. Diese seien gleichermassen "gesunken", da die Bandbreiten auf beiden Ebenen exakt gleich gestiegen seien.

(3) Würdigung durch das Gericht

363. Soweit einem Unternehmen in einem relevanten Markt aufgrund des aktuellen oder potentiellen Wettbewerbs eine marktbeherrschende Stellung zuzusprechen ist, bleibt zu prüfen, ob sich diese Position auch unter Berücksichtigung der tatsächlichen Nachfragemacht der Marktgegenseite oder des sonstigen Einflusses eines zusammenhängenden Markts bestätigt. Damit ein beachtlicher Wettbewerbsdruck von einem zusammenhängenden Markt auf das beherrschende Unternehmen im relevanten Markt ausgeht, müssen die Marktteilnehmer des zusammenhängenden Markts gegenüber dem potentiell marktbeherrschenden Unternehmen über eine solche wirtschaftlich starke Position verfügen, dass sich das betreffende Unternehmen trotz seiner besonderen Stellung im relevanten Markt gegenüber ihnen nicht unabhängig verhalten kann.

364. Im Hinblick auf die fragliche marktbeherrschende Stellung eines vertikal integrierten Unternehmens auf einem Vorproduktmarkt bedeutet dies, dass die Abnehmer des Vorprodukts und die sonstigen Konkurrenten auf dem nachgelagerten Markt über eine solche starke wirtschaftliche Position verfügen müssen, dass sie in der Lage sind, entweder aufgrund ihrer Verhandlungsposition oder aufgrund ihres Wettbewerbsverhaltens auf dem nachgelagerten Markt einen disziplinierenden Einfluss auf den Verhaltensspielraum des vertikal integrierten Unternehmens auf dem vorgelagerten relevanten Markt auszuüben.

365. Demgegenüber ist es bei dieser Sachverhaltskonstellation für einen beachtlichen Wettbewerbsdruck auf dem vorgelagerten relevanten Markt von vornherein nicht ausreichend, wenn das Wettbewerbsverhältnis auf dem nachgelagerten Markt nur dazu führt, dass die Abnehmer und sonstigen Konkurrenten allein einen disziplinierenden Einfluss auf das Verhalten des vertikal integrierten Unternehmens auf dem nachgelagerten Markt ausüben können, weshalb dort immerhin ausreichender wirksamer Wettbewerb herrscht. Denn dadurch wird lediglich verhindert, dass das vertikal integrierte Unternehmen nicht auch noch auf dem nachgelagerten Markt eine marktbeherrschende Position einnehmen kann. Eine marktbeherrschende Stellung auf dem vorgelagerten relevanten Markt wird allein dadurch jedoch von vornherein nicht tangiert.

366. Bereits im Rahmen des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom (vgl. SV K.e) wurde in Bezug auf die Feststellung der marktbeherrschenden Stellung der Swisscom-Grup-pe auf dem Grosshandelsmarkt für den schnellen Bitstrom ausdrücklich festgehalten, dass dem Einzelhandelsmarkt jedenfalls im Jahr 2007 kein massgeblicher Einfluss auf den Grosshandelsmarkt zugekommen sei (BVGE 2009/35, Marktzugang schneller Bitstrom, E. 10.4). Demzufolge bleibt zu prüfen, ob sich diese Feststellung auch auf den gesamten massgeblichen Zeitraum erstrecken lässt (vgl. E. 327).

367. Die Beschwerdeführerinnen behaupten mit erheblichem argumentativem Aufwand, dass die Swisscom-Gruppe einem starken Wettbewerbsdruck von Seiten der Kabelnetzbetreiber ausgesetzt gewesen sei. Dabei verkennen sie ganz offensichtlich, dass im vorliegenden Verfahren für die Beurteilung der marktbeherrschenden Stellung der Wettbewerbsdruck auf dem Grosshandelsmarkt und nicht derjenige auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen massgebend ist. Denn nahezu ihr gesamtes Vorbringen bezieht sich ausschliesslich auf die Um- und Zustände im Einzelhandelsgeschäft. Demgegenüber haben die Beschwerdeführerinnen in keiner Weise dargelegt, dass sich konkrete Umstände des Einzelhandelsgeschäfts auf den Grosshandelsmarkt ausgewirkt und zu einer irgendwie gearteten Einschränkung bzw. einem Wettbewerbsdruck auf die Swisscom-Gruppe als marktbeherrschendes Unternehmen auf dem Grosshandelsmarkt geführt haben. Denn die von den Beschwerdeführerinnen angeführten Umstände wie Breitbanderhöhungen oder offene bzw. versteckte Preissenkungen haben in keiner Weise eine Veränderung der Position der Marktgegenseite auf dem Grosshandelsmarkt zur Folge, sondern ziehen allenfalls Anpassungen des Vorprodukts BBCS nach sich. Diese Anpassungen in Bezug auf die Konfiguration des Vorprodukts BBCS ergaben sich aus der Konfigurierung der xDSL-Produkte auf Einzelhandelsstufe, welche die Swisscom-Gruppe auf der Ebene des Einzelhandelsmarkts aber selbst für die Ausgestaltung ihrer eigenen Einzelhandelsprodukte benötigte. Die Produktanpassungen stellen demzufolge für die anderen Internetdienstanbieter selbst dann, wenn sie ausschliesslich die Folge eines konkurrenzierenden Verhaltens der Kabelnetzbetreiber und nicht auch Ausdruck des eigenen konkurrenzierenden Verhaltens der Swisscom-Gruppe gegenüber den Kabelnetzbetreibern gewesen wären, letztlich nur eine positive Folgeerscheinung dar. Im Einzelnen ist auf die nachfolgend aufgeführten Aspekte hinzuweisen.

368. Ganz offensichtlich verfügte die Swisscom-Gruppe im massgeblichen Zeitraum über eine dominierende Stellung auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen (vgl. SV H). Dabei ist aber völlig unerheblich, ob es sich hierbei um eine marktbeherrschende Stellung gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG handelt oder nicht, weil für den vorliegend in Frage stehenden Vorwurf eines missbräuchlichen Verhaltens ausschliesslich die marktbeherrschende Stellung auf dem Grosshandelsmarkt von Bedeutung ist. So ist es unerheblich, ob der Swisscom-Gruppe tatsächlich ein Marktanteil im Einzelhandelsmarkt von 64,83% - auf der Grundlage der von der Vorinstanz angenommenen 4,82 Mio. verfügbaren von insgesamt 7,45 Mio. Anschlüssen - oder von 58,74% - auf der Grundlage der von den Beschwerdeführerinnen behaupteten {.....} Mio. von insgesamt {.......} Mio. Anschlüssen - zukam. Denn auch aufgrund der von den Internetdienstanbietern selbst angegebenen Daten zur Anzahl von tatsächlich genutzten Breitbandanschlüssen, welche zu Gunsten der Swisscom-Gruppe vom niedrigsten Marktanteil mit rund {...}% ausgeht - und der von dem in der Fernmeldestatistik des BAKOM ausgewiesenen Marktanteils in Höhe von rund 50% bestätigt wird -, ergibt sich ein ebenso deutliches Bild (vgl. SV H). Die Swisscom-Gruppe ist das dominierende Unternehmen auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen, das einen grossen Abstand zu seinen Konkurrenten aufweist. Denn die Cablecom als grösser Konkurrent im Einzelhandelsmarkt wies lediglich einen Marktanteil von rund {...}% und damit noch nicht einmal die Hälfte des Marktanteils der Swisscom-Gruppe auf. Die übrigen Konkurrenten verfügten über noch geringere, ganz überwiegend kleinste Marktanteile. Der Marktanteil der Swisscom-Gruppe ging auch deutlich über den Marktanteil der gesamten Kabelnetzbetreiber hinaus, weil diese insgesamt nur über einen Marktanteil von {...}% verfügten. Diese Position der Swisscom-Gruppe hatte sich gerade aufgrund der Entwicklung im massgeblichen Zeitraum ergeben. Denn in dieser Zeit konnte die Swisscom-Gruppe einerseits ihren Marktanteil von {...}% auf {...}% deutlich ausbauen, während der Marktanteil der Cablecom von {...}% auf {...}% und der Marktanteil der Kabelnetzbetreiber insgesamt von {...}% auf {...}% zurückging. Zu berücksichtigen ist dabei zudem, dass mit Ausnahme der Cablecom keine anderen Kabelnetzbetreiber ein landesweit erhältliches Produkt anboten, sondern dass diese nur regional tätig waren.

369. Diese dominierende Stellung der Swisscom-Gruppe wurde durch die vorstehend dargestellten Unternehmensstrukturen wesentlich verstärkt (vgl. E. 350 f.).

370. Angesichts dieser Konstellation ist nicht zwingend davon auszugehen, dass die Swisscom-Gruppe im massgeblichen Zeitraum auf dem Einzelhandelsmarkt einem intensiven Wettbewerbsdruck ausgesetzt war. Dies wird auch durch die Ausführungen der Beschwerdeführerinnen bestätigt, wenn sie darauf verweisen, dass ihre Produkte von den Endkunden aufgrund bestimmter Aspekte wie den Kundenservice und den strukturellen Defiziten der Konkurrenten als das bessere Angebot wahrgenommen werden. Letztlich bedarf dies im vorliegenden Fall aber gar keiner abschliessenden Klärung.

371. Denn die Beschwerdeführerinnen legen nicht dar, welche Auswirkungen der angeblich oder tatsächlich vorhandene intensive Wettbewerb auf die Abnehmer des Grosshandelsprodukts und insbesondere auf die hier in Frage stehende übermässige Preisspanne zwischen den Gross- und Einzelhandelspreisen für Breitbandprodukte gehabt haben soll. Die von den Beschwerdeführerinnen angeführten Massnahmen, welche die disziplinierende Wirkung des Einzelhandelsmarkts aufzeigen sollen, stellen allesamt Anpassungen der Breitbandprodukte oder Prozesse im Hinblick auf die Kundenverwaltung dar, welche jeweils in Bezug auf das Einzelhandelsgeschäft vorgenommen wurden. Entsprechende Anpassungen auf der Einzelhandelsstufe führen allerdings auch zu Anpassungen auf der Grosshandelsstufe, ohne dass dadurch die Stellung der Abnehmer des Grosshandelsprodukts prinzipiell verbessert oder verschlechtert wird.

372. An dieser Einschätzung vermag auch der Hinweis der Beschwerdeführerinnen zur Auswirkung von unvollständigen Substitutionsmöglichkeiten unter Verweis auf ein Urteil des Bundesgerichts (BGE 130 II 449, TV-Abo-Preise) nichts zu ändern. Als unvollständige Substitutionsmöglichkeit wird dort nämlich der Umstand qualifiziert, dass manche Konsumenten schliesslich auf eine minderwertige Alternative ausweichen, wenn der Preis des gewünschten Gutes allzu hoch wird. Dabei wird zur Frage von massgeblichen Substitutionsgütern gemäss Art. 12 PüG ausdrücklich festgehalten, dass "[...] eine unvollständige Substitutionsmöglichkeit zwar eine gewisse disziplinierende Wirkung auf die Preisbildung eines marktmächtigen und selbst eines marktbeherrschenden Unternehmens auszuüben" vermag. Sie könne "jedoch nicht als wirksamer Wettbewerb im Sinne von Art. 12 PüG betrachtet werden, da sie dem Monopolanbieter des höherwertigen Produktes erlaubt, eine Monopolrente zu erzielen, die er bei wirksamen Wettbewerb zwischen gleichwertigen Produkten nicht erzielen könnte" (BGE 130 II 449, TV-Abo-Preise, E. 5.5). Mithin bestätigt dieser Entscheid zur Preisüberwachung gerade die kartellrechtliche Feststellung, dass eine unvollständige und damit nicht ausreichende Substituierbarkeit für die Beurteilung der Marktbeherrschung nicht zu berücksichtigen ist. Im Übrigen ergibt sich auch aus diesem Verweis der Beschwerdeführerinnen nicht, welche konkreten Auswirkungen sich auf den Grosshandelsmarkt tatsächlich eingestellt hatten.

373. Gleiches gilt für die Forderung nach Durchführung einer Preiselastizitätsprüfung. Wie die Beschwerdeführerinnen selbst festhalten, müsste der relevante Markt um das "nächstbeste Substitut" erweitert werden, wenn die Preiselastizität der Nachfrage die kritische Elastizität übersteigen würde. Da auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen aber gar kein anderes Produkt und damit auch kein nächstbestes Substitut erhältlich war und unter dem Gesichtspunkt des potentiellen Wettbewerbs auch nicht zukünftig erhältlich gewesen wäre, kann auch eine Betrachtung der Preiselastizität auf dem Einzelhandelsmarkt nicht dazu führen, dass auf dem Grosshandelsmarkt ein nicht verfügbares Produkt als nächstbestes Substitut zu berücksichtigen wäre.

374. Die fehlende Berücksichtigung einer regionalen Abgrenzung und der Eigenleistungen ergibt sich bereits aus den Gründen, die vorstehend im Hinblick auf die Abgrenzung des relevanten Markts und die Berücksichtigung des potentiellen Wettbewerbs angebracht wurden (vgl. E. 305 f., E. 344 f.).

7) Zwischenergebnis

375. Die Swisscom-Gruppe ist auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternetprodukte aufgrund der Alleinstellung im aktuellen Wettbewerb, des Fehlens eines potentiellen Wettbewerbs, des fehlenden disziplinierenden Einflusses des Einzelhandelsmarkts, der fehlenden Ausweichmöglichkeiten der Internetdienstanbieter sowie deren fehlender Nachfragemacht als marktbeherrschendes Unternehmen gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG zu qualifizieren.

8) Isolierte Feststellung der marktbeherrschenden Stellung

376. Die Vorinstanz hat im Rahmen des Dispositivs (Ziff. 1) festgestellt, dass die Swisscom-Gruppe im Grosshandelsmarkt für Breitbanddienste bis zum 31. Dezember 2007 über eine marktbeherrschende Stellung gemäss Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG verfügt habe.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

377. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass eine marktbeherrschende Stellung nicht isoliert festgestellt werden dürfe. Dies begründen sie unter anderem mit dem Fehlen einer gesetzlichen Grundlage und eines entsprechenden Feststellungsinteresses sowie dem Widerspruch zu elementaren strafprozessualen Grundsätzen. Darüber hinaus verweisen sie im Ergebnis auf den zwischenzeitlich ergangenen Entscheid des Bundesgerichts in Sachen Terminierung Mobilfunk.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

378. Die Vorinstanz verweist auf einen Entscheid der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen (RPW 2006/4, 698), in der diese entschieden habe, dass "die verfügungsweise Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung zulässig sei, wenn im Rahmen der Tätigkeit der Wettbewerbsbehörden nach Kartellgesetz im Einzelfall ein spezifisches öffentliches Interesse an einer solchen Feststellung auszumachen ist". Dies habe die Rekurskommission für Wettbewerbsfragen mit Bezug auf die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung in einem kartellverwaltungsrechtlichen Verfahren grundsätzlich bejaht. Das erforderliche öffentliche Interesse ergäbe sich dabei einerseits aus der erweiterten Meldepflicht von Art. 9 Abs. 4 KG und andererseits aufgrund der Verfahrensökonomie. Ausserdem habe der Gesetzgeber in der Botschaft KG 1995 die selbstständige Feststellung der marktbeherrschenden Stellung implizit vorgesehen, weil als Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmung (Art. 9 Abs. 3 E-KG) gerade vorgegeben werde, dass die Wettbewerbsbehörden die marktbeherrschende Stellung bereits rechtskräftig festgestellt habe. Insofern sei nicht ersichtlich, weshalb die Regulierung von Art. 30 Abs. 1 KG abschliessend sein sollte.

379. Die Vorinstanz macht des Weiteren geltend, dass die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung sowohl für das betroffene Unternehmen als auch für die Marktgegenseite und die Konkurrenz von Interesse sei. Dies sei aus verfahrensökonomischer Hinsicht insbesondere im Hinblick auf allfällige Zivilklagen sinnvoll. Auch diene eine einmal festgestellte Marktbeherrschung als Grundlage für eine Neubeurteilung.

380. Die Vorinstanz bringt schliesslich vor, dass es sich bei dem Verfahren nach Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG um ein Verwaltungs-, nicht um ein Strafverfahren handle und sie ihrerseits auch eine Verwaltungsbehörde und kein Strafgericht sei, weshalb eine Feststellungsverfügung grundsätzlich zulässig sei. Die Feststellungsverfügung komme auch keinem Freispruch zweiter Klasse gleich, da das Innehaben einer marktbeherrschenden Stellung an sich nicht verwerflich sei. Darüber hinaus bestünden eine gesetzliche Grundlage und ein öffentliches Interesse an der Feststellung der marktbeherrschenden Stellung.

(3) Würdigung durch das Gericht

381. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 6) ist es im Rahmen einer Sanktionsverfügung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG grundsätzlich weder erforderlich noch zulässig, im Dispositiv die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung gesondert vorzunehmen. Dem stehen zum einen die Funktion des Dispositivs und zum anderen das Fehlen einer entsprechenden rechtlichen Grundlage im Kartellverwaltungsverfahren entgegen.

382. Das Dispositiv dient der Regelung des streitigen Rechtsverhältnisses. Es muss daher bei einer Leistungs- oder Gestaltungsverfügung die Rechte und Pflichten des Adressaten in der Sache bestimmen und bei einer Feststellungsverfügung klarstellen, worin die Rechte und Pflichten des Adressaten bestehen (vgl. Tschannen/Zimmerli/Müller, Verwaltungsrecht, 273). Eine Endverfügung über eine Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ist ein Leistungs- oder Gestaltungsentscheid.Die Sanktion wird ausgesprochen, wenn die entsprechenden Tatbestandselemente vorliegen, oder es wird davon abgesehen, weil die Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Aus der Verfügungsformel muss demzufolge allein ersichtlich sein, ob eine Sanktion angeordnet oder ob auf deren Verhängung verzichtet wird. Dabei hat sich das Entscheiderkenntnis auf die Rechtsfolge zu beschränken, d.h. die Anordnung einer Sanktion oder den Verzicht auf eine solche. Hingegen sind im Dispositiv keine Ausführungen im Hinblick auf das Vorliegen einzelner Tatbestandsmerkmale vorzunehmen; diese bilden ausschliesslich einen Bestandteil der Begründung des jeweiligen Entscheids. Daher ist im Erkenntnis grundsätzlich weder festzuhalten, ob eine marktbeherrschende Stellung gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG vorliegt, noch ob eine solche allenfalls missbraucht wurde (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 6.2).

383. Nach Art. 30 Abs. 1 KG entscheidet die Wettbewerbskommission auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen. Im Rahmen von Art. 30 Abs. 1 KG ist allerdings ausschliesslich über die zu treffenden Massnahmen zu entscheiden, während reine Feststellungen im Anschluss an die kartellrechtliche Untersuchung nicht auf Art. 30
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 30 Entscheid
1    Die Wettbewerbskommission entscheidet auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen oder die Genehmigung einer einvernehmlichen Regelung.
2    Die am Verfahren Beteiligten können schriftlich zum Antrag des Sekretariats Stellung nehmen. Die Wettbewerbskommission kann eine Anhörung beschliessen und das Sekretariat mit zusätzlichen Untersuchungsmassnahmen beauftragen.
3    Haben sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert, so kann die Wettbewerbskommission auf Antrag des Sekretariats oder der Betroffenen den Entscheid widerrufen oder ändern.
KG gestützt werden können (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 6.3).

384. Gemäss Art. 39
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
KG finden die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes Anwendung, soweit das Kartellgesetz hiervon nicht abweicht. Nach Art. 25 VwVG kann eine in der Sache zuständige Behörde von Amtes wegen oder auf Gesuch hin eine Feststellungsverfügung erlassen. Die Anwendbarkeit von Art. 25 VwVG setzt bei beiden Varianten voraus, dass ein entsprechendes schutzwürdiges Feststellungsinteresse vorliegt, welches nicht abstrakte, theoretische Rechtsfragen, sondern konkrete Rechte oder Pflichten zum Gegenstand hat. Überdies muss ausgeschlossen sein, dass das schutzwürdige Interesse ebenso gut mit einer rechtsgestaltenden Verfügung gewahrt werden könnte (vgl. BGE 126 II 300 E. 2c; Häner, VwVG, Art. 25 Rn. 14, 20; Rhinow/Koller/ Kiss/Thurnherr/Brühl-Moser, Prozessrecht, Rn. 1279 ff.).

385. Die Feststellung der Marktbeherrschung für eine bestimmte Periode kann grundsätzlich keine verbindliche Wirkung für einen späteren Zeitraum aufweisen. Deshalb ist es ausgeschlossen, für spätere Zeiträume ohne weitere Prüfung der Umstände eine Marktbeherrschung anzunehmen. Vielmehr muss das Tatbestandsmerkmal der Marktbeherrschung für jedes Verfahren neu abgeklärt werden; auch wenn hierbei unter Berücksichtigung der prozessualen Rechte der Verfahrensbeteiligten auf bereits vorgenommene Untersuchungshandlungen oder Beweismassnahmen zurückgegriffen werden kann (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 6.5.1). Aus denselben Gründen bedarf es auch im Hinblick auf Art. 9 Abs. 4 KG nicht einer vorgängigen Feststellung einer Marktbeherrschung (vgl. BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk, E. 6.5.1). Mangels eines schutzwürdigen Interesses an der isolierten Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung kann eine entsprechende Feststellung demzufolge auch nicht auf Art. 25 VwVG gestützt werden.

386. Die Beschwerde ist insoweit begründet.

VII. Unzulässige Verhaltensweise

387. Eine unzulässige Verhaltensweise gemäss Art. 7 Abs. 1 KG liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen durch den Missbrauch seiner Stellung auf dem relevanten Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert oder die Marktgegenseite benachteiligt. Entsprechende Beispiele für solche Verhaltensweisen werden zur Verdeutlichung in Art. 7 Abs. 2 KG audrücklich aufgeführt.

1) Formen des unzulässigen Verhaltens

388. Ein missbräuchliches Verhalten gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG umfasst alle denkbaren Verhaltensweisen von marktbeherrschenden Unternehmen, welche volkswirtschaftlich schädliche Effekte aufweisen oder die wirtschaftliche Freiheit von anderen Unternehmen behindern (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.2; BGE 129 II 18,Buchpreisbindung I, E. 5.2.1; BGer, 17.6.2003, 2A.520/2002, Entreprises Electriques Fribourgoise [EEF] gg. Watt Suisse/Weko u.a., BGE 129 II 497 und RPW 2003/4, 912, E. 6.4.2). Solche Verhaltensweisen richten sich überwiegend als sog. Behinderungsmissbrauch gegen andere Wettbewerber oder als sog. Ausbeutungsmissbrauch gegen die jeweilige Marktgegenseite, d.h. Abnehmer bzw. Lieferanten des marktbeherrschenden Unternehmens (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.1). Die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit eines bestimmten Verhaltens ist für jeden Einzelfall danach vorzunehmen, ob die infolge einer Behinderung oder Ausbeutung eingetretenen Wettbewerbsbeeinträchtigungen sich durch sachlich angemessene Aspekte rechtfertigen lassen oder nicht (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.2). Massstab für die Beurteilung bildet die ausreichende Gewährleistung von wirksamem Wettbewerb, welche sowohl den Institutionenschutz als auch den Individualschutz umfasst (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 10.1.2). Das bedeutet, dass der Schutz des Wettbewerbs gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG nicht nur darauf ausgerichtet ist, Endverbraucher vor einem unmittelbaren Schaden durch ein missbräuchliches Verhalten zu bewahren, sondern er umfasst angesichts der dominanten Stellung des marktbeherrschenden Unternehmens auch allgemein die Sicherstellung von sachgerechten Wettbewerbsbedingungen zur Aufrechterhaltung oder Ausbildung eines ausreichenden Wettbewerbs auf allen durch das jeweilige Verhalten beeinflussten Märkten. Um die Transparenz und Kohärenz einer wettbewerbsrechtlichen Beurteilung zu gewährleisten, wurden von Praxis und Literatur Fallgruppen bestimmter missbräuchlicher Verhaltensweisen ausgearbeitet, von denen die am häufigsten auftretenden Fallgruppen in Art. 7 Abs. 2 KG ausdrücklich abgebildet werden. Der Typus eines sonstigen wirtschaftlichen Verhaltens kann verschiedene Tatbestandsmerkmale unterschiedlicher Fallgruppen erfüllen. In derartigen Fällen ist er je nach inhaltlicher Gewichtung seiner Handlungsakte einer Fallgruppe des Art. 7 Abs. 2 KG oder aber als eigenständige Fallgruppe der Generalklausel des Art. 7 Abs. 1 KG zuzuordnen. Im Einzelfall kann ein konkretes wirtschaftliches Verhalten auch die Tatbestandsmerkmale verschiedener Fallgruppen erfüllen (vgl. die Darstellung mit zahlreichen Beispielen bei Eilmannsberger Thomas/Bien Florian, in: Bornkamm/ Montag/Säcker [Hrsg.], Münchener Kommentar, Europäisches und
Deutsches Wettbewerbsrecht, Bd. 1, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2015, zit. MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 630 f.).

2) Kosten-Preis-Schere

a) Entwicklung und Qualifizierung der Kosten-Preis-Schere

389. Die Wettbewerbskonstellation einer Kosten-Preis-Schere (auch als Beschneidung der Margen oder Margenbeschneidung bezeichnet; engl. margin squeeze oder price squeeze) wurde erstmals 1945 in den USA im wettbewerbsrechtlichen Präzedenzfall Alcoa (United States v. Aluminium Co. of America et al., 148 F. 2d 416 [2dCir. 1945]) als Missbrauchstatbestand umschrieben. Gegenstand des Entscheids bildete die Preispolitik von Aluminium Co. of America (nachfolgend: Alcoa), der damals einzigen Aluminiumproduzentin in den USA, die zugleich auch auf dem nachgelagerten Markt im Bereich der Herstellung von Aluminiumerzeugnissen tätig war. Alcoa wurde vorgeworfen, konkurrierende Unternehmen auf dem nachgelagerten Markt durch eine Kombination von niedrigen Endkundenpreisen und hohen Vorproduktpreisen zu verdrängen. Dabei wurde ein Missbrauch darin gesehen, dass Alcoa einerseits mehr als einen "fair price" für das Vorleistungsprodukt von den Abnehmern verlangte, während sie ihre Preise für die Endprodukte so niedrig ansetzte, dass die konkurrierenden Abnehmer des Vorleistungsprodukts keinen "living profit" bei der Herstellung von konkurrierenden Endprodukten erzielen konnten. Im Anschluss daran wurden vergleichbare Sachverhalte unter dem Aspekt der Kosten-Preis-Schere geprüft, die teilweise als missbräuchlich (vgl. City of Mishawaka v. Am. Elec. Power Co., 616 F.2d 983 f. [7th Cir. 1980]; Mishawaka II 449 U.S. 1096, 101 S.Ct. 892, 66 L.Ed.2d 824 [1981];Covad Communication Co. v. Bell South Corp., 374 F.3d 1044, 1050 [11th Cir.]2004), teilweise aber auch als nicht missbräuchlich (vgl. Town of Concord Mass. et al. v. Boston Edison Co. 915 F.2d 17, 25 [1st. Cir. 1990]) qualifiziert wurden.

390. In der Europäischen Union wurde im Jahr 1988 in einer Entscheidung der EU-Kommission in Sachen Napier-Brown (EU-Kom, 18.7.1988, IV/30.178, Napier Brown gg. British Sugar, ABl. 1988 L 284/41) zur Preis-politik eines britischen Unternehmens, welches ein gesetzliches Monopol für die Herstellung von Rübenzucker inne hatte, Folgendes festgehalten: Wenn ein Unternehmen, das sowohl im Markt für ein Rohmaterial als auch in dem für ein aus diesem Material hergestellten Derivat beherrschend ist, zwischen dem Preis, den es denjenigen Unternehmen, die mit ihm in der Produktion des Derivats konkurrieren, für das Rohmaterial berechnet und dem Preis, den es für das Derivat berechnet, eine Spanne beibehält, die geringer ist als die bei dem beherrschenden Unternehmen für die Umwandlung anfallenden Selbstkosten, und wenn dies zu einer Einschränkung des Wettbewerbs bei dem Derivat führt, dann stellt dies einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung dar.

391. Diese rechtliche Bewertung wurde im Jahr 2000 für einen anderen Sachverhalt durch das (damalige) Europäische Gericht erster Instanz (EuG, 30.11.2000, T-5/97, Industrie des poudres sphériques gg. EU-Kom, EU:T:2000:278) bestätigt. Dabei wurde ausgeführt: Eine als Preisschere bezeichnete Praxis liege vor, wenn ein Unternehmen, das über eine beherrschende Stellung auf dem Markt eines Vorprodukts verfüge und selbst einen Teil seiner Produktion zur Herstellung eines Verarbeitungserzeugnisses verwende, während es das restliche Vorprodukt auf dem Markt verkauft, die Preise, zu denen es das Vorprodukt an Dritte verkauft, so hoch ansetze, dass die Dritten über keine ausreichende Verarbeitungsmarge verfügten, um auf dem Markt des Verarbeitungserzeugnisses wettbewerbsfähig zu bleiben.

392. Nachdem die EU-Kommission bereits im Jahr 1998 für den Bereich der Telekommunikation in allgemeiner Weise auf die Notwendigkeit zur Vermeidung einer Kosten-Preis-Schere hingewiesen hatte (vgl. Mitteilung der EU-Kommission vom 22.8.1998 über die Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Zugangsvereinbarungen im Telekommunikationsmarkt, ABl. 1998 C 256/2, zit. Anwendungsmitteilung Telkom, Ziff. 118) wurden ab dem Jahr 2003 Voraussetzungen, Inhalt und Nachweis des Missbrauchstatbestands einer Kosten-Preis-Schere im Rahmen der Verfahren Deutsche Telekom, Telefonica und TeliaSonera (vgl. SV L) auch für den Bereich der Telekommunikation bestätigt und weiter präzisiert.

393. Nach der Praxis der EU-Kommission liegt eine missbräuchliche Kosten-Preis-Schere jedenfalls dann vor, wenn die Differenz zwischen den Endkundenentgelten eines marktbeherrschenden Unternehmens und dem Vorleistungsentgelt für vergleichbare Leistungen an seine Wettbewerber entweder negativ ist oder nicht ausreicht, um die produktspezifischen Kosten des marktbeherrschenden Unternehmens für die Erbringung seiner eigenen Endkundendienste im nachgeordneten Markt zu decken (vgl. EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 107; EU-Kom, Comp/38.784, Telefónica, Ziff. 283). Diese Definition wurde durch das Europäische Gericht gestützt (EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 167; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 173) und in nunmehr ständiger Rechtsprechung bestätigt (EuGH, EU:C:2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 197 f.; EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 42; EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 104 f.).

394. Seit dem Jahr 2003 wurden weitere 38 Fälle einer Kosten-Preis-Schere in 20 europäischen Ländern festgestellt, wovon 71% auf Telekommunikationsunternehmen entfielen (vgl. Veljanowski Cento, Margin Squeeze: An Overview of EU and National Case Law, 2.7.2012, e-Com-petitions: Competiton Law Bulletin Nr. 46442, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.ssrn.com/abstract=2079117, zit. Margin Squeeze, Ziff. 4).

395. Demgegenüber zeichnet sich in der US-amerikanischen Rechtsprechung eine Abkehr von der bisherigen Qualifizierung eines margin squeeze ab. Den Gegenstand des Verfahrens im Fall linkLine (Supreme Court of the United States, 25.2.2009, Pacific Bell Telephone Co., dba AT&T California et al. v. linkLine Communications Inc. et al., 555 U.S. 438, 129 S. Ct. 1109, 172 L.Ed.2d 836 [2009], zit. linkLine; vgl. Zöttl Johannes, Kein Verbot der Kosten-Preis-Schere im US-amerikanischen Kartellrecht, RIW 2009, 446) bildete die Preisgestaltung bei xDSL-Grosshandelspro-dukten durch marktbeherrschende, vertikal integrierte Telekommunikationsunternehmen, die über eine Netzinfrastruktur verfügen, gegenüber Internetdienstanbietern, die nur auf der Einzelhandelsstufe tätig waren. Der Supreme Court kam zu dem Schluss, dass ein eigenständiger Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere nicht bestehe. Soweit eine wettbewerbsrechtliche Lieferverpflichtung des marktbeherrschenden Unternehmens nicht gegeben sei, könne sich ein Preismissbrauch nur im Fall eines predatory pricings ergeben. Dafür seien allerdings dessen spezifische Prüfungskriterien nachzuweisen. Hingegen treffe ein marktbeherrschendes Unternehmen keine Verpflichtung zur Beachtung einer ausreichenden Marge zu Gunsten seiner Konkurrenten. Denn ein Unternehmen, dem keine wettbewerbsrechtliche Lieferverpflichtung auf einem Grosshandelsmarkt zukomme, könne frei entscheiden, ob und zu welchen Geschäftsbedingungen es vertragliche Vereinbarungen mit Dritten eingehe. Diese Qualifizierung wurde ausdrücklich auch für den Fall vorgenommen, dass die Grosshandelspreise über den Einzelhandelspreisen des marktbeherrschenden Unternehmens liegen.

396. Gegenstand, Ausgestaltung, Auswirkungen und Rechtsentwicklung der Kosten-Preis-Schere wurden in der wirtschaftswissenschaftlichen und wettbewerbsrechtlichen Literatur beschrieben und kommentiert (vgl. z.B. Jean Tirole, Industrieökonomik, 2. dtsch.-sprach. Aufl. 1999, 422 f.). Die rechtliche Qualifizierung des missbräuchlichen Verhaltens einer Kosten-Preis-Schere erfolgt in unterschiedlicher Weise. Verschiedentlich wird sie je nach konkreter Ausgestaltung mehreren der bekannten Fallgruppen des Marktmissbrauchs zugeordnet (vgl. Bergmann Bettina, Massstäbe für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere im Kartellrecht, WUW 2001, 234; Clerc/Këllezi, CR-Concurrence, Art. 7 Rn. 137; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 2.654). In Übereinstimmung mit der EU-Wettbe-werbspraxis wird sie teilweise als eigenständiger Tatbestand angesehen (vgl.Bulst Friedrich Wenzel, in: Bunte [Hrsg.], Langen/Bunte, Kartellrecht, 12. Aufl. 2014, zit. LB-KR, Art. 102 Rn. 301; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 353; Merten Henk, Die Kosten-Preis-Schere im Kartellrecht, 2004, zit. KPS, 123 ff., 157; Klotz Robert, Die Preis-Kosten-Schere bei regulierten Entgelten als Verstoss gegen EG-Wettbewerbs-recht, MMR [Multimedia und Recht] 2008, 650, zit. PKS, 653; Nils Gunnar/Jenkins Helen/Kavanagh James, Economics for Competition Lawyers, 2011, zit. Economics, 242, 261; Reinert Mani, Preisgestaltung, in: Geiser/Krauskopf/Münch [Hrsg.], Schweizerisches und europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, 91 ff., zit. Preisgestaltung, 145; Schröter Helmuth/Bartl Ulrich, in: Schröter/Jakob/Klotz/Mederer [Hrsg.], Europäisches Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. 2014, zit. SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Teilweise wird sie auch den einzelnen Tatbestandsvarianten der Diskriminierung (vgl. Borer, KG, Art. 7 Rn. 18; de Bronett, in: Wiedemann [Hrsg.], Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, zit. Kartellrecht, § 22 Rn. 70; Reinert, SHK-KG, Art. 7 Rn. 17; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.651), der Einschränkung (vgl. Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 452, wobei die Regeln zur Einschränkung mangels eines adäquaten Tests für die Kosten-Preis-Schere im Sinne eines sachgerechten Auffangtatbestands zur Anwendung kommen sollen) oder der Erzwingung zugeordnet (vgl. Borer, KG, Art. 7 Rn. 20;Reinert, SHK-KG, Art. 7 Rn. 24). Andere Ansichten gehen davon aus, dass sich die als Kosten-Preis-Schere bezeichnete Preispolitik vom Missbrauchstatbestand der Preisunterbietung erfassen lasse (vgl. Eilmannsberger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 541;Lommler Hans, Das Verhältnis des kartellrechtlichen Verbots der Kosten-Preis-Schere zum Verbot der Kampfpreisunterbietung, WUW 2011, 244, zit. KPS, 254; Petzold Daniel, Die Kosten-Preis-Sche-re im EU-Kartellrecht, 2012, zit. KPS, 185). In Übereinstimmung mit
dem Fall linkLine wird aber auch die Ansicht vertreten, dass eine Kosten-Preis-Schere nur bei Vorliegen einer Lieferverpflichtung als Variante einer Geschäftsverweigerung zu qualifizieren wäre (vgl. Auf´mkolk Henrik, From Regulatory Rule to Competition Law: The Case of Margin Squeeze under EU Competition Law, 2011, zit. Margin Squeeze, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.ssrn.com/abstract=1959126, Rn. 3.2.1; Eilmannsberger Thomas, in: Hirsch/Montag/Säcker [Hrsg.], Münchener Kommentar zum Kartellrecht, Bd. 1, Europäisches Wettbewerbsrecht, 2007, zit. MüK-EuKR, Art. 82 Rn. 534 f.; Heimler Alberto, Journal of Competition Law & Economics, [2010] 6 [4], 879 ff., 880; O´Donoghue Robert/Pa-dilla Jorge, The Law and Economics of Article 102 TFEU, 2. Aufl. 2013, zit. Art. 102, 395 f.; vgl. auch Mitteilung der EU-Kommission vom 24.2.2009 zur Anwendung von Art. 82 EG, ABl. 2009 C 45/7, zit. Anwendungsmitteilung Art. 102, Ziff. 75 f., bei der die Kosten-Preis-Schere im Gegensatz zu den bisherigen Entscheiden in Zusammenhang mit der Geschäftsverweigerung behandelt wird) und ansonsten überhaupt kein missbräuchliches Verhalten durch ein marktmächtiges Unternehmen darstelle (vgl. Petit Nicolas, Price squeezes with positive margins in EU Competition Law - Economic and legal anatomy of a zombie, 7.5.2014, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.ssrn.com/abstract=2506521, für den Fall, dass der Preis für das Endprodukt auf dem nachgelagerten Markt höher ist als der Preis des Vorprodukts; vgl. auch Amstutz Marc, Wirtschaftsregulierung durch Kartellrecht?, in: Amstutz/Hochreutener/ Stoffel [Hrsg.], Die Praxis des Kartellgesetzes im Spannungsfeld von Recht und Ökonomie, 2011, 151 ff., zit. Wirtschaftsregulierung, nach dem Eingriffe gegenüber Kosten-Preis-Scheren als Massnahmen der Wirtschaftsregulierung und nicht des Kartellrechts zu qualifizieren seien).

b) Voraussetzungen einer Kosten-Preis-Schere

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

397. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass der Kern der von der Vorinstanz vorgelegten Begründung darin bestehe, dass die anderen Internetdienstanbieter aufgrund der tiefen Endkundenpreise keine ausreichende Marge hätten erzielen können. Der Vorwurf des wettbewerbswidrigen Verhaltens sei daher nicht auf eine Diskriminierung ausgerichtet, sondern auf das Nichtgewähren einer ausreichenden Marge für Mitbewerber auf einem Markt. Für marktbeherrschende Unternehmen bestehe allerdings keine allgemeine Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Mitbewerber über eine ausreichende Marge verfügten. Daher könne entsprechend den Feststellungen im Fall linkLine eine Kosten-Preis-Schere von vornherein nicht vorliegen.

398. Des Weiteren erheben die Beschwerdeführerinnen unter Verweis auf Ansichten in der Literatur den Einwand, bei dem Instrument der Kosten-Preis-Schere handle es sich um ein Element der Preisregulierung. Denn die Intention dieser Intervention bestehe nicht im Schutz des Wettbewerbs, sondern darin, bestimmte Ergebnisse zu erzielen. Aufgabe des Kartellgesetzes sei es, im Sinne einer Verhaltenskontrolle die für Wettbewerb erforderlichen Freiräume für wohlfahrtsförderndes unternehmerisches Verhalten zu schaffen, nicht jedoch als Instrument der direkten Wirtschaftsförderung zu fungieren. Bei einer Intervention aufgrund einer Kosten-Preis-Schere bestehe zudem die Gefahr, dass nicht der Wettbewerb, sondern die Wettbewerber geschützt würden. Im Übrigen seien die Wettbewerbsbehörden schlechterdings ungeeignet und überfordert, einen fairen, d.h. rentablen Preis für das Endleistungsprodukt festzulegen unter Berücksichtigung des Preises für das Vorleistungsprodukt, die Preisbildungsmechanismen der beiden Preise sowie einer Profitabilitätsanalyse in Bezug auf die Relation dieser Preise. Daher müsse im Rahmen des Wettbewerbsrechts entsprechend der Argumentation im Fall linkLine auf den Missbrauchstatbestand der Kosten-Preis-Schere verzichtet werden, und entsprechende Sachverhalte müssten ausschliesslich anhand der Missbrauchsvarianten des Ausbeutungsmissbrauchs, der Preisunterbietung oder der Lieferverpflichtung beurteilt werden.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

399. Die Vorinstanz macht die Wettbewerbswidrigkeit einer Kosten-Preis-Schere geltend, wobei sie zum einen im Ergebnis auf die im Rahmen der Würdigung durch das Gericht dargelegten Aspekte abstellt, zum anderen darüber hinaus aber auch das Element der Diskriminierung als Voraussetzung des Tatbestands qualifiziert (vgl. E. 436).

(3) Würdigung durch das Gericht

400. Die inhaltliche Beschreibung des wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie der hierfür massgeblichen Voraussetzungen einer Kosten-Preis-Schere ergeben sich aufgrund der bisher in der Wirtschaftspraxis aufgetretenen Konstellationen und der hierzu ergangenen Entscheide.

401. Eine Kosten-Preis-Schere stellt eine missbräuchliche Preispolitik eines marktbeherrschenden Unternehmens dar, bei der die Preise für zwei Produkte, die auf zwei vertikal miteinander verbundenen Märkten vertrieben werden, in ein solches Missverhältnis gesetzt werden, dass hierdurch die Wettbewerbsbedingungen auf dem vertikal nachgelagerten Markt unangemessen beeinträchtigt werden. Das Missverhältnis zeichnet sich dabei dadurch aus, dass es zu einer Margenbeschneidung bei den Wettbewerbern auf dem nachgelagerten Markt führt, die es diesen nicht ermöglicht, gewinnbringend auf diesem Markt operieren zu können. Eine Kosten-Preis-Schere liegt demnach dann vor, wenn ein marktbeherrschendes vertikal integriertes Unternehmen die Preise für ein "Endprodukt" (auch als Endleistungsprodukt oder Endleistung bezeichnet) auf dem nachgelagerten Endproduktmarkt (auch als Endleistungsproduktmarkt oder Endleistungsmarkt bezeichnet) im Vergleich zu den Preisen für ein "Vorprodukt" (auch als Vorleistungsprodukt oder Vorleistung bezeichnet), das für die Bereitstellung des Endprodukts verwendet wird, auf dem "Vorproduktmarkt" (auch als Vorleistungsproduktmarkt oder Vorleistungsmarkt bezeichnet) in einer solchen Weise ansetzt, dass auch effiziente Wettbewerber auf der Stufe des Endproduktmarkts nicht mehr gewinnbringend wirtschaften können, weil sie über keine ausreichende Gewinnmarge verfügen.

402. Die personale Voraussetzung für die Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere ist ein sog. vertikal integriertes Unternehmen, das sowohl auf dem Vorproduktmarkt als auch auf dem Endproduktmarkt tätig ist (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 32; EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 146; Eilmannsberger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 546; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 353; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 373; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Dabei ist es unerheblich, ob die Bearbeitung der unterschiedlichen Märkte durch verschiedene Abteilungen eines Unternehmens, durch dessen eigenständige Niederlassungen oder selbständige Tochtergesellschaften oder durch verschiedene Gruppengesellschaften eines Konzerns erfolgt.

403. Die strukturelle Voraussetzung einer Kosten-Preis-Schere besteht darin, dass dem vertikal integrierten Unternehmen auf dem Vorproduktmarkt eine marktbeherrschende Stellung zukommt. Ein besonderes Ausmass der Marktbeherrschung wird dabei nicht verlangt (vgl. EuGH, EU:C: 2011:83, TeliaSonera, Ziff. 82; Eilmannsberger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 546; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 359). Demgegenüber ist es unerheblich, ob dem Unternehmen auf dem Endproduktmarkt eine marktbeherrschende Stellung zukommt (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 89; EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 146). Es bedarf auch nicht der Feststellung einer in anderer Weise starken oder besonderen Stellung auf diesem Markt (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, Telia- Sonera, Ziff. 89). Unerheblich ist auch die Stellung der Wettbewerber auf dem relevanten Markt (vgl. EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 167, 193).

404. Eine Kosten-Preis-Schere setzt kein Ausschliesslichkeitsverhältnis zwischen dem Vorprodukt und dem Endprodukt voraus. Das Vorprodukt muss demnach für die Bereitstellung des Endprodukts nicht unerlässlich sein (vgl. EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 75; EuGH, EU:C:2011: 83, TeliaSonera, Ziff. 69 f.; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 180 f.;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 549; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 358). Regelmässig wird eine Kosten-Preis-Schere zwar nur dann umgesetzt werden können, wenn den Abnehmern des Vorprodukts keine gleichwertigen Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen (vgl. Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 549; Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 358; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 367, 374). Grundsätzlich ist es angesichts der marktbeherrschenden Stellung des vertikal integrierten Unternehmens aber durchaus möglich, dass sich wettbewerbswidrige Auswirkungen auch dann einstellen, wenn den Abnehmern in einem gewissen Umfang Ausweichmöglichkeiten verbleiben. Daher ist eine Kosten-Preis-Schere in derartigen Fällen nicht per se ausgeschlossen (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 72; Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 358).

405. Die wettbewerbswidrige Tathandlung besteht in der Herbeiführung eines Missverhältnisses zwischen dem Preis für das Vorprodukt und dem Preis für das Endprodukt (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 108; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 353; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Dieses Missverhältnis kann durch eine zu hohe Ansetzung des Preises für das Vorprodukt oder eine zu niedrige Ansetzung des Preises für das Endprodukt oder einer Kombination aus beiden Preisansetzungen herbeigeführt werden (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 187; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 353; O´Do-noghue/Padilla, Art. 102, 367). Massgeblich ist dabei allein die Differenz zwischen den beiden Preisen. Demgegenüber ist es unerheblich, ob der Preis für das Vorprodukt im Sinne einer wettbewerbswidrigen Preisausbeutung unangemessen hoch, oder ob der Preis für das Endprodukt im Sinne einer wettbewerbswidrigen Preisunterbietung unangemessen niedrig ist (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 34, 98; EuGH, EU:C: 2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 183;Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 360; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Das bedeutet, dass allein die Margenbeschneidung zur Verwirklichung einer Kosten-Preis-Schere führt (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 187).

406. Im Gegensatz zum Tatbestand der Preisunterbietung ist auch der Umstand grundsätzlich unerheblich, ob die fragliche Preisgestaltung zu Verlusten des marktbeherrschenden Unternehmens führt oder ob dieses allfällige Verluste auf dem Endproduktmarkt durch Gewinne auf dem Vorproduktmarkt ausgleichen kann (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 99 f.;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 551; Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 360; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309; a.A. Reinert, Preisgestaltung, Rn. 4.142, nach dem die Wiederanhebung bzw. die Verringerung der Ausbringungsmenge eine notwendige Voraussetzung der Missbräuchlichkeit bildet). Diese Unerheblichkeit gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich neue Märkte aufgrund von neuen investitionsbedürftigen Technologien bilden. Denn gerade bei derartigen Märkten muss sichergestellt werden, dass sich normale Wettbewerbsbedingungen einstellen und sich nicht aufgrund von missbräuchlichen (Preis-)Strategien eines marktbeherrschenden Unternehmens eine verzerrte Wettbewerbsstruktur bildet (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSo-nera, Ziff. 105 f.). Allerdings sind die Gründungs- und Investitionskosten des marktbeherrschenden Unternehmens auf dem von ihm beherrschten Vorproduktmarkt im Rahmen der Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere zu berücksichtigen (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 110).

407. Unerheblich ist ferner, ob es sich bei den Abnehmern des Vorprodukts um bestehende oder neue Kunden des vertikal integrierten Unternehmens handelt (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 92; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 360).

408. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen kommt einem vertikal integrierten Unternehmen daher die Verpflichtung zu, seine Preise für ein Vorprodukt auf dem vorgelagerten Markt und für ein Endprodukt auf dem nachgelagerten Markt in einer Weise auszugestalten, dass den Abnehmern des Vorprodukts als Wettbewerber auf dem nachgelagerten Markt eine ausreichende Marge verbleibt, welche die Möglichkeit zu einem kompetitiven Verhalten eröffnet.

409. Diese Anforderung kann auch beim Fehlen einer wettbewerbsrechtlichen Lieferverpflichtung nicht entsprechend der Argumentation im Fall linkLine mit einem Verweis auf die Vertragsfreiheit des marktbeherrschenden Unternehmens widerlegt werden. Denn selbstverständlich steht in derartigen Fällen auch einem marktbeherrschenden Unternehmen die Entscheidungsfreiheit zu, ob es zur Vermarktung eines Vorprodukts überhaupt bestimmte vertragliche Beziehungen zu Dritten eingehen will oder ob es das Vorprodukt durch die Verwendung in einer eigenen Wertschöpfungskette auch als Endprodukt selbst vermarktet. Bei einer Selbstvermarktung der Produkte übernimmt das Unternehmen die Vor- und Nachteile dieser Vertriebsform, wobei die wettbewerbsrechtlichen Komplikationen aus vertraglichen Beziehungen zu Dritten, die als Abnehmer des Vorprodukts auftreten, entfallen. Soweit sich ein marktbeherrschendes Unternehmen - aus welchen Gründen auch immer - gegen die Selbstvermarktung eines Vorprodukts entscheidet und Dritte vollständig in die weitere Wertschöpfungskette zur Vermarktung des Vorprodukts einbezieht, ergeben sich aufgrund dieser Entscheidung aber auch gewisse wettbewerbsrechtliche Verpflichtungen gegenüber den einbezogenen Dritten. Die am häufigsten relevanten Verpflichtungen, wie etwa eine diskriminierungs- und koppelungsfreie sowie sachlich angemessene Ausgestaltung der Geschäftsbedingungen, sind dabei durch den Gesetzgeber als Tatbestandsvarianten beispielhaft ausdrücklich statuiert worden. Diese Einschätzung gilt in gleicher Weise zum einen auch bei einem vertikal integrierten Unternehmen, wenn die Dritten nur teilweise einbezogen werden, weil das vertikal integrierte Unternehmen auch eine gewisse Selbstvermarktung des Produkts im Rahmen einer eigenen Wertschöpfungskette durchführt. Denn die grundsätzliche Beeinträchtigung des Marktgeschehens durch ein marktbeherrschendes Unternehmen, welche die sachliche Rechtfertigung für die Statuierung besonderer Missbrauchstatbestände bildet, ist umso mehr gegeben, wenn das marktbeherrschende Unternehmen gleichzeitig auch noch als Konkurrent auf einem nachgelagerten Markt auftritt. Zum anderen gilt diese Einschätzung nicht nur für die durch den Gesetzgeber beispielhaft statuierten Fallgruppen, sondern auch für die anderen Sachverhalte, die der Generalklausel unterstehen. Die Beschränkung der Vertragsfreiheit des marktbeherrschenden Unternehmens hinsichtlich einer Ausgestaltung der Produktpreise für das Vorprodukt und der hiervon abgeleiteten Endprodukte kann demzufolge nicht gegen die Anerkennung eines Missbrauchstatbestands der Kosten-Preis-Schere angeführt werden, weil die Vertragsfreiheit in gleicher Weise durch die anerkannten Missbrauchstatbestände der Diskriminierung,
der Ausbeutung und der Koppelung eingeschränkt wird. Ansonsten hätte die Begründung des linkLine-Urteils bei konsequenter Anwendung zur Folge, dass bei Fehlen einer Lieferverpflichtung das Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens überhaupt keinen Einschränkungen durch die Regeln über ein missbräuchliches Verhalten unterstehen würde. Dieses Ergebnis würde offensichtlich der wettbewerbsrechtlichen Zielsetzung widersprechen, auch und gerade im Einflussbereich von marktbeherrschenden Unternehmen einen ausreichend wirksamen Wettbewerb sicherzustellen (vgl. Botschaft KG 1995, 518, 547).

410. Der Einwand der Beschwerdeführerinnen, bei dem Instrument der Kosten-Preis-Schere handle es sich um ein Element der Wirtschaftsregulierung, ist sachlich nicht überzeugend. Ziel der wettbewerbsrechtlichen Prüfung ist nicht die abstrakte Feststellung eines angemessenen Preises für ein Vor- und/oder Endprodukt, sondern die Prüfung, ob angesichts eines konkret vorhandenen Preisverhältnisses zwischen zwei Preisen die Möglichkeit zu einem profitablen Wirtschaften besteht. Diese Prüfung muss auch nicht aus sachlichen Gründen zwingend von einer Regulierungsbehörde durchgeführt werden. Im Übrigen wurde jedenfalls für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen eine entsprechende Zuweisung des Gesetzgebers zur Wirtschaftsregulierung ausdrücklich abgelehnt. So hält die Botschaft zum revidierten Fernmeldegesetz gerade fest, dass die Massnahmen des Wettbewerbsrechts ausreichend sind und sich in den meisten Fällen bewährt haben. Aus diesem Grund sei ein mit beträchtlichen Kosten verbundenes System, aufgrund dessen ein Regulator in den Markt eingreifen könne, nicht erforderlich (Botschaft FMG 2007, 7963 Ziff. 1.2.3).

c) Wettbewerbswidrige Wirkungen einer Kosten-Preis-Schere

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

411. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass ausserhalb regulierter Bereiche eine Kosten-Preis-Schere nicht vorliegen könne und die Swisscom-Gruppe im vorliegenden Sachverhalt auch keine Veranlassung zur Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere gehabt habe.

412. Zunächst tragen die Beschwerdeführerinnen vor, dass sich eine Intervention gegen Kosten-Preis-Scheren in nicht regulierten Märkten anerkanntermassen nachteilig auswirke. Daher hätte die Vorinstanz prüfen müssen, ob eine Intervention angesichts der Erkenntnisse der ökonomischen Literatur und der Praxis in anderen Ländern überhaupt angezeigt gewesen sei, weil unbestimmte Rechtsbegriffe des KG, wie "missbräuchliche Verhaltensweisen" oder "Behinderungen von Konkurrenten", innerhalb des Schutzzwecks des Kartellgesetzes zur Gewährleistung des wirksamen Wettbewerbs auszulegen seien.

413. Des Weiteren behaupten die Beschwerdeführerinnen, dass die konkrete Marktkonstellation für sie keinerlei Anreiz geboten habe, eine Kosten-Preis-Schere zu praktizieren, weil dies letztlich mit dem Risiko verbunden gewesen wäre, Endkunden an Kabelnetzbetreiber zu verlieren. Auch dass die Gewinne fast ausschliesslich im Grosshandelsgeschäft angefallen seien, würde nichts Gegenteiliges belegen, weil die Beschwerdeführerinnen umso mehr an einer möglichst grossen Nachfrage nach dem Grosshandelsprodukt hätten interessiert sein müssen. Würden die anderen Internetdienstanbieter als Kunden des Grosshandelsprodukts BBCS nämlich aus dem Markt gedrängt, würden die Gewinne der Swisscom-Gruppe im Grosshandelsgeschäft geschmälert. Denn ein Teil der Endkunden der verdrängten BBCS-Kunden würde zu den Kabelnetzbetreibern abwandern, während vermutlich nur ein kleinerer Teil dieser Endkunden zur Swisscom-Gruppe wechseln würde. Zudem hätte nach dem unterstellten Konzept der Vorinstanz eine Verdrängung der Konkurrenten auf der Einzelhandelsstufe zwar eine Vergrösserung des Marktanteils von Bluewin zur Folge gehabt, wobei dies aber gleichzeitig mit einer Erhöhung der Verluste auf der Einzelhandelsstufe einhergegangen sei. Es sei daher ersichtlich, dass sich kein wirtschaftlicher Nutzen für die Swisscom-Gruppe aus der Durchführung einer Kosten-Preis-Schere ergeben habe.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

414. Die Vorinstanz weist in Bezug auf die volkswirtschaftliche Schädlichkeit von Kosten-Preis-Scheren darauf hin, dass sie wegen der Verringerung des Angebots für Endkunden und wegen der sich ergebenden Monopolrente zu Gunsten des marktbeherrschenden Unternehmens zu volkswirtschaftlichen Schäden führe. Dies bestätige auch die EU-Wettbewerbspraxis, welche bereits mehrfach Sanktionen basierend auf dem Tatbestand der Kosten-Preis-Schere ausgesprochen habe. Daher sei eine Intervention angezeigt.

415. Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt macht die Vorinstanz geltend, dass die Swisscom-Gruppe einen sehr grossen Anreiz zur Anwendung einer Kosten-Preis-Schere gehabt habe. Aufgrund des Verhältnisses zwischen Gross- und Einzelhandelspreisen habe ein strukturelles Defizit vorgelegen, weil die Internetdienstanbieter ihre laufenden Kosten nicht aus den laufenden Erträgen hätten begleichen können. Damit habe die Swisscom-Gruppe verhindert, dass ihre Konkurrenten in grösserem Masse Marktanteile gewinnen konnten. Da es sich die Internetdienstanbieter aus strategischer Sicht nicht leisten könnten, auf Angebote im xDSL-Bereich zu verzichten, seien diese gezwungen gewesen, ihre Internetangebote quer zu subventionieren, was wiederum dazu führe, dass die Preise in anderen Märkten ebenfalls tendenziell überhöht sein könnten. Deshalb profitierten die Beschwerdeführerinnen nicht nur bei einer Verdrängung ihrer Konkurrenten auf der Einzelhandelsstufe, sondern sie würden diese damit dazu bringen, das Preisniveau auch auf anderen Märkten hoch zu halten.

416. Selbst bei einem Ausscheiden eines Konkurrenten auf der Einzelhandelsstufe würde nicht einfach die entsprechende Menge an nachgefragten Breitbandprodukten sinken. Dies hätte vielmehr die Verlagerung der Kunden entweder zu Bluewin, einem anderen Internetdienstanbieter oder zu einem Kabelnetzbetreiber zur Folge. Da Letztere - wie die Beschwerdeführerinnen selbst behaupten und darlegen - keine vollwertigen Substitute gewesen seien, wären sie vom Endkunden nicht als gleichwertig erachtet worden. Aufgrund dieser Konstellation hätte die Swisscom-Gruppe aus zweierlei Hinsicht einen Anreiz gehabt, eine Kosten-Preis-Schere anzuwenden. Einerseits, um das Preisniveau auf dem Einzelhandelsmarkt durch die zu hohen Grosshandelspreise zu beeinflussen, und andererseits, um die Konkurrenten auf dem nachgelagerten Markt zu verdrängen, sollte Ersteres nicht möglich sein.

(3) Würdigung durch das Gericht

417. Die Strategie der Kosten-Preis-Schere basiert auf einer bestimmten Kombination von Vor- und Endproduktpreisen auf zwei unterschiedlichen, vertikal angeordneten Märkten, sodass die Konkurrenten auf dem Endproduktmarkt über keine ausreichende Spanne bzw. Marge mehr verfügen (vgl. O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 364, welche diesen Umstand als "key point" bezeichnen; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 359).

418. Die Umsetzung einer Preis-Kosten-Schere wird durch einen zweidimensionalen Missbrauchscharakter gekennzeichnet. Die vertikale Integration im Verbund mit der Marktbeherrschung auf dem Vorproduktmarkt ermöglicht es dem betreffenden Unternehmen, im vertikalen Verhältnis durch die Preisgestaltung für das Vorprodukt auf dessen Abnehmer Druck auszuüben. Gleichzeitig ermöglicht die vertikale Integration im Verbund mit der Verarbeitung des Vorprodukts und dem Tätigwerden auf dem Endproduktmarkt, durch die Preisgestaltung des Endprodukts im horizontalen Verhältnis Druck auf die Abnehmer als Konkurrenten auf dem Endproduktmarkt auszuüben. Aufgrund des Tätigwerdens eines marktbeherrschenden Unternehmens als vertikal integriertes Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette kommt diesem die Möglichkeit zu, einerseits Abnehmer für die Vermarktung des Vorprodukts einzuspannen, andererseits diese Abnehmer gleichzeitig als Konkurrenten auf dem Endproduktmarkt unter Wettbewerbsdruck zu setzen. Einem marktbeherrschenden Unternehmen wird durch diese Strategie ermöglicht, seine besondere Marktmacht nicht nur auf dem vorgelagerten Markt auszuüben, sondern darüber hinaus auch auf dem nachgelagerten Markt einzusetzen und auszudehnen. Durch eine entsprechende Gestaltung der Preise für Vor- und Endprodukt kann die Wirkung der Kosten-Preis-Schere auf die Erzielung einer Kartellrendite, die Beeinträchtigung oder sogar Verdrängung der Konkurrenten oder die Beeinträchtigung weiterer Märkte ausgerichtet sein (vgl. Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 354; O´Dono-ghue/Padilla, Art. 102, 368 f.; Petzold, KPS, 74 ff.).

419. Die volkswirtschaftliche Schädlichkeit der Kosten-Preis-Schere ergibt sich aus mehreren Aspekten. Die fehlende Marge in Bezug auf das Endprodukt führt dazu, dass die Konkurrenten auf dem nachgelagerten Markt über keine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit verfügen. Dadurch ist es ihnen nicht möglich, tatsächlich in Wettbewerb zum vertikal integrierten Unternehmen zu treten. Die Konkurrenten können daher nicht durch eigene Preissenkungen das vertikal integrierte Unternehmen so unter Druck setzen, dass es die Preise für das Vorprodukt senken muss, um selbst auf dem Endproduktmarkt wieder konkurrenzfähig zu sein und gleichzeitig profitabel zu bleiben. Darüber hinaus muss regelmässig eine Quersubventionierung des Endprodukts durch andere Produkte erfolgen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Endprodukt auf dem nachgelagerten Markt im Bündel mit anderen Produkten angeboten wird. Dadurch wird die Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten auf den benachbarten Märkten der Bündelprodukte beeinträchtigt. Insgesamt ermöglicht eine Kosten-Preis-Schere dem vertikal integrierten Unternehmen einerseits, auf dem Vorproduktmarkt eine Kartellrendite für das Vorprodukt zu erzielen, und andererseits die Konkurrenten auf dem Endproduktmarkt zu verdrängen. In jedem Fall wird das Angebot auf dem nachgelagerten Markt zu Lasten der Endkunden beeinträchtigt. Zudem kann dieser Effekt auch auf Märkte für weitere Produkte übertragen werden.

420. Die schädlichen Wirkungen einer Kosten-Preis-Schere treten insbesondere dann deutlich zu Tage, wenn sich Vor- und Endleistungsprodukt nur unwesentlich voneinander unterscheiden und den Abnehmern und Konkurrenten daher auch keine Möglichkeiten verbleiben, Effizienzgewinne im Rahmen der Wertschöpfungskette zu erzielen, die zur Herbeiführung eines Wettbewerbsdrucks auf das vertikal integrierte Unternehmen genutzt werden könnten.

421. Vorliegend ist das Grosshandelsprodukt BBCS mit dem Einzelhandelsprodukt xDSL technisch praktisch identisch, lediglich die Vermarktung unterscheidet sich nach Zielgruppe und Geschäftsbedingungen. Die anderen Internetdienstanbieter haben daher keine Möglichkeit, im Rahmen einer eigenständigen Verarbeitung des Vorprodukts BBCS Effizienzgewinne zu erzielen, um diese im Wettbewerb gegenüber der Swisscom-Gruppe einzusetzen. Vielmehr sind sie dazu gezwungen, die mangelnde Rentabilität des Einzelhandelsgeschäfts durch andere Geschäftsbereiche quer zu subventionieren. Für die grössten Internetdienstanbieter, die als Anbieter in allen Geschäftsbereichen an Telekommunikationsdienstleistungen auftreten, bedeutet dies, dass die Erträge aus diesen Geschäftsbereichen zur Finanzierung des Internetgeschäfts herangezogen werden müssen, wodurch auch ihre Wettbewerbsfähigkeit in diesen Märkten gegenüber der Swisscom-Gruppe beeinträchtigt wird. Die Chancengleichheit der Wettbewerber ist zum Schaden der Verbraucher demzufolge nicht gegeben, weshalb das System eines unverfälschten Wettbewerbs vereitelt wird (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 204).

422. Im Hinblick auf die Einwendung der Beschwerdeführerinnen, sie hätten keine Veranlassung zur Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere gehabt, ist festzuhalten, dass eine bestimmte Intention auf Seiten des Unternehmens weder ein objektives noch ein subjektives Tatbestandsmerkmal einer Kosten-Preis-Schere darstellt. Massgebend ist ausschliesslich die Ausgestaltung eines Missverhältnisses zwischen den Preisen des Gross- und Einzelhandelsgeschäfts. Das Vorliegen oder das Fehlen einer entsprechenden Veranlassung ist demzufolge völlig unerheblich.

423. Angesichts der von den Beschwerdeführerinnen eingereichten Stellungnahmen ist der Vollständigkeit halber dennoch darauf hinzuweisen, dass der vorliegende Sachverhalt eine beispielhafte Konstellation für die Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere darstellt. Das Verhalten der Swisscom-Gruppe muss dabei im Zusammenhang mit der technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Entwicklung des Breitbandmarkts beurteilt werden.

424. Aufgrund der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerinnen ergab sich in den Jahren 1999/2000 die nachfolgend beschriebene Ausgangslage für den Geschäftsbereich der (Breitband-)Internetdienstleis-tungen. Die Kabelnetzbetreiber hatten einen erheblichen sachlichen und wirtschaftlichen Vorteil, weil sie bereits mit entsprechenden Produkten auf dem Markt präsent waren. Demgegenüber musste die Swisscom-Gruppe diesen Geschäftsbereich erst vollständig neu entwickeln. Dabei bestand die Gefahr, durch ein weiteres Zuwarten mit dem Markteintritt die Chancen zu verschlechtern, diesen Vorsprung später aufholen zu können. Die Entwicklung des Geschäftsbereichs verlangte aber beachtliche Anfangsinvestitionen in Millionenhöhe für die Infrastruktur. Ungeachtet dessen war der Markterfolg von Breitbandinternet zum damaligen Zeitpunkt nicht absehbar, weshalb ein hohes Risiko verblieb, ob sich die notwendigen Investitionen auch lohnen würden.

425. Vor diesem Hintergrund war es wirtschaftlich von Bedeutung, die übrigen Fernmeldedienstanbieter ebenfalls für eine Mitwirkung beim Breitbandinternet gewinnen zu können. Denn die Erweiterung der Kundenbasis für DSL durch die potentiellen Kunden der anderen Internetdienstanbieter führte dazu, dass diese mittelbar ebenfalls an der Finanzierung der Infrastrukturmassnahmen beteiligt wurden, und dass dem Bereich des drahtgebundenen Breitbandinternets gegenüber den kabelgebundenen Breitbandinternetprodukten ein grösseres Gewicht verliehen wurde. Aus diesem Grunde wurde den übrigen Internetdienstanbietern auf freiwilliger vertraglicher Basis das Vorleistungsprodukt BBCS angeboten.

426. Für die anderen Internetdienstanbieter bestand keine andere Möglichkeit, Breitbandangebote zu entwickeln. Von Seiten der Kabelnetzbetreiber wurde kein Grosshandelsprodukt angeboten. Den Zugang zum Festnetz hatte die Swisscom-Gruppe für andere Anbieter von Telekommunikationsleistungen seit 1998 jeweils verweigert und diese Verweigerung in den Verfahren CommCare I und II, Sunrise I undII sowie Marktzugang schneller Bitstrom vor dem Bundesgericht und dem Bundesverwaltungsgericht nahezu ein Jahrzehnt verteidigt (vgl. SV E), bis im Rahmen des Verfahrens Marktzugang schneller Bitstrom im Jahr 2009 die rechtsverbindliche Feststellung der Marktbeherrschung und der Verpflichtung zur Zugangsgewährung getroffen worden war (vgl. SV K.e).

427. Allerdings war aufgrund der regulatorischen Aktivitäten zur Sicherstellung einer Interkonnektionsverpflichtung zu Lasten eines marktbeherrschenden Unternehmens im In- und Ausland auch für die Swisscom-Gruppe erkennbar, dass der Zeitraum für die monopolartige Vermarktung des Grosshandelsprodukts BBCS zeitlich beschränkt war. Dies wurde in der Botschaft zur Änderung des Fernmeldegesetzes im Jahr 2003 deutlich zum Ausdruck gebracht. Vom Bundesrat wurde ausdrücklich festgehalten, dass der mangelnde Wettbewerb "in erster Linie auf den fehlenden direkten Zugang der alternativen Anbieterinnen zu den Nutzerinnen und Nutzern zurückzuführen" sei. Solange die ehemalige Monopolistin bei Teilnehmeranschlüssen und Mietleitungen eine beherrschende Stellung einnehme, bleibe dieser Engpass bestehen. "Da die Hürden für den Markteinstieg relativ schwer zu überwinden sind, sind die alternativen Anbieterinnen weitgehend von den Diensten der ehemaligen Monopolistin abhängig, um ihre eigenen Dienste den Teilnehmerinnen und Teilnehmern anbieten zu können" (Botschaft FMG 2007, 7957 Ziff. 1.1.2.1). Es war daher offensichtlich, dass mit Inkrafttreten der gesetzlichen Regelungen in Bezug auf den Zugang zu den regulierten Produkten TAL und schneller Bitstrom für andere Internetdienstanbieter die Preisgestaltung für das freiwillige Breitbandprodukt BBCS an die regulierten Preise jener Produkte anzupassen war.

428. Die Beschwerdeführerinnen haben im Rahmen ihres Vorbringens selbst bestätigt, dass die Einführung der neuen regulierten Produkte TAL und schneller Bitstrom infolge der Änderung des Fernmeldegesetzes den Internetdienstanbietern ermöglicht habe, sich von der einseitigen Abhängigkeit vom freiwilligen Grosshandelsangebot BBCS der Swisscom-Gruppe zu befreien. Danach habe die technische und kommerzielle Ausgestaltung dieser Produkte ermöglicht, dass die anderen Internetdienstanbieter die Swisscom-Gruppe im Breitbandmarkt auf Einzelhandelsstufe stärker konkurrenzieren könnten. Swisscom habe diese neuen Angebote beim Grosshandelsprodukt BBCS berücksichtigen müssen. Die regulierten Produkte hätten demzufolge den tatsächlichen Verhaltensspielraum der Swisscom-Gruppe beeinflusst. Nach Einführung der regulierten Produkte sei für das Vorprodukt BBCS auch ein Rückgang zu verzeichnen gewesen.

429. Die Swisscom-Gruppe hatte demzufolge ein offensichtliches Interesse daran, die Grosshandelspreise für die BBCS-Produkte bis zum Zeitpunkt, in dem die Verpflichtung zur Bereitstellung eines regulierten Zugangs zu den Endkunden gegenüber den anderen Internetdienstanbietern endgültig rechtsverbindlich wurde, so hoch wie möglich zu halten. Diese Intention hat sie mehrere Jahre nach Einführung des Breitbandinternets auch dann noch beibehalten, als auf der Grosshandelsstufe die Anfangsinvestitionen ausgeglichen und darüber hinaus erhebliche Gewinne erzielt wurden, während andererseits auf der Einzelhandelsstufe immer noch erhebliche Verluste aufliefen.

430. Wie der vorliegende Sachverhalt belegt, besteht auch in einem nicht regulierten Bereich die Möglichkeit, dass ein Unternehmen die Strategie einer Kosten-Preis-Schere verfolgt. Die Beschwerdeführerinnen belegen auch nicht, dass eine anerkannte Ansicht die Möglichkeit des Auftretens einer Kosten-Preis-Schere für die vorliegende Sachverhaltskonstellation ausschliesst. Insofern kommt allgemein gehaltenen Aussagen zu den Auswirkungen einer Kosten-Preis-Schere nicht ein solches Gewicht zu, dass sie eine Beurteilung unter Ausserachtlassung der tatsächlich vorliegenden Konstellation rechtfertigen würden.

431. Im Übrigen räumen auch die Beschwerdeführerinnen ausdrücklich ein, dass ein Eingreifen der Wettbewerbsbehörden nachvollziehbar sei, wenn wie im Fall Deutsche Telekom der Grosshandelspreis über dem Einzelhandelspreis liege oder wie im Fall Wanadoo Interactive eine Verdrängungsstrategie nachgewiesen sei (EU-Kom, 16.7.2003, Comp/ 38.233, Wanadoo Interactive, zit. Wanadoo Interactive). Die Beschwerdeführerinnen bestätigen damit, dass unabhängig vom Regulierungscharakter der jeweiligen Branche Konstellationen auftreten können, bei denen ein Missbrauchstatbestand gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG und damit auch eine Kosten-Preis-Schere festzustellen ist. Demzufolge ergibt sich bereits aus dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ein sachlicher Widerspruch zu den von ihnen angeführten Theorien über die Unmöglichkeit eines Auftretens von Kosten-Preis-Scheren in nicht regulierten Branchen. Der entsprechende Einwand ist daher unbeachtlich.

432. Schliesslich ist auch die Argumentation der Beschwerdeführerinnen zum wirtschaftlichen Nutzen einer Verdrängung von Konkurrenten widersprüchlich. Wenn die Kabelnetzbetreiber im massgeblichen Zeitraum angesichts des von der Swisscom-Gruppe vertriebenen Breitbandangebots auf Einzelhandelsstufe keine vollwertigen Konkurrenten darstellten, wie dies von den Beschwerdeführerinnen mit Bezug auf die von Ihnen vertriebenen Produkte und insbesondere den gewährten Kundendienst behauptet wird, dann bestand angesichts der tatsächlichen Marktentwicklung auch keine Gefahr, dass ein grösserer Anteil an Kunden der anderen Internetdienstanbieter zu Kabelnetzbetreibern anstatt zur Swisscom-Gruppe abgewandert wäre.

d) Abgrenzung der Kosten-Preis-Schere

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

433. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Hinweis auf den neuen Entscheid linkLine im US-amerikanischen Recht zum einen geltend, dass ein eigenständiger Missbrauchstatbestand einer Kosten-Preis-Schere nicht anzuerkennen sei. Vielmehr sei die Kosten-Preis-Schere nur dann missbräuchlich, wenn entweder eine Lieferverweigerung oder eine Preisunterbietung vorliege.

434. Zum anderen wird von den Beschwerdeführerinnen vorgetragen, dass der in der vorinstanzlichen Verfügung als massgeblich qualifizierte Tatbestand der Diskriminierung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG nicht erfüllt worden und eine Sanktionierung daher ausgeschlossen sei. Der Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere enthalte keine Diskriminierung von Handelspartnern. Auch die Swisscom-Gruppe habe alle Handelspartner und die konzerninternen Einheiten immer gleich behandelt, weshalb keine Diskriminierung vorliegen könne. Da das zentrale Merkmal des objektiven Tatbestands fehle, könne der gesetzliche Tatbestand nicht verwirklicht worden sein. Der Vorwurf einer angeblich indirekten Diskriminierung sei schon deshalb unbeachtlich, weil in der vorinstanzlichen Verfügung nicht begründet werde, worin die Ungleichbehandlung zu sehen sei. Unter den von der Vorinstanz angeführten Verweisen zur Kosten-Preis-Schere werde ebenfalls kein Bezug zu einer Diskriminierung hergestellt. Vielmehr führe die Vorinstanz zur Begründung an, dass die anderen Internetdienst-anbieter aufgrund der tiefen Endkundenpreise keine ausreichende Marge hätten erzielen können. Der Vorwurf sei daher nicht auf eine Diskriminierung ausgerichtet, sondern auf das Nichtgewähren einer ausreichenden Marge.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

435. Die Vorinstanz subsumiert die unzulässige Verhaltensweise grundsätzlich unter eine Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG. Hierzu führt sie an, dass bei Kosten-Preis-Scheren die Diskriminierung indirekt erfolge, indem die Abnehmer zwar grundsätzlich zu gleichen Bedingungen die Vorprodukte beim marktbeherrschenden Unternehmen beziehen könnten, jedoch der Weiterverkauf an die Endkunden aufgrund der Endkundenpreise des vertikal integrierten Anbieters wegen zu knapper Margen nur mit Verlusten erfolgen könne. Dadurch ergebe sich eine Ungleichbehandlung, weil das marktbeherrschende Unternehmen die Verluste auf dem Endproduktmarkt durch die Gewinne auf dem Vorproduktmarkt ausgleichen könne. Allerdings bezeichnet die Vorinstanz das Verhalten im Dispositiv nicht als Diskriminierung, sondern als Missverhältnis zwischen Gross- und Einzelhandelspreisen der Swisscom-Gruppe. Zudem stützt sich die Vorinstanz im Rahmen ihrer rechtlichen Ausführungen ohne Weiteres auf die EU-Wettbewerbspraxis ab, ohne dabei auf die unterschiedlichen tatbestandlichen Grundlagen einzugehen. Im Laufe des Verfahrens hat die Vorinstanz unter Verweis auf neuere Ansichten in der Literatur darauf hingewiesen, dass durch verschiedene Arten von Kosten-Preis-Scheren auch die Beispielstatbestände des Art. 7 Abs. 2 lit. c und d KG erfüllt werden könnten. Schliesslich macht sie geltend, dass eine unterschiedliche Klassifizierung für die Sanktionierung des Verhaltens nicht von Bedeutung sei.

(3) Würdigung durch das Gericht

436. Der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere unterscheidet sich in Bezug auf den wettbewerbswidrigen Charakter von den übrigen potentiell einschlägigen Varianten eines missbräuchlichen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG in Form der Diskriminierung, Geschäftsverweigerung, Erzwingung oder Preisunterbietung, auch wenn teilweise gewisse inhaltliche Überschneidungen gegeben sind (vgl. Möschel/Fuchs, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 362). Grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal bildet der Umstand, dass bei einer Kosten-Preis-Schere eine zweidimensionale vertikale und horizontale Druckausübung von Seiten des marktbeherrschenden Unternehmens ausgeht (vgl. EU-Kom, Anwendungsmitteilung Telkom, Ziff. 118: "2-facher Preisdruck"; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 353, 359), während bei den anderen Fallgruppen jeweils nur eine eindimensionale horizontale oder vertikale Druckausübung stattfindet. Deshalb ist der Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere als eigenständige Fallgruppe der Generalklausel des Art. 7 Abs. 1 KG zuzuordnen.

437. Die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen bestimmte Dritte im Vergleich zu anderen ohne objektiven Grund benachteiligt. Im Fall der Kosten-Preis-Schere wird teilweise angenommen, es liege eine Diskriminierung vor, wenn Erträge aus einem (Monopol-)Bereich die Verluste eines nachgelagerten Dienstes abdecken, der ein strukturelles Defizit aufweist (vgl. Borer, KG, Art. 7 Rn 18), weil das marktbeherrschende Unternehmen die für den nachgelagerten Markt zuständige Unternehmenseinheit mittels Transferpreisgestaltung indirekt besser stelle als die Konkurrenten auf diesem Markt (vgl. de Bronett, in: Wiedemann [Hrsg.], Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 22 Rn. 70; Ostendorf Parick/Grün An-selm, Geltung des Konzernprivilegs im Rahmen des Missbrauchsverbots im Europäischen und Deutschen Kartellrecht, WuW 2010, 950, 956; im Ergebnis ebenso Reinert, SHK-KG, Art. 7 Rn. 17). Gegenüber einer Einstufung der Kosten-Preis-Schere als Diskriminierung wird demgegenüber eingewendet, dass es bei rein firmeninternen Vorgängen strukturell und bei gruppeninternen Vorgängen wegen des Konzernprivilegs - das auch im Rahmen eines Marktmissbrauchs zur Anwendung gelangen müsse - ausgeschlossen sei, die vertikal integrierte Unternehmenseinheit als Handelspartner im Sinne der Vorschrift zu behandeln und eine Ungleichbehandlung zu konstruieren (vgl. Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 82 Rn. 362; Merten, KPS, 89 f., 121 f.; ausführlich Petzold, KPS, 163 f.; ebenso allgemein Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 224; im Ergebnis lehnt auch Amstutz, Wirtschaftsregulierung, 160, eine Qualifizierung als Diskriminierung wegen der unterschiedlichen Ausrichtung gegenüber dem Tatbestand einer Preis-Kosten-Schere ab). Für die Abgrenzung einer Kosten-Preis-Schere gegenüber einer Diskriminierung kommt allerdings einem anderen Aspekt massgebliche Bedeutung zu. Dem Verhältnis zwischen dem internen Preis, der intern gegenüber der auf dem nachgelagerten Markt tätigen, vertikal integrierten Einheit des marktbeherrschenden Unternehmens im Rahmen der buchhalterischen Erfassung als Abgrenzungspreis innerhalb einer Firma oder als Transferpreis gruppenintern für das Vorprodukt angesetzt wird, und dem externen Preis, den das marktbeherrschende Unternehmen gegenüber den externen Abnehmern des Vorprodukts berechnet, kommt für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere keine Bedeutung zu. Sowohl der Abgrenzungspreis, der nur eine Position im Rahmen der internen Kostenrechnung darstellt, als auch der Transferpreis können als rein unternehmensinterne Daten grundsätzlich beliebig angesetzt werden, weshalb ihnen kein relevanter
Aussagewert zukommt. Soweit der Transferpreis dem externen Preis entspricht, ergibt sich im Aussenverhältnis formal auch gar keine Ungleichbehandlung. Aus diesem Grunde stellt der Nachweis einer Kosten-Preis-Schere gerade nicht auf den internen Preis des Unternehmens ab (vgl. E. 448, 449). Die Missbräuchlichkeit einer Kosten-Preis-Schere ergibt sich vielmehr aus einer unzureichenden Preisdifferenz zwischen dem externen Preis für das Vorprodukt auf dem Vorproduktmarkt und dem Preis des marktbeherrschenden Unternehmens für das Endprodukt auf dem Endproduktmarkt. Massgebend für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere ist demzufolge eine Preisberechnung aus zwei strukturell völlig unterschiedlichen Preisen, weil diese auf zwei verschiedenen Märkten zur Anwendung gelangen, und nicht ein Preisvergleich zwischen strukturell gleichen Preisen. Aus diesem Grunde kann ein Missverhältnis der Preisgestaltung für Vor- und Endprodukte auch dann gegeben sein, wenn eine formal unterschiedliche Preisfestsetzung gegenüber den Abnehmern des Vorprodukts - wie im vorliegenden Fall - gar nicht vorliegt.

438. Die Geschäftsverweigerung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. a KG als eine Form des Behinderungsmissbrauchs setzt unter anderem voraus, dass das jeweilige Produkt für die Ausübung der intendierten wirtschaftlichen Tätigkeit auf dem vor- oder nachgelagerten Markt unerlässlich ist, und die Lieferverweigerung durch die - zumindest nahezu vollständige - Verdrängung von Konkurrenten bzw. der Verhinderung des Eintritts von neuen Wettbewerbern eine Wettbwerbsbeseitigung auf dem nachgelagerten Markt zur Folge hat (vgl. Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 125 f.; Borer, KG, Art. 7 Rn. 10 f.; Weber/Volz, FHB-WBR, Ziff. 2.585, 2.592). Diese beiden Tatbestandselemente der Geschäftsverweigerung können auch im Fall einer Kosten-Preis-Schere gegeben sein, sie bilden jedoch keine zwingenden tatbestandlichen Voraussetzungen für deren Verwirklichung (vgl. Petzold, KPS, 175). So setzt eine Kosten-Preis-Schere - wie dargelegt - nicht voraus, dass das Vorprodukt unerlässlich ist, weshalb der Tatbestand auch dann erfüllt sein kann, wenn für die Abnehmer des Vorprodukts gewisse Ausweichmöglichkeiten bestehen (vgl. EuGH, EU:C: 2014:2062, Telefonica, Ziff. 75, 96, 118). Im Gegensatz zur Lieferverweigerung muss eine Kosten-Preis-Schere zudem nicht auf eine Verdrängung der Konkurrenten vom Markt ausgerichtet sein (vgl. E. 418). Daher besteht keine Deckungsgleichheit zwischen den beiden Fallgruppen in Bezug auf die jeweiligen Tatbestandsmerkmale (vgl. Petzold, KPS, 179 f.).

439. Die Erzwingung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. c KG besteht in einer gewissen Durchsetzung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen, womit sie als Ausbeutungsmissbrauch nicht auf eine Verdrängung von Konkurrenten, sondern auf eine Ausnutzung von Geschäftspartnern ausgerichtet ist. Die Unangemessenheit von Preisen ist dabei dann gegeben, wenn diese im Einzelfall als offensichtlich unbillig oder als unverhältnismässig zu qualifizieren sind (vgl. Botschaft KG 1995, 572 f.; Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 300; Borer, KG, Art. 7 Rn. 20; David/Jacobs, WBR, Rn. 731; Reinert, SHK-KG, Art. 7 Rn. 26; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.660 f.). Wie vorstehend dar-gelegt, stellt die Unangemessenheit des Preises sowohl für das Vorprodukt als auch das Endprodukt keine tatbestandliche Voraussetzung einer Kosten-Preis-Schere dar. Vielmehr bildet das unzureichende Preisverhältnis zwischen dem Preis für das Vorprodukt und dem Preis für das Endprodukt das massgebliche Kriterium für die Missbräuchlichkeit des Tatbestands. Die Durchführung einer Preishöhenkontrolle ist demzufolge auch kein sachgerechtes Prüfungsmittel zur Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere (vgl.O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 396; Klotz, PKS, 653; Petzold, KPS, 156 f.). Im Übrigen kann die Kosten-Preis-Schere im Gegensatz zu einer Erzwingung auch auf die Verdrängung von Konkurrenten ausgerichtet sein.

440. Die Preisunterbietung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. d KG als Form des Behinderungsmissbrauchs besteht grundsätzlich in der Strategie eines Unternehmens, mittels gezielter Tiefstpreise die Konkurrenzpreise zu unterbieten und dabei zumindest kurzfristige Verluste hinzunehmen, um die aktuellen Konkurrenten vom Markt zu verdrängen und/oder potenzielle Konkurrenten vom Markteintritt abzuhalten (vgl. Amstutz/Carron, Art. 7 Rn. 322; Borer, KG, Art. 7 Rn. 24; David/Jacobs, WBR, Rn. 731; Rei-nert, SHK-KG, Art. 7 Rn. 30; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.695). Als Tiefstpreise im Sinne der Preisunterbietung sind in jedem Fall solche Preise zu qualifizieren, die unter dem massgeblichen Kostenstandard liegen, wobei auf unterschiedliche Kostenstandards abgestellt werden kann (vgl. Amstutz/Carron, Art. 7 Rn. 377 f.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.707). Während dieser Umstand regelmässig in vergleichbarer Weise auch bei der Kosten-Preis-Schere Bedeutung erlangt - wobei sich im Grenzbereich einer Kostendeckung allerdings Unterschiede ergeben können (vgl. Petzold, KPS, 130 f.; zu Abweichungen in Bezug auf den möglichen Inhalt der Tiefpreise vgl. Klotz, PKS, 653; Lommler, KPS, 247. f.) -, bilden sonstige, als Voraussetzungen einer Preisunterbietung diskutierten Elemente, wie der Verdrängungsplan, der Ausgleich der angefallenen Verluste sowie die Preisanhebung über das bisherige Preisniveau (vgl. Amstutz/Carron, Art. 7 Rn. 380 f.; Borer, KG, Art. 7 Rn. 24; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.704 f.), keine notwendigen Elemente zur Erfüllung des Tatbestands einer Kosten-Preis-Schere (vgl. Fuchs/Mö-schel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 363; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 398). Umgekehrt weisen die bei einer Kosten-Preis-Schere notwendigen Anforderungen im vertikalen Verhältnis an das Vorprodukt keinerlei Bedeutung für eine Preisunterbietung auf, weil die Bezugsquellen der Vorprodukte für die Beurteilung einer Preisunterbietung unerheblich sind.

441. Die genannten Tatbestandsvarianten vermögen demzufolge den Tatbestand der Kosten-Preis-Schere nicht richtig oder zumindest nicht adäquat zu erfassen. Insbesondere besteht der kartellrechtliche Vorwurf nicht nur darin, dass die Preise des vertikal integrierten Unternehmens im vorgelagerten Markt zu hoch bzw. im nachgelagerten Markt zu tief seien. Vielmehr weist der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere einen eigenständigen Unwertgehalt auf, wonach den Wettbewerbern auf der nachgelagerten Ebene keine ausreichende Marge mehr verbleibt und sie dadurch zu einer Quersubventionierung gezwungen sind, wenn sie nicht vom Markt verdrängt werden wollen (vgl. Zöttl, Kosten-Preis-Schere, 446). Um diesen eigenständigen Unwertgehalt sachgerecht zu beurteilen, ist es demzufolge auch notwendig, eigenständige Prüfkriterien anzuwenden. Es ist deshalb gerechtfertigt und erforderlich, die Kosten-Preis-Schere als eigenständige Form eines missbräuchlichen Verhaltens durch ein marktbeherrschendes Unternehmen gemäss Art. 7 Abs. 1 KG zu qualifizieren. Dies entspricht auch der heutigen Einschätzung der EU-Wettbewerbs-praxis (vgl. EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 96; EuG, EU:T:2012: 172, Telefonica, Ziff. 178; EuGH, EU:C:2011:83, Telia-Sonera, Ziff. 30-31, 56; EuGH, EU:C:2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 155 ff.; EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 167). Aus diesem Grunde ist die neueste Rechtsprechung des US-amerikanischen Supreme Courts zum margin squeeze im FalllinkLine abzulehnen, weil diese den unterschiedlichen Charakter der einschlägigen Wettbewerbsbeschränkungen nicht beachtet.

442. Ungeachtet dessen, dass die Kosten-Preis-Schere als eigenständiger Missbrauchstatbestand zu qualifizieren ist, kann im Einzelfall bei entsprechendem Nachweis darüber hinaus auch eine der vorstehend genannten einschlägigen Tatbestandsvarianten des Art. 7 Abs. 2 KG gegeben sein, wenn deren jeweilige Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt werden (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 56; Eilmannsberger/ Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 554; Fuchs/Möschel, IM-WBR, Art. 102 Rn. 362; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 321).

443. Da die Kosten-Preis-Schere eine eigenständige Tatbestandsvariante des Art. 7 Abs. 1 KG darstellt, sind die Rügen der Beschwerdeführerinnen im Hinblick auf das Vorliegen einer Diskriminierung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG in formaler Hinsicht zwar berechtigt, in der Sache aber unerheblich. Denn die Qualifizierung ihres konkreten wirtschaftlichen Verhaltens als Kosten-Preis-Schere beruht auf den massgeblichen Prüfkriterien, die auch von der Vorinstanz ungeachtet der nicht zutreffenden rechtlichen Zuordnung zur Missbrauchsvariante der Diskriminierung in richtiger Weise angewendet wurden (vgl. E. 466 ff.).

e) Massgebliche Prüfungskriterien

444. Die Wettbewerbswidrigkeit einer Kosten-Preis-Schere ist anhand eines eigenständigen Prüfungsrasters mit spezifischen Prüfungskriterien zur Beurteilung der vertikalen und horizontalen Druckausübung zu beurteilen, weil es sich dabei um eine eigenständige Tatbestandsvariante des Art. 7 Abs. 1 KG handelt. Die Prüfkriterien der anderen Tatbestandsvarianten des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG finden demzufolge grundsätzlich keine Anwendung. Ungeachtet dessen hat die EU-Wettbewerbspraxis hinsichtlich einzelner Aspekte auch auf Prüfungskriterien zurückgegriffen, die bei der Überprüfung anderer Tatbestandsvarianten verwendet werden, soweit dies sachlich gerechtfertigt war.

(a) Überblick

445. Massgeblicher Ausgangspunkt und Rahmen der Prüfung einer Kosten-Preis-Schere bildet der wettbewerbsrechtliche Vorwurf, dass den Konkurrenten auf dem Endproduktmarkt keine ausreichende Preisspanne verbleibt, weil ein Missverhältnis zwischen den von einem marktbeherrschenden Unternehmen angesetzten Preisen für seine Vor- und Endprodukte besteht.

446. Zum Nachweis einer nicht ausreichenden Preisspanne sind getrennte Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf der Stufe Vorproduktmarkt und Endproduktmarkt zur Ermittlung der jeweiligen produktspezifischen Kosten durchzuführen. Angesichts der Ausgestaltung der Preise und der anfallenden Kosten für die jeweiligen Vor- und Endprodukte muss die Vergleichbarkeit der Preise im Rahmen einer Überprüfung gegebenenfalls erst hergestellt werden (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 35; Eilmannsberger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 548; Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 357; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 388; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Zudem sind insbesondere die nachfolgend aufgeführten Aspekte zum Gegenstand der Prüfung, zum Kostenstandard für die Ermittlung der massgeblichen Kosten sowie zum Inhalt der Rentabilitätsanalyse zu berücksichtigen. Massgebend für die Anwendung der jeweiligen wirtschaftlichen Konzepte sind die Umstände des Einzelfalls. Den Wettbewerbsbehörden kommt dabei angesichts der Vielzahl an bestehenden wirtschaftlichen Konzepten und dem Umstand, dass deren Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt im Detail eine spezifische Festlegung einzelner Positionen unter Berücksichtigung von technischen, wirtschaftlichen und sonstigen Annahmen und Abgrenzungen erfordert, ein erheblicher Ermessenspielraum bei der Auswahl und Konkretisierung der im Rahmen einer Überprüfung verwendeten Modelle und Standards zu (so auch EuG, 30.1.2007, T 340/03, France Telecom SA gg. EU-Kom, EU:T:2007:22, zit. Wanadoo Interactive, Ziff. 129, im Hinblick auf die Berechnung der Kostendeckung).

447. Den Gegenstand der Prüfung bildet eine interne Wirtschaftlichkeitsberechnung auf der Grundlage der Daten des vertikal integrierten Unternehmens (im Sinne eines "as efficient competitor test", "equally efficient competitor test" oder "Test unter Annahme eines gleich effizienten Wettbewerbers", nachfolgend: Eigenwirtschaftlichkeitstest) oder eine externe Wirtschaftlichkeitsrechnung auf der Grundlage der Daten von Wettbewerbern des vertikal integrierten Unternehmens (im Sinne eines "reasonably efficient competitor test" oder "Test unter Annahme eines theoretisch hinreichend effizienten Wettbewerbers", nachfolgend: Fremdwirtschaftlichkeitstest). Grundsätzlich wäre es wohl auch nicht ausgeschlossen, andere Prüfungsmethoden wie eine "Margenvergleichsanalyse" auf der Grundlage eines Retail-Minus-Kostenansatzes durchzuführen.

448. Bei einem Eigenwirtschaftlichkeitstest ist zu untersuchen, ob die Geschäftstätigkeit des vertikal integrierten Unternehmens auf dem Endproduktmarkt auf der Grundlage der Preise, die das Unternehmen auf dem Vorproduktmarkt von seinen Konkurrenten für das Vorprodukt verlangt, rentabel sein konnte oder nicht. In diese Wirtschaftlichkeitsberechnung sind allein die wirtschaftlichen Daten des marktbeherrschenden Unternehmens einzustellen (vgl. EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff 107; EU-Kom, Comp/38.784 Telefónica, Ziff. 311; EU-Kom, IV/30.178, Napier-Brown, Ziff. 66). Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Endproduktgeschäfts wird der Marktpreis des Vorprodukts im Sinne einer zumindest virtuellen Trennung des marktbeherrschenden Unternehmens der nachgelagerten, vertikal integrierten Unternehmenseinheit als Kostenposition für deren Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde gelegt. Massgebend sind also nicht die buchhalterisch dokumentierten, sondern die unter Zugrundelegung des Marktpreises tatsächlich anfallenden Kosten des unternehmensinternen Produkttransfers (vgl. EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 140).

449. Bei einem Fremdwirtschaftlichkeitstest ist zu untersuchen, ob die Differenz zwischen dem Preis, welcher ein hinreichend effizienter Wettbewerber im nachgelagerten Markt für das Vorprodukt bezahlt, und dem Preis, den er im nachgeordneten Markt berechnet, ausreicht, um im nachgeordneten Markt die Erzielung eines normalen Gewinns zu ermöglichen (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 311). Im Unterschied zum Eigenwirtschaftlichkeitstest wird hierbei auf die tatsächlichen Kosten eines Wettbewerbers abgestellt und dessen Marge im Endproduktgeschäft berechnet. Im Rahmen des Fremdwirtschaftlichkeitstests ist neben der eigentlichen Margenberechnung auch eine Abklärung vorzunehmen, unter welchen Umständen von einer hinreichenden Effizienz des Wettbewerbers ausgegangen werden kann.

450. Bei einer Margenvergleichsanalyse, welche den Anforderungen an einen ausreichenden Nachweis gegenüber dem marktbeherrschenden Unternehmen gerecht werden würde - andernfalls könnte der Test nur ergänzend herangezogen werden (vgl. O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 379) -, müsste der Eigenwirtschaftlichkeitstest mit dem Fremdwirtschaftlichkeitstest für mehrere Wettbewerber kombiniert werden, indem die Wirtschaftlichkeitsberechnung sowohl auf der Grundlage der eigenen Zahlen des marktbeherrschenden Unternehmens als auch der Daten der Konkurrenten durchgeführt wird. Sie erfordert demzufolge einen höheren Aufwand gegenüber den anderen beiden Wirtschaftlichkeitsberechnungen, ohne dass hierfür ein wesentlicher inhaltlicher Vorteil ersichtlich wäre. Dies dürfte wohl der Grund dafür sein, dass ihre Anwendung in der Praxis bislang nicht in Erwägung gezogen wurde.

451. Grundsätzlich ist der Nachweis eines Missverhältnisses auf der Grundlage eines Eigenwirtschaftlichkeitstests zu führen (vgl. EuGH, EU: C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 44; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 190 f., EuGH, EU:C:2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 202; Clerc, CR-Concurrrence, Art. 7 I Rn. 119;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 547;Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn 357;O´Donoghue/ Padilla, Art. 102, 380; Petzold, KPS, 110; Schröter/ Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Die bislang ergangenen Entscheide zum EU-Wettbewerbsrecht basieren inhaltlich auch auf dieser Nachweismethode (vgl. O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 376). Denn der Eigenwirtschaftlichkeitstest kann prinzipiell einfacher durchgeführt werden, weil er auf weniger Quervergleiche und Adäquanzüberlegungen zurückgreifen muss als die anderen Prüfmethoden. Dies gilt insbesondere auch aus der Sicht des vertikal integrierten Unternehmens; denn es kennt seine eigenen Kosten, weshalb es die Rechtmässigkeit seines Verhaltens auch ohne Weiteres überprüfen kann (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 44; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 190 f.). Auf die anderen Prüfmethoden ist nur dann abzustellen, wenn aufgrund der Umstände des Einzelfalls ein Eigenwirtschaftlichkeitstest nicht durchgeführt werden kann oder dieser aufgrund besonderer Wettbewerbsverhältnisse nicht hinreichend aussagekräftig ist. Dies soll nach der EU-Wettbewerbspraxis etwa dann der Fall sein, wenn (i) die Kostenstruktur des beherrschenden Unternehmens aus objektiven Gründen nicht klar erkennbar ist, oder (ii) die den Wettbewerbern erbrachte Leistung lediglich darin besteht, eine Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, deren Herstellungskosten sich bereits amortisiert haben, oder (iii) die besonderen Wettbewerbsbedingungen des Markts es erfordern (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 45; EuG, EU:T: 2012 172, Telefonica, Ziff. 193; EU-Kom, Anwendungsmitteilung Art. 102, Ziff. 80 Fn. 9;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 547; zur Kritik an den genannten Ausnahmegründen vgl. O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 379 f.). Derartige Gründe müssen von Seiten der Wettbewerbsbehörden im Einzelfall jedoch dargelegt werden und können nicht ohne Weiteres pauschal unterstellt werden. Soweit das vertikal integrierte Unternehmen und die Wettbewerber die gleiche Kostenstruktur aufweisen, führt ein Fremdwirtschaftlichkeitstest im Übrigen zum gleichen Ergebnis wie ein Eigenwirtschaftlichkeitstest.

452. Der Nachweis eines Missverhältnisses ist grundsätzlich erbracht, wenn aufgrund der jeweils im Einzelfall massgeblichen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung die Unangemessenheit der Preisgestaltung dargelegt wird (in diesem Sinne auch EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 189, wonach keine zusätzliche Margenuntersuchung bei alternativen Anbietern vorzunehmen ist). Eine kumulative Erfüllung mehrerer unterschiedlicher Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen ist daher regelmässig nicht erforderlich (a.A. Clerc/Këllezi, CR-Concurrence, Art. 7 II Rn. 142; O´Donoghue/ Padilla, Art. 102, 408 f., wonach der Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere nur gegeben sein soll, wenn sowohl ein Eigen- als auch ein Fremdwirtschaftlichkeitstest die nicht ausreichende Preisspanne bestätigen). Soweit besondere Umstände vorliegen, kann es aber erforderlich sein, den Nachweis aufgrund eines Eigen- und Fremdwirtschaftlichkeitstests zu führen.

453. Im Hinblick auf die Ermittlung der massgeblichen Kosten ist die Annahme zu Grunde zu legen, dass ein rationales, profitmaximierendes Unternehmen seine Preise so gestalten muss, dass die anfallenden Kosten nicht unterschritten werden. Welche Kosten in welchem Umfang tatsächlich anfallen und demzufolge als massgeblich zu betrachten sind, ist aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzuklären. Hierzu werden in Praxis und Literatur unterschiedliche Kostenstandards propagiert (zu möglichen Varianten von Kostenstandards vgl. EU-Kom, Anwendungsmitteilung Art. 102, Ziff. 26 Fn. 2; Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 356 f.; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 383; Petzold, KPS, 122 f.; für den Bereich von Netzwerkindustrien vgl. Vogelsang Ingo, Abrechnungssysteme und Zusammenschaltungsregime aus ökonomischer Sicht, Gutachten im Auftrag der deutschen Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen, 2006, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.bundesnetzagentur.de/Shareddocs/Downloads/ EN/BNetzA/Areas/Telecommunications/TelecomRegulation/IPinterconnection/GutachtenVogelsangId6202pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=2, Ziff. 2.3.1). Aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ergeben sich bei Anwendung aller Kostenstandards jeweils gewisse Vor- und Nachteile (vgl. Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 358). Daher bedarf es im Einzelfall einer Festlegung des angemessenen Kostenstandards und dessen sachgerechter inhaltlicher Anpassung an die konkreten Umstände (vgl. O´Do-noghue/Padilla, Art. 102, 390; zur Ansetzung von gewichteten Preisen vgl. EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 206;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 548; Schröter/Bartl, SJKM-WBR, Art. 102 Rn. 309). Im Vordergrund der bisherigen EU-Wett be-werbspraxis zur Kosten-Preis-Schere steht der Kostenstandard der langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten (engl. LRAIC, Long Run Average Incremental Cost), die einem Unternehmen dadurch entstehen, dass es auch auf dem nachgelagerten Markt tätig ist (vgl. EU-Kom, Anwendungsmitteilung Art. 102, Ziff. 80). Danach ergeben sich die langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten aus der Differenz zwischen den Kosten, die einem Unternehmen durch die Herstellung aller Produkte entstehen und denjenigen Kosten, die anfallen, wenn das untersuchte Produkt ausgeklammert wird, während für die übrigen Produkte von einem konstanten Wert ausgegangen wird (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefónica, Rn. 314). Allerdings müssen auch im Rahmen der langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten unter Umständen Anpassungen vorgenommen werden - wie etwa zur angemessenen Berücksichtigung von Grössen- und Verbundvorteilen (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 316 Fn. 290, Ziff. 314).
Unabhängig von dem konkret gewählten Kostenstandard ist sicherzustellen, dass im Einzelfall sämtliche spezifischen Kosten, die mit der Herstellung oder dem Bezug und dem Absatz eines Produkts einschliesslich allfälliger darauf entfallender allgemeinen Kosten verbunden sind, in der Wirtschaftlichkeitsberechnung für den jeweiligen Geschäftsbereich sachgerecht berücksichtigt werden (vgl. EuG, EU:T:2012: 172, Telefonica, Ziff. 238; Amstutz/Carron, BSK-KG, Art. 7 Rn. 358).

454. Für die eigentliche Rentabilitätsanalyse können prinzipiell zwei Methoden herangezogen werden, die jeweils auf unterschiedliche Zeiträume bezogen sind: Einerseits der betriebswirtschaftlich übliche historische Ansatz (auch Period by Period-Ansatz) und andererseits die für die Unternehmensbewertung entwickelte Ertragswertmethode (auch Discounted Cash Flow- oder DCF-Methode).

455. Beim historischen Ansatz erfolgt die Rentabilitätsanalyse unter Betrachtung getrennter Zeiträume, indem die festgestellten Erträge und Kosten innerhalb bestimmter abgegrenzter Zeitspannen - regelmässig innerhalb eines Kalender- oder eines Rechnungsjahres - miteinander verglichen werden. Dieser Ansatz erfordert prinzipiell, dass die Kostendeckung jeweils für jeden betrachteten Zeitraum gegeben ist. Kosten werden dabei grundsätzlich dem jeweiligen Zeitraum, in dem sie angefallen sind, zugerechnet, soweit sie nicht abschreibungsfähig sind und über mehrere Zeiträume anteilig - regelmässig linear - verbucht werden können. Grundsätzlich findet für eine Rentabilitätsanalyse im Rahmen der Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere der historische Ansatz Anwendung. Dadurch wird prinzipiell sichergestellt, dass allfällige Verluste im jeweils zu untersuchenden Geschäftsbereich aufgedeckt werden. Dies entspricht der EU-Wettbewerbspraxis zu Kosten-Preis-Scheren und Preismissbräuchen mit Verdrängungswirkung (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 213; EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 325 ff.; EuGH, 14.11.1996, C-333/94 P, Tetra Pak International SA gg. EU-Kom, EU:C:1996:436, Ziff. 41 f.; EuGH, 3.7.1991, C-62/86; Akzo Chemie gg. EU-Kom, EU:C:1991: 286, Ziff. 71 f.; EuG, EU:T:2007:22, Ziff. 129 f.; EU-Kom, Comp/38.233, Wandoo Interactive, Ziff. 90 f.).

456. Demgegenüber erfolgt die Rentabilitätsanalyse bei der Ertragswertmethode über einen bestimmten, regelmässig mehrjährigen Zeitraum hinweg anhand des Kapitalwerts für den untersuchten Geschäftsbereich, ohne festzulegen, ob und wie die Kosten in den einzelnen Jahren gedeckt werden. Der Kapitalwert ergibt sich dabei als Saldo aus den abgezinsten Erträgen und Kosten für den Betrachtungszeitraum. Die Ertragswertmethode ermöglicht dadurch eine Berücksichtigung sowohl kurzfristiger Verluste als auch des Aspekts, dass diese Verluste in dem angesetzten Zeitraum wieder kompensiert werden können. Ein positiver Kapitalwert bestätigt, dass die betreffende Geschäftstätigkeit über den jeweils angesetzten Zeitraum rentabel betrieben werden könnte, während bei einem negativen Kapitalwert von einem defizitären Geschäftsbetrieb auszugehen wäre. Für eine Rentabilitätsanalyse im Rahmen einer Kosten-Preis-Schere weist die Ertragswertmethode allerdings einige erhebliche strukturelle Mängel auf (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 213, 218; EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 332 f. unter Verweis auf eine Bestätigung durch nationale Regulierungsbehörden; vgl. auch EU-Kom, Comp/38.233, Wanadoo Interactive, Ziff. 90, 92, für Preismissbräuche mit Verdrängungsabsicht; O´Donoghue/Padilla, Art. 102, 386). Zunächst besteht die Gefahr, dass das Testergebnis auf unangemessenen eigenen Prognosen des Unternehmens beruht - z.B. wenn das Unternehmen für die Zukunft zu hohe Gewinne prognostiziert, wie dies angesichts der unzureichenden Business-Pläne der Swisscom-Gruppe auch vorliegend der Fall gewesen war -, weil dies nur zu einem vermeintlich positiven Ergebnis führen würde. Des Weiteren ermöglicht die Ertragswertmethode gerade die Verrechnung anfänglicher Verluste mit späteren Gewinnen, die auf das jeweilige wettbewerbswidrige Verhalten zurückzuführen sind, wovon im vorliegenden Fall ebenfalls auszugehen ist. Zudem verschleiert die Anwendung der Ertragswertmethode die Möglichkeit eines marktbeherrschenden Unternehmens, anfänglich hohe Verluste zu verbuchen und später auszugleichen, während die wirtschaftlich schwächeren Wettbewerber derartige Verluste über mehrere Jahre gerade nicht ausgleichen können, wie dies vorliegend auch der Fall gewesen ist. Insgesamt bleibt daher festzuhalten, dass durch die Anwendung der Ertragswertmethode ein wettbewerbswidriges Verhalten kaschiert werden kann. Ihre Anwendung als Rentabilitätsanalyse im Rahmen der Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere ist daher grundsätzlich ausgeschlossen. Dies entspricht der EU-Wettbewerbspraxis (vgl. die Nachweise unter E. 455). Eine Anwendung ist daher nur dann angezeigt, wenn eine Rentabilitätsanalyse aufgrund des historischen Ansatzes nicht oder nicht
sachgerecht durchgeführt werden kann und geeignete Sicherungen vorgesehen werden, um die strukturellen Mängel der Ertragswertanalyse auszuschliessen. Voraussetzung ist hierbei, dass die Profitabilität des Geschäftsbereichs auch von tatsächlich eintretenden Kostensenkungen in der Zukunft abhängt (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 343). Zudem ist eine sachgerechte zeitliche Begrenzung des Betrachtungszeitraums vorzusehen (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 351 f.; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 220). Für den Bereich von dynamischen Wachstumsmärkten in Netzwerkindustrien wurde von Seiten der EU-Wettbewerbs-praxis mittlerweile eine ergänzende Anwendung der Ertragswertanalyse unter Berücksichtigung der notwendigen Voraussetzungen und bestimmten Annahmen vorgesehen, um auszuschliessen, dass der historische Ansatz aufgrund der linearen Abschreibung von anfänglich hohen Investitionskosten zu einer Verzerrung bei der Rechnungslegung führt (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 349 f.; bestätigt durch EuG, EU:T: 2012:172, Telefonica, Ziff. 212 f.; EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 112). Dabei wurde der massgebliche Betrachtungszeitraum allerdings auf ein Zeitfenster von maximal fünf Jahren festgelegt (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 355 f.; bestätigt durch EuG, EU:T:2012: 172, Telefonica, Ziff. 213, 218).

457. Der Nachweis einer Kosten-Preis-Schere ist grundsätzlich in folgenden Fällen erbracht: Soweit eine negative Preisdifferenz vorliegt und bereits der vom vertikal integrierten Unternehmen für das Vorprodukt angesetzte Preis den von der integrierten Einheit angesetzte Verkaufspreis für das Endprodukt im nachgelagerten Markt übersteigt, liegt ein missbräuchliches Verhalten vor, ohne dass es einer genauen Ermittlung der Kosten für das Endprodukt auf dem nachgelagerten Markt bedarf, weil ein Wettbewerber im nachgelagerten Markt von vornherein nicht wettbewerbsfähig sein kann (vgl. Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn 357). Bei einer positiven Preisdifferenz ist eine Kosten-Preis-Schere jedenfalls dann gegeben, wenn die Summe aus dem Preis für das Vorprodukt und den produktspezifischen Kosten für das Endprodukt im nachgelagerten Markt gleich hoch oder höher ist als der Verkaufspreis für das Endprodukt (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefónica, Ziff. 322; Fuchs/Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn 357), weil auch in diesen Fällen zweifelsfrei keine ausreichende Marge zu Gunsten der Wettbewerber besteht. Soweit die jeweils erzielte Marge auch einen gewissen Gewinn umfasst (vgl. Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Rn. 353; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 2.652; die jeweils auf eine Gewinnspanne oder eine Gewinnmarge abstellen) hängt es von den konkreten Umständen des Einzelfalls (z.B. Höhe, Verhältnis zum Umsatz, Regelmässigkeit etc.) ab, ob das Preisverhältnis dennoch als missbräuchlich zu qualifizieren ist.

3) Nachweis

a) Fernmelderechtlicher Tatbestandsausschluss

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

458. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Heranziehung des Urteils des Bundesgerichts in Sachen Office Connex geltend, dass die Verwirklichung einer Kosten-Preis-Schere von vornherein ausgeschlossen gewesen sei, weil aufgrund des bis zum 1. April 2007 geltenden Fernmeldegesetzes auf Seiten der Swisscom-Gruppe keine Angebotspflicht für das Breitbandprodukt BBCS bestanden habe.

459. Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen hat das Bundesgericht im Office Connex-Urteil festgestellt, dass von Seiten der Swisscom-Gruppe keine Verpflichtung bestanden habe, den schnellen Bitstrom gegenüber Mitbewerbern anzubieten, weil hierzu im Fernmeldegesetz keine gesetzliche Verpflichtung statuiert gewesen sei. Diese Verpflichtung sei erst durch eine Änderung in das Fernmeldegesetz aufgenommen worden und auf den 1. April 2007 in Kraft getreten. Beim Breitbandprodukt BBCS handle es sich wie beim Produkt Office Connect um eine Anwendungsform des schnellen Bitstroms. Stelle mangels einer Angebotspflicht im Fernmelderecht für bestimmte Produkte die Angebotsverweigerung als stärkste Form der Diskriminierung keinen Verstoss gegen Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG dar, könnten freiwillige Angebote wie das Breitbandprodukt BBCS ebenfalls keinen Kartellrechtsverstoss begründen. Demnach könne "ohne Angebotspflicht - so der klare Entscheid des Bundesgerichts - [...] auch kein Missbrauchstatbestand von Art. 7
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KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG [...] vorliegen". Da das neue Fernmeldegesetz im relevanten Zeitraum noch nicht in Kraft getreten sei, habe für Swisscom keine Angebotspflicht bestanden. Sei in einer solchen Situation nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung eine direkte Diskriminierung nicht unzulässig, müsse dies umso mehr für die den Beschwerdeführerinnen vorgeworfene indirekte Diskriminierung gelten.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

460. Die Vorinstanz führt demgegenüber im Wesentlichen aus, dass die Ansicht der Beschwerdeführerinnen zur Folge hätte, dass Angebote über Fernmeldedienste, die nicht durch das Fernmeldegesetz reguliert würden, von einer kartellrechtlichen Überprüfung vollständig ausgeschlossen wären. Dies würde die Anwendbarkeit von Art. 7
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2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG in absurder Weise einschränken, weil dies unterstellen würde, dass der Gesetzgeber durch die Privatisierung ein Monopol für die Swisscom-Gruppe geschaffen habe, welches von dieser nach Belieben ausgebeutet und missbraucht werden könnte. Ansonsten stützt sich die Vorinstanz auf die im Rahmen der Würdigung durch das Gericht dargelegten Gründe.

(3) Würdigung durch das Gericht

461. Grundsätzlich erfasst Art. 7
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KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG nur dasjenige wirtschaftliche Verhalten, das von einem Unternehmen auch in eigener Verantwortung beeinflusst werden kann. Soweit einzelne Rechtsvorschriften - insbesondere in regulierten Bereichen - ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten vorgeben, ist dessen rechtliche Beurteilung davon abhängig, ob dem Unternehmen ein gewisser Handlungsfreiraum verbleibt, aus dem sich die Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens ergeben kann. Soweit die Rechtsvorschriften dem Unternehmen einen Handlungsspielraum für selbständige Verhaltensweisen einräumen, wodurch die Möglichkeit von Wettbewerb verhindert, eingeschränkt oder verfälscht werden kann, findet Art. 7
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2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG Anwendung. Geben die jeweiligen Rechtsvorschriften hingegen ein bestimmtes Verhalten zwingend vor oder bilden sie zumindest einen solchen rechtlichen Rahmen, der jede Möglichkeit für ein gewisses selbständiges Verhalten ausschliesst, ist Art. 7
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1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG nicht anwendbar. Denn die Ursache der Wettbewerbsbeschränkung beruht in diesen Fällen nicht auf einem selbständigen Verhalten des Unternehmens (vgl. EuGH, EU:C: 2011:83, TeliaSonera, Ziff. 49; EuGH, 11.11.1997, C-359/95 P und C-379/ 95 P, EU-Kom gg. Ladbroke Racing, EU:C:1997:531, Ziff. 33; in diesem Sinne auch die EU-Kom, Deutsche Telekom, Ziff. 163, wonach zwar ein Freiraum zur Vermeidung der Kosten-Preis-Schere vorhanden gewesen sein müsse, aber selbst bei regulierten Produkten bereits die Möglichkeit zur Beantragung von Preiserhöhungen als entsprechender Handlungsspielraum zu qualifizieren sei; EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 105; EuGH, EU:C:2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 80 f.; Eilmanns-berger/Bien, MüK-EuWBR, Art. 102 Rn. 553).

462. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass die Belieferung von Konkurrenten mit dem Grosshandelsprodukt BBCS durch die Swisscom-Gruppe auf freiwilliger Basis erfolgte und gerade keiner Regulierung durch das Fernmeldegesetz unterstand. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist auch keine Lieferverweigerung, sondern vielmehr eine unangemessene Preisgestaltung bei einer tatsächlich durchgeführten Belieferung. Die Frage eines tatsächlich bestehenden Handlungsspielraums der Swisscom-Gruppe im Bereich eines regulierten Produktbereichs stellt sich demnach von vornherein nicht.

463. Die Erbringung von Breitbanddienstleistungen, die nicht durch das Interkonnektionsregime des Fernmeldegesetzes reguliert werden, untersteht auch nicht dessen Anwendungsbereich. Daher kann das Fernmeldegesetz auch keine zwingenden Auswirkungen auf die wettbewerbsrechtliche Beurteilung derartiger Dienstleistungen nach sich ziehen. Vielmehr untersteht diese Leistungserbringung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen in jedem Fall einer kartellgesetzlichen Beurteilung (vgl. E. 38). Die Beschwerdeführerinnen tragen auch keinerlei Aspekte vor, warum bei der tatsächlichen Erbringung eines nicht regulierten Produkts im Hinblick auf kartellrechtlich relevante Verhaltensweisen, wie etwa ein Preismissbrauch oder eine Koppelung, eine kartellrechtliche Überprüfung ausgeschlossen sein sollte. Es sind daher von vornherein keinerlei Gründe ersichtlich, woraus sich eine Ausschlusswirkung des Fernmeldegesetzes gegenüber einer kartellgesetzlichen Beurteilung ergeben könnte.

464. Aus dem Office Connect-Urteil des Bundesgerichts kann keine andere Einschätzung abgeleitet werden. Das Urteil stellt zum einen ausschliesslich fest, dass die Verweigerung einer Belieferung von Dritten mit dem Grosshandelsprodukt angesichts der fehlenden Angebotspflicht im Fernmeldegesetz keinen kartellrechtlichen Verstoss darstellen könne. Zum anderen hält das Bundesgericht unter Verweis auf die bestehende Rechtsprechung zur Parallelität von Kartellgesetz und Fernmeldegesetz ausdrücklich fest, dass sich auch im Bereich von regulierten Produkten aus anderen Gründen eine kartellrechtliche Massnahme rechtfertigen könne (BGer, 4C.404/2006, Office Connex, E. 3.2; im Ergebnis ebenso in diesem Sinne EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 128, 133; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 128, 133). Das Bundesgericht hat demzufolge auch mit diesem Urteil klargestellt, dass das Kartellgesetz nach dessen eigenen Kriterien neben dem Fernmeldegesetz zur Anwendung gelangt. Die Beschwerdeführerinnen unterstellen daher mit ihrer Behauptung, ohne Angebotspflicht könne nach Ansicht des Bundesgerichts keinerlei Missbrauchstatbestand gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG vorliegen, dem Urteil einen angeblichen Inhalt, der diesem offensichtlich nicht zukommt.

465. Die von den Beschwerdeführerinnen vorgenommene Herleitung einer Ausschlusswirkung des Fernmeldegesetzes gegenüber dem Kartellgesetz bei nicht regulierten Produkten ist demzufolge lediglich konstruiert und entbehrt jeglicher rechtstheoretischen Grundlage. Der von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Ausschluss des Tatbestands einer Kosten-Preis-Schere ist demzufolge sachlich unbegründet und unbeachtlich.

b) Überprüfung

466. Vorliegend ist umstritten, welche Prüfkriterien nach Methode und Inhalt zur Anwendung gelangen können bzw. müssen. Die Vorinstanz hat die Wettbewerbswidrigkeit anhand von drei sog. Tests überprüft, wobei grundsätzlich Test 1 als massgeblich qualifiziert wurde und die Tests 2 und 3 zusätzlich vorgenommen wurden, um die inhaltliche Richtigkeit von Test 1 zu bestätigen.

467. Test 1 entspricht dem Eigenwirtschaftlichkeitstest und bestand aus der wirtschaftlichen Betrachtung des Einzelhandelsgeschäfts von Bluewin in den Jahren 2000 bis 2007, wobei auf eine Jahresbetrachtung aufgrund einer Ermittlung des jährlichen Ergebnisses anhand einer gesonderten Wirtschaftlichkeitsberechnung abgestellt wurde. Test 2 entspricht einem Fremdwirtschaftlichkeitstest; er bestand aus der wirtschaftlichen Betrachtung des Einzelhandelsgeschäfts mit Breitbandprodukten der drei grössten Konkurrenten in den Jahren 2006 und 2007, die sich auf deren Angaben zu durchschnittlichen Einnahmen und Ausgaben pro Benutzer des gesamten xDSL-Geschäfts abstützt. Test 3 entspricht einer Margenvergleichsanalyse und bestand aus einem Retail-Minus-Ansatz, bei dem für das meistverkaufte Breitbandprodukt 3500/300 die sich ergebende Differenz zwischen Grosshandels- und Einzelhandelspreis ermittelt und mit der Summe der sich typischerweise ergebenden sonstigen Kostenelementen wie Marketing und Vertrieb, Kundenservice, Rechnungswesen, Produktentwicklung und -management, Informationstechnologie, Infrastrukturkosten sowie weiteren anfallenden Kosten verglichen wurde. Als Referenz für den Retail-Minus-Betrachtung diente ein Gutachten des Bundesamts für Kommunikation vom 2. November 2007, welches im Rahmen eines Amtshilfegesuchs erstellt worden war. Das Bundesamt für Kommunikation hatte dabei als sektorspezifische Fachbehörde im Telekommunikationsbereich ermittelt, welche Differenz zwischen Gross- und Einzelhandelspreisen für Breitbanddienste in anderen europäischen Ländern als angemessen und zulässig angesehen werden. Dabei ergaben sich folgende Feststellungen: (i) monatlicher Einzelhandelspreis: netto 45.54 CHF; (ii) monatlicher Grosshandelspreis: netto 36.68 CHF; (iii) Differenz: 8.86 CHF, die einer Arbeitsmarge von 19,46% entsprechen; (iv) referenzierte angemessene Arbeitsmarge 23% bis 30%.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

468. Die Beschwerdeführerinnen machen eine Vielzahl von Einwendungen gegenüber der grundsätzlichen Methodik und einzelnen inhaltlichen Aspekten der von der Vorinstanz durchgeführten Wirtschaftlichkeitsprüfung geltend.

469. Die Beschwerdeführerinnen wenden grundsätzlich ein, dass nach der EU-Wettbewerbspraxis Test 1 eindeutig Priorität aufweise und nicht von einer parallelen oder gar vorrangigen Anwendung von Test 2 auszugehen sei, und dass Test 3 gar keine Bedeutung zukomme.

470. Gegenüber Test 1 bringen die Beschwerdeführerinnen vor, dass die von der Vorinstanz vorgenommene historische Betrachtung, die jeweils nur die Ergebnisse aus einzelnen Jahren einbeziehe, in Bezug auf die Feststellung einer Kosten-Preis-Schere zu falschen Schlüssen führe, weil sie ausser Acht lasse, dass einmalige Kosten anfallen könnten, welche nicht im Jahr der "Verbuchung" abgeschrieben werden könnten. Insbesondere in Wachstumsmärkten, bei denen hohe Anfangsinvestitionen anfallen würden, die mit künftigen Erträgen gedeckt werden müssten, sei daher entsprechend dem Vorgehen der EU-Kommission im Fall Telefonica die Kapitalwertmethode anzuwenden. Dabei würden entgegen dem üblichen Vorgehen bei Investitionsrechnungen nur die Kosten der nicht abgeschriebenen Vermögenswerte (physische Werte und Akquisitionskosten), nicht aber die erwarteten zukünftigen Gewinne mit bestehenden Kunden in den Endwert eingerechnet, um mögliche Vorbehalte gegenüber einer Anwendung der Kapitalwertmethode für wettbewerbsrechtliche Zwecke zu entkräften. Damit liesse sich verhindern, dass aufgrund der Betrachtung einzelner, getrennter Zeiträume fälschlicherweise eine Kosten-Preis-Schere in einer unausgereiften, frühen Marktphase festgestellt werde. Aufgrund einer entsprechenden Berechnung machen die Beschwerdeführerinnen geltend, dass der Kapitalwert des Einzelhandelsgeschäfts positiv zu bewerten sei und bei einer Abschreibungsdauer von 4, 6 oder 10 Jahren zwischen {...} Mio. und {.....} Mio. CHF betragen habe. Dass die Vorinstanz auf die Anwendung dieser für Wachstumsmärkte geeigneten Methode verzichtet habe, stelle einen Verstoss gegen den Untersuchungsgrundsatz dar, weil auch entlastende Umstände zu ermitteln seien. Im Übrigen sei bei Berücksichtigung der notwendigen Abschreibung der Akquisitionskosten im Jahr 2004 ein Gewinn von annähernd {...} Mio. CHF erzielt worden, weshalb die Tatbestandsverwirklichung einer Kosten-Preis-Schere ausgeschlossen sei.

471. Im Hinblick auf Test 2 bestätigen die Beschwerdeführerinnen im Laufe des Beschwerdeverfahrens einerseits, dass es methodisch zulässig sei, der Prüfung die Kosten eines effizienten Anbieters zu Grunde zu legen; andererseits machen sie hierzu aber geltend, dass im Gegensatz zu regulierten bei nicht regulierten Geschäftsbereichen von einem marktbeherrschenden Unternehmen nicht verlangt werden könne, bei seiner Preisgestaltung neben den eigenen Kosten auch noch die Kostenstruktur seiner Mitbewerber zu berücksichtigen, weil es diese weder kennen noch erheben könne. Vorliegend käme Test 2 allerdings in jedem Fall keine Aussagekraft zu, weil die Vorinstanz in keiner Weise darlege und nachweise, warum es sich bei den herangezogenen Mitbewerbern um effiziente Anbieter handeln soll. Da es sich bei den entsprechenden Daten der Mitbewerber um deren Geschäftsgeheimnisse handle, hätten die Beschwerdeführerinnen auch keine Möglichkeit, diese Daten auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, weshalb sie von vornherein nicht verwendet werden könnten.

472. Gegenüber Test 3 wird in grundsätzlicher Weise eingewendet, dass den Beschwerdeführerinnen keine Fälle bekannt seien, in denen Wettbewerbsbehörden auf die Retail-Minus-Methode abgestellt hätten. Diese Prüfung sei zum Nachweis einer Kosten-Preis Schere methodisch untauglich. Zudem beanstanden die Beschwerdeführerinnen weiter, dass zur Durchführung des Tests 3 auf ausländische Vergleichswerte abgestellt worden sei. Vergleiche mit ausländischen Märkten seien jedoch aufgrund unterschiedlicher Preisniveaus und Lohnkosten nicht geeignet, die Preisgestaltung in der Schweiz in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht zu qualifizieren. Auch in methodischer Hinsicht sei die Vorinstanz falsch vorgegangen. So habe sie zur Prüfung, ob die Marge ausreiche, um die beim Verkauf anfallenden Kosten zu decken, auf Prozentwerte abgestellt. Dies lasse sich jedoch nur anhand absoluter Werte in Franken prüfen. Im Ergebnis sei in diesem 5-Ländervergleich eine Bruttomarge von 23% bis 30% als angemessen beurteilt worden. Für die Beschwerdeführerin habe die Vorinstanz eine Marge von 19,5% errechnet, aber nicht begründet, warum eine Marge von 23%, nicht aber eine von 19,5% ausreichend sein soll. Ausserdem machen die Beschwerdeführerinnen geltend, dass die herangezogenen Länder nicht für einen Benchmark geeignet seien. Zum Beleg führen sie einen Vergleich der Abdeckung der Haushalte nach Technologie in den einzelnen Ländern an.

473. Die Beschwerdeführerinnen machen zudem geltend, dass das von ihr bereitgestellte Grosshandelsprodukt BBCS pro-kompetitiv sei, das xDSL-Einzelhandelsgeschäft profitabel sei und kein strukturelles Defizit vorliege. Hierzu legen sie eine Berechnung vor, nach der die Profitabilität des Einzelhandelsgeschäfts auch ohne die auf Beginn des Jahres 2008 vorgenommene Preissenkung für die BBCS-Produkte und die Berücksichtigung eines Wachstumsrabatts in jedem Fall eingetreten wäre; denn nach einem geringen Gewinn im Jahr 2008 seien deutliche Gewinnsprünge in den Jahren 2009 und 2010 erfolgt, wodurch bis zum Jahr 2011 alle vorgängigen Verluste auf der Einzelhandelsstufe seit dem Jahr 2001 ausgeglichen worden seien. Daher könne keine Kosten-Preis-Schere vorliegen. Zudem würden die Gewinne auf der Grosshandelsstufe kein Tatbestandsmerkmal einer Kosten-Preis-Schere bilden, weshalb dieser Umstand unerheblich sei. Im Übrigen seien in den Gewinnen auf der Grosshandelsstufe auch interne Umsätze mit Bluewin enthalten, weshalb nicht zutreffen könne, dass Gewinne auf der Grosshandelsstufe die Verluste von Swisscom auf der Einzelhandelsstufe kompensieren würden.

474. In formaler Hinsicht rügen die Beschwerdeführerinnen, dass der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere nicht mit dem erforderlichen Vollbeweis nachgewiesen worden sei, weil die Vorinstanz nicht alle relevanten Aspekte abgeklärt habe und diese daher nicht mit der erforderlichen Gewissheit belegt seien. Als relevante Aspekte führen die Beschwerdeführerinnen dabei wiederum die Sachpunkte auf, die sie bereits aus sachlichen Gründen gegenüber der Erfüllung des Tatbestands einwenden.

475. Die Beschwerdeführerinnen bringen schliesslich vor, Bluewin habe ab dem Jahr 2000 versucht, in verschiedenen Bereichen, u.a. im Breitbandgeschäft, tätig zu werden, was jeweils mit hohen Investitionen und geringen Erträgen verbunden gewesen sei. Bei der Berechnung der Kosten-Preis-Schere habe die Vorinstanz zu Ungunsten von Swisscom denn auch Kosten und Verlustanteile von Geschäftsbereichen mit eingerechnet, die mit dem Breitbandgeschäft nichts zu tun hätten. Zudem bestünden im Einzelhandelsgeschäft entgegen den Behauptungen der Vor-instanz kaum Grössen- oder Verbundvorteile.

(2) Vorbringen Vorinstanz

476. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass nach der von den Beschwerdeführerinnen zitierten Ansicht in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur eine Berücksichtigung der Kapitalwertmethode bei Geschäften mit hohen Investitionen in die Infrastruktur, welche in den ersten Jahren nicht amortisiert werden könnten, zwar eine Möglichkeit, nicht aber eine Notwendigkeit darstelle. Ausserdem würden die Beschwerdeführerinnen nicht darlegen und behaupten, dass bei Bluewin solche hohen Investitionen bestanden hätten. Im Übrigen sei die Kapitalwertmethode nichts anderes als eine Abdiskontierung der Differenz zwischen laufenden Erträgen und Kosten auf fünf Jahre, einschliesslich einer Berücksichtigung des abdiskontierten Restwerts der Investitionen. Da aufgrund des bereits nachgewiesenen strukturellen Defizits für die Internetdienstanbieter die laufenden Kosten die laufenden Erträge immer übersteigen würden, sei der Kapitalwert unabhängig vom Abdiskontierungsfaktor immer negativ, weshalb auf eine Berechnung der Kapitalwerte mangels Aussagekraft verzichtet werden könne.

477. Zu Test 2 macht die Vorinstanz geltend, dass diesem immer dann eine Aussagekraft zukäme, wenn Test 1 bestätige, dass das Geschäft des historischen Anbieters nicht profitabel sei, dasjenige des nicht integrierten Anbieters hingegen schon. Dies würde gemäss dem Grundsatz "in dubio pro reo" zu einer Verneinung der Kosten-Preis-Schere führen, da belegt wäre, dass der nicht integrierte Anbieter effizienter arbeite. Test 3 sei lediglich durchgeführt worden, um entlastende Beweismomente für die Swisscom-Gruppe zu analysieren. Bei der Untersuchung, ob eine Kosten-Preis-Schere gegeben sei, müsse ermittelt werden, ob ein strukturelles Defizit vorliege. Dabei seien Vergleichswerte aus dem Ausland wertvolle Hinweise. Aufgrund des unterschiedlichen Preisniveaus dränge sich ein prozentualer Vergleich auf. Bei den verglichenen Ländern handle es sich um eine Auswahl, die das Bundesamt für Kommunikation anhand verschiedener, differenzierter Kriterien für den Vergleichsmarkt gewählt habe. Auch bei der Untersuchung zum Thema Retail-Minus habe sich das Bundesamt für Kommunikation auf diejenigen Länder abgestützt, in denen dieselbe Methode für die Preisbestimmung von Bitstrom verwendet worden sei.

478. Der Kritik der Beschwerdeführerinnen an Test 3 zur Feststellung einer Kosten-Preis-Schere hält die Vorinstanz entgegen, dass die Beschwerdeführerinnen angesichts der Tatsache, dass es den Internet-dienstanbietern einschliesslich von Bluewin bis und mit 2007 nicht möglich gewesen sei, kostendeckend zu arbeiten, selbst eingestehen würden, dass das Kriterium der "Zurückgewinnung der Verluste" Bedeutung habe. Ausserdem seien die Gewinne auf der Grosshandelsstufe für die Bestimmung einer Kosten-Preis-Schere durchaus relevant, da sie einen Hinweis darauf geben würden, wie gross der Einfluss des nachgelagerten Einzelhandelsmarkts auf den Grosshandelsmarkt seien.

479. Die Vorinstanz macht geltend, die Behauptung, das BBCS-Angebot sei prokompetitiv, stehe im Widerspruch zu den Behauptungen der Beschwerdeführerinnen, dass im Retail-Markt aktueller Wettbewerb herrsche. Träfe dies nämlich zu, könnte das BBCS-Angebot gar nicht pro-kompetitiv wirken, da bereits das Marktumfeld kompetitiv sei. Eine prokompetitive Wirkung würde in casu aber von der Swisscom-Gruppe durch die angewandte Kosten-Preis-Schere verhindert.

480. Die Vorinstanz macht zudem geltend, dass die Swisscom-Gruppe nach Verlusten in den Jahren 2000 bis 2003 mit ihren Gewinnen auf der Grosshandelsstufe ab dem Jahr 2004 die Verluste von Bluewin um ein Vielfaches überkompensiert habe. So habe Bluewin im Jahr 2007 einen erheblichen Verlust von {........} Mio. CHF eingefahren, während die Swisscom-Gruppe auf der Grosshandelsstufe im selben Zeitraum einen beachtlichen Gewinn von {........} Mio. CHF erwirtschaftet habe. Damit habe sie die Verluste von Bluewin bei weitem überkompensiert.

481. Die Vorinstanz weist schliesslich darauf hin, dass den anfänglichen Verlusten von {........} Mio. CHF ein Mehrfaches an kumulierten Gewinnen aus den Jahren 2003 bis 2007 von über {.....} Mia. CHF gegenüber stehen würden.

482. Im Übrigen seien die Gewinne der Swisscom-Gruppe gerade aufgrund der internen Umsätze mit Bluewin ab dem Jahr 2003 entstanden und in den folgenden Jahren gestiegen. Damit belegten die Beschwerdeführerinnen das Bestehen einer Kosten-Preis-Schere selbst.

(3) Würdigung durch das Gericht

483. Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend eingewendet haben, ist für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere grundsätzlich massgebend, ob aufgrund eines Eigenwirtschaftlichkeitstests festgestellt wird, dass das Einzelhandelsgeschäft nicht profitabel betrieben werden konnte. Auf einen Fremdwirtschaftlichkeitstest oder allenfalls eine Margenvergleichsanalyse ist nur dann zurückzugreifen, wenn hierfür im Einzelfall besondere Gründe vorliegen.

484. Von der Vorinstanz wurden keine derartigen Gründe für die Notwen-digkeit einer entsprechenden Prüfung angeführt. Vielmehr hat die Vorin-stanz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die entsprechenden Tests lediglich zusätzlich vorgenommen worden seien, um dadurch die Validität des Ergebnisses von Test 1 zu kontrollieren. Vorliegend kommt Test 2 und Test 3 demzufolge keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu, weshalb darauf auch nicht weiter einzugehen ist.

485. Massgebend ist im vorliegenden Fall aufgrund eines Eigenwirtschaftlichkeitstests demzufolge ausschliesslich, ob die Swisscom-Gruppe im nachgelagerten Einzelhandelsmarkt für Endkunden ihre Breitbandprodukte hätte anbieten können, ohne Verluste zu erleiden, wenn während des untersuchten Zeitraums Bluewin für den internen Transfer des Vorprodukts denselben Grosshandelspreis zu entrichten hatte, der auch den anderen Internetdienstanbietern in Rechnung gestellt worden war.

486. Die für den Eigenwirtschaftlichkeitstest von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten und von der Vorinstanz durchgeführten Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Gross- und Einzelhandelsgeschäfts der Swiss-com-Gruppe stimmen mit Ausnahme geringfügiger Unterschiede, die auf Darstellungs- oder Rechenfehler zurückzuführen sind, überein. Dies gilt insbesondere auch für die in die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Einzelhandelsgeschäfts einzustellenden Grosshandelspreise für die BBCS-Produkte, weil auch von den Beschwerdeführerinnen die gegenüber den anderen Internetdienstanbietern geltend gemachten Preise für die Berechnung herangezogen wurden. Abweichungen ergeben sich für die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Einzelhandelsgeschäfts insoweit, als die Beschwerdeführerinnen höhere Akquistionskosten und niedrigere sonstige Kosten als die Vorinstanz ansetzen, wobei dies jedoch keinen Einfluss auf das jeweilige Jahresergebnis des Einzelhandelsgeschäfts hat. Zudem machen die Beschwerdeführerinnen gewisse zusätzliche Einnahmen in Zusammenhang mit dem Abschluss von Verträgen geltend, die jedoch nicht zu berücksichtigen sind (vgl. E. 524 ff.). Die wesentlichen Unterschiede in der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäftes ergeben sich daraus, dass die Beschwerdeführerinnen und die Vorinstanz unterschiedlicher Auffassung darüber sind, ob und inwieweit die folgenden Sachpunkte in der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Einzelhandelsgeschäftes zu berücksichtigen sind: (i) die Abschreibung von Akquisitionskosten (vgl. E. 493 ff.), (ii) die Amortisationsdauer der Akquisitionskosten (vgl. E. 526 ff.), (iii) der Wachstumsrabatt im Jahr 2007 (vgl. E. 535 ff.), sowie (iv) eine Quersubventionierung durch Bündelangebote (vgl. E. 547 ff.). Während die Beschwerdeführerinnen eine Berücksichtigung dieser Aspekte geltend machen, hat die Vorinstanz diese Aspekte im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung aus unterschiedlichen Gründen im Ergebnis nicht berücksichtigt. Wie nachfolgend im Einzelnen dargelegt wird, ergeben sich aus der entsprechenden Prüfung dieser Aspekte keine Anpassungen an die für das Einzelhandelsgeschäft massgebliche Wirtschaftlichkeitsberechnung im Rahmen des Eigenwirtschaftlichkeitstests.

487. Aufgrund der massgeblichen und insoweit unstrittigen Wirtschaftlichkeitsberechnung ergibt sich ohne Weiteres, dass das Einzelhandelsgeschäft von Bluewin in den Jahren 2001 bis 2007 über einen Zeitraum von sieben Jahren ausnahmslos zu meist ganz erheblichen jährlichen Verlusten geführt hat (vgl. SV J.b). Es steht daher fest, dass das Einzelhandelsgeschäft mit Breitbandprodukten der Swisscom-Gruppe zu den von ihr für die BBCS-Produkte angesetzten Grosshandelspreisen während dieses Zeitraums nicht profitabel betrieben werden konnte.

488. In diesem Zusammenhang ist auf den folgenden Umstand hinzuweisen. Das Grosshandelsgeschäft der Swisscom-Gruppe war trotz der hohen Anfangsinvestitionen in die technologische Infrastruktur bereits seit dem Jahr 2003 profitabel (vgl. SV J.a). Die Profitabilität des Grosshandelsgeschäfts wurde dabei spätestens mit der internen Genehmigung der Konzernrechnung für das Jahr 2003 und dessen Veröffentlichung im März 2004 dokumentiert (vgl. SV B.g). Die Profitabilität des Grosshandelsgeschäfts war dabei so hoch, dass die Verluste aus dem Einzelhandelsgeschäft ohne Weiteres ab dem Jahr 2004 hätten ausgeglichen werden können. Zudem wären im Laufe des Jahres 2005 alle Verluste des Grosshandelsgeschäfts aus den Jahren 2000 bis 2002 kompensiert und zusätzlich bis Ende des Jahres 2005 sogar sämtliche Verluste des Einzelhandelsgeschäfts aus den Jahren 2001 bis 2005 ausgeglichen worden (vgl. SV J.c).

489. Das Einzelhandelsgeschäft konnte erst ab dem Jahr 2008 die Gewinnschwelle überschreiten. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Profitabilität entsprechend der Ansicht der Vorinstanz ausschliesslich auf die nachhaltige Preissenkung für die BBCS-Produkte auf den Beginn des Jahres 2008 zurückzuführen ist oder ob die Profitabilität entsprechend der Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch bei einer Fortführung der im Jahr 2007 geltenden Preise eingetreten wäre. Denn der Eintritt der Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts ab dem Jahr 2008 kann nicht zu einer anderen Beurteilung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem Gross- und dem Einzelhandelsmarkt und der von der Swisscom-Gruppe vorgenommenen Handlungen in den Jahren 2001 bis 2007 führen.

490. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist es im vorliegenden Fall weder erforderlich noch sachgerecht, zur Abklärung der Wirtschaftlichkeit eine Ertragswertanalyse durchzuführen. Wie vorstehend dargelegt wurde (vgl. E. 456), bestehen gegenüber einer Ertragswertanalyse angesichts von deren strukturellen Mängeln bereits erhebliche grundsätzliche Vorbehalte in Bezug auf ihre Berücksichtigung zur Überprüfung einer Kosten-Preis-Schere. Diese strukturellen Mängel sind gerade im vorliegenden Sachverhalt auch von Bedeutung. Im Rahmen des Entscheids in Sachen Telefonica wurde der, im Übrigen lediglich ergänzende Einsatz einer Ertragswertanalyse im Bereich des Breitbandeinzelhandelsgeschäfts unter zusätzlichem Hinweis auf Feststellungen nationaler Kartellbehörden zudem an ein beschränktes Zeitfenster von maximal fünf Jahren gebunden (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 355), und ein darüber hinausgehender Zeitraum von sechs oder mehr Jahren ausdrücklich als nicht sachgerecht qualifiziert (vgl. EU-Kom, Comp/ 38.784, Telefonica, Ziff. 369, 370). Die Ansetzung dieses maximalen Zeitfensters wurde von den EU-Gerichten als sachlich angemessen bestätigt (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 220, 222, 226). Angesichts des Umstands, dass im vorliegenden Verfahren die tatsächlichen Unternehmensdaten für einen deutlich darüber hinausgehenden Zeitraum von sieben Jahren vorliegen, und in dieser Zeit ein nachhaltiger jährlicher Verlust im Einzelhandelsgeschäft zu verzeichnen ist, besteht von vornherein keine Veranlassung, dieses eindeutige Ergebnis mittels einer ergänzenden Ertragswertanalyse zu überprüfen, um allfällige Verzerrungen, die auf den Modalitäten des historischen Ansatzes beruhen würden, ausgleichen zu können. Es bedarf daher auch keiner verbindlichen Abklärung, inwieweit die von der Vorinstanz nachgereichte Ertragswertanalyse zutreffend ist, wonach unter Berücksichtigung der angemessenen Kosten einschliesslich adäquater Kapitalkosten das Breitbandgeschäft auf der Grundlage der Preise vor dem Jahr 2007 erst nach 11 bis 12 Jahren profitabel gewesen sei.

491. Angesichts der vorstehend dargestellten Sachlage kommt auch den von den Beschwerdeführerinnen darüber hinaus vorgebrachten Rügen keine Entscheidungserheblichkeit in Bezug auf die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Breitbandeinzelhandelsgeschäfts zu. So ist es vorliegend unerheblich, ob und ggf. inwieweit die Swisscom-Gruppe gegenüber ihren Konkurrenten auch noch Grössen- und Verbundvorteile nutzen konnte. Der Vorwurf, wonach die Vorinstanz zu Ungunsten der Swisscom-Gruppe Kosten und Verlustanteile aus anderen Geschäftsbereichen eingerechnet habe, ist von vornherein unbeachtlich, weil sich die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts auf die eigenen Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Swisscom-Gruppe abstützt, welche mit Ausnahme der vorstehend angeführten Sachpunkte mit den von der Vor-instanz vorgelegten Berechnungen übereinstimmen. Im Übrigen kompensieren die Gewinne der Swisscom-Gruppe im Grosshandelsgeschäft deren Verluste im Einzelhandelsgeschäft unabhängig davon, ob das Grosshandelsprodukt intern an Bluewin oder extern an dritte Internetdienstanbieter verkauft wird, weil bei beiden Geschäftsbeziehungen angesichts des Fehlens einer Diskriminierung - wie dies von den Beschwerdeführerinnen selbst vorgetragen wurde - der Ertrag im Grosshandelsgeschäft der gleiche ist. Daher ist auch diese Rüge der Beschwerdeführerinnen unbegründet.

492. Die Swisscom-Gruppe hat daher jedenfalls ab Inkrafttreten der Sanktionsregelung von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG am 1. April 2004 im Zeitraum zwischen April 2004 und Dezember 2007 den objektiven Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere verwirklicht, indem sie die Gross- und Einzelhandelspreise für ihre Breitbandprodukte in der vorgenommenen Weise angesetzt hat.

c) Berücksichtigung von Akquisitionskosten

493. Umstritten ist der von den Beschwerdeführerinnen ausdrücklich als entscheidungserheblich qualifizierte Aspekt, ob im Rahmen der Ermittlung der Ertragslage des Einzelhandelsgeschäfts die Kosten, die in Zusammenhang mit der Anwerbung von Neukunden anfallen (nachfolgend: Akquisitionskosten), auf einen längeren Zeitraum aufgeteilt und jährlich abgeschrieben werden können oder ob sie jeweils im Jahr ihres Anfalls in der Jahresrechnung unmittelbar als üblicher Aufwand zu berücksichtigen sind.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

494. Die Beschwerdeführerinnen machen eine Abschreibung der Akquisitionskosten geltend, wobei sich aus verschiedenen, mehrfach überarbeiteten Modellrechnungen und sonstigen Berechnungen mit realer Datenbasis die Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts nachweisen lasse.

495. Grundlage für die Berücksichtigung einer Abschreibung bilde der Umstand, dass das enorme Wachstum des Breitbandgeschäfts die Notwendigkeit einer hohen Kundenakquisition zur Folge gehabt habe. Für diese Kundenakquisition hätten grosse Aufwendungen, unter anderem für Werbung, Aktionen und Endgeräte, vorgenommen werden müssen. Aufgrund dieser einmaligen Kosten für Neukunden könne sich für eine gewisse Phase eine Verlustsituation des Einzelhandelsgeschäfts ergeben, die in einem Wachstumsmarkt aber unschädlich sei. Die hohen Akquisitionskosten würden die statischen Betrachtungen der Jahresrechnung beeinflussen, weshalb im Rahmen einer gesonderten Wirtschaftlichkeitsrechnung für das Einzelhandelsgeschäft die Akquisitionskosten über die Verweildauer der Kunden abzuschreiben seien. Dies wäre für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere unabdingbar, unabhängig davon, ob die Abschreibung von Akquisitionskosten entsprechend den anwendbaren Vorschriften der Rechnungslegung zulässig sei oder nicht.

496. Im Rahmen einer Darstellung der Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts der Swisscom-Gruppe mit Breitbanddienstleistungen (nachfolgend: Wirtschaftlichkeitsberechnung EH Bluewin), wurden von den Beschwerdeführerinnen als Akquisitionskosten die folgenden Positionen eingestellt: (i) Werbeaufwand und Verkaufsprovisionen, d.h. sämtliche entsprechenden Aufwendungen, (ii) Gratismonate, d.h. den Neukunden nicht verrechnete Gebühren, (iii) Heiminstallation, d.h. Kosten für gratis oder zu einem reduzierten Preis erfolgte Installationen, (iv) Kundendienst, d.h. Anteil der entsprechenden Dienstleistungskosten in Zusammenhang mit Neukunden, (v) Handelswaren, d.h. Kosten für gratis oder zu einem reduzierten Preis abgegebene Router bzw. Modems bzw. für deren Vermietung.

497. Aufgrund der Wirtschaftlichkeitsberechnung EH Bluewin wurden von den Beschwerdeführerinnen unter Anwendung einer Abschreibung dieser Akquisitionskosten über Abschreibungsperioden von vier, sechs und zehn Jahren folgende Ergebnisse - unter Ausserachtlassung des Wachstumsrabatts 2007 (vgl. E. 535 ff.) - in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts mit Breitbanddienstleistungen nach dessen Aufnahme im Jahr 2000 ermittelt:

4 J.: 2001-2003 Verlust, 2004 Gewinn, 2005-2007 Verlust;
6 J.: 2001-2003 Verlust, 2004-2005 Gewinn, 2006-2007 Verlust;
10 J.: 2001-2003 Verlust, 2004-2007 Gewinn.

498. In formaler Hinsicht machen die Beschwerdeführerinnen zudem unter Hinweis auf den Untersuchungsgrundsatz und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs geltend, dass es Sache der Wettbewerbsbehörden sei, den Umfang der Akquisitionskosten in ausreichendem Umfang abzuklären und nachzuweisen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

499. Die Vorinstanz macht geltend, dass zum einen die Berücksichtigung von Abschreibungen der Akquisitionskosten aus verschiedenen Gründen nicht zulässig sei und zum anderen die Berechnungen der Beschwerdeführerinnen nicht nachvollziehbar und unstimmig seien.

500. Eine Berücksichtigung könne schon deshalb nicht erfolgen, weil die Swisscom-Gruppe die Akquisitionskosten weder im Rahmen ihrer eigenen Businesspläne noch ihrer Jahresrechnungen abgeschrieben habe und eine Abschreibung von Akquisitionskosten gemäss den anzuwendenden Rechnungslegungsstandards auch von vornherein ausgeschlossen sei. Zudem würde keine der für eine Abschreibung massgeblichen Gründe - Gebrauchsverschleiss, Zeitverschleiss, Substanzverringerung und Katastrophenverschleiss - auf Akquisitionskosten zutreffen.

501. Die von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Wirtschaftlichkeitsberechnungen würden wesentliche Mängel aufweisen. Akquisitionskosten könnten nicht vollständig ausgeklammert werden, weil aufgrund der üblichen Kundenfluktuation auch dann Akquisitionskosten anfallen würden, wenn kein Wachstum im Markt mehr bestehe. Werbung und Verkaufskosten könnten nicht vollständig als Akquisitionskosten verbucht werden, weil im Umkehrschluss in einem Markt ohne Wachstum keine Werbung vorgenommen werden müsse. Die Kosten für die Heiminstallation könnten nicht verrechnet werden, weil diese erst nach Vertragsabschluss anfallen und deshalb keine Akquisitionskosten darstellen würden. Die Abzüge für den Verkauf oder die Vermietung von Handelswaren sowie die Beträge für die Abschreibung der Handelswaren stünden in keinem Zusammenhang mit der Akquisition der Kunden, weil sie erst nach Vertragsabschluss anfallen würden; dies gelte insbesondere für die entsprechenden Abschreibungen. Die Abzüge für die Handelswaren seien im Übrigen unberechtigt, weil die Erträge aus dem Verkauf der Handelswaren die Kosten deutlich übersteigen würden.

502. Im Rahmen eigener Wirtschaftlichkeitsberechnungen einschliesslich einer Berücksichtigung von Abschreibungen für Aufwendungen, die berechtigterweise als Akquisitionskosten qualifiziert werden könnten, kommt die Vorinstanz zum Ergebnis, dass das Einzelhandelsgeschäft für den gesamten Zeitraum zwischen 2001 bis 2007 dennoch zu einem Verlust geführt habe.

(3) Würdigung durch das Gericht

503. Der Begriff "Abschreibung" ist ein Terminus des betrieblichen Rechnungswesens, der sowohl Eingang in die interne Kostenrechnung als auch die externe Finanzbuchhaltung und damit in die Jahresrechnung findet. Er bezeichnet die Methode zur Erfassung von Wertminderungen an einem Wirtschaftsgut über dessen Nutzungs- bzw. Lebensdauer. Dabei werden die aktivierten Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entsprechend der voraussichtlichen betrieblichen Nutzungsdauer jedes Jahr um einen bestimmten Teilbetrag zur Erfassung des in der jeweiligen Rechnungsperiode eingetretenen Werteverzehrs gekürzt. Die daraus resultierenden Beträge werden in der Kostenrechnung als Kosten und im Rahmen der Jahresrechnung in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand verbucht (vgl.Gabler, Wirtschaftslexikon, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.wirtschaftslexikon.gabler.de/ definition/abschreibung.html; Schellenberg Aldo C., Rechnungswesen: Grundlagen, Zusammenhänge, Interpretationen, 4. Aufl. 2010, 100 f., 215 f.).

504. Kostenrechnung und Finanzbuchhaltung unterscheiden sich grundsätzlich dadurch, dass die Ausgestaltung der Kostenrechnung im Belieben des jeweiligen Unternehmens steht, während die Ausgestaltung der Finanzbuchhaltung den Vorschriften des jeweils zur Anwendung gelangenden Rechnungslegungsstandards zu entsprechen hat. Die Rechnungslegungsstandards sehen Vorschriften für die Erstellung von Dokumenten vor, mit denen ein Unternehmen über seine Vermögens-, Finanz- und Ertragslage informiert. Ihr Zweck besteht darin, im gesamtwirtschaftlichen Interesse eine einheitliche und transparente Darstellung sicherzustellen, um sowohl für Dritte als auch für das jeweilige Management des Unternehmens eine fundierte Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu ermöglichen.

505. Im Rahmen der Finanzbuchhaltung ergeben sich aufgrund der einschlägigen Vorschriften im Rechnungslegungsrecht Einschränkungen in Bezug auf eine mögliche Abschreibung von Wirtschaftsgütern. Grundsätzlich dürfen nur die Anschaffungs- und Herstellungskosten für Anlagegüter und bestimmte immaterielle Vermögenswerte, denen eine bestimmte Nutzungsdauer zugeschrieben werden kann, für eine Abschreibung herangezogen werden. Kosten für Werbemassnahmen und Geschäftsentwicklung sind hingegen von vornherein nicht aktivierungsfähig, sondern müssen in vollem Umfang als Aufwand in der Jahresrechnung eingestellt werden. Der Grund für die fehlende Aktivierungsmöglichkeit besteht darin, dass derartigen Aufwendungen kein entsprechender längerfristiger Vermögenswert gegenüber steht. Ausnahmen bestehen nur mit Bezug auf bestimmte eng gefasste Positionen. Dies gilt auch gemäss den International Financial Reporting Standards (IFRS), nach denen die Swisscom-Gruppe ihre Konzernrechnung erstellt. Die vorliegend geltend gemachten Aufwendungen sind - mit Ausnahme eines marginalen und von den Beschwerdeführerinnen nicht näher bezifferten Anteils - auch nach der eigenen Darstellung der Beschwerdeführerinnen nicht aktivierungsfähig und können daher nicht über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden. Die Beschwerdeführerinnen haben die Akquisitionskosten in den jeweiligen Jahresrechnungen seit 1998 denn auch nicht aktiviert und abgeschrieben, sondern in vollem Umfang als Aufwand verbucht.

506. Für die Prüfung, ob im Einzelfall für einen bestimmten Produktbereich eine Kosten-Preis-Schere vorliegt, ist die Ertragslage des Gross- und Einzelhandelsgeschäfts jeweils getrennt durch eine eigenständige Wirtschaftlichkeitsberechnung abzuklären. Diese Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind grundsätzlich anhand der für die Jahresabschlüsse massgeblichen Rechnungslegungsvorschriften zu erstellen. Demgegenüber sind individuelle, vom Unternehmen in seine interne Kostenrechnung eingestellte Kriterien nicht zu berücksichtigen. Denn für eine kartellrechtliche Beurteilung der Ertragslage einzelner Geschäftsbereiche sind die nach allgemein anerkannten und übereinstimmend festgelegten Anforderungen, wie sie in den Rechnungslegungsvorschriften zum Ausdruck kommen, massgebend und nicht interne individuelle Festlegungen auf Unternehmensebene. Ausnahmen hiervon sind nur aufgrund besonderer Aspekte anzuerkennen. Massgebend sind dabei die konkreten Umstände des Einzelfalls.

507. Für die Beurteilung des Vorliegens einer Kosten-Preis-Schere ist daher eine Abschreibung von Akquisitionskosten aufgrund der Verweildauer von Kunden oder der sonstigen Amortisationszeit grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

508. Vorliegend steht in Frage, ob bei einem Wachstumsmarkt und hohen Aufwendungen für die Kundenakquisition eine Ausnahmesituation gegeben ist, welche die Berücksichtigung von Abschreibungen rechtfertigt.

509. Die EU-Kommission hat in Zusammenhang mit einem Sachverhalt der Kampfpreisunterbietung im französischen Telekommunikationsmarkt (vgl. EU-Kom, Comp/38.233, Wanadoo Interactive, Ziff. 76 f.) eine solche Ausnahme mit folgender Begründung angenommen. Bei Vorliegen eines Wachstumsmarkts, bei dem die Kosten der Kundenakquisition einen erheblichen Anteil der Ausgaben darstellen, sei zu Gunsten eines Unternehmens anzuerkennen, dass sein Interesse primär nicht auf die kurzfristige Deckung der gesamten Kosten und die Erzielung eines positives Geschäftsergebnisses ausgerichtet sei, sondern zur kommerziellen Entwicklung des Produkts das Erreichen der Gewinnschwelle im Sinne eines return on investment innerhalb eines gewissen Zeitrahmens angestrebt werde. Daher könnten die Akquisitionskosten im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsbetrachtung nach dem Prinzip der Abschreibung einer Sachanlage aufgeschlüsselt und auf einen angemessenen Zeitraum verteilt werden.

510. Ob und inwieweit diese Begründung zur Beantwortung der Sachfrage auch für den Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere herangezogen werden kann, dürfte jedoch fraglich sein, weil im Gegensatz zum eindimensionalen Sachverhalt einer Kampfpreisunterbietung bei einer zweidimensionalen Kosten-Preis-Schere das wirtschaftliche Ergebnis des Grosshandelsgeschäfts für die Beurteilung der Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens nicht ausser Acht gelassen werden darf. Zumindest ab dem Zeitpunkt, ab dem das Grosshandelsgeschäft profitabel ist und die Verluste des Einzelhandelsgeschäfts ohne Weiteres durch die Gewinne des Grosshandelsgeschäfts ausgeglichen werden können, besteht kein Grund zur Annahme, die Akquisitionskosten in einem Wachstumsmarkt entgegen den allgemeinen Regelungen des anzuwendenden Rechnungslegungsstandards abzuschreiben. Vielmehr führt die Möglichkeit einer Abschreibung der Akquisitionskosten auf der Einzelhandelsstufe sogar noch dazu, dass sich die Zwangswirkung einer Kosten-Preis-Schere verstärkt, weil die Spanne zwischen den Erträgen des Grosshandelsgeschäfts und den Erträgen bzw. Verlusten des Einzelhandelsgeschäfts vergrössert werden würde. Vorliegend hat die Swisscom-Gruppe ab dem Jahr 2003 ein positives Ergebnis im Grosshandelsgeschäft erzielt, wobei ab dem Jahr 2004 der Verlust des Einzelhandelsgeschäfts um ein Vielfaches übertroffen wurde (vgl. SV J.a, J.c), und demzufolge ein Ausgleich der vollen Verluste aus dem Einzelhandelsgeschäft auch ohne Berücksichtigung einer Abschreibung der Akquisitionskosten möglich gewesen wäre. Gleichzeitig hat das Wachstum im Einzelhandelsmarkt im massgeblichen Zeitraum ganz deutlich abgenommen (vgl. SV H.h). Es sind daher vorliegend keine Gründe ersichtlich, welche die Anerkennung einer Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz ausreichend begründen würden.

511. Die EU-Wettbewerbspraxis zu diesem Sachpunkt ist uneinheitlich. Im Fall Deutsche Telekom war überhaupt keine Abschreibung von Akquisitionskosten berücksichtigt worden. Auch im Vorabentscheidungsverfahren TeliaSonera wurde dieser Aspekt nicht thematisiert. Demgegenüber wurde im Fall Telefonica unter Verweis auf die Begründung im Fall Wanadoo Interactive eine Abschreibung von Akquisitionskosten während eines spezifischen Zeitraums berücksichtigt, was allerdings nicht zu einem anderen Ergebnis führte (EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 474). Da der Entscheid in Sachen Telefonica keinen Rückschluss auf die genauen Ergebnisse des Gross- und Einzelhandelsgeschäfts zulässt, ist zu Gunsten der Beschwerdeführerinnen auch vorliegend zu prüfen, ob und inwieweit eine Abschreibung der Akquisitionskosten anzuerkennen ist.

512. Als angemessene Periode für eine Abschreibung der Akquisitionskosten wurden von der EU-Kommission im Fall Telefonica drei Jahre qualifiziert. Grundlage hierfür bildeten die entsprechenden Ansichten von nationalen Regulierungs- und Wettbewerbsbehörden, welche teilweise sogar kürzere Abschreibungsperioden vorsahen bzw. anwendeten, sowie die Vertragslaufzeit der jeweiligen Kundenverträge (EU-Kom, Comp/ 38.784, Telefonica, Ziff. 489). In der Schweiz bestand keine regulatorisch anerkannte Abschreibungsperiode für den massgeblichen Zeitraum der Wettbewerbsbeschränkung. Die Verträge der Swisscom-Gruppe mit den Endkunden sahen nur eine Mindestvertragslaufzeit von 12 Monaten vor. Im vorliegenden Fall muss ein Ausgleichszeitraum von drei Jahren demnach ebenfalls als maximale zeitliche Obergrenze für die Anerkennung der Abschreibung von Akquisitionskosten qualifiziert werden.

513. Die massgebliche Wirtschaftlichkeitsberechnung führt allerdings auch unter Berücksichtigung einer entsprechenden Abschreibung von Akquisitionskosten über einen Ausgleichszeitraum von drei Jahren zu keinem anderen Ergebnis. Denn aus den eigenen Berechnungen der Beschwerdeführerinnen zur Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts zeigt sich, dass bei einer linearen Abschreibung der Akquisitionskosten über vier Jahre in den Jahren 2001 bis 2003 sowie 2005 bis 2007 - unter Ausserachtlassung des für 2007 eingestellten Wachstumsrabatts (vgl. E. 535 ff.) - ein Verlust resultiert, und nur im Jahr 2004 ein geringer Gewinn von annähernd {..} Mio. CHF zu verzeichnen war. Bei einer Verkürzung der Abschreibungsperiode auf drei Jahre würde sich die Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts demnach noch deutlich verschlechtern.

514. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist eine längere Abschreibungsperiode als drei Jahre auch nicht unter Verweis auf die Verweildauer der Kunden und die Vertragslaufzeit anzusetzen. In den Entscheiden der EU-Wettbewerbspraxis wurde eine von den betroffenen Unternehmen geltend gemachte Abschreibung der Akquisitionskosten anhand der Verweildauer der Kunden und der Vertragslaufzeit ebenfalls ausdrücklich als sachlich unangemessen abgelehnt (vgl. EU-Kom, Comp/ 38.784, Telefonica, Ziff. 485; bestätigt durch EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 246).

515. Die Berücksichtigung einer Abschreibung anhand der durchschnittlichen Verweildauer der Kunden scheidet schon deshalb aus, weil eine entsprechende Annahme von Seiten der Swisscom-Gruppe jedenfalls zum massgeblichen Zeitpunkt nicht berechtigt war. Eine konkrete Aufstellung der tatsächlichen Verweildauer der Kunden ist nicht vorhanden. Die Beschwerdeführerinnen haben die durchschnittliche Verweildauer aus dem Kehrwert der Abwanderungsrate hergeleitet und mit einem Wert von mindestens zehn Jahren angesetzt (vgl. E. 529). Wie die Beschwerdeführer selbst ausführen, sind sie während des massgeblichen Zeitraums davon ausgegangen, dass es sich bei dem Breitbandmarkt um einen dynamischen Wachstumsmarkt handle, bei dem der Markterfolg in keiner Weise absehbar gewesen sei und die Produkte laufend den neuen Herausforderungen, insbesondere den neuen Angeboten der Kabelkonkurrenz, angepasst werden mussten. Sie machen zudem ausdrücklich geltend, dass ein Wechsel für einen Endkunden ohne Probleme und ohne erhebliche Kosten vorgenommen werden könne. Vor diesem Hintergrund ist es sachlich ausgeschlossen und widersprüchlich, die durchschnittliche Verweildauer der Kunden mit mindestens zehn Jahren anzusetzen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Breitbandprodukte zum massgeblichen Zeitpunkt noch nicht einmal annähernd während eines Zeitraums von zehn Jahren verfügbar waren. Zudem wird bei Zugrundelegung eines Wachstumsmarkts die Verweildauer tendenziell zu hoch angesetzt, wie dies bereits im Fall Telefonica nachgewiesen worden war (vgl. EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 482 f.). Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen einer wettbewerbswidrigen Preisansetzung durch das marktbeherrschende Unternehmen gerade dazu beitragen können, die Verweildauer eines Kunden zu verlängern (ähnlich bereits EU-Kommssion, Telefonica, Ziff. 478).

516. Die Berücksichtigung einer Abschreibung von mehr als drei Jahren aufgrund der Vertragslaufzeit wäre nicht sachgerecht, weil die Swisscom-Gruppe nach eigenem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen keine Verträge über eine feste Laufzeit abgeschlossen hat. Vielmehr wurden unbefristete Verträge mit einer Mindestvertragsdauer von 12 Monaten abgeschlossen, die nach Ablauf der Mindestvertragslaufzeit mit einer Kündigungsfrist von 30 Tagen beendet werden konnten. Den Kunden stand somit nach einjähriger Vertragslaufzeit die Möglichkeit offen, kurzfristig auf Veränderungen im Markt zu reagieren und gegebenenfalls zu einem Konkurrenzprodukt zu wechseln. Demzufolge lag von vornherein keine vertragliche Kundenbindung vor, die über einen Zeitraum von drei Jahren hinausgereicht hätte.

517. Eine Abschreibung von Akquisitionskosten innerhalb eines adäquaten Ausgleichszeitraums führt demzufolge nicht dazu, dass die Feststellung der negativen Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts der Swisscom-Gruppe korrigiert werden müsste.

518. Dieses Ergebnis wird ferner dadurch bestätigt, dass die von den Beschwerdeführerinnen vorgelegte Wirtschaftlichkeitsberechnung EH Bluewin, welche als Grundlage für die von den Beschwerdeführerinnen vorgenommen Berechnungen der Abschreibungen diente, in Bezug auf verschiedene Sachpunkte Mängel aufweist, welche die Wirtschaftlichkeitsberechnung des Einzelhandelsgeschäfts wesentlich verfälschen. Eine korrekte Berücksichtigung dieser Sachpunkte verschlechtert das wirtschaftliche Ergebnis des Einzelhandelsgeschäfts und führt zu höheren Verlusten.

519. Die Gewährung von Gratismonaten an Neukunden bei Abschluss des Vertrags und deren Berücksichtigung als Akquisitionskosten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung führt zu einer Verschlechterung des wirtschaftlichen Ergebnisses des Einzelhandelsgeschäfts. Dieser Effekt kann nicht dadurch ausgeglichen werden, dass der materielle Wert der Gratismonate als Einnahmen in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingestellt wird, weil aus der Gewährung von Gratismonaten keine tatsächlichen Einnahmen generiert werden. Die Berücksichtigung von fiktiven Einnahmen führt demzufolge zu einer Verfälschung der vorgelegten Ertragslage des Einzelhandelsgeschäfts.

520. Die Berücksichtigung sämtlicher Verkaufs- und Werbekosten als Akquisitionskosten bei Neukunden ist nicht sachgerecht, weil die Bewerbung der Produkte ganz offensichtlich nicht nur auf die Anbahnung des Geschäfts mit Neukunden, sondern auch auf die weitere Bindung bestehender Kunden ausgerichtet ist. Dies gilt insbesondere angesichts des Umstands, dass die Mindestvertragslaufzeit im Einzelhandelsgeschäft nur ein Jahr betrug und der Wettbewerbsdruck - wie behauptet - hoch gewesen ist. Da die Verkaufs- und Werbekosten einen grossen Anteil an den Akquisitionskosten ausmachen, ergibt sich aus einer notwendigen Aufteilung dieser Position eine erhebliche Verringerung der insgesamt anzusetzenden Akquisitionskosten und damit eine beachtliche Reduzierung des Betrags, der hätte abgeschrieben werden können, wodurch sich der jährliche Verlust des Einzelhandelsgeschäfts wiederum erhöht.

521. Die Kosten für die Heiminstallation können gegebenenfalls als Kosten qualifiziert werden, die unmittelbar mit der Akquisition von Neukunden in Zusammenhang stehen. Es ist allerdings nicht ersichtlich, warum die gesamten Kosten für den Kundendienst mit Neukunden als Akquisitionskosten qualifiziert werden sollten. Kundengespräche zum Zweck der Kun-denberatung bis zum Vertragsabschluss wären zu berücksichtigen. Nach erfolgter Heiminstallation unterscheidet sich der Neukunde jedenfalls nicht von einem Bestandskunden, weshalb weitere Aufwendungen nicht mehr den Akquisitionskosten zuzurechnen sind.

522. Die von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Zahlen zum Kundenwachstum in den Jahren 2001 bis 2007 korrelieren auch nicht mit den für den Kundendienst geltend gemachten Aufwendungen. Denn die Kosten des Kundendienstes pro Neukunde erhöhten sich in dieser Zeit um das 2,5-fache von {...}.- CHF auf {...}.- CHF, ohne dass hierfür ein Grund ersichtlich ist. Aufgrund allgemein üblicher Umstände ist allerdings davon auszugehen, dass sich die durchschnittlichen Kosten für den Kundenservice pro Neukunde aufgrund der allgemeinen Verbreitung der Internetprodukte sowie des verbesserten Know-hows der Swisscom-Grup-pe im Hinblick auf die richtige Installation der Produkte im Laufe der Zeit nicht um ein Mehrfaches erhöhen, sondern sich im Gegenteil angesichts der effizienteren Bearbeitungsmöglichkeiten reduzieren (diese Feststellung wurde bereits allgemein durch die EU-Kom, Comp/38.784, Telefonica, Ziff. 342, getroffen). Zudem ging die Anzahl der Neukunden während dieser Zeit deutlich zurück. Darüber hinaus blieben im Jahr 2003 die Kosten pro Neukunden trotz einer Verdoppelung des Kundenwachstums nahezu unverändert, während sich im Jahr 2005 die Kosten pro Neukunden um das 1,6-fache erhöhten und damit den stärksten Anstieg verzeichneten, obwohl das Kundenwachstum nur noch in einem wesentlich geringeren Ausmass um das {...}-fache anwuchs. Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass die geltend gemachten Kosten des Kundendienstes Bestandteile aufweisen, die für den Kundendienst von Neukunden nicht zu berücksichtigen sind, weshalb sie zu hoch angesetzt wurden.

523. Im Rahmen der von den Beschwerdeführerinnen vorgelegten Berechnung wird zudem keine Unterscheidung zwischen der Anwerbung von Neukunden und einem Produktwechsel von Bestandskunden vorgenommen. Ein Produktwechsel von Bestandskunden ist aber weder in einem sonstigen Markt noch in einem Wachstumsmarkt mit der Akquisition eines Neukunden zu vergleichen. Aus diesem Grund sind die in Zusammenhang mit einem Produktwechsel anfallenden Kosten nicht den Akquisitionskosten zuzurechnen. Gleiches gilt für die Anzahl an Kunden, die aufgrund der üblichen Fluktuationsrate einen Unternehmenswechsel vornehmen, unabhängig davon, ob es sich um einen Wachstumsmarkt handelt oder nicht.

524. Aufgrund der Sach- und Rechtslage, die sich anhand der vorstehend dargelegten Aspekte ergibt, bedürfen die zahlreichen weiteren Sachpunkte und Berechnungen, die von den Parteien im Rahmen des Verfahrens zum Nachweis der Kostenstruktur, der Abschreibungsmodalitäten und der Rentabilität vorgetragen wurden, keiner weiteren detaillierten Betrachtung, weil sie zu keiner Änderung der rechtlichen Einschätzung beitragen bzw. beitragen können. Insbesondere bedarf es keiner Auflösung des umfangreichen Vorbringens der Parteien, welche Daten in welchem Zusammenhang zu welchem Zeitpunkt von der jeweils anderen Partei angeblich richtig oder falsch ermittelt oder verwendet wurden.

525. Im Hinblick auf den Vorwurf der Beschwerdeführerinnen, der Umfang der Akquisitionskosten sei behördlicherseits abzuklären und nachzuweisen, ist Folgendes festzuhalten. Bei der Berücksichtigung von Akquisitionskosten im Rahmen von Wachstumsmärkten handelt es sich um eine besondere Sachverhaltskonstellation des konkreten Einzelfalls, deren Vorliegen von Seiten der Beschwerdeführerinnen geltend gemacht, von Seiten der Wettbewerbsbehörden allerdings bestritten wird. Auch unter Berücksichtigung des Untersuchungsgrundsatzes ist es daher Sache der Beschwerdeführerinnen, den Ausnahmesachverhalt in angemessener Weise inhaltlich darzulegen und zu substantiieren. Hierzu sind die notwendigen Tatsachen vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei vorzutragen. Es besteht in diesem Fall keine Verpflichtung der Wettbewerbsbehörden, unvollständige, nicht nachvollziehbare oder widersprüchliche Angaben der Beschwerdeführerinnen durch eigene Untersuchungs-massnahmen umfassend abzuklären und aufzulösen. Soweit die Beschwerdeführerinnen entsprechende Angaben nicht selbst klar- und richtigstellen, tragen sie auch das Risiko einer unter Umständen unzureichenden Würdigung dieser Angaben durch die Wettbewerbsbehörden. Vorliegend bedarf es jedenfalls keiner detaillierten verbindlichen Abklärung der vorstehend vorgetragenen Aspekte, die eine Reduzierung der anrechenbaren Akquisitionskosten nach sich ziehen, weil auch ohne ihre Berücksichtigung eine Abschreibung - wie dargelegt - nicht zu einem anderen Ergebnis führt und ihre verbindliche Abklärung das vorliegende Ergebnis lediglich bestätigen würde.

d) Amortisationsberechnungen

526. Im Zusammenhang mit der Erörterung einer notwendigen Abschreibung von Akquisitionskosten wurden von den Beschwerdeführerinnen auch Break Even-Berechnungen zur Amortisation der Akquisitionskosten vorgenommen, wobei die Forderung erhoben wurde, dass diese Amortisationsberechnungen als massgebliche Grundlage für eine Beurteilung von Preis-Kosten-Scheren heranzuziehen seien.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

527. Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen soll für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere allein massgeblich sein, ob sich aufgrund einer Break Even-Berechnung die Akquisitionskosten über die Verweildauer der Kunden wieder einspielen liessen. Generiere der Kunde für die Swisscom-Gruppe höhere wiederkehrende Erträge als Kosten, und übersteige die Verweildauer des Kunden die Dauer bis zum Erreichen der Gewinnschwelle, könne ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass das Gesamtgeschäft in absehbarer Zeit profitabel sei.

528. Da im vorliegenden Fall die Verweildauer der Kunden zehn Jahre, die Amortisationszeit für die Akquisitionskosten aber im Durchschnitt vier Jahre bzw. - unter Berücksichtigung der von der Vorinstanz vorgebrachten Einwendungen - fünf Jahre betrage, sei eine ausreichende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung gegeben gewesen. Die Swisscom-Gruppe habe daher in jeder Planungsphase damit rechnen können und dürfen, dass das Retail-Geschäft mittelfristig Gewinne abwerfen würde. Es habe entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch kein strukturelles Defizit vorgelegen, weil ein solches nur dann gegeben sei, wenn das Einzelhandelsgeschäft auf Dauer unprofitabel wäre.

529. Die im Rahmen der Berechnungen zu Grunde gelegte Verweildauer der Kunden errechne sich aus dem Kehrwert der jährlichen Abwanderungsrate, welche die prozentuale Quote an einzelnen Kunden, welche die Geschäftsbeziehung mit der Swisscom aufgeben würden, wiedergebe. Die Abwanderungsrate liege für die Swisscom-Gruppe bei neun Prozent, weshalb sich mindestens eine Verweildauer von über zehn Jahren ergebe.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

530. Die Vorinstanz macht demgegenüber geltend, dass den Break-Even-Berechnungen der Beschwerdeführerinnen keinerlei Aussagekraft zukäme, weil ein gewichtiger Teil der Kosten, wie Werbe- und Verkaufsaufwand sowie Verkaufsprovisionen, nicht einmalig, sondern aufgrund der Vertragslaufzeiten von 12 Monaten jährlich anfallen würden. Bei einer angemessenen Berücksichtigung von Werbe- und Verkaufsaufwand erhöhe sich der Break-Even auf 13 bzw. 14 Jahre für das Jahr 2006 und auf 10,72 Jahre für das Jahr 2007. Bei Berücksichtigung des weiteren Umstands, dass ein Drittel der Verkaufsprovisionen auch bei der Vertragsverlängerung anfallen würden, wäre der Deckungsbeitrag für Bestandskunden pro Jahr sogar negativ. Daher würde die von den Beschwerdeführerinnen angegebene äusserst lange Verweildauer in jedem Falle überschritten, unabhängig davon, dass eine sachgerechte Beurteilung ohnehin nicht zur Anerkennung eines derart langen Zeitraums führe.

(3) Würdigung durch das Gericht

531. Im Hinblick auf die Berücksichtigung von Amortisationsberechnungen ist festzuhalten, dass die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere anhand der Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Gross- und Einzelhandelsgeschäfts unter Berücksichtigung sämtlicher im Einzelfall relevanter wirtschaftlicher Aspekte durchzuführen ist (vgl. E. 444 ff.). Demgegenüber ist eine hierzu verkürzte Amortisationsberechnung in Bezug auf die Akquisitionskosten entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen grundsätzlich nicht massgeblich. Dies ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass den Akquisitionskosten im Regelfall keine besondere Bedeutung zukommt (vgl. E. 507).

532. Unabhängig davon würde sich angesichts des im vorliegenden Sachverhalt massgeblichen Ausgleichszeitraums für Akquisitionskosten von längstens drei Jahren auch unter Berücksichtigung einer Amortisa-tionsberechnung in jedem Fall keine andere Beurteilung ergeben.

533. Bereits die eigenen selektiven Rentabilitätsrechnungen der Beschwerdeführerinnen zur Amortisation der Akquisitionskosten führen zum Ergebnis, dass ein Neukunde im ungünstigsten Fall erst ab dem vierten Jahr profitabel war und die Gewinnschwelle mit durchschnittlichen Neukunden je nach Art des Breitbandprodukts zwischen 1,13 und 3,77 Jahren erreicht wurde, wobei die Amortisationszeit bei den verschiedenen Standardprodukten, die einen Anteil von 80% an den verkauften Produkten ausgemacht hatten, noch in den Jahren 2006 und 2007 jeweils deutlich über drei Jahren lag. Unter Berücksichtigung der von der Vorinstanz vorgebrachten Einwendungen in Bezug auf Höhe und Gegenstand der Akquisitionskosten, die unter sachlich gerechtfertigten Gründen überhaupt berechtigterweise angerechnet werden könnten (vgl. E. 518), konzedieren die Beschwerdeführerinnen im Rahmen einer überschlägigen Berechnung zudem, dass die Amortisationszeit dann tatsächlich mindestens fünf Jahre betragen hätte. Die tatsächliche Amortisationszeit bei Neukunden übertraf daher in wesentlichen Fällen den als maximal vorgesehenen Ausgleichszeitraum von drei Jahren.

534. Dieser Ausgleichszeitraum von drei Jahren bildet im vorliegenden Verfahren die maximale Dauer, die zum massgeblichen Zeitpunkt von Seiten der Swisscom-Gruppe als potentielle Verweildauer hätte herangezogen werden dürfen. Wie vorstehend dargelegt (vgl. E. 512 ff.), war die Bestimmung der zukünftigen Verweildauer bei Breitbandinternetkunden zum einen aufgrund historischer Daten nicht möglich, zum anderen war aufgrund des behaupteten Wettbewerbsdrucks sowie des Fehlens einer längeren Vertragsbindung nur von einer Verweildauer auszugehen, die nicht wesentlich über die vorgesehene Mindestvertragslaufzeit von einem Jahr hinausging. Die Swisscom-Gruppe konnte bei einer ordnungsgemässen Würdigung demzufolge im massgeblichen Zeitraum nicht davon ausgehen, dass die voraussichtliche Amortisation der Akquisitionskosten von mindestens fünf Jahren innerhalb der potentiellen Verweildauer der Kunden erfolgen würde.

e) Berücksichtigung des Wachstumsrabatts 2007

535. Umstritten ist die Berücksichtigung eines Nachlasses im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsrechnung des Einzelhandelsgeschäfts für das Geschäftsjahr 2007, der Bluewin aufgrund eines sog. Wachstumsrabatts für die Geschäftserfolge bei der Vermarktung der BBCS-Produkte im Dezem-ber 2007 durch eine interne Verrechnung gutgeschrieben worden war.

536. Der Wachstumsrabatt sollte nach Ansicht der Swisscom-Gruppe die BBCS-Kunden zu weiteren Anstrengungen im Einzelhandelsmarkt, der sich immer noch in der Wachstumsphase befand, animieren. Die Rabattbedingungen sahen vor, dass in Abhängigkeit des Verhältnisses zwischen dem individuellen Wachstum des jeweiligen Internetdienstanbieters und dem Wachstum des Gesamtmarkts ein gestaffelter Rabatt gewährt wurde, bei dem die Eckpunkte folgendermassen festgelegt waren: (i) Lag das individuelle Wachstum um mindestens 12% über dem Wachstum des Gesamtmarkts, wurde ein Rabatt in der Höhe von 15% eingeräumt; (ii) entsprach das individuelle Wachstum dem Wachstum des Gesamtmarkts, betrug der Rabatt 10%; (iii) lag das individuelle Wachstum mehr als 15% unter dem Wachstum des Gesamtmarkts, wurde noch ein Rabatt von 4% gewährt.

537. Der Wachstumsrabatt war von der Swisscom-Gruppe im Oktober 2006 angeboten worden, worauf 20 Internetdienstanbieter einen entsprechenden Rabattvertrag unterzeichneten. Gemäss den Vertragsbedingungen sollte der Rabatt aufgrund der tatsächlich eingetretenen Daten in Bezug auf individuelles Wachstum und Wachstum des Gesamtmarkts Anfang 2008 berechnet und anschliessend ausbezahlt werden.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

538. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts unter Berücksichtigung des Wachstumsrabatts bereits im Jahr 2007 gegeben war. Im Gegensatz zu den Vorjahren habe im Verhältnis zu den Verlusten in den Vorjahren ein geringer Gewinn in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF resultiert. Selbst ein geringfügiger Gewinn schliesse eine Kosten-Preis-Schere per se aus.

539. Der Rabatt entspreche den Anforderungen an ein Rabattsystem, welches die Vorinstanz im Verfahren ADSL I formuliert habe. Er sei wettbewerbsneutral und nicht diskriminierend ausgestaltet, weil Bluewin und alle anderen Internetdienstanbieter gleich behandelt worden seien.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

540. Die Vorinstanz ist der Ansicht, dass es Bluewin nur aufgrund des Wachstumsrabatts möglich gewesen sei, im Jahr 2007 einen Gewinn zu erwirtschaften. Die meisten anderen Internetdienstanbieter seien demgegenüber nicht in den Genuss eines gleich hohen Rabatts gekommen, was dazu geführt habe, dass sie aufgrund des hohen Grosshandelspreises nach wie vor keine Gewinne hätten realisieren können. Deshalb müsse der Wachstumsrabatt ausschliesslich als Quersubventionierung von Blue-win angesehen werden. Ausserdem schliesse ein geringfügiger Gewinn in einem Jahr die Existenz einer Kosten-Preis-Schere nicht aus. Selbst unter Berücksichtigung des Rabatts würde Swisscom nur ein im Verhältnis zu den Vorjahren geringen Gewinn erzielen, weshalb auch trotz der Verrechnung des Rabatts im Dezember 2007 vom Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere auszugehen wäre.

(3) Würdigung durch das Gericht

541. Nach eigenen Angaben der Beschwerdeführerinnen wurde Bluewin im Dezember 2007 aufgrund des Wachstumsrabatts für das Jahr 2007 ein interner Nachlass in der Höhe von insgesamt rund {.....} Mio. CHF im Rahmen der internen Verrechnung gutgeschrieben. Soweit dieser Nachlass nicht berücksichtigt wird, ergibt sich aus dem Einzelhandelsgeschäft nach unstrittiger Ansicht auch für das Jahr 2007 ein deutlicher Verlust in der Höhe von rund {.....} Mio. CHF, der sich in der Grössenordnung der Verluste in den vorhergehenden Jahren bewegt.

542. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Rabattbedingungen ist zunächst festzustellen, dass damit einerseits eine indirekte Preissenkung in der Höhe von 4% verbunden war, weil auch dann immer noch ein Minimalrabatt in dieser Höhe gewährt wurde, wenn das individuelle Wachstum eines Internetdienstanbieters erheblich unter dem Wachstum des Gesamtmarkts zurückblieb und gegebenenfalls auch gar nicht erreicht wurde. Andererseits konnte ein Rabatt von mehr als 10% auch nur dann erzielt werden, wenn der Internetdienstanbieter ein individuelles Wachstum erreichte, das grösser als dasjenige des Gesamtmarkts war. Insgesamt handelte es sich nicht um einen einfachen Mengenrabatt, weil der tatsächlich erzielte Nachlass nicht von der tatsächlich abgenommenen Mehr- oder Mindermenge, sondern vom Verhältnis der tatsächlich abgenommenen Mehr- oder Mindermenge zum Wachstum des Gesamtmarkts abhängig war. Letztlich war dieses Verhältnis für die sonstigen Internetdienstanbieter im Voraus nicht absehbar und auch nicht vom Umfang ihrer tatsächlich vorgenommen zusätzlichen Anstrengungen zur Geschäftsausdehnung abhängig. Ihre Preisstrategien zur Steigerung ihres Umsatzes konnten sie daher nur sehr eingeschränkt auf etwaig zu erwartende Nachlässe aus dem Wachstumsrabatt abstützen.

543. Für die Swisscom-Gruppe war aufgrund der bisherigen Entwicklung ihres Einzelhandelsgeschäfts (vgl. SV H.h) demgegenüber absehbar, dass das Umsatzwachstum zu einem Rabatt von mehr als 10% führen würde. Denn die Swisscom-Gruppe war dasjenige Unternehmen, welches das Einzelhandelsgeschäft in den vorhergehenden Jahren am meisten und jeweils über dem Wachstum des Gesamtmarkts zu vergrössern vermochte. Aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bestehenden sehr hohen Gewinnmargen im Grosshandelsgeschäft konnte die Swisscom-Gruppe im Rahmen ihrer Verkaufsförderungsmassnahmen auch eine riskantere Preisstrategie in Angriff nehmen, um ihren Anteil am Markt weiter zu vergrössern.

544. Wie die Beschwerdeführerinnen selbst einräumen, wurde der Wachstumsrabatt bereits nach einem Jahr wieder eingestellt, weil die effektiven Wachstumszahlen vieler Internetdienstanbieter zu geringeren als von der Swisscom-Gruppe erwarteten Nachlässen geführt hätten. Tatsächlich konnten sechs von zwanzig Internetdienstanbietern gegenüber dem Wachstum des Gesamtmarkts ein höheres individuelles Wachstum erzielen, während die restlichen vierzehn Internetdienstanbieter dahinter zurückblieben. Dieses Resultat stellt jedoch keine Überraschung dar, weil von vornherein nicht davon auszugehen war, dass alle Internetdienstanbieter ihren Umsatz in einem solchen Umfang hätten steigern können, der über dem Wachstum des Gesamtmarkts lag. Ein anderes als das tatsächlich eingetretene Resultat konnte demzufolge nicht der Grund für die Gewährung des Wachstumsrabatts gewesen sein. Dies wird auch dadurch belegt, dass der Wachstumsrabatt bereits nach einem Jahr wieder abgeschafft wurde.

545. Es ist demzufolge davon auszugehen, dass die Einführung des Wachstumsrabatts 2007 im Wesentlichen dazu diente, durch die Quer-subventionierung die mangelnde Wirtschaftlichkeit des Einzelhandelsgeschäfts der Swisscom-Gruppe buchhalterisch auszugleichen. Wesentlicher Nutzniesser des Wachstumsrabatts bildete demzufolge die Swiss-com-Gruppe selbst, die dadurch den Verlust des Einzelhandelsgeschäfts aufgrund der zu hohen Grosshandelspreise verschleiern konnte. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Einzelhandelsgeschäfts zur Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere ist die im Dezember 2007 vorgenommene Verrechnung des Nachlasses jedenfalls nicht zu berücksich-tigen.

546. Im Übrigen schliesst eine kurzfristige bzw. einmalige Erzielung eines geringen Gewinns die Annahme einer Kosten-Preis-Schere nicht aus. Massgebend für die Annahme einer Kosten-Preis-Schere ist das unangemessene Verhältnis zwischen den Grosshandels- und den Einzelhandelspreisen eines vertikal integrierten Unternehmens. Die Unangemessenheit dieses Verhältnisses kann auch dann gegeben sein, wenn die Preisspanne von Seiten des vertikal integrierten Unternehmens so ausgestaltet wird, dass die Gewinnschwelle in einem Jahr gerade erreicht wird. Denn ein einmaliger geringer Jahresgewinn in einem mehrjährigen Betrachtrachtungszeitraum führt prinzipiell nicht dazu, dass die Konkurrenzfähigkeit der Wettbewerber auf dem Endproduktmarkt in einem entscheidenden Ausmass verbessert wird.

f) Berücksichtigung von Bündelangeboten

547. Die Breitbandprodukte wurden von Bluewin und den anderen Internetdienstanbietern in Kombination mit Festnetztelefoniediensten angeboten. Strittig ist die Frage, ob Erträge aus anderen Produkten eines solchen Bündels im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Einzelhandelsgeschäft mit den Breitbandprodukten als Deckungsbeiträge zu berücksichtigen sind oder nicht.

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

548. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass eine isolierte Betrachtung von Breitbandprodukten zu eng sei. Angesichts der vorhandenen Angebote sei davon auszugehen, dass der Endkunde von den Fernmeldedienstanbietern aufgrund seines gesamten Bedarfs und nicht bloss als Breitband- oder als Telefoniekunde wahrgenommen werde. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass die Mitbewerber offensichtlich eine Mischrechnung zwischen Breitband- und Telefoniediensten vornehmen würden, weil die Breitbanddienste im Rahmen der Bündelangebote auch vergünstigt oder gratis abgegeben würden, um deren Attraktivität zu steigern. Daher müsse auch der Deckungsbeitrag aus dem Telefoniegeschäft bei der Beurteilung der Profitabilität des Breitbandeinzelhandelsgeschäfts mit einberechnet werden.

549. Aufgrund von eigenen Berechnungen der Beschwerdeführer sei davon auszugehen, dass sich aus dem Telefoniegeschäft ein Deckungsbeitrag in der Höhe von {...}.- CHF ergebe ({...}.- CHF aus der Festnetztelefonie und {..}.- CHF aus der Mobiltelefonie). Diesem Betrag entspreche auch die von Sunrise erhobene Zusatzgebühr in der Höhe von 15.- CHF für die Nutzung von Breitbandprodukten, soweit der Kunde nicht mehr dauernd auf dem Festnetz aufgeschaltet sei. Daraus ist ersichtlich, dass auch Sunrise das Breitbandgeschäft nicht isoliert betrachte und den Deckungsbeitrag aus der Festnetztelefonie mit 15.- CHF bewerte.

550. Unter Berücksichtigung eines angemessenen Deckungsbeitrags aus den übrigen Leistungsbereichen eines Bündelangebots würde die Amortisationszeit der Akquisitionskosten von 2.72 bis 3.77 Jahren auf 1.36 bis 1.57 Jahren sinken. Dies mache deutlich, dass sich die einmaligen Kosten innerhalb kurzer Zeit amortisieren liessen und eine Kosten-Preis-Schere nicht vorliege.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

551. In Bezug auf die Bündelangebote führt die Vorinstanz zunächst aus, dass auf dem Grosshandelsmarkt gar keine Bündelangebote angeboten würden, weshalb eine Berücksichtigung bereits prinzipiell ausscheide. Eine Berücksichtigung von Bündelangeboten führe zudem nur dazu, dass die Breitbandprodukte im Einzelhandelsgeschäft durch das Telefoniegeschäft quer subventioniert würden, wodurch die Breitbandprodukte im Einzelhandelsgeschäft für sich alleine jedoch nicht profitabel werden würden. Da die Endkunden vermehrt Bündelangebote nachgefragt hätten, wäre den Konkurrenten keine andere Wahl verblieben, als das unrentable Breitbandgeschäft quer zu subventionieren. Die Swisscom-Gruppe hätte somit mittels der Kosten-Preis-Schere die Erträge der Konkurrenten aus anderen Bereichen ebenfalls indirekt abschöpfen können.

(3) Würdigung durch das Gericht

552. Im Hinblick auf eine Berücksichtigung von Bündelangeboten ist zunächst zu berücksichtigen, dass diese weder aktuell noch potentiell auf dem Grosshandelsmarkt als Austauschprodukt für das Breitbandprodukt BBCS zur Verfügung standen und demzufolge unter keinem Gesichtspunkt zum relevanten Markt zu zählen sind. Ihre Berücksichtigung scheidet daher schon aus formalen Überlegungen aus.

553. Des Weiteren ist offensichtlich, dass durch eine zwingende Berücksichtigung von Deckungsbeiträgen aus anderen Leistungsbereichen der Telekommunikation, die in einem Bündel mit dem jeweiligen in Frage stehenden Internetprodukt angeboten werden, die anfallenden Verluste mittels einer Quersubventionierung ausgeglichen werden und damit die unzureichende Wirtschaftlichkeit des Breitbandgeschäfts verbessert wird.

554. Durch die notwendige Bündelung verliert der Wettbewerber zudem die Wahlmöglichkeit, auf das Internetprodukt zu verzichten und nur noch sonstige Telekommunikationsdienstleistungen anzubieten. Vielmehr wird er gezwungen, das verlustträchtige Internetprodukt durch seine sonstigen Telekommunikationsdienstleistungen zu finanzieren. Demzufolge wird durch eine Produktbündelung die Wettbewerbsfähigkeit des Wettbewerbers auf der Einzelhandelsstufe nicht nur auf dem Markt des Internetprodukts, sondern auch noch auf den Märkten der sonstigen Telekommunikationsdienstleistungen beeinträchtigt. Denn die infolge der notwendigen Querfinanzierung verbrauchten Finanzmittel fehlen einem Wettbewerber zur Durchführung eines Preiswettbewerbs auf diesen sonstigen Märkten.

555. Bei Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere werden deren wettbewerbswidrige Auswirkungen demzufolge sogar noch verstärkt, soweit aufgrund einer Bündelung des massgeblichen Produkts mit anderen Leistungsbereichen eine Quersubventionierung durch die anderen Wettbewerber auf Einzelhandelsstufe erfolgt. Denn die Bündelung verschlechtert die Chancengleichheit eines (ebenso effizienten) Wettbewerbers auf dem Markt. Unter Berücksichtigung der tatsächlich eintretenden Auswirkungen einer Kosten-Preis-Schere ist es daher ausgeschlossen, dass Deckungsbeiträge aus anderen Produktbereichen eines Produktbündels für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit des massgeblichen Produkts herangezogen werden.

556. Dies entspricht auch der EU-Wettbewerbspraxis, die eine Berücksichtigung von Erträgen aus anderen Produktbereichen im Rahmen der Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere ablehnt (vgl. EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 201 f.; EuGH, EU:C:2010:603, Deutsche Telekom, Ziff. 230, EuG, EU:T:2008:101, Deutsche Telekom, Ziff. 198 f.; EU-Kom, Comp/C1/37.451, Deutsche Telekom, Ziff. 117).

4) Kausalität

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

557. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Verweis auf das Gutachten von Büren geltend, dass ein Behinderungsmissbrauch nicht nachgewiesen sei. Denn die Vorinstanz habe nicht belegt, dass den Wettbewerbern die Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit im Breitbandbereich erheblich erschwert oder quasi verunmöglicht worden sei. Der Verweis auf die von der EU-Kommission untersuchten Fälle sei fehl am Platz, weil weder die Marktsituation noch das Regulierungssystem vergleichbar seien.

558. Insbesondere beruhe der Rückzug von Tele2 vom Markt auf einer Strategieänderung des Mutterhauses. Denn zeitgleich habe sich Tele2 aus mehreren europäischen Ländern zurückgezogen. Überdies seien Klagen von Konkurrenten nicht bereits ein Beweis für unzulässige Behinderungen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

559. Die Vorinstanz macht geltend, es sei nicht alleine massgeblich, ob sich Tele2 (auch) aufgrund des BBCS-Preises aus dem schweizerischen Telekommunikationsmarkt zurückgezogen habe. In der Verfügung der Vorinstanz sei lediglich festgehalten worden, dass die Margen mit ein Grund gewesen sein könnten. Zwar sei richtig, dass Klagen von Konkurrenten keinen Beweis für eine unzulässige Behinderung darstellen würden, doch seien diese zumindest ein Hinweis für eine zu knappe Marge.

560. Die Vorinstanz führt überdies aus, dass die von der Swisscom-Gruppe angewandte Kosten-Preis-Schere sich in zweierlei Hinsicht als wohlfahrtsschädigend auswirke. Zum einen werde die effektive Wahlmöglichkeit beschränkt, was sich innovationshemmend auswirke. Zum anderen nutze die Swisscom-Gruppe die Kosten-Preis-Schere dazu, um auf dem Markt höhere Preise durchzusetzen und gleichzeitig durch Gewährung von Einführungsrabatten ihre Konkurrenten auf dem Einzelhandelsmarkt am Wachstum zu hindern.

(3) Würdigung durch das Gericht

561. Für die Verwirklichung einer Kosten-Preis-Schere ist allein das Auftreten einer unzureichenden Preisspanne nach der bisherigen EU-Wett-bewerbspraxis nicht ausreichend. Vielmehr muss die wettbewerbswidrige Beeinträchtigung durch eine Analyse der einzelfallbezogenen Auswirkungen bestätigt werden, um ein solches Vorgehen als missbräuchlich zu qualifizieren (vgl. EuGH, EU:C:2011:83, TeliaSonera, Ziff. 61, 63; EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 124; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 270;Eilmannsberger/Bien, MüK-EuKR, Art. 102 Rn. 549; Fuchs/ Möschel, IM-EuKR, Art. 102 Rn. 358).

562. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist es für die Verwirklichung einer Kosten-Preis-Schere nicht erforderlich, dass den im Wettbewerb durch das marktmächtige Unternehmen beeinträchtigten Konkurrenten die Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit völlig verunmöglicht oder in schwerwiegender Weise erschwert wird.

563. Im Übrigen ist es auch nicht erforderlich, im Einzelnen detailliert nachzuweisen, welcher Marktteilnehmer als Abnehmer des Vorprodukts, (i) in welcher Weise und in welchem Ausmass von der unzureichenden Preisspanne betroffen wurde, und (ii) welche konkreten Massnahmen als Folge der unzureichenden Preisspanne durchgeführt hat. Vielmehr ist es ausreichend, wenn bei einer Gesamtwürdigung aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls davon auszugehen ist, dass von der Preisgestaltung des marktbeherrschenden Unternehmens eine potentiell beeinträchtigende Wirkung für die Abnehmer des Vorprodukts ausging. Da der Schutz des Wettbewerbs gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG nicht nur darauf ausgerichtet ist, Endverbraucher vor einem unmittelbaren Schaden durch ein missbräuchliches Verhalten zu bewahren, sondern auch darauf, angemessene Wettbewerbsstrukturen sicherzustellen, wird der verbliebene bzw. der zumindest sich noch einstellende Wettbewerb bereits durch die nicht nur rein theoretische Möglichkeit einer Beeinträchtigung weiter gefährdet. Diese Einschätzung entspricht im Ergebnis auch der EU-Wettbewerbs-praxis zur Kosten-Preis-Schere (vgl. EuGH, EU:C:2014:2062, Telefonica, Ziff. 124; EuG, EU:T:2012:172, Telefonica, Ziff. 270; EuGH, EU:C:2011: 83, TeliaSonera, Ziff. 64). Aus diesem Grund erlangt der Aspekt, ob der Rückzug vom schweizerischen Markt durch Tele2 zumindest teilweise durch die von der Swisscom-Gruppe angewendeten Preis-Kosten-Schere verursacht wurde, keine Bedeutung und bedarf demzufolge auch keiner Abklärung.

564. Wie vorstehend dargelegt, hat die Swisscom-Gruppe die unzulässige Preisgestaltung auf dem Breitbandmarkt zu Lasten der anderen Internetdienstanbieter als Abnehmer ihres Grosshandelsprodukts im Zeitraum von April 2004 bis Dezember 2007 vorgenommen. Während dieses Zeitraums war es den anderen Internetdienstanbietern nicht möglich, angesichts der Grosshandelspreise, die sie an die Swisscom-Gruppe für die BBCS-Produkte bezahlt haben, und ihrem Einzelhandelspreis, den sie im Wettbewerb auf dem Einzelhandelsmarkt an demjenigen von Bluewin ausrichten mussten, eine ausreichende sachgerechte Marge zu erzielen. Angesichts dieser Umstände ist davon auszugehen, dass während des massgeblichen Zeitraums auch eine Beeinträchtigung der anderen Internetdienstanbieter im Wettbewerb stattgefunden hat, weil diese den Absatz des Vorprodukts nur unter Inanspruchnahme von Erträgen aus anderen Geschäften bewerkstelligen konnten.

5) Rechtfertigungsgründe

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

565. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass das Vorliegen von Rechtfertigungsgründen nicht ordnungsgemäss geprüft worden sei.

566. Hierzu führen sie an, dass die Vorinstanz in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungs- bzw. strafrechtlichen Sanktionsverfahren sich damit begnügt habe, die von Swisscom vorgetragenen Rechtfertigungsgründe zu widerlegen, nicht aber von Amtes wegen geprüft habe, ob eine Verhaltensweise aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei.

567. Als Rechtfertigung für ihr Verhalten tragen die Beschwerdeführerinnen vor, (i) die hohen Anfangsinvestitionen hätten die entsprechenden Preisfestsetzungen auf der Grosshandelsstufe bedingt, und (ii) die Einzelhandelspreise hätten nicht anders gestaltet werden können, weil sie der Preispolitik der kabelnetzbasierten Konkurrenten hätten Rechnung tragen müssen.

568. Ansonsten verweisen die Beschwerdeführerinnen darauf, dass die übrigen in der Stellungnahme zum Entwurf der vorinstanzlichen Verfügung als "legitimate business reasons" vorgebrachten Argumente wenigstens im Rahmen der Rechtfertigungsgründe hätten berücksichtigt werden müssen, nachdem sie im Rahmen der materiellen Prüfung der Kosten-Preis-Schere nicht berücksichtigt worden seien. Daher würden sich weitere Ausführungen dazu in der vorliegenden Beschwerde erübrigen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

569. Die Vorinstanz macht geltend, dass im vorliegenden Fall keine Rechtfertigungsgründe ersichtlich seien und hält fest, dass selbst die grösste Kabelnetzbetreiberin nur begrenzt Wettbewerbsdruck auf die Beschwerdeführerinnen ausüben könne.

(3) Würdigung durch das Gericht

570. Zunächst ist allgemein festzuhalten, dass die Wettbewerbsbehörden ungeachtet des Untersuchungsgrundsatzes nicht verpflichtet sind, nach Gründen zur Rechtfertigung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens zu forschen. Denn die Wettbewerbsbehörden haben einzig den entscheiderheblich erscheinenden Umständen im Rahmen des Zumutbaren nachzugehen (vgl. Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12 Rn. 27). Von Amtes wegen sind daher lediglich offensichtliche Aspekte, die eine solche sachliche Bedeutung aufweisen, dass sie als Rechtfertigung für das konkrete wettbewerbswidrige Verhalten dienen könnten, von den Wettbewerbsbehörden im Rahmen ihrer Prüfung abzuklären und für eine Entscheidung heranzuziehen. Andere Aspekte, die zur Rechtfertigung herangezogen werden sollen, sind vom betreffenden Unternehmen selbst darzulegen und zu begründen. Dies entspricht dem allgemeinen Grundsatz, wonach die Parteien in allen Verfahren, bei denen ihre Mitwirkung durch das öffentliche Interesse an einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung geboten ist, nach Treu und Glauben die Ermittlung des Sachverhalts in angemessener Weise zu unterstützen haben, wobei sie alles Zumutbare zur Abwendung eines ihnen zum Nachteil gereichenden Verhaltens zu unternehmen haben (vgl. BGE 130 II 449, TV-Abo-Preise, E. 6.6.1, Krauskopf/Emmenegger, VwVG, Art. 12
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 12 Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung
1    Wer durch eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert wird, hat Anspruch auf:
a  Beseitigung oder Unterlassung der Behinderung;
b  Schadenersatz und Genugtuung nach Massgabe des Obligationenrechts21;
c  Herausgabe eines unrechtmässig erzielten Gewinns nach Massgabe der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
2    Als Wettbewerbsbehinderung fallen insbesondere die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen sowie Diskriminierungsmassnahmen in Betracht.
3    Die in Absatz 1 genannten Ansprüche hat auch, wer durch eine zulässige Wettbewerbsbeschränkung über das Mass hinaus behindert wird, das zur Durchsetzung der Wettbewerbsbeschränkung notwendig ist.
Rn. 54). Art. 30 Abs. 2 KG, der das Recht eines Verfahrensbeteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme vorsieht und eine sachliche Erweiterung von dessen verwaltungsrechtlichem Anspruch auf rechtliches Gehör darstellt (vgl. BGer, 2A.492/2003, Elektra Baselland, E. 3.4; Borer, KG, Art. 30 Rn. 5; Carcagni Romina, in: Baker & McKenzie [Hrsg.], Kartellrecht, 2007, zit. SHK-KG, Art. 30 Rn. 7; Zirlick/Tagmann, BSK-KG, Art. 30 Rn. 15), verdeutlicht unzweifelhaft, dass im Rahmen des Kartellverfahrens ein öffentliches Interesse an einer umfassenden Sachverhaltsaufklärung besteht. Ein Unternehmen trifft daher nach Treu und Glauben eine Mitwirkungspflicht im Hinblick auf die Darstellung von Rechtfertigungsgründen, die sich für die Wettbewerbsbehörden nicht aufgrund des massgeblichen Sachverhalts offensichtlich ergeben und im Rahmen des Verfügungsantrags des Weko-Sekretariats abgehandelt werden. Dies gilt unabhängig davon, dass einem Kartell-sanktionsverfahren gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ein strafrechtsähnlicher Charakter im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK beizumessen ist.

571. Allein aus dem Umstand, dass die Wettbewerbsbehörden im Rahmen des Antrags oder der Verfügung gar keine oder nur von dem Unternehmen geltend gemachte Rechtfertigungsgründe abgehandelt haben, ergibt sich noch keine unzureichende Abklärung von Rechtfertigungsgründen.

572. Wie bereits vorstehend vorgetragen wurde (vgl. E. 488), führten die hohen Investitionen lediglich in den ersten Jahren zu einem negativen Ergebnis im Grosshandelsgeschäft. Bereits ab dem Jahr 2003 konnte ein positives Jahresergebnis erzielt werden. Die Profitabilität des Grosshandelsgeschäfts wurde spätestens im März 2004 dokumentiert. Im Laufe des Jahres 2005 wurden auf der Grosshandelsstufe sämtliche Verluste aus den Jahren 2001 bis 2003 durch entsprechende Gewinne wettgemacht. Die geltend gemachten Anfangsinvestitionen stellen daher keinen Rechtsfertigungsgrund für die Weiterführung der Kosten-Preis-Schere im massgeblichen Zeitraum dar.

573. Die weitere Behauptung der Beschwerdeführerinnen, die Bedingtheit des Einzelhandelspreises sei der Preispolitik der Kabelnetzbetreiber geschuldet, stellt von vornherein kein Rechtfertigungsgrund dar, weil sich dadurch der Verkaufspreis für das Grosshandelsprodukt nicht begründen lässt.

574. Weitere Rechtfertigungsgründe sind nicht ersichtlich, umso mehr, als von den Beschwerdeführerinnen keine solchen in substantiierter Weise vorgetragen wurden.

6) Zwischenergebnis

575. Die Swisscom-Gruppe hat im Zeitraum zwischen April 2004 und Dezember 2007 durch die Ausgestaltung ihrer Grosshandelspreise für die Breitbandprodukte BBCS einerseits und ihrer Einzelhandelspreise für die Breitbandprodukte xDSL andererseits den Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere gemäss Art. 7 Abs. 1 KG verwirklicht.

VIII. Sanktionen

576. Die Vorinstanz hat gegen die Beschwerdeführerinnen gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG eine Busse in der Höhe von 219'861'720.- CHF ausgesprochen.

1) Massgebende Sanktionsvorschriften

577. Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG sieht vor, dass ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Art. 5 Abs. 3 und 4 KG beteiligt ist oder sich nach Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG unzulässig verhält, mit einer Sanktion belastet wird.

578. Die Zielgruppe der Sanktionen entspricht dabei dem Kreis der Kartellrechtssubjekte gemäss Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG. Soweit eine natürliche Person als Unternehmen im Sinne des Kartellgesetzes zu qualifizieren ist, wäre sie entsprechend den sonstigen Kartellrechtssubjekten zu behandeln (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 6; Tagmann, Sanktionen, 13; Wiprächtiger/ Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 207)

579. Im Gegensatz zu sonstigen, nicht in Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG aufgeführten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, ist jeder Missbrauch von Marktmacht gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG unmittelbar sanktionierbar. Im vorliegenden Sachverhalt ist - wie vorstehend dargelegt - der Sachverhalt einer Preis-Kosten-Schere gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG gegeben.

a) Unschuldsvermutung

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

580. Die Beschwerdeführerinnen machen in allgemeiner Weise einen Verstoss gegen die Unschuldsvermutung geltend. Danach habe jede beschuldigte Person gemäss Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und Art. 32 Abs. 1 BV bis zum Nachweis ihrer Schuld als unschuldig zu gelten und es sei Sache der Behörde, die Schuld nachzuweisen. Dabei setze ein Schuldspruch den Nachweis aller urteilsrelevanten Tatsachen voraus. Vermutungen, Plausibilitäten oder eine überwiegende Wahrscheinlichkeit würden hierfür nicht ausreichen. Die Vorinstanz habe aber nicht mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit den Nachweis des objektiven und subjektiven Tatbestands führen können. Insbesondere seien weder ein Vollbeweis hinsichtlich einer marktbeherrschenden Stellung noch einer unzulässigen Verhaltensweise noch eines Verschuldens erbracht.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

581. Die Vorinstanz ist der Ansicht, dass sämtliche Tatbestandsmerkmale entsprechend den durch Gesetz und Rechtsprechung gegebenen Anforderungen nachgewiesen wurden. Sie verweist dabei auf die Ausführungen zu den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen.

(3) Würdigung durch das Gericht

582. Im Hinblick auf die Anforderungen an das Beweismass, das einem Entscheid zu Grunde zu legen ist, ist auf die Ausführungen zur Kognition des Bundesverwaltungsgerichts als Beschwerdeinstanz zu verweisen (vgl. E. 146 ff.). Da die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, im Kartellrecht müssten die Wettbewerbsbehörden bzw. das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls bei einer Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG mit Gewissheit sämtliche Tatbestandsmerkmale bejahen können, wie vorstehend dargelegt abzulehnen und einem Entscheid nicht zu Grunde zu legen ist, ergibt sich nicht bereits aus der blossen Anwendung eines abweichenden Beweismasses ein Verstoss gegen die Unschuldsvermutung. Im Hinblick auf die einzelnen Tatbestandsmerkmale wurde bei deren Abhandlung dargelegt, dass diese von den Beschwerdeführerinnen erfüllt wurden. Aus diesem Grunde ergeben sich weder eine allgemeine noch eine spezifische Verletzung der Unschuldsvermutung.

b) Bestimmtheit der Tatbestandsmässigkeit

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

583. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass eine Sanktionierung wegen verschiedener Aspekte einer Verletzung des Bestimmtheitsgebots ausgeschlossen sei.

584. Zunächst wird von den Beschwerdeführerinnen eingewendet, dass der Gesetzestext zu unbestimmt sei. Die Sanktionsnorm des Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG enthalte keine eigenständige Umschreibung des tatbestandsmässigen Verhaltens, sondern verweise pauschal auf Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG. Unter Verweis auf die Rechtsprechung (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 4.5.1) wird darauf hingewiesen, dass Art. 7 Abs. 1 KG für sich allein den Anforderungen des Bestimmtheitsgebots nicht zu genügen vermöge. Auch wenn Art. 7 Abs. 1 KG - wie von der Rechtsprechung vor-ausgesetzt - in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2 KG als Einheit zu sehen wäre, werde die Bestimmtheit dadurch nicht erhöht, weil beide Absätze jeweils nur auf verschiedene Tatbestandsmerkmale bezogen seien. Daher sei zum einen das Tatbestandsmerkmal der Marktbeherrschung nicht ausreichend bestimmt, weil die in Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG statuierte Generalklausel keine genaue Definition enthalte und auslegungsbedürftig sei. Zum anderen sei das Tatbestandsmerkmal der Diskriminierung zu unbestimmt, weil das Gesetz nicht näher definiere, was unter einer Diskriminierung zu verstehen sei.

585. Des Weiteren wird eingewendet, dass keine einschlägige Fallpraxis vorhanden gewesen sei. Im Kartellrecht bestünde grundsätzlich nur eine quantitativ beschränkte Fallpraxis. Entscheide, die zu einem Wirtschaftsbereich ergangen seien, könnten nicht auf einen anderen Wirtschaftsbereich übertragen werden. Zu Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 7 Abs. 2 lit. b KG habe zum Zeitpunkt der vorinstanzlichen Verfügung keinerlei einschlägige Fallpraxis bestanden. Die Fallpraxis der europäischen Behörden könne nicht herangezogen werden, weil die Verhältnisse nicht vergleichbar seien und auch dort keine einheitliche Praxis festgestellt werden könne. Auf die Ansichten im Schrifttum könne nicht zurückgegriffen werden, weil nur eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung den Anforderungen an die Bestimmtheit genüge. Auch der Entscheid der Vorinstanz sei immer noch zu unbestimmt, weil nicht konkretisiert werde, was unter der Voraussetzung "ausreichende Gewinne für einen Verbleib im Markt" im Rahmen der Beschreibung einer Kosten-Preis-Schere genau zu verstehen sei.

586. Im Hinblick auf die Verwirklichung des Art. 7 Abs. 2 lit. b KG, der in der vorinstanzlichen Verfügung als massgebliche Tatbestandsvariante bezeichnet worden sei, wird eingewendet, der Tatbestand der Diskriminierung sei nicht verwirklicht worden. Da die Swisscom-Gruppe alle Handelspartner und die konzerninternen Einheiten immer gleich behandelt habe, könne eine Diskriminierung im Sinne der Vorschrift nicht vorliegen. Art. 7 Abs. 1 EMRK untersage eine Erweiterung von Tatbeständen einer Strafnorm. Daher könne der Tatbestand nicht entsprechend der Argumentation der Vorinstanz auf eine indirekte Diskriminierung erweitert werden. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 12.4.1) könne eine solche Lücke nicht durch die Schaffung neuer Straftatbestände im Wege der Auslegung erfolgen, vielmehr müsse der Gesetzgeber entscheiden, ob er diese Lücke schliessen wolle oder nicht. Die Swisscom-Gruppe sei deshalb nicht in der Lage gewesen, zu erkennen, dass eine angebliche Kosten-Preis-Schere unter Art. 7 Abs. 2 lit. b KG subsumiert werden könne.

587. Da Art. 7 Abs. 1 KG nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 5.4.1) zu unbestimmt sei, um allein gestützt darauf Strafen zu verhängen, dürften auch nur für die in Art. 7 Abs. 2 KG ausdrücklich aufgeführten Verhaltensweisen Strafen gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG verhängt werden. Selbst wenn eine Kosten-Preis-Schere unter die Generalklausel von Art. 7 Abs. 1 KG subsumiert werde, könnte demzufolge für einen solchen Wettbewerbsverstoss keine Sanktion verhängt werden.

588. Die mangelnde Bestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG könne entgegen der bisherigen Rechtsprechung auch nicht mit einem Hinweis auf verschiedene, inhaltlich weit gefasste strafrechtliche Bestimmungen, wie insbesondere Wucher gemäss Art. 157 StGB oder Nötigung gemäss Art. 181 StGB, verglichen und erklärt werden. Denn diese Vorschriften seien zum einen über die Jahrzehnte hinweg durch eine reiche Fallpraxis konkretisiert worden. Zum anderen würden diese Vorschriften im Gegensatz zu den kartellrechtlichen Bestimmungen auch kein spezielles ökonomisches Fachwissen bzw. einen besonderen ökonomischen Sachverstand voraussetzen. Die kernstrafrechtlichen Normen würden daher einen wesentlich höheren Grad an Bestimmtheit aufweisen.

589. Letztlich fehle es schon deshalb an der Bestimmtheit der Norm, weil die Vorinstanz nicht dargelegt habe, welcher Preis und welche Marge angemessen bzw. ausreichend gewesen wären. Wenn schon eine Fachbehörde nicht sagen könne, bei welchem Preis ein Verhalten zulässig sei oder nicht, könne von einem Unternehmen unter dem Blickwinkel der Voraussehbarkeit und Bestimmtheit staatlicher Sanktionen sicher nicht mehr verlangt werden.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

590. Die Vorinstanz hält den Tatbestand des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG unter Verweis auf die bestehende Rechtsprechung für ausreichend bestimmt.

(3) Würdigung durch das Gericht

591. Die Frage einer ausreichenden Bestimmtheit der Generalklausel des Art. 7 Abs. 1 KG wurde vom Bundesgericht (vgl. BGE 139 I 72, Publi-groupe, E. 8.2.2) unter Hinweis auf divergierende Ansichten in der Literatur (vgl. bejahend Heinemann Andreas, Direkte Sanktionen im Kartellrecht, Jusletter 21.6.2010, Sanktionen, Rn. 24; ablehnend Wildhaber, Wettbewerbsrecht, Rn. 87) bislang ausdrücklich offen gelassen.

592. Das Bestimmtheitsgebot bildet einen Teilgehalt des Legalitätsprinzips, welches verfassungs- und konventionsrechtlich allgemein für alle Rechtsgebiete in Art. 5 Abs. 1 BV und darüber hinaus für den Bereich des Strafrechts zusätzlich in Art. 7 EMRK verankert ist (vgl. BGE 138 IV 13 E. 4.1). Danach muss ein Rechtssatz, welcher die Grundlage für eine staatliche Massnahme bildet bzw. bilden soll, hinreichend klar und bestimmt ausgestaltet sein. Hierzu muss die Norm so präzise formuliert sein, dass der Bürger sein Verhalten danach ausrichten und die Folgen eines bestimmten Verhaltens mit einem den Umständen entsprechenden Grad an Gewissheit erkennen kann (vgl. BGE 138 IV 13 E. 4.1; BGE 119 IV 242 E. 1c; BGE 117 Ia 472 E.3e), bzw. dass er erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen als Straftat qualifiziert werden und welche Sanktion für die Tat angedroht wird, damit er sein Verhalten entsprechend anpassen kann (vgl. EGMR, 15.7.2014, 45554/08, Ashlarba gg. Georgien, zit. Ashlarba, Ziff. 33; EGMR, 12.2.2008, 21906/04, Kafkaris gg. Zypern, zit. Kafkaris, Ziff. 140). Der Zweck des Bestimmtheitsgebots besteht im Wesentlichen darin, Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit zu gewährleisten (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 368 f.; Popp Peter/Berkemeier Anne, in: Niggli/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Straftrecht I, 3. Aufl. 2013, zit. BSK-StGB I, Art. 1 Rn. 44; Renzikowski Joachim, in: Pabel/Schmahl [Hrsg.], Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, 2013, zit. IKEM, Art. 7 Rn. 52; Stratenwerth Günter, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil I: Die Straftat, 4. Aufl. 2011, zit. AT I, § 4 Rn. 3 f.). Nach einhelliger Auffassung bezieht sich das Bestimmtheitsgebot sowohl auf den Tatbestand als auch auf die Rechtsfolgen, und es bindet nicht nur den Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Norm, sondern auch die Rechtsprechung bei deren Anwendung.

593. Während eine Gesetzesvorschrift im kodifizierten nationalen Recht primär als Befehl eines Gesetzgebers gegenüber den Behörden und Gerichten zur Anwendung des Rechts angesehen wird und die Beurteilung der Gesetzesbestimmtheit daher auf eine richtige Umsetzung der inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers durch die Rechtsprechung ausgerichtet ist, wird die Gesetzesbestimmtheit unter der Europäischen Menschenrechtskonvention angesichts des Einflusses des Common Law von vornherein als Einheit aus Gesetzesrecht und richterlicher Rechtsanwendung behandelt (vgl. Renzikowski, IKEM, Art. 7 Rn. 53). Aus den unterschiedlichen Ansätzen ergeben sich aber keine beachtlichen und erkennbaren Unterschiede für die Beurteilung konkreter Rechtsfälle. Vielmehr sind sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch das Bundesgericht äusserst zurückhaltend mit der Annahme einer Unbestimmtheit gesetzlicher Normen.

594. Das Bestimmtheitsgebot kann nämlich nicht in absoluter Weise verstanden werden. Denn es ist von vornherein ausgeschlossen, dass alle denkbaren Sachverhaltsvarianten, die rechtlich in spezifischer Weise erfasst werden sollen, in einer gesetzlichen Vorschrift auch ausdrücklich abgebildet werden können. Der Gesetzgeber kann daher gar nicht darauf verzichten, allgemeine sowie mehr oder weniger vage Begriffe zu verwenden, deren Auslegung und Anwendung der Rechtspraxis überlassen werden muss (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.1; BGE 138 IV 13 E. 4.1; EGMR, 21906/04, Kafkaris, Ziff. 141; EGMR, 25.5.1993, 14307/ 88, Kokkinakis gg. Griechenland, Ziff. 40). Dabei kann der notwendige Grad der Bestimmtheit nicht abstrakt definiert werden, weshalb sich nicht einmal ein allgemeines Mindestmass an Bestimmtheit festlegen lässt (vgl. Popp/Berkemeier, BSK-StGB, Art. 1 Rn. 45; Stratenwerth, AT I, § 4 Rn. 14). Zudem bedürfen Rechtsvorschriften angesichts der immerwährenden gesellschaftlichen Veränderungen auch einer inhaltlichen Fortschreibung und Anpassung, die durch die Rechtsprechung gewährleistet werden muss. Daher bildet die richterliche Interpretation von Rechtsvorschriften ein notwendiges und durch die Rechtstradition anerkanntes Element der Rechtsanwendung, um zweifelhafte Punkte zu klären und eine Anpassung an veränderte Verhältnisse vorzunehmen (vgl. EGMR, 21906/04, Kafkaris, Ziff. 141; EGMR, 12.7.2007, 74613/01, Jorgic gg. Deutschland, zit. Jorgic, Ziff. 101). Eine Rechtsfortbildung ist dabei immer dann zulässig - auch wenn es sich um den ersten Rechtsfall seiner Art handelt (vgl. EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 109; EGMR, 16.9.2004, 60819/00, Delbos gg. Frankreich, zit. Delbos, o. Ziff. [S. 12]) -, wenn das Ergebnis der Entwicklung mit dem Kern der Vorschrift in Einklang steht und vernünftigerweise vorherzusehen war (vgl. BGE 138 IV 13 E. 4.1; EGMR, 45554/08, Ashlarba, Ziff. 34; EGMR, 21906/04, Kafkaris, Ziff. 141; EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 101; EGMR, 7.9.2004, 58753/00, Eurofinacom gg. Frankreich, zit. Eurofinacom, o. Ziff. [S. 22]; EGMR, 25.9.2001, 34941/97, Unterguggenberger gg. Österreich, zit. Unterguggenberger, o. Ziff. [S. 13]; EGMR, 22.3.2001, 34044/96, 35532/97 und 44081/98, Streletz/Kessler/Krenz gg. Deutschland, Ziff. 50; EGMR, 22.11.1995, 20166/92, S.W. gg. Grossbritannien, Ziff. 36). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nur ausnahmsweise davon auszugehen, dass einer gesetzlichen Vorschrift eine ausreichende Bestimmtheit von vornherein abgesprochen werden kann.

595. Nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als auch des Bundesgerichts hängt das notwendige Mass der Bestimmtheit von einer ganzen Reihe an Kriterien ab, die im Rahmen einer einzelfallweisen Beurteilung zu berücksichtigen sind: (i) Komplexität der Regelungsmaterie und der dadurch bedingten Vielfalt an zu ordnenden Sachverhalten, (ii) Anzahl und Status der Normadressaten, (iii) Komplexität und Vorhersehbarkeit der im Einzelfall erforderlichen Entscheidung, (iv) Schwere des Eingriffs in Verfassungsrechte oder sonstige Rechte, sowie (v) Sachgerechtigkeit der Entscheidung aufgrund der im Einzelfall notwendigen und möglichen Konkretisierung. Dabei sind im Rahmen der Beurteilung die nachfolgend aufgeführten Aspekte zu berücksichtigen.

596. Massgebend für die inhaltliche Verständlichkeit einer Norm ist das zu erwartende Verständnis des jeweiligen Adressatenkreises einer Vorschrift. So kommt technischen Begriffen und sonstigen Fachausdrücken nicht ein allgemeiner, sondern der jeweilige fachspezifische Inhalt zu, wenn als Normadressat nicht die Allgemeinheit, sondern Fachgruppen oder ausgewählte Mitglieder einer Berufsgruppe angesprochen werden (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.1 [2. Abs.]; EGMR, 60819/00, Delbos, o. Ziff. [S. 11]; EGMR, 58753/00, Eurofinacom, o. Ziff. [S. 23]; EGMR, 28.3.1990, 10890/84, Groppera gg. Schweiz, Ziff. 68; Renzikowski, IKEM, Rn. 53).

597. Grundsätzlich gilt in jedem Falle für alle Rechtssubjekte, dass sie in einem vernünftigen, den Umständen entsprechenden Masse rechtlichen Rat einholen müssen, um die möglichen Folgen eines bestimmten Handelns zu ermitteln (vgl. BGE 138 IV 13 E. 4.1; BGE 132 I 49 E. 6.2; BGE 128 I 327 E. 4.2, je m.w.H.; EGMR, 58753/00, Eurofinacom, o. Ziff. [S. 24]; EGMR, 24.02.1998, 140/1996/759/958-960, Larissis u.a. gg. Griechenland, Ziff. 34; EGMR, 11.11.1996, 17826/91, Cantoni gg. Frankreich, zit. Cantoni, Ziff. 35). Dabei sind auch die Ansichten anderer Autoritäten als die nationalen Gerichte zu berücksichtigen (vgl. EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 107, 113). Zum einen sind Entscheide internationaler Gerichte oder Gremien, die in einem sachlichen Zusammenhang zum jeweiligen Rechtsfall stehen, als Autorität zu berücksichtigen (vgl. EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 107, 112, wonach auch die Entscheide des Internationalen Strafgerichtshofs und Resolutionen der Vereinten Nationen für die Beurteilung heranzuziehen sind). Als zu beachtende Autorität gilt zum anderen das (rechts-)wissenschaftliche Schrifttum (vgl. EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 113; EGMR, 24.5.2007, 77193/01 und 77196/01, Dragotoniu und Militaru-Pidhorni gg. Rumänien, Ziff. 43; Renzikowski, IKEM, Rn. 61). Dabei ist es für die Vorhersehbarkeit einer spezifischen Normauslegung durch das zuständige Gericht bereits ausreichend, dass mehrere Ansichten im Schrifttum für dieses Normverständnis plädieren, auch wenn demgegenüber eine grössere Anzahl von Ansichten ein gegenteiliges Normverständnis vertreten (vgl. EGMR, 74613/01, Jorgic, Ziff. 113). Im Hinblick auf die Abklärung von Risiken gelten für Rechtssubjekte, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeiten agieren und die gewohnt sind, dabei mit einem hohen Grad an Sorgfalt vorzugehen, strenge Anforderungen, weil von ihnen verlangt werden kann, dass sie besondere Sorgfalt bei einer Abwägung der Risiken, die in Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen, walten lassen (vgl. EGMR, 60819/00, Delbos, o. Ziff. [S. 12]; EGMR, 58753/00, Eurofinacom, o. Ziff. [S. 22]; EGMR, 17826/91, Cantoni, Ziff. 35; EGMR, 34941/97, Unterguggenberger, o. Ziff. [S. 13]; EKMR, 9.4.1996, 25399/94, H.M.A gg. Spanien, o. Ziff. [S. 124, 125]; EKMR, 21.5.1997, 34970/97, Klein Poelhuis gg. die Niederlande, Ziff. 2 a.E.; Renzikowski, IKEM, Rn. 53).

598. Für eine Beurteilung der Bestimmtheit des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ist unter Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte zunächst in grundsätzlicher Weise zu beachten, dass es sich bei den zur Beschreibung des Tatbestands verwendeten Begriffen nicht nur um juristische Fachtermini eines rechtlich unzulässigen Verhaltens handelt, sondern auch um wirtschaftliche bzw. wirtschaftswissenschaftliche Fachbegriffe, die ausserhalb rechtlicher Würdigungen nicht im Hinblick auf ihre rechtliche Relevanz, sondern im Hinblick auf ihre tatsächlichen wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere jene auf den Wettbewerb, verwendet werden. Insoweit unterscheiden sie sich nicht von speziellen Begriffen, die in Fachgesetzen Verwendung finden und ebenfalls einer fachlichen Inhaltsbestimmung einerseits zugänglich und andererseits auch ausgesetzt sind. Diese fachspezifische Inhaltsbestimmung kumuliert etwa in Regelungen, wonach die vorgesehenen Massnahmen den "anerkannten Regeln der Technik" entsprechen müssen. Hierbei ergeben sich die jeweiligen Anforderungen an die Handlungsausführung primär nicht aus rechtlichen Überlegungen, sondern aus den in der jeweiligen Berufsgruppe herrschenden Ansichten über die ordnungsgemässe Durchführung der vorgesehenen Massnahmen. Die in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG verwendeten Termini entsprechen daher nicht originären Begriffen des Strafrechts, wie etwa dem Erschleichen einer falschen Beurkundung, der Grenzverrückung, dem Schrecken der Bevölkerung oder der Irreführung der Rechtspflege, deren Bedeutungsgehalt im Wesentlichen durch das rechtswissenschaftliche Verständnis vorgegeben wird. Vielmehr ergibt sich der Bedeutungsgehalt der Begriffe von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG auch durch die fachspezifische, d.h. wirtschaftswissenschaftliche Inhaltsbestimmung. Im Rahmen der Rechtsanwendung ist demzufolge eine fachspezifische Inhaltsbestimmung zu berücksichtigen, auch wenn diese eine rechtliche Beurteilung nicht zwingend vorzugeben vermag.

599. Aufgrund dieser Ausgangskonstellation sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen nicht nur der Wortlaut von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG und bereits ergangene Entscheide der Rechtsprechung für dessen Bestimmtheit massgebend. Vielmehr sind auch wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse und Ansichten zu berücksichtigen, die bei einer genügenden allgemeinen Anerkennung in der betroffenen Berufsgruppe auch eine ausreichende Bestimmtheit der Norm für einen speziellen Sachverhalt bewirken können. Die Bestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ist somit auch durch die Fachliteratur im Bereich der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften sowie der tatsächlichen Fachpraxis zu beurteilen. Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG kann somit nicht von vornherein prinzipiell eine ausreichende Bestimmtheit für die Beurteilung von einzelnen wirtschaftlichen Sachverhalten abgesprochen werden (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.2, noch offen gelassen; zustimmend Heinemann, Sanktionen, Rn. 24;Heizmann, Unternehmen,Rn. 6; a.A. Borer, Art. 7 Rn. 2 und 7; Jetzer Laura, Das Bestimmtheitsgebot im Kartellstrafrecht, recht 2013, 169, zit. Bestimmtheitsgebot, 174 f.; Wildhaber, Wettbewerbsrecht, Rn. 81 ff.). Vielmehr ist die Frage der Bestimmtheit entsprechend den vorstehend aufgeführten, von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien und Aspekten für jeden Einzelfall zu bestimmen.

600. Diese Einschätzung wird entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch nicht durch die Feststellung aufgehoben, dass "anerkanntermassen eine Vielfalt von wirtschaftstheoretischen Erklärungsmodellen zur Verfügung steht, die Lehrmeinungen zufolge beinahe jedes Ergebnis einer Kartellgesetzanwendung einer ökonomischen Rechtfertigung zugänglich machen und deshalb den Rechtsanwender vor erhebliche methodische Probleme stellen" (BVGE 2011/32, Terminierung Mobilfunk, E. 4.5.1). Diese Begründung mag im Einzelfall aufgrund der konkreten wirtschaftlichen Problemstellung und den hierzu bestehenden Ansichten in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur zutreffend sein. Sie schliesst aber gerade nicht aus, dass im Einzelfall für eine bestimmte Sachfrage auch eine ausreichende oder sogar ganz überwiegende Anerkennung einer bestimmten Sichtweise festgestellt werden kann. Im Übrigen werden auch zu den meisten juristischen Sachpunkten - insbesondere auch im Bereich des Strafrechts - praktisch alle denkbaren Standpunkte in der Rechtswissenschaft vertreten, weshalb die vorstehende Aussage mit leichten Abwandlungen auch für rechtliche Problemstellungen Gültigkeit besitzt. Würde man diese Ausgangslage zur Beurteilung der Bestimmtheit von Rechtsvorschriften heranziehen, könnte demzufolge für kaum eine gesetzliche Norm eine ausreichende inhaltliche Bestimmtheit festgestellt werden. Allein dieser Umstand hindert jedoch weder die Rechtsprechung noch die Rechtswissenschaft daran, unter Umständen sogar gegenüber einem mehrheitlich favorisierten Normverständnis eine bestimmte massgebliche Ansicht zu bilden, auf der die Beurteilung einzelner rechtlicher Standpunkte abgestützt wird. Das gleiche Vorgehen ist auch im Hinblick auf die wirtschaftswissenschaftlichen Inhalte der in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG verwendeten Begriffe vorzusehen.

601. Im Übrigen würde eine fehlende Anerkennung einer rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Beurteilung für die notwendige Qualifizierung dazu führen, dass ein bestimmtes wirtschaftliches Verhalten, welches in der Literatur durchgehend als schädliche Wettbewerbsbeschränkung qualifiziert und demzufolge in der Praxis von der überwiegenden Mehrheit der Wirtschaftsteilnehmer auch gar nicht erst durchgeführt wird, bei der ersten kartellverfahrensrechtlichen Behandlung aufgrund des Aspekts der Bestimmtheit der Norm nicht sanktioniert werden könnte. Dass eine Sanktion in derartigen Fällen ausgeschlossen sein soll, wird aber weder durch den Zweck des Bestimmtheitsgebots noch durch die bestehenden Anforderungen an eine zulässige Rechtsfortbildung vorgegeben.

602. Für die Beurteilung der Bestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ist in grundsätzlicher Hinsicht überdies zu beachten, dass es sich bei dessen Abs. 1 und Abs. 2 nicht um zwei voneinander unabhängige Normen, sondern um eine einheitliche Vorschrift handelt (in diesem Sinne bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.2). Dies ergibt sich zum einen schon aus dem Wortlaut, wonach in Abs. 2 eine Reihe von entsprechenden Verhaltensweisen als Tatbestandsvarianten beispielhaft aufgeführt werden (vgl. E. 388), und zum anderen aus dem Umstand, dass Abs. 2 gar keinen vollständigen eigenen Tatbestand aufweist, der unabhängig von Abs. 1 Anwendung finden könnte. Wenn aber Abs. 2 nicht ohne Abs. 1 anwendbar ist, dann kann auch Abs. 1 nicht ohne Berücksichtigung von Abs. 2 beurteilt werden. Abs. 1 erfährt demzufolge im Hinblick auf die Tatbestandsmerkmale des Missbrauchs, der Behinderung und der Benachteiligung eine inhaltliche Konkretisierung durch die Auflistung von Beispielsfällen in Abs. 2 (in diesem Sinne bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.2). Da sonstige Sachverhaltskonstellationen von mehreren Tatbestandsbeispielen des Abs. 2 erfasst werden können und eine zwingende Zuordnung vom Gesetzgeber nicht vorgesehen ist, ergibt sich daraus auch ohne Weiteres, dass derartige Sachverhaltskonstellationen letztlich Art. 7 Abs. 1 KG zuzuordnen sind. Gleiches gilt auch für sonstige Sachverhaltskonstellationen, die aufgrund ihrer nachteiligen Auswirkungen auf den Markt den Tatbestandsvarianten in Abs. 2 entsprechen, allerdings von deren Tatbestandsmerkmalen von vornherein nicht erfasst werden. Art. 7 Abs. 1 KG weist daher für sonstige Sachverhaltskonstellationen eine eigenständige Bedeutung auf (in diesem Sinne bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.2).

603. Die von den Beschwerdeführerinnen hiergegen vorgebrachte Behauptung, Art. 7 Abs. 1 KG sei in jedem Falle zu unbestimmt, weshalb eine Sanktionierung im Einzelfall nicht darauf abgestützt werden könne, widerspricht ganz offensichtlich der vorgesehenen Normkonstruktion des Gesetzgebers. Dies würde nämlich dazu führen, dass die vom Gesetzgeber lediglich als Beispiele vorgesehenen Tatbestandsvarianten als abschliessend qualifiziert werden müssten, weil sonstige Sachverhaltskonstellationen selbst dann, wenn sie aufgrund eines vorgängigen Entscheids und damit einer bestehenden Rechtsprechungspraxis unzweifelhaft als wettbewerbswidrig zu qualifizieren wären, nicht unter Art. 7 Abs. 1 KG subsumiert werden könnten (vgl. auch Reinert, Preisgestaltung, Rn. 4.110).

604. Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass eine Wettbewerbsbeschränkung in Gestalt einer Kosten-Preis-Schere sowohl in der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur als auch in der Rechtsprechung eine lange Tradition aufweist (vgl. E. 389 f.). Denn der erste Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere ist mit dem Urteil in Sachen Alcoa bereits im Jahr 1945 bekannt geworden. Auch in der EU-Wettbewerbspraxis wurde - nachdem bereits im Jahr 1975 ein Entscheid in Sachen National Carbonising Company ergangen war (EU-Kom, 29.10.1975, 109 und 114/ 75, National Carbonising Company Limited u.a., ABl. 1976 L 35/6) - spätestens mit den Verfahren Napier Brown im Jahr 1988 (vgl. E. 390) und Industrie poudres sphériques im Jahr 2000 (vgl. E. 391) die Missbräuchlichkeit einer Kosten-Preise-Schere durch ein marktmächtiges Unternehmen lange vor dem beanstandeten Verhalten der Swisscom-Gruppe festgestellt. Mit dem Entscheid Deutsche Telekom im Jahr 2003 (vgl. SV L.b) wurde der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere dann sogar ausdrücklich auch für den Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen als massgeblich qualifiziert.

605. Die grundsätzliche Beachtung von Entscheiden der EU-Wettbe-werbspraxis im Rahmen des schweizerischen Kartellrechts obliegt sowohl den schweizerischen Wettbewerbsinstanzen als auch den schweizerischen Unternehmen (vgl. E. 167 f.). Für die Beurteilung einer ausreichenden Bestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ist demzufolge auch die EU-Wettbewerbspraxis heranzuziehen. Die Beschwerdeführerinnen tragen im Übrigen keinerlei konkrete Gründe vor, warum die im Rahmen der bestehenden EU-Wettbewerbspraxis entwickelten Beurteilungskriterien zwar für eine Kosten-Preis-Schere in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten, nicht aber auch im vorliegenden Fall für eine Kosten-Preis-Schere in der Schweiz zur Anwendung gelangen sollten.

606. Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Grundsätze zur Ermittlung der ausreichenden Bestimmtheit einer Gesetzesvorschrift können die Beschwerdeführerinnen daher nicht geltend machen, ihnen sei die Möglichkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens infolge einer Kosten-Preis-Schere gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ab dem Jahr 2003 nicht bekannt und die Norm daher zu unbestimmt gewesen (so auch EuGH, EU:C: 2014:2062, Telefonica, Ziff. 149 für die entsprechende Vorschrift des Art. 102 AEUV im EU-Wettbewerbsrecht). Zudem wurde die Swisscom-Gruppe durch das Sekretariat der Wettbewerbskommission mit dem Schlussbericht in Sachen Talk & Surf vom Februar 2004 ausdrücklich auf die entsprechende Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere im Rahmen der EU-Wettbewerbspraxis und die Berücksichtigung dieser Praxis in der Schweiz aufmerksam gemacht. Dies gilt umso mehr, als die Beschwerdeführerinnen nach eigenen Angaben eine eigene Rechtsabteilung eingerichtet haben, welche kartellrechtliche Angelegenheiten in Eigenregie abwickelt und daher über ausreichendes Fachwissen zur Beurteilung von entsprechenden Entscheiden verfügt.

607. Ob eine Kosten-Preis-Schere der Tatbestandsvariante eines Erzwingens wie bei dem Entscheid der EU-Kommission in Sachen Deutsche Telekom, einer Diskriminierung wie beim vorinstanzlichen Entscheid oder der Generalklausel wie im vorliegenden Beschwerdeentscheid und den Entscheiden der EU-Wettbewerbspraxis in Sachen Telefonica und TeliaSonera zugeordnet wird, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen letztlich unbeachtlich. Denn die Bestimmtheit der Vorschrift war durch die vorgängige Rechtsprechungspraxis zu Kosten-Preis-Scheren und insbesondere durch den Entscheid Deutsche Telekom der EU-Kommission in ausreichender Weise gegeben. Sie wurde nicht da-durch wieder aufgehoben, weil in einem nächsten Fall eine andere rechtliche Zuordnung zu einer der möglichen Tatbestandsvarianten vorgenommen wurde bzw. wird. Dies gilt umso mehr, als im Rahmen der vorinstanzlichen Verfügung und der Beschwerdeentscheidung die gleichen Prüfungskriterien für die Beurteilung einer Kosten-Preis-Schere herangezogen wurden. Aber auch wenn nunmehr abweichende oder ergänzende Prüfungskriterien herangezogen werden, hält sich diese Veränderung im Rahmen einer zulässigen Rechtsfortbildung und stellt keinen Verstoss gegen das Bestimmtheitsgebot dar.

608. Art. 4 Abs. 2
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
KG statuiert eine Bestimmung, wonach ein Unternehmen als marktbeherrschend zu qualifizieren ist, wenn es sich gegenüber anderen Marktteilnehmern in wesentlichem Umfang unabhängig verhalten kann. Für die Beurteilung einer Möglichkeit zu einem unabhängigen Verhalten wurden von der Rechtspraxis unter Berücksichtigung von Art. 11 Abs. 3 VKU bereits verschiedenste Kriterien für die Bestimmung und Prüfung der Marktstellung im jeweils sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markt entwickelt. Das Kriterium der marktbeherrschenden Stellung in Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ist demzufolge entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen in allgemeiner Hinsicht ausreichend bestimmt (so bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.3). Die Beschwerdeführerinnen tragen im Übrigen auch keine Gründe vor, warum im vorliegenden Sachverhalt die Anwendung dieser Kriterien nicht ausreichend vorhersehbar gewesen sein sollte.

609. Des Weiteren sind verschiedene von den Beschwerdeführerinnen vorgetragene Einwendungen von vornherein unbeachtlich, weil sie keine ausreichende Begründung für das Vorliegen der Unbestimmtheit einer Gesetzesvorschrift darstellen oder enthalten.

610. Wenn die Entstehung einer Fallpraxis in Bezug auf eine gesetzliche Vorschrift dazu geführt hat, dass unterschiedliche Voraussetzungen alternativ das Vorliegen des jeweiligen Tatbestands begründen, dann resultiert daraus nicht die Unbestimmtheit der jeweiligen Vorschrift. Vielmehr hat ein betroffenes Rechtssubjekt alle diese unterschiedlichen Varianten einer Erfüllung des gesetzlichen Tatbestands zu beachten und zu vermeiden, um sich rechtmässig zu verhalten. Ein Unternehmen hat keinen Anspruch darauf, dass ausschliesslich nur eine mögliche Variante der Tatbegehung als kartellrechtswidrig qualifiziert wird.

611. Auch wenn kartellrechtliche Entscheide immer einen Bezug zu einem bestimmten Wirtschaftsbereich aufweisen, weil es sich um konkrete Einzelfallentscheidungen handelt, so sind die allgemeinen Feststellungen zu den Voraussetzungen der einzelnen Tatbestandsmerkmale unzweifelhaft allgemein gültig und gelten grundsätzlich für alle Wirtschaftsbereiche, weshalb sie grundsätzlich auch von allen Unternehmen in allen Wirtschaftsbereichen zu beachten sind. Soweit ein Unternehmen diese Voraussetzungen nicht einhält, weil es diese für den entsprechenden Wirtschaftsbereich nicht für anwendbar hält, erfolgt diese Missachtung auf eigenes Risiko. Die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, eine gesetzliche Vorschrift sei erst dann ausreichend bestimmt, wenn auch für den jeweiligen Wirtschaftsbereich bereits ein Entscheid ergangen sei, trifft demnach nicht zu. Im Übrigen ist diese Behauptung gerade der Beleg dafür, dass sich entsprechende Anforderungen nicht als taugliche Voraussetzungen für die Beurteilung der Bestimmtheit von gesetzlichen Vorschriften eignen. Denn rechtliche Vorschriften können von vornherein nicht so ausgestaltet werden, dass sie die notwendigen spezifischen Formulierungen aufweisen, welche unzweifelhaft sämtliche Wirtschaftsbranchen - und alle sonstigen Varianten, die sich aufgrund entsprechender Kriterien ergeben - umfassen.

612. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerinnen ist ein Vergleich mit inhaltlich weit gefassten Straftatbeständen im Kernstrafrecht durchaus angebracht, um die angebliche Unbestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG zu relativieren. Wenn bereits im Kernstrafrecht derart weit gefasste Tatbestände offensichtlich zulässig sind, so bestehen grundsätzlich noch weniger Bedenken, auch verwaltungsrechtliche Sanktionsvorschriften mit lediglich strafrechtsähnlichem Charakter in gleicher Weise mit einem inhaltlich weiten Anwendungsbereich auszugestalten (in diesem Sinne bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 8.2.2, 8.2.3, mit Verweis auf verschie-dene strafrechtliche Bestimmungen). Der Verweis der Beschwerdeführerinnen auf die bestehende reichhaltige Fallpraxis zu den Strafrechtsvorschriften und dem Fehlen einer äquivalenten Praxis im Kartellrecht geht von vornherein ins Leere. Ganz offensichtlich beruht eine reichhaltige Fallpraxis zu einer Vorschrift in jedem Rechtsgebiet auf dem ersten Entscheid, der hierzu ergangen ist; und dieser Entscheid konnte aufgrund des Fehlens der sich erst später entwickelten Fallpraxis auch nur an dem unbestimmten, weit gefassten (Straf-)Tatbestand ausgerichtet werden. Die grundsätzliche Zulässigkeit einer richterlichen Rechtsfortbildung wird von Rechtsprechung und Lehre - wie vorstehend dargelegt - auch bereits beim ersten Fall anerkannt.

613. Dass kartellrechtliche Bestimmungen im Gegensatz zu strafrechtlichen Vorschriften zumindest teilweise ein ökonomisches Fachwissen und einen ökonomischen Sachverstand voraussetzen, stellt keine prinzipielle Einschränkung, sondern eine Milderung ihrer Bestimmtheit dar. Denn die kartellrechtlichen Bestimmungen finden gemäss Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG ausschliesslich auf Unternehmen und damit auf Rechtssubjekte, die sich in besonderer Weise, nämlich eigenverantwortlich wirtschaftlich betätigen, Anwendung. Der Inhalt des Bestimmtheitsgrundsatzes sieht - wie vorstehend ausführlich dargelegt - für eine hinreichende Erfassung des Bedeutungsgehalts der Sanktionsnorm vor, dass sowohl das besondere Fachwissen von betroffenen Rechtssubjekten zu berücksichtigen ist als auch von betroffenen Rechtssubjekten entsprechender Rechtsrat eingeholt werden muss; zudem sind bei Fachpersonen besondere Anforderungen an die auszuübende Sorgfalt zu stellen. Im Regelfall verfügen Kartellrechtssubjekte daher über die notwendigen ökonomischen Kenntnisse als allfällige implizite Voraussetzung einer Verwirklichung von kartellrechtlichen Tatbeständen. Andernfalls haben sie sich diese Kenntnis im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten selbst zu verschaffen.

614. Dass durch die Wettbewerbsbehörden und die Beschwerdeinstanz kein individualisierter Preis oder eine spezifische Marge für die Zulässigkeit einer Kosten-Preis-Schere angegeben wird, ist auf die Wettbewerbskomplexität (vgl. E. 80) und den Beurteilungsspielraum, der im Hinblick auf die Adäquanz von Preis oder Marge besteht, zurückzuführen. Daraus kann entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen jedoch nicht auf die mangelnde Bestimmtheit von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG geschlossen werden. Denn solange sich der vom Unternehmen angewendete Preis oder die erzielte Marge in einem Bereich bewegt, der aufgrund der konkreten Umstände offensichtlich als übermässig und damit als wettbewerbswidrig zu qualifizieren ist, können sich keine Zweifel an der Unzulässigkeit ergeben. Dies entspricht auch der Rechtsprechung im Strafrecht. So wird dort für den Tatbestand des Wuchers festgehalten, dass je nach Geschäftsbereich und Umständen des Einzelfalls die Unzulässigkeit der Höhe der Zinsen zum Teil bereits bei 18%, zum Teil erst bei 25% beginnt; in jedem Fall wird der Tatbestand aber bei Zinsen ab einer Höhe von 35% verwirklicht (vgl. BGE 92 IV 132 E. 1; Weissenberger Philippe, BSK-StGB, Art. 157 Rn. 32; Trechsel Stefan/Crameri Dean, in: Trechsel/Pieth [Hrsg.], Praxiskommentar StGB, 2. Aufl. 2013, Art. 157 Rn. 10).

615. Die von den Beschwerdeführerinnen vorgebrachten Einwendungen gegen die Subsumtion einer indirekten Diskriminierung unter die Tatbestandsvariante der Diskriminierung gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG und eine sich daraus ergebende Unbestimmtheit der Norm sind unbeachtlich, weil der Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere - wie vorstehend ausführlich dargelegt (vgl. E. 436 f.) - als eigenständige Tatbestandsvariante zu qualifizieren und keiner der in Art. 7 Abs. 2 KG ausdrücklich aufgeführten Tatbestandsvarianten zuzuordnen ist.

616. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die inhaltliche Bestimmtheit des Tatbestands von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG für dessen Anwendung auf den Sachverhalt einer Kosten-Preis-Schere im massgeblichen Zeitraum in ausreichender Weise gegeben ist. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Rügen wegen einer mangelnden Bestimmtheit des Tatbestands sind daher unbegründet.

c) Bestimmtheit der Rechtsfolge

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

617. Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, dass die Sanktionsdrohung die Anforderungen des Bestimmtheitsgebots aus mehreren Gründen nicht erfülle und daher rechtsunwirksam sei. Erstens sei die Sanktionsdrohung betragsmässig nicht absolut begrenzt und damit nach oben offen. Zweitens stehe die Sanktionsandrohung im Zeitpunkt des unterstellten Wettbewerbsverstosses noch gar nicht fest, weil das Geschäftsergebnis erst nachträglich festgestellt werde; sie sei somit nicht im Voraus bestimmt, sondern dynamisch, weshalb sie nicht in jedem beliebigen Zeitpunkt nachgewiesen werden könne. Drittens sei die nach oben offene und dynamische Sanktionsdrohung exorbitant und weder das Kartellgesetz noch die SVKG enthielten hinreichende bestimmte Kriterien, nach denen die konkrete Strafe in vorhersehbarer Weise festgelegt werden könne. Viertens könne die Unbestimmtheit der Sanktionsandrohung auch nicht durch ein hohes Mass an Bestimmtheit der Tatbestandsseite kompensiert werden, weil der Tatbestand ebenfalls unbestimmt sei.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

618. Die Vorinstanz hält die Sanktionsdrohung unter Hinweis auf die bestehende Rechtsprechung für ausreichend bestimmt, weil sich aus den Regelungen des Kartellgesetzes und der SVKG eine konkrete Sanktionsobergrenze ergebe. Die Möglichkeit einer genauen vorherigen Berechnung durch ein Unternehmen ergebe sich weder aus dem Zweck des Kartellgesetzes noch aufgrund der Anforderungen an den Bestimmtheitsgrundsatz.

(3) Würdigung durch das Gericht

619. Das Bestimmtheitsgebot ergibt sich - wie bereits ausgeführt (vgl. E. 592) - aus dem Gebot der Rechtssicherheit und dem Legalitätsprinzip gemäss Art. 5 Abs. 1 BV und Art. 7 EMRK. Die Anforderung einer ausreichenden Bestimmtheit findet auch auf die Rechtsfolge einer Vorschrift Anwendung (vgl. Popp/Berkemeier, BSK-StGB, Art. 1 Rn. 48; Renzi-kowski, IKEM, Art. 7 Rn. 52; Stratenwerth, AT I, § 4 Rn. 14,Frowein/ Peukert, Art. 7 Rn. 4).

620. Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots in Bezug auf die Rechtsfolgen besteht zum einen darin, dass die Rechtsunterworfenen erkennen können, welche Auswirkungen ein rechtswidriges Verhalten nach sich zieht. Zum anderen bietet eine ausreichende Bestimmtheit die Gewähr, dass den zuständigen Behörden und Gerichten durch den Gesetzgeber ein Rahmen vorgegeben wird, in dem sich die im Einzelfall verhängten Sanktionen zu bewegen haben, wodurch die prinzipielle Angemessenheit im Verhältnis zu sonstigen Rechtsbereichen sichergestellt und eine Verhängung von völlig willkürlichen Sanktionen verhindert wird.

621. Die Sanktionierung eines kartellrechtswidrigen Verhaltens ergibt sich aus Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG sowie den Bestimmungen der KG-Sanktionsverordnung des Bundesrats vom 12. März 2004 (SVKG, SR 251.5), welche der Bundesrat gestützt auf die in Art. 60 KG verankerte Kompetenz zum Erlass von Ausführungsvorschriften erlassen hat. Die Sanktionsvorschriften beruhen demzufolge auf einer ausreichenden formalen Rechtsgrundlage.

622. Gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, Art. 7 SVKG wird ein Unternehmen, das sich nach Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG unzulässig verhält, bis zu einem Betrag in der Höhe von 10% des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet. Dieser Sanktionsbetrag bemisst sich unter Berücksichtigung des in Art. 2 Abs. 2 SVKG ausdrücklich statuierten Verhältnismässigkeitsgrundsatzes nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Gemäss Art. 3 SVKG wird der relevante Ausgangsbetrag als sog. Basisbetrag auf den Umsatz bezogen, den das Unternehmen auf den jeweiligen relevanten Märkten in der Schweiz erzielt hat. Die Sanktionierung knüpft demzufolge ausnahmslos an das vorhandene kartellrechtswidrige Verhalten an. Dieser Basisbetrag wird gemäss Art. 4 SVKG je nach Dauer des unzulässigen Verhaltens um 50% bis 100% erhöht. Gleiches gilt gemäss Art. 5 SVKG bei bestimmten erschwerenden Umständen. Der Betrag ist gemäss Art. 6 SVKG bei Vorliegen von mildernden Umständen zu reduzieren. Gemäss Art. 7 SVKG bildet die in Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG festgelegte Umsatzschwelle von 10% in Bezug auf die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit des betroffenen Unternehmens auf allen - und nicht nur auf den relevanten - Märkten in der Schweiz die absolute Obergrenze einer Sanktion.

623. Die Bemessung der Sanktion entspricht strukturell den Vorschriften des EU-Wettbewerbsrechts, wie sie in der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Art. 81 und 82 des Vertrages niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003 L 1/1, zit. VO 1/2003) und den Leitlinien der EU-Kommission vom 1. Sep-tember 2006 für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbussen gemäss Art. 23 Abs. 2 Bst. a der Verordnung [EG] 1/2003 (ABl. 2006 C 210/2, zit. EU-Leitlinien Bussgeldfestsetzung) niedergelegt worden waren. Aufgrund der im Jahr 2006 geänderten Anwendungspraxis durch die EU-Wettbe-werbsbehörde ergeben sich allerdings wesentliche Unterschiede bei einer konkreten Berechnung einer Sanktion.

624. Angesichts der bestehenden Vorschriften ist eine eindeutig definierte Obergrenze für die Bestimmung des Sanktionsbetrages gegeben (so im Ergebnis auch Borer, KG, Art. 49a Rn. 2;Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 9; Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 11; Wiprächtiger/Zim-merlin,Verantwortlichkeit, 210; a.A. Jetzer, Bestimmtheitsgebot, 177; Niggli/Riedo, Vor Art. 49a-53 Rn. 85). Diese beläuft sich auf 10% des Umsatzes, der in den vergangenen drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielt wurde. Der Umsatz eines Geschäftsjahres wird nachträglich innerhalb einer statutarisch oder gesetzlich vorgegebenen spezifischen, kalendermässig festgelegten Frist von einem Unternehmen in eigener Verantwortung nach handelsrechtlichen Regeln selbst festgestellt und in vielen Fällen sogar durch Revisionsstellen als besondere Fachpersonen überprüft und testiert. Da die Untersuchung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens erfahrungsgemäss über die gesetzlich zulässigen Fristen zur Erstellung eines jährlichen Geschäftsabschlusses hinausgehen, sind die massgeblichen Geschäftszahlen spätestens bei Erlass einer Verfügung durch die Vorinstanz bekannt und verfügbar. Von diesen massgeblichen Geschäftszahlen lässt sich der maximale Sanktionsbetrag ohne Weiteres durch eine einfache Berechnung ermitteln. Die Ansicht der Beschwerdeführerinnen, es bestünde eine betragsmässig nicht begrenzte und nach oben offene Sanktion, ist daher nicht zutreffend.

625. Die Beschwerdeführerinnen unterstellen mit ihrer Argumentation, dass dem Bestimmtheitsgebot nur dann Genüge getan sei, wenn das Gesetz als Obergrenze einer Sanktionierung (zusätzlich) einen genau bezifferten Geldbetrag im Gesetz vorsieht. Es sind jedoch keine Gründe ersichtlich, warum nur die Statuierung eines zahlenmässig festgelegten Sanktionsbetrags als Obergrenze dem Bestimmtheitsgebot in ausreichender Weise entsprechen soll. Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots erfüllt vielmehr auch eine Variante, bei der - wie im vorliegenden Fall - auf eine definierte Referenzgrösse abgestellt wird, auf welche die verfügende Behörde keinen Einfluss nehmen kann. Umgekehrt würde die Festlegung einer für alle Sachverhalte geltenden Kennzahl nur zu einer Plafonierung führen, welche Unternehmen mit darüber hinausgehenden Umsätzen gegenüber solchen mit kleineren Umsätzen bevorteilen würde, ohne dass hierfür eine sachliche Begründung ersichtlich wäre. Auch in anderen Sachbereichen werden Sanktionen an solche Referenzgrössen angeknüpft, ohne zusätzlich einen bestimmten Geldbetrag als Obergrenze festzulegen. So kann etwa im Steuerstrafrecht gemäss Art. 175 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG, SR 642.11) als Sanktion eine Geldstrafe bis zum Dreifachen des nicht entrichteten Steuerbetrags verhängt werden. Selbst im Strafrecht werden Sanktionen ohne bestimmte Grenzen oder Vorgaben statuiert (vgl. Popp/Berkemeier, BSK-StGB, Art. 1 Rn. 48; Stratenwerth, AT I, § 4 Rn. 14). Weder durch das Bundesgericht noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wurde denn auch ein zahlenmässig genau festgelegter absoluter Geldbetrag als zwingende Anforderung einer strafrechtlichen Sanktionierung statuiert (darauf weist auch Jetzer, Bestimmtheitsgebot, 177, ausdrücklich hin). Vielmehr wurde die Ausgestaltung der Rechtsfolge durch die Angabe eines Vielfachen von einem spezifischen, aufgrund von speziellen Umständen zu berechnenden oder sich ergebenden Betrags für ausreichend angesehen (vgl. EKMR, 5.4.1995, 17951/91, H.B. gg. Schweiz, Ziff. 6; EKMR, 14.1.1998, 28332/95, H.B. gg. Schweiz, Ziff. 2). So wurde denn auch der Höchstbetrag einer kartellrechtlichen Sanktion in der Höhe von 10% des Umsatzes vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Sachen Menarini nicht beanstandet (EGMR, 43509/08, Menarini, Ziff. 24, 41).

626. Die Sanktionsvorschriften sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch nicht deshalb zu unbestimmt, weil der Umsatz für das jeweilige Geschäftsjahr erst nachträglich festgestellt wird und der Sanktionsbetrag zum Zeitpunkt der Durchführung des kartellrechtswidrigen Verhaltens demzufolge noch gar nicht bekannt sein kann. Denn die Unternehmen werden nicht mir höheren Sanktionsbeträgen als vorhersehbar konfrontiert. Zum einen verändern sich die Umsätze eines Unternehmens im Regelfall nicht kurzfristig in einem ungeahnten Ausmass. Zum anderen steht einem Unternehmen - ungeachtet etwaiger überraschender erheblicher Umsatzschwankungen - angesichts der heutzutage zur Verfügung stehenden elektronischen Datenverarbeitung die Möglichkeit offen, jederzeit seine Umsätze aggregiert für bestimmte Perioden sowohl für seine gesamte Geschäftstätigkeit als auch für einzelne Produkte für die gesamte Schweiz oder einzelne spezifische Gebiete festzustellen. Daher kann ein Unternehmen anhand der gesetzlich vorgesehenen maximalen Koeffizienten von 10% des Umsatzes auf dem relevanten Markt bzw. in der Schweiz zu jedem Zeitpunkt selbst die finanzielle Obergrenze eines kartellrechtlichen Sanktionsbetrags zumindest annähernd ermitteln.

627. Die durch das Kartellgesetz festgelegte Sanktionierung stellt entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen auch keine exorbitante, völlig unverhältnismässige Sanktion dar, die aufgrund der möglichen Bandbreite als zu unbestimmt zu qualifizieren wäre. Der Sanktionsbetrag knüpft vielmehr zwingend an den tatsächlich erzielten Umsatz eines kartellrechtswidrig handelnden Unternehmens auf dem relevanten Markt an, weshalb er ausnahmslos in einem konkreten Verhältnis zum wettbewerbswidrigen Verhalten steht. Eine Berücksichtigung des Gesamtumsatzes als maximale Obergrenze der Sanktion ist zudem gerechtfertigt, weil der Gesamtumsatz die Wirtschaftskraft eines Unternehmens widerspiegelt, welche wiederum die Möglichkeit des Unternehmens bestimmt, ein wettbewerbswidriges Verhalten im Markt tatsächlich auszuüben. Ein sehr hoher Sanktionsbetrag ist demzufolge von vornherein überhaupt nur dann möglich, wenn auch sehr hohe Umsätze des Unternehmens vorliegen. Es sind deshalb keine Gründe ersichtlich, warum in derartigen Fällen eine andere Gewichtung vorgenommen werden sollte, die im Ergebnis auf eine Bevorzugung von Unternehmen mit sehr hohen Umsätzen hinauslaufen würde. Dies entspricht auch der Wettbewerbspraxis in der Europäischen Union sowie internationalen Ansichten (vgl. E. 630 f.)

628. Im Hinblick auf die Verhältnismässigkeit der Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ist zudem auf Folgendes hinzuweisen. Gemäss Art. 40 StGB beträgt die Höchstdauer einer zu verhängenden Freiheitsstrafe 20 Jahre. Bei den Straftatbeständen, die zwingend eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsehen, beläuft sich der Strafrahmen demnach auf 20 Jahre. Wenn das Gesetz sogar bei Verhängung einer Freiheitsstrafe einen 20-fachen Sanktionsrahmen vorsieht, ist kein Grund ersichtlich, warum ein 10-facher Sanktionsrahmen für die Feststellung des kartellrechtlichen Basisbetrags per se unverhältnismässig sein soll. Im Übrigen reicht der Strafrahmen im Bereich des Strafrechts sogar noch weiter, weil in bestimmten Fällen mögliche Strafen von einem Tagessatz Geldstrafe bis hin zu lebenslanger Freiheitsstrafe zur Wahl stehen (vgl. Stratenwerth, AT I, § 4 Rn. 16). Die Beschwerdeführerinnen legen denn auch nicht dar, aufgrund welcher konkreten Umstände sich die Unverhältnismässigkeit der Sanktion ergeben soll.

629. Aus praktischer Sicht sind verschiedene Aspekte zu ergänzen, die allesamt ein unverhältnismässiges oder exorbitantes Ausmass der in Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG statuierten Sanktionen widerlegen.

630. Ein wesentlicher Zweck der Sanktionierung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens besteht darin, die sog. Kartellrente, d.h. den durch das wettbewerbswidrige Verhalten erzielten Gewinn, abzuschöpfen, um dadurch die Unternehmen zu veranlassen, derartige Verhaltensweisen zu unterlassen. Dieser Zweck wurde durch den Gesetzgeber vorgegeben (Botschaft KG 2004, 2033, 2037 f.). Die präventive Wirkung des Kartellgesetzes verlangt daher, dass die zu erwartende Sanktion höher ausfällt als die Kartellrente, weshalb der Nettonutzen aus einem Kartellrechtsverstoss negativ sein muss (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 15; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 16; Roth Robert/Bovet Christian, in: Martenet/ Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 19; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 11; Wiprächtiger/Zimmerlin, Veranwortlichkeit, 211). Dieser Ansatz wird durch Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, Art. 2 SVKG ausdrücklich berücksichtigt und umgesetzt. Dieser Ausrichtung der Sanktionen entsprechen auch internationalen Ansichten und Praktiken. So hält etwa die OECD aufgrund verschiedener Untersuchungen und einem internationalen Vergleich fest, dass die Sanktionierung eines kartellrechtswidrigen Verhaltens mindestens zu einer Abschöpfung des unrechtmässig erzielten Gewinns führen sollte, für eine ausreichende Abschreckung aber am besten ein mehrfaches dieses Betrags aufweisen sollte (Studie der OECD, Fighting hard core cartels - harm, effective sanctions and leniency programmes, 2002, zuletzt abgerufen am 27.8.2015 unter: www.oecd.org/competition/cartels/1841891.pdf, zit. Effective Sanctions, 80 f., 90).

631. Einer Gewinnabschöpfung sind in der Praxis enge Grenzen gesetzt, weil die Ermittlung des tatsächlichen Gewinns durch die Wettbewerbsbehörden im Einzelfall regelmässig grosse Schwierigkeiten bereitet. Daher ist es sinnvoll und angemessen, eine Sanktionierung nicht (nur) auf der Grundlage der Kartellrendite, welche zumindest das Dreifache betragen sollte, sondern (auch) anhand des Umsatzes vorzunehmen (vgl. OECD, Effective Sanctions, 85), wie dies neben dem schweizerischen Kartellgesetz eine Vielzahl weiterer Kartellrechtsordnungen vorsehen.

632. Der Basisbetrag von maximal 10% als Anknüpfungspunkt entspricht nach empirischen Kenntnissen der OECD einem unterdurchschnittlichen Gewinn, weil bei entsprechend bekannt gewordenen Daten der Median des wettbewerbswidrigen Gewinns bei 15% bis 20% liegt, wobei die darüber hinaus gehenden Schäden bei der Marktgegenseite und den Konsumenten in diesem Zusammenhang noch nicht einmal berücksichtigt sind (vgl. OECD, Effective Sanctions, 80 f.; zustimmend Wiprächtiger/ Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 211). Die Sanktion gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG stellt im internationalen Vergleich somit keine auffallend schwerwiegende Massnahme dar (vgl. Dähler Rolf/Krauskopf Patrick/Strebel Mario, Aufbau und Nutzung von Marktpositionen, in: Geiser/Krauskopf/Münch [Hrsg.], Schweizerisches und europäisches Wettbewerbsrecht, 2005, Rn. 8.129, zit. Marktpositionen, Rn. 8.119).

633. Der Basisbetrag knüpft gemäss Art. 3 SVKG auch nur an diejenigen Umsätze an, die auf dem relevanten Markt in der Schweiz erzielt wurden, während Umsätze auf relevanten Märkten im Ausland nicht berücksichtigt werden. Dies stellt denn auch eine Abweichung zur Wettbewerbspraxis in der Europäischen Union dar, wonach gemäss Ziff. 18 der EU-Leitlinien Bussgeldfestsetzung auch die Umsätze auf ausländischen Märkten als Grundlage der Bemessung heranzuziehen sind (vgl. Gerhard Dann
ecker/Jörg Biermann, in: Immenga/Mestmäcker [Hrsg.], Wettbewerbsrecht, Bd. 1/2, EU-Kartellrecht, V. Abschnitt, Kartellverfahrensordnung 1/2003, 5. Aufl. 2012, zit. IM-VO1/2003, Art. 23 Rn. 168).

634. Für den maximalen Gesamtbetrag einer Sanktion ist gemäss Art. 7 SVKG ausschliesslich der Gesamtumsatz massgebend, den das Unternehmen in der Schweiz erzielt hat. Auch dies stellt eine deutliche Abweichung zur Wettbewerbspraxis in der Europäischen Union dar, weil gemäss Art. 23 Abs. 2 VO 1/2003 der weltweit generierte Gesamtumsatz des Unternehmens die massgebliche Obergrenze bildet (vgl. Dannecker/ Biermann, IM-VO1/2003, Art. 23 Rn. 116). Allerdings wird der Sanktionsbemessung nach dem Kartellgesetz der Umsatz der letzten drei Jahre zu Grunde gelegt, während nach den EU-Wettbewerbsregeln nur der Umsatz des letzten Geschäftsjahres heranzuziehen ist.

635. Demzufolge weist das Kartellgesetz sowohl mildere als auch schärfere Bemessungsgrundlagen als die EU-Wettbewerbsregeln auf, weshalb sich im Einzelfall niedrigere oder höhere Sanktionsbeträge als in der Europäischen Union ergeben können. Im Vergleich zum EU-Wettbewerbs-recht weist das schweizerische Kartellgesetz jedoch keine prinzipiell unangemessenen Belastungen auf.

636. Bei Unternehmen, bei denen das Umsatz-Gewinn-Verhältnis über 10% liegt, können durch den maximalen Basisbetrag von 10% des Umsatzes noch nicht einmal die durch ein wettbewerbswidriges Verhalten erzielten Gewinne vollständig abgeschöpft werden. Selbst wenn von Seiten der Kartellbehörden nachgewiesen werden kann, dass darüber hinausgehende Gewinne erzielt wurden, lässt sich der Sanktionsbetrag gemäss Art. 5 SVKG maximal verdoppeln. Daher kann ein Unternehmen je nach konkreter Konstellation trotz einer Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG noch Gewinne aus seinem wettbewerbswidrigen Verhalten erzielen. In derartigen Fällen weist die Sanktionsvorschrift noch nicht einmal eine abschreckende Wirkung auf.

637. Angesichts der vorstehend genannten Umstände ist die von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG vorgesehe Sanktionierung als verhältnismässig zu betrachten (vgl. Tagmann/Zielick, BSK KG, Art. 49a Rn. 11). Im Übrigen ist es einem Unternehmen ohne Weiteres möglich, sowohl den maximalen Basisbetrag als auch den maximalen Gesamtbetrag einer Sanktionierung gemäss Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG selbst zu ermitteln.

638. Der zu verhängende genaue Sanktionsbetrag ergibt sich aufgrund einer wertenden Entscheidung der Wettbewerbsbehörde aufgrund der konkreten Umstände des wettbewerbswidrigen Verhaltens unter Berücksichtigung von dessen Dauer sowie erschwerender und mildernder Umstände. Zwar besteht aufgrund dieser Bestimmungskriterien ein erheblicher Ermessensspielraum der Wettbewerbsbehörden in Bezug auf die genaue Höhe der Sanktion innerhalb des Bezugsrahmens von maximalem Basisbetrag und maximalem Gesamtbetrag, den die Wettbewerbsbehörden unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeits- und des Gleichbehandlungsgrundsatzes nutzen können. Allerdings kommt auch einem Strafrichter bei der Bemessung einer Geldstrafe ein erheblicher Ermessenspielraum in Bezug auf die Anzahl der Tagessätze zu. Deshalb besteht auch für einen Straftäter trotz der ihm bekannten Bezugspunkte des Tagessatzes und der maximalen Geldstrafe eine Ungewissheit über die genaue Höhe einer Geldstrafe. Den Strafzumessungsregeln des Strafrechts kommt auch nicht die Aufgabe zu, dass ein Straftäter die ihn treffende Geldstrafe bereits vor Begehung einer Straftat genauestens bestimmen könnte. Gleiches gilt für die Bestimmung der kartellrechtlichen Sanktion. Die Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes gehen jedenfalls nicht so weit, dass eine ausreichende Bestimmtheit der Rechtsfolge von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG erst dann gegeben wäre, wenn ein Unternehmen bereits im Voraus die Höhe der Sanktion exakt ermitteln könnte, um daraufhin zu entscheiden, ob es das kartellrechtswidrige Verhalten tatsächlich umsetzt oder nicht (vgl. Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 22). Andernfalls würde die präventive Wirkung völlig verloren gehen, weil ein Unternehmen in diesen Fällen durch die vorgesehene Sanktionierung gerade nicht mehr von einem wettbewerbswidrigen Verhalten abgehalten würde.

639. Da die Rechtsfolgen eines kartellrechtswidrigen Verhaltens gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG, Art. 2 ff. SVKG - wie vorstehend dargestellt - in ausreichender Weise inhaltlich bestimmt sind, ist das Mass der Bestimmtheit des Tatbestands entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen für die Beurteilung nicht (mehr) von Bedeutung.

640. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die inhaltliche Bestimmtheit der sich aus Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ergebenden Rechtsfolgen für ein Unternrehmen als Kartellrechtssubjekt gemäss Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG in ausreichender Weise gegeben ist. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Rügen wegen einer mangelnden Bestimmtheit der Rechtsfolgen sind daher abzuweisen.

2) Verschulden

a) Sanktionscharakter des Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

641. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Verweis auf das Rechtsgutachten Niggli/Riedo geltend, dass aufgrund des Schuldprinzips, welches sich aus Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, Art. 32 Abs. 1 BV und dem StGB ableite, keine verschuldensunabhängigen Strafen verhängt werden dürften. Die Gültigkeit des Schuldprinzips für Sanktionen gemäss Art. 49a StGB ergäbe sich unmittelbar aus Art. 333 Abs. 7 StGB, weil der Gesetzgeber keine vom StGB abweichende Regelung habe treffen wollen. Bei der Sanktion gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG handle es sich um echte Strafen im Sinne des Strafrechts.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

642. Die Vorinstanz stützt sich auf das nachfolgend im Rahmen der Würdigung durch das Gericht dargestellte Ergebnis ab.

(3) Würdigung durch das Gericht

643. Das Schuldprinzip besagt, dass in Strafverfahren ein Beschuldigter nur dann verurteilt werden darf, wenn ein Verschulden und damit eine persönliche Verantwortlichkeit für die Tat gegeben ist ("nulla poena sine culpa"). Es wird nach überwiegender Auffassung aus der Unschuldsvermutung in Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 6 Abs. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK abgeleitet (vgl. Tophinke Esther, in: Niggli/Heer/Wiprächtiger [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2010, zit. BSK-StPO, Art. 10 Rn. 19). Als Ausprägung des Schuldprinzips ist Art. 12 StGB zu verstehen, wonach nur ein vorsätzliches oder allenfalls ein fahrlässiges Handeln eine Ahndung wegen einer Straftat zulässt. Art. 333 Abs. 7 StGB erweitert diese Regelung auf Taten, die in anderen Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, wobei prinzipiell eine fahrlässige neben eine vorsätzliche Begehung tritt.

644. Das Schuldprinzip beeinflusst nicht nur einzelne strafrechtliche Verfahren, sondern wirkt sich auch auf die Gesetzgebung aus. Demzufolge dürfen Straftatbestände durch den Gesetzgeber grundsätzlich nicht in einer solchen Weise ausgestaltet werden, dass dadurch die Notwendigkeit einer Feststellung an persönlicher Verantwortlichkeit des Täters ausgeschlossen würde. Nicht vereinbar mit dem Schuldprinzip ist es daher, (i) eine schlichte Erfolgshaftung zu statuieren, bei der aus dem blossen Eintritt eines Erfolgs auf die Schuld des Betroffenen geschlossen wird (vgl. Tophinke, BSK-StPO, Art. 10 Rn. 22; a.M. Gollwitzer Walter, Menschenrechte im Srafverfahren, 2005, Art. 6 Rn. 138), (ii) einen blossen Verdacht als Grundlage für eine Strafbarkeit genügen zu lassen, (iii) im Rahmen eines Tatbestands unwiderlegbare Vermutungen zu Lasten des Betroffenen vorzusehen, oder (iv) eine Haftung für fremde Schuld zu statuieren. Allerdings werden auch gewisse Einschränkungen des Schuldprinzips anerkannt. So wird es als zulässig erachtet, die Strafbarkeit durch abstrakte Gefährdungsdelikte vorzuverlegen (vgl. Tophinke, BSK-StPO, Art. 10 Rn. 22 m.w.H.). Gesetzliche Rechts- und Tatsachenvermutungen werden anerkannt, wenn sie sich innerhalb vernünftiger Grenzen halten und die Rechte der Verteidigung wahren (vgl. EGMR, 7.10.1988, 10519/83, Salabiaku gg. Frankreich, Ziff. 28; EGMR, 25.9.1992, 13191/ 87, Pham Hoang gg. Frankreich, Ziff. 33; kritisch Müller/Schefer, Grundrechte, 984). Aus diesem Grund sind Beweislastumkehrungen grundsätzlich möglich, wenn sie dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, den Gegenbeweis zu erbringen. Dies gilt insbesondere für Beweislastverschiebungen bei entlastenden Tatsachen (vgl. Waser, Grundrechte, 157; Wiprächtiger/Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 228). Bei schwerwiegenden Sanktionen muss dem Betroffenen jedenfalls die Möglichkeit offen stehen, durch geeignete Massnahmen den Nachweis zu erbringen, dass die einem Entscheid zu Grunde liegenden Tatsachen nicht zutreffend sind (vgl. Waser, Grundrechte, 161; Wiprächtiger/ Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 228).

645. Des Weiteren ist zu beachten, dass die bestehenden inhaltlichen Voraussetzungen und Schranken zum Schuldprinzip ausschliesslich für natürliche Personen entwickelt wurden. Ein Entscheid zur Geltung und konkreten Ausgestaltung des Schuldprinzips für juristische Personen sowie nicht rechtsfähige Rechtsgemeinschaften oder einfache Wirtschaftsgemeinschaften besteht - soweit ersichtlich - bislang nicht.

646. Zur Geltung des Schuldprinzips bei den durch Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG mit Sanktionen belegten Kartellrechtstatbeständen gemäss Art. 5 Abs. 3 und 4 sowie Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG bestehen in Rechtsprechung und Literatur unterschiedliche Ansichten.

647. Auf der einen Seite wird die Ansicht vertreten, dass die Verwaltungssanktionen verschuldensunabhängig ausgefällt werden können (vgl. Dähler Rolf/Krauskopf Patrick, Die Sanktionsbemessung und die Bonusregelung, in: Stoffel/Zäch [Hrsg.], Kartellgesetzrevision 2003, Neuerungen und Folgen, 2004, 127 ff., zit. "Sanktionsbemessung", 139; Koumbarakis Zinon, Die Kronzeugenregelung im schweizerischen Strafprozess de lege ferenda, 2007, 114; Lüscher Christoph, Der Ruf nach einem wirksameren und gerechteren Kartellstrafrecht - Ein irritierender Ruf?, Jusletter 15.3.2010, Rn. 45; Waser, Grundrechte, 162, entnimmt Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG eine objektive Schuldvermutung, die im Einzelfall durch das Unternehmen widerlegt werden kann; allgemein zu Verwaltungssanktionen vor der Revision des Kartellgesetzes im Jahr 2004 vgl. Ducrey, in: Homburger et. al. [Hrsg.], Kommentar zum schweizerischen Kartellgesetz, 1996, Vor Art. 50 ff. Rn. 18; Zurkinden Philipp, Sanktionen, in: von Büren/David [Hrsg.], Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Bd. V/2, Kartellrecht, 2000, 520; Zäch Roger/Wicky Andreas, Die Bemessung von Verwaltungssanktionen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen nach schweizerischem Kartellrecht, Festschrift für Niklaus Schmid, 2001, 589, 596). Begründet wird dies im Wesentlichen unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte damit, dass der Gesetzgeber mit Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG eine vom StGB abweichende Regelung getroffen habe. Dies werde auch durch die Ausgestaltung der Strafsanktionen in den Art. 54 und 55
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 55 Andere Widerhandlungen - Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.
KG belegt, welche die vorsätzliche Verwirklichung des Tatbestands unter Strafe stellen und somit ausdrücklich ein Verschulden vorsehen würden.

648. Andererseits wird die Ansicht vertreten, dass das Schuldprinzip
uneingeschränkt auch für Kartellsanktionen zur Anwendung gelangen müsse (vgl. Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 106 f.; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 5; Wiprächtiger/Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 209). Denn das Kartellgesetz stelle gegenüber den massgeblichen Vorschriften des StGB keine Sonderregelung auf, weshalb der aus Art. 333 Abs. 7 StGB ersichtliche Grundsatz, wonach eine schuldunabhängige Strafe ausgeschlossen sei, Beachtung finden müsse (vgl. Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
-53
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 53
1    Verstösse werden vom Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums untersucht. Sie werden von der Wettbewerbskommission beurteilt.
2    ...50
Rn. 108).

649. Aufgrund der Entstehungsgeschichte ist ersichtlich, dass der Gesetzgeber die Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ausdrücklich als Verwaltungssanktionen zur Durchsetzung von verwaltungsrechtlichen Pflichten qualifiziert und eindeutig von einer Strafsanktion abgegrenzt hat. Dabei wird für eine Verwirklichung auf Seiten der rechtswidrig handelnden Wirtschaftsteilnehmer auch kein strafrechtlich vorwerfbares Verhalten voraus-gesetzt (vgl. Botschaft KG 2004, 2034: "Mit Art. 49a wird das Kartellgesetz durch eine Verwaltungssanktion ergänzt. Als solche dient sie der Durchsetzung verwaltungsrechtlicher Pflichten [...]. Die Verwaltungssanktion setzt - im Gegensatz zu einer Strafsanktion - kein Verschulden vor-aus, d.h. sie kann ohne den Nachweis eines strafrechtlich vorwerfbaren Verhaltens einer natürlichen Person verhängt werden [...]. Subjektive Aspekte, die im Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Verschuldensbegriff [insbesondere Vorwerfbarkeit, besondere Skrupellosigkeit usw.] von Bedeutung sind und die in erster Linie mit der Persönlichkeit des Täters zusammenhängen, können demnach nicht berücksichtigt werden." Ein Antrag im Rahmen der Beratungen des Nationalrats auf Berücksichtigung des Verschuldens im Rahmen von Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG wurde durch Mehrheitsentscheidung ausdrücklich abgelehnt, vgl. AB 2002 N 1449, 1453). Diese Qualifizierung wird dadurch bestätigt, dass der Wortlaut von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG für die Bezeichnung der Sanktion den neutralen Begriff "Belastung" und nicht die entsprechenden strafrechtlichen Fachbegriffe "Geldstrafe" oder "Busse" verwendet. Die Sanktionsregelung wurde zudem als Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG im 6. Abschnitt über die Verwaltungssanktionen des 4. Kapitels über das verwaltungsrechtliche Verfahren und nicht im 5. Kapitel über die Strafsanktionen eingefügt. Damit knüpft die Vorschrift an die Vorstellung des Gesetzgebers im Rahmen der Kartellgesetzrevision von 1995 an (vgl. Botschaft KG 1995, 493, Ziff. 123 a.E.). Der Gesetzgeber hat mit Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG somit implizit eine Sonderregelung geschaffen, die nicht von den allgemeinen strafrechtlichen Vorschriften einschliesslich des Art. 333 Abs. 7 StGB erfasst wird, sondern diesen als lex specialis vorgeht (im Ergebnis ebensoHeine Günter/Roth Robert, Rechtsgutachten zur Sanktionierung natürlicher Personen/Unternehmen im Zuge der Schweizer Kartellgesetzrevision, 2010/2011, zit. Sanktionierung, 15; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.218; vgl. allgemein zu Sonderregelungen BGE 83 IV 121 E. 1; Trechsel Stefan/Pieth Mark, Schweizerisches Strafgesetzbuch, 2. Auf. 2012, Art. 333 Rn. 4; Wiprächtiger Hans, Basler Kommentar, Strafrecht II, 3. Aufl. 2013, zit. BSK-StGB-II, Art. 333 Rn. 10).

650. Dabei kann offen bleiben, ob der Gesetzgeber diesbezüglich tatsächlich einem Irrtum über die Deliktsfähigkeit von juristischen Personen unterlegen ist, wie dies in der Literatur teilweise angenommen wird (vgl. Heine Günter, Quasi-Strafrecht und Verantwortlichkeit von Unternehmen im Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaften und der Schweiz, ZStrR 2007, 105, zit. Quasi-Strafrecht, 116; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 109), ob er eine (zusätzliche) ausdrückliche Statuierung der Abweichung von strafrechtlichen Verfahren im Kartellgesetz für unnötig gehalten oder vergessen hat, oder ob er - wenn auch ohne nähere Begründung - gegebenenfalls bewusst rechtsdogmatisch neue Wege einleiten wollte. Denn im Rahmen der angestrebten Revision des Kartellgesetzes im Jahr 2012 wurde trotz einer Änderung der Entscheidpraxis zum Verschulden sowie des zwischenzeitlich konsolidierten Meinungsstands in der Literatur (vgl. E. 656) erneut klargestellt, dass an der Sanktionsord-nung der Kartellgesetzrevision von 2004 festzuhalten sei (vgl. Botschaft KG 2012, Ziff. 1.3.6). Demgemäss wurden im Rahmen der angestrebten Revision auch keine Anpassungen des Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG im Hinblick auf eine Qualifizierung der Massnahme als Verwaltungssanktion und eine nähere Qualifizierung des Verschuldens vorgesehen (vgl. Botschaft KG 2012, Ziff. 2.1.5.5). Zudem wurde auch kein Verweis auf das Verwaltungsstrafrecht aufgenommen, woraus ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber die bisherige Praxis übernehmen wollte, die eine Anwendung des Verwaltungsstrafrechts aufgrund des Fehlens eines entsprechenden ausdrücklichen oder impliziten Verweises in den Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
f. KG über die Verwaltungssanktionen ausgeschlossen hat (im Ergebnis so bereits Hangart-ner, Aspekte, 277). Im Hinblick auf eine Feststellung der Intention des Gesetzgebers sind diese Aspekte zu berücksichtigen, auch wenn die im Jahr 2012 eingeleitete Revision des Kartellgesetzes wegen eines Beschlusses des Nationalrats vom 17. September 2014 auf Nichteintreten auf die gesetzliche Vorlage nicht umgesetzt wurde, weil dies gemäss den parlamentarischen Debatten letztlich auf sonstigen Umständen beruhte.

651. Diese grundlegende Entscheidung des Gesetzgebers hat zum einen zur Folge, dass bei Kartellsanktionen strafrechtliche und strafprozessuale Vorschriften grundsätzlich keine direkte Anwendung finden und strafrechtliche Grundsätze nur - aber immerhin - insoweit zu berücksichtigen sind, als ihre Anwendung aufgrund höherrangigen Rechts im Rahmen einer verfassungs- bzw. konventionskonformen Auslegung zwingend geboten ist. Daher scheidet auch - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen - eine Abstützung auf Art. 333 Abs. 7 StGB aus (vgl. Heine/Roth, Sanktionen, 14). Umgekehrt wird dadurch allerdings nicht gänzlich ausgeschlossen, dass bei Anwendung der kartell- und verwaltungsrechtlichen Verfahrensvorschriften im Rahmen einer notwendigen Ausfüllung von vorhandenen Lücken indirekt per Analogie auf strafrechtliche Vorschriften und Prinzipien zurückgegriffen wird, soweit dies sachgerecht ist (vgl. Hangartner, Aspekte, Fn. 104).

652. Zum anderen hat die gesetzgeberische Entscheidung zur Folge, dass eine Beurteilung von wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen ausschliesslich im Rahmen der vom Kartellgesetz vorgesehenen Verwaltungs- und Rechtsmittelverfahren zu erfolgen hat, weshalb auch Sachverhalte, die zu Verwaltungssanktionen gemäss Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG führen bzw. führen können, nicht strafprozessualen oder verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren unterstehen (vgl. Hangartner, Aspekte, 277; Wiprächtiger/ Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 238; a.A. Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 105 f.). Diese formale Betrachtung wird auch durch Aspekte der Praktikabilität und der Sachgerechtigkeit bestätigt. Denn eine Differenzierung in Bezug auf die Zuweisung von Rechtsmittelverfahren anhand des Umstands, ob die streitgegenständliche Verfügung eine Sank-tion gemäss Art. 49a
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1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG statuiert oder nicht, würde letztlich zu einer Aufspaltung des Rechtswegs in Kartellrechtsangelegenheiten führen (vgl. Wiprächtiger/Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 237). Während Verfügungen mit Sanktionen gemäss Art. 49a
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1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG durch Strafgerichte zu beurteilen wären, würden sämtliche sonstigen Rechtsmittelverfahren auch weiterhin durch das Bundesverwaltungsgericht behandelt werden. Dadurch würde die Einheitlichkeit der materiellen Beurteilung von Kartellrechtssachverhalten, die angesichts von deren Bedeutung und nationalen Auswirkungen sowie der erforderlichen Fachkompetenz zu deren Beurteilung unabdingbar ist, erheblich erschwert. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass gemäss Art. 57 KG die Verfolgung von Strafsanktionen nach Art. 54 und 55
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KG Art. 55 Andere Widerhandlungen - Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.
KG dem verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren nach dem Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR, SR 313.0) untersteht. Bei diesen Tatbeständen handelt es sich nicht um Verstösse gegen materielle Kartellrechtstatbestände, sondern entweder um Zuwiderhandlungen gegen bestehende Entscheide und Urteile der Wettbewerbsbehörden und Rechtsmittelinstanzen oder um Zuwiderhandlungen gegen formale Meldepflichten. Dabei liegt entweder eine materielle kartellrechtliche Beurteilung bereits vor oder eine solche ist nicht erforderlich. Die im verwaltungsstrafrechtlichen Verfahren als Rechtsmittelinstanzen zuständigen Strafgerichte haben denn auch regelmässig keine materiellen Kartellrechtsfragen zu beantworten.

653. Ungeachtet der ausdrücklichen Intention des Gesetzgebers erfüllt die Sanktion des Art. 49a
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1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG aber die für strafrechtliche (Anklage-)Ver-fahren im Sinne von Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK vorausgesetzten Kriterien (vgl. E. 57 f.). Denn auch wenn die Verwaltungssanktion als Massnahme zur Durchsetzung von verwaltungsrechtlichen Pflichten konzipiert wurde und ihr da-durch nach Ansicht des Gesetzgebers unter Umständen ein anderes Unwerturteil und auch eine andere Rechtskonzeption als eigentlichen Strafrechtstatbeständen beizumessen ist, kommt ihr damit zumindest ein strafrechtsähnlicher Charakter zu, der eine analoge Anwendung von strafrechtlichen Grundsätzen mit verfassungs- bzw. konventionsrechtlicher Grundlage zur Folge hat. Aufgrund von Art. 5 Abs. 4 und Art. 35 BV sind verfassungs- und konventionsrechtlich gewährleistete Grund- und Menschenrechte im Falle eines Normenkonflikts grundsätzlich vorrangig zu beachten (vgl. BGE 139 I 16 E. 5.1; BGE 138 II 524 E. 5.1; BGE 135 II 243 E. 3.1; BGE 131 II 352 E. 1.3.1; BGE 125 II 417 E. 4d; Epiney Astrid, in: Waldmann/Belser/Epiney [Hrsg.], Basler Kommentar, Schweizerische Bundesverfassung, 2015, Art. 5 Rn. 76 ff., 84 ff.; Schweizer Rainer, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, Art. 35 Rn. 1 ff.; Tschumi Tobias/ Schindler Benjamin, in: Ehrenzeller/Mastronardi/Schweizer/Vallender, Die schweizerische Bundesverfassung, 3. Aufl. 2014, Art. 5 Rn. 71 ff.; Waldmann Bernhard, in: Waldmann/Belser/Epiney [Hrsg.], Basler Kom-mentar, Schweizerische Bundesverfassung, 2015, Art. 35 Rn. 1 ff.), wobei dies regelmässig im Wege einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung bei Anwendung der jeweiligen Rechtsvorschrift umgesetzt wird. Dabei können sich angesichts von Anwendungsbereich und Zielsetzung der jeweiligen Tatbestände im Einzelfall inhaltliche Anpassungen der strafrechtlichen Grundsätze auf verwaltungsrechtliche Sachverhalte ergeben, soweit dies sachlich gerechtfertigt ist und die strafrechtliche Garantie nicht vollständig ihres Inhalts beraubt wird (vgl. hierzu z.B. die inhaltliche Anpassung des verfassungs- und konventionsrechtlich geschützten Gerichtsvorbehalts, E. 58). Dies ist unter Berücksichtigung eines Verfassungsrangs verwaltungsrechtlicher Zielsetzungen auch rechtsdogmatisch vertretbar (vgl. E. 93). Eine völlige Negierung derartiger strafrechtlicher Grundsätze ist jedoch von vornherein ausgeschlossen.

654. Im Hinblick auf den Aspekt der Verantwortlichkeit eines kartellrechtswidrigen Verhaltens als Voraussetzung einer Sanktionierung schliesst das durch die Europäische Menschenrechtskonvention statuierte strafrechtliche Schuldprinzip demnach eine völlig verschuldensunabhängige Verantwortung des jeweiligen Wirtschaftsteilnehmers aus. Vielmehr ist auch im Rahmen von Sanktionsverfahren gemäss Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG davon auszugehen, dass die Wettbewerbsbehörden dem jeweiligen Wirtschaftsteilnehmer eine bestimmte Verantwortung für das inkriminierte Verhalten im Einzelfall nachzuweisen haben (vgl. BVGer, B-8399/2010, Baubeschläge Sigenia, E. 4.4.28 f., 6.4.3 ff.; BVGer, B-8404/2010, Baubeschläge SFS, E. 5.3.10.15 ff.; BVGer, B-8430/2010, Baubeschläge Koch, E. 5.4.28 f., 7.4.3 ff.).

655. Die Praxis hat bereits vor Einführung der direkten Sanktionen gemäss Art. 49a
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KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG für die Zulässigkeit von indirekten Sanktionen gemäss Art. 51 KG festgestellt, dass allein die Erfüllung des objektiven Tatbestands für die Verwirklichung eines Kartellrechtstatbestands nicht ausreichend sei; vielmehr müsse eine subjektive Verantwortlichkeit des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers hinzutreten. Seit einem Urteil der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen im Jahr 2002 (vgl. REKO/WEF, 7.3.2002, 01/FB-002,Rhône-Poulenc S.A./Merck & Co. Inc. gg. Weko, RPW 2002/2, 386, E. 3.3) wurde in der Folge in den Entscheiden der Wettbewerbskommission, der Rekurskommission für Wettbewerbsfragen, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesgericht grundsätzlich unter dem Begriff der Vorwerfbarkeit das subjektive Verschulden als Voraussetzung einer verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Sanktionierung eines Kartellrechtsverstosses geprüft (vgl. E. 674).

656. Die heute herrschende Ansicht in der Literatur setzt - insbesondere wegen der verfassungs- und konventionsrechtlichen Garantie der Unschuldsvermutung - ebenfalls eine subjektive Verantwortlichkeit für die Sanktionierung eines Kartellrechtsverstosses voraus (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 11; David/Jacobs, WBR, Rn. 769; Hangartner, Aspekte, 251 ff., 274 ff.; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 105 f.; Spitz, Problemstellungen, 564 f.; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 5; Roth, CR-Concurrence, Rem art. 49a-53 Rn. 39 ff.; Tagmann, Sanktionen, 72; Tag-mann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 10; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.220).

657. Auch die EU-Wettbewerbspraxis setzt für die Verhängung von Geldbussen ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit oder des Vorsatzes der jeweiligen Wirtschaftsteilnehmer voraus. Dies wird in Art. 23 der VO 1/2003 ausdrücklich vorgesehen.

658. Unter Berücksichtigung der Intention des Gesetzgebers sowie der Praxis und der heute herrschenden Literatur steht demzufolge nicht mehr in Frage, ob überhaupt ein Verschulden gegeben sein muss, sondern lediglich der Aspekt, welche materiell- und verwaltungsrechtlichen Kriterien und Voraussetzungen des Verschuldens für die unterschiedlichen Fallgestaltungen einer Verwirklichung von kartellrechtlichen Tatbeständen zur Anwendung gelangen.

b) Nachweis des Verschuldens

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

659. Die Beschwerdeführerinnen machen unter Verweis auf das Rechtsgutachten Niggli/Riedo in prinzipieller Weise geltend, dass ein für die Verwirklichung von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG notwendiges Verschulden ihrerseits gar nicht gegeben sei. Denn die Verfügung enthalte keine ausreichenden Ausführungen zur subjektiven Vorwerfbarkeit, weil die Vorinstanz sich gar nicht mit Vorsatz und Fahrlässigkeit des Unternehmens auseinandersetze. Vielmehr schliesse die Vorinstanz aus dem objektiven Tatbestand direkt auf die Fahrlässigkeit und setze diese mit einem Organisationsverschulden gleich, obwohl sich die Verantwortlichkeit für das Anlassdelikt, d.h. den Verstoss gegen das Kartellgesetz, von der Verantwortung für einen Organisationsmangel strukturell unterscheide. Der Schluss vom objektiven Tatbestand auf die Erfüllung des subjektiven Tatbestands der Mitarbeitenden und von dieser auf ein Organisationsverschulden des Unternehmens sei zudem unzulässig, weil der subjektive Tatbestand bei diesem Vorgehen zu einer rein theoretischen Frage und damit zu einer verschuldensunabhängigen Bestrafung führen würde. Die Vorinstanz versteige sich zu einer unzulässigen Schuldvermutung und einer Negierung des Schuldprinzips, wenn sie im Hinblick auf das Verschulden der Beschwerdeführerinnen lediglich allgemein ausführe, ein Verschulden werde nur im Einzelfall nicht vorliegen und eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung sei bei einem Verstoss gegen das Kartellgesetz im Regelfall ohne Weiteres gegeben.

660. Im Übrigen beschränke sich die Prüfung der Vorinstanz auf den Aspekt des Wissens, welcher für den Vorwurf einer Fahrlässigkeit nicht ausreichend sei.

661. Zwar könne sich analog zu Art. 102 StGB eine Strafbarkeit aus einem Organisationsmangel ergeben. Hierzu sei neben dem Verstoss gegen das Kartellgesetz aber auch der Nachweis zu erbringen, dass das Unternehmen durch die Vornahme bestimmter Massnahmen den Verstoss hätte ausschliessen können. Hierbei wäre ein subjektiv-individueller Massstab anzuwenden, d.h. massgebend wäre, welche Vorsicht nach den Umständen und den persönlichen Verhältnissen anzuwenden gewesen wäre; demgegenüber sei das Abstellen auf einen objektiven Massstab unzulässig. Die Vorinstanz habe weder aufgezeigt, in welchem Umstand ein Organisationsverschulden bestehen solle, noch zeige sie auf, mit welchen organisatorischen Massnahmen der angebliche Verstoss zu vermeiden gewesen wäre.

662. Die Beschwerdeführerinnen machen im Einzelnen geltend, dass ein Verschulden ihrerseits durch die Vorinstanz nicht in ausreichender Weise nachgewiesen worden sei. Hierzu führen sie eine Reihe unterschiedlicher Aspekte an, wobei ein beträchtlicher Teil mit denjenigen Gründen übereinstimmt, die für das Vorliegen eines Verstosses gegen das Vertrauensprinzip vorgebracht wurden (vgl. E. 207 f.) und deshalb an dieser Stelle nicht wiederholt werden müssen, umso mehr als sie für die Begründung einer Gutgläubigkeit der Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe und damit eines fehlenden Verschuldens nicht geeignet sind.

663. Der Vorwurf, bei Festhalten an einer Verhaltensweise nach der Eröffnung einer Untersuchung sei auf Eventualvorsatz zu schliessen, sei offensichtlich unhaltbar und damit eine Verletzung der Unschuldsvermutung. Aus den Feststellungen der Vorinstanz sei allerdings der Umkehrschluss zu ziehen, dass die Swisscom-Gruppe vor Eröffnung der Untersuchung am 20. Oktober 2005 nicht habe davon ausgehen müssen, dass ihr Verhalten unzulässig sei, weshalb vor diesem Zeitpunkt eine Vorwerfbarkeit von vornherein nicht gegeben sein könne.

664. Weder dem Gesetz noch der Fallpraxis der Vorinstanz lasse sich entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Marge als ausreichend oder als unzulässige Kosten-Preis-Schere und als Behinderung von Konkurrenten und damit als Ausbeutung der Marktgegenseite zu qualifizieren sei. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass diese Frage nicht ex post zu beurteilen sei, sondern für den Schuldvorwurf die massgeblichen Umstände und das verfügbare Wissen zum Zeitpunkt der Ausführung des wettbewerbswidrigen Verhaltens zu Grunde gelegt werden müssten.

665. Aufgrund ihrer ökonomischen und kartellrechtlichen Kenntnisse hätte die Swisscom-Gruppe angesichts der behördlichen Praxis davon ausgehen dürfen, dass eine Kosten-Preis-Schere nicht gegeben sei und dass die Marge zwischen den Gross- und Einzelhandelspreisen erlaube, das Einzelhandelsgeschäft erfolgreich zu betreiben. Gegenteilige Schlüsse würden sich weder aus dem Kartellgesetz noch aus der vorinstanzlichen Fallpraxis ergeben.

666. Die Swisscom-Gruppe habe aufgrund der Businesspläne der Beschwerdeführerin 2 für die Jahre 2002 bis 2005 immer davon ausgehen dürfen, dass das Endkundengeschäft profitabel betrieben werden könne. Dass sich die Profitabilität des Geschäfts wegen des stärker als erwartet ausgefallenen Wachstums der Endkundenzahlen und der deshalb höheren Akquisitionskosten zeitlich nach hinten verschieben würde, sei nicht vorhersehbar gewesen. Für die Jahre 2007, 2008 und 2009 hätten die Beschwerdeführerinnen zudem gewusst, dass das Endkundengeschäft profitabel betrieben werden könne. Die in der Verfügung ADSL I enthaltenen Vorgaben seien stets erfüllt gewesen, und die Vorinstanz habe daran festgehalten, dass das Endkundengeschäft der Beschwerdeführerin 2 voraussichtlich im Jahr 2004 profitabel gewesen wäre.

667. Hohe Gewinne im Grosshandelsgeschäft seien für das Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere nicht massgebend; relevant sei vielmehr, ob die Einzelhandelsmarge ausreichend sei, um das Endkundengeschäft profitabel betreiben zu können.

668. Eine Behinderung der Konkurrenten durch hohe Grosshandelspreise im Vergleich zu niedrigeren Einzelhandelspreisen sei nicht erkennbar gewesen.

669. Die Beschwerdeführerinnen weisen schliesslich darauf hin, dass sie umfangreiche Compliance-Massnahmen eingerichtet hätten. So würden jeder Geschäftsbereich und jeder Mitarbeiter im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit die Verantwortung für die Einhaltung der rechtlichen und regulatorischen Bedingungen tragen. Zur Sensibilisierung für die kartellrechtliche Problematik seien breit angelegte Schulungen durchgeführt worden. Den Mitarbeitern stünden im Intranet Leitfäden über kartellrechtliche Risiken und Verhaltensanweisungen zur Verfügung. Innerhalb der Einheit Legal und Regulatory (LR) sei ein besonderes Compliance-Team geschaffen worden, welches die Geschäftsbereiche und Mitarbeiter bei der Einhaltung der regulatorischen Vorgaben unterstütze. Bei allen kartellrechtlich relevanten Geschäftsfällen, insbesondere bei der Einführung neuer Produkte sowie bei Preis- oder Produktanpassungen, sei der Beizug von LR durch die sog. Geschäfts- und Zuständigkeitsordnung - ein Anhang zum Organisationsreglement der Swisscom Group - zwingend vorgeschrieben, wobei mit dem sog. KALI-Prozess ein einheitlicher Bestellungs- und Pflegeprozess für neue und bestehende Marktleistungen mit vorgegebenen Prüfungsanforderungen zur Anwendung gelange. Regulatorische Vorgaben seien in der sog. Investitionssteuerung SCS als Bestandteil des Business Case zu berücksichtigen und die Compliance-Prüfung sei Bestandteil der Freigabe im Rahmen des sog. Life Cycle Management-Prozesses. Vor diesem Hintergrund könne den Beschwerdeführerinnen weder ein Verschulden für den behaupteten Wettbewerbsverstoss noch ein Organisationsverschulden angelastet werden.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

670. Die Vorinstanz macht unter Verweis auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und der früheren Rekurskommission für Wettbewerbsfragen sowie ihrer eigenen neueren Praxis geltend, dass für den Nachweis eines Verschuldens dem Unternehmen zumindest eine objektive Sorgfaltspflichtverletzung im Sinne der Vorwerfbarkeit angelastet werden können müsse.

671. Die Vorinstanz verweist darauf, dass sie bereits im Eröffnungsbeschluss ihrer vorliegenden Untersuchung explizit auf die Prüfung einer Kosten-Preis-Schere hingewiesen habe. Den Beschwerdeführerinnen hätte in mehrfacher Hinsicht bekannt sein müssen, dass durch ihre Preispolitik im Bereich xDSL unter Umständen ein Verstoss gegen kartellrechtliche Bestimmungen vorliegen könnte. Allerdings habe es die Swisscom-Gruppe im sicheren Wissen um das Risiko eines Kartellrechtsverstosses in dem zu sanktionierenden Zeitraum unterlassen, ihre Preispolitik auf dem Grosshandelsmarkt zu ändern. Wenn ein Unternehmen das zweifelhafte Verhalten auch nach Eröffnung eines kartellrechtlichen Verfahrens durch die Wettbewerbsbehörde fortführe, dann nehme es die Kartellrechtsverletzung zumindest billigend in Kauf und handle somit eventualvorsätzlich, weil es in jedem Fall spätestens ab dem Zeitpunkt der Eröffnung über die mutmassliche Wettbewerbswidrigkeit des Verhaltens informiert gewesen sei.

672. Soweit Verhaltensweisen bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Revision des Kartellgesetzes Gegenstand einer Vorabklärung oder einer Untersuchung durch die Wettbewerbsbehörden bildeten, könnten diese gemäss Rechtsprechung (vgl. BGE 135 II 60 E. 3.2.4) direkt sanktioniert werden, weil die Zulässigkeit einer Weiterführung als zweifelhaft angesehen werden müsse.

673. Die Vorinstanz lehnt eine Berücksichtigung von Compliance-Programmen im Rahmen der Beurteilung des materiellen Tatbestands ab.

(3) Würdigung durch das Gericht

(a) Ausgangslage

674. Die Rechtsprechung hat für die Beurteilung der Vorwerfbarkeit im Bereich des Kartellrechts bislang auf ein wettbewerbswidriges Handeln oder auf ein Organisationsverschulden von Seiten des betroffenen Unternehmens abgestellt. So ist die Vorwerfbarkeit zum einen dann gegeben, wenn ein Mitarbeiter des Unternehmens wissentlich handelt oder Handlungen nicht vornimmt, die man von einer vernünftigen, mit den ent-sprechenden Fachkenntnissen ausgestatteten Person in einer entsprechenden Situation hätte erwarten können bzw. müssen (vgl. BVGer, 3.10.2007, B-2157/2006, Flughafen Zürich AG gg. Weko, RPW 2007/4, 653, E. 4.2.6, wobei das wettbewerbswidrige Verhalten ausdrücklich als Ausfluss einer Verdrängungsabsicht und weniger als Ausfluss eines Organisationsverschuldens des Unternehmens bewertet wurde; BVGer, RPW 2010/1, 190, Auskunftspflicht, E. 5.4.9, wobei nicht nur ein einfacher Organisationsmangel, sondern ein bewusstes Fehlverhalten festgestellt wurde). Zum anderen wird die Vorwerfbarkeit durch einen objektiven Sorgfaltsmangel im Sinne eines Organisationsverschuldens begründet (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 12.2.2 [nicht abgedr.]; BVGer, B-2977/2007, Publigroupe, E. 8.2.2.1). In einem jüngeren Entscheid wurde die Vorwerfbarkeit mit Bezug auf eine Gebietsklausel mit der offensichtlichen Kartellrechtswidrigkeit der fraglichen vertraglichen Regelung begründet, ohne näher zu konkretisieren, ob die Vorwerfbarkeit im Sinne eines aktiven Verhaltens auf der Herbeiführung der kartellrechtswidrigen Vertragslage oder dem Unterlassen geeigneter Änderungen dieser Vertragslage oder im Sinne eines Organisationsverschuldens auf einer fehlenden allgemeinen oder konkreten Überprüfung entsprechender Vertragsabschlüsse oder sogar auf mehreren dieser Aspekte beruhte (BVGer, B-506/2010, Gaba, E. 14.3.5). In allen Fällen wurde ohne Weiteres eine Zuordnung des Fehlverhaltens zum jeweiligen Unternehmen ungeachtet dessen vorgenommen, ob es in Bezug zu einem aktiven Handeln oder einem Organisationsverschulden gesetzt wurde.

675. In der Literatur ist diese Ausgestaltung der kartellrechtlichen Vorwerfbarkeit einerseits auf Zustimmung (vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 11 f.; Günter Heine, Quasi-Strafrecht und Verantwortlichkeit von Unternehmen im Kartellrecht der Europäischen Gemeinschaften und der Schweiz, ZStrR 2007, 105, zit. Quasi-Strafrecht, 107; Christoph G. Lang, Die Sanktionierung von unzulässigem Wettbewerbsverhalten nach dem neuen Kartellrecht, in: Wohlers [Hrsg.], Neue Entwicklungen im schweizerischen und internationalen Wirtschaftsstrafrecht, 2007, 113 ff., zit. Sanktionierung, 120; Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 10; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.220 Wiprächtiger/Zimmerlin, Verantwortlichkeit, 203 ff., 209 f.; weiter differenzierend Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 5; vgl. die zusammenfassende Darstellung von Rechtsprechung und Literatur bei Kubli, Sanktionssubjekt, 149 ff.) und andererseits wegen der fehlenden Anwendung von bestehenden strafrechtlichen Grundsätzen und der damit einhergehenden Unklarheit, welche konkreten Auswirkungen sich aus einer Berücksichtigung dieses subjektiven Elements ergeben, auf Ablehnung gestossen (vgl. Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 124 f.). Dabei wird auch eine funktionsgerechte Übertragung der strafrechtlichen Grundsätze unter Berücksichtigung von Zweck und Wirkungsweise des Kartellrechts eingefordert (vgl. Heine, Quasi-Strafrecht, 118; Heine/Roth, Sanktionen, 14 f.).

676. Ungeachtet der bestehenden Differenzen ist nach überwiegender Ansicht für die Vorwerfbarkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens jedenfalls das Vorliegen eines Organisationsverschuldens auf Seiten des Unternehmens prinzipiell ausreichend. Dies wird auch von den Beschwerdeführerinnen ausdrücklich anerkannt. Soweit ein solches Organisationsverschulden im Einzelfall nachgewiesen wird, bedarf es demzufolge auch keiner weiteren Abklärungen von Seiten der Wettbewerbsbehörden oder der Gerichte im Hinblick auf die Verwirklichung des Verschuldens aufgrund eines sonstigen aktiven oder passiven Verhaltens. Gleichfalls bedarf es keiner Abklärungen im Hinblick auf eine vorsätzliche Begehung des wettbewerbswidrigen Verhaltens, soweit die Umstände einer fahrlässigen Begehung dargelegt werden.

677. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen und verschiedenen Ansichten in der Literatur (vgl. David/Frick/Kunz/Studer/Zimmerli, SIWR-Rechtsschutz, Rn. 1330; Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 134; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.223) führt die Feststellung eines Organisationsverschuldens auf Seiten des Unternehmens auch nicht unzulässigerweise zu einer verschuldensunabhängigen Bestrafung, weil dadurch aus dem objektiven Tatbestand eines bestimmten wirtschaftlichen Verhaltens automatisch die Fahrlässigkeit eines organisatorisch unzureichenden Verhaltens abgeleitet werde. Denn hinsichtlich der Sorgfaltsanforderungen, denen ein jedenfalls wie im vorliegenden Fall ausgestaltetes Unternehmen bei seinem wirtschaftlichen Verhalten im Rahmen seiner Teilnahme am Wettbewerb zu genügen hat, ist Folgendes zu beachten. Den gesetzlichen oder gesellschaftsintern vorgesehenen Mitgliedern der Führungsgremien von Gesellschaften als juristische Personen einschliesslich von Gruppengesellschaften eines Konzerns kommt im Hinblick auf die gesamte Geschäftstätigkeit des Unternehmens aufgrund von gesellschaftsrechtlichen Vorschriften wie etwa Art. 717 Abs. 1 und Art. 812 Abs. 1 OR die Verpflichtung zu, die Geschäftstätigkeit sorgfaltsgemäss auszugestalten und im laufenden Geschäftsbetrieb umzusetzen, was etwa gemäss Art. 716a Abs. 1 Ziff. 5 und Art. 810 Abs. 2 Ziff. 4 OR die Beachtung aller einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen einschliesst (vgl. Böckli Peter, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl. 2009, § 13 Rn. 378 ff., 563 ff.; spezifisch zur Oberaufsichtspflicht hinsichtlich der Befolgung von Gesetzen im Konzern vgl. Böckli Peter, Die Stellung des Verwaltungsrates einer in den Konzern eingeordneten Untergesellschaft, in: Baer Charlotte M. [Hrsg.], Vom Gesellschafts- zum Konzernrecht, 2000, 37 f., 54 f., 78 f.; Buff Herbert, Compliance, 2000, Rn. 132, 137 f.; Vogel Alexander, Neuere Tendenzen im Konzern(haftungs)-recht, in: Schweizer/Burkert/Gassser [Hrsg.], Festschrift Jean Nicolas Druey, 2002, 607 ff., 618 f.; von Büren Roland, Der Konzern - Rechtliche Aspekte eines wirtschaftlichen Phänomens, in: von Büren/Girsber-ger/Kramer/Sutter-Somm/Tercier/Wiegand [Hrsg.], Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/6, 2. Aufl. 2005, 63). Den Verantwortlichen der Swiss-com-Gruppe kommt somit die Verpflichtung zu, einen rechtmässigen Geschäftsbetrieb sicherzustellen. Diese Verpflichtung umfasst auch die Beachtung der Wettbewerbsvorschriften durch die Umsetzung eines dauerhaft wettbewerbskonformen Verhaltens (vgl Borer, KG, Art. 49a Rn. 11 f.). Grundsätzlich kann unterstellt werden, dass ein Unternehmen zur Verfolgung seiner geschäftlichen Aktivitäten auf den jeweiligen Positionen innerhalb seines Geschäftsbetriebs nur Mitarbeiter
einsetzt, welche aufgrund ihrer individuellen Persönlichkeit in der Lage sind, bei Ausübung der entsprechenden Tätigkeiten jedenfalls diejenige Sorgfalt anzuwenden, die aus objektiver Sicht für eine ordnungsgemässe Behandlung der hierbei regelmässig anfallenden Sachverhalte sachlich notwendig ist und angesichts der Umstände des Einzelfalls üblicherweise erwartet werden kann. Wenn dies nicht gewährleistet wäre, müsste nämlich andernfalls davon ausgegangen werden, dass bereits ein Organisationsmangel auf Seiten des Unternehmens vorliegt, weil es Mitarbeiter für Tätigkeiten einsetzen würde, welche den sich daraus ergebenden Anforderungen von vornherein nicht gewachsen wären. Diese übliche angemessene Sorgfalt ist demzufolge der grundlegende Bezugspunkt der Sorgfaltsbeurteilung. Und diese Sorgfaltsanforderung wird bei der Verwirklichung eines wettbewerbswidrigen objektiven Tatbestands regelmässig - wenn auch nicht zwingend - verletzt worden sein. Soweit keine gegenteiligen Umstände, wie etwa auf eigene Rechnung arbeitende Mitarbeiter, für die Wettbewerbsbehörden im Rahmen der Untersuchung ersichtlich oder durch das Unternehmen belegt werden, hat das Unternehmen für diese Sorgfaltspflichtverletzung einzustehen. Diese Zuweisung von Verantwortlichkeit entspricht auch den Anforderungen des Schuldprinzips, weil Beweislastverschiebungen zulässigerweise eingesetzt werden können (vgl. E. 644).

678. Soweit ein Konzern als Unternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG zu qualifizieren ist, sind Sorgfaltspflichtverletzungen, die innerhalb des Konzern eintreten, ohne Weiteres auch diesem als massgeblichem Kartellrechtssubjekt zuzurechnen (vgl. E. 29; im Ergebnis so bereits BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 3.4 [nicht abgedr.]).

(b) Umstände des Einzelfalls

679. Für die Beurteilung der Vorwerfbarkeit sind im vorliegenden Fall die folgenden Aspekte von Bedeutung.

680. Zunächst ist im Hinblick auf die Zuordnung des massgeblichen Verhaltens einzelner Personen zur Swisscom-Gruppe im vorliegenden Fall zu beachten, dass die Beschwerdeführerinnen nicht geltend machen, die wettbewerbswidrigen Handlungen seien von anderen Personen vorgenommen worden, als von den Mitarbeitern, die im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeiten zur Durchführung derartiger Massnahmen berechtigt waren. Auch die Feststellungen und Ausführungen der Wettbewerbsbehörden lassen keinen begründeten Rückschluss auf ein anderes Szenario zu, auch wenn eine Identifikation dieser Personen im Rahmen des Kartellverwaltungsfahrens nicht vorgenommen wurde. Daher ist davon auszugehen, dass das wettbewerbswidrige Verhalten - einschliesslich von dessen Kontrolle - von denjenigen Personen vorgenommen wurde, die in der Swisscom-Gruppe mit der Entscheidung und Umsetzung der entsprechenden Angelegenheiten ordnungsgemäss betraut waren. Einer Zuordnung des wettbewerbswidrigen Verhaltens einzelner Mitarbeiter zur Swisscom-Gruppe stehen daher von vornherein keine beachtenswerten Gründe entgegen.

681. Die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe kannten unbestrittenermassen die geschäftliche Entwicklung sowohl auf der Grosshandels- als auch auf der Einzelhandelsstufe (vgl. SV J.d). Dabei konnten sie feststellen, dass auf der Grosshandelsstufe nach anfänglichen Verlusten aufgrund der vorgenommenen Investitionen ab dem Jahr 2003 erhebliche Gewinne erwirtschaftet wurden, während auf der Einzelhandelsstufe dauerhaft massive Verluste aus der Geschäftstätigkeit resultierten. Zudem war für sie auch ohne Weiteres erkennbar, dass aufgrund der grossen Gewinnsteigerungen auf Grosshandelsstufe die Kosten der anfänglichen Investitionen relativ schnell wieder erwirtschaftet werden konnten. Ungeachtet dessen wurde die Preisgestaltung des Grosshandelsprodukts BBCS unverändert auch in den weiteren Jahren beibehalten. Insgesamt ergab sich bis Ende des Jahres 2007 auf der Grosshandelsstufe ein Gewinn in der Höhe von rund {..........} Mio. CHF, während auf Einzelhandelsstufe ein Verlust in der Höhe von {..........} Mio. CHF resultierte. Der Überschuss aus den Ergebnissen von Grosshandels- und Einzelhandelsgeschäft bis zum Jahr 2007 betrug rund {..........} Mio. CHF. Bereits ab dem Jahr 2004 hätten deshalb die Verluste auf der Einzelhandelsstufe ohne Schwierigkeiten jeweils aus den Gewinnen auf der Grosshandelsstufe beglichen werden können. Ab diesem Jahr nahm auch der bisherige negative Gesamtsaldo des gesamten Breitbandgeschäfts auf Gross- und Einzelhandelsstufe erstmals deutlich ab. Aufgrund der weiter ansteigenden Gewinne im Grosshandelsgeschäft wurde der bisherige negative Gesamtsaldo im Jahr 2005 vollständig abgebaut, d.h. bis zum Jahr 2005 konnten nicht nur die Anfangsverluste der Jahre 2000 bis 2002 im Grosshandelsgeschäft, sondern darüber hinaus auch sämtliche Verluste des Einzelhandelsgeschäfts in den Jahren 2001 bis 2005 ausgeglichen werden. Im Jahr 2006 wurde der positive Gesamtsaldo ganz erheblich ausgebaut und im Jahr 2007 dann sogar nochmals ungefähr verdoppelt. Die vorstehend geschilderte Entwicklung war dabei spätestens ab dem 22. März 2004 mit Freigabe der Konzernrechnung für das Jahr 2003 durch den Verwaltungsrat der Beschwerdeführerin 1 ohne Weiteres erkennbar. Trotz der dokumentierten positiven Gesamtentwicklung wurde die Preisstrategie von der Swisscom-Gruppe in den folgenden Jahren 2005 bis 2007 aber beibehalten.

682. Aufgrund dieses jahrelangen Verhaltens ergibt sich unzweifelhaft, dass die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe ganz offensichtlich kein Interesse daran hatten, durch eine Preisreduzierung für das Vorprodukt BBCS den Gewinn auf der Grosshandelsstufe abzusenken, um dadurch die Rentabilität auf der Einzelhandelsstufe zu Gunsten von Bluewin - und damit zwangsläufig auch für die anderen Internetdienstanbieter - zu gewährleisten. Vielmehr haben sie die offen zu Tage tretenden Verluste im Einzelhandelsgeschäft über Jahre hinweg hingenommen.

683. Die Ausarbeitung und Einräumung des Wachstumsrabatts für das Jahr 2007 zeigt auf, dass den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe im Jahr 2006 bewusst sein musste, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse auf Gross- und Einzelhandelstufe unter wettbewerbsrechtlichen Gesichts-punkten nicht akzeptabel waren. Es ist kein Grund ersichtlich, warum ansonsten ein Rabatt hätte gewährt werden sollen, bei dem von vornherein ersichtlich war, dass er vor allem der eigenen Vertriebseinheit Bluewin und nur sehr eingeschränkt den Konkurrenten zugute kam. Die Rabattgewährung ist demzufolge auch nur als Versuch zu qualifizieren, das vorliegende Missverhältnis zu kaschieren.

684. Wie die Beschwerdeführerinnen im Rahmen ihrer Ausführungen zur Marktstellung selbst geltend machen, war vorhersehbar, dass die gesetzlich vorgesehene Einführung der Bereitstellungsprodukte schneller Bitstrom und TAL im Rahmen der Liberalisierung des schweizerischen Telekommunikationsmarkts zu einer Reduzierung des Geschäftsvolumens mit dem Vorprodukt BBCS führen würde. Denn durch deren Einführung ergaben sich für ihre Konkurrenten als Abnehmer des Vorprodukts BBCS Alternativen für den Bezug eines notwendigen Bereitstellungsprodukts für Breitbanddienstleistungen. Dadurch war auch absehbar, dass die Preisfestsetzung der Swisscom-Gruppe im Grosshandelsgeschäft eine Änderung erfahren würde und nicht mehr in gleicher Weise vorgenommen werden konnte. Die Änderungen des Fernmeldegesetzes traten am 1. April 2007 in Kraft. Ab dem 1. Januar 2008 hat die Beschwerdeführerin 2 die Preise für das Vorprodukt BBCS dann auch nachhaltig gesenkt. Diese Liberalisierung des schweizerischen Telekommunikationsmarkts war bereits lange vor der gesetzlichen Änderung vorhersehbar. Die Telekommunikationsmärkte in der Europäischen Union wurden bereits auf die Jahrtausendwende hin auch für Breitbanddienste vollständig liberalisiert. Bereits zu diesem Zeitpunkt begannen entsprechende Diskussionen auch in der Schweiz. Die notwendigen gesetzlichen Massnahmen zur entsprechenden Änderung des Fernmeldegesetzes wurden mit der Botschaft FMG 2007 im Jahr 2003 eingeleitet (vgl. SV E.f). Spätestens von diesem Zeitpunkt an, zu dem im Breitbandgeschäft der Swisscom-Gruppe gleichzeitig die Gewinnschwelle auf der Grosshandelsstufe erreicht wurde, mussten die Verantwortlichen demnach davon ausgehen, dass die völlig selbstbestimmte Festsetzung der Preise und die sich daraus ergebenden enormen Gewinne auf der Grosshandelsstufe nur noch für einen begrenzten Zeitraum sichergestellt waren.

685. Wie die Beschwerdeführerinnen selbst geltend machen, war bekannt, dass durch die Bündelangebote eine Quersubventionierung durch andere Produkte erfolgen würde. Den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe war demzufolge bewusst, dass eine Quersubventionierung durch das Grosshandelsgeschäft erforderlich war, um die fehlende Rentabilität des Einzelhandelsgeschäfts auszugleichen. Aufgrund ihrer, im vorliegenden Verfahren behaupteten und dokumentierten Kenntnisse über die Preisstruktur der Wettbewerber in Bezug auf ihre Bündelangebote musste ihnen auch bekannt sein, dass die Konkurrenten auf der Einzelhandelsstufe ihre Breitbandangebote durch den Ertrag aus anderen Produktbereichen quersubventionieren mussten. Die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe wussten somit, dass aufgrund der notwendigen Quersubventionierung die Konkurrenten bei diesen anderen Produkten ebenfalls Gewinneinbussen hatten, wodurch nicht nur deren Wettbewerbsfähigkeit auf dem Breitbandmarkt, sondern auch deren grundsätzliche Wettbewerbsfähigkeit in anderen Märkten herabgesetzt wurde. Den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe war demnach bewusst, dass sie durch die Fortführung des Missverhältnisses bei der Preisgestaltung für ihre Breitbandprodukte die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Konkurrenten insgesamt schwächen würden.

686. Die Beschwerdeführerinnen haben zwar geltend gemacht, dass die EU-Wettbewerbspraxis in der Schweiz keine Berücksichtigung finden könne; die Kenntnis über diese Rechtslage haben sie allerdings nicht bestritten. Aufgrund der ausdrücklichen Ausführungen im Abschlussbericht des Wettbewerbssekretariats in der Angelegenheit Talk&Surf vom 12. Februar 2004 (vgl. SV K.d) ist denn auch nachgewiesen, dass den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe spätestens ab diesem Zeitpunkt sowohl die Rechtsentwicklung der EU-Wettbewerbspraxis als auch die Haltung der Wettbewerbsbehörden, zur Beurteilung von entsprechenden Sachverhalten auf die EU-Wettbewerbspraxis zurückzugreifen, bekannt war. Dabei war sogar ausdrücklich auf den Entscheid der EU-Kommission in Sachen Deutsche Telekom vom 21. Mai 2003 hingewiesen worden, wonach für Telekommunikationsunternehmen eine missbräuchliche Preisgestaltung in Gestalt einer Kosten-Preis-Schere vorliegt, wenn sich ein Missverhältnis zwischen den Preisen für Vorprodukte auf der Grosshandelsstufe und den Preisen für Breitbandleistungen auf der Einzelhandelsstufe einstellt und als Folge davon das Einzelhandelsgeschäft nicht mehr profitabel betrieben werden kann. Für die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe hatte daher unzweifelhaft dazu Anlass bestanden, die gesamte eigene wirtschaftliche Tätigkeit regelmässig anhand der massgeblichen Prüfungskriterien einer eingehenden internen Untersuchung zu unterziehen. Eine entsprechende Prüfung hätte zur Feststellung geführt, dass der Tatbestand einer Preis-Kosten-Schere verwirklicht wurde.

687. Diese Einschätzung wird noch durch die Behauptung der Beschwerdeführerinnen verstärkt, dass die Swisscom-Gruppe eine besondere Kartellrechtsabteilung unterhält, die sämtliche vertriebenen Produkte der Gruppe einschliesslich der vorliegend in Frage stehenden Breitbandprodukte auf ihre kartellrechtliche Zulässigkeit hin überprüft. Angesichts des Bestehens einer entsprechenden Compliance-Abteilung hätte bei einer ordnungsgemässen Bearbeitung nicht unentdeckt bleiben können, dass die eigene Preisgestaltung im Breitbandmarkt als wettbewerbswidrig zu qualifizieren ist.

688. Dass auf Seiten der Swisscom-Gruppe zum damaligen Zeitpunkt eine eingehende Auseinandersetzung mit der EU-Wettbewerbspraxis stattgefunden hat, ergibt sich nicht zuletzt aus der Einwendung der Beschwerdeführerinnen im Hinblick auf die fehlende ausreichende Bestimmtheit des gesetzlichen Tatbestands. Nach deren Ansicht liegt ein Verstoss gegen das Gesetzmässigkeitsprinzip vor, weil die Vorinstanz die Kosten-Preis-Schere unter den Diskriminierungstatbestand gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b KG subsumiert habe und damit von der rechtlichen Einschätzung der EU-Wettbewerbspraxis im Fall Deutsche Telekom abgewichen sei, welche die Kosten-Preis-Schwere als Anwendungsfall des Erzwingungstatbestands im Sinne von Art. 7 Abs. 2 lit. c KG qualifiziert habe. Aufgrund dieser Behauptung ist davon auszugehen, dass sich die Swisscom-Gruppe detailliert mit der Kosten-Preis-Schere unter dem Gesichtspunkt einer Erzwingung von unangemessenen Preisen auseinandergesetzt haben muss, weil sie nachträglich bereits eine Subsumtion der Kosten-Preis-Schere unter den Diskriminierungstatbestand als unvorhersehbar und damit als unrechtmässig qualifiziert hat. Andernfalls wäre bei einer nachträglichen Beurteilung die abweichende Zuordnung zu den verschiedenen Tatbestandsvarianten angesichts der identischen Rechtsfolgen nämlich als unerheblich zu beurteilen gewesen.

689. Insgesamt haben die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe somit spätestens seit dem 1. April 2004 und bis Dezember 2007 an den bestehenden Preisen und den sich daraus ergebenden beachtlichen Gewinnmargen auf der Grosshandelsstufe festgehalten, obwohl erkennbar war, dass unter diesen Umständen das eigene Einzelhandelsgeschäft nicht profitabel betrieben wurde, und dadurch die Konkurrenten, die noch auf absehbare Zeit auf den Bezug des Vorprodukts BBCS angewiesen waren, behindert und benachteiligt wurden.

690. Angesichts der vorstehend dargestellten Umstände, insbesondere auch der geltend gemachten zwingenden konzerninternen kartellrechtlichen Prüfung der Breitbandprodukte, liegt es auf der Hand, dass das wettbewerbswidrige Verhalten von den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe zumindest billigend in Kauf genommen und demzufolge mit Eventualvorsatz begangen wurde. Allerdings hat die Vorinstanz hierzu keinerlei tatsächliche Feststellungen getroffen, welche einen entsprechenden Vorwurf im vorliegenden Fall ausreichend dokumentieren. Der blosse Verweis darauf, dass die Beschwerdeführerinnen ihr Verhalten auch nach der Eröffnung des Kartellverfahrens fortgeführt hätten, ist hierfür im vorliegenden Fall nicht ausreichend. Denn die Eröffnung eines Kartellverfahrens kann angesichts der bisherigen Prüfungs- und Entscheidpraxis der Wettbewerbsbehörden nicht mit einer Untersagung des betreffenden wirtschaftlichen Verhaltens gleichgesetzt werden. Von Seiten des Gerichts erscheint es unter Berücksichtigung des notwendigen Aufwands vorliegend allerdings nicht aussichtsreich zu sein, hierzu nachträglich mit einem ganz erheblichen zeitlichen Abstand noch verwertbare rechtsbeständige Feststellungen treffen zu können. Zu Gunsten der Swisscom-Gruppe ist daher davon auszugehen, dass kein vorsätzliches Verhalten vorgelegen hat.

691. Ungeachtet dessen steht jedoch eine fahrlässige Tatbestandsverwirklichung des Art. 7 Abs. 1 KG angesichts der vorstehend dargestellten Umstände ausser Frage. Dabei kann letztlich dahin gestellt bleiben, ob die Verwirklichung des Tatbestands auf ein aktives Verhalten der Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe oder auf Organisationsmängel in der kartellrechtlichen Überprüfung von Produkten und Vertriebsmodalitäten der Swisscom-Gruppe zurückzuführen ist.

692. Denn bei einer ordnungsgemässen Ausführung der kartellrechtlichen Überprüfung des Breitbandgeschäfts durch die konzerninterne Kartellrechtsabteilung, hätte diese bei Anwendung der üblichen angemessenen Sorgfalt insbesondere angesichts der bereits seit Jahrzenten bestehenden negativen wettbewerbsrechtlichen Bewertung einer Kosten-Preis-Schere durch europäische und US-amerikanische Gerichte, der Bejahung einer Kosten-Preis-Schere für den Telekommunikationsbereich durch die EU-Kommission bei Vorliegen eines Missverhältnisses zwischen den Preisen für die Gross- und Einzelhandelsprodukte im Jahr 2003, des ausdrücklichen Hinweises der Wettbewerbsbehörden auf die Anwendung dieser Rechtsprechung auf entsprechende Sachverhalte auch in der Schweiz sowie des offensichtlich bestehenden Missverhältnisses zwischen den Ergebnissen auf Gross- und Einzelhandelsstufe im Breitbandgeschäft der Swisscom-Gruppe feststellen müssen, dass im konkreten Sachverhalt der Tatbestand einer Kosten-Preis-Schere erfüllt war. Daher bedarf auch die Frage, ob die Einrichtung einer ordnungsgemässen Kartellrechts-Compliance überhaupt sanktionsausschliessend wirken kann, vorliegend keiner abschliessenden Beantwortung.

693. In entsprechender Weise hätten die Verantwortlichen der Swiss-com-Gruppe bei einer Anwendung der üblichen angemessenen Sorgfalt insbesondere angesichts der ausdrücklichen Hinweise der Wettbewerbsbehörden auf die bestehende Rechtslage bei Kosten-Preis-Scheren im Allgemeinen und im Telekommunikationsbereich im Besonderen, des offensichtlich bestehenden Missverhältnisses zwischen den Ergebnissen auf Gross- und Einzelhandelsstufe im Breitbandgeschäft, des Wissens um die Notwendigkeit einer Quersubventionierung des Breitbandprodukts auf Einzelhandelsstufe durch andere Produkte, der sich aufgrund der notwendigen Quersubventionierung ergebenden Einschränkung der allgemeinen Wettbewerbsfähigkeit der anderen Konkurrenten sowie eines entsprechenden Hinweises der konzerninternen Kartellrechtsabteilung feststellen müssen, dass im konkreten Sachverhalt ein wettbewerbswidriges Verhalten in Gestalt einer Kosten-Preis-Schere gegeben war.

694. Die Anwendung der üblichen angemessen Sorgfalt wäre dabei angesichts der Schwere des wettbewerbsrechtlichen Vorwurfs einer Kosten-Preis-Schere, der Grösse und Ausstattung der Swisscom-Gruppe, der Bedeutung der Swisscom-Gruppe auf dem Telekommunikationsmarkt und dem Breitbandmarkt, der Bedeutung des Breitbandmarkts und der auf dem Breitbandmarkt erzielten Umsätze sowie der erkennbaren Auswirkungen des eigenen wettbewerbswidrigen Verhaltens auf die Wettbewerbsfähigkeit der anderen Internetdienstanbieter ohne Weiteres zu erwarten gewesen. Im Übrigen haben die Beschwerdeführerinnen auch nicht geltend gemacht, dass die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe, einschliesslich derjenigen der Kartellrechtsabteilung, aufgrund ihrer individuellen Persönlichkeit gar nicht zu einer notwendigen Einhaltung der üblichen angemessenen Sorgfaltspflichten in der Lage gewesen wären.

695. Dabei kann vorliegend offen gelassen werden, welche der Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe im Rahmen einer mangelnden Erfüllung der üblichen angemessenen Sorgfaltspflichten im Einzelnen welche genaue Handlungen tatsächlich vorgenommen oder vorzunehmen unterlassen haben. Wenn die Swisscom-Gruppe als Unternehmen und Kartellrechtssubjekt im Sinne von Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG die Geschäftstätigkeiten und Verantwortlichkeiten im Rahmen einer arbeitsteiligen Ausgestaltung des Geschäftsbetriebs auf mehrere unterschiedliche Personen aufgeteilt hatte, so muss sie sich im Hinblick auf ihre eigene wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit die arbeitsteiligen Beiträge der einzelnen Mitarbeiter auch insgesamt an- und zurechnen lassen. Im Übrigen lag die Gesamtverantwortung für eine ordnungsgemässe Ausgestaltung der Organisation bei den Mitgliedern des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin 1 und 2, deren Mitglieder im massgeblichen Zeitraum durch das Handelsregister dokumentiert werden.

696. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen kann diese offensichtliche Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht mit dem Hinweis gerechtfertigt werden, die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe hätten aufgrund ihrer Businesspläne für die Jahre 2002 bis 2005 und der mengenmässigen Entwicklung des Einzelhandelsgeschäfts immer davon ausgehen dürfen, dass das Einzelhandelsgeschäft profitabel betrieben werden könne. Den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe kommt - wie vorstehend dargelegt - die Verpflichtung zu, einen rechtmässigen Geschäftsbetrieb einschliesslich eines dauerhaft wettbewerbskonformen Verhaltens sicherzustellen. Daher können die Anforderungen an ein wettbewerbskonformes Verhalten, die sich aus der tatsächlichen aktuellen wirtschaftlichen Lage oder Entwicklung eines Unternehmens ergeben, nicht einfach deshalb negiert oder ausser Acht gelassen werden, weil sich bestimmte Erwartungen in einzelnen Businessplänen als unrichtig herausstellen oder sich bestimmte geschäftliche Erwartungen nicht bestätigen. Letztlich ist vorliegend auch nicht ersichtlich, warum die tatsächlich vorhandene jahrelange Verlustsituation des Einzelhandelsgeschäfts und die sich daraus ergebenden Folgen in Bezug auf die Verwirklichung einer Kosten-Preis-Schere von den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe unter Hinweis auf eine in der Zukunft liegende, aber nicht einmal genau zu prognostizierende Profitabilität des Einzelhandelsgeschäfts und offensichtlich überholten Businessplänen hätte ausgeblendet werden dürfen. Dass die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe ihrer Profitabilitätsbetrachtung eine Amortisationszeit zu Grunde gelegt haben, die angesichts der Umstände des vorliegenden Sachverhalts nicht sachgerecht und deshalb auch nicht haltbar war, wurde bereits im Rahmen der Prüfung des objektiven Tatbestands festgestellt (vgl. E. 514 f.). Sie scheidet daher auch als ausreichende Begründung im Rahmen des subjektiven Tatbestands aus. In gleicher Weise ist es für die Beurteilung des massgeblichen Zeitraums zwischen April 2004 und Dezember 2007 auch unerheblich, dass die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe in den Jahren 2008 und 2009 gewusst haben, dass das Einzelhandelsgeschäft profitabel betrieben werden könne.

697. Gleiches gilt für die Behauptung, dass sich der bisherigen Wettbewerbspraxis nicht entnehmen lasse, unter welchen Voraussetzungen eine Marge als ausreichend oder als unzulässige Kosten-Preis-Schere zu qualifizieren sei. Jedenfalls im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt war unzweifelhaft feststellbar, dass das Einzelhandelsgeschäft der Swisscom-Gruppe keine ausreichende Marge aufwies, weil während des massgeblichen Zeitraums nur Verluste und keine Gewinne erzielt wurden, während auf der Grosshandelsstufe aufgrund der gewählten Preisansetzung deutliche Gewinne anfielen, welche die Verluste auf der Einzelhandelsstufe ohne Probleme kompensiert hatten.

3) Sachverhalts- und Rechtsirrtum

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

698. Die Beschwerdeführerinnen machen eventualiter geltend, dass jedenfalls ein Sachverhaltsirrtum gemäss Art. 13 StGB, zumindest jedoch ein Rechtsirrtum gemäss Art. 21 StGB, vorliege. Ein Sachverhaltsirrtum liege vor, weil die Beschwerdeführerinnen immer der Überzeugung gewesen seien, dass unabhängiges Verhalten angesichts des Wettbewerbsdrucks aus dem Einzelhandelsmarkt ausgeschlossen und ihr Verhalten kartellrechtlich nicht zu beanstanden sei. Sollte diese Ansicht unrichtig gewesen sein, so wäre sie jedenfalls unvermeidbar gewesen. Ein Rechtsirrtum liege vor, weil (i) die Vorinstanz im Rahmen der Einstellung der Untersuchung ADSL I die Fragen einer Quersubventionierung und der Margen implizit als nicht wesentlichen Bestandteil der Untersuchung bezeichnet habe, (ii) von der Vorinstanz auch keine vorsorglichen Massnahmen in Erwägung gezogen worden seien, obwohl sich die Vorinstanz solche Massnahmen noch am 17. Oktober 2005 - wie etwa im Fall von Strukturveränderungen - vorbehalten habe, sowie (iii) die Vorinstanz die angeblich rechtswidrige Verhaltensweise der Beschwerdeführerinnen auch nach Eröffnung der Untersuchung und bis zu deren Abschluss geduldet habe. Die Beschwerdeführerinnen hätten daher nicht an der Rechtsmässigkeit ihres Verhaltens zweifeln müssen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

699. Die Vorinstanz hält das Vorliegen eines Sachverhaltsirrtums für ausgeschlossen, weil bereits im Eröffnungsbeschluss der Untersuchung auf das Vorliegen einer Kosten-Preis-Schere hingewiesen worden sei, weshalb den Beschwerdeführerinnen seit Eröffnung der Untersuchung hätte bewusst gewesen sein müssen, dass ihre Preispolitik im Bereich xDSL unter Umständen einen Verstoss gegen kartellrechtliche Bestimmungen darstellen könnte. Des Weiteren hält sie das Vorliegen eines unvermeidbaren und daher schuldausschliessenden Verbotsirrtums für nicht nachgewiesen, weil die Beschwerdeführerinnen im sicheren Wissen um das Risiko eines Kartellrechtsverstosses eine Änderung ihrer Preispolitik im massgeblichen Sanktionierungszeitraum unterlassen hätten.

(3) Würdigung durch das Gericht

700. Im Hinblick auf die Beurteilung eines Sachverhalts- oder Rechtsirrtums im Rahmen des Kartellrechts ist zu beachten, dass bislang keine anerkannten Grundsätze bestehen, ob sich ein Unternehmen im Hinblick auf seine grundsätzlich bestehende Sorgfaltspflicht überhaupt, und allenfalls unter welchen Voraussetzungen, auf falsche Vorstellungen über den Sachverhalt oder die Rechtslage berufen kann. Insbesondere ist unklar, ob und inwieweit allenfalls strafrechtliche Grundsätze für die Beurteilung herangezogen werden können (so aber Niggli/Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 149). Vorliegend bedarf es jedoch keiner Beantwortung dieser Aspekte, weil angesichts der dargelegten Umstände zur Vorwerfbarkeit des Verhaltens auf Seiten der Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe im massgeblichen Zeitraum keine solchen Fehlvorstellungen bestanden.

701. Ein Sachverhaltsirrtum würde voraussetzen, dass bei den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe eine Fehlvorstellung über relevante Aspekte des Sachverhalts bestanden hätte. Die Beschwerdeführerinnen behaupten zwar, dass solche Fehlvorstellungen vorgelegen hätten, allerdings wird von ihnen keine ausreichende Erklärung hierfür vorgetragen. Denn die relevanten Sachpunkte, welche die tatsächliche Grundlage für die Beurteilung des wirtschaftlichen Verhaltens als Kosten-Preis-Schere bilden, wie etwa das Vorhandensein eines Konkurrenzprodukts, die Marktanteile der Swisscom-Gruppe, der festgesetzte Preis für das Grosshandelsprodukt BBCS und die erzielten Gewinne im Grosshandelsgeschäft, der festgesetzte Preis für die xDSL-Produkte und die erzielten Verluste im Einzelhandelsgeschäft, die jeweilige Dauer für die Abschreibung der Akquisitionskosten oder die Amortisation, werden von den Beschwerdeführerinnen inhaltlich selbst ausdrücklich bestätigt. Die Beschwerdeführerinnen machen letztlich geltend, dass die Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe im Hinblick auf eine Beurteilung der Wirtschaftlichkeit des Breitbandgeschäfts aus den verschiedenen Tatsachen andere Schlüsse ziehen und eine abweichende Bewertung dieser Tatsachen vornehmen durften, ungeachtet dessen, dass sie bei Anwendung der üblichen Sorgfalt zu einem anderen Ergebnis hätten gelangen müssen. Dabei handelt es sich jedoch von vornherein nicht um einen Sachverhaltsirrtum.

702. Ein Rechtsirrtum würde voraussetzen, dass bei den Verantwortlichen der Swisscom-Gruppe eine Fehlvorstellung über die Wettbewerbswidrigkeit im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des Breitbandgeschäfts vorgelegen hätte. Auch hier behaupten die Beschwerdeführerinnen das Vorhandensein entsprechender Fehlvorstellungen, ohne dass hierfür eine ausreichende Erklärung vorgebracht wird. Vielmehr machen die Beschwerdeführerinnen die gleichen Gründe geltend, die nach ihrer Ansicht bereits einen Verstoss gegen den Vertrauensgrundsatz darstellen. Wie vorstehend ausführlich erläutert (vgl. E. 216 f.), sind diese Gründe jedoch keine Rechtfertigung für einen Verstoss gegen den Vertrauensgrundsatz. Gleiches gilt auch im Hinblick auf das Bestehen eines Rechtsirrtums. Insbesondere der Umstand, dass die Verantwortlichen der Swisscom-Grup-pe von Seiten der Vorinstanz ausdrücklich auf den Tatbestand der Kosten-Preis-Schere und entsprechende Urteile einschliesslich des Entscheids in Sachen Deutsche Telekom hingewiesen wurden, schliesst vorliegend unter Berücksichtigung der Sorgfaltspflichten zu einem rechtstreuen Verhalten, welche den Verantwortlichen von Unternehmen von Gesetzes wegen auferlegt werden, und den Möglichkeiten der Swisscom-Gruppe zur Abklärung von entsprechenden Sach- und Rechtsfragen, einen Rechtsirrtum in jedem Fall aus.

4) Verjährung

703. Art. 49 Abs. 3 KG sieht vor, dass die Belastung entfällt, wenn die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist. In der Literatur ist umstritten, welcher Inhalt dieser Vorschrift beizumessen ist und wie die Verjährung eines kartellrechtswidrigen Verhaltens aufgrund welcher rechtlicher Vorschriften zu bestimmen ist (für die Massgeblichkeit von Art. 49 Abs. 3 lit. b KG vgl. Borer, KG, Art. 49a Rn. 31;Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.129; David/Jacobs, WBR, Rn. 796; Kuster, in: Baker&McKenzie [Hrsg.], Kartellrecht, 2007, zit. SHK-KG, Art. 53 Rn. 6; Spitz, Problemstellungen, 564; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49 Rn. 241; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.314; für einen entsprechenden Rückgriff im Rahmen von Art. 53
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 53
1    Verstösse werden vom Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums untersucht. Sie werden von der Wettbewerbskommission beurteilt.
2    ...50
KG vgl. Moreillon Laurent, in: Martenet/Bovet/Tercier [Hrsg.], Commentaire Rommand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, zit. CR-Concurrence, Art. 53 Rn. 17; für die Mass-geblichkeit der [verwaltungs-]strafrechtlichen Vorschriften vgl. Niggli/ Riedo, BSK-KG, Vor Art. 49a-53 Rn. 171; Zurkinden/Trueb, KG, Art. 53 Rn. 3).

704. Vorliegend ist zu beachten, dass das wettbewerbswidrige Verhalten bis zum Dezember 2007 andauerte und erst ab Anfang 2008 beendet wurde. Das kartellrechtliche Verfahren der Wettbewerbsbehörde wurde noch während der Umsetzung des wettbewerbswidrigen Verhaltens eröffnet und durch die Verfügung der Vorinstanz vom 19. Oktober 2009 abgeschlossen. Eine Verjährung ist demzufolge unter keinem Gesichtspunkt gegeben.

5) Sanktionsbemessung

705. Die Vorinstanz hat das wettbewerbswidrige Verhalten der Beschwerdeführerinnen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG aufgrund des Umsatzes in der Schweiz in den Jahren 2005 bis 2007 mit einem Betrag in der Höhe von 219'861'720.- CHF sanktioniert. Grundlage dieser Sanktion bildete ein massgeblicher Gesamtumsatz in der Höhe von 1'691'244'000.- CHF. Als Basisbetrag wurden 10% dieses Gesamtumsatzes und damit ein Betrag in der Höhe von 169'124'400.- CHF festgelegt. Aufgrund der zeitlichen Dauer der Wettbewerbsbeschränkung wurde der Basisbetrag um 30% und damit um einen Betrag in der Höhe von 50'737'320.- CHF erhöht.

a) Allgemeine Aspekte

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

706. Die Beschwerdeführerinnen halten die von der Vorinstanz vorgenommene Sanktionsbemessung bereits grundsätzlich für rechtsfehlerhaft: (i) Da die angefochtene Verfügung keine Ausführungen zur Verhältnismässigkeit der Sanktion aufweise, liege aufgrund von Art. 5 Abs. 2 BV ein Verstoss gegen Art. 2 Abs. 2 SVKG vor; (ii) die Vorinstanz stufe entsprechend ihren Erläuterungen zur KG-Sanktionsverordnung Verstösse gegen Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG grundsätzlich als schwerwiegend ein und ziehe einen Prozentsatz im oberen Drittel des 10%-Rahmens in Betracht, während der untere Bereich des 10%-Rahmens nur für Bagatellfälle ins Auge zu fassen sei, obwohl die Sanktionen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bemessen seien; (iii) dadurch würden alle Sachverhaltsvarianten des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG in einen Topf geworfen; (iv) eine Sanktion solle gemäss der Intention des Gesetzgebers nur in seltenen (krassen) Fällen die Höchstsätze erreichen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

707. Die Vorinstanz verweist auf die Regelungen der KG-Sanktions-verordnung, welche das Verhältnismässigkeitsprinzip ausgestalten würden. Im Übrigen seien die notwendigen Bewertungen unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips erfolgt.

(3) Würdigung durch das Gericht

708. Die Bemessung der Sanktion für ein wettbewerbswidriges Verhalten gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ist anhand der Regelungen der Art. 2 bis 7 SVKG vorzunehmen (vgl. E. 621 f.).

709. Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG sieht dabei nicht vor, dass die Ausfällung von Sanktionen im (Entschliessungs-)Ermessen der Wettbewerbsinstanzen steht (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 7.4.5.4; Borer, KG, Art. 49a Rn. 17; David/Jakobs, WBR, Rn. 765; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 16 f.; Tagmann, Sanktionen, 161, 171 f., 180 f.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.209). Gemäss dieser Bestimmung haben die Wettbewerbsinstanzen vielmehr Sanktionen auszusprechen, wenn die entsprechenden materiellen Kartellrechtstatbestände verwirklicht wurden. Dies gilt in gleicher Weise für die Berücksichtigung von Dauer sowie Erhöhungs- und Milderungsgründen. Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, dann haben die Wettbewerbsinstanzen eine Erhöhung oder eine Milderung der Sanktion vorzunehmen. Den Wettbewerbsinstanzen kommt aber ein erheblicher Ermessenspielraum in Bezug auf die konkrete Festlegung der einzelnen Sanktionskomponenten des Basisbetrags, der Dauer sowie der Erhöhungs- und Milderungsgründe zu (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 7.4.5.4; Borer, KG, Art. 49a Rn. 17; Roth/Bovet, CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 17; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.231). Dieser Ermessensspielraum wird wiederum durch den Verhältnismässigkeitsgrundsatz und den Gleichheitsgrundsatz eingeschränkt (vgl. BGE 139 I 72, Publigrou-pe, E. 7.4.5.4; Borer, KG, Art. 49a Rn. 15; Roth/Bovet,CR-Concurren-ce, Art. 49a Rn. 15, 28 ff; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.231). Art. 2 Abs. 2 SVKG sieht denn auch ausdrücklich vor, dass bei der Festsetzung der Sanktion das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu berücksichtigen ist.

710. Die Regelungen der Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 f. SVKG stellen dabei bereits eine Ausprägung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes dar, indem die Art, Schwere und Dauer des wettbewerbswidrigen Verhaltens sowie erschwerende und mildernde Umstände in eine konkrete Struktur der Ermittlung der massgeblichen Sanktion gefasst werden. Ungeachtet dessen hat die sanktionierende Instanz im Einzelfall auch bei der konkreten Festlegung der Sanktion im Rahmen der ihr zustehenden Wertungsspielräume den Verhältnismässigkeitsgrundsatz zu beachten. Dieser ist allerdings nicht bereits dann verletzt, wenn die Verfügung keine weiterführenden Erläuterungen zur Festlegung des Basisbetrags aufweist.

711. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ergibt sich daher vorliegend kein Verstoss gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. Im Übrigen führen sie auch keine sachlichen Gründe an, warum die vorgesehene Sanktion bei einer angenommenen Wettbewerbswidrigkeit ihres Verhaltens als unverhältnismässig zu qualifizieren wäre. Daher ist dieser Einwand nicht ausreichend substantiiert.

712. Art. 3 SVKG sieht vor, dass der Basisbetrag nach Art und Schwere des Verstosses festzulegen ist. Dabei gibt er einen Rahmen von 10% eines bestimmten Umsatzes vor, innerhalb dessen die Festlegung vorgenommen werden kann. Dadurch ist eine sachgerechte Ahndung von geringfügigen bis schwerwiegenden Missbrauchsfällen möglich (vgl. Botschaft KG 2004, 2038; Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.126; Roth/Bovet, CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 25; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.231).

713. Angesichts des gesetzlich vorgegebenen Sanktionsrahmens können die Wettbewerbsbehörden zweifellos ein grundsätzliches Schema entwickeln, anhand dessen die Sanktionsbemessung regelmässig auszurichten ist. Dabei entspricht es gerade sachlichen Erwägungen, Bagatellfälle dem unteren Bereich des Sanktionsrahmens und schwerwiegende Fälle dem oberen Bereich des Sanktionsrahmens zuzuordnen. Zudem ist es auch nicht bereits von vornherein unsachlich, bestimmten Wettbewerbsbeschränkungen grundsätzlich einen gewissen Schweregrad beizumessen. Überdies kann auch eine gewisse schematische Differenzierung aufgrund der Unterscheidung zwischen einem vorsätzlichen und einem fahrlässigen Verhalten vorgenommen werden. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ergibt sich dadurch nicht eine undifferenzierte Gleichbehandlung aller Tatbestandsvarianten des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG. Denn ungeachtet einer entsprechenden abstrakten Festlegung hat die Wettbewerbsbehörde im Einzelfall eine individuelle Zuweisung aufgrund der kon-kreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Entgegen der weiteren Behauptung der Beschwerdeführerinnen unterbleibt eine solche individuelle Zuweisung nicht bereits aus dem Grund, weil ein abstrakter, allgemein gültiger Bewertungskanon bekannt gegeben wurde. In der vorin-stanzlichen Verfügung sind denn auch entsprechende Aussagen zur konkreten Festlegung der Sanktion enthalten.

714. Im Hinblick auf die Behauptung der Beschwerdeführerinnen, wonach gemäss der Intention des Gesetzgebers der Höchstsatz nur in seltenen (krassen) Fällen erreicht werden solle, ist festzuhalten, dass es sich hierbei nicht um eine regulatorische Anordnung, sondern nur um eine Einschätzung mit Bezug auf die zukünftig anfallenden Kartellrechtsfälle handeln konnte. Denn letztlich kann der Gesetzgeber anstelle einer Statuierung von detaillierten gesetzlichen Sanktionsbeträgen für bestimmte Wettbewerbsverstösse keine zwingenden Anweisungen für die spezifische Ausübung eines behördlichen oder gerichtlichen Sanktionierungsermessens im Hinblick auf ihm unbekannte, in der Zukunft eintretende Sachverhalte vorgeben.

b) Ermittlung des massgeblichen Umsatzes

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

715. Gegenüber der Ermittlung des massgeblichen Umsatzes zur Festlegung des Basisbetrags durch die Vorinstanz erheben die Beschwerdeführerinnen mehrere Einwände.

716. Die Berechnung der Vorinstanz umfasse auch diejenigen Umsätze mit den BBCS-Produkten auf der Grosshandelsstufe für solche Produkte auf der Einzelhandelsstufe, bei denen nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Internetdienstanbieter das Einzelhandelsgeschäft hätten profitabel betreiben können. Dies widerspreche Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und Art. 3 SVKG, weil nur diejenigen Umsätze in die Sanktionsbemessung einfliessen dürften, die auf dem wettbewerbswidrigen Verhalten beruhen würden.

717. Die konzerninternen Umsätze seien zudem bei der Ermittlung gemäss der Regelung in Art. 5 Abs. 2 SVKG nicht zu berücksichtigen. Angesichts der Zugehörigkeit der Beschwerdeführerinnen zu einem Konzern könnten weder die konzerninternen Transaktionen noch solche innerhalb der Betriebseinheiten der Beschwerdeführerin 2 als wettbewerbswidrig qualifiziert werden. Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG erfasse nur eine Behinderung anderer Unternehmen, weil es einen konzerninternen Machtmissbrauch nicht gebe. Nur die mit Drittunternehmen erreichten Umsätze liessen Rückschlüsse auf die Auswirkungen unzulässiger Verhaltensweisen auf Konkurrenten, Endabnehmer oder die Volkswirtschaft zu. Bislang sei es auch ständige und anerkannte Praxis, dass konzerninterne Umsätze für die Bussenberechnung nicht herangezogen würden. Dass vorliegend entgegen dieser Ausgangslage konzerninterne Umsätze berücksichtigt würden, sei verfassungswidrig, weil ein solches Vorgehen willkürlich sei und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstosse. Zudem liege dadurch ein Ver-stoss gegen Art. 7 Abs. 1 EMRK vor. Bei der Sanktionsbemessung hätte demzufolge aufgrund des erzielten Umsatzes mit BBCS durch Geschäfte mit Drittunternehmen maximal ein geringer Basisbetrag in der Höhe von {...} Mio. CHF zu Grunde gelegt werden dürfen.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

718. Die Vorinstanz hält die Einwände der Beschwerdeführerinnen für unbegründet. Der sachlich relevante Markt für die Ermittlung des Basisbetrags stimme mit der erfolgten Marktabgrenzung für die Beurteilung der Wettbewerbsbeschränkung überein und müsse daher bei der Sanktionsbemessung nicht erneut abgegrenzt werden.

(3) Würdigung durch das Gericht

719. Gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und Art. 3 SVKG ist der Basisbetrag anhand des Umsatzes, den das betreffende Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren auf den relevanten Märkten erzielt hat, festzulegen. Dieser Umsatz bildet somit die Grund- und Ausgangslage für die Festlegung der Sanktion.

720. Allerdings sehen weder Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG noch Art. 3 SVKG spezifische Regelungen für die konkrete Ermittlung des Umsatzes im Einzelfall vor. Für Unternehmenszusammenschlüsse statuieren die Art. 4 und 5 VKU Regelungen zur Ermittlung des massgeblichen Umsatzes. Grundsätzlich können diese Regelungen sinngemäss herangezogen werden, soweit ihr Regelungsgehalt sachlich auch auf den jeweiligen Missbrauchstatbestand gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG angewendet werden kann (vgl. BGE 139 I 72, Publigroupe, E. 12.3.2, jedoch ohne nähere Darlegung; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 45; Roth/Bovet, CR-Concur-rence, Art. 49 Rn. 26; David Mamane, Neue EG-Leitlinien zur Festsetzung von Geldbussen bei Wettbewerbsbeschränkungen, Jusletter 17.7.2006, Rn. 10). Ansonsten ist der massgebliche Umsatz unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände zu bestimmen.

721. Grundlage für die Feststellung des massgeblichen Umsatzes bildet in der Regel die jeweilige Jahresrechnung des Unternehmens, aus der die entsprechenden Daten zu entnehmen oder abzuleiten sind (vgl. BGE 127 II 225 E. 4a). Bei Konzernsachverhalten ist der jeweilige Konzernumsatz massgebend, der sich grundsätzlich aus der Konzernrechnung ergibt (David/Frick/Kunz/Studer/Zimmerli, SIWR-Rechtsschutz, Rn. 1328; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.232; ebenso für eine Unternehmensvereinigung Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 47; a.A. Borer, KG, Art. 49a Rn.15; Reinert, SHK-KG, Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
Rn. 12), weil der Konzern, und nicht nur eine einzelne Gruppengesellschaft, als Unternehmen im Sinne von Art. 2 Abs. 1bis
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
KG und damit als Kartellrechtssubjekt zu qualifizieren ist (vgl. E. 29). Dies ist unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Wirtschaftskraft des Konzerns gerade für die Umsetzung eines missbräuchlichen Verhaltens von entscheidender Bedeutung sein kann, auch unter sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt.

722. Art. 3 SVKG statuiert als Bemessungsgrundlage des Basisbetrags den Umsatz, den das betreffende Unternehmen auf den jeweils relevanten Märkten erzielt hat, und nicht den Umsatz, der mit dem wettbewerbswidrigen Verhalten erzielt wurde. Die Vorschrift sieht dabei keine Differenzierung hinsichtlich des auf den relevanten Märkten erzielten Umsatzes vor. Daher ist auch keine Unterscheidung danach vorzunehmen, welcher Anteil dieses Umsatzes durch ein wettbewerbswidriges Verhalten erzielt wurde und ob allenfalls ein Anteil nicht in Verbindung mit einem wettbewerbswidrigen Verhalten steht. Eine solche Differenzierung ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck der Vorschrift. Ungeachtet des Umstands, dass mit der Sanktionierung gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG ein wettbewerbswidriges Verhalten erfasst werden soll, kann als Bemessungsgrundlage für die Sanktionierung eine wirtschaftliche Unternehmenskennziffer herangezogen werden, die nicht ausschliesslich auf das entsprechende wettbewerbswidrige Verhalten ausgerichtet ist. In ähnlicher Weise wird auch im Rahmen des Strafrechts für die Bemessung einer Geldstrafe gemäss Art. 34 StGB auf das (gesamte) Einkommen und Vermögen des Täters, und demzufolge nicht nur auf einen durch das kriminelle Verhalten erlangten Vorteil, abgestellt. Durch die Zuordnung wird auch kein unzulässiger Bezug vorgenommen. Denn die Sanktionsbemessung ergibt sich immer aufgrund einer Gesamtbeziehung zwischen dem Umsatz als Bemessungsgrundlage und dem gesetzlich vorgesehenen Koeffizienten. Da die Sanktionsbemessung in einem angemessenen Verhältnis zum Gesamtrahmen stehen muss (vgl. E. 626 f.), kann die Bezugnahme auf eine unter Umständen nicht ausschliesslich mit dem wettbewerbswidrigen Verhalten in Zusammenhang stehende wirtschaftliche Kennziffer nicht unzulässig sein. Auch eine systematische und historische Auslegung der Vorschrift ergeben keinerlei Hinweise für eine solche Differenzierung. Die entsprechende Rüge der Beschwerdeführerinnen ist daher unbegründet.

723. Art. 49
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49 Informationspflichten
1    Das Sekretariat und die Wettbewerbskommission orientieren die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit.
2    Die Wettbewerbskommission erstattet dem Bundesrat jährlich einen Tätigkeitsbericht.
KG sieht keine gesonderte Regelung zur Bestimmung des relevanten Markts für die Bemessung einer Sanktionierung vor. Für eine Sanktionierung eines Marktmissbrauchs sind vielmehr diejenigen Märkte relevant, auf die das marktbeherrschende Unternehmen mit seiner wettbewerbswidrigen Verhaltenweise einwirkt. Grundsätzlich entspricht der für die Sanktionierung massgebliche relevante Markt dem sachlich und räumlich relevanten Markt (vgl. Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.124). Für die Sanktionsbemessung ist daher regelmässig keine erneute Marktabgrenzung vorzunehmen; vielmehr ist diesbezüglich auf die Marktabgrenzung zum sachlich und räumlich relevanten Markt abzustellen (vgl. E. 256 ff.). Soweit der zeitlich relevante Markt Bedeutung erlangt, ist dieser ebenfalls zu berücksichtigen. Wirkt das marktbeherrschende Unternehmen darüber hinaus mit seiner wettbewerbswidrigen Verhaltensweise auf sonstige Märkte ein, so sind diese ebenfalls in die Sanktionsbemessung mit einzubeziehen.

724. Bei einer Kosten-Preis-Schere sind als relevante Märkte für eine Sanktionsbemessung gemäss Art. 49 Abs. 1 KG und Art. 3 SVKG sowohl der Grosshandelsmarkt als auch der Einzelhandelsmarkt zu berücksichtigen. Denn bei einer Kosten-Preis-Schere handelt es sich um ein zweidimensionales Wettbewerbsverhalten, welches direkte Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation von anderen Marktteilnehmern als Abnehmer auf dem Grosshandelsmarkt sowie als Konkurrenten auf dem Einzelhandelsmarkt zeitigt. Das Schädigungspotential einer Kosten-Preis-Schere ergibt sich demzufolge nicht nur aus der Betrachtung eines einzelnen Markts; vielmehr ermöglicht erst das strategische Zusammenwirken von vertikaler Ausbeutung und horizontaler Behinderung die besondere Beeinträchtigungswirkung einer Kosten-Preis-Schere (vgl. E. 417 f.). Dabei bilden die Umsätze zwischen der Obergesellschaft und dem vertikal integrierten Unternehmen gerade den Hebel für diese Beschränkung. Je höher diese gruppeninternen Umsätze sind, umso grösser ist der Anteil der Unternehmensgruppe am Einzelhandelsmarkt und umso stärker ist der Behinderungseffekt für die Konkurrenten im Einzelhandelsgeschäft und damit das gesamtwirtschaftliche Schädigungspotential der jeweiligen Kosten-Preis-Schere. Mithin handelt es sich bei den berücksichtigten Umsätzen um solche, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Wettbewerbsbeeinträchtigung stehen und nicht um sonstige konzerninterne Umsätze, die keinen Bezug zum Missbrauchsverhalten aufweisen. Daher ist es erforderlich und sachgerecht, diese konzerninternen Umsätze bei der Sanktionsbemessung zu berücksichtigen. Soweit die Preise für die xDSL-Produkte im Einzelhandelsgeschäft noch unter den Preisen für die BBCS-Produkte im Grosshandelsgeschäft angesetzt sind und deshalb die schädlichste Form einer Kosten-Preis-Schere vorliegt, wird durch die Bezugnahme auf den gesamten Grosshandelsumsatz sichergestellt, dass eine Sanktionierung auch alle wettbewerbswidrigen Vorteile erfasst. Soweit die Preise für die BBCS-Produkte im Grosshandelsgeschäft über denjenigen der xDSL-Produkte im Einzelhandelsgeschäft angesetzt sind, führt die Bezugnahme auf die Grosshandelspreise zu Gunsten des marktbeherrschenden Unternehmens sogar zu einem geringeren Umsatzbetrag als bei einer gemischten Heranziehung der jeweils externen Umsätze auf Gross- und Einzelhandelsstufe. Massgebend für die Ermittlung des Umsatzes ist demzufolge der gesamte Umsatz, der auf dem jeweiligen Grosshandelsmarkt erzielt wurde.

725. Entgegen der Rüge der Beschwerdeführerinnen steht diesem Vorgehen nicht entgegen, dass konzerninterne Transaktionen aufgrund des Konzernprivilegs nicht als wettbewerbswidrig zu qualifizieren sind (vgl. WEKO, RPW 2008/4, 544, Tarifverträge Zusatzversicherung Kt. LU, Ziff. 77; Borer, KG, Art. 2 Rn. 11; Heinemann, Konzerne, 53; Lehne, BSK-KG, Art. 2 Rn. 27; Lang Christoph/Jenny Reto M., Keine Wettbewerbsabreden im Konzern, Zum Konzernprivileg im schweizerischen Kartellrecht, sic! 2007, 299, zit. Konzernprivileg, 300;Martenet/Killias, CR- Concurrence, Art. 2 Rn. 31; Rubin/Courvoisier, SHK-KG, Art. 3 Rn. 12 f.; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 1.61) und Art. 5 Abs. 2 VKU vorsieht, dass konzerninterne Umsätze nicht zu berücksichtigen sind. Denn die Frage der wettbewerbsrechtlichen Qualifizierung konzerninterner Transaktionen steht in keinem sachlich zwingenden Zusammenhang mit der Berücksichtigung von konzerninternen Umsätzen im Rahmen der Sanktionsbemessung. Wie bereits dargestellt (vgl. E. 722), werden nicht nur im Kartellrecht, sondern auch im Strafrecht Umsätze und sonstige wirtschaftliche Aspekte ohne unmittelbaren Bezug zu einem rechtswidrigen Verhalten zur Ermittlung einer Sanktionierung herangezogen. Eine sinngemässe Heranziehung von Art. 5 Abs. 2 VKU ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die konzerninternen Umsätze bei der Wettbewerbsbeschränkung einer Kosten-Preis-Schere gerade einen Faktor für die wettbewerbswidrigen Auswirkungen darstellen, während dies bei der Wettbewerbsbeschränkung eines Unternehmenszusammenschlusses nicht der Fall ist. Eine gegenteilige Einschätzung in Bezug auf den Tatbestand der Kosten-Preis-Schere wird auch nicht durch die von den Beschwerdeführerinnen bezeichneten Ansichten in der Literatur vertreten. Demzufolge ergibt sich entgegen der Rüge der Beschwerdeführerinnen durch die Berücksichtigung konzerninterner Umsätze bei einer Kosten-Preis-Schere weder im Verhältnis zu Unternehmenszusammenschlüssen gemäss Art. 9
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben
1    Vorhaben über Zusammenschlüsse von Unternehmen sind vor ihrem Vollzug der Wettbewerbskommission zu melden, sofern im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss:
a  die beteiligten Unternehmen einen Umsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Franken oder einen auf die Schweiz entfallenden Umsatz von insgesamt mindestens 500 Millionen Franken erzielten; und
b  mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Umsatz in der Schweiz von je mindestens 100 Millionen Franken erzielten.
2    ...16
3    Bei Versicherungsgesellschaften treten an die Stelle des Umsatzes die jährlichen Bruttoprämieneinnahmen, bei Banken und übrigen Finanzintermediären die Bruttoerträge, sofern sie den Rechnungslegungsvorschriften gemäss dem Bankengesetz vom 8. November 193417 (BankG) unterstellt sind.18
4    Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Absätze 1-3, wenn am Zusammenschluss ein Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach diesem Gesetz rechtskräftig festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung hat, und der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.
5    Die Bundesversammlung kann mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem Bundesbeschluss:
a  die Grenzbeträge in den Absätzen 1-3 den veränderten Verhältnissen anpassen;
b  für die Meldepflicht von Unternehmenszusammenschlüssen in einzelnen Wirtschaftszweigen besondere Voraussetzungen schaffen.
KG noch im Verhältnis zu sonstigen Missbrauchstatbeständen gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ein Verstoss gegen das Willkürverbot gemäss Art. 9 BV oder das Gleichbehandlungsgebot gemäss Art. 8 BV. Gleiches gilt auch für einen Ver-stoss gegen Art. 7 Abs. 1 EMRK, weil die Rechtsfolgen - wie vorstehend dargestellt (vgl. E. 619) - ausreichend bestimmt sind. Diese Bestimmtheit wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass - nach der unzutreffenden Ansicht der Beschwerdeführerinnen - die vorstehende Beurteilung auf alle anderen Arten einer Wettbewerbsbeschränkung ausgedehnt werden müsste.

726. Als massgeblich für die Ermittlung des Basisbetrags werden die letzten drei Geschäftsjahre statuiert. Der Zeitraum wurde durch den Gesetzgeber mit drei Geschäftsjahren festgelegt, um zu verhindern, dass Unternehmen mittels geeigneter Massnahmen kurzfristig den Umsatz verringern, um in den Genuss einer geringeren Sanktion zu gelangen (vgl. Botschaft KG 1995, 2037; Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.119).

727. Weder das Kartellgesetz noch die KG-Sanktionsverordnung sehen eine ausdrückliche Regelung über den Anknüpfungspunkt der massgeblichen Geschäftsjahre vor. Die Anknüpfung der letzten drei Geschäftsjahre könnte demzufolge entweder an die Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens oder an die Einleitung oder den Abschluss eines Kartell-sanktionsverfahrens anknüpfen. Aus der Entstehungsgeschichte ergeben sich keine Präferenzen für eine dieser Varianten. Nach Sinn und Zweck der Regelung sollte eine Sanktionierung an den Umsatz anknüpfen, der mit dem wettbewerbswidrigen Verhalten am engsten in Zusammenhang steht. Dabei handelt es sich regelmässig um den Umsatz, der bei Beendigung des jeweils untersuchten wettbewerbswidrigen Verhaltens erzielt wurde. Dadurch wird prinzipiell sichergestellt, dass angesichts der üblicherweise längeren Dauer von Kartellverwaltungsverfahren eine Beeinflussung des Umsatzes aufgrund sonstiger Umstände keine Berücksichtigung findet. So kommt dem Unternehmen einerseits keine Möglichkeit zu, den Umsatz zwischen einer Beendigung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweise und dem Abschluss des Kartellsanktionsverfahrens durch geeignete Massnahmen zu vermindern, um eine Busse möglichst gering zu halten. Andererseits erlangt ein Umsatzwachstum, das auf anderen Gründen als einem bereits vergangenen wettbewerbswidrigen Verhalten beruht, keine sanktionsverschärfende Wirkung. Soweit die wettbewerbswidrige Verhaltensweise daher vor oder während der Durchführung eines Kartellsanktionsverfahrens durch ein Unternehmen vollständig beendet wurde, ist prinzipiell weder auf die Einleitung noch auf den Abschluss eines Kartellverfahrens durch die Wettbewerbsbehörden als Anknüpfungspunkt für die Sanktionsbemessung abzustellen (a.A. Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 10;Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 48; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 3.233).

728. Auf andere Zeiträume ist dann abzustellen, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies nahelegen. So wäre der Abschluss des Beschwerdeverfahrens als massgeblicher Zeitpunkt zu qualifizieren, wenn ein Unternehmen angesichts der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde das wettbewerbswidrige Verhalten während des Beschwerdeverfahrens fortgeführt hat, um die sich aus der wettbewerbswidrigen Verhaltensweise ergebenden Vorteile maximal auszunutzen. Zeiträume nach Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens wären etwa dann zu berücksichtigen, soweit einem Unternehmen in den Folgejahren durch das frühere wettbewerbswidrige Verhalten auch weiterhin dokumentierte umsatzrelevante Vorteile in gesteigertem Ausmass zukommen.

729. Da die Beendigung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens nicht zwangsläufig mit dem Ende eines kalendarischen oder statutarischen Geschäftsjahres zusammenfällt, ist zur Ermittlung des massgeblichen Umsatzes entweder der Jahresabschluss, in dem das wettbewerbswidrige Verhalten beendet wurde, oder der Jahresabschluss des vorhergehenden Jahres heranzuziehen, je nach dem, welcher Abschluss einen engeren Zusammenhang zwischen wettbewerbswidrigem Verhalten und dem im Abschluss ausgewiesenen Umsatz aufweist.

730. Im vorliegenden Fall wurde das wettbewerbswidrige Verhalten spätestens im Jahr 2004 begonnen und am 31. Dezember 2007 beendet. Massgebend ist deshalb der Umsatz, den die Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbanddienstleistungen jeweils in den Jahren 2005, 2006 und 2007 erzielt hat. Diese Umsätze beliefen sich auf {..........} Mio. CHF, {..........} Mio. CHF und {..........} Mio. CHF (vgl. SV J.a), woraus als Sanktionsgrundlage ein Gesamtumsatz in der Höhe von 1'691'244 Mio. CHF resultiert.

c) Festlegung des Basisbetrags

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

731. Die Beschwerdeführerinnen weisen auf verschiedene Aspekte in Bezug auf die Berücksichtigung des Verschuldens hin, die nach ihrer Ansicht zur Fehlerhaftigkeit der von der Vorinstanz vorgenommenen Sank-tionsbemessung führen.

732. Im Rahmen der Sanktionsbemessung der vorinstanzlichen Verfügung würden das Verschulden und damit die Schwere des unzulässigen Verhaltens nicht berücksichtigt, weshalb ein Verstoss gegen das Schuldprinzip vorliege, welches aufgrund von Art. 2 Abs. 2 SVKG auch im Rahmen einer kartellrechtlichen Sanktionierung zu beachten sei. Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen stellt die Vorinstanz demgegenüber nur auf objektive Elemente ab, wie sich auch aus deren Erläuterungen zur SVKG ergebe, in welchen anstatt von der Schwere des Verhaltens praktisch nur von der "Schwere des Verstosses" die Rede sei.

733. Für die Bestimmung des Verschuldens sei Art. 47 StGB anzuwenden, weshalb das Ausmass des verursachten Erfolgs und die Schwere der Tatschuld zu ermitteln seien. Hierfür massgeblich sei der Umstand, wie sehr die tatsächliche von der nach Auffassung der Vorinstanz angemessenen Marge abweiche, welcher Schaden dadurch entstanden sei und inwieweit der Verstoss der Swisscom-Gruppe vorgeworfen werden könne.

734. Da weder Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG noch Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen würden, könne der Swisscom-Gruppe von vornherein nicht vorgeworfen werden, eine unklare Rechtslage missachtet zu haben.

735. Das BBCS-Angebot der Swisscom-Gruppe sei prokompetitiv zu werten, weil es den vielen Internetdienstanbietern ein Tätigwerden mit Internetdiensten auf den Endkundenmärkten überhaupt erst ermöglicht habe. Ohne dieses Angebot, zu dem die Swisscom-Gruppe nicht hätte verpflichtet werden können, wären in diesem Markt nur die Kabelnetzbetreiber und die Swisscom-Gruppe tätig.

736. Die Sanktionspraxis gegenüber Kosten-Preis-Scheren müsse äusserst zurückhaltend sein, weil in der Lehre vertreten werde, dass Interventionen gegen Kosten-Preis-Scheren auch volkswirtschaftlich schädlich sein könnten.

737. Die Festlegung des Basisbetrags mit dem Höchstbetrag von 10% sei zudem unverhältnismässig, weil die Sanktionen nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu bemessen seien und vorliegend höchstens ein geringfügiger Fall gegeben sei, weil die Rechtslage unklar gewesen sei und deren Nichtbeachtung den Beschwerdeführerinnen nicht vorgeworfen werden könne. Der Präventionszweck erlaube in dieser Situation nur eine symbolische Strafe.

738. Bei der Festlegung könne das Merkmal einer fehlenden Ausweichmöglichkeit für die Grosshandelskunden im Rahmen der Strafzumessung nicht als Indiz für einen schweren Verstoss berücksichtigt werden. Fehlende Ausweichmöglichkeiten seien ein zwingendes Tatbestandsmerkmal von Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG, weil die Swisscom-Gruppe nicht marktbeherrschend sei, wenn andere Internetdienstanbieter Ausweichmöglichkeiten hätten. Andernfalls würde derselbe Umstand sowohl bei der Bejahung des objektiven Tatbestands als auch bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden, wodurch ein Verstoss gegen das Doppelverwertungsverbot vorliegen würde. Dieses für das Strafzumessungsrecht fundamentale Verbot gelte auch im Kartellrecht, weil Sanktionen gemäss Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG als Strafen zu qualifizieren seien.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

739. Die Vorinstanz verweist zur Feststellung, wonach es sich um eine schwerwiegende Wettbewerbsbeeinträchtigung handle, auf das grundsätzlich erhebliche Beeinträchtigungspotential einer Kosten-Preis-Schere, die gänzlich fehlenden Ausweichmöglichkeiten der anderen Internetdienstanbieter, die Beeinträchtigung von anderen Produkten sowie den schweren Fall eines Organisationsverschuldens. Im Übrigen habe die Swiss-com-Gruppe im Bewusstsein, dass die Vorinstanz im Rahmen der Untersuchung möglicherweise auf ein kartellrechtswidriges Verhalten schliessen könnte, ihr Verhalten - obwohl dies durchaus möglich gewesen wäre - nicht in der Weise angepasst, dass sie eine Kosten-Preis-Schere hätte vermeiden können. Dies wiege umso schwerer, als die Swisscom-Gruppe ab dem Jahr 2008 ihre Preispolitik dann doch angepasst und die Preis-Kosten-Schere beseitigt habe.

(3) Würdigung durch das Gericht

740. Gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und Art. 3 SVKG ist der Basisbetrag als Koeffizient des massgeblichen Umsatzes aufgrund der Art und Schwere des Verstosses festzulegen, wobei die maximale Obergrenze des Basisbetrags 10% des Umsatzes beträgt.

741. Weder das Kartellgesetz noch die KG-Sanktionsverordnung enthalten nähere Regelungen dazu, welche Aspekte unter den Kriterien "Art und Schwere des Verstosses" zu subsumieren sind. Hierzu bestehen auch noch keine detaillierten und übereinstimmenden Ansichten (vgl. Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 14;Roth/Bovet, CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 27 ff.; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 50 f.; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.236). Da bestimmte Aspekte als erschwerende Umstände gemäss Art. 5 SVKG qualifiziert werden, bedarf es einer Abgrenzung, welche Aspekte im Rahmen von Art. 3 SVKG und welche im Rahmen von Art. 5 SVKG zu berücksichtigen sind.

742. Da es sich bei Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG um eine Vorschrift mit strafrechtsähnlichem Charakter, nicht aber um eine strafrechtliche Vorschrift handelt (vgl. E. 649), findet Art. 47 StGB jedenfalls keine Anwendung.

743. Mit dem Verweis auf die Art des Verstosses wird der Gegenstand des wettbewerbswidrigen Verhaltens angesprochen. Dabei handelt es sich insbesondere um die konkrete Form der Wettbewerbsbeschränkung und ihr abstraktes Gefährdungspotential. Der Verweis auf die Schwere des Verstosses bezieht sich zunächt auf die grundlegenden objektiven Modalitäten des wettbewerbswidrigen Verhaltens. Dabei werden im Rahmen des Basisbetrags die üblichen Umstände und Auswirkungen, die mit einer entsprechenden Wettbewerbsbeeinträchtigung einhergehen, anhand ihres jeweiligen Bedeutungsgehalts gewertet. Soweit aussergewöhnliche Umstände und Auswirkungen auftreten, sind diese als erschwerende Umstände gemäss Art. 5 SVKG oder als mildernde Umstände gemäss Art. 6 SVKG zu qualifizieren. Mit dem Verweis auf die Schwere des Verstosses werden darüber hinaus das Verschulden und damit die subjektive Komponente eines wettbewerbswidrigen Verhaltens angesprochen. Dadurch wird eine differenzierte Berücksichtigung von Fahrlässigkeit und Vorsatz vorgegeben (vgl. Häfelin/Müller/Uhlmann, Verwaltungsrecht, Rn. 1179; a.A. Dähler/Krauskopf/Stebler, Marktpositionen, Rn. 8.122, wonach die subjektiven Aspekte als erschwerende Umstände zu berücksichtigen seien). Mit der Einbeziehung der objektiven Modalitäten und der subjektiven Komponente wird bei Kartellsanktionsverfahren dem Grundsatz entsprochen, dass verwaltungsrechtliche Sanktionen der objektiven und subjektiven Schwere der Pflichtverletzung entsprechend angemessen und aus Präventionsgründen gerechtfertigt sein müssen (vgl. BGE 108 Ib 162 E. 5b).

744. Den Wettbewerbsbehörden steht bei der Gewichtung der verschiedenen Kriterien zur Festlegung des Basisbetrags allerdings ein erheblicher Ermessensspielraum zu. Wenn selbst dem Strafrichter im Rahmen der Strafzumessung eines strafrechtlichen Verfahrens dieser Entscheidungsspielraum zukommt (vgl. BGE 118 IV 342 E. 2a), dann besteht kein Grund, die Wettbewerbsbehörden in einem verwaltungsrechtlichen Kartellsanktionserfahren mit strafrechtsähnlichem Charakter einem strengeren Entscheidungsspielraum zu unterstellen.

745. Die von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachten Rügen wegen einer fehlerhaften Berücksichtigung der mangelnden Bestimmtheit, der Prokompetitivität ihres Grosshandelsangebots, der Ambivalenz von Eingriffen wegen Kosten-Preis-Scheren sowie der Unverhältnismässigkeit angesichts der unklaren Rechtslage, sind unbeachtlich, weil ihnen - wie dargestellt - bereits keine sachliche Berechtigung zukommt. Gleiches gilt im Ergebnis für das Merkmal der fehlenden Ausweichmöglichkeiten, weil dieser Aspekt bei einer Kosten-Preis-Schere gerade kein Tatbestandsmerkmal darstellt.

746. Im vorliegenden Fall beläuft sich die Obergrenze des Basisbetrags angesichts des massgeblichen Umsatzes auf einen Betrag in der Höhe von 169'124'400.- CHF. Der Sanktionsrahmen wurde durch die Vor-instanz mit einer Ansetzung des Basisbetrags bei 10% vollständig ausgeschöpft.

747. Da vorliegend von einer fahrlässigen Begehung einer Wettbewerbsbeschränkung, die auch vorsätzlich hätte begangen werden können, auszugehen ist, kann entgegen der Festlegung der Vorinstanz nicht die Maximalsanktion verhängt werden. Allerdings handelt es sich bei der Kosten-Preis-Schere eines marktbeherrschenden Unternehmens nicht nur um ein wettbewerbsrechtliches Bagatelldelikt, sondern um ein schwerwiegendes Fehlverhalten. Angesichts der konkreten Umstände des Sachverhalts wird diese prinzipielle Einschätzung bestätigt, und auch das Verschulden der Swisscom-Gruppe wiegt schwer. Auch wenn zu Gunsten der Swisscom-Gruppe nicht von einem vorsätzlichen Verhalten auszugehen ist, stellt die Missachtung der ausdrücklichen Hinweise der Wettbewerbsbehörden auf den Tatbestand der Kosten-Preis-Schere und dessen Anwendung in der Schweiz, das offensichtliche Missverhältnis zwischen den Gross- und Einzelhandelspreisen für die jeweiligen Breitbandprodukte und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Resultate, die erkennbaren erheblichen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten auf dem Einzelhandelsmarkt für Breitbandprodukte sowie die allgemeine Wettbewerbsfähigkeit der Konkurrenten auf dem Telekommunikationsmarkt eine grobe Fahrlässigkeit dar.

748. Unter Berücksichtigung der vorstehend dargestellten Aspekte ist nach Ansicht des Gerichts die sachlich gerechtfertigte Sanktion mit 8% des massgeblichen Umsatzes anzusetzen, wodurch sich ein Basisbetrag in der Höhe von 135'299'520.- CHF ergibt.

d) Erhöhungen des Basisbetrags

749. Vorliegend sind allfällige Erhöhungen wegen der Dauer des wettbewerbswidrigen Verhaltens und wegen einer angemessenen Berücksichtigung des mutmasslichen Gewinns zu berücksichtigen.

i) Dauer des wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

750. Die Beschwerdeführerinnen bestreiten mit mehreren Rügen, dass eine ausreichende Dauer für eine Erhöhung des Basisbetrags vorgelegen habe. So könne ein behördlicherseits nicht beförderlich geführtes Untersuchungsverfahren nicht dem Unternehmen in Form eines Zuschlags für die Dauer des Verfahrens angelastet werden. Eine besondere Dauer sei auch nicht zu berücksichtigen, weil eine Verletzung des Beschleunigungsgebots und des Grundsatzes von Treu und Glauben vorliege, die Profitabilität des Einzelhandelsgeschäfts seit dem Jahr 2003 gegeben und das Grosshandelsgeschäft im Jahr 2004 noch gar nicht profitabel gewesen sei. Im Übrigen könne ein Verstoss längstens 18 Monate angedauert haben; denn die Beschwerdeführerinnen hätten frühestens am 19. Juni 2006 mit Erhalt der Fragebögen von einem potentiell unzulässigen Verhalten ausgehen müssen. Dieser Zeitpunkt sei zudem noch fraglich, weil sie erst am 12. November 2008 durch den Erhalt des Antrags der Wettbewerbsbehörde auf die von der Vorinstanz konkretisierten Vorwürfe hätten schliessen müssen. Für eine Verstossdauer von 18 Monaten wäre die bisherige Erhöhung um 30% zumindest erheblich herabzusetzen; mit Verweis auf die Sanktionierung in bisherigen Verfahren könnte auf die Erhöhung sogar ganz verzichtet werden. Darüber hinaus sei Folgendes zu berücksichtigen: Da die Frage der Marktbeherrschung einer Leistungspflicht für Grosshandelsprodukte erst mit dem Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom vom 12. Februar 2009 geklärt worden und das Einzelhandelsgeschäft seit Anfang 2007 profitabel gewesen sei, könne während der angenommenen Dauer vom 1. April 2004 bis zum 31. Dezember 2007 der Tatbestand der Kosten-Preis-Schere im Sinne der Vorwerfbarkeit gar nicht erfüllt gewesen sein.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

751. Die Vorinstanz macht geltend, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Kosten-Preis-Schwere zwischen dem 1. April 2004 und dem 31. Dezember 2007 gemäss den Ausführungen zum materiellen Tatbestand vorgelegen hätten und daher die Dauer des Verstosses entsprechend anzusetzen sei. Der Einwand der langen Verfahrensdauer sei unerheblich, weil der Swisscom-Gruppe bekannt gewesen sei, dass ein missbräuchliches Verhalten seit dem 1. April 2004 sanktioniert werden könne und sie seit dem 20. Oktober 2005 hätte wissen müssen, dass sie sich womöglich missbräuchlich verhalten habe.

752. Allerdings hat die Vorinstanz den vorgesehenen Erhöhungsbetrag wegen der Dauer des Wettbewerbsverstosses von 40% auf 30% reduziert, weil das Ausmass der Wettbewerbsbeeinträchtigung im Jahr 2007 nicht mehr in gleichem Ausmass gegeben gewesen sei. Zur Begründung hierfür verweist die Vorinstanz allerdings ausschliesslich auf Umstände, die erst im Jahr 2008 eingetreten sind.

(3) Würdigung durch das Gericht

753. Gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG bemisst sich die Sanktion auch nach der Dauer des unzulässigen Verhaltens. Art. 4 SVKG konkretisiert diese Erhöhung dahingehend, dass der Basisbetrag bei einer Dauer zwischen einem und fünf Jahren um bis zu 50% und bei einer Dauer von mehr als fünf Jahren für jedes weitere angefangene Jahr um bis zu 10% zu erhöhen ist.

754. Die Ausgestaltung des zeitlichen Erhöhungsgrunds führt zu unterschiedlichen Auffassungen über dessen konkrete Umsetzung im Einzelfall. Ganz überwiegend wird angenommen, dass eine Dauer unter einem Jahr keinen Erhöhungsgrund darstelle, sondern vom Basisbetrag erfasst werde (vgl. Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.127; David/Jacobs, WBR, Rn. 779; Roth/Bovet,CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 38; Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 59; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.238; a.A. Hoffet Franz/Neff Klaus, Ausgewählte Fragen zum revidierten Kartellgesetz und zur KG-Sanktionsverordnung, Anwaltsrevue 2004/5, 129, 130, wonach dies ein Milderungsgrund darstellen soll). Bei einer Dauer von einem bis fünf Jahren wird im Anschluss an die Praxis (vgl. WEKO, 2.11.2009, Hors-Sol Medikamente, Pfizer AG/Eli Lilly (Suisse) SA/Bayer AG u.a., RPW 2010/4, 649, Ziff. 372 f.) überwiegend die Ansicht vertreten, dass auch in diesem Bereich für jedes vollendete Jahr der Basisbetrag um bis zu 10% zu erhöhen sei (vgl. David/Jacobs, WBR, Rn. 779; Roth/Bovet,CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 38; Weber/ Volz, FHB-WBR, Rn. 3.238, wobei in Ausnahmefällen ein anderer Ansatz zulässig sein soll), weil eine Differenzierung zwischen den ersten und den zweiten fünf Jahren sachlich nicht gerechtfertigt sei (vgl. Tagmann/Zir-lick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 59). Nach anderer Ansicht kann der Basisbetrag während der ersten fünf Jahre unabhängig von der genauen Dauer um jeden angemessenen Ansatz zwischen 0% und 50% erhöht werden (vgl. Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.127; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 15). Bei einer Dauer von mehr als fünf Jahren erhöht sich der Basisbetrag nach allgemeiner Ansicht entsprechend dem Wortlaut der Regelung für jedes weitere Jahr um bis zu 10% (vgl. Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.127;David/Jacobs, WBR, Rn. 779; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 15;Roth/Bovet, CR-Concurrence, Art. 49a Rn. 38; Tagmann/Zirlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 59; Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.238).

755. Mit der differenzierten Regelung gibt der Verordnungsgeber zu erkennen, dass ein Wettbewerbsverstoss in zeitlicher Hinsicht unterschiedliche Auswirkungen aufweisen kann, die im Rahmen der Erhöhung auch Berücksichtigung finden sollten. Je nach Art und Inhalt der Wettbewerbsbeschränkung können die nachteiligen Auswirkungen zum einen gleichmässig über die gesamte Zeitdauer oder verstärkt während bestimmter Phasen auftreten. So kann eine Wettbewerbsbeschränkung gerade in den Anfangsjahren die grössten Auswirkungen auf den Markt aufweisen und etwa eine Marktbereinigung herbeiführen, während in den Folgejahren der dadurch geschaffene Zustand nur noch aufrechterhalten wird. Durch die flexible Verknüpfung einer ersten Teildauer von fünf Jahren mit dem Teilkoeffizienten von 50% kann diesen Unterschieden bei einer Sanktionierung Rechnung getragen werden. Zum Beispiel kann für ein wettbewerbswidriges Verhalten mit einer kürzeren Laufzeit als fünf Jahren dennoch eine Erhöhung um 50% vorgesehen werden, wenn der dadurch intendierte Zweck in Form der Verdrängung eines Konkurrenten in dieser Zeit vollständig erreicht wurde. Dauert ein Wettbewerbsverstoss demgegenüber bereits länger als fünf Jahre an, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Auswirkungen mittlerweile auch gleichmässig bzw. wiederkehrend über die Zeitachse auftreten und dementsprechend auch linear zu sanktionieren sind. Bei einem Wettbewerbsverstoss mit Dauercharakter, dem bei Fehlen von besonderen Umständen von Anfang an über die jeweilige Zeitdauer im Wesentlichen die gleichen Wirkungen zuzusprechen sind, ist unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes bereits während der ersten fünf Jahre eine stufenweise Erhöhung um 0,8333% je angefangenem Monat, seit dem das wettbewerbswidrige Verhalten durchgeführt wurde, vorzunehmen.

756. Im vorliegenden Fall wurde das wettbewerbswidrige Verhalten von der Swisscom-Gruppe spätestens seit dem 1. April 2004 begonnen und mindestens bis zum 31. Dezember 2007 fortgeführt (vgl. E. 483 f.). Die massgebliche Dauer beträgt somit drei Jahre und neun Monate.

757. Entgegen der kaum begründeten Ansicht der Vorinstanz ergibt sich für das Jahr 2007 keine signifikante Änderung in der Beurteilung des missbräuchlichen Verhaltens aufgrund der zeitlichen Komponente. Die von der Vorinstanz vorgenommene Kürzung des Erhöhungsbetrages weist insbesondere keinen Bezug zur zeitlichen Komponente auf. Sie wäre allenfalls als Milderungsgrund zu berücksichtigen.

758. Der Basisbetrag ist demzufolge aufgrund der Dauer von 45 Monaten um 37,5% und damit um einen Betrag in der Höhe von 50'737'320.-CHF zu erhöhen.

759. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ergibt sich zum einen aus der Dauer des Kartellverwaltungsverfahrens keine Beschränkung für die Erhöhung der Sanktion, unabhängig davon, wie lange das Verfahren angedauert hat. Denn sowohl die Entscheidung über eine Durchführung des wettbewerbswidrigen Verhaltens als auch die Entscheidung über dessen Fortführung nach Einleitung einer Untersuchung durch die Wettbewerbsbehörden werden ausschliesslich von dem jeweiligen Unternehmen getroffen, weshalb dieses auch die volle Verantwortung für die zeitliche Dauer des Wettbewerbsverstosses zu tragen hat. Zum anderen ergibt sich auch weder aus dem Beschleunigungsgebot noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben eine Beschränkung für die Erhöhung der Sanktion, weil eine Verletzung dieser Grundsätze nicht vorliegt (vgl. E. 217 f., 241 f.).

760. Die Einwendung der Beschwerdeführerinnen, der Wettbewerbsverstoss könne erst mit Übersendung der Fragebögen durch die Wettbewerbsbehörde oder sogar erst mit Übersendung des Antrags zur Stellungnahme begonnen haben, weil sich erst zu diesem Zeitpunkt der Vorwurf zu Lasten der Beschwerdeführerinnen ausreichend konkretisiert habe, ist sachlich nicht begründet. Gleiches gilt für den Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom aus dem Jahr 2009 (vgl. SV K.e). Massgeblich für den Beginn eines Wettbewerbsverstosses ist der Zeitpunkt, in dem die wettbewerbswidrige Verhaltensweise verwirklicht wird, indem das Unternehmen durch sein Verhalten einzelne Tatbestandselemente erfüllt. Hierzu ist ausschliesslich das Verhalten des Unternehmens zu beurteilen. Die Massnahmen der Wettbewerbsbehörden oder sogar eine gerichtliche Feststellung der Marktbeherrschung stellen keine konstitutive Voraussetzung für die Verwirklichung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG dar.

761. Bei den von den Beschwerdeführerinnen darüber hinaus angeführten Aspekten einer angeblich gegebenen Profitabilität des Einzelhandelsgeschäfts seit dem Jahr 2003 und der fehlenden Profitabilität des Grosshandelsgeschäfts im Jahr 2004 handelt es sich um Einwendungen, die sich gegen das Vorliegen eines wettbewerbswidrigen Verhaltens richten, weshalb sie nach einer Feststellung der Tatbestandsmässigkeit gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG, wie dies vorstehend erfolgt ist, nicht mehr zu einer Einschränkung der Sanktionierung führen.

ii) Mutmasslicher Gewinn der Wettbewerbsbeschränkung

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

762. Die Beschwerdeführerinnen machen im Hinblick auf eine Berücksichtigung des mutmasslichen Gewinns als Erhöhungsgrund im Rahmen der Sanktionierung verschiedene Aspekte geltend.

763. Als Grundlage einer Ermittlung des mutmasslichen Gewinns dürften ausschliesslich die Gewinne der Swisscom-Gruppe im Einzelhandelsgeschäft, nicht aber die Gewinne im Grosshandelsgeschäft berücksichtigt werden. Denn bei einer Kosten-Preis-Schere bilde die nicht ausreichende Marge im Einzelhandelsgeschäft den Gegenstand des wettbewerbsrechtlichen Vorwurfs, weshalb auch nur die Auswirkungen auf dem Einzelhandelsmarkt für die Bemessung der Sanktion relevant seien. Im vorliegenden Fall sei die Angemessenheit der Grosshandelspreise auch nicht untersucht worden.

764. Für die Ermittlung des mutmasslichen Gewinns dürften die konzerninternen Umsätze und Gewinne nicht berücksichtigt werden. Denn einem Konzern stehe es frei zu bestimmen, wo und wie innerhalb der Unternehmensgruppe Gewinne anfallen und welche internen Preise verrechnet werden. Gegenüber einer Gruppengesellschaft könnten daher keine unrechtmässigen Gewinne erzielt werden.

765. Mit Bezug auf die konkrete Ermittlung des mutmasslichen Gewinns wenden die Beschwerdeführerinnen verschiedene Aspekte zur sachgerechten Bewertung von verschiedenen Anknüpfungskriterien ein, die zu berücksichtigen seien.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

766. Die Vorinstanz weist allgemein darauf hin, dass sowohl der mutmassliche Gewinn im massgeblichen Zeitraum als auch die erzielten Gewinne auf Grosshandelsstufe zu berücksichtigen seien, weil gerade der Grosshandelspreis im Vergleich zu den Preisen auf Einzelhandelsstufe zu hoch gewesen sei. Ausführungen zur detaillierten Ermittlung des mutmasslichen Gewinns erfolgen von der Vorinstanz jedoch nicht.

(3) Würdigung durch das Gericht

767. Gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
Satz 4 KG und Art. 2 Abs. 1 SVKG ist im Rahmen einer Sanktionierung der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen erzielt hat, angemessen zu berücksichtigen.

768. Aufgrund der ausdrücklichen Formulierung dieser Vorschriften ist ersichtlich, dass eine genaue Ermittlung des tatsächlich erzielten wettbewerbswidrigen Gewinns für dessen Berücksichtigung nicht erforderlich ist. Vielmehr ist es ausreichend, dass die Grössenordnung des unrechtmässigen Gewinns abgeschätzt werden kann (vgl. Botschaft KG 2004, 2037: "Soweit feststellbar oder zumindest abschätzbar, ist der Gewinn aus dem unzulässigen Verhalten ein wesentliches Bemessungskriterium."). Dies entspricht den Ausgangshypothesen des Gesetzgebers, wonach zum einen (i) die Kartellrendite abzuschöpfen ist, um eine ausreichend abschreckende Wirkung zu erzielen (vgl. E. 630 f.; Botschaft KG 2004, 2033, 2037: "Wettbewerbswidrige Verhaltensweisen dürfen sich nicht lohnen. Deshalb muss der Sanktionsrahmen so weit gefasst sein, dass die Berechung des Netto-Nutzens für die Unternehmen [...] negativ ausfällt"; zustimmend Borer, KG, Art. 49a Rn. 15; Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.119; David/Frick/Kunz/Studer/Zimmerli, SIWR-Rechtsschutz, Rn. 1335; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 16; Tagmann/ Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 11; Wiprächtiger/Zimmerlin, Veranwortlichkeit, 211), und zum anderen (ii) der Umsatz als Bemessungsgrundlage für die Sanktionierung heranzuziehen ist, weil der wettbewerbswidrige Gewinn in den allermeisten Fällen gar nicht eindeutig bestimmt werden kann und die Präventionswirkung der direkten Sanktionen nicht durch Beweisschwierigkeiten in Frage gestellt werden darf (vgl. Botschaft KG 2004, 2037). Da die Sanktionierung mittels eines prozentualen Koeffizienten an den Umsatz anknüpft, bedarf es auch keiner exakten Ermittlung des wettbewerbswidrigen Gewinns, weil dieser Betrag gar nicht unmittelbar in eine Sanktion einfliesst. Ungeachtet dieser Erleichterung ist es für einen Nachweis des wettbewerbswidrigen Gewinns als Voraussetzung für dessen Berücksichtigung im Rahmen der Sanktionsbemessung erforderlich, dass die jeweilige Feststellung aufgrund objektiver Anhaltspunkte erfolgt. Eine blosse Schätzung ins Blaue hinein bildet daher keine ausreichende Grundlage für eine Erhöhung der Sanktion. Die in Art. 5 Abs. 1 lit. b SVKG verwendete Formulierung einer "objektiven Ermittlung" ist in diesem Sinne zu verstehen.

769. Soweit eine objektivierte Abschätzung des mutmasslichen Gewinns möglich ist, haben die Wettbewerbsbehörden den entsprechenden Betrag in die Berechnung der Sanktion einfliessen zu lassen. Ihnen kommt diesbezüglich kein Entschliessungsermessen zu; allein in Bezug auf die Festlegung des Koeffizienten für die Erhöhung des Basisbetrags steht ihnen aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ein Ermessensspielraum zu.

770. Art. 5 Abs. 1 lit. b SVKG sieht zudem die Beschränkung vor, dass nur bei einem besonders hohen Gewinn eine Erhöhung vorzunehmen ist. Nach verschiedenen Ansichten bedeutet dies, dass ein normaler wettbewerbswidriger Gewinn bereits durch den Basisbetrag abgegolten sei (vgl. Weko-Sekretariat, Erläuterungen zur KG-Sanktionsordnung, Art. 3 lit. b; Reinert, SHK-KG, Art. 49a Rn. 16; Tagmann/Zierlick, BSK-KG, Art. 49a Rn. 69 f., stellen auf den durchschnittlichen wettbewerbswidrigen Gewinn ab, wobei allerdings auf den Widerspruch zum Gesetzeszweck hingewiesen wird; nach Dähler/Krauskopf/Strebel, Marktpositionen, Rn. 8.132, müsse die Sanktion allerdings einen hohen Kartellgewinn übersteigen, wenn eine Gewinnschätzung objektiv möglich sei; gemäss Weber/Volz, FHB-WBR, Rn. 3.243, soll eine Erhöhung aber nur dann zulässig sein, wenn die berechenbare und nachgewiesene Kartellrente den Basisbetrag übersteige). Dies trifft lediglich für diejenigen Fälle zu, bei denen der mutmassliche Gewinn nicht festgestellt oder abgeschätzt werden kann. In allen anderen Fällen steht diese Beschränkung jedoch in einem offensichtlichen Widerspruch zur Ausgestaltung von Art. 49a
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und den nachweislichen gesetzgeberischen Intentionen (vgl. E. 768; so auch bereits die Botschaft KG 1995, 621: "Eine Belastung in der Höhe des unrechtmässig erzielten Gewinns wird aber regelmässig die untere Grenze der Sanktion bilden"), weshalb die Regelung in ihrer wörtlichen Fassung gesetzeswidrig und nicht anzuwenden ist (vgl. BGE 131 II 271 E. 11.7). Vielmehr ist im Einzelfall durch eine Erhöhung des Basisbetrags sicherzustellen, dass der festgestellte oder abgeschätzte wettbewerbswidrige Gewinn durch die Sanktionierung auch vollständig abgeschöpft wird, weil er ein wesentliches Bemessungskriterium für die Sanktion darstellt (vgl. Botschaft KG 2004, 2037). Für den Zweck einer vollständigen Abschöpfung ist es dabei unerheblich, ob es sich beim wettbewerbswidrigen Gewinn in absoluten Zahlen, im Verhältnis zum Umsatz oder in Bezug auf sonstige Kriterien um einen besonders hohen, normalen oder niedrigen Betrag handelt. Dies gilt umso mehr, als der vorgesehene Basisbetrag grundsätzlich nur einem unterdurchschnittlichen wettbewerbswidrigen Gewinn entspricht (vgl. E. 632).

771. Als Grundlage für die Abschätzung des mutmasslichen Gewinns, den das vertikal integrierte marktbeherrschende Unternehmen durch die wettbewerbswidrige Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere erzielt hat, sind grundsätzlich die gesamten Erträge auf dem Vorproduktmarkt heranzuziehen. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist dabei keine Differenzierung zwischen Erträgen aus konzerninternen Transaktionen mit Gruppengesellschaften und Erträgen aus Geschäften mit externen Abnehmern des Vorprodukts vorzunehmen. Aufgrund der wettbewerbswidrigen Wirkungen einer Kosten-Preis-Schere (vgl. E. 417 f.) führt die konzerninterne Verlagerung der Gewinne vom Endprodukt- auf den Vorproduktmarkt dazu, dass die Abnehmer des Vorprodukts als Konkurrenten auf dem nachgelagerten Endproduktmarkt angesichts einer fehlenden Gewinnmarge über keine ausreichende Wettbewerbsfähigkeit verfügen. Deshalb ist es ihnen nicht möglich, durch Preissenkungen für das Endprodukt in Wettbewerb zum marktbeherrschenden Unternehmen zu treten, um es so unter Wettbewerbsdruck zu setzen, dass dieses die Preise für das Vorprodukt senken muss, um selbst auf dem Endproduktmarkt gleichzeitig konkurrenzfähig und profitabel zu sein. Durch die Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere werden demzufolge auch die Erträge aus den internen Transaktionen zwischen den Gruppengesellschaften auf der Stufe sowohl des Vorprodukt- als auch des Endproduktmarkts wirtschaftlich abgesichert. Sie werden demzufolge vom wettbewerbswidrigen Verhalten erfasst und sind folgerichtig im Rahmen des mutmasslichen Gewinns zu berücksichtigen.

772. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerinnen ist die Ermittlung des mutmasslichen Gewinns nicht auf die Gewinne des Einzelhandelsgeschäfts beschränkt. Denn der Aspekt von unangemessenen Preisen oder einer unzureichenden Marge auf der Einzelhandelsstufe bildet nicht den alleinigen Gegenstand des wettbewerbswidrigen Verhaltens einer Kosten-Preis-Schere; vielmehr ist die Preisgestaltung auf dem Vorproduktmarkt ebenfalls massgeblich für die Umsetzung einer Kosten-Preis-Schere (vgl. E. 401 f.). Im Übrigen würde der entsprechende Ansatz der Beschwerdeführerinnen dazu führen, dass die zusätzliche Sanktionierung bei einem missbräuchlichen Verhalten in Form einer Kosten-Preis-Schere von vornherein ins Leere laufen würde. Aufgrund der nicht ausreichenden Marge im Einzelhandelsgeschäft ergeben sich dort offensichtlich regelmässig erst gar keine Gewinne, die berücksichtigt werden müssten bzw. berücksichtigt werden könnten.

773. Im vorliegenden Fall könnte der mutmassliche Gewinn der Swisscom-Gruppe aufgrund unterschiedlicher Anknüpfungskriterien ermittelt werden. Die Beschwerdeführerinnen haben dargelegt, dass unter sachgerechter Bewertung dieser Anknüpfungskriterien der mutmassliche Gewinn den festgesetzten Basisbetrag deutlich unterschreiten würde, weshalb der mutmassliche Gewinn damit bereits abgegolten wäre. Die Vorinstanz hat trotz ausdrücklicher Instruktion keine Stellungnahme hierzu abgegeben. Daher ist zu Gunsten der Swisscom-Gruppe von deren Darstellung auszugehen.

774. Der mutmassliche Gewinn wird aus diesen Gründen vorliegend als bereits durch den Basisbetrag abgeschöpft angesehen. Der Basisbetrag ist daher unter Berücksichtigung des durch das wettbewerbswidrige Verhalten erzielten mutmasslichen Gewinns nicht zu erhöhen.

e) Minderungen des Basisbetrags

(1) Vorbringen der Beschwerdeführerinnen

775. Die Beschwerdeführerinnen machen in allgemeiner Weise geltend, dass die Vorinstanz keine mildernden Umstände berücksichtigt habe. So könne aus dem Umstand, dass die SVKG für die Verhaltensweisen nach Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG keine oder mindestens keine geeigneten Regeln für die mildernden Umstände enthalte, nicht geschlossen werden, dass mildernde Umstände nicht ersichtlich seien. Daher hätte sich die Vorinstanz bei der Beurteilung mildernder Umstände nicht nur auf eine Prüfung des Elementes der Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens beschränken dürfen, sondern auch andere entlastende Elemente, wie z.B. die Bemühungen der Swisscom-Gruppe zur Gewährleistung der Kartell-Complian-ce, abklären und berücksichtigen müssen. Zumindest hätte entsprechend dem Entscheid der EU-Kommission in Sachen Deutsche Telekom eine Milderung vorgenommen werden müssen, weil es sich um einen erstmaligen Entscheid zu einer Preis-Kosten-Schere in regulierten Netzindus-trien handeln würde.

776. Im Übrigen ergebe sich bei einem Verhalten gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG angesichts von dessen Unbestimmtheit erst aus dem Untersuchungsergebnis dessen Zulässigkeit oder Unzulässigkeit, weshalb sich die Forderung nach einer Beendigung des Verhaltens "nach dem ersten Eingreifen" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 SVKG gar nicht rechtfertigen lasse. Vielmehr hätten die Wettbewerbsbehörden ausserhalb einer Untersuchung und losgelöst von der Möglichkeit einer rechtsstaatlichen Kontrolle im Rechtsmittelverfahren auf das unternehmerische Verhalten gestaltend einzuwirken.

(2) Vorbringen der Vorinstanz

777. Die Vorinstanz verneint aufgrund einer von ihr konkret durchgeführten Prüfung das Vorhandensein von Milderungsgründen.

(3) Würdigung durch das Gericht

778. Art. 6 SVKG sieht vor, dass beim Vorliegen von mildernden Umständen eine Verminderung der Sanktion vorzunehmen ist. Für sämtliche Varianten eines sanktionierbaren wettbewerbswidrigen Verhaltens wird als mildernder Umstand ausdrücklich die Einstellung der Wettbewerbsbeschränkung spätestens vor der Eröffnung eines Kartellverwaltungsverfahrens gemäss den Art. 26 bis 30 KG statuiert. Für Preis- und Gebietsabsprachen gemäss Art. 5 Abs. 3 und 4 KG werden mit dem ausschliesslich passiven Verhalten sowie dem Unterlassen von vereinbarten Vergeltungsmassnahmen zwei weitere Milderungsumstände aufgeführt. Allerdings weisen die in der Vorschrift genannten Gründe keinen abschliessenden Charakter auf, wie sich bereits aus der sprachlichen Fassung von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 ("insbesondere") ergibt. Daher sind sonstige mildernde Umstände auch bei der Sanktionierung eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die entsprechenden Umstände ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um Aspekte handeln kann, die bereits im Hinblick auf die Festlegung des Basisbetrags zu berücksichtigen sind.

779. Aus dem vorliegenden Sachverhalt ergeben sich keine Hinweise auf besondere Aspekte, aufgrund denen das konkrete wettbewerbswidrige Verhalten als weniger schwerwiegend zu qualifizieren wäre, und die über solche Gründe hinausgehen, die bereits im Rahmen der Festlegung des Basisbetrags zu berücksichtigen gewesen wären. Insbesondere hat die Swisscom-Gruppe das wettbewerbswidrige Verhalten auch nach Eröffnung der Untersuchung durch die Wettbewerbsbehörden fortgeführt. Bezeichnenderweise werden von den Beschwerdeführerinnen mit Ausnahme des Hinweises auf die bestehende Kartell-Compliance und die Erstmaligkeit der Kosten-Preis-Schere in einem bestimmten Industriebereich auch keine entsprechenden konkreten Gründe aufgeführt.

780. Aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerinnen ist ersichtlich, dass zum einen die Preisgestaltung sowohl im Grosshandelsgeschäft als auch im Einzelhandelsgeschäft in Kenntnis und mit Zustimmung der Geschäftsleitungsebene stattgefunden hat, und zum anderen die jeweiligen Produkte und deren Preisgestaltung von der Konzernrechtsabteilung als der für die Kartell-Compliance zuständigen Stelle inhaltlich gutgeheissen worden war (vgl. E. 669). Es ist daher offensichtlich, dass das wettbewerbswidrige Verhalten innerhalb der Swisscom-Gruppe nicht an der internen Kontrollstelle für die Kartell-Compliance vorbeigeschleust, sondern von dieser sogar geprüft und nicht beanstandet worden war. Das Bestehen einer Kartell-Compliance kann in diesem Fall daher von vornherein nicht sanktionsmindernd berücksichtigt werden. Eine inhaltliche Prüfung, ob diese Kartell-Compliance überhaupt ordnungsgemäss ausgestaltet war und daher sanktionsmindernd Berücksichtigung finden könnte, erübrigt sich demzufolge.

781. Im Hinblick auf den Umstand des erstmaligen Auftretens einer Kosten-Preis-Schere in einem bestimmten Wirtschaftsbereich ist festzuhalten, dass dieser Umstand kein genereller Milderungsgrund darstellt bzw. darstellen kann. Denn die Missbrauchstatbestände des Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG weisen eine wirtschaftsübergreifende Geltung auf. Demzufolge kann ein Unternehmen ein missbräuchliches Verhalten nicht in der Vorstellung umsetzen, dass es milder sanktioniert werde, nur weil in dem von ihm bearbeiteten Wirtschaftsbereich noch kein entsprechender Fall aufgetreten ist. Im Übrigen stellt das vorliegende Verfahren angesichts der Entscheide in Sachen Deutsche Telekom und Telefonica gerade nicht den ersten Fall einer Kosten-Preis-Schere in regulierten Netzindustrien dar - umso mehr als die Swisscom-Gruppe von der Vorinstanz noch ausdrücklich auf den Entscheid Deutsche Telekom und deren entsprechende Anwendung im schweizerischen Kartellrecht hingewiesen wurde -, weshalb auch eine Milderung aus diesem Grund nicht in Erwägung zu ziehen ist.

782. Des Weiteren ist zur entsprechenden Einwendung der Beschwerdeführerinnen festzuhalten, dass sich die Unzulässigkeit eines wettbewerbswidrigen Verhaltens gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG nicht erst rechtsgestaltend aus der Verfügung als Untersuchungsergebnis eines Kartellverwaltungsverfahrens ergibt. Vielmehr ist ein wettbewerbswidriges Verhalten gemäss Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG ex nunc rechtswidrig und bedarf keines Feststellungs- oder Gestaltungsakts seitens der Wettbewerbsbehörden. Daher ist der Minderungsgrund einer sofortigen Beendigung des wettbewerbswidrigen Verhaltens nach einem ersten Eingreifen des Sekretariats gemäss Art. 6 Abs. 1 SVKG durchaus auch auf Art. 7
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
KG anwendbar. Im Übrigen führt die Argumentation der Beschwerdeführerinnen, selbst wenn deren Inhalt als richtig unterstellt würde, von vornherein nicht dazu, dass ein Minderungsgrund gemäss Art. 6 SVKG anzuerkennen wäre.

783. Zu der durch die Vorinstanz vorgenommenen Reduzierung des Erhöhungsbetrags wegen der Dauer des Wettbewerbsverstosses, weil das Ausmass der Wettbewerbsbeeinträchtigung im Jahr 2007 nicht mehr in gleichem Ausmass gegeben gewesen sei, ist festzuhalten, dass sich für das Jahr 2007 keine signifikante Änderung in der Beurteilung des missbräuchlichen Verhaltens mit Bezug auf dessen Schwere ergibt. Im Übrigen wird die Reduzierung von der Vorinstanz auch nur mit solchen Umständen begründet, die nach ihrer eigenen Darstellung erst nach dem massgeblichen Zeitraum im Jahr 2008 auftraten.

f) Maximalsanktion

784. Gemäss Art. 49a Abs. 1
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
KG und Art. 7 SVKG ist die Belastung in jedem Fall auf 10% des in den letzten drei Geschäftsjahren erzielten Umsatzes des Unternehmens in der Schweiz als Maximalsanktion zu begrenzen.

785. Massgebend für die Berechnung des inländischen Gesamtumsatzes ist bei Konzernsachverhalten grundsätzlich der um die konzerninternen Umsätze bereinigte jährliche konsolidierte Nettoumsatz der gesamten Unternehmensgruppe. Da der Gesamtumsatz zur Bemessung herangezogen wird, sind konzerninterne Umsätze nicht heranzuziehen, weil diese einen unzutreffenden Eindruck über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Unternehmensgruppe hervorrufen würden. Soweit allerdings konzerninterne Umsätze im Rahmen der Feststellung des massgeblichen Umsatzes auf den relevanten Märkten zu berücksichtigen sind, gilt dies auch für die Ermittlung des Gesamtumsatzes in der Schweiz. Für die Berechnung der Maximalsanktion sind entsprechend der Regelung für die Berechnung des Basisbetrags regelmässig die drei Geschäftsjahre vor Beendigung der wettbewerbswidrigen Verhaltensweise massgebend.

786. Die Swisscom-Gruppe hat gemäss den einzelnen Geschäftsberichten in den Jahren 2005, 2006 und 2007 einen jährlichen konsolidierten Konzernumsatz in der Höhe von 9'732 Mio. CHF, 9'652 Mio. CHF und 11'089 Mio. CHF erzielt. Diese Umsätze fielen mehrheitlich in der Schweiz an, weil die meisten Gruppengesellschaften und Geschäftseinheiten der Swisscom-Gruppe ausschliesslich in der Schweiz tätig sind. Eine Ausnahme bildet die Geschäftstätigkeit der italienischen Fastweb, welche im Jahr 2007 von der Swisscom übernommen worden war und im Jahr 2007 einen im Ausland erzielten Umsatz in der Höhe von 1'473 Mio. CHF zum Ergebnis beitrug, der vom jährlichen konsolidierten Konzernumsatz in Abzug zu bringen ist. Die Swisscom-Gruppe weist somit einen konsolidierten Gesamtumsatz in der Höhe von rund 29'000 Mio. CHF auf. Der maximale Sanktionsbetrag würde sich demzufolge auf mindestens rund 2'900 Mio. CHF belaufen. Da der vorgesehene Sanktionsbetrag deutlich unter diesem Gesamtumsatz liegt, bedarf es im vorliegenden Fall keiner möglichen Erhöhung wegen einer Berücksichtigung von konzerninternen Umsätzen im Bereich des Breitbandgeschäftes.

g) Konkreter Sanktionsbetrag

787. Für die Festlegung des konkreten Sanktionsbetrags ist von einem Basisbetrag in der Höhe von 135'299'520.- CHF auszugehen. Der Basisbetrag ist insgesamt um 37,5% für erschwerende Umstände und somit um einen Betrag in der Höhe von 50'737'320.- CHF zu erhöhen. Eine Verminderung wegen mildernder Umstände ist nicht vorzunehmen. Der vorgesehene Sanktionsbetrag überschreitet den maximal zulässigen Sanktionsbetrag nicht.

788. Aufgrund der durch das Bundesverwaltungsgericht wahrgenommenen vollen Kognition in Bezug auf die vorliegende Angelegenheit ist damit die dem wettbewerbswidrigen Verhalten der Swisscom-Gruppe angemessene Sanktion mit einem Betrag in der Höhe von 186'036'840.- CHF festzulegen.

IX. Vorinstanzliche Verfahrenskosten

789. Die Auferlegung von Kosten im vorinstanzlichen Verfahren richtet sich nach der Gebührenverordnung KG des Bundesrats vom 25. Februar 1998 (GebV-KG, SR 251.2).

790. Gemäss Art. 2 Abs. 1 GebV-KG ist gebührenpflichtig, wer Verwaltungsverfahren zur Untersuchung von Wettbewerbsbeschränkungen verursacht oder Gutachten oder sonstige Dienstleistungen der Wettbewerbskommission oder des Sekretariats veranlasst. Keine Gebührenpflicht besteht gemäss Art. 3 Abs. 2 GebV-KG für Beteiligte, die eine Vorabklärung oder eine Untersuchung verursacht haben, sofern sich keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung ergeben bzw. sich die vorliegenden Anhaltspunkte nicht erhärten und das Verfahren aus diesem Grunde eingestellt wird. Die Gebührenbemessung ist gemäss Art. 4 GebV-KG am jeweiligen Aufwand des Einzelfalls auszurichten.

791. Vorliegend hatte die Swisscom-Gruppe Anlass für die Durchführung einer Untersuchung und den Erlass einer Sanktionsverfügung gegeben. Die vorinstanzlichen Verfahrenskosten waren daher den Beschwerdeführerinnen als den von der Vorinstanz bestimmten Verfügungsadressaten vollständig aufzuerlegen.

792. Die Abänderung der Verfügung durch das vorliegende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts als Beschwerdeinstanz führt nicht dazu, dass eine Änderung des vorinstanzlichen Entscheids hinsichtlich der Verfahrenskosten vorgenommen werden müsste. Denn die Abänderung der erstinstanzlichen Verfügung erfolgt ausschliesslich - und nur in einem untergeordneten Umfang - aufgrund einer abweichenden Beurteilung einzelner tatsächlicher Aspekte und wesentlicher Rechtsfragen durch das Bundesverwaltungsgericht. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass das Untersuchungsverfahren durch die Vorinstanz mit einem geringeren Aufwand hätte durchgeführt werden können.

X. Gesamtbeurteilung der Beschwerde

793. Die Beschwerdeführerinnen haben eine vollständige Aufhebung der Verfügung der Vorinstanz beantragt. Mit dem vorliegenden Urteil wird diesem Antrag nur zu einem geringen Anteil stattgegeben, auch wenn mehrere Änderungen am Dispositiv der angefochtenen Verfügung vorzunehmen sind. Denn der Vorwurf des wettbewerbswidrigen Verhaltens wird durch das vorliegende Urteil im Wesentlichen bestätigt.

794. Der für den Wettbewerbsverstoss festzusetzende Sanktionsbetrag ist entgegen dem ursprünglichen Betrag in der Höhe von 219'861'720.-CHF auf einen Betrag in der Höhe von 186'036'840.- CHF und damit um 15% zu reduzieren. Ziff. 3 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung ist entsprechend anzupassen.

795. Die selbständige Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung in der angefochtenen Verfügung ist aufgrund eines im Laufe des Verfahrens ergangenen Urteils des Bundesgerichts (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk) nicht zulässig (vgl. E. 381 f.). Ziff. 1 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung ist demzufolge aufzuheben. Die Aufhebung erlangt im vorliegenden Verfahren allerdings keine selbstständige inhaltliche Bedeutung. Dies auch deshalb, weil die marktbeherrschende Stellung der Swisscom-Gruppe auf dem Grosshandelsmarkt für Breitbandinternetprodukte für das Jahr 2007 bereits durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Sachen Marktzugang schneller Bitstrom im Februar 2009 (vgl. SV K.e) rechtsverbindlich festgestellt worden war.

796. Aufgrund eines im Laufe des Verfahrens ergangenen Urteils des Bundesgerichts (BGE 137 II 199, Terminierung Mobilfunk) ist die Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens im Dispositiv grundsätzlich weder geboten noch zulässig (vgl. E. 381 f.). Ziff. 2 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung ist demzufolge ebenfalls aufzuheben. Auch diese Aufhebung erlangt im vorliegenden Verfahren allerdings keine selbstständige inhaltliche Bedeutung.

797. Das vorliegende Urteil hat keine Auswirkung auf die vorgenommene Verlegung der vorinstanzlichen Verfahrenskosten (vgl. E. 789 f.). Ziff. 4 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung bleibt demzufolge bestehen.

798. Der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die Rechtsmittelbelehrung nicht in das Dispositiv aufzunehmen ist, weil sie durch eine Beschwerdeentscheidung weder aufgehoben noch bestätigt werden muss und sie daher kein Bestandteil der Entscheidformel ist. Auf eine Aufhebung der Ziff. 5 des Dispositivs der angefochtenen Verfügung wird allerdings verzichtet, weil dieser Umstand im vorliegenden Verfahren keine selbstständige inhaltliche Bedeutung erlangt und die Beschwerdeführerinnen keinen entsprechenden Antrag gestellt haben.

799. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Beschwerdeführerinnen mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen unterliegen, wobei der Anteil des Unterliegens 85% beträgt.

XI. Verfahrenskosten und Parteientschädigung

800. Die Auferlegung der Verfahrenskosten - die sich aus Gerichtsgebühr und Auslagen zusammensetzen - sowie die Zusprechung einer Parteientschädigung richten sich nach den Bestimmungen des Reglements des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE, SR 173.320.2) sowie den allgemeinen Bestimmungen von Art. 63 und 64 VwVG.

801. Gemäss Art. 2 Abs. 1 VGKE bemisst sich die Gerichtsgebühr nach Umfang und Schwere der Streitigkeit, der Art der Prozessführung und der finanziellen Lage der Parteien, wobei die Art. 3 und 4 VGKE Rahmengebühren für bestimmte Angelegenheiten vorgeben. Gemäss Art. 2 Abs. 2 VGKE kann das Gericht über die Höchstbeträge der Rahmengebühren hinausgehen, wenn besondere Gründe, namentlich eine mutwillige Prozessführung oder ein ausserordentlicher Aufwand, eine Erhöhung rechtfertigen. Vorliegend ist davon auszugehen, dass eine besondere Angelegenheit nach Umfang und Schwere vorlag, die einen ausserordentlichen Aufwand für ihre sachgerechte Bearbeitung erforderte. Allerdings kann der in Art. 63 Abs. 4bis VwVG festgesetzte Höchstbetrag von 50'000.-CHF in keinem Fall überschritten werden (vgl. Kiener/Rütsche/Kuhn, Verfahrensrecht, Rn. 1567; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 4.22a). Die Gerichtsgebühr ist demzufolge entsprechend dem Höchstbetrag der Rahmengebühr für vermögensrechtliche Streitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als 5 Mio. CHF gemäss Art. 3 Abs. 2 VGKE mit einem Betrag in der Höhe von 50'000.- CHF festzusetzen.

802. Gemäss Art. 63 Abs. 1 VwVG hat das Bundesverwaltungsgericht die Verfahrenskosten entsprechend dem Unterliegerprinzip der unterliegenden Partei aufzuerlegen. Unterliegt eine Partei nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. In diesem Falle sind die Kosten aufgrund eines allgemeinen prozessualen Grundsatzes im Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen (vgl. BGE 132 II 47 E. 3.3; BVGer, 9.6.2011, A-5979/2010, Swisscom (Schweiz) AG gg. ComCom, E. 4.2; Beusch Michael, in: Auer/Müller/Schindler [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2008, zit. VwVG, Art. 63 Rn. 11).

803. Die Beschwerdeführerinnen unterliegen mit ihrer Beschwerde im Wesentlichen, wobei der Anteil des Unterliegens 85% beträgt. Die Gerichtsgebühr ist demzufolge mit einem Betrag in der Höhe von 42'500.-CHF festzusetzen.

804. Gemäss Art. 64 Abs. 1 VwVG ist einer ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren hin eine Entschädigung für die ihr erwachsenen notwendigen und verhältnismässig hohen Kosten zuzusprechen (vgl. BVGE 2010/14 E. 8.2.1). Ausgenommen hiervon sind Bundesbehörden, denen gemäss Art. 7 Abs. 3 VGKE kein Anspruch auf eine Parteientschädigung zusteht. Parteikosten sind dann als notwendig zu qualifizieren, wenn sie für eine sachgerechte und wirksame Rechtsverfolgung unerlässlich erscheinen (vgl. BVGer, 29.01.2015, B-7307/2014, Bietergemeinschaft X gg. AlpTransit Gotthard AG, o. E. [S. 5 f.]; BVGer, 4.10.2007, D-2572/2007, A. u.a. gg. Bundesamt für Mi-gration, E. 4; Moser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 4.68).

805. Die Parteientschädigung umfasst gemäss Art. 8 VGKE die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei. Als Kosten der Vertretung gelten gemäss Art. 9 VGKE zum einen das Anwaltshonorar oder die Entschädigung für eine nicht berufsmässige Vertretung, für welche Art. 10 VGKE weitere Regelungen zur inhaltlichen Bestimmung statuiert, sowie die Auslagen der Vertretung insbesondere in Form von Reise-, Verpflegungs-, Übernachtungs-, Kopier-, Post- und Telefonkosten, deren inhaltliche Spezifizierung durch Art. 11 VGKE erfolgt. Allfällige weitere Auslagen umfassen gemäss Art. 12 VGKE Spesen einer Partei im Umfang von Art. 11 VGKE, soweit sie 100.- CHF übersteigen, sowie unter gewissen Umständen den Verdienstausfall einer Partei.

806. Die Beschwerdeführerinnen wurden im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Mitarbeiter des Konzernrechtsdiensts vertreten. Gemäss Art. 9 Abs. 2 VGKE ist für Vertreter, die in einem Arbeitsverhältnis zur vertretenen Partei stehen, keine Entschädigung geschuldet. Die Beschwerdeführerinnen machen eine Parteientschädigung in der Höhe von 191'226.40 CHF inklusive Mehrwertsteuer geltend, die sich aus den Honorarnoten für das ergänzende Rechtsgutachten Niggli/Riedo in der Höhe von 52'500.- CHF sowie für die Beiziehung eines externen Rechtsanwalts zur internen Abklärung von Rechtsfragen in der Höhe von 138'726.40 CHF zusammensetzen.

807. Die Regelungen der VGKE zur Parteientschädigung sehen nicht vor, dass von einer Partei in Auftrag gegebene Parteigutachten zu entschädigen sind. Aufgrund des im Verwaltungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes sowie der juristischen Fachkompetenz des Gerichts sind jedenfalls Honorare für Rechtsgutachten grundsätzlich nicht als notwendige Parteikosten zu qualifizieren. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die im Gutachten geltend gemachten Rechtspositionen von der Vorinstanz vollumfänglich bestritten sowie durch vorgängige Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesgerichts nicht anerkannt wurden und auch im vorliegenden Verfahren keine wesentliche inhaltliche Berücksichtigung finden. Auch unter Beachtung der von den Beschwerdeführerinnen angeführten Verfahren in anderen Rechtsbereichen, bei denen eine Entschädigung für Parteigutachten zugesprochen wurde (vgl. BGE 115 V 62 E. 5d; BGer, 28.4.2008, 9C 544/ 2007, M. gg. Office AI pour les assurés résident à l´étranger, E. 6.1; zustimmendMoser/Beusch/Kneubühler, Prozessieren, Rn. 4.80), ergibt sich keine andere Beurteilung. Das geltend gemachte Honorar für das Rechtsgutachten Niggli/Riedo ist daher nicht zu erstatten.

808. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts bei der Bearbeitung der Angelegenheit auf Seiten eines Beschwerdeführers ist gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a VGKE dann erstattungsfähig, wenn der Rechtsanwalt die Partei im Rahmen des Verfahrens vor Gericht vertritt. Die Beiziehung eines Rechtsanwalts zur unternehmensinternen Bearbeitung der Angelegenheit stellt keine verfahrensrechtliche Vertretung einer Partei gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. a VGKE dar. Die interne Beiziehung eines Rechtsanwalts kann im Hinblick auf eine allfällige Entschädigungspflicht durch die anderen Verfahrensbeteiligten auch nicht als sachdienlich erachtet werden. Denn unter diesen Umständen ist von vornherein weder feststellbar noch gesichert, dass dessen Tätigkeit für die Rechtsverfolgung unerlässlich ist, weil keinerlei Kenntnis über die von ihm tatsächlich vorgenommene Bearbeitung und Beurteilung der Angelegenheit erlangt wird. Das Honorar für die interne Beiziehung eines Rechtsanwalts ist daher nicht zu erstatten. Dies gilt auch für die damit in Zusammenhang stehenden und geltend gemachten Kosten.

809. Den Beschwerdeführerinnen ist demzufolge keine Parteientschädigung zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesverwaltungsgericht:

1.
Die Beschwerde gegen die Verfügung der Wettbewerbskommission vom 19. Oktober 2009 in Sachen Preispolitik Swisscom ADSL (32-0198) wird teilweise gutgeheissen.

2.
Ziff. 1 des Dispositivs der in Ziff. 1 genannten Verfügung wird aufgehoben.

3.
Ziff. 2 des Dispositivs der in Ziff. 1 genannten Verfügung wird aufgehoben.

4.
Ziff. 3 des Dispositivs der in Ziff. 1 genannten Verfügung wird abgeändert und wie folgt neu formuliert:
"Die Swisscom AG und die Swisscom (Schweiz) AG werden zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung mit einem Betrag in der Höhe von 186'036'840.- CHF belastet.

5.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

6.
Von den Kosten des vorliegenden Verfahrens wird der Swisscom AG und der Swisscom (Schweiz) AG zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung ein Betrag in der Höhe von 42'500.- CHF auferlegt, welcher nach Rechtskraft dieses Urteils mit den geleisteten Kostenvorschüssen in der Höhe von insgesamt 50'000.- CHF verrechnet wird. Der Swisscom AG und der Swisscom (Schweiz) AG ist der Differenzbetrag in der Höhe von 7'500.- CHF innert 30 Tagen nach Rechtskraft des Urteils auf das von ihnen anzugebende Konto zu überweisen.

7.
Der Swisscom AG und der Swisscom (Schweiz) AG werden für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht keine Parteientschädigung zugesprochen.

Dieses Urteil geht an:

- die Beschwerdeführerinnen (per Kurier;
Beilagen: 2 Rückerstattungsformulare);

- die Vorinstanz (Ref-Nr. 32-0198; per Kurier).

Für die Rechtsmittelbelehrung wird auf die nächste Seite verwiesen.

Der vorsitzende Richter: Der Gerichtsschreiber:

Stephan Breitenmoser Ralf Straub

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tage nach Eröffnung beim Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten geführt werden (Art. 82 ff., 90 ff. und 100 des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005 [BGG, SR 173.110]). Die Rechtsschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Der angefochtene Entscheid und die Beweismittel sind, soweit sie der Beschwerdeführer in Händen hat, beizulegen (Art. 42 BGG).

Versand: 6. Oktober 2015
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : B-7633/2009
Datum : 14. September 2015
Publiziert : 17. November 2015
Quelle : Bundesverwaltungsgericht
Status : Publiziert als BVGE-2022-IV-6
Sachgebiet : Kartellrecht
Gegenstand : Sanktionsverfügung - Preispolitik Swisscom ADSL


Gesetzesregister
BGG: 42 
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 42 Rechtsschriften - 1 Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
1    Rechtsschriften sind in einer Amtssprache abzufassen und haben die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten.
2    In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt oder aus anderen Gründen ein besonders bedeutender Fall vorliegt, so ist auszuführen, warum die jeweilige Voraussetzung erfüllt ist. 14 15
3    Die Urkunden, auf die sich die Partei als Beweismittel beruft, sind beizulegen, soweit die Partei sie in Händen hat; richtet sich die Rechtsschrift gegen einen Entscheid, so ist auch dieser beizulegen.
4    Bei elektronischer Einreichung muss die Rechtsschrift von der Partei oder ihrem Vertreter beziehungsweise ihrer Vertreterin mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201616 über die elektronische Signatur versehen werden. Das Bundesgericht bestimmt in einem Reglement:
a  das Format der Rechtsschrift und ihrer Beilagen;
b  die Art und Weise der Übermittlung;
c  die Voraussetzungen, unter denen bei technischen Problemen die Nachreichung von Dokumenten auf Papier verlangt werden kann.17
5    Fehlen die Unterschrift der Partei oder ihrer Vertretung, deren Vollmacht oder die vorgeschriebenen Beilagen oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels angesetzt mit der Androhung, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt.
6    Unleserliche, ungebührliche, unverständliche, übermässig weitschweifige oder nicht in einer Amtssprache verfasste Rechtsschriften können in gleicher Weise zur Änderung zurückgewiesen werden.
7    Rechtsschriften, die auf querulatorischer oder rechtsmissbräuchlicher Prozessführung beruhen, sind unzulässig.
82
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden:
a  gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts;
b  gegen kantonale Erlasse;
c  betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen.
BV: 5 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
1    Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht.
2    Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein.
3    Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben.
4    Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.
8 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
1    Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
2    Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.
3    Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.
4    Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor.
9 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 9 Schutz vor Willkür und Wahrung von Treu und Glauben - Jede Person hat Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne Willkür und nach Treu und Glauben behandelt zu werden.
29 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
30 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 30 Gerichtliche Verfahren - 1 Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
1    Jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, hat Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes, zuständiges, unabhängiges und unparteiisches Gericht. Ausnahmegerichte sind untersagt.
2    Jede Person, gegen die eine Zivilklage erhoben wird, hat Anspruch darauf, dass die Sache vom Gericht des Wohnsitzes beurteilt wird. Das Gesetz kann einen anderen Gerichtsstand vorsehen.
3    Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung sind öffentlich. Das Gesetz kann Ausnahmen vorsehen.
31 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
1    Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden.
2    Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen.
3    Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist.
4    Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs.
32 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
35 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte - 1 Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
1    Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen.
2    Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.
3    Die Behörden sorgen dafür, dass die Grundrechte, soweit sie sich dazu eignen, auch unter Privaten wirksam werden.
170 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 170 Überprüfung der Wirksamkeit - Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass die Massnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit überprüft werden.
178 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 178 Bundesverwaltung - 1 Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
1    Der Bundesrat leitet die Bundesverwaltung. Er sorgt für ihre zweckmässige Organisation und eine zielgerichtete Erfüllung der Aufgaben.
2    Die Bundesverwaltung wird in Departemente gegliedert; jedem Departement steht ein Mitglied des Bundesrates vor.
3    Verwaltungsaufgaben können durch Gesetz Organisationen und Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts übertragen werden, die ausserhalb der Bundesverwaltung stehen.
191a
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 191a Weitere richterliche Behörden des Bundes - 1 Der Bund bestellt ein Strafgericht; dieses beurteilt erstinstanzlich Straffälle, die das Gesetz der Gerichtsbarkeit des Bundes zuweist. Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesstrafgerichts begründen.
1    Der Bund bestellt ein Strafgericht; dieses beurteilt erstinstanzlich Straffälle, die das Gesetz der Gerichtsbarkeit des Bundes zuweist. Das Gesetz kann weitere Zuständigkeiten des Bundesstrafgerichts begründen.
2    Der Bund bestellt richterliche Behörden für die Beurteilung von öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Zuständigkeitsbereich der Bundesverwaltung.
3    Das Gesetz kann weitere richterliche Behörden des Bundes vorsehen.
BZP: 37 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 37 - Der Richter ist an die von den Parteien angebotenen Beweismittel nicht gebunden; er berücksichtigt nur die notwendigen. Er kann auch von den Parteien nicht angebotene Beweismittel beiziehen.
39 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 39 - Im Ausland notwendige Beweisaufnahmen sind im Wege der Rechtshilfe herbeizuführen. Kann der Beweis durch einen schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertreter aufgenommen werden, so ist das Ersuchen an diesen zu richten.
41 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 41 - Zur Sicherung gefährdeter Beweise trifft der Instruktionsrichter die geeigneten Vorkehren. Beweissicherung vor Einreichung der Klage ist Sache der kantonalen Gerichtsbarkeit.
42 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 42
1    Das Zeugnis kann verweigert werden:
a  von folgenden Personen, wenn die Beantwortung der Frage sie der Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung oder einer schweren Benachteiligung der Ehre aussetzen kann oder ihnen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde:
abis  von Personen, gegen die nach Artikel 28a des Strafgesetzbuchs20 für die Verweigerung des Zeugnisses keine Strafen oder prozessualen Massnahmen verhängt werden dürfen;
a1  dem Zeugen, seinem Ehegatten, seiner eingetragenen Partnerin, seinem eingetragenen Partner oder einer Person, mit der er eine faktische Lebensgemeinschaft führt,
a2  Verwandten oder Verschwägerten des Zeugen in gerader Linie und im zweiten Grad der Seitenlinie;
b  von den in Artikel 321 Ziffer 1 des Strafgesetzbuches genannten Personen über Tatsachen, die nach dieser Vorschrift unter das Berufsgeheimnis fallen, sofern der Berechtigte nicht in die Offenbarung des Geheimnisses eingewilligt hat.
2    Die Offenbarung anderer Berufsgeheimnisse sowie eines Geschäftsgeheimnisses kann der Richter dem Zeugen erlassen, wenn dessen Interesse an der Geheimhaltung auch bei Berücksichtigung der Sicherungsmassnahmen gemäss Artikel 38 das Interesse des Beweisführers an der Preisgabe überwiegt.
3    Für die Zeugnispflicht von Beamten und deren Hilfspersonen über Wahrnehmungen in Ausübung ihres Amtes oder ihrer Hilfstätigkeit sind die einschränkenden Vorschriften des Verwaltungsrechtes des Bundes und der Kantone massgebend.21
43 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 43 - In der Zeugenvorladung ist der Gegenstand der Einvernahme summarisch zu bezeichnen. Auf den Entschädigungsanspruch des Zeugen und die Folgen unentschuldigten Ausbleibens ist hinzuweisen.
52 
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 52
1    Die Urkunde ist im Original, in beglaubigter Abschrift, in Fotokopie oder elektronischer Kopie vorzulegen. Der Richter kann das Original verlangen.26
2    Die Teile, die nicht dem Beweise dienen, können mit Ermächtigung des Richters durch Versiegeln oder auf andere Weise der Einsicht des Richters und der Parteien entzogen werden.
61
SR 273 Bundesgesetz vom 4. Dezember 1947 über den Bundeszivilprozess
BZP Art. 61 - Der Sachverständige hat Anspruch auf Vergütung seiner Auslagen sowie auf ein Honorar nach freiem Ermessen des Richters.
DBG: 175
SR 642.11 Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG)
DBG Art. 175 Vollendete Steuerhinterziehung - 1 Wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist,
1    Wer als Steuerpflichtiger vorsätzlich oder fahrlässig bewirkt, dass eine Veranlagung zu Unrecht unterbleibt oder dass eine rechtskräftige Veranlagung unvollständig ist,
2    Die Busse beträgt in der Regel das Einfache der hinterzogenen Steuer. Sie kann bei leichtem Verschulden bis auf einen Drittel ermässigt, bei schwerem Verschulden bis auf das Dreifache erhöht werden.
3    Zeigt die steuerpflichtige Person erstmals eine Steuerhinterziehung selbst an, so wird von einer Strafverfolgung abgesehen (straflose Selbstanzeige), wenn:
a  die Hinterziehung keiner Steuerbehörde bekannt ist;
b  sie die Verwaltung bei der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützt; und
c  sie sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bemüht.265
4    Bei jeder weiteren Selbstanzeige wird die Busse unter den Voraussetzungen nach Absatz 3 auf einen Fünftel der hinterzogenen Steuer ermässigt.266
EMRK: 6 
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
7 
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 7 Keine Strafe ohne Gesetz - (1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Es darf auch keine schwerere als die zur Zeit der Begehung angedrohte Strafe verhängt werden.
29
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 29 Entscheidungen der Kammern über die Zulässigkeit und Begründetheit
FDV: 16
SR 784.101.1 Verordnung vom 9. März 2007 über Fernmeldedienste (FDV)
FDV Art. 16 Anschluss - 1 Die Dienste nach Artikel 15 Absatz 1 sind mittels eines Anschlusses bis zum Netzabschlusspunkt im Innern der Wohn- oder Geschäftsräume der Kundin oder des Kunden bereitzustellen. Die Grundversorgungskonzessionärin bestimmt, welche technologische Lösung sie einsetzt.
1    Die Dienste nach Artikel 15 Absatz 1 sind mittels eines Anschlusses bis zum Netzabschlusspunkt im Innern der Wohn- oder Geschäftsräume der Kundin oder des Kunden bereitzustellen. Die Grundversorgungskonzessionärin bestimmt, welche technologische Lösung sie einsetzt.
2    Das BAKOM bestimmt die Spezifikationen für den Netzabschlusspunkt aufgrund international harmonisierter Normen.
FMG: 3 
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 3 Begriffe - In diesem Gesetz bedeuten:
a  Informationen: für Menschen, andere Lebewesen oder Maschinen bestimmte Zeichen, Signale, Schriftzeichen, Bilder, Laute und Darstellungen jeder anderen Art;
b  Fernmeldedienst: fernmeldetechnische Übertragung von Informationen für Dritte;
c  fernmeldetechnische Übertragung: elektrisches, magnetisches, optisches oder anderes elektromagnetisches Senden oder Empfangen von Informationen über Leitungen oder Funk;
cbis  öffentlicher Telefondienst: Fernmeldedienst zur Sprachübertragung in Echtzeit mittels eines oder mehrerer Adressierungselemente, die in einem nationalen oder internationalen Nummerierungsplan dafür vorgesehen sind;
cter  Mehrwertdienst: Dienstleistung, die über einen Fernmeldedienst erbracht und den Kundinnen und Kunden von ihrer Anbieterin von Fernmeldediensten zusätzlich zu Fernmeldediensten in Rechnung gestellt wird;
d  Fernmeldeanlagen: Geräte, Leitungen oder Einrichtungen, die zur fernmeldetechnischen Übertragung von Informationen bestimmt sind oder benutzt werden;
dbis  ...
e  Interkonnektion: Herstellung des Zugangs durch die Verbindung der Anlagen und Dienste zweier Anbieterinnen von Fernmeldediensten, damit ein fernmeldetechnisches und logisches Zusammenwirken der verbundenen Teile und Dienste sowie der Zugang zu Diensten Dritter ermöglicht wird;
ebis  Mietleitungen: Bereitstellung von transparenten Übertragungskapazitäten über Punkt-zu-Punkt-Verbindungen;
eter  Kabelkanalisationen: unterirdische Rohre, in welche die Leitungen zur fernmeldetechnischen Übertragung von Informationen eingezogen sind, einschliesslich der Zugangsschächte;
f  Adressierungselement: Abfolge von Ziffern, Buchstaben oder Zeichen oder andere Informationen zur Identifikation von Personen, Computerprozessen, Maschinen, Geräten oder Fernmeldeanlagen, die an einem fernmeldetechnischen Kommunikationsvorgang beteiligt sind;
g  Verzeichnisdaten: Angaben, die eine Kundin oder einen Kunden in Bezug auf ein individuell zugewiesenes Adressierungselement identifizieren oder kennzeichnen und die für die Veröffentlichung eines Verzeichnisses bestimmt oder für die Erbringung eines Fernmeldedienstes erforderlich sind;
h  Radio- und Fernsehprogramm: eine Folge von Sendungen im Sinne von Artikel 2 RTVG17.
4 
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 4 Registrierung von Anbieterinnen von Fernmeldediensten - 1 Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) registriert Anbieterinnen von Fernmeldediensten, die eine der folgenden für die Erbringung von Fernmeldediensten bestimmten Ressourcen nutzen:
1    Das Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) registriert Anbieterinnen von Fernmeldediensten, die eine der folgenden für die Erbringung von Fernmeldediensten bestimmten Ressourcen nutzen:
a  Funkfrequenzen, deren Nutzung eine Konzession voraussetzt;
b  Adressierungselemente, die auf nationaler Ebene verwaltet werden.
2    Registrierte Anbieterinnen dürfen die Nutzung von Ressourcen nach Absatz 1 anderen Anbieterinnen von Fernmeldediensten nur dann gestatten, wenn diese sich vorgängig registriert haben.
3    Das BAKOM führt und veröffentlicht eine Liste der registrierten Anbieterinnen und der von diesen angebotenen Fernmeldedienste.
4    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten der Registrierung.
11 
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11 Gewährung des Zugangs durch marktbeherrschende Anbieterinnen - 1 Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
1    Marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten müssen anderen Anbieterinnen auf transparente und nicht diskriminierende Weise zu kostenorientierten Preisen in folgenden Formen Zugang zu ihren Einrichtungen und Diensten gewähren:26
a  den vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss zur Nutzung des gesamten Frequenzspektrums der Doppelader-Metallleitung;
2    Sie müssen die Bedingungen und Preise für ihre einzelnen Zugangsdienstleistungen gesondert ausweisen.
3    Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.
4    Anbieterinnen von Fernmeldediensten stellen dem BAKOM29 eine Kopie ihrer Vereinbarung über den Zugang zu. Soweit keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen, gewährt das BAKOM Einsicht in die Vereinbarungen.
5    Keine Pflicht zum Zugang besteht für die Verbreitung von Radio- und Fernsehprogrammen.
11a 
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 11a Streitigkeiten über den Zugang - 1 Einigen sich die Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht innerhalb von drei Monaten über die Bedingungen des Zugangs, so verfügt die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) diese auf Gesuch einer Partei und auf Antrag des BAKOM.31 Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Bedingungen, die einen wirksamen Wettbewerb fördern, sowie die Auswirkungen ihres Entscheides auf konkurrierende Einrichtungen. Sie kann einstweiligen Rechtsschutz gewähren.
1    Einigen sich die Anbieterinnen von Fernmeldediensten nicht innerhalb von drei Monaten über die Bedingungen des Zugangs, so verfügt die Eidgenössische Kommunikationskommission (ComCom) diese auf Gesuch einer Partei und auf Antrag des BAKOM.31 Dabei berücksichtigt sie insbesondere die Bedingungen, die einen wirksamen Wettbewerb fördern, sowie die Auswirkungen ihres Entscheides auf konkurrierende Einrichtungen. Sie kann einstweiligen Rechtsschutz gewähren.
2    Ist die Frage der Marktbeherrschung zu beurteilen, so konsultiert das BAKOM die Wettbewerbskommission. Diese kann ihre Stellungnahme veröffentlichen.
3    Die ComCom32 entscheidet innerhalb von sieben Monaten nach Gesuchseingang.
4    Sie regelt die Art und die Form der Rechnungslegungs- und Finanzinformationen, die marktbeherrschende Anbieterinnen von Fernmeldediensten im Verfahren nach Absatz 1 vorlegen müssen.
16
SR 784.10 Fernmeldegesetz vom 30. April 1997 (FMG)
FMG Art. 16 - 1 Die Konzessionärin der Grundversorgung erbringt in ihrem Konzessionsgebiet auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik und nachfrageorientiert einen oder mehrere der folgenden Dienste:55
1    Die Konzessionärin der Grundversorgung erbringt in ihrem Konzessionsgebiet auf dem jeweils aktuellen Stand der Technik und nachfrageorientiert einen oder mehrere der folgenden Dienste:55
a  den öffentlichen Telefondienst, nämlich die fernmeldetechnische Sprachübertragung in Echtzeit, einschliesslich der fernmeldetechnischen Übertragung von Daten mit Datenraten, wie sie über die Übertragungswege für Sprache geleitet werden können, sowie den Anschluss und die Zusatzdienste;
b  den Zugang zu Notrufdiensten;
c  eine ausreichende Versorgung mit öffentlichen Sprechstellen;
d  den Zugang zu den schweizerischen Verzeichnissen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am öffentlichen Telefondienst; der Bundesrat kann vorsehen, dass eine Grundversorgungskonzessionärin ein Verzeichnis aller Kundinnen und Kunden von Diensten der Grundversorgung führt (Universalverzeichnis);
e  ....59
1bis    Die Dienste der Grundversorgung müssen so angeboten werden, dass Menschen mit Behinderungen sie in qualitativer, quantitativer und wirtschaftlicher Hinsicht unter vergleichbaren Bedingungen wie Menschen ohne Behinderungen beanspruchen können. Zu diesem Zweck hat die Konzessionärin der Grundversorgung insbesondere dafür zu sorgen, dass:
a  die öffentlichen Sprechstellen den Bedürfnissen der sensorisch oder bewegungsbehinderten Menschen entsprechen;
b  für Hörbehinderte ein Dienst für die Vermittlung und Umsetzung der Mitteilungen zur Verfügung steht;
c  für Sehbehinderte ein Auskunftsdienst und ein Vermittlungsdienst zur Verfügung steht.60
2    Der Bundesrat bestimmt die Einzelheiten. Er kann besondere Bestimmungen für Anschlüsse ausserhalb des Siedlungsgebietes vorsehen. Er kann diese Aufgaben dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) übertragen.61
3    Der Bundesrat passt den Inhalt der Grundversorgung periodisch den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen und dem Stand der Technik an.
GebV-KG: 2 
SR 251.2 Verordnung vom 25. Februar 1998 über die Gebühren zum Kartellgesetz (Gebührenverordnung KG, GebV-KG) - Gebührenverordnung KG
GebV-KG Art. 2 Gebührenpflicht - 1 Gebührenpflichtig ist, wer Verwaltungsverfahren verursacht oder Gutachten und sonstige Dienstleistungen nach Artikel 1 veranlasst.
1    Gebührenpflichtig ist, wer Verwaltungsverfahren verursacht oder Gutachten und sonstige Dienstleistungen nach Artikel 1 veranlasst.
2    ...9
3 
SR 251.2 Verordnung vom 25. Februar 1998 über die Gebühren zum Kartellgesetz (Gebührenverordnung KG, GebV-KG) - Gebührenverordnung KG
GebV-KG Art. 3 Gebührenfreiheit - 1 Behörden des Bundes und, soweit sie Gegenrecht gewähren, Kantone, Gemeinden und interkantonale Organe bezahlen keine Gebühren.10 Vorbehalten bleiben Gebühren für Gutachten.
1    Behörden des Bundes und, soweit sie Gegenrecht gewähren, Kantone, Gemeinden und interkantonale Organe bezahlen keine Gebühren.10 Vorbehalten bleiben Gebühren für Gutachten.
2    Keine Gebühren bezahlen ferner:
a  Dritte, auf deren Anzeige hin ein Verfahren nach den Artikeln 26-30 KG durchgeführt wird;
b  Beteiligte, die eine Vorabklärung verursacht haben, sofern diese keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung ergibt;
c  Beteiligte, die eine Untersuchung verursacht haben, sofern sich die zu Beginn vorliegenden Anhaltspunkte nicht erhärten und das Verfahren aus diesem Grund eingestellt wird.11
4
SR 251.2 Verordnung vom 25. Februar 1998 über die Gebühren zum Kartellgesetz (Gebührenverordnung KG, GebV-KG) - Gebührenverordnung KG
GebV-KG Art. 4 Gebührenbemessung - 1 Die Gebühr bemisst sich nach dem Zeitaufwand.
1    Die Gebühr bemisst sich nach dem Zeitaufwand.
2    Es gilt ein Stundenansatz von 100-400 Franken. Dieser richtet sich namentlich nach der Dringlichkeit des Geschäfts und der Funktionsstufe des ausführenden Personals.12
3    Für die vorläufige Prüfung gemäss Artikel 32 KG erhebt das Sekretariat statt der Gebühr nach Zeitaufwand eine Pauschalgebühr von 5000 Franken.13
4    Auslagen für Porti sowie Telefon- und Kopierkosten sind sowohl in den Gebühren nach Aufwand als auch in den Pauschalgebühren eingeschlossen.14
KG: 2 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 2 Geltungsbereich
1    Das Gesetz gilt für Unternehmen des privaten und des öffentlichen Rechts, die Kartell- oder andere Wettbewerbsabreden treffen, Marktmacht ausüben oder sich an Unternehmenszusammenschlüssen beteiligen.
1bis    Als Unternehmen gelten sämtliche Nachfrager oder Anbieter von Gütern und Dienstleistungen im Wirtschaftsprozess, unabhängig von ihrer Rechts- oder Organisationsform.6
2    Das Gesetz ist auf Sachverhalte anwendbar, die sich in der Schweiz auswirken, auch wenn sie im Ausland veranlasst werden.
3 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 3 Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften
1    Vorbehalten sind Vorschriften, soweit sie auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen Wettbewerb nicht zulassen, insbesondere Vorschriften:
a  die eine staatliche Markt- oder Preisordnung begründen;
b  die einzelne Unternehmen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit besonderen Rechten ausstatten.
2    Nicht unter das Gesetz fallen Wettbewerbswirkungen, die sich ausschliesslich aus der Gesetzgebung über das geistige Eigentum ergeben. Hingegen unterliegen Einfuhrbeschränkungen, die sich auf Rechte des geistigen Eigentums stützen, der Beurteilung nach diesem Gesetz.7
3    Verfahren zur Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen nach diesem Gesetz gehen Verfahren nach dem Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 19858 vor, es sei denn die Wettbewerbskommission und der Preisüberwacher treffen gemeinsam eine gegenteilige Regelung.
4 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 4 Begriffe
1    Als Wettbewerbsabreden gelten rechtlich erzwingbare oder nicht erzwingbare Vereinbarungen sowie aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen von Unternehmen gleicher oder verschiedener Marktstufen, die eine Wettbewerbsbeschränkung bezwecken oder bewirken.
2    Als marktbeherrschende Unternehmen gelten einzelne oder mehrere Unternehmen, die auf einem Markt als Anbieter oder Nachfrager in der Lage sind, sich von andern Marktteilnehmern (Mitbewerbern, Anbietern oder Nachfragern) in wesentlichem Umfang unabhängig zu verhalten.9
2bis    Als relativ marktmächtiges Unternehmen gilt ein Unternehmen, von dem andere Unternehmen beim Angebot oder bei der Nachfrage einer Ware oder Leistung in einer Weise abhängig sind, dass keine ausreichenden und zumutbaren Möglichkeiten bestehen, auf andere Unternehmen auszuweichen.10
3    Als Unternehmenszusammenschluss gilt:
a  die Fusion von zwei oder mehr bisher voneinander unabhängigen Unternehmen;
b  jeder Vorgang, wie namentlich der Erwerb einer Beteiligung oder der Abschluss eines Vertrages, durch den ein oder mehrere Unternehmen unmittelbar oder mittelbar die Kontrolle über ein oder mehrere bisher unabhängige Unternehmen oder Teile von solchen erlangen.
5 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 5 Unzulässige Wettbewerbsabreden
1    Abreden, die den Wettbewerb auf einem Markt für bestimmte Waren oder Leistungen erheblich beeinträchtigen und sich nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz rechtfertigen lassen, sowie Abreden, die zur Beseitigung wirksamen Wettbewerbs führen, sind unzulässig.
2    Wettbewerbsabreden sind durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt, wenn sie:
a  notwendig sind, um die Herstellungs- oder Vertriebskosten zu senken, Produkte oder Produktionsverfahren zu verbessern, die Forschung oder die Verbreitung von technischem oder beruflichem Wissen zu fördern oder um Ressourcen rationeller zu nutzen; und
b  den beteiligten Unternehmen in keinem Fall Möglichkeiten eröffnen, wirksamen Wettbewerb zu beseitigen.
3    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird bei folgenden Abreden vermutet, sofern sie zwischen Unternehmen getroffen werden, die tatsächlich oder der Möglichkeit nach miteinander im Wettbewerb stehen:
a  Abreden über die direkte oder indirekte Festsetzung von Preisen;
b  Abreden über die Einschränkung von Produktions-, Bezugs- oder Liefermengen;
c  Abreden über die Aufteilung von Märkten nach Gebieten oder Geschäftspartnern.
4    Die Beseitigung wirksamen Wettbewerbs wird auch vermutet bei Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- oder Festpreise sowie bei Abreden in Vertriebsverträgen über die Zuweisung von Gebieten, soweit Verkäufe in diese durch gebietsfremde Vertriebspartner ausgeschlossen werden.11
7 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 7
1    Marktbeherrschende und relativ marktmächtige Unternehmen verhalten sich unzulässig, wenn sie durch den Missbrauch ihrer Stellung auf dem Markt andere Unternehmen in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindern oder die Marktgegenseite benachteiligen.14
2    Als solche Verhaltensweisen fallen insbesondere in Betracht:
a  die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen (z. B. die Liefer- oder Bezugssperre);
b  die Diskriminierung von Handelspartnern bei Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
c  die Erzwingung unangemessener Preise oder sonstiger unangemessener Geschäftsbedingungen;
d  die gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Unterbietung von Preisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
e  die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung;
f  die an den Abschluss von Verträgen gekoppelte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen oder erbringen;
g  die Einschränkung der Möglichkeit der Nachfrager, Waren oder Leistungen, die in der Schweiz und im Ausland angeboten werden, im Ausland zu den dortigen Marktpreisen und den dortigen branchenüblichen Bedingungen zu beziehen.
9 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 9 Meldung von Zusammenschlussvorhaben
1    Vorhaben über Zusammenschlüsse von Unternehmen sind vor ihrem Vollzug der Wettbewerbskommission zu melden, sofern im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss:
a  die beteiligten Unternehmen einen Umsatz von insgesamt mindestens 2 Milliarden Franken oder einen auf die Schweiz entfallenden Umsatz von insgesamt mindestens 500 Millionen Franken erzielten; und
b  mindestens zwei der beteiligten Unternehmen einen Umsatz in der Schweiz von je mindestens 100 Millionen Franken erzielten.
2    ...16
3    Bei Versicherungsgesellschaften treten an die Stelle des Umsatzes die jährlichen Bruttoprämieneinnahmen, bei Banken und übrigen Finanzintermediären die Bruttoerträge, sofern sie den Rechnungslegungsvorschriften gemäss dem Bankengesetz vom 8. November 193417 (BankG) unterstellt sind.18
4    Die Meldepflicht besteht ungeachtet der Absätze 1-3, wenn am Zusammenschluss ein Unternehmen beteiligt ist, für welches in einem Verfahren nach diesem Gesetz rechtskräftig festgestellt worden ist, dass es in der Schweiz auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung hat, und der Zusammenschluss diesen Markt oder einen solchen betrifft, der ihm vor- oder nachgelagert oder benachbart ist.
5    Die Bundesversammlung kann mit allgemeinverbindlichem, nicht referendumspflichtigem Bundesbeschluss:
a  die Grenzbeträge in den Absätzen 1-3 den veränderten Verhältnissen anpassen;
b  für die Meldepflicht von Unternehmenszusammenschlüssen in einzelnen Wirtschaftszweigen besondere Voraussetzungen schaffen.
10 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 10 Beurteilung von Zusammenschlüssen
1    Meldepflichtige Zusammenschlüsse unterliegen der Prüfung durch die Wettbewerbskommission, sofern sich in einer vorläufigen Prüfung (Art. 32 Abs. 1) Anhaltspunkte ergeben, dass sie eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken.
2    Die Wettbewerbskommission kann den Zusammenschluss untersagen oder ihn mit Bedingungen und Auflagen zulassen, wenn die Prüfung ergibt, dass der Zusammenschluss:
a  eine marktbeherrschende Stellung, durch die wirksamer Wettbewerb beseitigt werden kann, begründet oder verstärkt; und
b  keine Verbesserung der Wettbewerbsverhältnisse in einem anderen Markt bewirkt, welche die Nachteile der marktbeherrschenden Stellung überwiegt.
3    Bei Zusammenschlüssen von Banken im Sinne des BankG19, die der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) aus Gründen des Gläubigerschutzes als notwendig erscheinen, können die Interessen der Gläubiger vorrangig berücksichtigt werden. In diesen Fällen tritt die FINMA an die Stelle der Wettbewerbskommission; sie lädt die Wettbewerbskommission zur Stellungnahme ein.20
4    Bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf die Wirksamkeit des Wettbewerbs berücksichtigt die Wettbewerbskommission auch die Marktentwicklung sowie die Stellung der Unternehmen im internationalen Wettbewerb.
12 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 12 Ansprüche aus Wettbewerbsbehinderung
1    Wer durch eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder Ausübung des Wettbewerbs behindert wird, hat Anspruch auf:
a  Beseitigung oder Unterlassung der Behinderung;
b  Schadenersatz und Genugtuung nach Massgabe des Obligationenrechts21;
c  Herausgabe eines unrechtmässig erzielten Gewinns nach Massgabe der Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
2    Als Wettbewerbsbehinderung fallen insbesondere die Verweigerung von Geschäftsbeziehungen sowie Diskriminierungsmassnahmen in Betracht.
3    Die in Absatz 1 genannten Ansprüche hat auch, wer durch eine zulässige Wettbewerbsbeschränkung über das Mass hinaus behindert wird, das zur Durchsetzung der Wettbewerbsbeschränkung notwendig ist.
18 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 18 Wettbewerbskommission
1    Der Bundesrat bestellt die Wettbewerbskommission und bezeichnet die Mitglieder des Präsidiums.24
2    Die Wettbewerbskommission besteht aus 11-15 Mitgliedern. Die Mehrheit der Mitglieder müssen unabhängige Sachverständige sein.
2bis    Die Mitglieder der Wettbewerbskommission legen ihre Interessen in einem Interessenbindungsregister offen.25
3    Die Wettbewerbskommission trifft die Entscheide und erlässt die Verfügungen, die nicht ausdrücklich einer anderen Behörde vorbehalten sind. Sie gibt Empfehlungen (Art. 45 Abs. 2) und Stellungnahmen (Art. 46 Abs. 2) an die politischen Behörden ab und erstattet Gutachten (Art. 47 Abs. 1).
19 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 19 Organisation
1    Die Wettbewerbskommission ist von den Verwaltungsbehörden unabhängig. Sie kann sich in Kammern mit selbständiger Entscheidungsbefugnis gliedern. Sie kann ein Mitglied des Präsidiums im Einzelfall ermächtigen, dringliche Fälle oder Fälle untergeordneter Bedeutung direkt zu erledigen.
2    Die Wettbewerbskommission ist administrativ dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF)26 zugeordnet.
26 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 26 Vorabklärung
1    Das Sekretariat kann Vorabklärungen von Amtes wegen, auf Begehren von Beteiligten oder auf Anzeige von Dritten hin durchführen.
2    Das Sekretariat kann Massnahmen zur Beseitigung oder Verhinderung von Wettbewerbsbeschränkungen anregen.
3    Im Verfahren der Vorabklärung besteht kein Recht auf Akteneinsicht.
26bis  27 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 27 Eröffnung einer Untersuchung
1    Bestehen Anhaltspunkte für eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung, so eröffnet das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums eine Untersuchung. Eine Untersuchung wird in jedem Fall eröffnet, wenn das Sekretariat von der Wettbewerbskommission oder vom WBF damit beauftragt wird.28
2    Die Wettbewerbskommission entscheidet, welche der eröffneten Untersuchungen vorrangig zu behandeln sind.
30 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 30 Entscheid
1    Die Wettbewerbskommission entscheidet auf Antrag des Sekretariats mit Verfügung über die zu treffenden Massnahmen oder die Genehmigung einer einvernehmlichen Regelung.
2    Die am Verfahren Beteiligten können schriftlich zum Antrag des Sekretariats Stellung nehmen. Die Wettbewerbskommission kann eine Anhörung beschliessen und das Sekretariat mit zusätzlichen Untersuchungsmassnahmen beauftragen.
3    Haben sich die tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse wesentlich geändert, so kann die Wettbewerbskommission auf Antrag des Sekretariats oder der Betroffenen den Entscheid widerrufen oder ändern.
39 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 39 Grundsatz - Auf die Verfahren sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196833 anwendbar, soweit dieses Gesetz nicht davon abweicht.
40 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 40 Auskunftspflicht - Beteiligte an Abreden, marktmächtige Unternehmen, Beteiligte an Zusammenschlüssen sowie betroffene Dritte haben den Wettbewerbsbehörden alle für deren Abklärungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die notwendigen Urkunden vorzulegen. Das Recht zur Verweigerung der Auskunft richtet sich nach den Artikeln 16 und 17 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vom 20. Dezember 196834 35.
42 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 42 Untersuchungsmassnahmen
1    Die Wettbewerbsbehörden können Dritte als Zeugen einvernehmen und die von einer Untersuchung Betroffenen zur Beweisaussage verpflichten. Artikel 64 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194737 über den Bundeszivilprozess ist sinngemäss anwendbar.
2    Die Wettbewerbsbehörden können Hausdurchsuchungen anordnen und Beweisgegenstände sicherstellen. Für diese Zwangsmassnahmen sind die Artikel 45-50 des Bundesgesetzes vom 22. März 197438 über das Verwaltungsstrafrecht sinngemäss anwendbar. Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen werden auf Grund eines Antrages des Sekretariats von einem Mitglied des Präsidiums angeordnet.
43 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 43 Beteiligung Dritter an der Untersuchung
1    Ihre Beteiligung an der Untersuchung einer Wettbewerbsbeschränkung können anmelden:
a  Personen, die aufgrund der Wettbewerbsbeschränkung in der Aufnahme oder in der Ausübung des Wettbewerbs behindert sind;
b  Berufs- und Wirtschaftsverbände, die nach den Statuten zur Wahrung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder befugt sind, sofern sich auch Mitglieder des Verbands oder eines Unterverbands an der Untersuchung beteiligen können;
c  Organisationen von nationaler oder regionaler Bedeutung, die sich statutengemäss dem Konsumentenschutz widmen.
2    Das Sekretariat kann verlangen, dass Gruppen von mehr als fünf am Verfahren Beteiligten mit gleichen Interessen eine gemeinsame Vertretung bestellen, falls die Untersuchung sonst übermässig erschwert würde. Es kann in jedem Fall die Beteiligung auf eine Anhörung beschränken; vorbehalten bleiben die Parteirechte nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz vom 20. Dezember 196842.
3    Die Absätze 1 und 2 gelten sinngemäss auch im Verfahren der ausnahmsweisen Zulassung einer unzulässigen Wettbewerbsbeschränkung durch den Bundesrat (Art. 8).
4    Im Verfahren der Prüfung von Unternehmenszusammenschlüssen haben nur die beteiligten Unternehmen Parteirechte.
45 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 45 Empfehlungen an Behörden
1    Die Wettbewerbskommission beobachtet laufend die Wettbewerbsverhältnisse.
2    Sie kann den Behörden Empfehlungen zur Förderung von wirksamem Wettbewerb unterbreiten, insbesondere hinsichtlich der Schaffung und Handhabung wirtschaftsrechtlicher Vorschriften.
46 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 46 Stellungnahmen
1    Entwürfe von wirtschaftsrechtlichen Erlassen des Bundes oder andern Bundeserlassen, die den Wettbewerb beeinflussen können, sind dem Sekretariat vorzulegen. Es prüft diese auf Wettbewerbsverfälschungen oder übermässige Wettbewerbsbeschränkungen hin.
2    Die Wettbewerbskommission nimmt im Vernehmlassungsverfahren Stellung zu Entwürfen von rechtsetzenden Erlassen des Bundes, die den Wettbewerb beschränken oder auf andere Weise beeinflussen. Sie kann zu kantonalen rechtsetzenden Erlassesentwürfen Stellung nehmen.
49 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49 Informationspflichten
1    Das Sekretariat und die Wettbewerbskommission orientieren die Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit.
2    Die Wettbewerbskommission erstattet dem Bundesrat jährlich einen Tätigkeitsbericht.
49a 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 49a Sanktion bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen
1    Ein Unternehmen, das an einer unzulässigen Abrede nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 beteiligt ist oder marktbeherrschend ist und sich nach Artikel 7 unzulässig verhält, wird mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes belastet.47 Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar. Der Betrag bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Wenn das Unternehmen an der Aufdeckung und der Beseitigung der Wettbewerbsbeschränkung mitwirkt, kann auf eine Belastung ganz oder teilweise verzichtet werden.
3    Die Belastung entfällt, wenn:
a  das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung meldet, bevor diese Wirkung entfaltet. Wird dem Unternehmen innert fünf Monaten nach der Meldung die Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 mitgeteilt und hält es danach an der Wettbewerbsbeschränkung fest, entfällt die Belastung nicht;
b  die Wettbewerbsbeschränkung bei Eröffnung der Untersuchung länger als fünf Jahre nicht mehr ausgeübt worden ist;
c  der Bundesrat eine Wettbewerbsbeschränkung nach Artikel 8 zugelassen hat.
51 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 51 Verstösse im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen
1    Ein Unternehmen, das einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder das vorläufige Vollzugsverbot missachtet, gegen eine mit der Zulassung erteilte Auflage verstösst, einen untersagten Zusammenschluss vollzieht oder eine Massnahme zur Wiederherstellung wirksamen Wettbewerbs nicht durchführt, wird mit einem Betrag bis zu einer Million Franken belastet.
2    Bei wiederholtem Verstoss gegen eine mit der Zulassung erteilte Auflage wird das Unternehmen mit einem Betrag bis zu 10 Prozent des auf die Schweiz entfallenden Gesamtumsatzes der beteiligten Unternehmen belastet. Artikel 9 Absatz 3 ist sinngemäss anwendbar.
52 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 52 Andere Verstösse - Ein Unternehmen, das die Auskunftspflicht oder die Pflichten zur Vorlage von Urkunden nicht oder nicht richtig erfüllt, wird mit einem Betrag bis zu 100 000 Franken belastet.
53 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 53
1    Verstösse werden vom Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums untersucht. Sie werden von der Wettbewerbskommission beurteilt.
2    ...50
54 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 54 Widerhandlungen gegen einvernehmliche Regelungen und behördliche Anordnungen
55 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 55 Andere Widerhandlungen - Wer vorsätzlich Verfügungen der Wettbewerbsbehörden betreffend die Auskunftspflicht (Art. 40) nicht oder nicht richtig befolgt, einen meldepflichtigen Zusammenschluss ohne Meldung vollzieht oder Verfügungen im Zusammenhang mit Unternehmenszusammenschlüssen zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 20 000 Franken bestraft.
57 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 57 Verfahren und Rechtsmittel
1    Für die Verfolgung und die Beurteilung der strafbaren Handlung gilt das Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 197453.
2    Verfolgende Behörde ist das Sekretariat im Einvernehmen mit einem Mitglied des Präsidiums. Urteilende Behörde ist die Wettbewerbskommission.
60 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 60 Ausführungsbestimmungen - Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
62 
SR 251 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz, KG) - Kartellgesetz
KG Art. 62 Übergangsbestimmungen
1    Laufende Verfahren der Kartellkommission über Wettbewerbsabreden werden mit Inkrafttreten dieses Gesetzes sistiert; nötigenfalls werden sie nach Ablauf von sechs Monaten nach neuem Recht weitergeführt.
2    Neue Verfahren der Wettbewerbskommission über Wettbewerbsabreden können frühestens sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes eingeleitet werden, es sei denn, mögliche Verfügungsadressaten verlangten eine frühere Untersuchung. Vorabklärungen sind jederzeit möglich.
3    Rechtskräftige Verfügungen und angenommene Empfehlungen nach dem Kartellgesetz vom 20. Dezember 198556 unterstehen auch bezüglich der Sanktionen dem bisherigen Recht.
102  321
OR: 562 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 562 - Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.
602 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 602 - Die Gesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, vor Gericht klagen und verklagt werden.
716a 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 716a - 1 Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1    Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1  die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen;
2  die Festlegung der Organisation;
3  die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist;
4  die Ernennung und Abberufung der mit der Geschäftsführung und der Vertretung betrauten Personen;
5  die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen;
6  die Erstellung des Geschäftsberichtes585 sowie die Vorbereitung der Generalversammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse;
7  die Einreichung eines Gesuchs um Nachlassstundung und die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung;
8  bei Gesellschaften, deren Aktien an einer Börse kotiert sind: die Erstellung des Vergütungsberichts.
2    Der Verwaltungsrat kann die Vorbereitung und die Ausführung seiner Beschlüsse oder die Überwachung von Geschäften Ausschüssen oder einzelnen Mitgliedern zuweisen. Er hat für eine angemessene Berichterstattung an seine Mitglieder zu sorgen.
717 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 717 - 1 Die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.
1    Die Mitglieder des Verwaltungsrates sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgaben mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.
2    Sie haben die Aktionäre unter gleichen Voraussetzungen gleich zu behandeln.
810 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 810 - 1 Die Geschäftsführer sind zuständig in allen Angelegenheiten, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind.
1    Die Geschäftsführer sind zuständig in allen Angelegenheiten, die nicht nach Gesetz oder Statuten der Gesellschafterversammlung zugewiesen sind.
2    Unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen haben die Geschäftsführer folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1  die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen;
2  die Festlegung der Organisation im Rahmen von Gesetz und Statuten;
3  die Ausgestaltung des Rechnungswesens und der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist;
4  die Aufsicht über die Personen, denen Teile der Geschäftsführung übertragen sind, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen;
5  die Erstellung des Geschäftsberichts;
6  die Vorbereitung der Gesellschafterversammlung sowie die Ausführung ihrer Beschlüsse;
7  die Einreichung eines Gesuchs um Nachlassstundung und die Benachrichtigung des Gerichts im Falle der Überschuldung.
3    Wer den Vorsitz der Geschäftsführung innehat, beziehungsweise der einzige Geschäftsführer hat folgende Aufgaben:
1  die Einberufung und Leitung der Gesellschafterversammlung;
2  Bekanntmachungen gegenüber den Gesellschaftern;
3  die Sicherstellung der erforderlichen Anmeldungen beim Handelsregister.
812 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 812 - 1 Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgabe mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.
1    Die Geschäftsführer sowie Dritte, die mit der Geschäftsführung befasst sind, müssen ihre Aufgabe mit aller Sorgfalt erfüllen und die Interessen der Gesellschaft in guten Treuen wahren.
2    Sie unterstehen der gleichen Treuepflicht wie die Gesellschafter.
3    Sie dürfen keine konkurrenzierenden Tätigkeiten ausüben, es sei denn, die Statuten sehen etwas anderes vor oder alle übrigen Gesellschafter stimmen der Tätigkeit schriftlich zu. Die Statuten können vorsehen, dass stattdessen die Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung erforderlich ist.
957 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 957 - 1 Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1    Der Pflicht zur Buchführung und Rechnungslegung gemäss den nachfolgenden Bestimmungen unterliegen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die einen Umsatzerlös von mindestens 500 000 Franken im letzten Geschäftsjahr erzielt haben;
2  juristische Personen.
2    Lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage müssen Buch führen:
1  Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als 500 000 Franken Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr;
2  diejenigen Vereine und Stiftungen, die nicht verpflichtet sind, sich ins Handelsregister eintragen zu lassen;
3  Stiftungen, die nach Artikel 83b Absatz 2 ZGB783 von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
3    Für die Unternehmen nach Absatz 2 gelten die Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung sinngemäss.
963b
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 963b - 1 Die Konzernrechnung folgender Unternehmen muss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt werden:
1    Die Konzernrechnung folgender Unternehmen muss nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung erstellt werden:
1  Gesellschaften, deren Beteiligungspapiere an einer Börse kotiert sind, wenn die Börse dies verlangt;
2  Genossenschaften mit mindestens 2000 Genossenschaftern;
3  Stiftungen, die von Gesetzes wegen zu einer ordentlichen Revision verpflichtet sind.
2    Artikel 962a Absätze 1-3 und 5 ist sinngemäss anwendbar.
3    Die Konzernrechnung von übrigen Unternehmen untersteht den Grundsätzen ordnungsmässiger Rechnungslegung. Im Anhang zur Konzernrechnung nennt das Unternehmen die Bewertungsregeln. Weicht es davon ab, so weist es im Anhang darauf hin und vermittelt in anderer Weise die für den Einblick in die Vermögens-, Finanzierungs- und Ertragslage des Konzerns nötigen Angaben.
4    Eine Konzernrechnung ist dennoch nach einem anerkannten Standard zur Rechnungslegung zu erstellen, wenn:
1  Gesellschafter, die mindestens 20 Prozent des Grundkapitals vertreten oder 10 Prozent der Genossenschafter oder 20 Prozent der Vereinsmitglieder dies verlangen;
2  ein Gesellschafter oder ein Vereinsmitglied, der oder das einer persönlichen Haftung oder einer Nachschusspflicht unterliegt, dies verlangt; oder
3  die Stiftungsaufsichtsbehörde dies verlangt.
PüG: 3 
SR 942.20 Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 (PüG)
PüG Art. 3 Wahl - 1 Der Bundesrat wählt einen Beauftragten für die Überwachung der Preise (Preisüberwacher).
1    Der Bundesrat wählt einen Beauftragten für die Überwachung der Preise (Preisüberwacher).
2    Der Preisüberwacher ist dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung6 unterstellt. Es steht ihm ein Mitarbeiterstab zur Verfügung.
12
SR 942.20 Preisüberwachungsgesetz vom 20. Dezember 1985 (PüG)
PüG Art. 12 Wettbewerbspolitischer Grundsatz - 1 Preismissbrauch im Sinne dieses Gesetzes kann nur vorliegen, wenn die Preise auf dem betreffenden Markt nicht das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs sind.
1    Preismissbrauch im Sinne dieses Gesetzes kann nur vorliegen, wenn die Preise auf dem betreffenden Markt nicht das Ergebnis wirksamen Wettbewerbs sind.
2    Wirksamer Wettbewerb besteht insbesondere, wenn die Abnehmer die Möglichkeit haben, ohne erheblichen Aufwand auf vergleichbare Angebote auszuweichen.
RVOG: 2 
SR 172.010 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG) - Verwaltungsorganisationsgesetz
RVOG Art. 2 Die Bundesverwaltung - 1 Die Bundesverwaltung untersteht dem Bundesrat. Sie umfasst die Departemente und die Bundeskanzlei.
1    Die Bundesverwaltung untersteht dem Bundesrat. Sie umfasst die Departemente und die Bundeskanzlei.
2    Die einzelnen Departemente gliedern sich in Ämter, die zu Gruppen zusammengefasst werden können. Sie verfügen je über ein Generalsekretariat.
3    Zur Bundesverwaltung gehören ferner dezentralisierte Verwaltungseinheiten nach Massgabe ihrer Organisationserlasse.
4    Durch die Bundesgesetzgebung können Organisationen und Personen des öffentlichen oder privaten Rechts, die nicht der Bundesverwaltung angehören, mit Verwaltungsaufgaben betraut werden.
57a
SR 172.010 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetz vom 21. März 1997 (RVOG) - Verwaltungsorganisationsgesetz
RVOG Art. 57a Zweck - 1 Ausserparlamentarische Kommissionen beraten den Bundesrat und die Bundesverwaltung ständig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
1    Ausserparlamentarische Kommissionen beraten den Bundesrat und die Bundesverwaltung ständig bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
2    Sie treffen Entscheide, soweit sie durch ein Bundesgesetz dazu ermächtigt werden.
RVOV: 7 
SR 172.010.1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV)
RVOV Art. 7 Zentrale Bundesverwaltung - (Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 43 und 44 RVOG)
1    Zur zentralen Bundesverwaltung gehören:
a  die Departemente und die Bundeskanzlei;
b  die Generalsekretariate der Departemente sowie deren weitere Untergliederungen;
c  die Gruppen;
d  die Bundesämter sowie deren Untergliederungen.
2    Verwaltungseinheiten nach Absatz 1 Buchstaben c und d können auch eine andere Bezeichnung tragen.
3    Die Verwaltungseinheiten nach Absatz 1 Buchstaben b-d sind einem Departement unterstellt. Sie sind gegenüber dem Departement weisungsgebunden.
4    Bundesämter können zu Gruppen zusammengefasst werden, wenn die Führbarkeit des Departements damit verbessert wird.
8a
SR 172.010.1 Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung vom 25. November 1998 (RVOV)
RVOV Art. 8a Verwaltungs- und Behördenkommissionen - 1 Ausserparlamentarische Kommissionen sind ihrer Funktion nach entweder Verwaltungs- oder Behördenkommissionen.
1    Ausserparlamentarische Kommissionen sind ihrer Funktion nach entweder Verwaltungs- oder Behördenkommissionen.
2    Verwaltungskommissionen haben beratende und vorbereitende Funktionen.
3    Behördenkommissionen sind mit Entscheidungsbefugnissen ausgestattet.
SR 0.103.2: 14
SVKG: 2 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 2 Grundsätze - 1 Die Sanktion bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
1    Die Sanktion bemisst sich nach der Dauer und der Schwere des unzulässigen Verhaltens. Der mutmassliche Gewinn, den das Unternehmen dadurch erzielt hat, ist angemessen zu berücksichtigen.
2    Bei der Festsetzung der Sanktion ist das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu beachten.
2bis  3 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 3 Basisbetrag - Der Basisbetrag der Sanktion bildet je nach Schwere und Art des Verstosses bis zu 10 Prozent des Umsatzes, den das betreffende Unternehmen in den letzten drei Geschäftsjahren auf den relevanten Märkten in der Schweiz erzielt hat.
4 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 4 Dauer - Dauerte der Wettbewerbsverstoss zwischen ein und fünf Jahren, so wird der Basisbetrag um bis zu 50 Prozent erhöht. Dauerte der Wettbewerbsverstoss mehr als fünf Jahre, so wird der Basisbetrag für jedes zusätzliche Jahr mit einem Zuschlag von je bis zu 10 Prozent erhöht.
5 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 5 Erschwerende Umstände - 1 Bei erschwerenden Umständen wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 erhöht, insbesondere wenn das Unternehmen:
1    Bei erschwerenden Umständen wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 erhöht, insbesondere wenn das Unternehmen:
a  wiederholt gegen das Kartellgesetz verstossen hat;
b  mit einem Verstoss einen Gewinn erzielt hat, der nach objektiver Ermittlung besonders hoch ausgefallen ist;
c  die Zusammenarbeit mit den Behörden verweigert oder versucht hat, die Untersuchungen sonstwie zu behindern.
2    Bei Wettbewerbsbeschränkungen nach Artikel 5 Absätze 3 und 4 KG wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 zusätzlich erhöht, wenn das Unternehmen:
a  zur Wettbewerbsbeschränkung angestiftet oder dabei eine führende Rolle gespielt hat;
b  zur Durchsetzung der Wettbewerbsabrede gegenüber anderen an der Wettbewerbsbeschränkung Beteiligten Vergeltungsmassnahmen angeordnet oder durchgeführt hat.
6 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 6 Mildernde Umstände - 1 Bei mildernden Umständen, insbesondere wenn das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung nach dem ersten Eingreifen des Sekretariats der Wettbewerbskommission, spätestens aber vor der Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 KG beendet, wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 vermindert.
1    Bei mildernden Umständen, insbesondere wenn das Unternehmen die Wettbewerbsbeschränkung nach dem ersten Eingreifen des Sekretariats der Wettbewerbskommission, spätestens aber vor der Eröffnung eines Verfahrens nach den Artikeln 26-30 KG beendet, wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 vermindert.
2    Bei Wettbewerbsbeschränkungen gemäss Artikel 5 Absätze 3 und 4 KG wird der Betrag nach den Artikeln 3 und 4 vermindert, wenn das Unternehmen:
a  dabei ausschliesslich eine passive Rolle gespielt hat;
b  Vergeltungsmassnahmen, die zur Durchsetzung der Wettbewerbsabrede vereinbart waren, nicht durchgeführt hat.
7 
SR 251.5 Verordnung vom 12. März 2004 über die Sanktionen bei unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen (KG-Sanktionsverordnung, SVKG) - KG-Sanktionsverordnung
SVKG Art. 7 Maximale Sanktion - Die Sanktion beträgt in keinem Fall mehr als 10 Prozent des in den letzten drei Geschäftsjahren in der Schweiz erzielten Umsatzes des Unternehmens (Art. 49a Abs. 1 KG).
23
StGB: 10 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 10 - 1 Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind.
1    Dieses Gesetz unterscheidet die Verbrechen von den Vergehen nach der Schwere der Strafen, mit der die Taten bedroht sind.
2    Verbrechen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedroht sind.
3    Vergehen sind Taten, die mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht sind.
12 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht.
1    Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht.
2    Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt.
3    Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist.
13 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 13 - 1 Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
1    Handelt der Täter in einer irrigen Vorstellung über den Sachverhalt, so beurteilt das Gericht die Tat zu Gunsten des Täters nach dem Sachverhalt, den sich der Täter vorgestellt hat.
2    Hätte der Täter den Irrtum bei pflichtgemässer Vorsicht vermeiden können, so ist er wegen Fahrlässigkeit strafbar, wenn die fahrlässige Begehung der Tat mit Strafe bedroht ist.
21 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 21 - Wer bei Begehung der Tat nicht weiss und nicht wissen kann, dass er sich rechtswidrig verhält, handelt nicht schuldhaft. War der Irrtum vermeidbar, so mildert das Gericht die Strafe.
34 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 34 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters.
1    Bestimmt es das Gesetz nicht anders, so beträgt die Geldstrafe mindestens drei und höchstens 180 Tagessätze.24 Das Gericht bestimmt deren Zahl nach dem Verschulden des Täters.
2    Ein Tagessatz beträgt in der Regel mindestens 30 und höchstens 3000 Franken.25 Das Gericht kann den Tagessatz ausnahmsweise bis auf 10 Franken senken, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters dies gebieten.26 Es kann die maximale Höhe des Tagessatzes überschreiten, wenn das Gesetz dies vorsieht. Es bestimmt die Höhe des Tagessatzes nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters im Zeitpunkt des Urteils, namentlich nach Einkommen und Vermögen, Lebensaufwand, allfälligen Familien- und Unterstützungspflichten sowie nach dem Existenzminimum.27
3    Die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden geben die für die Bestimmung des Tagessatzes erforderlichen Auskünfte.
4    Zahl und Höhe der Tagessätze sind im Urteil festzuhalten.
40 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 40 - 1 Die Mindestdauer der Freiheitsstrafe beträgt drei Tage; vorbehalten bleibt eine kürzere Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36) oder Busse (Art. 106).
1    Die Mindestdauer der Freiheitsstrafe beträgt drei Tage; vorbehalten bleibt eine kürzere Freiheitsstrafe anstelle einer nicht bezahlten Geldstrafe (Art. 36) oder Busse (Art. 106).
2    Die Höchstdauer der Freiheitsstrafe beträgt 20 Jahre. Wo es das Gesetz ausdrücklich bestimmt, dauert die Freiheitsstrafe lebenslänglich.
47 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 47 - 1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
1    Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters.
2    Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung oder Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden.
49a  102 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 102 - 1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft.
1    Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft.
2    Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter, 260quinquies, 305bis, 322ter, 322quinquies, 322septies Absatz 1 oder 322octies, so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.142
3    Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens.
4    Als Unternehmen im Sinne dieses Titels gelten:
a  juristische Personen des Privatrechts;
b  juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Gebietskörperschaften;
c  Gesellschaften;
d  Einzelfirmen143.
157 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 157 - 1. Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
1    Wer die Zwangslage, die Abhängigkeit, die Unerfahrenheit oder die Schwäche im Urteilsvermögen einer Person dadurch ausbeutet, dass er sich oder einem anderen für eine Leistung Vermögensvorteile gewähren oder versprechen lässt, die zur Leistung wirtschaftlich in einem offenbaren Missverhältnis stehen,
2    Handelt der Täter gewerbsmässig, so wird er mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft.213
181 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 181 - Wer jemanden durch Gewalt oder Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
333
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 333 - 1 Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
1    Die allgemeinen Bestimmungen dieses Gesetzes finden auf Taten, die in andern Bundesgesetzen mit Strafe bedroht sind, insoweit Anwendung, als diese Bundesgesetze nicht selbst Bestimmungen aufstellen.
2    In den anderen Bundesgesetzen werden ersetzt:
a  Zuchthaus durch Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr;
b  Gefängnis durch Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe;
c  Gefängnis unter sechs Monaten durch Geldstrafe, wobei einem Monat Freiheitsstrafe 30 Tagessätze Geldstrafe zu höchstens 3000 Franken entsprechen.
3    Wird Haft oder Busse oder Busse allein als Höchststrafe angedroht, so liegt eine Übertretung vor. Die Artikel 106 und 107 sind anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974492 über das Verwaltungsstrafrecht. Eine Übertretung ist die Tat auch dann, wenn sie in einem anderen Bundesgesetz, welches vor 1942 in Kraft getreten ist, mit einer Gefängnisstrafe bedroht ist, die drei Monate nicht übersteigt.
4    Vorbehalten sind die von Absatz 2 abweichenden Strafdauern und Artikel 41 sowie die von Artikel 106 abweichenden Bussenbeträge.
5    Droht ein anderes Bundesgesetz für ein Verbrechen oder Vergehen Busse an, so ist Artikel 34 anwendbar. Von Artikel 34 abweichende Bemessungsregeln sind nicht anwendbar. Vorbehalten bleibt Artikel 8 des Bundesgesetzes vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht. Ist die Busse auf eine Summe unter 1 080 000 Franken begrenzt, so fällt diese Begrenzung dahin. Ist die angedrohte Busse auf eine Summe über 1 080 000 Franken begrenzt, so wird diese Begrenzung beibehalten. In diesem Fall ergibt der bisher angedrohte Bussenhöchstbetrag geteilt durch 3000 die Höchstzahl der Tagessätze.
6    ...493
6bis    Wird eine Tat mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe mit einer Mindestanzahl Tagessätzen bedroht, so gilt diese Untergrenze auch für die Mindestanzahl Tage Freiheitsstrafe.494
7    Die in andern Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen sind strafbar, auch wenn sie fahrlässig begangen werden, sofern nicht nach dem Sinne der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist.
TUG: 6
SR 784.11 Bundesgesetz vom 30. April 1997 über die Organisation der Telekommunikationsunternehmung des Bundes (Telekommunikationsunternehmungsgesetz, TUG) - Telekommunikationsunternehmungsgesetz
TUG Art. 6 Stellung des Bundes und Drittbeteiligung
1    Der Bund ist Aktionär der Unternehmung und muss die kapital- und stimmenmässige Mehrheit halten.
2    Die Veräusserung von Beteiligungspapieren an Dritte und die Zeichnung von Beteiligungspapieren durch Dritte erfolgen im Rahmen von Absatz 1 nach den Vorschriften des Aktienrechts.
3    Der Bundesrat legt für jeweils vier Jahre fest, welche Ziele der Bund als Hauptaktionär der Unternehmung erreichen will. Der Verwaltungsrat erstattet dem Bundesrat jährlich Bericht über die Erreichung der Ziele und stellt ihm die zur Überprüfung notwendigen Informationen zur Verfügung.5
VGG: 2 
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 2 Unabhängigkeit - Das Bundesverwaltungsgericht ist in seiner Recht sprechenden Tätigkeit unabhängig und nur dem Recht verpflichtet.
31 
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 31 Grundsatz - Das Bundesverwaltungsgericht beurteilt Beschwerden gegen Verfügungen nach Artikel 5 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 196819 über das Verwaltungsverfahren (VwVG).
32 
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 32 Ausnahmen
1    Die Beschwerde ist unzulässig gegen:
a  Verfügungen auf dem Gebiet der inneren und äusseren Sicherheit des Landes, der Neutralität, des diplomatischen Schutzes und der übrigen auswärtigen Angelegenheiten, soweit das Völkerrecht nicht einen Anspruch auf gerichtliche Beurteilung einräumt;
b  Verfügungen betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie Volkswahlen und -abstimmungen;
c  Verfügungen über leistungsabhängige Lohnanteile des Bundespersonals, soweit sie nicht die Gleichstellung der Geschlechter betreffen;
d  ...
e  Verfügungen auf dem Gebiet der Kernenergie betreffend:
e1  Rahmenbewilligungen von Kernanlagen,
e2  die Genehmigung des Entsorgungsprogramms,
e3  den Verschluss von geologischen Tiefenlagern,
e4  den Entsorgungsnachweis;
f  Verfügungen über die Erteilung oder Ausdehnung von Infrastrukturkonzessionen für Eisenbahnen;
g  Verfügungen der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen;
h  Verfügungen über die Erteilung von Konzessionen für Spielbanken;
i  Verfügungen über die Erteilung, Änderung oder Erneuerung der Konzession für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG);
j  Verfügungen über die Beitragsberechtigung einer Hochschule oder einer anderen Institution des Hochschulbereichs.
2    Die Beschwerde ist auch unzulässig gegen:
a  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Einsprache oder durch Beschwerde an eine Behörde im Sinne von Artikel 33 Buchstaben c-f anfechtbar sind;
b  Verfügungen, die nach einem anderen Bundesgesetz durch Beschwerde an eine kantonale Behörde anfechtbar sind.
33 
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 33 Vorinstanzen - Die Beschwerde ist zulässig gegen Verfügungen:
a  des Bundesrates und der Organe der Bundesversammlung auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses des Bundespersonals einschliesslich der Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung;
b  des Bundesrates betreffend:
b1  die Amtsenthebung eines Mitgliedes des Bankrats, des Direktoriums oder eines Stellvertreters oder einer Stellvertreterin nach dem Nationalbankgesetz vom 3. Oktober 200325,
b10  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Schweizerischen Trassenvergabestelle oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers durch den Verwaltungsrat nach dem Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 195743;
b2  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitgliedes der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Finanzmarktaufsichtsgesetz vom 22. Juni 200726,
b3  die Sperrung von Vermögenswerten gestützt auf das Bundesgesetz vom 18. Dezember 201528 über die Sperrung und die Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte ausländischer politisch exponierter Personen,
b4  das Verbot von Tätigkeiten nach dem NDG30,
b5bis  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Eidgenössischen Instituts für Metrologie nach dem Bundesgesetz vom 17. Juni 201133 über das Eidgenössische Institut für Metrologie,
b6  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde oder die Genehmigung der Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Direktorin oder des Direktors durch den Verwaltungsrat nach dem Revisionsaufsichtsgesetz vom 16. Dezember 200535,
b7  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Heilmittelinstituts nach dem Heilmittelgesetz vom 15. Dezember 200037,
b8  die Abberufung eines Verwaltungsratsmitglieds der Anstalt nach dem Ausgleichsfondsgesetz vom 16. Juni 201739,
b9  die Abberufung eines Mitglieds des Institutsrats des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung nach dem Bundesgesetz vom 28. September 201841 über das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung,
c  des Bundesstrafgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cbis  des Bundespatentgerichts auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses seiner Richter und Richterinnen und seines Personals;
cter  der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft auf dem Gebiet des Arbeitsverhältnisses der von der Vereinigten Bundesversammlung gewählten Mitglieder der Bundesanwaltschaft;
dquinquies  der Bundeskanzlei, der Departemente und der ihnen unterstellten oder administrativ zugeordneten Dienststellen der Bundesverwaltung;
e  der Anstalten und Betriebe des Bundes;
f  der eidgenössischen Kommissionen;
g  der Schiedsgerichte auf Grund öffentlich-rechtlicher Verträge des Bundes, seiner Anstalten und Betriebe;
h  der Instanzen oder Organisationen ausserhalb der Bundesverwaltung, die in Erfüllung ihnen übertragener öffentlich-rechtlicher Aufgaben des Bundes verfügen;
i  kantonaler Instanzen, soweit ein Bundesgesetz gegen ihre Verfügungen die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht vorsieht.
37 
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 37 Grundsatz - Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht richtet sich nach dem VwVG56, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
38
SR 173.32 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG) - Verwaltungsgerichtsgesetz
VGG Art. 38 Ausstand - Die Bestimmungen des Bundesgerichtsgesetzes vom 17. Juni 200557 über den Ausstand gelten im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sinngemäss.
VGKE: 2 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 2 Bemessung der Gerichtsgebühr
1    Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Vorbehalten bleiben spezialgesetzliche Kostenregelungen.
2    Das Gericht kann bei der Bestimmung der Gerichtsgebühr über die Höchstbeträge nach den Artikeln 3 und 4 hinausgehen, wenn besondere Gründe, namentlich mutwillige Prozessführung oder ausserordentlicher Aufwand, es rechtfertigen.2
3    Bei wenig aufwändigen Entscheiden über vorsorgliche Massnahmen, Ausstand, Wiederherstellung der Frist, Revision oder Erläuterung sowie bei Beschwerden gegen Zwischenentscheide kann die Gerichtsgebühr herabgesetzt werden. Der Mindestbetrag nach Artikel 3 oder 4 darf nicht unterschritten werden.
3 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 3 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse - In Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
a  bei einzelrichterlicher Streiterledigung: 200-3000 Franken;
b  in den übrigen Fällen: 200-5000 Franken.
4 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 4 Gerichtsgebühr in Streitigkeiten mit Vermögensinteresse - In Streitigkeiten mit Vermögensinteresse beträgt die Gerichtsgebühr:
7 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 7 Grundsatz
1    Obsiegende Parteien haben Anspruch auf eine Parteientschädigung für die ihnen erwachsenen notwendigen Kosten.
2    Obsiegt die Partei nur teilweise, so ist die Parteientschädigung entsprechend zu kürzen.
3    Keinen Anspruch auf Parteientschädigung haben Bundesbehörden und, in der Regel, andere Behörden, die als Parteien auftreten.
4    Sind die Kosten verhältnismässig gering, so kann von einer Parteientschädigung abgesehen werden.
5    Artikel 6a ist sinngemäss anwendbar.7
8 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 8 Parteientschädigung
1    Die Parteientschädigung umfasst die Kosten der Vertretung sowie allfällige weitere Auslagen der Partei.
2    Unnötiger Aufwand wird nicht entschädigt.
9 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 9 Kosten der Vertretung
1    Die Kosten der Vertretung umfassen:
a  das Anwaltshonorar oder die Entschädigung für eine nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung;
b  die Auslagen, namentlich die Kosten für das Kopieren von Schriftstücken, die Reise-, Verpflegungs- und Unterkunftskosten, die Porti und die Telefonspesen;
c  die Mehrwertsteuer für die Entschädigungen nach den Buchstaben a und b, soweit eine Steuerpflicht besteht und die Mehrwertsteuer nicht bereits berücksichtigt wurde.
2    Keine Entschädigung ist geschuldet, wenn der Vertreter oder die Vertreterin in einem Arbeitsverhältnis zur Partei steht.
10 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 10 Anwaltshonorar und Entschädigung für nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung
1    Das Anwaltshonorar und die Entschädigung für eine nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung werden nach dem notwendigen Zeitaufwand des Vertreters oder der Vertreterin bemessen.
2    Der Stundenansatz beträgt für Anwälte und Anwältinnen mindestens 200 und höchstens 400 Franken, für nichtanwaltliche Vertreter und Vertreterinnen mindestens 100 und höchstens 300 Franken. In diesen Stundenansätzen ist die Mehrwertsteuer nicht enthalten.
3    Bei Streitigkeiten mit Vermögensinteresse kann das Anwaltshonorar oder die Entschädigung für eine nichtanwaltliche berufsmässige Vertretung angemessen erhöht werden.
11 
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 11 Auslagen der Vertretung
1    Die Spesen werden aufgrund der tatsächlichen Kosten ausbezahlt. Dabei werden höchstens vergütet:
a  für Reisen: die Kosten für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel in der ersten Klasse;
b  für Flugreisen aus dem Ausland: ein kostengünstiges Arrangement der Economy-Klasse;
c  für Mittag- und Nachtessen: je 25 Franken;
d  für Übernachtungen einschliesslich Frühstück: 170 Franken pro Nacht.
2    Anstelle der Bahnkosten kann ausnahmsweise, insbesondere bei erheblicher Zeitersparnis, für die Benutzung des privaten Motorfahrzeuges eine Entschädigung ausgerichtet werden. Der Kilometeransatz richtet sich nach Artikel 46 der Verordnung des EFD vom 6. Dezember 200112 zur Bundespersonalverordnung.
3    Anstelle der tatsächlichen Kosten nach den Absätzen 1 und 2 kann ein angemessener Pauschalbetrag vergütet werden, wenn besondere Verhältnisse es rechtfertigen.
4    Für Kopien können 50 Rappen pro Seite berechnet werden.
12
SR 173.320.2 Reglement vom 21. Februar 2008 über die Kosten und Entschädigungen vor dem Bundesverwaltungsgericht (VGKE)
VGKE Art. 12 Amtlich bestellte Anwältinnen und Anwälte - Für amtlich bestellte Anwältinnen und Anwälte sind die Artikel 8-11 sinngemäss anwendbar.
VwVG: 5 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 5
1    Als Verfügungen gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben:
a  Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten;
b  Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten;
c  Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren.
2    Als Verfügungen gelten auch Vollstreckungsverfügungen (Art. 41 Abs. 1 Bst. a und b), Zwischenverfügungen (Art. 45 und 46), Einspracheentscheide (Art. 30 Abs. 2 Bst. b und 74), Beschwerdeentscheide (Art. 61), Entscheide im Rahmen einer Revision (Art. 68) und die Erläuterung (Art. 69).25
3    Erklärungen von Behörden über Ablehnung oder Erhebung von Ansprüchen, die auf dem Klageweg zu verfolgen sind, gelten nicht als Verfügungen.
6 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 6 - Als Parteien gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht.
7 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 7
1    Die Behörde prüft ihre Zuständigkeit von Amtes wegen.
2    Die Begründung einer Zuständigkeit durch Einverständnis zwischen Behörde und Partei ist ausgeschlossen.
11 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 11
1    Auf jeder Stufe des Verfahrens kann die Partei sich, wenn sie nicht persönlich zu handeln hat, vertreten oder, soweit die Dringlichkeit einer amtlichen Untersuchung es nicht ausschliesst, verbeiständen lassen.30
2    Die Behörde kann den Vertreter auffordern, sich durch schriftliche Vollmacht auszuweisen.
3    Solange die Partei die Vollmacht nicht widerruft, macht die Behörde ihre Mitteilungen an den Vertreter.
12 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 12 - Die Behörde stellt den Sachverhalt von Amtes wegen fest und bedient sich nötigenfalls folgender Beweismittel:
a  Urkunden;
b  Auskünfte der Parteien;
c  Auskünfte oder Zeugnis von Drittpersonen;
d  Augenschein;
e  Gutachten von Sachverständigen.
13 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 13
1    Die Parteien sind verpflichtet, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken:
a  in einem Verfahren, das sie durch ihr Begehren einleiten;
b  in einem anderen Verfahren, soweit sie darin selbständige Begehren stellen;
c  soweit ihnen nach einem anderen Bundesgesetz eine weitergehende Auskunfts- oder Offenbarungspflicht obliegt.
1bis    Die Mitwirkungspflicht erstreckt sich nicht auf die Herausgabe von Gegenständen und Unterlagen aus dem Verkehr einer Partei mit ihrem Anwalt, wenn dieser nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 200034 zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist.35
2    Die Behörde braucht auf Begehren im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a oder b nicht einzutreten, wenn die Parteien die notwendige und zumutbare Mitwirkung verweigern.
16 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 16
1    Das Recht der Zeugnisverweigerung bestimmt sich nach Artikel 42 Absätze 1 und 3 des Bundesgesetzes vom 4. Dezember 194745 über den Bundeszivilprozess (BZP).
1bis    Der Mediator ist berechtigt, über Tatsachen, die er bei seiner Tätigkeit nach Artikel 33b wahrgenommen hat, das Zeugnis zu verweigern.46
2    Der Träger eines Berufs- oder Geschäftsgeheimnisses im Sinne von Artikel 42 Absatz 2 BZP kann das Zeugnis verweigern, soweit ihn nicht ein anderes Bundesgesetz zum Zeugnis verpflichtet.
3    ...47
17 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 17 - Wer als Zeuge einvernommen werden kann, hat auch an der Erhebung anderer Beweise mitzuwirken; er hat insbesondere die in seinen Händen befindlichen Urkunden vorzulegen. Vorbehalten bleibt Artikel 51a BZP48.49
19 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 19 - Auf das Beweisverfahren finden ergänzend die Artikel 37, 39-41 und 43-61 BZP50 sinngemäss Anwendung; an die Stelle der Straffolgen, die die BZP gegen säumige Parteien oder Dritte vorsieht, tritt die Straffolge nach Artikel 60 dieses Gesetzes.
25 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 25
1    Die in der Sache zuständige Behörde kann über den Bestand, den Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten von Amtes wegen oder auf Begehren eine Feststellungsverfügung treffen.
2    Dem Begehren um eine Feststellungsverfügung ist zu entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse nachweist.
3    Keiner Partei dürfen daraus Nachteile erwachsen, dass sie im berechtigten Vertrauen auf eine Feststellungsverfügung gehandelt hat.
34 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 34
1    Die Behörde eröffnet Verfügungen den Parteien schriftlich.
1bis    Mit dem Einverständnis der Partei können Verfügungen elektronisch eröffnet werden. Sie sind mit einer elektronischen Signatur gemäss Bundesgesetz vom 18. März 201671 über die elektronische Signatur zu versehen. Der Bundesrat regelt:
a  die zu verwendende Signatur;
b  das Format der Verfügung und ihrer Beilagen;
c  die Art und Weise der Übermittlung;
d  den Zeitpunkt, zu dem die Verfügung als eröffnet gilt.72
2    Zwischenverfügungen kann die Behörde anwesenden Parteien mündlich eröffnen, muss sie aber schriftlich bestätigen, wenn eine Partei dies auf der Stelle verlangt; eine Rechtsmittelfrist beginnt in diesem Fall erst von der schriftlichen Bestätigung an zu laufen.73
48 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 48
1    Zur Beschwerde ist berechtigt, wer:
a  vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat;
b  durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist; und
c  ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
2    Zur Beschwerde berechtigt sind ferner Personen, Organisationen und Behörden, denen ein anderes Bundesgesetz dieses Recht einräumt.
49 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen:
a  Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens;
b  unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes;
c  Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat.
50 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 50
1    Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen nach Eröffnung der Verfügung einzureichen.
2    Gegen das unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
52 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 52
1    Die Beschwerdeschrift hat die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten; die Ausfertigung der angefochtenen Verfügung und die als Beweismittel angerufenen Urkunden sind beizulegen, soweit der Beschwerdeführer sie in Händen hat.
2    Genügt die Beschwerde diesen Anforderungen nicht oder lassen die Begehren des Beschwerdeführers oder deren Begründung die nötige Klarheit vermissen und stellt sich die Beschwerde nicht als offensichtlich unzulässig heraus, so räumt die Beschwerdeinstanz dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Verbesserung ein.
3    Sie verbindet diese Nachfrist mit der Androhung, nach unbenutztem Fristablauf auf Grund der Akten zu entscheiden oder, wenn Begehren, Begründung oder Unterschrift fehlen, auf die Beschwerde nicht einzutreten.
63 
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 63
1    Die Beschwerdeinstanz auferlegt in der Entscheidungsformel die Verfahrenskosten, bestehend aus Spruchgebühr, Schreibgebühren und Barauslagen, in der Regel der unterliegenden Partei. Unterliegt diese nur teilweise, so werden die Verfahrenskosten ermässigt. Ausnahmsweise können sie ihr erlassen werden.
2    Keine Verfahrenskosten werden Vorinstanzen oder beschwerdeführenden und unterliegenden Bundesbehörden auferlegt; anderen als Bundesbehörden, die Beschwerde führen und unterliegen, werden Verfahrenskosten auferlegt, soweit sich der Streit um vermögensrechtliche Interessen von Körperschaften oder autonomen Anstalten dreht.
3    Einer obsiegenden Partei dürfen nur Verfahrenskosten auferlegt werden, die sie durch Verletzung von Verfahrenspflichten verursacht hat.
4    Die Beschwerdeinstanz, ihr Vorsitzender oder der Instruktionsrichter erhebt vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss in der Höhe der mutmasslichen Verfahrenskosten. Zu dessen Leistung ist dem Beschwerdeführer eine angemessene Frist anzusetzen unter Androhung des Nichteintretens. Wenn besondere Gründe vorliegen, kann auf die Erhebung des Kostenvorschusses ganz oder teilweise verzichtet werden.102
4bis    Die Spruchgebühr richtet sich nach Umfang und Schwierigkeit der Streitsache, Art der Prozessführung und finanzieller Lage der Parteien. Sie beträgt:
a  in Streitigkeiten ohne Vermögensinteresse 100-5000 Franken;
b  in den übrigen Streitigkeiten 100-50 000 Franken.103
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Gebühren im Einzelnen.104 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005105 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010106.107
64
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz
VwVG Art. 64
1    Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen.
2    Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann.
3    Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat.
4    Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt.
5    Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111
ZGB: 712l
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 712l - 1 Unter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.
1    Unter ihrem eigenen Namen erwirbt die Gemeinschaft das sich aus ihrer Verwaltungstätigkeit ergebende Vermögen, wie namentlich die Beitragsforderungen und die aus ihnen erzielten verfügbaren Mittel, wie den Erneuerungsfonds.
2    Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer kann unter ihrem Namen klagen und betreiben sowie beklagt und betrieben werden.609
BGE Register
106-IA-7 • 107-II-269 • 108-IB-162 • 109-IA-166 • 110-V-48 • 112-IB-65 • 115-V-62 • 117-IA-472 • 117-V-282 • 118-IV-342 • 119-IV-242 • 121-II-273 • 121-III-358 • 122-II-385 • 124-II-361 • 125-I-267 • 125-II-417 • 125-II-613 • 125-V-373 • 126-II-300 • 127-I-31 • 127-I-54 • 127-I-6 • 127-II-215 • 127-III-219 • 127-V-431 • 128-I-327 • 128-III-271 • 129-I-161 • 129-I-173 • 129-II-18 • 129-II-497 • 129-V-73 • 130-I-269 • 130-I-312 • 130-II-449 • 130-III-321 • 131-II-13 • 131-II-271 • 131-II-352 • 131-IV-36 • 132-I-256 • 132-I-49 • 132-II-47 • 132-III-715 • 132-V-387 • 133-I-1 • 133-I-201 • 133-I-270 • 133-III-153 • 133-V-196 • 135-I-14 • 135-I-187 • 135-I-265 • 135-II-243 • 135-II-286 • 135-II-60 • 136-II-165 • 137-I-120 • 137-I-69 • 137-II-199 • 138-II-524 • 138-II-77 • 138-IV-13 • 138-V-218 • 139-I-16 • 139-I-72 • 140-I-99 • 140-II-384 • 140-III-610 • 83-IV-121 • 92-IV-132 • 93-II-192
Weitere Urteile ab 2000
2A.178/2004 • 2A.233/2005 • 2A.287/2005 • 2A.299/2001 • 2A.306/2003 • 2A.327/2006 • 2A.387/2000 • 2A.430/2006 • 2A.492/2002 • 2A.492/2003 • 2A.503/2000 • 2A.520/2002 • 2C_343/2010 • 2C_344/2010 • 2C_484/2010 • 2C_776/2013 • 4C.404/2006 • C_101/81 • C_326/47 • C_368/13 • L_284/41 • T_271/03 • T_340/03
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
swisscom • vorinstanz • verhalten • weiler • sanktion • sachverhalt • konkurrent • bundesverwaltungsgericht • umsatz • auskunftspflicht • bundesgericht • frage • dauer • innerhalb • literatur • stelle • endprodukt • juristische person • europäischer gerichtshof für menschenrechte • 1995
... Alle anzeigen
BVGE
2012/21 • 2011/32 • 2010/14 • 2009/35 • 2007/27 • 2007/6
BVGer
A-109/2008 • A-1513/2006 • A-5979/2010 • B-1100/2007 • B-2050/2007 • B-2157/2006 • B-2612/2011 • B-2799/2007 • B-2977/2007 • B-3577/2008 • B-3608/2009 • B-4637/2013 • B-506/2010 • B-7307/2014 • B-7633/2009 • B-8115/2008 • B-8399/2010 • B-8404/2010 • B-8430/2010 • D-2572/2007
BBl
1995/I/468 • 2002/2022 • 2003/7951 • 2012/3931
AB
2002 N 1453
EU Verordnung
1/2003
EU Amtsblatt
1976 L35 • 1985 L85 • 1988 L284 • 1997 C372 • 1998 C256 • 2000 L336 • 2001 C368 • 2003 L1 • 2003 L263 • 2004 C101 • 2006 C210 • 2009 C45 • 2012 C326
RPW
1999/4 • 2001/2 • 2002/1 • 2002/2 • 2002/4 • 2003/2 • 2003/3 • 2003/4 • 2004/2 • 2005/1 • 2005/3 • 2005/4 • 2006/2 • 2006/3 • 2006/4 • 2007/1 • 2007/2 • 2007/4 • 2008/1 • 2008/4 • 2010/1 • 2010/2 • 2010/4 • 2011/3 • 2013/1 • 2013/4 • 2014/1 • 2014/2 • 2014/3
sic!
200 S.6 • 200 S.7
SJZ
2001 S.313
SZIER
2007 S.428
SZW
2005 S.17