Bundesstrafgericht

Tribunal pénal fédéral Tribunale penale federale Tribunal penal federal

Geschäftsnummer: BB.2004.63

Entscheid vom 22. Februar 2005 Beschwerdekammer

Besetzung

Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser, Vorsitz, Andreas J. Keller und Walter Wüthrich , Gerichtsschreiberin Joséphine Contu

Parteien

A.______, Beschwerdeführer

gegen

Schweizerische Bundesanwaltschaft, Beschwerdegegnerin

Gegenstand

Beschwerde gegen Verfügung der Nichtfolgegebung (Art. 100 Abs. 3 BStP)

Sachverhalt:

A. Am 4. Januar 2004 erhob A.______ bei der Schweizerischen Bundesanwaltschaft (nachstehend „Bundesanwaltschaft“) Strafanzeige gegen diverse Bundesrichterinnen und Bundesrichter, Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber des Bundesgerichts sowie Mitglieder der Arbeitsgruppe „Bundesgericht“ der Geschäftsprüfungskommission der Eidgenössischen Räte. Am 7. Mai 2004 reichte er bei derselben Amtsstelle wiederum gegen diverse Mitglieder sowie Gerichtsschreiberinnen und Gerichtsschreiber des Bundesgerichts Strafanzeige ein. Am 13. Juni 2004 schliesslich erstattete er am selben Ort Strafanzeige gegen die Staatsanwältin des Bundes Susanne Pälmke und deren Protokollführerin Cornelia Trummer.

Den ersten beiden Strafanzeigen hat die Bundesanwaltschaft (Staatsanwältin Pälmke) vorerst durch einfaches Schreiben, dann auch mit zwei Verfügungen vom 12. Juli 2004 (Staatsanwalt Gerber) keine Folge gegeben. Der dritten Strafanzeige gab die Bundesanwaltschaft mit Verfügung vom 21. Oktober 2004 (Staatsanwalt Hopf) wiederum keine Folge. Die letztgenannte Verfügung enthielt auch eine Kostenauflage mit Rechtsmittelbelehrung bezüglich derselben (Beschwerdefrist 5 Tage), während hinsichtlich der Nichtfolgegebung in allen genannten Verfügungen ausdrücklich darauf verwiesen war, dass in Anwendung von Art. 100 Abs. 5 BStP nur das Opfer im Sinne von Art. 2
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
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OHG, nicht aber der Anzeigeerstatter zur Beschwerde befugt sei.

B. Mit zwei Eingaben vom 23. Juli 2004 erhob A.______ gegen die beiden Verfügungen der Bundesanwaltschaft vom 12. Juli 2004 Beschwerden mit diversen Anträgen (BA.2004.5 und BA.2004.6). Gegen die Verfügung vom 21. Oktober 2004 erhob er mit Eingabe vom 1. November 2004 ebenfalls Beschwerde (BB.2004.63). Er behauptet, allerdings ohne jegliche Begründung bzw. Substantiierung, er sei Opfer im Sinne von Art. 100 Abs. 5 BStP und deshalb verfahrens- und beschwerdelegitimiert. Implizit geht aus Antrag und Begründung der dritten Beschwerde auch hervor, dass er die Aufhebung der Kostenauflage beantragt.

C. Am 17. September (bezüglich der zwei ersten Beschwerden) bzw. 12. November 2004 (bezüglich der dritten Beschwerde) stellte A.______ das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung. Da er trotz Aufforderung keine brauchbaren Unterlagen über seine finanziellen Verhältnisse einreichte, trat das Gericht auf die ersten beiden Gesuche mit Entscheid vom 17. November 2004 (alt BK_A 105+106/04) nicht ein. Mit präsidialem Schreiben vom 11. Januar 2005 wurde ihm zudem Nichteintreten auch auf das Gesuch im dritten Verfahren (alt BK_B 188/04) mitgeteilt. Ein formeller Entscheid ist diesbezüglich im letztgenannten Fall bis heute nicht ergangen.

D. An der von der Beschwerdekammer auf den 15. Februar 2005 angesetzten Referentenaudienz blieb A.______ säumig.

E. Aus prozessökonomischen Gründen sind die drei Beschwerdeverfahren zu vereinigen und in einem gemeinsamen Entscheid zu behandeln.

Die Beschwerdekammer zieht in Erwägung:

1. Gemäss Art. 100 Abs. 3 BStP verfügt der Bundesanwalt, dass der Anzeige keine Folge gegeben wird, sofern kein Anlass zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens besteht. Art. 100 Abs. 4
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
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BStP verpflichtet den Bundesanwalt dazu, den Anzeiger davon zu benachrichtigen, falls jener bekannt ist. Eine solche Benachrichtigung ist weder form- noch inhaltsgebunden, zumal dem Anzeiger kein Rechtsmittel zusteht (Bänziger/ Leimgruber, Das neue Engagement des Bundes in der Strafverfolgung, Bern 2001, Art. 100
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
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BStP N. 236 f.). Es muss ihr lediglich entnommen werden können, dass keine Ermittlungen gegen den Angezeigten eingeleitet werden. Zur Beweisbarkeit der Benachrichtigung ist die Schriftlichkeit mit eingeschriebenem Brief wohl ratsam.

Das Opfer im Sinne von Art. 100 Abs. 5 BStP hat demgegenüber das Recht zur Beschwerde. Ihm ist die Verfügung der Nichtfolgegebung der Anzeige zu eröffnen, d.h. es ist ihm das Dispositiv der Verfügung sowie eine Begründung zuzustellen und es ist eine Rechtsmittelbelehrung beizufügen.

2. Bei Nichtfolgegebung können gemäss Art. 246bis Abs. 2 lit. b
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
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BStP dem Anzeiger oder dem Geschädigten Kosten auferlegt werden, sofern sie das Verfahren durch Arglist oder grobe Fahrlässigkeit veranlasst oder erschwert haben.

3. Im vorliegenden Fall ergaben sich für die Beschwerdegegnerin keinerlei Anhaltspunkte, wonach es sich beim Beschwerdeführer um ein Opfer im Sinne von Art. 2
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
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des OHG handeln könnte, dass er also durch die angeblichen Straftaten in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden sei. Solches wurde vom Beschwerdeführer auch nie konkret behauptet. In der Beschwerdeschrift behauptet er zwar die unmittelbare Schädigung der psychischen Integrität und offeriert seine eigene psychiatrische Begutachtung als Beweis. Einen konkreten Hinweis oder gar Beweis für den Zusammenhang zwischen der psychischen Schädigung und den angeblichen Straftaten bleibt er jedoch schuldig und ein solcher ist aus den Akten auch nicht ersichtlich. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung fallen Amtsmissbrauch und Begünstigung nicht unter das OHG (vgl. BGE 120 Ia 157, 163 E. 2d aa; Urteil des Bundesgerichts 1 P. 399/2003 vom 10. September 2003; Botschaft zum Opferhilfegesetz vom 25. April 1990, BBl 1990 II 977). Gleiches muss auch für ungetreue Amtsführung (Art. 314
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 314 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
StGB) gelten. Die geltend gemachte Beschimpfung (Art. 177
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
StGB), begangen dadurch, dass der Staatsanwalt des Bundes Thomas Hopf die Möglichkeit in Betracht gezogen habe, dass der Beschwerdeführer Tatbeweis und Tatverdacht nicht zu unterscheiden wisse, ist im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens schon insofern ohne Bedeutung, als ein gültiger Strafantrag nie gestellt wurde. Die Beschwerdekammer lud den Beschwerdeführer vergeblich zu einer Referentenaudienz ein, welche diesem unter anderem die Gelegenheit gegeben hätte, seine Opferqualität zu substantiieren. Die Opfereigenschaft im Sinne des OHG ist in keiner Weise dargetan.

4. Die Beschwerdegegnerin handelte deshalb korrekt, wenn sie den Beschwerdeführer vorerst lediglich informell darüber benachrichtigte, dass seiner Anzeige keine Folge gegeben werde. Wenn die Beschwerdegegnerin mit Datum vom 12. Juli 2004 dem Beschwerdeführer mit einer Verfügung die Nichtfolgegebung seiner Anzeigen auch noch formell eröffnete, so war dies ein nicht erforderliches Entgegenkommen ihrerseits.

5. Richtig war, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer den Kostenentscheid vom 21. Oktober 2004 formell eröffnet hat, denn mit diesem Entscheid wurde eine Zahlungspflicht des Beschwerdeführers begründet. Dies stellt eine Amtshandlung dar und hat mittels Verfügung zu geschehen. Das Bundesgericht hält in BGE 129 IV 197 zwar fest, dass vor der formellen Eröffnung des Ermittlungsverfahrens Handlungen des Bundesanwalts nicht mit Beschwerde gemäss Art. 105 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BStP angefochten werden können. Das betrifft aber nebst eigentlichen Ermittlungshandlungen lediglich die Mitteilung der Nichtfolgegebung als solche, nicht aber die erst mit der seit dem 1. April 2004 in Kraft stehenden Gesetzesnovelle vom 19. Dezember 2003 (Entlastungsprogramm 2003) eingeführte Kostenauflage durch den Bundesanwalt bei Nichtfolgegebung gemäss Art. 246bis
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BStP. Die Kostenauflage als Amtshandlung des Bundesanwalts ist gestützt auf Art. 105bis Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
BStP anfechtbar.

6. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer nur bezüglich der Kostenverfügung zur Beschwerde an das Bundesstrafgericht legitimiert ist.

7. Im Entlastungsprogramm 2003 wollte der Gesetzgeber bezüglich Kostentragungspflicht dem Verursacherprinzip vermehrt Rechnung tragen (Botschaft vom 2. Juli 2003; BBl 2003 5615 ff.). Damit begründete er auch die Kostentragungspflicht des arglistigen oder grobfahrlässigen Anzeigers (BBl 2003 5745 f.). Die Kriterien „arglistig“ und „grobfahrlässig“ sind im Gesetz selber und in den Materialien nicht näher definiert und bedürfen daher der Auslegung durch den Richter.

„Ein Verfahren durch Arglist veranlassen“ kann dabei nicht dasselbe bedeuten wie bei der falschen Anschuldigung im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB. Art. 303
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
StGB regelt im Hauptfall (Ziff. 1 Abs. 1) die ausdrückliche schriftliche oder mündliche falsche Anzeige. Dieser Fall wird durch die Generalklausel von Abs. 2, der arglistigen indirekten Veranstaltungen, ergänzt. Die bewusst unwahre Anschuldigung eines Nichtschuldigen gilt damit bereits per se als arglistig, wohingegen das Merkmal der Arglist bei bloss averbalen Anschuldigungen zusätzlich vorliegen muss (BGE 85 IV 80, 81 f. E. 1; Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht Besonderer Teil II: Straftaten gegen Gemeininteressen, 5. Aufl., § 53 N. 8 und 16). Bezüglich Kostentragungspflicht meint der Begriff der arglistigen Anzeige demgegenüber sowohl eine explizite mündliche oder schriftliche, in ihrem Gehalt arglistig falsche, d.h. nicht auf den ersten Blick als falsch erkennbare Anzeige, wie auch eine averbale Anschuldigung mittels besonderer Machenschaften oder qualifizierter Lüge.

Im Zusammenhang mit dem zweiten Fall der Möglichkeiten der Kostenüberbindung, nämlich dem „grobfahrlässigen Veranlassen eines Verfahrens“, stellt sich die Frage, welches Mass an Sorgfalt dem Strafanzeiger bei der Abklärung seines Verdachts zugemutet werden darf. Dabei ist bei der Kostenauflage auf den Anzeiger Zurückhaltung zu üben, denn der Staat hat ein Interesse daran, dass strafbare Handlungen auch durch Private zur Anzeige gebracht werden (Schaub, Kommentar zum Strafverfahren des Kantons Bern, Bern 1992, Art. 200 N. 5). Grobfahrlässig handelt nach der sinngemäss auch für die Überbindung der Kosten auf den Anzeiger geltenden Regelung über die zivilrechtliche Haftung (BGE 116 Ia 162, 175), wer unwahre Angaben macht, übertreibt oder in elementarer Weise Notwendiges verschweigt, so dass für jeden verständigen Menschen die Irreführung der Untersuchungsbehörde offensichtlich wird (SOG 1997, S. 38, N. 17 E. 2; GVP 1991, Nr. 57).

Im vorliegenden Fall ist das Abweichen von einer vernünftigen Strafanzeige so ausgeprägt, dass sich ein Nichtfolgegebungs-Entscheid der Beschwerdegegnerin zum Vorneherein offensichtlich aufdrängte. Dieser Umstand rechtfertigt die angefochtene Kostenüberbindung im Grundsatz.

8. An der unteren Grenze des Vertretbaren liegend ist die Höhe der überbundenen Kosten von Fr. 200.--. Massgebend für die Gebührenbemessung ist die Verordnung über die Kosten für die Bundesstrafrechtspflege vom 22. Oktober 2003 (SR 312.025). Gemäss deren Art. 4 lit. a beträgt die Minimalgebühr für die Nichtfolgegebung Fr. 500.--. Daraus erhellt, dass die Beschwerdegegnerin dem Beschwerdeführer maximal zwei Fünftel der entstandenen Kosten auferlegt hat. Art. 246bis Abs. 2
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
BStP sieht die Möglichkeit der teilweisen Überbindung vor. Da der Beschwerdegegnerin diesbezüglich ein Ermessensspielraum zusteht und dieser stark zu Gunsten des Kostenpflichtigen genutzt wurde, ist die festgelegte Höhe der überbundenen Kosten nicht zu beanstanden.

9. Da der Beschwerdeführer/Gesuchsteller die massgeblichen finanziellen Verhältnisse trotz Aufforderung nicht belegt hat und die Beschwerde vom 21. Oktober 2004 aufgrund des Gesagten aussichtslos ist, kann auf das Gesuch vom 12. November 2004 um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und unentgeltlichen Rechtsverbeiständung nicht eingetreten werden.

10. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1’500.-- festgesetzt und dem Beschwerdeführer, unter Verrechnung mit den drei geleisteten Kostenvorschüssen von je Fr. 500.-- (eingelangt unter BK_A 105/04, BK_A 106/04 und BK_B 188/04), auferlegt (Art. 3 des Reglements vom 11. Februar 2004 über die Gerichtsgebühren vor dem Bundesstrafgericht [SR 173.711.32]; Art. 25 Abs. 4
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 25 - 1 Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
1    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
2    Wenn es für ihren Entscheid erforderlich ist, ordnet die Beschwerdekammer eine Beweisaufnahme an; sie kann dabei die Dienste der beteiligten Verwaltung und des für das betreffende Sprachgebiet gewählten eidgenössischen Untersuchungsrichters in Anspruch nehmen.
3    Wo es zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen nötig ist, hat die Beschwerdekammer von einem Beweismittel unter Ausschluss des Beschwerdeführers oder Antragstellers Kenntnis zu nehmen.
4    Die Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer bestimmt sich nach Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201030.31
VStrR i. V. m. Art. 245
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 25 - 1 Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
1    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
2    Wenn es für ihren Entscheid erforderlich ist, ordnet die Beschwerdekammer eine Beweisaufnahme an; sie kann dabei die Dienste der beteiligten Verwaltung und des für das betreffende Sprachgebiet gewählten eidgenössischen Untersuchungsrichters in Anspruch nehmen.
3    Wo es zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen nötig ist, hat die Beschwerdekammer von einem Beweismittel unter Ausschluss des Beschwerdeführers oder Antragstellers Kenntnis zu nehmen.
4    Die Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer bestimmt sich nach Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201030.31
BStP und Art. 156 Abs. 1
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 25 - 1 Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
1    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
2    Wenn es für ihren Entscheid erforderlich ist, ordnet die Beschwerdekammer eine Beweisaufnahme an; sie kann dabei die Dienste der beteiligten Verwaltung und des für das betreffende Sprachgebiet gewählten eidgenössischen Untersuchungsrichters in Anspruch nehmen.
3    Wo es zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen nötig ist, hat die Beschwerdekammer von einem Beweismittel unter Ausschluss des Beschwerdeführers oder Antragstellers Kenntnis zu nehmen.
4    Die Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer bestimmt sich nach Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201030.31
OG).

Demnach erkennt die Beschwerdekammer:

1. Die Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2. Auf das Gesuch vom 12. November 2004 um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und unentgeltlichen Rechtsverbeiständung wird nicht eingetreten.

3. Die Gerichtsgebühr wird auf Fr. 1'500.-- festgesetzt und dem Beschwerdeführer, unter Verrechnung mit den drei geleisteten Kostenvorschüssen in gleicher Höhe, auferlegt.

Bellinzona, 22. März 2005

Im Namen der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Zustellung an

- A.______

- Schweizerische Bundesanwaltschaft

Rechtsmittelbelehrung

Gegen Entscheide der Beschwerdekammer über Zwangsmassnahmen kann innert 30 Tagen seit der Eröffnung wegen Verletzung von Bundesrecht beim Bundesgericht Beschwerde geführt werden. Das Verfahren richtet sich sinngemäss nach den Artikeln 214 bis 216, 218 und 219 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (Art. 33 Abs. 3 lit. a
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 25 - 1 Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
1    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
2    Wenn es für ihren Entscheid erforderlich ist, ordnet die Beschwerdekammer eine Beweisaufnahme an; sie kann dabei die Dienste der beteiligten Verwaltung und des für das betreffende Sprachgebiet gewählten eidgenössischen Untersuchungsrichters in Anspruch nehmen.
3    Wo es zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen nötig ist, hat die Beschwerdekammer von einem Beweismittel unter Ausschluss des Beschwerdeführers oder Antragstellers Kenntnis zu nehmen.
4    Die Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer bestimmt sich nach Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201030.31
SGG).

Eine Beschwerde hemmt den Vollzug des angefochtenen Entscheides nur, wenn die Rechtsmittelinstanz oder deren Präsident es anordnet.

Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : BB.2004.63
Datum : 22. Februar 2005
Publiziert : 01. Juni 2009
Quelle : Bundesstrafgericht
Status : Publiziert als TPF 2005 79
Sachgebiet : Beschwerdekammer: Strafverfahren
Gegenstand : Beschwerde gegen Verfügung der Nichtfolgegebung (Art. 100 Abs. 3 BStP)


Gesetzesregister
BStP: 100  105  105bis  245  246bis
OG: 156
OHG: 2
SR 312.5 Bundesgesetz vom 23. März 2007 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG) - Opferhilfegesetz
OHG Art. 2 Formen der Opferhilfe - Die Opferhilfe umfasst:
a  Beratung und Soforthilfe;
b  längerfristige Hilfe der Beratungsstellen;
c  Kostenbeiträge für längerfristige Hilfe Dritter;
d  Entschädigung;
e  Genugtuung;
f  Befreiung von Verfahrenskosten;
g  ...3
SGG: 33
StGB: 177 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 177 - 1 Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
1    Wer jemanden in anderer Weise durch Wort, Schrift, Bild, Gebärde oder Tätlichkeiten in seiner Ehre angreift, wird, auf Antrag, mit Geldstrafe bis zu 90 Tagessätzen bestraft.230
2    Hat der Beschimpfte durch sein ungebührliches Verhalten zu der Beschimpfung unmittelbar Anlass gegeben, so kann das Gericht den Täter von Strafe befreien.
3    Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien.
303 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 303 - 1. Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
1    Wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder eines Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen,
2    Betrifft die falsche Anschuldigung eine Übertretung, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
314
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 314 - Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
VStrR: 25
SR 313.0 Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR)
VStrR Art. 25 - 1 Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
1    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts29 entscheidet über die ihr nach diesem Gesetz zugewiesenen Beschwerden und Anstände.
2    Wenn es für ihren Entscheid erforderlich ist, ordnet die Beschwerdekammer eine Beweisaufnahme an; sie kann dabei die Dienste der beteiligten Verwaltung und des für das betreffende Sprachgebiet gewählten eidgenössischen Untersuchungsrichters in Anspruch nehmen.
3    Wo es zur Wahrung wesentlicher öffentlicher oder privater Interessen nötig ist, hat die Beschwerdekammer von einem Beweismittel unter Ausschluss des Beschwerdeführers oder Antragstellers Kenntnis zu nehmen.
4    Die Kostenpflicht im Beschwerdeverfahren vor der Beschwerdekammer bestimmt sich nach Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 201030.31
BGE Register
116-IA-162 • 120-IA-157 • 129-IV-197 • 85-IV-80
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
strafanzeige • beschwerdekammer • bundesgericht • bundesstrafgericht • opfer • unentgeltliche rechtspflege • rechtsmittelbelehrung • staatsanwalt • gerichtsschreiber • tag • finanzielle verhältnisse • entscheid • kommunikation • strafbare handlung • verdacht • kostenentscheid • bundesgesetz über die bundesstrafrechtspflege • falsche anschuldigung • bundesgesetz über die hilfe an opfer von straftaten • falsche angabe
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BB.2004.63 • BK_A_105/04 • BK_A_106/04 • BK_B_188/04 • BA.2004.6 • BA.2004.5
BBl
1990/II/977 • 2003/5615 • 2003/5745