Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1P.239/2004 /sta

Urteil vom 16. Juni 2004
I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiber Steinmann.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Meier,

gegen

Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, Klosterhof 1,
9001 St. Gallen.

Gegenstand
Gesuch um Erlass der Einschreibgebühr,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Entscheide des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 6. und 16. April 2004.

Sachverhalt:
Das Kreisgericht Gaster-See befand mit Urteil vom 18. Dezember 2003 X.________ des Diebstahls schuldig und bestrafte ihn mit drei Jahren Gefängnis. Aufgrund der Beweislage (u.a. mit festgestellten DNA-Spuren) ging das Gericht davon aus, dass X.________ das Tatfahrzeug zu dem vor der Bank A.________ in ... stationierten Geldtransportfahrzeug gelenkt habe, dass in der Folge der Komplize Y.________ die Seitenscheibe des Transportfahrzeuges aufgeschlagen, die Geldbox aufgebrochen und ihr darin befindliche Geldsäcke entnommen habe und dass X.________ daraufhin das Tatfahrzeug zur Autobahnraststätte gelenkt habe, wo die beiden Täter mit einem bereit gestellten Personenwagen weiterfuhren.

Gegen diesen Entscheid meldete Rechtsanwältin Lisa Etter-Steinlin als Verteidigerin von X.________ beim Kantonsgericht St. Gallen am 22. März 2004 Berufung an, verlangte u.a. die Aufhebung von Schuld- und Strafspruch und ersuchte um Befreiung von der Einschreibgebühr sowie um amtliche Verteidigung.

Mit Schreiben vom 6. April 2004 wies der Präsident der Strafkammer des Kantonsgerichts das Begehren um Erlass der Einschreibgebühr ab und setzte X.________ eine Notfrist zur Bezahlung der Einschreibgebühr von Fr. 800.-- an. Zur Begründung führte er an, die erstinstanzliche Verurteilung beruhe auf einer sorgfältigen, nachvollziehbaren und überzeugenden Beweiswürdigung. Unter diesen Umständen erscheine der - bisher nicht begründete - Antrag auf Freispruch aufgrund einer vorläufigen Beurteilung als aussichtslos im Sinne der Rechtsprechung.

Auf eine weitere Eingabe hin bestätigte der Präsident der Strafkammer des Kantonsgerichts am 16. April 2004 den abschlägigen Entscheid hinsichtlich der Aufforderung zur Bezahlung der Einschreibgebühr, da die Voraussetzungen für einen wiedererwägungsweisen Erlass der Einschreibgebühr nicht gegeben seien. Ferner erscheine die Bedürftigkeit von X.________ fraglich.

Gegen diese beiden Entscheide hat X.________, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Meier, beim Bundesgericht am 22. April 2004 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er stellt den Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und der Präsident der Strafkammer des Kantonsgerichts anzuweisen, ihm die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und ihm die Einschreibgebühr zu erlassen.
Das Kantonsgericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Mit Verfügung vom 3. Mai 2004 ist der staatsrechtlichen Beschwerde aufschiebende Wirkung beigelegt worden.

Das Kantonsgericht teilte dem Bundesgericht mit, dass der Beschwerdeführer seine Berufung zurückgezogen habe. Diese Mitteilung ist dem Gericht indessen nicht rechtzeitig vor der Urteilsfällung zur Kenntnis gekommen und bleibt daher unbeachtlich. Nicht zu beachten ist ferner der erst nach der Urteilsfällung eingegangene Rückzug der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.
1.1 Der Entscheid des Präsidenten der Strafkammer des Kantonsgerichts vom 6. April 2004 kann mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (vgl. BGE 129 I 281 E. 1 S. 283, mit Hinweisen). Unzulässig sind über die Aufhebung hinausgehende Anträge (vgl. BGE 129 I 129 E. 1.2 S. 131, mit Hinweisen). Ob und inwieweit auf die Beschwerde gegen den Wiedererwägungsentscheid vom 16. April 2004 einzutreten ist, kann - wie sich zeigen wird - offen bleiben.
1.2 In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Berufungserklärung gemäss Art. 239 des Strafprozessgesetzes des Kantons St. Gallen (StP) angemeldet, indessen - in Erwartung einer Aufforderung nach Art. 242 StP zur Einreichung einer Begründung - zurzeit noch nicht begründet hat. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf Art. 225 Abs. 3 StP, wonach der Präsident der Rechtsmittelinstanz auf Gesuch hin die Einschreibgebühr erlassen kann, wenn der Rekurrent bedürftig und das Rechtsmittel nicht aussichtslos ist. Der angefochtene Entscheid stützt sich allein auf die Aussichtslosigkeit der Berufung, während der Wiedererwägungsentscheid zusätzlich antönt, dass die Bedürftigkeit in Zweifel gezogen werden könnte.
2.
2.1 Nach Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK hat der Angeschuldigte, der nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, im Strafprozess Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn dies zur gehörigen Wahrung seiner Rechte notwendig und im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist und das Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Im Strafverfahren ist dies insbesondere geboten, wenn das in Frage stehende Verfahren besonders stark in die Rechtspositionen des Betroffenen eingreift. Das trifft unabhängig von den tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten namentlich zu, falls dem Angeschuldigten eine schwerwiegende freiheitsentziehende Massnahme oder Strafe droht, deren Dauer die Gewährung des bedingten Strafvollzugs ausschliesst (BGE 129 I 281 E. 3.1 S. 285, 128 I 225 E. 2.5.2 S. 232, 122 I 49 E. 2c/bb S. 51, 120 Ia 43 E. 2a S. 44).

Diese Grundsätze gelten auch für Kostenvorschüsse wie die im vorliegenden Fall umstrittene Einschreibgebühr. Darüber hinaus kann, nachdem der Beschwerdeführer erstinstanzlich zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden ist, nicht in Zweifel gezogen werden, dass es sich um eine für diesen schwerwiegende Angelegenheit im Sinne der Rechtsprechung handelt.
2.2 Damit stellt sich die Frage, wie es sich aufgrund der Bundesverfassung und der Menschenrechtskonvention mit Kostenvorschüssen und Einschreibgebühren in einem strafrechtlichen Berufungsverfahren verhält. Dabei ist von der Schwere und Tragweite des Strafverfahrens im obgenannten Sinne sowie von den Besonderheiten des Rechtsmittelverfahrens und den konkreten Umständen auszugehen (vgl. BGE 129 I 281 sowie unpubliziertes Urteil 1P.744/1994 vom 6. März 1995 i.S. R. gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen, E. 3). Zudem ist zu beachten, dass Art. 32 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
BV sowie Art. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 2 Recht auf Leben - (1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden, ausser durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist.
a  jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b  jemanden rechtmässig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmässig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c  einen Aufruhr oder Aufstand rechtmässig niederzuschlagen.
des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK und Art. 15 Ziff. 5
IR 0.103.2 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte
UNO-Pakt-II Art. 15 - (1) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach inländischem oder nach internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine schwerere Strafe als die im Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden. Wird nach Begehung einer strafbaren Handlung durch Gesetz eine mildere Strafe eingeführt, so ist das mildere Gesetz anzuwenden.
UNO-Pakt II jedem Verurteilten das Recht einräumen, seine Verurteilung von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen (vgl. BGE 129 I 281 E. 4.3 S. 287).

Wie dargetan, ist das vorliegende Strafverfahren für den Beschwerdeführer von grosser Tragweite und mit weitreichenden Konsequenzen verbunden. Das Berufungsverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es grundsätzlich mündlich geführt wird, dass alle Mängel des Verfahrens und des erstinstanzlichen Entscheides gerügt werden können und dass neue Tatsachen und Beweismittel zugelassen sind (Art. 238 und 243 StP). Dem Berufungsrichter, wie auch dem erstinstanzlichen Strafrichter, kommt bei der Strafzumessung ein weites Ermessen zu. Ferner ist die Berufung zurzeit noch nicht begründet, was eine sachgemässe Beurteilung der Erfolgsaussichten von vornherein ausschliesst (vgl. BGE 129 I 281 E. 4.6 S. 289). Schliesslich beurteilt sich eine Berufung nicht allein aufgrund der gestellten Anträge; auch eine nur geringe Herabsetzung des Strafmasses könnte für den Beschwerdeführer einen Erfolg darstellen (vgl. genanntes unpubliziertes Urteil, E. 3b).
Vor diesem Hintergrund lässt sich der angefochtene Entscheid, mit dem der Erlass der Einschreibgebühr wegen Aussichtslosigkeit der Berufung verweigert worden ist, im Lichte von Art. 29 Abs. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK nicht halten. Die Beschwerde erweist sich daher als begründet.
3.
Demnach ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid des Präsidenten der Strafkammer des Kantonsgerichts vom 6. April 2004 ist aufzuheben. Damit verliert auch der Wiedererwägungsentscheid vom 16. April 2004 seine Bedeutung. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG) und hat der Kanton St. Gallen den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art. 159
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des Präsidenten der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 6. April 2004 wird aufgehoben.
2.
Es werden keine Kosten erhoben.
3.
Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 1'000.-- zu entschädigen.
4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 16. Juni 2004
Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 1P.239/2004
Datum : 16. Juni 2004
Publiziert : 15. Juli 2004
Quelle : Bundesgericht
Status : Unpubliziert
Sachgebiet : Strafprozess
Gegenstand : Tribunale federale Tribunal federal {T 0/2} 1P.239/2004 /sta Urteil vom 16. Juni


Gesetzesregister
BV: 29 
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
32
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 32 Strafverfahren - 1 Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
1    Jede Person gilt bis zur rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig.
2    Jede angeklagte Person hat Anspruch darauf, möglichst rasch und umfassend über die gegen sie erhobenen Beschuldigungen unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte geltend zu machen.
3    Jede verurteilte Person hat das Recht, das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen. Ausgenommen sind die Fälle, in denen das Bundesgericht als einzige Instanz urteilt.
EMRK: 2 
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 2 Recht auf Leben - (1) Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich geschützt. Niemand darf absichtlich getötet werden, ausser durch Vollstreckung eines Todesurteils, das ein Gericht wegen eines Verbrechens verhängt hat, für das die Todesstrafe gesetzlich vorgesehen ist.
a  jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b  jemanden rechtmässig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit rechtmässig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c  einen Aufruhr oder Aufstand rechtmässig niederzuschlagen.
6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG: 156  159
SR 0.103.2: 15
BGE Register
120-IA-43 • 122-I-49 • 128-I-225 • 129-I-129 • 129-I-281
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1P.239/2004 • 1P.744/1994
Stichwortregister
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