23.01.2023 - * / In Kraft
20.06.2017 - 22.01.2023
01.01.2014 - 19.06.2017
01.01.2013 - 31.12.2013
01.01.2012 - 31.12.2012
01.01.2008 - 31.12.2011
01.01.2003 - 31.12.2007
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1

Verordnung
über die Aufnahme von Kindern zur Pflege und
zur Adoption
(PAVO)1

vom 19. Oktober 1977 (Stand am 24. Dezember 2002) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 316 Absatz 2 des Zivilgesetzbuches2 (ZGB),
auf Artikel 26 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 20013
zum Haager Adoptionsübereinkommen und über Massnahmen zum Schutz
des Kindes bei internationalen Adoptionen (BG-HAÜ)
und auf Artikel 25 Absatz 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 19314
über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer,5 verordnet:

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

Art. 1

Grundsatz

1 Die Aufnahme von Unmündigen ausserhalb des Elternhauses bedarf gemäss dieser
Verordnung einer Bewilligung und untersteht der Aufsicht.

2 Unabhängig von der Bewilligungspflicht kann die Aufnahme untersagt werden,
wenn die beteiligten Personen erzieherisch, charakterlich oder gesundheitlich ihrer
Aufgabe nicht gewachsen sind oder die Verhältnisse offensichtlich nicht genügen.

3 Vorbehalten bleiben a.

die Befugnisse der Eltern, der Organe der Vormundschaft und der Jugendstrafrechtspflege; b.

die Bestimmungen des öffentlichen Rechts zum Schutz der Unmündigen,
insbesondere über die Bekämpfung der Tuberkulose.

AS 1977 1931 1

Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003
(AS 2002 4167).

2

SR 210

3

SR 211.221.31 4

SR 142.20

5 Fassung

gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

211.222.338

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 2

211.222.338


Art. 2


6

Zuständige Behörde

1 Die für die Bewilligung und die Aufsicht zuständige Behörde (im Folgenden Behörde genannt) ist: a.

im Bereich der Familien-, Heim- und Tagespflege die Vormundschaftsbehörde am Ort der Unterbringung des Unmündigen; b.

im Bereich der Aufnahme zur Adoption die nach Artikel 316 Absatz 1bis
ZGB bezeichnete einzige Behörde im Wohnsitzkanton des Gesuchstellers.

2 Die Kantone können die Aufgaben nach Absatz 1 Buchstabe a anderen geeigneten
Behörden oder Stellen übertragen.


Art. 3

Kantonales Recht

1 Die Kantone sind befugt, zum Schutz von Unmündigen, die ausserhalb des Elternhauses aufwachsen, Bestimmungen zu erlassen, die über diese Verordnung hinausgehen.

2 Den Kantonen ist es vorbehalten, das Pflegekinderwesen zu fördern, insbesondere: a.

Massnahmen zu treffen zur Ausbildung, Weiterbildung und Beratung von
Pflegeeltern, Kleinkinder- und Heimerziehern sowie zur Vermittlung guter
Pflegeplätze in Familien und Heimen; b.

Muster für Pflegeverträge und Formulare für Gesuche und Meldungen zu erstellen, Richtlinien für die Festsetzung von Pflegegeldern zu erlassen und
Merkblätter über die Rechte und Pflichten von Eltern und Pflegeeltern herauszugeben.

2. Abschnitt: Familienpflege

Art. 4

Bewilligungspflicht

1 Wer ein Kind, das noch schulpflichtig oder noch nicht 15 Jahre alt ist, für mehr
als drei Monate oder für unbestimmte Zeit entgeltlich oder unentgeltlich zur Pflege
und Erziehung in seinen Haushalt aufnehmen will, benötigt eine Bewilligung der
Behörde.7

2 Die Bewilligungspflicht besteht auch: a.

wenn das Kind von einer Behörde untergebracht wird; b.

wenn es das Wochenende nicht in der Pflegefamilie verbringt.

3 Die Kantone können die Bewilligungspflicht für die Aufnahme verwandter Kinder
aufheben.

6 Fassung

gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

7 Fassung

gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 3

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Art. 5

Allgemeine Voraussetzungen der Bewilligung 1 Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn die Pflegeeltern und ihre Hausgenossen nach Persönlichkeit, Gesundheit und erzieherischer Eignung sowie nach den
Wohnverhältnissen für gute Pflege, Erziehung und Ausbildung des Kindes Gewähr
bieten und das Wohl anderer im der Pflegefamilie lebender Kinder nicht gefährdet
wird.

2 und 3 ...8


Art. 6


9

Aufnahme ausländischer Kinder 1 Wird keine Adoption angestrebt, so kann ein ausländisches Kind, das bisher im
Ausland gelebt hat, in der Schweiz nur aufgenommen werden, wenn ein wichtiger
Grund vorliegt.

2 Die Pflegeeltern müssen eine schriftliche Erklärung des nach dem Recht des Herkunftslandes des Kindes zuständigen gesetzlichen Vertreters vorlegen, in der dieser
angibt, zu welchem Zweck das Kind in der Schweiz untergebracht werden soll. Ist
diese Erklärung nicht in einer schweizerischen Amtssprache abgefasst, so kann die
Behörde eine Übersetzung verlangen.

3 Die Pflegeeltern müssen sich schriftlich verpflichten, ohne Rücksicht auf die Entwicklung des Pflegeverhältnisses für den Unterhalt des Kindes in der Schweiz wie
für den eines eigenen aufzukommen und dem Gemeinwesen die Kosten zu ersetzen,
die es an ihrer Stelle für den Unterhalt des Kindes getragen hat.

a10
b11 Erleichterte Aufnahme ausländischer Kinder Die Voraussetzungen nach Artikel 6 gelten nicht für die Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im Ausland gelebt hat, wenn:12 a.

seine Eltern eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung in der
Schweiz besitzen;

b.

es auf Anordnung oder durch Vermittlung einer Bundesbehörde untergebracht wird.

8

Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002 (AS 2002 4167).

9 Fassung

gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

10

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Aufgehoben durch Ziff. I
der V vom 29. Nov. 2002 (AS 2002 4167).

11

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

12 Fassung

gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 4

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Art. 7

Untersuchung

1 Die Behörde hat die Verhältnisse in geeigneter Weise, vorab durch Hausbesuche
und nötigenfalls unter Beizug von Sachverständigen, abzuklären.

2 ...13


Art. 8

Bewilligung

1 Die Pflegeeltern müssen die Bewilligung vor Aufnahme des Kindes einholen.

2 Die Bewilligung wird ihnen für ein bestimmtes Kind erteilt; sie kann befristet und
mit Auflagen und Bedingungen verbunden werden.

3 Das Kind muss gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Haftpflicht angemessen versichert werden.14 4 Die Bewilligung für die Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im
Ausland gelebt hat (Art. 6), wird erst wirksam, wenn das Visum erteilt oder die Aufenthaltsbewilligung zugesichert ist (Art. 8a).15
a16 Kantonale Ausländerbehörde 1 Die Behörde überweist die Bewilligung zur Aufnahme eines ausländischen Kindes,
das bisher im Ausland gelebt hat, mit ihrem Bericht über die Pflegefamilie der kantonalen Ausländerbehörde.

2 Die kantonale Ausländerbehörde entscheidet über das Visum oder die Zusicherung
der Aufenthaltsbewilligung für das Kind und teilt ihren Entscheid der Behörde mit.

b17 Meldepflicht

Die Pflegeeltern müssen der Behörde innerhalb von zehn Tagen die Einreise des
Kindes mitteilen.


Art. 9

Änderung der Verhältnisse 1 Die Pflegeeltern haben der Behörde alle wichtigen Veränderungen der Verhältnisse unverzüglich zu melden, insbesondere den Wechsel der Wohnung sowie die
Auflösung des Pflegeverhältnisses und, soweit bekannt, den neuen Aufenthaltsort
des Kindes.

2 Sie haben auch den gesetzlichen Vertreter oder den Versorger von wichtigen Vorkommnissen zu benachrichtigen.

13

Aufgehoben durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002 (AS 2002 4167).

14

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

15 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

16 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

17 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54). Fassung gemäss Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 5

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Art. 10

Aufsicht

1 Die Behörde bezeichnet eine geeignete Person, welche die Pflegefamilie sooft als
nötig, jährlich aber wenigstens einmal besucht.

2 Der Besucher vergewissert sich, ob die Voraussetzungen für die Weiterführung des
Pflegeverhältnisses erfüllt sind; er berät die Pflegeeltern und hilft ihnen, Schwierigkeiten zu überwinden.

3 Besteht Gewähr dafür, dass das Pflegeverhältnis durch den gesetzlichen Vertreter
oder Versorger genügend überwacht wird, oder erscheint eine Gefährdung aus andern Gründen ausgeschlossen so kann die Behörde die Besuche aussetzen.

4 Die Behörde wacht darüber, dass die gesetzliche Vertretung des Kindes ordnungsgemäss geregelt ist.18

Art. 11

Widerruf der Bewilligung 1 Können Mängel oder Schwierigkeiten auch in Zusammenarbeit mit dem gesetzlichen Vertreter oder dem Versorger nicht behoben werden und erscheinen andere
Massnahmen zur Abhilfe nutzlos, so entzieht die Behörde die Bewilligung und fordert den gesetzlichen Vertreter oder den Versorger auf, das Kind binnen angemessener Frist anderswo unterzubringen.

2 Bleibt diese Aufforderung erfolglos, so benachrichtigt die Behörde die Vormundschaftsbehörde am Wohnsitz und gegebenenfalls am Aufenthaltsort des Kindes (Art.
315 ZGB19 ).

3 Liegt Gefahr im Verzug, so nimmt die Behörde das Kind unter Anzeige an die
Vormundschaftsbehörde sofort weg und bringt es vorläufig anderswo unter.

2a Abschnitt:20 Aufnahme zur Adoption
a Bewilligungspflicht

Wer ein Kind zur Adoption aufnimmt, benötigt eine Bewilligung der Behörde.

b Voraussetzungen für die Bewilligung 1 Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn: a.

die künftigen Adoptiveltern und ihre Hausgenossen nach Persönlichkeit, Gesundheit und erzieherischer Eignung sowie nach den Wohnverhältnissen für
gute Pflege, Erziehung und Ausbildung des Kindes Gewähr bieten und das
Wohl anderer Kinder der künftigen Adoptiveltern nicht gefährdet wird; und 18

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

19

SR 210

20 Eingefügt durch Ziff. I der V vom 29. Nov. 2002, in Kraft seit 1. Jan. 2003 (AS 2002 4167).

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 6

211.222.338

b.

der Adoption keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen und die gesamten Umstände, namentlich die Beweggründe der künftigen Adoptiveltern,
erwarten lassen, dass die Adoption dem Wohl des Kindes dient.

2 Der Eignung der künftigen Adoptiveltern ist besondere Beachtung zu schenken,
wenn Umstände vorliegen, die ihre Aufgabe erschweren können, namentlich wenn: a.

zu befürchten ist, dass das Kind wegen seines Entwicklungsstandes oder seines Alters, insbesondere wenn es älter als sechs Jahre ist, Schwierigkeiten
haben könnte, sich in die neue Umgebung einzuleben; b.

das Kind körperlich oder geistig behindert ist; c.

gleichzeitig mehrere Kinder aufgenommen werden sollen; d.

bereits mehrere Kinder in der Familie leben.

3 Das Interesse des Kindes wird besonders gewürdigt, wenn: a.

der Altersunterschied zwischen dem Kind und dem künftigen Adoptivvater
oder der künftigen Adoptivmutter mehr als vierzig Jahre beträgt; b.

die Adoptivbewerberin oder der Adoptivbewerber nicht verheiratet ist oder
nicht mit dem Ehegatten gemeinschaftlich adoptieren kann.

c Zusätzliche Bewilligungsvoraussetzungen für die Aufnahme eines
Kindes aus dem Ausland 1 Soll ein Kind, das bisher im Ausland gelebt hat, zur späteren Adoption aufgenommen werden, so müssen die künftigen Adoptiveltern zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Artikel 11b bereit sein, das Kind in seiner Eigenart anzunehmen und es
entsprechend seinem Alter mit seinem Herkunftsland vertraut zu machen.

2 Es müssen ferner vorliegen: a.

ein ärztlicher Bericht über die Gesundheit des Kindes; b.

ein Bericht, der die bisherige Lebensgeschichte des Kindes, soweit sie bekannt ist, darstellt; c.

die Zustimmung der Eltern des Kindes zur Adoption oder die Erklärung
einer Behörde seines Herkunftslandes, weshalb diese Zustimmung nicht beigebracht werden kann; d.

die Erklärung einer nach dem Recht des Herkunftslandes des Kindes zuständigen Behörde, dass es Pflegeeltern in der Schweiz anvertraut werden darf.

3 Sind die Unterlagen nach Absatz 2 nicht in einer schweizerischen Amtssprache abgefasst, so kann die Behörde eine Übersetzung verlangen.

d Untersuchung

Die Behörde lässt die Verhältnisse in geeigneter Weise abklären: a.

durch eine Person, die Sachverstand in Sozialarbeit oder Psychologie und
Berufserfahrung im Pflegekinder- oder Adoptionswesen hat; oder b.

durch eine geeignete Adoptionsvermittlungsstelle.

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 7

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e Vorbereitungskurs

Die Behörde kann den künftigen Adoptiveltern den Besuch eines geeigneten Vorbereitungskurses empfehlen.

f Bewilligung

1 Die künftigen Adoptiveltern müssen die Bewilligung vor der Aufnahme des Kindes einholen.

2 Die Bewilligung kann befristet und mit Bedingungen und Auflagen verknüpft
werden.

3 Das Kind muss gegen die Folgen von Krankheit, Unfall und Haftpflicht angemessen versichert werden.

4 Bei der Aufnahme von Kindern aus dem Ausland muss die Behörde auf die Unterhaltspflicht nach Artikel 20 BG-HAÜ aufmerksam machen.

5 Die Bewilligung für die Aufnahme eines ausländischen Kindes wird erst wirksam,
wenn das Visum erteilt oder die Aufenthaltsbewilligung zugesichert ist.

g Vorläufige Bewilligung zur Aufnahme eines Kindes,
das bisher im Ausland gelebt hat 1 Erfüllen die künftigen Adoptiveltern die Voraussetzungen der Artikel 11b und 11c
Absatz 1, so kann ihnen die Aufnahme eines Kindes, das bisher im Ausland gelebt
hat, zur Adoption vorläufig bewilligt werden, auch wenn das Kind noch nicht bestimmt ist.

2 Die künftigen Adoptiveltern müssen im Gesuch angeben: a.

das Herkunftsland des Kindes; b.

die schweizerische oder ausländische Stelle oder Person, deren Hilfe bei der
Suche nach dem Kind in Anspruch genommen werden soll; c.

Bedingungen in Bezug auf das Alter des Kindes; d.

allfällige Bedingungen in Bezug auf Geschlecht oder Gesundheit des
Kindes.

3 Die vorläufige Bewilligung kann befristet und mit Bedingungen und Auflagen verknüpft werden.

4 Das Kind darf von den künftigen Adoptiveltern in der Schweiz erst aufgenommen
werden, wenn das Visum erteilt oder die Aufenthaltsbewilligung zugesichert ist.

5 Die Behörde entscheidet nach der Einreise des Kindes, ob die Bewilligung endgültig erteilt wird.

h Kantonale Ausländerbehörde 1 Die Behörde überweist die vorläufige oder die endgültige Bewilligung zur Aufnahme eines ausländischen Kindes, das bisher im Ausland gelebt hat, mit ihrem Bericht über die künftige Adoptivfamilie der kantonalen Ausländerbehörde.

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 8

211.222.338

2 Die kantonale Ausländerbehörde entscheidet über das Visum oder die Zusicherung
der Aufenthaltsbewilligung für das Kind. Sie teilt ihren Entscheid der Behörde mit.

3 Liegt nur eine vorläufige Bewilligung vor, so darf die kantonale Ausländerbehörde
oder, mit ihrem Einverständnis, die schweizerische Vertretung im Herkunftsland des
Kindes das Visum oder die Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung erst ausstellen,
wenn sie festgestellt hat, dass: a.

die Unterlagen nach Artikel 11c Absatz 2 vorliegen; b.

allfällige Bedingungen und Auflagen erfüllt sind; c.

die künftigen Adoptiveltern der Aufnahme des Kindes schriftlich zugestimmt haben.

i Meldepflicht

1 Die künftigen Adoptiveltern müssen der Behörde innerhalb von zehn Tagen die
Einreise des Kindes melden.

2 Die Behörde benachrichtigt die Vormundschaftsbehörde im Hinblick auf die Ernennung eines Vormundes (Art. 18 BG-HAÜ) und gegebenenfalls die kantonale
Ausländerbehörde.

j Verweis

Die Artikel 9-11 gelten sinngemäss für die Änderung der Verhältnisse, die Aufsicht
und den Widerruf der Bewilligung.

3. Abschnitt: Tagespflege

Art. 12

1 Wer sich allgemein anbietet, Kinder unter zwölf Jahren gegen Entgelt regelmässig
tagsüber in seinem Haushalt zu betreuen, muss dies der Behörde melden.

2 Die Aufsicht der Behörde richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über
die Familienpflege (Art. 5 und 10).

3 Die Behörde untersagt den Tagespflegeeltern - unter Anzeige am den gesetzlichen
Vertreter - die weitere Aufnahme von Kindern, wenn andere Massnahmen zur Behebung von Mängeln oder Schwierigkeiten erfolglos geblieben sind oder von vornherein ungenügend erscheinen.

4. Abschnitt: Heimpflege

Art. 13

Bewilligungspflicht

1 Einer Bewilligung der Behörde bedarf der Betrieb von Einrichtungen, die dazu bestimmt sind,

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 9

211.222.338

a.

mehrere Unmündige zur Erziehung, Betreuung, Ausbildung, Beobachtung
oder Behandlung tags- und nachtsüber aufzunehmen; b.

mehrere Kinder unter zwölf Jahren regelmässig tagsüber zur Betreuung aufzunehmen (Kinderkrippen, Kinderhorte u. dgl.).

2 Von der Bewilligungspflicht sind ausgenommen: a.

kantonale, kommunale oder gemeinnützige private Einrichtungen, die nach
der Schul-, Gesundheits- oder Sozialhilfegesetzgebung einer besonderen
Aufsicht unterstehen;

b.

die vom Bundesamt für Sozialversicherung im Rahmen der Invalidenversicherung zugelassenen Sonderschulen; c.

Ferienkolonien und Ferienlager, unter Vorbehalt abweichender kantonaler
Vorschriften;

d.

nach dem kantonalen Recht bezeichnete Einrichtungen für Unmündige, welche die Schulpflicht erfüllt haben.

3 Unmündige dürfen erst aufgenommen werden, wenn die Bewilligung erteilt worden ist.


Art. 14

Bewilligungsgesuch

1 Das Gesuch muss alle sachdienlichen, mindestens aber folgende Angaben enthalten: a.

Zweck, rechtliche Form und finanzielle Grundlage des Heims; b.

Anzahl, Alter und Art der aufzunehmenden Unmündigen, gegebenenfalls
Unterrichtsprogramm oder therapeutisches Angebot; c.

Personalien und Ausbildung des Leiters, Anzahl und Ausbildung der Mitarbeiter; d.

Anordnung und Einrichtung der Wohn-, Unterrichts- und Freizeiträume.

2 Ist der Träger des Heims eine juristische Person, so sind die Statuten beizulegen
und die Organe bekanntzugeben.

3 Die Behörde kann Belege und weitere sachdienliche Auskünfte verlangen.


Art. 15

Voraussetzungen der Bewilligung 1 Die Bewilligung darf nur erteilt werden: a.

wenn eine für die körperliche und geistige Entwicklung förderliche Betreuung der Unmündigen gesichert erscheint; b.

wenn der Leiter und seine Mitarbeiter nach Persönlichkeit, Gesundheit, erzieherischer Befähigung und Ausbildung für ihre Aufgabe geeignet sind und
die Zahl der Mitarbeiter für die zu betreuenden Unmündigen genügt; c.

wenn für gesunde und abwechslungsreiche Ernährung und für ärztliche
Überwachung gesorgt ist;

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 10

211.222.338

d.

wenn die Einrichtungen den anerkannten Anforderungen der Wohnhygiene
und des Brandschutzes entsprechen; e.

wenn das Heim eine gesicherte wirtschaftliche Grundlage hat; f.

wenn eine angemessene Kranken-, Unfall- und Haftpflichtversicherung der
Unmündigen gewährleistet ist.

2 Bevor sie die Bewilligung erteilt, prüft die Behörde in geeigneter Weise, insbesondere durch Augenschein, Besprechungen und Erkundigungen und wenn nötig
unter Beizug von Sachverständigen, ob die Voraussetzungen erfüllt sind.


Art. 16

Bewilligung

1 Die Bewilligung wird dem verantwortlichen Leiter des Heims erteilt und gegebenenfalls dem Träger angezeigt.

2 Die Bewilligung hält fest, wie viele und was für Personen aufgenommen werden
dürfen; sie kann auf Probe erteilt oder befristet und mit Auflagen und Bedingungen
verbunden werden.

3 Wechselt der verantwortliche Leiter, so ist eine neue Bewilligung einzuholen.


Art. 17

Verzeichnis der Unmündigen 1 Über die aufgenommenen Unmündigen ist ein Verzeichnis mit folgenden Angaben
zu führen:

a.

Personalien des Unmündigen und seiner Eltern, b.

früherer Aufenthaltsort, c.

gesetzlicher Vertreter und Versorger, d.

Datum des Eintritts und des Austritts, e.

ärztliche Feststellungen und Anordnungen, f.

besondere Vorkommnisse.

2 Bei Einrichtungen, die Kinder nur tagsüber aufnehmen, müssen lediglich die Personalien der Kinder und ihrer Eltern oder Pflegeeltern aufgeführt werden.


Art. 18

Änderung der Verhältnisse 1 Der Leiter und gegebenenfalls der Träger des Heims haben der Behörde beabsichtigte wesentliche Änderungen der Organisation, der Einrichtungen oder der Tätigkeit
des Heims, insbesondere auch die Erweiterung, Verlegung oder Einstellung des Betriebs, rechtzeitig zum voraus mitzuteilen.

2 Ausserdem sind alle besondern Vorkommnisse zu melden, welche die Gesundheit
oder die Sicherheit der Unmündigen betreffen, insbesondere schwere Krankheiten,
Unfälle und Todesfälle.

3 Die Bewilligung darf nur bestehen bleiben, wenn das Wohl der Unmündigen weiterhin gewährleistet ist; sie ist gegebenenfalls zu ändern und mit neuen Auflagen
und Bedingungen zu verbinden.

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 11

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Art. 19

Aufsicht

1 Sachkundige Vertreter der Behörde müssen jedes Heim sooft als nötig, wenigstens
aber alle zwei Jahre besuchen.

2 Sie haben die Aufgabe, sich in jeder geeigneten Weise, namentlich auch im Gespräch, ein Urteil über das Befinden und die Betreuung der Unmündigen zu bilden.

3 Sie wachen darüber, dass die Voraussetzungen für die Erteilung der Bewilligung
erfüllt und die damit verbundenen Auflagen und Bedingungen eingehalten werden.


Art. 20

Widerruf der Bewilligung 1 Können Mängel durch Beratung oder Vermittlung fachkundiger Hilfe nicht beseitigt werden, so fordert die Behörde den Leiter des Heims unter Mitteilung an den
Träger auf, unverzüglich die zur Behebung der Mängel nötigen Vorkehren zu treffen.

2 Die Behörde kann das Heim einer besondern Aufsicht unterstellen und dafür besondere Vorschriften erlassen.

3 Sind diese Massnahmen erfolglos geblieben oder erscheinen sie zum vornherein
ungenügend, so entzieht die Behörde die Bewilligung, trifft rechtzeitig die zur
Schliessung des Heims erforderlichen Anordnungen und unterstützt nötigenfalls die
Versorger bei der Unterbringung der Unmündigen; liegt Gefahr im Verzug, so verfügt sie die sofortige Schliessung des Heims.

5. Abschnitt: Verfahren

Art. 21

Aktenführung

1 Die Behörde führt geordnete Akten: a.

über die Kinder in Familienpflege, mit folgenden Angaben: Personalien des
Kindes und der Pflegeeltern, Beginn und Ende des Pflegeverhältnisses, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen; b.

über die Tagespflegeeltern mit folgenden Angaben: Personalien der Pflegeeltern, Zahl der Pflegeplätze, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen; c.

über die Heime mit folgenden Angaben: Personalien des Leiters, gegebenenfalls der Träger, Zahl der Unmündigen, Ergebnisse der Besuche und allfällige Massnahmen.

2 Das kantonale Recht kann die Erhebung weiterer Daten vorsehen.21 3 Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement kann statistische Erhebungen
über die Pflegekinder anordnen und die nötigen Bestimmungen erlassen; das Bundesamt für Statistik führt die Erhebungen durch.22 21

Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

22

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 12

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Art. 22

Schweigepflicht

Alle in der Pflegekinderaufsicht tätigen Personen sind gegenüber Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet.


Art. 23

Mitteilung

1 Die Einwohnerkontrolle der Gemeinde hat neu zugezogene Kinder, welche die
Schulpflicht oder aber das fünfzehnte Altersjahr noch nicht erfüllt haben und nicht
bei ihren Eltern wohnen, der Behörde zu melden.

2 Erfährt die Behörde, dass ein Kind auswärts in einer Pflegefamilie untergebracht
wird, so benachrichtigt sie die dort zuständige Behörde; das gilt sinngemäss, wenn
eine Pflegefamilie ihren Wohnsitz verlegt.


Art. 24

Rechtshilfe

Die mit der Pflegekinderaufsicht betrauten Behörden und die übrigen für den Schutz
des Kindes verantwortlichen Behörden leisten einander Amts- und Rechtshilfe.


Art. 25

Unentgeltlichkeit

1 Die Behörde darf für die Aufsicht über Familien- und Tagespflegeverhältnisse nur
Gebühren erheben, wenn ein Pflegeplatz zu wiederholten oder schweren Beanstandungen Anlass gibt.

2 Auslagen, die der Behörde zusätzlich anfallen, wie Kosten für Arbeiten von Dritten, dürfen den Gesuchstellern belastet werden.23

Art. 26

Sanktionen24

1 Wer die Pflichten, die sich aus dieser Verordnung oder aus einer gestützt darauf
erlassenen Verfügung ergeben, vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, wird von der Behörde mit einer Ordnungsbusse bis zu 1000 Franken belegt.25 2 Wird eine Ordnungsbusse ausgesprochen, so kann die Behörde für die vorsätzliche
Wiederholung Bestrafung mit Haft oder Busse wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung nach Artikel 292 des Strafgesetzbuches26 androhen.

3 Behörden oder Beamte, die in ihrer dienstlichen Tätigkeit eine Widerhandlung gegen Bestimmungen dieser Verordnung wahrnehmen oder davon Kenntnis erhalten,
sind verpflichtet, sie der Behörde sofort anzuzeigen.

23

Eingefügt durch Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

24

Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

25

Fassung gemäss Ziff. I der V vom 21. Dez. 1988 (AS 1989 54).

26

SR 311.0

Aufnahme von Kindern zur Pflege und zur Adoption 13

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Art. 27

Beschwerdeverfahren

1 Verfügungen, welche die Vormundschaftsbehörde gestützt auf diese Verordnung
erlässt, unterliegen der Beschwerde an die vormundschaftlichen Aufsichtsbehörden
(Art. 420 ZGB27 ).

2 Sind andere Stellen mit den Befugnissen der Behörde betraut, so richtet sich die
Weiterziehung der Verfügung nach kantonalem Recht.

6. Abschnitt: Schlussbestimmungen

Art. 28

Bestehende Pflegeverhältnisse 1 Bewilligungen, die bis 31. Dezember 1977 nach dem bisherigen kantonalen Recht
erteilt worden und auch in dieser Verordnung vorgeschrieben sind, bleiben in Kraft;
sie sind, soweit nötig, bis zum 31. Dezember 1978 dem neuen Recht anzupassen.

2 Die Aufsicht richtet sich in jedem Fall nach den Bestimmungen dieser Verordnung.

3 Für Pflegeverhältnisse, die nach dem bisherigen Recht keiner Bewilligungspflicht
unterlagen, für die aber das neue Recht eine Bewilligung verlangt, ist das Bewilligungsgesuch bis zum 30. Juni 1978 einzureichen; das gilt sinngemäss für Meldungen, die das neue Recht vorschreibt.


Art. 29

Aufhebung kantonalen Rechts 1 Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung sind die kantonalen Bestimmungen über
den Schutz von Unmündigen, die ausserhalb des Elternhauses leben, aufgehoben,
soweit nicht bundesrechtlich etwas anderes vorgesehen ist (Art. 51 SchlT ZGB28 ).

2 Bestehende kantonale Bestimmungen über die Organisation des Schutzes von Unmündigen, die ausserhalb des Elternhauses leben, bleiben in Kraft, solange die
Kantone nichts anderes bestimmen.


Art. 30

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1978 in Kraft.

27

SR 210

28

SR 210

Ergänzungs- und Ausführungserlasse zum ZGB 14

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