S. 156 / Nr. 36 Verfahren (d)

BGE 71 IV 156

36. Entscheid der Anklagekammer vom 18. Juli 1945 i. S. Statthalteramt
Luzern-Land gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Nidwalden und Mathis.

Regeste:
1. Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB gilt immer, wenn dem Täter mehrere strafbare
Handlungen vorgeworfen werden, die bei Anwendung der übrigen
Gerichtsstandsbestimmungen an verschiedenen Orten zu verfolgen wären. Der
gemeinsame Gerichtsstand befindet sich dort, wo die mit der schwersten Strafe
bedrohte Tat für sich allein zu verfolgen wäre.
2. Die Anklagekammer darf in analoger Anwendung des Art. 263 BStrP (Art. 399
lit. e
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB) vom Gerichtsstand des Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB abweichen.
3. Wenn zweifelhaft ist, welchem Kanton am Orte der Begehung die Gebietshoheit
zusteht, ist der Täter, welcher in einem der in Betracht kommenden Kantone
wohnt, in analoger Anwendung von Art. 348 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB an seinem Wohnort zu
verfolgen.
1. L'art. 350 ch. 1 al. 1 CP s'applique toujours lorsque l'inculpé est
recherché pour plusieurs infractions, qui, selon les autres règles sur le for,
devraient être poursuivies en différents lieux. Le for commun est au lieu où
l'infraction punie de la peine la plus grave devrait être poursuivie si elle
était seule en cause.
2. La Chambre d'accusation peut s'écarter du for de l'art. 346 CP en
appliquant par analogie l'art. 263 PPF (art. 399 lit. e CP).

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3. Lorsqu'il y a doute sur la question de savoir quel canton exerce la
souveraineté sur le lieu où l'infraction a été commise, le délinquant qui
habite dans un des cantons auquel cette souveraineté pourrait revenir sera
poursuivi au lieu de son domicile en vertu de l'art. 348 al. 1 CP, appliqué
par analogie.
1. L'art. 350, cifra 1, cp. 1 CP si applica sempre, quando l'incolpato è
perseguito per parecchie infrazioni che, secondo le altre norme in materia di
foro, dovrebbero essere perseguite in diversi luoghi. Il foro comune si trova
là dove l'infrazione punita con la pena più grave dovrebbe essere perseguita
se si trattasse di essa sola.
2. La Camera d'accusa può dipartersi dal foro dell'art. 346 CP applicando per
analogia l'art. 263 PPF (art. 399 lett. e CP).
3. In caso di dubbio sul punto di sapere quale cantone eserciti la sovranità
sul luogo ove l'infrazione è stata commessa, il colpevole che abita in uno dei
cantoni al quale spetterebbe questa sovranità, sarà perseguito nel luogo ov'è
domiciliato in virtù dell'art. 348 cp. 1 CP applicabile per analogia.

A. - Alois Hofer in Meggen (Luzern) setzte im Seetrichter von Stansstad, in
welchem der Verlauf der Grenze zwischen den Kantonen Luzern und Nidwalden
unbestimmt und streitig ist, Fischnetze aus. In der Zeit vom 26. bis 30.
Dezember 1944 wurden ihm zwölf davon durch Arnold Mathis geleert und zwei
Kilometer von der Setzstelle entfernt bei Althaus-Oertli auf dem Gebiet des
Kantons Luzern zu einem Klüngel verwirrt im See versenkt. Mathis beging die
Tat, weil er Hofer nicht für berechtigt hält, an der Setzstelle, an welcher
nach seiner Auffassung die Hoheit dem Kanton Nidwalden zusteht, zu fischen.
Mathis wohnt in Hergiswil am See (Nidwalden) und ist im Kanton Nidwalden
heimatberechtigt.
Am 4. Januar 1945 reichte Hofer bei den luzernischen Behörden gegen Mathis
Strafanzeige wegen Diebstahls und Sachbeschädigung ein. Im Verhör vom 18. Juni
1945 bestritt der Beschuldigte die Zuständigkeit der luzernischen Behörden.
B. - Durch Eingabe vom 27. Juni 1945 ersucht der Amtsstatthalter von
Luzern-Land die Anklagekammer des Bundesgerichts um Bestimmung des
Gerichtsstandes. Er weist darauf hin, dass der Strafkläger nachdrücklich
wünscht, dass der Fall von den Luzerner Behörden behandelt werde.
C. - Mathis hält an seinem Standpunkt, dass der Gerichtsstand Luzern nicht
gegeben sei, fest, mit der

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Begründung, die Tat habe sich in unmittelbarer Nähe des Dorfes Stansstad
(Nidwalden) abgespielt.
Der Staatsanwalt des Kantons Nidwalden hält die nidwaldnischen Behörden für
zuständig. Er macht geltend, nach der vom Strafkläger eingereichten Karte mit
Angabe des Tatortes liege dieser Ort wesentlich abseits der umstrittenen
Fischereigrenze, nämlich offensichtlich auf nicht streitigem Nidwaldner
Fischereigebiet.
Die Anklagekammer zieht in Erwägung:
1.- Mathis hat von den ihm vorgeworfenen Taten die eine, den angeblichen
Diebstahl, möglicherweise an einem Orte begangen, über den sowohl der Kanton
Luzern als auch der Kanton Nidwalden die Gebietshoheit beanspruchen. Die
Sachbeschädigung dagegen hat er vielleicht ausser an diesem Orte auch an einem
Orte begangen, an welchem die Gebietshoheit unbestrittenermassen dem Kanton
Luzern zusteht, nämlich dort, wo er die Netze versenkt hat. Auf letzteren
Umstand kommt aber nichts an, weil Sachbeschädigung (Art. 145
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
StGB) mit
geringerer Strafe bedroht ist als Diebstahl (Art. 137
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen,
StGB) und daher nach der
Regel des Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB der Gerichtsstand zur Verfolgung und
Beurteilung des Diebstahls zugleich Gerichtsstand zur Verfolgung und
Beurteilung der Sachbeschädigung ist.
Der Wortlaut des Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB will die an verschiedenen Orten
«verübten» strafbaren Handlungen gemeinsam am Orte, wo die mit der schwersten
Strafe bedrohte Tat «verübt» worden ist, verfolgen lassen. Nach der
Rechtsprechung der Anklagekammer gilt indessen diese Bestimmung nicht nur, um
die Gerichtsstände des Ortes der Ausführung oder des Erfolges (vgl. Art. 7
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.

StGB) zusammenzulegen, sondern hat allgemeine Bedeutung; sie trifft immer dann
zu, wenn dem Täter mehrere strafbare Handlungen vorgeworfen werden, welche bei
Anwendung der übrigen Gerichtsstandsbestimmungen an verschiedenen

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Orten zu verfolgen wären. Auch liegt der gemeinsame Gerichtsstand nicht
notwendigerweise am Orte der Verübung der mit der schwersten Strafe bedrohten
Tat, sondern einfach dort, wo diese Tat für sich allein zu verfolgen und zu
beurteilen wäre (Entscheid vom 2. Oktober 1944 i. S. Gygi dit Guy). Das ist in
der Regel dort, wo die Tat ausgeführt wurde (Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB, BGE 68 IV 54),
kann aber nach den Bestimmungen der Art. 347 ff
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
. StGB auch anderswo sein.
2.- Der Ort, wo Mathis den angeblichen Diebstahl ausgeführt hat, ist bekannt
oder feststellbar. Ob er sich, wie der Staatsanwalt von Nidwalden behauptet,
im Gebiete befindet, über das unbestrittenermassen der Kanton Nidwalden die
Hoheit hat, oder ob er in umstrittenem Gebiete liegt, kann dahingestellt
bleiben. In ersterem Falle sind nach Art. 346 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
StGB die Behörden des
Kantons Nidwalden zuständig. Zum gleichen Ergebnis gelangt man im zweiten
Falle. Es ist nicht Sache der Anklagekammer, den Verlauf der Kantonsgrenze
festzusetzen oder den Ausgang des Rechtsstreites abzuwarten, der über diesen
Grenzverlauf bei der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichts hängig ist.
Das wäre mit dem Interesse an einer raschen Strafverfolgung nicht vereinbar.
Von der Ermittlung, welchem Kanton am Tatort die Gebietshoheit zusteht, kann
umso eher abgesehen werden, als das Strafgesetzbuch in vielen Fällen die
Gerichtsbarkeit zur Verfolgung und Beurteilung einer strafbaren Handlung nicht
dem Kanton zuweist, in dessen Gebiet der Tatort liegt. Das tut es
beispielsweise dann nicht, wenn der Tatort nicht ermittelt werden kann; in
diesem Falle erklärt es die Behörden des Ortes für zuständig, wo der Täter
wohnt (Art. 348 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB). Diese Bestimmung ist hier analog anzuwenden. Sie
lässt den Grundsatz erkennen, dass der Täter an seinem Wohnort zu verfolgen
ist, wenn die Voraussetzungen zur Anwendung des Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB ungewiss sind.
Die analoge Anwendung ist jedenfalls dann am Platze, wenn der Wohnort des
Täters, wie hier, nicht in einem Kanton liegt,

Seite: 160
in welchem sich der Ausführungsort zum vornherein nicht befinden kann.
Bedenken gegen diese Lösung bestehen umso weniger, als die Anklagekammer sich
nach ihrer Rechtsprechung schon bisher für befugt erachtet hat, gestützt auf
Art. 263 BStrP (Art. 399 lit. e
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB) aus Zweckmässigkeitsgründen nicht nur
vom Gerichtsstand des Art. 350
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
, sondern auch von dem des Art. 346
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
StGB
abzuweichen (BGE 69 IV 40). Im vorliegenden Falle lässt sich zugunsten des
Gerichtsstandes Nidwalden nicht nur anführen, dass der Angeschuldigte in
diesem Kanton wohnt, sondern auch, dass er dort heimatberechtigt ist, was nach
der Rechtsprechung mit in Betracht gezogen werden darf (BGE 69 IV 39).
Demnach erkennt die Anklagekammer:
Zur Verfolgung und Beurteilung des Arnold Mathis werden die Behörden des
Kantons Nidwalden berechtigt und verpflichtet erklärt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 71 IV 156
Datum : 01. Januar 1945
Publiziert : 17. Juli 1945
Quelle : Bundesgericht
Status : 71 IV 156
Sachgebiet : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Gegenstand : 1. Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1 StGB gilt immer, wenn dem Täter mehrere strafbare Handlungen vorgeworfen...


Gesetzesregister
StGB: 7 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 7 - 1 Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
1    Wer im Ausland ein Verbrechen oder Vergehen begeht, ohne dass die Voraussetzungen der Artikel 4, 5 oder 6 erfüllt sind, ist diesem Gesetz unterworfen, wenn:
a  die Tat auch am Begehungsort strafbar ist oder der Begehungsort keiner Strafgewalt unterliegt;
b  der Täter sich in der Schweiz befindet oder ihr wegen dieser Tat ausgeliefert wird; und
c  nach schweizerischem Recht die Tat die Auslieferung zulässt, der Täter jedoch nicht ausgeliefert wird.
2    Ist der Täter nicht Schweizer und wurde das Verbrechen oder Vergehen nicht gegen einen Schweizer begangen, so ist Absatz 1 nur anwendbar, wenn:
a  das Auslieferungsbegehren aus einem Grund abgewiesen wurde, der nicht die Art der Tat betrifft; oder
b  der Täter ein besonders schweres Verbrechen begangen hat, das von der internationalen Rechtsgemeinschaft geächtet wird.
3    Das Gericht bestimmt die Sanktionen so, dass sie insgesamt für den Täter nicht schwerer wiegen als die Sanktionen nach dem Recht des Begehungsortes.
4    Der Täter wird, unter Vorbehalt eines krassen Verstosses gegen die Grundsätze der Bundesverfassung und der EMRK12, in der Schweiz wegen der Tat nicht mehr verfolgt, wenn:
a  ein ausländisches Gericht ihn endgültig freigesprochen hat;
b  die Sanktion, zu der er im Ausland verurteilt wurde, vollzogen, erlassen oder verjährt ist.
5    Ist der Täter wegen der Tat im Ausland verurteilt worden und wurde die Strafe im Ausland nur teilweise vollzogen, so rechnet ihm das Gericht den vollzogenen Teil auf die auszusprechende Strafe an. Das Gericht entscheidet, ob eine im Ausland angeordnete, aber dort nur teilweise vollzogene Massnahme fortzusetzen oder auf die in der Schweiz ausgesprochene Strafe anzurechnen ist.
137 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 137 - 1. Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
1    Wer sich eine fremde bewegliche Sache aneignet, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern, wird, wenn nicht die besonderen Voraussetzungen der Artikel 138-140 zutreffen, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2    Hat der Täter die Sache gefunden oder ist sie ihm ohne seinen Willen zugekommen,
145 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 145 - Der Schuldner, der in der Absicht, seinen Gläubiger zu schädigen, diesem eine als Pfand oder Retentionsgegenstand dienende Sache entzieht, eigenmächtig darüber verfügt, sie beschädigt, zerstört, entwertet oder unbrauchbar macht, wird, auf Antrag, mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
346  347  348  350 
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 350 - 1 Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
1    Das Bundesamt für Polizei nimmt die Aufgaben eines Nationalen Zentralbüros im Sinne der Statuten der Internationalen Kriminalpolizeilichen Organisation (INTERPOL) wahr.
2    Es ist zuständig für die Informationsvermittlung zwischen den Strafverfolgungsbehörden von Bund und Kantonen einerseits sowie den Nationalen Zentralbüros anderer Staaten und dem Generalsekretariat von INTERPOL andererseits.
399
BGE Register
68-IV-54 • 69-IV-35 • 69-IV-40 • 71-IV-156
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
nidwalden • anklagekammer • diebstahl • strafbare handlung • staatsanwalt • bundesgericht • analogie • see • weiler • beschuldigter • strafgesetzbuch • begehungsort • begründung des entscheids • strafverfolgung • norm • wille • strafanzeige