01.01.2024 - * / In Kraft
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01.01.2022 - 22.01.2023
01.01.2021 - 31.12.2021
01.10.2019 - 31.12.2020
01.01.2015 - 30.09.2019
01.01.2008 - 31.12.2014
01.05.2007 - 31.12.2007
01.01.2007 - 30.04.2007
01.01.2003 - 31.12.2006
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1

Verordnung
über den Allgemeinen Teil
des Sozialversicherungsrechts
(ATSV)

vom 11. September 2002 (Stand am 3. Dezember 2002) Der Schweizerische Bundesrat, gestützt auf Artikel 81 des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 20001 über den
Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), verordnet:

1. Kapitel: Bestimmungen zu den Leistungen 1. Abschnitt: Gewährleistung zweckgemässer Verwendung

Art. 1

1 Werden Geldleistungen zur Gewährleistung der zweckgemässen Verwendung nach
Artikel 20 ATSG oder den Bestimmungen der Einzelgesetze nicht an die bezugsberechtigte Person ausbezahlt und ist diese bevormundet, so werden die Geldleistungen dem Vormund, der Vormundin oder einer von diesem oder dieser
bezeichneten Person ausbezahlt.

2 Werden Geldleistungen zur Gewährleistung der zweckgemässen Verwendung nach
Artikel 20 ATSG oder den Bestimmungen der Einzelgesetze einer Drittperson oder
Behörde ausbezahlt, die gegenüber der bezugsberechtigten Person unterstützungspflichtig ist oder sie dauernd fürsorgerisch betreut, so hat die Drittperson oder
Behörde:

a.

die Geldleistungen ausschliesslich zum Lebensunterhalt der berechtigten
Person und der Personen, für die diese zu sorgen hat, zu verwenden; b.

dem Versicherer auf dessen Verlangen über die Verwendung der Geldleistungen Bericht zu erstatten.

AS 2002 3703 1

SR 830.1

830.11

Sozialversicherung

2

830.11

2. Abschnitt: Rückerstattung unrechtmässig bezogener Leistungen
(Art. 25 ATSG)

Art. 2

Rückerstattungspflichtige Personen 1 Rückerstattungspflichtig sind: a.

der Bezüger oder die Bezügerin der unrechtmässig gewährten Leistungen
und seine oder ihre Erben; b.

Dritte oder Behörden, mit Ausnahme des Vormundes oder der Vormundin,
denen Geldleistungen zur Gewährleistung zweckgemässer Verwendung nach
Artikel 20 ATSG oder den Bestimmungen der Einzelgesetze ausbezahlt
wurden;

c.

Dritte oder Behörden, mit Ausnahme des Vormundes oder der Vormundin,
an welche die unrechtmässig gewährte Leistung nachbezahlt wurde.

2 Wurden die unrechtmässig gewährten Leistungen für ein unmündiges Kind nicht
diesem selber ausbezahlt und besteht auch keine Rückerstattungspflicht nach
Absatz 1 Buchstabe b oder c, sind die Personen rückerstattungspflichtig, welche im
Zeitpunkt der Ausrichtung der Leistungen die elterliche Sorge innehatten.

3 Der Anspruch des Versicherers auf Rückerstattung richtet sich im Umfang, in welchem die unrechtmässig gewährten Leistungen gemäss der Regelung der einzelnen
Sozialversicherungen mit Nachzahlungen anderer Sozialversicherungen verrechnet
werden können, gegen den nachzahlungspflichtigen Versicherer.


Art. 3

Rückforderungsverfügung 1 Über den Umfang der Rückforderung wird eine Verfügung erlassen.

2 Der Versicherer weist in der Rückforderungsverfügung auf die Möglichkeit des
Erlasses hin.

3 Der Versicherer verfügt den Verzicht auf die Rückforderung, wenn offensichtlich
ist, dass die Voraussetzungen für den Erlass gegeben sind.


Art. 4

Erlass

1 Die Rückerstattung unrechtmässig gewährter Leistungen, die in gutem Glauben
empfangen wurden, wird bei Vorliegen einer grossen Härte ganz oder teilweise
erlassen.

2 Massgebend für die Beurteilung, ob eine grosse Härte vorliegt, ist der Zeitpunkt, in
welchem über die Rückforderung rechtskräftig entschieden ist.

3 Behörden, welchen die Leistungen nach Artikel 20 ATSG oder den Bestimmungen
der Einzelgesetze ausgerichtet wurden, können sich nicht auf das Vorliegen einer
grossen Härte berufen.

Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts. V 3

830.11

4 Der Erlass wird auf schriftliches Gesuch gewährt. Das Gesuch ist zu begründen,
mit den nötigen Belegen zu versehen und spätestens 30 Tage nach Eintritt der
Rechtskraft der Rückforderungsverfügung einzureichen.

5 Über den Erlass wird eine Verfügung erlassen.


Art. 5

Grosse Härte

1 Eine grosse Härte im Sinne von Artikel 25 Absatz 1 ATSG liegt vor, wenn die vom
Bundesgesetz vom 19. März 19652 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (ELG) anerkannten Ausgaben und die zusätzlichen Ausgaben nach Absatz 4 die nach ELG anrechenbaren Einnahmen übersteigen.

2 Bei der Berechnung der anerkannten Ausgaben nach Absatz 1 werden angerechnet: a.

als Betrag für den allgemeinen Lebensbedarf: der jeweilige Höchstbetrag
nach Artikel 3b Absatz 1 Buchstabe a ELG; b.

als Mietzins: der jeweilige Höchstbetrag nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe b ELG; c.

als Betrag für persönliche Auslagen: 4800 Franken pro Jahr; d.

als Pauschalbetrag für die obligatorische Krankenpflegeversicherung: die
höchste Prämie für die jeweilige Personenkategorie nach der jeweils gültigen
Verordnung über die kantonalen Durchschnittsprämien der Krankenpflegeversicherung für die Berechnung der Ergänzungsleistungen3.

3 Der Freibetrag für Liegenschaften nach Artikel 3c Absatz 1 Buchstabe c ELG
beträgt 75 000 Franken. Der Vermögensverzehr bei Altersrentnerinnen und -rentnern in Heimen und Spitälern (Art. 3c Abs. 1 Bst. c ELG) beträgt ein Zehntel. Bei
Teilinvaliden wird nur das tatsächlich erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. Eine
allfällige kantonale Begrenzung der Heimkosten wird nicht berücksichtigt.

4 Als zusätzliche Ausgabe wird angerechnet: a.

bei Alleinstehenden ein Betrag von 8000 Franken; b.

bei Ehepaaren ein Betrag von 12 000 Franken; c.

bei Waisen und Kindern, die einen Anspruch auf Kinderrente der AHV oder
IV begründen, ein Betrag von 4000 Franken pro Kind.

2 SR

831.30

3 SR

831.309.1

Sozialversicherung

4

830.11

3. Abschnitt: Verzugszins auf Leistungen
(Art. 26 Absatz 2 ATSG)

Art. 6

Anspruch

Keinen Anspruch auf Verzugszinsen nach Artikel 26 Absatz 2 ATSG haben: a.

die leistungsberechtigte Person bzw. deren Erben, wenn die Nachzahlung an
Dritte erfolgt;

b.

Dritte, welche Vorschusszahlungen oder Vorleistungen erbracht haben oder
die Nachzahlung im Sinne von Artikel 2 Absatz 3 beanspruchen können.


Art. 7

Zinssatz und Berechnung 1 Der Satz für den Verzugszins beträgt 5 Prozent im Jahr.

2 Der Verzugszins wird monatlich auf dem bis Ende des Vormonats aufgelaufenen
Leistungsanspruch berechnet. Die Zinspflicht beginnt am ersten Tag des Monats, in
welchem der Anspruch auf Verzugszinsen entstanden ist, und endet am Ende des
Monats, in welchem der Zahlungsauftrag erteilt wird.

3 Ist die Leistung nur teilweise nach Artikel 6 verzugszinspflichtig, so ist der Verzugszins im Zeitpunkt der Nachzahlung auf der gesamten Leistung zu berechnen
und entsprechend dem Anteil der verzugszinspflichtigen Leistung an der gesamten
Nachzahlung auszurichten.

2. Kapitel: Allgemeine Verfahrensbestimmungen 1. Abschnitt: Akteneinsicht
(Art. 47 ATSG)

Art. 8

Form

1 Der Versicherer kann die Gewährung der Akteneinsicht von einem schriftlichen
Gesuch abhängig machen.

2 Die Akteneinsicht wird grundsätzlich am Sitz des Versicherers oder seiner Durchführungsorgane gewährt. Auf Wunsch der gesuchstellenden Person kann der Versicherer Kopien der Akten zustellen. Vorbehalten bleiben Artikel 47 Absatz 2 ATSG
und Artikel 8 Absatz 5 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 19924 über den Datenschutz.

4 SR

235.1

Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts. V 5

830.11

3 Der Versicherer hat die Akten oder Kopien davon zur Einsichtnahme zuzustellen: a.

Behörden;

b.

den anderen Versicherern sowie den Personen, die nach Artikel 2 des
Anwaltsgesetzes vom 23. Juni 20005 Parteien vor Gerichtsbehörden vertreten können.


Art. 9

Kosten

1 Die Akteneinsicht ist grundsätzlich unentgeltlich.

2 Eine Gebühr nach der Verordnung vom 10. September 19696 über Kosten und
Entschädigungen im Verwaltungsverfahren kann verlangt werden, wenn die Gewährung der Akteneinsicht mit einem besonders grossen Arbeitsaufwand verbunden ist.
Vorbehalten bleibt Artikel 2 der Verordnung vom 14. Juni 19937 zum Bundesgesetz
über den Datenschutz.

2. Abschnitt: Einspracheverfahren
(Art. 52 ATSG)

Art. 10

Grundsatz

1 Einsprachen müssen ein Rechtsbegehren und eine Begründung enthalten.

2 Die Einsprache ist schriftlich zu erheben gegen eine Verfügung, die: a.

der Einsprache nach Artikel 52 ATSG unterliegt und eine Leistung nach
dem Bundesgesetz vom 25. Juni 19828 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung oder deren Rückforderung
zum Gegenstand hat;

b.

von einem Durchführungsorgan der Arbeitssicherheit im Sinne der Artikel 47-51 der Verordnung vom 19. Dezember 19839 über die Verhütung
von Unfällen und Berufskrankheiten erlassen wurde.

3 In allen übrigen Fällen kann die Einsprache wahlweise schriftlich oder bei persönlicher Vorsprache mündlich erhoben werden.

4 Die schriftlich erhobene Einsprache muss die Unterschrift der Einsprache führenden Person oder ihres Rechtsbeistands enthalten. Bei einer mündlich erhobenen
Einsprache hält der Versicherer die Einsprache in einem Protokoll fest; die Person,
welche die Einsprache führt, oder ihr Rechtsbeistand muss das Protokoll unterzeichnen.

5

SR 935.61

6

SR 172.041.0 7

SR 235.11

8

SR 837.0

9

SR 832.30

Sozialversicherung

6

830.11

5 Genügt die Einsprache den Anforderungen nach Absatz 1 nicht oder fehlt die
Unterschrift, so setzt der Versicherer eine angemessene Frist zur Behebung der
Mängel an und verbindet damit die Androhung, dass sonst auf die Einsprache nicht
eingetreten wird.


Art. 11

Aufschiebende Wirkung 1 Die Einsprache hat aufschiebende Wirkung, ausser wenn: a.

einer Beschwerde gegen den Einspracheentscheid von Gesetzes wegen keine
aufschiebende Wirkung zukommt; b.

der Versicherer die aufschiebende Wirkung in seiner Verfügung entzogen
hat;

c.

die Verfügung eine Rechtsfolge hat, deren Wirkung nicht aufschiebbar ist.

2 Der Versicherer kann auf Antrag oder von sich aus die aufschiebende Wirkung
entziehen oder die mit der Verfügung entzogene aufschiebende Wirkung wiederherstellen. Über diesen Antrag ist unverzüglich zu entscheiden.


Art. 12

Einspracheentscheid

1 Der Versicherer ist an das Begehren der Einsprache führenden Person nicht gebunden. Er kann die Verfügung zu Gunsten oder zu Ungunsten der Einsprache führenden Partei abändern.

2 Beabsichtigt er, die Verfügung zu Ungunsten der Einsprache führenden Person
abzuändern, gibt er ihr Gelegenheit zum Rückzug der Einsprache.

3. Kapitel: Rückgriff
(Art. 72 ATSG)

Art. 13

Grundsatz

Die Versicherungsträger, denen das Rückgriffsrecht nach den Artikeln 72-75 ATSG
zusteht, können untereinander und mit anderen Beteiligten Vereinbarungen treffen,
um die Erledigung der Regressfälle zu vereinfachen.


Art. 14

Geltendmachung für die AHV/IV 1 Für die Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie die Invalidenversicherung
macht das Bundesamt für Sozialversicherung (Bundesamt) unter Mitwirkung der
Ausgleichskassen und der IV-Stellen die Rückgriffsansprüche geltend. Das Bundesamt kann diese Aufgabe den kantonalen Ausgleichskassen, der Schweizerischen
Ausgleichskasse oder den IV-Stellen übertragen.

2 Üben die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt oder die Militärversicherung
das Rückgriffsrecht aus, machen sie auch die Rückgriffsansprüche der Alters- und
Hinterlassenenversicherung sowie der Invalidenversicherung geltend. Das Bundesamt trifft hiefür mit den beiden Sozialversicherern die nötigen Vereinbarungen.

Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts. V 7

830.11


Art. 15

Geltendmachung für die Arbeitslosenversicherung Für die Arbeitslosenversicherung macht die gemäss dem Bundesgesetz vom 25. Juni
198210 über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung zuständige Durchführungsstelle der Arbeitslosenversicherung die Rückgriffsansprüche geltend. Die Geltendmachung von Rückgriffsansprüchen kann auch
durch das seco erfolgen.


Art. 16

Verhältnis mehrerer Sozialversicherungen untereinander Sind mehrere Sozialversicherungen am Rückgriff beteiligt, so sind sie Gesamtgläubiger und einander im Verhältnis der von ihnen zu erbringenden kongruenten Leistungen ausgleichspflichtig.


Art. 17

Rückgriff auf einen nicht haftpflichtversicherten Schädiger Mehrere am Rückgriff beteiligte Versicherungsträger einigen sich auf eine einzige
Vertretung gegenüber dem Haftpflichtigen. Kommt keine Einigung zustande, ist die
Vertretung in folgender Reihenfolge vorzunehmen: a.

durch die Unfallversicherung; b.

durch die Militärversicherung; c.

durch die Krankenversicherung; d.

durch die AHV/IV.

4. Kapitel: Übrige Bestimmungen

Art. 18

Besonderer Aufwand bei der Amts- und Verwaltungshilfe
(Art. 32 ATSG)

Amts- und Verwaltungshilfe wird abgegolten: a.

wenn auf Begehren des Versicherers Daten in einer Form bekannt gegeben
werden müssen, die mit einem besonderen Aufwand verbunden ist; und b.

die Gesetzgebung eines Sozialversicherungszweiges dies ausdrücklich vorsieht.


Art. 19

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2003 in Kraft.

10 SR 837.0

Sozialversicherung

8

830.11