Urteilskopf

104 Ib 138

24. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. März 1978 i.S. Zehentmayer gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum
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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 138

BGE 104 Ib 138 S. 138

A.- Eduard Zehentmayer vertreibt unter der Einzelfirma "Sano-Pharm E. Zehentmayer" chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse für den veterinär-medizinischen und den futtertechnischen Bedarf. Am 14. Juli 1977 meldete er beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum die Bezeichnung "SANO-VITAL" zur Eintragung als Wortmarke im Markenregister an, und zwar für emulgierte Vitaminpräparate und Futtermittel (Gesuch Nr. 3561). Das Amt, das entsprechende Gesuche schon in den Jahren 1971 und 1974 abgewiesen hatte, verweigerte mit Verfügung vom 15. Dezember 1977 die Eintragung. Hingegen hatte es früher "SANO-VITAL" mit Farbenanspruch und in besonderer Schriftgestaltung zur Eintragung angenommen.
B.- Gegen die Verfügung des Eidgenössischen Amtes für geistiges Eigentum vom 15. Dezember 1977 hat Eduard Zehentmayer Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, mit der er die Gutheissung seines Eintragungsgesuches verlangt. Das Amt trägt auf Abweisung der Beschwerde an.
BGE 104 Ib 138 S. 139

Erwägungen

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Marken, die als wesentlichen Bestandteil ein zum Gemeingut gehörendes Zeichen enthalten, werden nicht geschützt; ihre Eintragung ist zu verweigern (Art. 3 Abs. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG). Das gilt namentlich für Wörter, die in einem so engen Zusammenhang zur Ware stehen, dass sie unmittelbar auf deren Herkunft, Zweckbestimmung oder Eigenschaften hinweisen, also Sachbezeichnungen sind und als solche die erforderliche Kennzeichnungskraft nicht besitzen. Ein derartiger Hinweis liegt dann vor, wenn die Bezeichnung in einem so engen Zusammenhang mit der Ware steht, dass sie ohne besondere Gedankenarbeit auf eine bestimmte Eigenschaft oder auf die Beschaffenheit schliessen lässt (BGE 103 Ib 17 E. 1, BGE 101 Ib 16 E. 2, BGE 100 Ib 251 E. 1, BGE 99 II 402 E. 1 a mit Hinweisen).
2. Richtig ist, dass die Verbindung zweier an sich gemeinfreier Bezeichnungen eine schutzwürdige Marke bilden kann, wenn sie dergestalt eine genügende Kennzeichnungskraft aufweist (BGE 99 II 403 E. 1 a). Dies ändert jedoch nichts daran, dass bei der Beurteilung von den Bestandteilen einer zusammengesetzten Wortmarke auszugehen und dann zu prüfen ist, was die Verbindung als Ganzes ergibt. Das gilt auch für Bestandteile, die aus Fremdsprachen stammen, aber allgemein bekannt sind. Anhand der aufgezeigten Grundsätze ist im folgenden zu untersuchen, wie es sich mit der Bezeichnung "SANO-VITAL" verhält, die vom Amt als Wortmarke nicht zugelassen worden ist. Für das Verständnis und die sprachliche Einordnung des Elementes "sano" ist der Bindevokal "o" ohne wesentliche Bedeutung. Abzustellen ist auf den Wortstamm "san-", von dem aus unter anderem die lateinischen Wörter sanus (gesund, heil), sanare (gesund machen, heilen), sanitas (Gesundheit) gebildet werden. Auf denselben Wortstamm gehen im Deutschen die Fremdwörter sanieren (gesund machen, wieder leistungsfähig machen), sanitarisch (den Gesundheitsdienst betreffend), Sanität (Gesundheitsdienst), im Französischen die Wörter sain (gesund), santé (Gesundheit) und schliesslich im Italienischen die Wörter sano (gesund) und sanità (Gesundheit) zurück. Ausgehend von den schweizerischen Landessprachen ist somit offensichtlich, dass das Element "sano" in der vom Beschwerdeführer
BGE 104 Ib 138 S. 140

zur Eintragung angemeldeten Marke ohne weiteres mit Begriffen wie Gesundheit, gesund usw. in Zusammenhang gebracht wird. Auch das Element "vital" ist lateinischen Ursprungs. Es bedeutet lebensvoll, lebenswichtig, lebenskräftig, für das Leben kennzeichnend, das Leben betreffend, unternehmungslustig. Als Fremdwort hat es in das Deutsche, aber auch in die andern Landessprachen Eingang gefunden und ist im dargelegten Sinne ohne weiteres verständlich und durchaus gebräuchlich (vgl. BGE 99 II 403 E. 1 b). Eine besondere Bedeutung ergibt sich aus der Verbindung der Elemente "sano" und "vital" nicht. Vielmehr lässt sich ohne besondere Gedankenarbeit schliessen, dass die mit einer Marke "SANO-VITAL" gekennzeichneten Futtermittel und Vitaminpräparate die zu fütternden Tiere gesund und lebenskräftig machen sollen. Die zu beurteilende zusammengesetzte Wortmarke beschreibt somit zwei Eigenschaften, die jeder Käufer von Erzeugnissen, wie sie in Frage stehen, voraussetzt. Die vom Beschwerdeführer zur Eintragung angemeldete Marke enthält zum Gemeingut gehörende, in ihrer Aussage verschiedene, dennoch sich ergänzende Hinweise auf die Eigenschaft der Erzeugnisse, für die sie bestimmt ist, weshalb ihre Schutzfähigkeit entfällt (Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
MSchG). Diese Hinweise sind überdies derart deutlich, dass der Umstand, dass das Amt früher für "SANO-VITAL" einen besonderen Schriftzug mit Farbenanspruch zur Eintragung entgegennahm, von vornherein keine Rolle spielen kann; davon abgesehen, geht es in diesem Verfahren ohnehin nur darum, ob "SANO-VITAL" als Wortmarke die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Ein Schutzanspruch des Beschwerdeführers lässt sich auch nicht aus einem Vergleich mit andern Marken, die die Ausdrücke "sano" und "vital" enthalten, ableiten. Ob eine Marke zulässig ist oder nicht, beurteilt sich nach den besonderen Gegebenheiten des einzelnen Falles. Einzuräumen ist freilich, dass das Bundesgericht in BGE 99 II 401 wohl etwas weit ging, als es die schon längst eingetragene Marke "BIOVITAL" gegen den Angriff des Inhabers einer jüngeren, verwechselbaren Marke schützte.

Dispositiv

Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 104 IB 138
Datum : 14. März 1978
Publiziert : 31. Dezember 1978
Quelle : Bundesgericht
Status : 104 IB 138
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Art. 3 Abs. 2 und Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG. Die Marke "SANO-VITAL" ist für Vitaminpräparate und Futtermittel nicht zulässig.


Gesetzesregister
MSchG: 3 
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 3 Relative Ausschlussgründe
1    Vom Markenschutz ausgeschlossen sind weiter Zeichen, die:
a  mit einer älteren Marke identisch und für die gleichen Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind wie diese;
b  mit einer älteren Marke identisch und für gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt;
c  einer älteren Marke ähnlich und für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen bestimmt sind, so dass sich daraus eine Verwechslungsgefahr ergibt.
2    Als ältere Marken gelten:
a  hinterlegte oder eingetragene Marken, die eine Priorität nach diesem Gesetz (Art. 6-8) geniessen;
b  Marken, die zum Zeitpunkt der Hinterlegung des unter Absatz 1 fallenden Zeichens im Sinne von Artikel 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft vom 20. März 18834 zum Schutz des gewerblichen Eigentums (Pariser Verbandsübereinkunft) in der Schweiz notorisch bekannt sind.
3    Auf die Ausschlussgründe nach diesem Artikel kann sich nur der Inhaber der älteren Marke berufen.
14
SR 232.11 Bundesgesetz vom 28. August 1992 über den Schutz von Marken und Herkunftsangaben (Markenschutzgesetz, MSchG) - Markenschutzgesetz
MSchG Art. 14 Einschränkung zugunsten vorbenützter Zeichen
1    Der Markeninhaber kann einem anderen nicht verbieten, ein von diesem bereits vor der Hinterlegung gebrauchtes Zeichen im bisherigen Umfang weiter zu gebrauchen.
2    Dieses Weiterbenützungsrecht kann nur zusammen mit dem Unternehmen übertragen werden.
BGE Register
100-IB-250 • 101-IB-14 • 103-IB-16 • 104-IB-138 • 99-II-401
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
wortmarke • eigenschaft • bundesgericht • bestandteil • landessprache • kennzeichnungskraft • leben • entscheid • berechtigter • fremdsprache • richtigkeit • sachbezeichnung • frage • einzelfirma • markenregister • sachverhalt